Dokumentation 2009 - Berliner Festspiele

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Dokumentation 2009 - Berliner Festspiele
STÜCKEMARKT 2009
DOKUMENTATION
DER STÜCKEMARKT
ist Teil der Talenteplattform tt Talente des Theatertreffens und findet jährlich in
Berlin statt. Seit über 30 Jahren ist er ein Karrieresprungbrett für unentdeckte Dramatikerinnen und Dramatiker aus ganz Europa und fördert die Autoren
nachhaltig.
PROGRAMM 2009
Do 7. Mai
Eröffnung des Stückemarktes
Grußwort Heinz Dürr, Heinz und Heide Dürr Stiftung
Im Anschluss Expertentisch „Was die Welt im Innersten zusammenhält”
– Das Drama im Zeitalter der Virtualität
mit Barbara Gronau, Hans-Werner Kroesinger, Moritz Rinke
und Kathrin Röggla
Moderation Marion Hirte
Stückemarkt I
PUHDISTUS – FEGEFEUER
von Sofi Oksanen
Aus dem Finnischen von Angela Plöger
Szenische Einrichtung Burkhard C. Kosminski
Dramaturgie Katharina Blumenkamp
Ausstattung Manuela Pirozzi
Musik Knut Jensen
Es lesen Andreas Grothgar, Wolfram Koch, Almut Zilcher
und Patrycia Ziolkowska
Stückemarkt II
STEHENDE GEWÄSSER
von Markus Bauer
Szenische Einrichtung Nuran David Calis
Dramaturgie Beret Evensen
Ausstattung Karoline Bierner
Es lesen Leslie Malton, Katharina Schmalenberg, Bernd Stempel,
Jirka Zett und Lavinia Wilson
So 10. Mai
Stückemarkt-Autorentisch
„SCHREIBEN IM HIER UND JETZT “
mit Markus Bauer, Oliver Kluck und Nis-Momme Stockmann
Moderation Gesine Schmidt
Stückemarkt III
DER MANN DER DIE WELT ASS
von Nis-Momme Stockmann
Szenische Einrichtung Roger Vontobel
Dramaturgie Eva-Maria Voigtländer
Ausstattung Manuela Pirozzi
Es lesen Kai Ivo Baulitz, André Jung, Arnd Klawitter,
Max Simonischek und Katharina Schmalenberg
Stückemarkt IV
DAS PRINZIP MEESE
von Oliver Kluck
Szenische Einrichtung Claudia Bauer
Dramaturgie Jens Hillje
Ausstattung Karoline Bierner
Es lesen Robert Beyer, Sandra Hüller, Astrid Meyerfeldt,
Heide Simon und Ingo Günther (DJ)
Stückemarkt-Hörtheater
DIE FRISEUSE
von Sergej Medwedew
Hörspielproduktion Deutschlandradio Kultur 2009
Aus dem Russischen von Elina Finkel
Regie Heike Tauch
Komposition Jörg Gollasch
Mit Dunja Arnaszus, Holly Arnaszus, Margit Bendokat,
Andreas Fröhlich, Tilo Nest, Barbara Philipp, Uli Pleßmann,
Falk Rockstroh, Valery Tscheplanowa, Jens Wawrczeck
In Kooperation mit Deutschlandradio Kultur
(Ursendung Mi 14. Oktober 2009 21:33)
Mi 13. Mai
Präsentation des Dramatikerworkshops
„HIER UND JETZT – WELCHE KRISE?“
Minidramen von Nina Büttner, Davide Carnevali, Ursula Knoll,
Stephan Lack und Charlotte Roos
Leitung John von Düffel
Moderation Marion Hirte
Es lesen Samuel Finzi, Ronald Kukulies, Judith Rosmair
und Katharina Schüttler
Stückemarkt V
DEUX PETITES DAMES VERS LE NORD – ZWEI NETTE KLEINE
DAMEN AUF DEM WEG NACH NORDEN
von Pierre Notte
Aus dem Französischen von Dorothea Renckhoff und Fedora Wesseler
Szenische Einrichtung Katharina Thalbach
Dramaturgie Wenka von Mikulicz
Ausstattung Manuela Pirozzi
Es lesen Peggy Lukac und Katharina Thalbach
Preisverleihungen
Förderpreis für neue Dramatik und Werkauftrag des tt Stückemarktes, beide
gestiftet von der Bundeszentrale für politische Bildung
Theater als Hörspiel, in Kooperation mit Deutschlandradio Kultur
Im Anschluss Stückemarkt-Party
Stückemarkt-Preisträger 2007 und 2008 beim tt09
Maxim Gorki Theater Berlin
Di 12. Mai
PLUS NULL KOMMA FÜNF WINDSTILL
von Maria Kilpi
Förderpreis für neue Dramatik des tt Stückemarktes 2007
Aus dem Finnischen von Stefan Moster
Regie Nora Schlocker
Mit Julischka Eichel und Ruth Reinecke
Uraufführung 20. Dezember 2007
Gorki Studio
8., 11. und 14. Mai
BULGER – EINE UNZULÄSSIGE GESCHICHTE
von Klaas Tindemans
Förderpreis für neue Dramatik des tt Stückemarktes 2008
Aus dem Flämischen von Uwe Dethier
Regie Nora Schlocker
Mit Julischka Eichel, Hanna Eichel und Johann Jürgens
Deutsche Erstaufführung am 17. Dezember 2008
Gorki Studio
THEATERTREFFEN 2009
STÜCKEMARKT
DOKUMENTATION
02 EDITORIAL 04 WIE MAN ÜBER THEATERSTÜCKE SCHREIBT 06 STÜCKEMARKT 2009
07 ERÖFFNUNG 08 DIE SZENISCHEN LESUNGEN 13 DRAMATIKERWORKSHOP
15 AUTORENPORTRAITS 22 STÜCKEMARKT-PREISE 26 STIMMEN DER AUTORINNEN UND
AUTOREN 28 URAUFFÜHRUNGEN VON STÜCKEMARKT-AUTOREN 34 ERFOLGSBILANZ SEIT 2003
02
3
ALLES IST SPIELBAR
EDITORIAL
„Alles ist spielbar, solange es im Text vorkommt.“ – so zitierte der
Dramatiker Roland Schimmelpfennig in seiner Laudatio anlässlich
der Verleihung des Berliner Theaterpreises 2009 den großen Regisseur Jürgen Gosch.
Nach Spielbarem, nach spielbaren Texten bzw. speziell nach
Stücken, die „ein Stück Arbeit an der Gesellschaft“ bedeuten,
suchte auch die diesjährige Stückemarkt-Jury, der neben Roland
Schimmelpfennig der Regisseur Roger Vontobel, die Dramaturgin
Beret Evensen, der Autor Christian Kracht und die Theatertreffen-Leiterin Iris Laufenberg angehörten. Aus den 303 Einsendungen wählten sie für die fünf szenischen Lesungen die Texte
des Franzosen Pierre Notte, der Finnin Sofi Oksanen und der
deutschen Autoren Markus Bauer (Konstanz), Oliver Kluck (auf
der Insel Rügen geboren) und Nis-Momme Stockmann (von
der Insel Föhr) aus. Zum Dramatikerworkshop mit John von Düffel
wurden Charlotte Roos aus Hannover, Nina Büttner aus Berlin,
Ursula Knoll und Stephan Lack, beide aus Wien, sowie Davide
Carnevali aus Mailand eingeladen. Mit Carnevali nahm erstmals
ein nicht deutschsprachiger Autor am Workshop teil, und das mit
großem Erfolg: Sein Stück „Variazioni sul modello di Kraepelin“
überzeugte auch Stefanie Hoster von Deutschlandradio Kultur,
die es für den Preis Theatertext als Hörspiel auserkor. Die in diesem Jahr zum sechsten Mal zusammen mit der Bundeszentrale
für politische Bildung verliehenen Stückemarkt-Preise gingen an
die zwei „Insulaner“: Oliver Kluck bekam den Förderpreis für neue
Dramatik für „Das Prinzip Meese“, Uraufführung Februar 2010
am Maxim Gorki Theater Berlin. Und Nis-Momme Stockmann
erhielt den Werkauftrag des Stückemarkts für ein neues Stück
am Staatschauspiel Stuttgart, das ebenfalls im nächsten Februar
herauskommen wird. Stockmanns zum Stückemarkt 2009 eingereichtes Stück „Der Mann der die Welt aß“ hingegen wird in
der kommenden Spielzeit am Theater Heidelberg uraufgeführt,
weitere Aufführungen sind in Basel und Magdeburg. „Hühner.Habichte“ von Charlotte Roos (Dramatikworkshops 2009) wird in
St. Gallen und „Regen in Neukölln“ von Paul Brodowsky (Stückemarkt 2008) an der Schaubühne Berlin uraufgeführt.
Neben Autorenporträts und Berichten zum Stückemarkt 2009
finden Sie im zweiten Teil dieser Dokumentation Rezensionen
zu Uraufführungen von „ehemaligen“ Stückemarkt-Autoren: zu
„Bulger“ von Klaas Tindemans (Stückemarkt 2008), „Letztes
Territorium“ und „Daddy“ von Anne Habermehl (2008), „Contra
el Progrés“ von Esteve Soler (2008) und „Mein Bruder Tom“
03
1
von Bettina Erasmy (2007). In einem Interview berichtet Philipp
Löhle, Preisträger des Stückemarkt-Werkauftrags 2007 und seit
der Spielzeit 2008/2009 Hausautor am Maxim Gorki Theater,
über das Geheimnis seines Erfolgs: Sein Stück „Genannt Gospodin“ wurde bis jetzt 13 Mal nachgespielt und in 5 Sprachen
übersetzt. Eine Erfolgsbilanz, die ich mir natürlich für alle beim
Stückemarkt entdeckten Autoren wünsche!
Den Förderern und Partnern des Stückemarkts – der Heinz und
Heide Dürr Stiftung, der Bundeszentrale für politische Bildung,
Deutschlandradio Kultur und dem Goethe-Institut – sei an dieser
Stelle herzlich gedankt. Ich wünsche den Autorinnen und Autoren
viel Erfolg für ihre endeckten Stücke, künftigen Stücke und alle
ihre Projekte – und Ihnen viel Spaß beim Lesen und Durchblättern
dieser Dokumentation.
Yvonne Büdenhölzer
Leiterin des Stückemarktes
Juli 2009
P.S. Nachhaltige Autorenförderung beschäftigt nicht nur den
Stückemarkt immer wieder aufs Neue. Die Frage, warum die
neuen Stücke, die von Förderprogrammen, Wettbewerben, Studiengängen und dem Theater selbst auf den „Markt“ geschleudert werden, nach ihrer Uraufführung wieder so schnell von den
Spielplänen verschwinden und welche Veränderungen notwendig wären, damit sie sich dauerhafter behaupten können, steht im
Mittelpunkt des Symposiums „Schleudergang Neue Dramatik“,
das die Berliner Festspiele und der Deutsche Bühnenverein vom
9. bis 11. Oktober 2009 im Haus der Berliner Festspiele veranstalten werden.
WIE MAN ÜBER THEATERSTÜCKE SCHREIBT
KANN MAN THEATER ERKLÄREN? KANN MAN ÜBER
STÜCKE SCHREIBEN? JA, NATÜRLICH, MAN KANN.
Gedanken des Dramatikers Ronald Schimmelpfennig
1
Viele der Bewerbungen für den „Stückemarkt 09“ habe ich in
Transportmitteln gelesen, in Zügen und in Flugzeugen, ein Stapel
von Stücken ist mit mir nach Kanada geflogen und wieder zurück,
und eine ganze Reihe von Texten habe ich im Auto gelesen, beim
Warten vor der Musikschule, vor dem Schwimmbad, oder zum
Beispiel vor Kaczas Farben- und Tapetenladen in der Oranienstraße, da haben sie Tapeten, auf denen Chinesen und Chinesinnen auf Ochsen reiten.
In einem parkenden Auto Stücke zu lesen, ist weit besser, als es
klingt, gerade im Winter, es regnet, man sitzt mit einem Theatertext in einer Blase aus Metall, Plastik und Glas, man kann sich
konzentrieren, niemand kann stören, und manchmal, wenn man
eine Pause braucht, hebt sich der Blick vom Text durch die Fenster des Autos hinaus in die Welt.
Kinder schleppen riesige Schulranzen nach Hause, der Betreiber
eines indischen Restaurants holt einen einzelnen Kohlkopf aus
seinem Lieferwagen, ein türkischer Händler verkauft Waffeleisen,
singende Plastikfische und Leuchtkästen mit der mexikanischen
Nationalheiligen Maria de Guadalupe.
Die Leute laufen mit ihren Einkaufstüten auf dem Bürgersteig vorbei, vorbei an der Riesenbaustelle des Kolle Belle, zum Beispiel,
das Kolle Belle in der Kollwitzstraße, so heißt der Kasten, wer
hat sich diesen Quatsch ausgedacht. Da sind Familien mit Kinderwagen unterwegs, eine alte Frau, die in den Mülltonnen nach
Pfandflaschen sucht, und es stehen Handwerker in den Hauseingängen rum, manche fast kahlgeschoren, mit Kippe und Bier, die
holen sich dann in der Bäckerei zum Feierabend eine Bockwurst.
Zurück aus der Bäckerei auf der Straße geht die nächste Kippe
an, Raucherhusten, ein Bauarbeiter schlägt im Stehen die Zeitung
auf, nackte Mädchen auf Seite drei. Auf Seite eins: Die Welt geht
unter – CRASH, an den Börsen gehen gerade Milliarden verloren,
Milliarden in Dollar und in Euro, und es hört nicht auf, es geht immer mehr Geld verloren, das komplette Bankensystem gerät ins
Taumeln, das ist die KRISE, keiner weiß, was morgen sein wird.
Die Bockwurst kostet eins fünfzig, steht auf einer Tafel vor der
Bäckerei, der Bauarbeiter macht die Zeitung wieder zu, zieht an
seiner Kippe. Auf der letzten Seite: ein nacktes Mädchen.
Die Regierungen haben plötzlich irrsinnig viel Geld, so viel Geld
gibt es gar nicht, aber wenn es plötzlich so viel Geld gibt, heißt
das doch nur, dass es vielleicht noch mehr Geld gibt, irgendwo.
Und all dieses Geld wäre damit vielleicht schon – theoretisch –
die ganze Zeit da gewesen, um damit ganz andere Dinge zu tun,
Themen könnten einem einfallen wie: Tod und Armut in der Dritten Welt, die Klimakatastrophe, Themen, die irgendwann die Bankenkrise an Relevanz weit überholen werden oder schon längst
überholt haben.
Foto Justine del Corte
2
Kann man Theater erklären? Kann man über Stücke schreiben?
Ja, natürlich, man kann. Man kann sie zusammenfassen, auf dem
Papier charakterisieren, interpretieren. Aber besser wäre doch:
Das Theater spricht für sich selbst. Niemand würde auf die Idee
kommen, mit den Mitteln der Sprache einem Bild oder einer
Skulptur gerecht werden zu wollen, oder einer musikalischen
Komposition.
Ein Kunstwerk erteilt Auskunft über sich selbst, es teilt sich mit
– im Idealfall. Verspielt, leichtsinnig, fahrlässig, komisch oder
akribisch genau, völlig humorlos, dokumentarisch, psychologisch
oder rätselhaft, schwer zugänglich, sperrig, düster oder wie auch
immer:
Stücke nehmen ihre Zuschauer mit. Oder: Gelungene Stücke
nehmen ihre Zuschauer mit, sie machen neugierig, sie stören
Gewohnheiten, sie überprüfen geschmackliche Übereinkünfte,
ästhetische Verabredungen, sie öffnen Ausblicke, es entstehen
neue Blickrichtungen. Diese Stücke entwickeln einen Sog, sie
sind unberechenbar, manchmal schwer auszuhalten und trotzdem
unwiderstehlich.
3
Die Leitung des Stückemarkts lädt die Jury des Stückemarkts
nach der letzten Sitzung ins Kino ein. Niemand hat sich zerstritten,
alle reden noch miteinander, es gab unterschiedliche Vorlieben,
aber niemand musste irgendetwas gegen alle anderen durchsetzen. So unterschiedlich die einzelnen ausgewählten Stücke für
die Lesungen und den Workshop auch sind, so bestechend sind
sie jedes für sich.
Wir sehen uns „Storm“ von Hans Christian Schmid an, es ist die
Premiere auf der Berlinale, der Film läuft im Wettbewerb. Roter
Teppich. „Storm“ ist ein großartiger Film. Der Film hat sehr viel mit
Theater zu tun, der Film ist in gewisser Weise ein „Stück Arbeit
an der Gesellschaft“. „Ein Stück Arbeit an der Gesellschaft“ war
der Übetitel des diesjährigen Stückemarkts. „Arbeit an der Gesellschaft“ ist ein großes Wort, nicht jedes große Stück arbeitet
sich – auf den ersten Blick – an der Gesellschaft ab, und eine
31 JAHRE STÜCKEMARKT – DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
1978 Gustav Ernst, Peter Greiner, Elfriede Jelinek,
04
05
Veränderung der Gesellschaft wird kaum ein Stück erarbeiten
– so wie es ein Bild nur selten kann, oder eine Skulptur, oder ein
Stück Musik.
Aber: Theaterstücke spiegeln ihre Zeit, vor allem spiegeln sie den
Menschen und seine Wünsche, Sehnsüchte, Überforderungen,
Fehler, Ängste, seine Unzulänglichkeit und Grausamkeit – und
das allein ist schon kompliziert und komplex genug. In einem Theaterstück könnten all die, die an der Blase aus Metall und Plastik
und Glas vorbeieilen, ohne einander wirklich zu begegnen, einen gemeinsamen Ort finden – all die unterschiedlichen Leute,
die Familien mit den Einkaufstüten, die Frau auf der Suche nach
Pfandflaschen, der Bauarbeiter mit der Kippe und der Zeitung,
der indische Koch und der türkische Händler mit der mexikanischen Heiligen.
Aber zurück zum roten Teppich: Es bahnt sich im Lauf der Handlung von „Storm“ eine Tragödie an. Ein serbischer Kriegsverbrecher ist vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag
angeklagt, aber die Beweislage ist schwierig, es fehlen Zeugen.
Schließlich gelingt es einer Staatsanwältin, eine Zeugin zur Aussage zu überreden, die Frau hat systematische Vergewaltigungen
und Ermordungen miterlebt, aber schließlich soll sie einem „Justiz-Deal“ geopfert werden, um den Frieden der wachsenden europäischen Gemeinschaft zu schützen. Die Gemeinschaft geht vor,
Realpolitik beeinflusst die Justiz. Ein großer Stoff.
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Reihe zehn, Plätze 17 und 18, der Mann neben mir, Stichwort
KRISE: Man müsste über diese ganze Sache ein Stück schreiben. Das müsste doch möglich sein.
Meine Frage: Haben Sie nicht mal gesagt, dass all das Geld, all
die Milliarden, alles, was jetzt scheinbar verloren gegangen ist,
niemals wirklich verloren gegangen ist? Da jedes Geld, auch das
„verlorene“, immer noch irgendwo ist?
Antwort: Ja! Kurzes, überraschtes Innehalten. Ja! Das stimmt! Das
Geld ist umgesetzt worden, es ist umgesetzt worden, es sind Dinge gekauft worden – Ferraris oder Häuser – irgendwo ist das
Geld hin!
Nein, er konnte die Sachen nicht fertig machen, es hat sich alles
verzögert, Pause.
Rückfrage: Oh, was ist denn passiert, Sie waren doch nicht krank.
Pause.
Ja, Pause, ich war krank, ich war sogar im Krankenhaus.
Was? Um Gottes willen, wie lange denn?
Pause. Vierzehn Tage.
Erschrecktes Ausrufen: Vierzehn Tage! Sie Armer! Wie schrecklich –
Ja, sagt er, er ist wirklich blass, und Gewicht verloren hat er auch,
es war wirklich schrecklich.
Warum, darf ich fragen, was denn los war?
Pause.
Verdacht auf –
Pause.
Aber es ist alles okay. Ich habe gestern den Brief bekommen. Die
haben nichts gefunden.
Pause.
Ich: Gott sei Dank.
Er: Ja, Gott sei Dank, aber es war wirklich schrecklich –
Ich: Die Angst –
Er: Die Angst, ja, die dauernde Angst, die Ungewissheit, Pause. Aber wissen Sie, was am schlimmsten war? Die Nächte. Ich
kann nachts nicht schlafen, sobald es irgendein Geräusch gibt,
verstehen Sie, fünf Leute in einem Zimmer, ich wache bei dem
kleinsten Geräusch auf und kann dann stundenlang nicht mehr
einschlafen. Einer im Zimmer hing an einer Beatmungsmaschine,
er macht das rhythmische Geräusch der Maschine nach – ein
Zischen und eine Art Pfeifen.
Und ein anderer, den hatte es wirklich erwischt, den hatte es wirklich wirklich erwischt, kalt erwischt, dessen Nieren waren völlig kaputt. Der Mann sprach kein Wort Deutsch, die Schwestern haben
immer gesagt: Verstehen Sie mich, verstehen Sie mich? Und er –
er hatte wahnsinnige Schmerzen, der schrie immer, Tag und Nacht.
Tagesspiegel, 19. April 2009
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Wir müssen noch die Sachen von der Änderungsschneiderei abholen, sagt sie, wer geht rein? Du oder ich, einer muss im Auto
warten, denn hier kann man nicht parken, du oder ich?
Es regnete, oder schneite es schon? Ich legte den Stapel Stücke
auf den Rücksitz und verließ, zuerst widerwillig, die Blase aus Metall und Plastik und Glas.
Dieser Mann hat immer etwas zu sagen, sagt sie noch. Viele Grüße.
Er ist ein wirklicher Meister seines Fachs, dieser Änderungsschneider, er ist in Wahrheit gar kein Änderungsschneider, Herr
Blum ist ein wirklicher Schneider, und gleichzeitig repariert er
auch noch Schuhe, er ist nebenbei auch noch ein 1-A-Schuster.
Blass, wirklich blass geworden, das war mein erster Gedanke, als
ich die Werkstatt betrat, und tatsächlich:
Harald Kuhlmann, Dieter Kühn, Horst Laube, Harald Mueller, Gerhard Roth, Wolf Christian Schröder, Ginka Steinwachs
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STÜCKEMARKT JURY 2009
Roland Schimmelpfennig, Iris Laufenberg,
Christian Kracht, Roger Vontobel und
Beret Evensen [v. l.]
STÜCKEMARKT 2009
Schreib doch mal
Berliner „Stückemarkt“ sucht Stücke
Dramatiker und Theaterverlage aus ganz Europa sind aufgerufen, „neue, noch nicht aufgeführte Stücke in allen europäischen
Sprachen“ an die Jury des Berliner „Stückemarkts“ einzusenden,
die dann zehn davon auswählt und diese beim nächsten Theatertreffen in szenischen Lesungen vorstellt. Außerdem werden fünf
weitere Autoren zu einem sogenannten „Dramatikerworkshop“
unter der Spaßfuchtel des Dramaturgen und Dramatikers John
von Düffel (…) zur allfälligen Weiterbildung eingeladen. Unter den
zehn Haupteingeladenen werden zwei Preise ausgelobt: der mit
fünftausend Euro dotierte Förderpreis und der mit siebentausend
Euro versehene Werkauftrag. Beide sind mit einer Uraufführung
„an einem namhaften Theater“ verbunden. Einer der zehn ausgewählten Texte wird von Deutschlandradio Kultur als Hörspiel
adaptiert und urgesendet. (…)
FAZ, 16. Oktober 2008
Was die Welt im Innersten zusammenhält
Es gibt sie, die neue Dramatik – auch wenn sie auf den Spielplänen eher rar ist oder meist auf Studio-Bühnen verbannt wird. Für
den „Stückemarkt“ des „Theatertreffens“ haben Nachwuchsau-
toren aus ganz Europa 303 frische Stücke unter dem Motto „Ein
Stück Arbeit an der Gesellschaft“ eingereicht. (…)
Tobias Schwartz, zitty, 07. – 20. Mai 2009
Auswahl für den Berliner Stückemarkt ist getroffen
(…) Die Entscheidung fiel auf sieben deutschsprachige Stücke
und jeweils ein Stück aus Finnland, Frankreich und Italien (…).
Die fünfköpfige Jury aus Autoren und Theatermachern wählte
Markus Bauer aus Konstanz, Oliver Kluck aus Berlin, Pierre Notte aus Paris, Sofi Oksanen aus Helsinki und Nis-Momme Stockmann aus Berlin aus, ihre Texte in szenischen Lesungen im Haus
der Berliner Festspiele vorzustellen. Für die Teilnahme am Dramatikerworkshop unter der Leitung von John von Düffel nominierte
die Jury zudem Nina Büttner aus Berlin, Davide Carnevali aus
Mailand, Ursula Knoll und Stephan Lack aus Wien und Charlotte
Roos aus Hannover. Insgesamt waren 303 noch nicht aufgeführte
Stücke aus ganz Europa unter dem Motto „Ein Stück Arbeit an
der Gesellschaft“ eingereicht worden. Der Stückemarkt gilt als
Karrieresprungbrett für bisher unentdeckte Dramatiker. (…)
Frankfurter Rundschau, 20. Februar 2009
1979 Herbert Achternbusch, Thomas Brasch, Ernst Jandl, Bodo Kirchhoff, Jürg Laederach, Franz Mon 1980 Herbert Achternbusch,
07
Heinz Dürr
Joachim Sartorius
Yvonne Büdenhölzer
Expertentisch
ERÖFFNUNG
Dramatiker der Zukunft
Von wegen Internetgeneration. Von wegen, das Theater habe
sich überlebt. Mehr als 100 junge Menschen drängeln sich im
Foyer im Haus der Berliner Festspiele. Dort wird im Rahmen des
Theatertreffens der „Stückemarkt“ eröffnet. (…) Der Markt ist eröffnet für die Dramatiker der Zukunft. (…) So zeigt das Berliner
Gorki-Theater derzeit die Uraufführungsinszenierungen des Vorjahres, „Bulger“ von Klaas Tindemans und „plus null komma fünf
windstill“ von Maria Kilpi. Anne Habermehl, die beim letztjährigen
Stückemarkt einen Werkauftrag erhielt, wird (…) mit ihrer Arbeit
die Uraufführung am Bayerischen Staatstheater in München erleben. (…) Doch all dies kann nicht ohne Förderung gelingen. Auch
hier leisten der Intendant der Berliner Festspiele, Joachim Sartorius, und Iris Laufenberg, die Leiterin des Theatertreffens, gerne
Starthilfe durch Kontakte zu namhaften Sponsoren. Dazu gehören
(…) die Bundeszentrale für politische Bildung, Deutschlandradio
Kultur und das Goethe-Institut. Besonders nimmt sich auch die
Heinz und Heide Dürr Stiftung des Dramatiker-Nachwuchses an.
Heinz Dürr (…), der mit seiner Frau zur Eröffnung nach Berlin gekommen war, zitierte die Regisseurin Andrea Breth, die vom „Begeisterungsauftrag“ des Theaters gesprochen hatte. Und eben zu
dieser Begeisterung wolle er mit seiner Stiftung beitragen. (…)
Die Neugier und Kreativität einiger künftigen neuen Dramatikergeneration haben in Berlin gezeigt, dass die Gegenwartsdramatik
keineswegs einem stehenden Gewässer gleicht. Hier sind eher
Kaskaden und (mit-)reißende Ströme zu erwarten. Und so appellierte Yvonne Büdenhölzer, die Leiterin des Stückemarktes, an die
Intendanten der Theater, die Arbeiten der jungen Autoren auch aufzuführen und sie nicht immer nur auf Nebenbühnen zu verstecken.
Wolfgang Bager, Südkurier, 09. Mai 2009
Buch und Busen
Gestern bei der Eröffnung des Stückemarkts des Berliner Theatertreffens, hielt Moritz Rinke, ein Plädoyer für das Lesen von Theaterstücken, für ihr Erscheinen im Reclamformat, mithin auch für
die Anerkenntnis ihres literarischen (und nicht nur theatralischen)
Werts. Und er beschwor ein Bild herauf, dessen Teil er selbst
gewesen sein will (…). Er, Rinke, habe sich nämlich einmal als
schriftstellernder Beobachter auf einer „Aida“-Kreuzfahrt aushalten
lassen (…), dort lag eine Frau (…) mit soo (andeutende Handbewegung) einem Silikonbusen. „Und diese Frau, ja, also diese Frau
lag da und las ein Drama von Einar Schleef. Das war ein schönes
Bild (…): Ich glaube, dieses Drama wird nicht verschwinden. (…)
nachkritik.de, 08. Mai 2009
Wolfgang Duffner, Gert Heidenreich, Barbara Honigmann, Thomas Hürlimann, Gerd Raue, Karl-Heinz Scherfling, Ester Vilar
08
PUHDISTUS – FEGEFEUER von Sofi Oksanen
DIE SZENISCHEN LESUNGEN
Die Mutter aller Autorentage
Bislang kannte wohl kaum jemand das „Prinzip Meese“, aber vielleicht, wer weiß das schon, wird ein Theaterstück mit diesem Titel
der Hit der nächsten Saison. (…) Klucks Stück war nicht nur das
in seiner gebrochenen Machart interessanteste, sondern eben
auch in seiner fast zynischen Weltbetrachtung fordernste Werk
des Stückemarkts. Der wurde 1978 gegründet und ist das älteste
Förderprogramm für zeitgenössische Dramatik im deutschsprachigen Raum. Hier werden die neuen Arbeiten vor allem junger
Autoren öffentlich vorgestellt, und eingerichtet von erfahrenen
Regisseuren und vorgetragen von oft bekannten Schauspielern.
Trotz inzwischen vieler ähnlicher Veranstaltungen andernorts
lässt sich in Berlin als Nachwuchsdramatiker im Schatten des
großen Theatertreffens immer noch die meiste Aufmerksamkeit
erregen, weil so viele Regisseure, Intendanten und Medienleute wie nirgends sonst anreisen. (…) In diesem Jahr sind für die
szenischen Einrichtungen außer Katharina Thalbach etwa Claudia
Bauer oder Roger Vontobel zuständig. Als Schauspieler konnten
Sandra Hüller, Almut Zilcher und André Jung gewonnen werden.
Oder auch Wolfram Koch, den man ebenfalls nur von den großen
Bühnen her kennt. Wenn der sich auf offener Szene und winziger Spielfläche in einer Doppelrolle lediglich durch den Tonfall
sowie ein paar Bewegungen von einem versteckten estnischen
Widerstandskämpfer in einen machtbewussten russischen Offizier verwandelt [in der szenischenLesung „Fegefeuer”], freut sich
das Publikum sichtlich. Denn es kann aus der Nähe beobachten,
was Theatermachen heißt, selbst wenn die Schauspieler weder
Kostüm noch Maske tragen und das Manuskript in der Hand halten (…). Die Zuschauer (…) drängen sich begeistert in die kleinen
Spielstätten, um dort den unbekannten Texten meist unbekannter
Autoren zu lauschen. Es hat etwas von jener speziellen Romantik,
wenn am Lagerfeuer Geschichten erzählt werden. Dazu kommt
der Reiz, die ersten Schritte eines vielleicht bald gefeierten Dramatikers zu verfolgen. Und ihn eventuell später einmal auf der
großen Bühne des Theatertreffens wiederzusehen.
Irene Bazinger, Deutschlandfunk, 12. Mai 2009
Ein Stück Welt zwischen üppigen Silikonbrüsten
Dramen sind dazu da, gespielt zu werden: (…) Dieser doch sehr
berechtigten Auffassung hängt auch der Stückemarkt an, der seit
1978 ein Teil des Berliner Theatertreffens ist und es sich zum
Ziel gesetzt hat, neue europäische Dramentexte für das Theater
zu entdecken und Autoren an Bühnen zu empfehlen. (…) Finanziell unterstützt wird der Stückemarkt von der Heinz und Heide
1981 Volker Braun, Serge Roon, Friederike Roth, Stefan Schütz 1982 ausgefallen 1983 Thomas Hürlimann, Klaus Pohl, Einar
09
STEHENDE GEWÄSSER von Markus Bauer
Es lesen: Leslie Malton, Lavinia Wilson,
Jirka Zett und Bernd Stempel [v.l.]
Dürr Stiftung, die sich neben der frühkindlichen Erziehung und
der Humangenetik als dritten Sonderposten des Theaters annimmt. Denn, so der Unternehmer Dürr, Theater sei „ein Stück
Arbeit an der Gesellschaft“ – ein Satz, der in diesem Jahr auch
Motto ist. (…) Fünf (…) Autoren werden zu einem Dramatikerworkshop eingeladen, die anderen fünf werden von namhaften
Regisseuren und Schauspielern in szenischen Lesungen vorgestellt. Bei der von Nuran David Calis sehr pfiffig als Grillparty inszenierten Vorstellung des Stücks „stehende gewässer“ von Markus Bauer wirkten zum Beispiel Leslie Malton, Bernd Stempel,
Katharina Schmalenberg, Lavinia Wilson und Jirka Zett, der sensible Kostja aus Jürgen Goschs „Möwe“, mit. Eine feine Besetzung für ein Stück, das in Zeitsprüngen zwischen 1978 und 2003
die allmähliche Auflösung einer ganz normalen Familie mit Haus
am See schildert, wobei das Aufregende daran Markus Bauers
der Klarheit des Wassers entsprechende, eigentümliche Sprache
ist. Auch die Besetzung von „Puhdistus – Fegefeuer“ (…) war
hochkarätig: Almut Zilcher, Patrycia Ziolkowska, Wolfram Koch
und Andreas Grothgar stellten ein Stück vor, das der Finnin Sofi
Oksanen – sie ist Jahrgang 1977 und trägt eine Haarpracht wie
Amy Winehouse – als Grundlage für einen Roman diente, der in
ihrer Heimat ein Bestseller ist. (…) Der politische Anspruch der
jungen Autorin imponiert (…). Ob Stockmann auch in Berlin das
Rennen macht, wird sich an diesem Mittwochabend entscheiden,
wenn der Förderpreis für neue Dramatik vergeben wird, gestiftet
von der Bundeszentrale für politische Bildung. Er ist verbunden
mit einer Uraufführung am Berliner Maxim Gorki Theater. Das
Siegerstück vom letzten Jahr, „Bulger – Eine unzulässige Geschichte“ von Klaas Tindemans, ist in der Regie von Nora Schlocker im Gorki Studio eine gelungene Sache: verstörend, fremd,
irritierend. (…) Autorenförderung, die in solchen Inszenierungen
gipfelt, ist effektiv.
Christine Dössel, Süddeutsche Zeitung, 13. Mai 2009
Feuer und Wasser – die Welt
Auf dem Podium ringen sie mit dem Begriff der Welthaltigkeit.
Und um ihn fassbarer zu machen, höhlen sie ihn aus: Irgendwie sei
doch im Theater immer Welt drin, solange lebendige Menschen
daran beteiligt sind – so in etwa sagt es Moritz Rinke einmal während der Diskussion. (…) Und wahrscheinlich ist es einfach ein
Zufall, dass von den ersten beiden beim Stückemarkt vorgestellten Stücken ausgerechnet das deutsche dasjenige ist, das sich
ins Private zurückzieht, das ausländische dagegen im Privaten ein
ganzes Geschichtspanorama entfaltet. Ein (fast) weltloses und ein
Schleef, Peter Slavik 1984 Sascha Anderson, Thomas Hürlimann, Einar Schleef 1985 ausgefallen 1986 Phillipp Engelmann,
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DER MANN DER DIE WELT ASS von Nis-Momme Stockmann
Es lesen: Kai-Ivo Baulitz, Arnd Klawitter und André Jung [v.l.]
welthaltiges Stück also – was ja nichts über die Qualität besagt.
Die ist glücklicherweise bei beiden Texten hoch, so dass man
auf einen starken Stückemarkt-Jahrgang hoffen darf. (…) Sowohl
„Puhdistus – Fegefeuer“ der Finnin Sofi Oksanen als auch „stehende gewässer“ von Markus Bauer springen mittels raffinierter
Schnitttechniken durch die Zeiten, beide bewahren jedoch die
Einheit des Ortes – ein Haus auf dem Land bei Oksanen, ein
Haus am See bei Bauer –, und beide zeigen Protagonisten, deren
Lebensentwürfe gründlich missglücken. In „Fegefeuer“ geht das
Leben daneben, weil die Weltläufte es so wollen – deswegen
ist es eine Tragödie; in „stehende gewässer“ sind es die Figuren
selbst, die ihr Leben aus der Hand geben – deswegen ist es zwar
noch keine Komödie, aber es hat immerhin eine Schlagseite dorthin. (…) Im Zentrum von Sofi Oksanens „Fegefeuer“ steht die
Estin Aliide Truu, die zu Beginn der sowjetischen Besatzungszeit
in ihrem Haus den Widerstandskämpfer Hans verbirgt. (…) Almut
Zilcher [vermochte] den rissigen Panzer dieser Aliide-Figur eindrücklich anzudeuten – den Panzer einer Frau, die sich in einem
Leben einrichtet, das ihr vorenthalten wurde. (…) Die große Stärke von Bauers Stück stellen seine Dialoge dar, die wunderbar
die Waage halten zwischen einer leicht konfektionierten Melancholie und schnellem, trockenem, lakonischem Witz. Die kleine
Studio-Inszenierung, die Nuran David Calis mit seinen gut gelaunten Schauspielern aus der Vorlage zauberte, brachte diese
Qualitäten temporeich zur Geltung. Und was die Welthaltigkeit
betrifft: Calis ließ das Stück durchgängig im Grillparty-Ambiente
spielen. Das traf es genau – wann wohl ist man privater, wann ist
die große Welt mehr abwesend als beim Grillen?
Wolfgang Behrens, nachtkritik.de, 07. Mai 2009
Autoren entdecken beim tt09
Markus Bauer beeindruckte mit „stehende gewässer“, einer Familiengeschichte voller vertraut scheinender Konflikte, erzählt in
einer aufwühlenden Sprache, die den Zuschauer tief in die Abgründe der Figuren führt. Der junge Theaterregisseur und –autor
Nuran David Calis richtet „stehende gewässer“ für den Stückemarkt ein, es lesen Leslie Malton, Katharina Schmalenberg, Bernd
Stempel, Lavinia Wilson und Jirka Zett. (…)
Tagesspiegel, 28. April 2009
„Das Theater verhindert aktiv eine Avantgarde“
Wo Menschen nicht viele Worte machen, da ist Norden. Wer
dort groß wird, lernt früh, sich sparsam, aber präzise auszudrücken und der Gestik und Mimik den Rest zu überlassen. Ideale
Jörg Graser, Gert Jonke, Horst Wolf Müller, Matthias Zschokke 1987 Horst Wolf Müller, Gerhard Roth, Gaston Salvatore,
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DAS PRINZIP MEESE von Oliver Kluck
Es lesen: Astrid Meyerfeldt, Heide Simon,
Sandra Hüller und Robert Beyer [v.l.]
Wachstumsbedingungen für Theaterautoren. Gleich zwei der fünf
Autoren, deren Stücke beim diesjährigen Stückemarkt des Theatertreffens szenisch eingerichtet werden, stammen von der Küste,
beide von einer Insel: Nis-Momme Stockmann, (…) geboren auf
Föhr und Oliver Kluck, (…) geboren auf Rügen. (…) Stockmann
schreibt mit „Der Mann der die Welt aß“ die sehr leise Geschichte von einem, dem sein Leben entgleitet. Er benutzt die klassische Dialogform und schlichte Alltagssprache als Statement:
„Viele Autoren treibt die Angst vor der Gewöhnlichkeit. Ich finde
aber, in der Gewöhnlichkeit spielt sich alles ab, was uns berührt.“
Oliver Klucks „Das Prinzip Meese“ besteht aus Textflächen statt
Dialogen, kommt ohne Plot und ohne klare Figuren aus. Er sagt:
„Theater ist eine Gemeinschaftsarbeit, ich muss nur ein Gefühl
vermitteln.“ (…) (Theater-)Autor scheint für Insulaner doch eine
viel versprechende Alternative zu sein.
Katrin Pauly, Berliner Morgenpost, 10. Mai 2009
Restsubjekte auf Weltflucht
Am Anfang denkt man, es ist der Vater, dessen Existenz hier ins
Trudeln gerät. Der Vater, der in Nis-Momme Stockmanns Stück
„Der Mann der die Welt aß“ seinen Sohn anruft und ihm erzählt,
dass er sich im Schlaf ein Stück Zunge abgebissen hat. Aber
bald ist klar, größer als die Probleme des Vaters, der seine beginnende Demenz durchaus im Blick hat und sie voller Verzweiflung
registriert, sind die des Sohns: bei Stockmann ein namenloses
Wesen Mitte Dreißig, dessen ganzes Leben eine einzige Fluchtbewegung ist: Flucht vor der Verantwortung, vor der Liebe und
den Ansprüchen anderer, vor sich selbst. (…) Die Kassenhalle
des Hauses der Berliner Festspiele, traditionsreicher Schauplatz
der szenischen Lesungen des Stückemarkts beim Theatertreffen,
quoll über, gestern, um 18.30 Uhr. (…) Stockmanns Blick auf seine Figuren unterscheidet sich von den Vorgängern allerdings in
einem wesentlichen Punkt: Denn die Ansprüche der Familie werden hier nicht als bürgerlicher Hemmschuh gegen die Autonomie
des Subjekts ins Feld geführt, sondern das Subjekt verliert seine
Autonomie, weil es nicht in der Lage ist, sich seiner Verantwortung zu stellen. Weshalb so gesehen der erste Schritt zur Rettung
der Welt darin bestehen könnte, nicht mehr vor ihr davonzulaufen.
(…) Die zweite szenische Lesung fand dann auf der Hinterbühne
statt, wo Claudia Bauer Oliver Klucks „Das Prinzip Meese“ eingerichtet hatte, eine Suada gegen den Kunst- und Kulturbetrieb,
die Verblödungsmaschine Fernsehen, die längst auch die Dichter
selbst zu verblöden begonnen hat, deren Stand in der abendländischen Kulturlandschaft jedoch nicht allein aus diesem Grund
Michael Zochow, Matthias Zschokke 1988 Friedrich Christian Delius, Gundi Ellert, Volker Lüdecke, Michael Roes, Stefan Schütz
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ZWEI NETTE KLEINE DAMEN AUF DEM WEG NACH NORDEN von Pierre Notte
Es lesen: Peggy Lukac und Katharina Thalbach [v.l.]
höchst unübersichtlich geworden ist. Kluck, wie Stockmann insulanischer Abstammung, (…) gibt sich, vom allesverachtenden
Gestus her Thomas Bernhard nicht unähnlich, auf der Höhe der
Zeit: kein Stück, eine Textfläche ist dieses postdramatische Drama über das Fehlen der Kunst in der Kunst, seine Figuren sind nur
noch mit Buchstaben notdürftig markiert.
Esther Slevogt, nachtkritik.de, 10. Mai 2009
Die süße Sehnsucht nach dem Authentischen
(…) Den Stückemarkt der Talente eröffnete ein klug gebautes
Stück, in dem die 1977 geborene Sofi Oksanen auf zwei Zeitebenen von der Zerrüttung der estländischen Gesellschaft durch die
sowjetische Besetzung erzählt. Im Mittelpunkt von „Fegefeuer“
steht eine Frau mit einem klaren Konflikt: Sie liebt den Mann ihrer
Schwester, sorgt dafür, dass diese nach Sibirien deportiert wird,
und versteckt den Mann bei sich im Keller. (…) Den „Förderpeis
für junge Dramatik“ bekam Oliver Kluck (Jahrgang 1980) für „Das
Prinzip Meese“, einen Text ganz ohne Figuren und durchgehende
Handlung. „Das Theater braucht dieses Stück nicht.“ Mit diesem
Satz beginnt ein wütendes, vielleicht verzweifeltes sprachliches
Umsichschlagen. Kluck artikuliert den Frust der Mittzwanziger,
die als Praktikanten und billige Hilfskräfte ausgebeutet werden.
Es geht um die altersüblichen Beziehungsschwierigkeiten, den
Schwachsinn des Fernsehens und den Ekel vor einer Gesellschaft, „deren höchstes Gut die Verwirklichung im weltlichen Beruf ist, eingerahmt von Zimmerpflanzen in Seramistöpfen.“ Auch
bei diesem splittrigen Text stellt sich die Frage, was die Form
noch mit Theater zu tun hat. Der sprachliche Aufruhr wirkt indes
unverstellt, glaubhaft, mutig. Einmal mehr triumphierte beim Theatertreffen die heiße Sehnsucht nach Authentizität.
Michael Bienert, Stuttgarter Zeitung, 15. Mai 2009
Kleines ABC des Theatertreffens
(…)
T wie tolle Titel:
„Der Mann der die Welt aß“ von Nis-Momme Stockmann. „Zwei
kleine nette Damen auf dem Weg nach Norden“ von Pierre Notte.
„Das Pinzip Meese“ von Oliver Kluck, das nicht nur einen tollen
Titel hat, sondern auch ein tolles Stück sein muss. „Es hat keine
Handlung, es hat keine Personen, die Form ist offen. Auf jeden
Fall brodelt es im Kopf.“ (Roland Schimmelpfennig).
Andreas Schäfer, Tagesspiegel, 29. April 2009
1989 ausgefallen 1990 Werner Fritsch, Klaus Rohleder, Stefan Schütz, Georg Seidel, Michael Wildenhain, Michael Zochow
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John von Düffel
Judith Rosmair,
Samuel Finzi
Nina Büttner
Ronald Kukulies,
Katharina Schüttler,
Judith Rosmair,
Samuel Finzi [v. l.]
Charlotte Roos
Stephan Lack
Davide Carnevali
Ursula Knoll
DRAMATIKERWORKSHOP
Kleines ABC des Theatertreffens
(…)
S wie „Sich selbst entdecken“,
sagt John von Düffel, Leiter des Dramatikerworkshops des Stückemarkts, sei das „Lernziel“ der Workshop-Arbeit unter der Vorgabe „Hier und Jetzt – Welche Krise?“. Erstmals werden bekannte Schauspieler „die Texte der Talente lesen, ohne jede Probe,
ohne jede Inszenierung, im Sinne einer Erstbegegnung zwischen
Schauspielern und Text – auch das, versteht sich, einmalig.“
Andreas Schäfer, Tagesspiegel, 29. April 2009
Die Texte der Anderen
Der Autor ist tot, es lebe das Kollektiv: Der Dramatikerworkshop beim Stückemarkt des tt09 löst die Grenzen zwischen
Autorenschaft und Lektorat zeitweise auf. Eine Bilanz aus
dem Zentrum der Textdiskussion zwischen dem Workshopleiter, Schriftsteller und Dramaturgen John von Düffel und
fünf Nachwuchsautoren.
Das ist kein emotionales Gruppenkuscheln. Es ist auch kein Treffen monomanischer Autisten, kein Schaulaufen vollendeter Genies oder sonst eine Reproduktion eines Schriftstellerklischees,
in dem das Zusammentreffen mehrerer auf die eine oder andere
Weise den Ruch des Vergeblichen hat. Das hier ist Werkstatt pur,
gnadenlos ehrlich und gnadenlos produktiv: „Ich weiß nicht, ob
du dir bewusst bist, dass das zumindest für Wiener ganz schöne
Klischeesätze sind, die deine Figuren da äußern.“ „Der Gebrauch
der verschiedenen Sprachen erscheint mir nicht ganz schlüssig.“
„Braucht es in dem Text wirklich den Zentralfriedhof?“
(…) Im Verlauf der einstündigen offenen Diskussion stellen die
(…) Kursteilnehmer und Mentor John von Düffel so ziemlich alles
in Frage, was die Substanz eines Textes konstituiert: Sprache,
Ort, Charakterzeichnung - alles scheint diskutierbar. (…) „Am
Schlimmsten sind die Leute, die sagen ‘Ich kann damit nichts
anfangen und nehm’ mich da jetzt völlig raus’“, sagt dazu Workshop-Teilnehmer Stephan Lack. „Das kränkt mich wirklich persönlich. Ein Statement aus dem Bauch heraus ist mir lieber, als
wenn sich jemand gar nicht mit mir auseinandersetzt.“ (…) „‘Ich
mag deinen Stil nicht, du schreibst immer denselben Scheiß und
hast noch nie eine ordentliche Figur zusammengebracht’.“ Solche
Anwürfe, sagt Ursula Knoll, seien die, die sie ernsthaft aus der
Fassung brächten. (…) Dass ein nur viertägiger Intensiv-Workshop, wie er beim tt09 stattfindet, im zunehmenden Aufkommen
1991 Werner Buhss, Gert Jonke, Martin Roda-Becher, Michael Roes, Werner Schwab 1992 Jochen Berg, Oliver Bukowski,
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von Schreibwerkstätten und Schreibschulen seine besondere
Berechtigung hat, davon ist Workshop-Teilnehmerin Charlotte
Roos, Absolventin des Deutschen Literaturinstituts in Leipzig,
überzeugt: „Es ist immer gut, wenn man sich nicht kennt. Auf die
Dauer hat man häufig einen ungünstigen Kollektivprozess: Kritik
wird zu massiv und gleichzeitig kraftlos, wenn sich erstmal Koalitionen gebildet haben und man sich an Geschmacksurteilen abarbeitet.“ (…) Direkt bewerten wollen sie die Werke der jeweils
anderen dann auch allesamt nicht: „Durch eine Wertung verstelle
ich mir den Text“, ist Ursula Knoll überzeugt, und auch Charlotte
Roos möchte, anstelle der Wertung, lieber „im doppelten Sinn
über Strukturen nachdenken“, darüber, „wie etwas auf der Makroebene gebaut ist und eventuell umgebaut werden muss, um es
schlüssig zu machen, und wie man auf der Mikroebene eingreifen
kann, um den Text insgesamt zu verbessern“. Wie diese Haltung
des Mitschreibens am anderen Text im Extremfall aussehen kann,
macht Stephan Lack deutlich: „Ich mache mir jeden Text, den wir
besprechen, zu eigen. Ich sehe mit dem Blick drauf, als hätte ich
ihn geschrieben.“ Der Dramatikerworkshop hat ihm dazu offensichtlich Material geboten: „Ich möchte an euren Texten weiterarbeiten“, sagt er zu seinen Mitschreibern. Dann geht die Textarbeit
weiter: „Ich finde manche Episoden in deinem Text etwas abgekoppelt. Diese Amerikanerin - brauchen wir die überhaupt?“
Johannes Schneider, theatertreffen-blog.de, 15. Mai 2009
Workshop als Work-Schock
Johannes Schneider: “Lernziel: sich selbst entdecken” steht in
der tt-Broschüre über den Dramatikerworkshop. Wie schafft man
das in vier Tagen?
John von Düffel: Die Hauptaufgabe für mich als Mentor besteht
zunächst einmal darin, die spezifische Qualität der einzelnen Autorinnen und Autoren zu finden: (…) und wie man durch die richtigen Fragen dafür sorgen kann, dass sich seine eigene Qualität
immer weiter schärft und entwickelt. (…)
Schneider: Welche Fragen muss man dafür stellen?
Düffel: Das ist sehr tastend. Man muss sich der Verantwortung
bewusst sein, die man gerade in der Position des Mentors hat:
Wenn man ein Urteil ausspricht oder eine Suggestivfrage stellt,
wo alle denken “Dem gefällt das alles nicht”, dann springen die
anderen Teilnehmer unter Umständen auf den Zug mit auf. Und
dann hat man auf einmal einen Autor verstört, obwohl man das
gar nicht wollte. (…) Es ist kein Schmusekurs in dem Sinne, dass
man keine radikalen Fragen oder auch mal etwas ganz grundsätzlich in Frage stellen darf. Ich bin ganz froh, dass wir trotz des
harmonischen Grundgefühls nicht nur verklausulieren. Ein Satz
wie “Ich würde da die Hälfte streichen” muss sagbar sein. Wenn
ein Grundrespekt füreinander und ein Grundinteresse aneinander besteht, kann man auch solche Sachen sagen, das finde ich
wichtig.
noch nie den Fall gehabt, dass ich an einem Autor oder einer Autorin nichts gefunden habe. Ich habe immer nachvollziehen können, was die Jury interessant fand. Es gab immer einen Punkt, wo
man bemerkt: Man begegnet einer eigenen Kraft, einem eigenen
Willen. Den gilt es dann zu fördern. (…)
Schneider: Es gibt ja Leute, die sagen, dass nur diese exzentrischen Monomanen wahre Schriftsteller sind …
Düffel: Darüber, was der wahre Autor ist, kann man ganz verschiedener Meinung sein. Ich habe auch immer gesagt, dass ich kein
wahrer Autor bin, weil ich es in der totalen Einsamkeit des QuasiGenialen gar nicht aushalten würde: Auf einer Berghütte wohnen,
keine Menschen mehr sehen, keine Familie haben, keinen Sport
treiben, nur trinken, rauchen und irgendwelche Drogen nehmen,
das war ich nie und wollte es auch nie sein. Autoren sind kein
Menschenschlag. Wenn man sich in diesen Autorenklischees
und -images nicht wiederfindet, muss das nicht heißen, dass man
kein Autor ist. Wo jemand seine produktive Energie bezieht und
was er für sich produktiv machen kann, das ist die Kunst des jeweils Einzelnen.
Schneider: Wie soll ein Workshop idealerweise auf einen jungen
Autoren/eine junge Autorin wirken?
Düffel: Jeder Workshop ist auch ein Work-Shock. Anschließende
Irritation ist dabei ganz normal, aber das ist auch genau das, was
dann hoffentlich jeder und jede für sich produktiv machen kann.
Dass man hier ist, ist schon Bestätigung genug. Jetzt gilt es, Kritik
zu üben, es soll ja schließlich weiterführen.
Schneider: Wie wirkt das Theatertreffen auf die Workshopatmosphäre ein?
Düffel: Wir diskutieren im Workshop nicht über einzelne Aufführungen, aber das Bild dessen, was Theater heute sein kann, wird
natürlich geweitet. Die Konventionalität, die sich manchmal in Regieanweisungen ausdrückt, von denen man dann als erfahrener
Theaterdramaturg denkt, dass das nie ein Regisseur so umsetzen
wird, das hat eben stark damit zu tun, dass von Seiten der jungen Autoren manchmal nicht so viel Theater geguckt wird und vor
allem nicht in dieser Qualität und Dichte. Wenn man hier ein paar
starke Theatereindrücke empfangen hat, macht das den Kopf frei
von Theaterklischees, die einfach nicht mehr zeitgemäß sind.
Johannes Schneider, theatertreffen-blog.de, 13. Mai 2009
Schneider: Wie kann man harsche Urteile umgehen?
Düffel: Ich wähle immer eher den Weg über die Stärken, die Qualitäten, die mich überzeugen.
Schneider: Findet man die immer?
Düffel: Obwohl ich die Autoren nicht selbst auswähle, habe ich
Oliver Czeslik, Werner Fritsch, Ernst Molden, Michael Wildenhain 1993 Wolfgang Maria Bauer, Herbert Berger, Heidi von Plato,
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Sofi Oksanen Foto Jan Zappner
Markus Bauer
AUTORENPORTRAITS
Sofi Oksanen
Sofi Oksanens erstes Stück spielt in Estland im Jahr 1992, wirft
aber seinen Blick durch Rückblenden auf die Sowjetisierung der
späten 40er und 50er Jahre. (…) Oksanen erforscht die Realität von Estland, und notwendigerweise auch den Schatten der
Sowjetunion und Russland, aber ihre fundamentalen Themen sind
universell. Indem sie die zwei Perioden miteinander verbindet, untersucht sie nicht nur, wie die Geschichte die Entwicklung einer
Nation beeinflusst, sondern auch den Geist und die Entscheidungen im Leben einer Einzelperson. Das Stück erzählt die Geschichte von zwei Frauen aus verschiedenen Generationen und
untersucht die Erfahrungen, die diese mit dem Verlust der Freiheit gemacht haben. Wie verhalten sich Menschen, wenn sie nur
wenige Alternativen haben und was ist der ultimative Preis des
Überlebens? Ist es möglich, einen Überrest an Würde zu retten,
wenn der Wille des Einzelnen externen Kräften und dem Druck
von Angst und Missbrauch unterlegen ist? Wie halten wir unsere Humanität aufrecht im Licht jener Aktionen, die unter Zwang
verrichtet wurden? Vielleicht macht unsere Gegenwart nur dann
Sinn, wenn wir eins mit unserer Vergangenheit geworden sind.
Finnisches Theater (Sonderausgabe auf Deutsch), April 2009
Markus Bauer
Der Konstanzer Autor Markus Bauer beim Berliner Theatertreffen
In jedem Jahr reisen Intendanten, Dramaturgen und Lektoren zum
Theatertreffen nach Berlin – nicht nur, um sich die „besonders
bemerkenswerten“ 10 Inszenierungen deutschsprachiger Bühnen anzusehen, sondern auch, um Ausschau nach neuen jungen Autoren und ihren Werken zu halten. Die finden sie auf dem
Stückemarkt – der Berliner ist mit 31 Jahren der älteste unter den
inzwischen bundesweit von Hamburg bis Mülheim boomenden
Veranstaltungsreihen dieser Art (…). Unter den ausgewählten
Autoren ist Markus Bauer aus Konstanz. Gestern Abend wurde
sein Stück „stehende gewässer“ in einer szenischen Lesung vorgestellt. (…)
„es gibt nicht viele möglichkeiten dieses nebelverhangene leben
zu potenzieren und sichtbar zu machen die liebe ist eine davon“.
Von beidem gibt es zu viel in der Familie Wiesheu und doch oder
gerade deswegen wollen die Schleier nicht weichen, die sich auf
das Leben von johann, inge, cora und martin gesenkt haben in
ihrem schönen großen geerbten Haus am See.
Markus Bauer: „Der See steht für ein stehendes Gewässer im
Stück. Er steht für ein Idyll, das postkartenähnlich einfriert, dem
die Leute keine Lebendigkeit mehr entgegenbringen können und
das dadurch seine Anziehungskraft verliert und das ganze Leben
in ein Scheitern führt durch einen Stillstand.“
Über drei Jahrzehnte hinweg bewegt sich viel – vielleicht zu viel und
deswegen am Ende doch wieder nichts im Leben der Familie, deren Geschichte in vor- und zurückgespulten Episoden erzählt wird.
Markus Bauer: „Der dramatische Konflikt besteht darin, dass diese
Menschen aufhören zu suchen, nicht mehr nach ihren Sehnsüchten forschen, sondern an einer Postkarte, die sie sich ausgemalt
haben, festhalten und versuchen diese auszumalen.“
(…) Markus Bauer schreibt und inszeniert – an Theatern in Stuttgart, Konstanz und Bern hat er bereits als Autor und Regisseur
gearbeitet. (…) In einer Mischung aus sehr lebhaften Dialogen
und kleineren dazwischengetupften Monologpassagen zeichnet
der Dramatiker sein grausam-genaues Stillstandszenario. Die
großen Konflikte seiner Figuren notiert der Autor durchweg kleingeschrieben sowie ohne Punkt und Komma.
Markus Bauer: „Da steckt dahinter, dass ich beim Schreiben
nach einer Musikalität suche und mich da Sachen stören. Und ich
glaube, dass man als Autor, der fürs Theater schreibt, sowieso
irgendwann abgeben muss an die künstlerische Verantwortung
im Theater und die ihre Punkte auch selber machen.“
Bei der szenischen Lesung wird deutlich, wie sehr der eine oder
andere Schauspieler mit dieser besonderen Textur ringt. Zu beiderseitigem Vorteil. Vielleicht gerät „stehende gewässer“ und mit
ihm die Karriere seines Autors ja demnächst (…) in Bewegung
(…).
Ina Beyer, SWR 2 Journal am Abend, 08. Mai 2009
Simone Schneider, Ulrich Zieger 1994 Gundi Ellert, Werner Fritsch, Thomas Jonigk, Albert Ostermaier, Matthias Zschokke
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Oliver Kluck
Oliver Kluck
Beschwerdebriefe als literarische Initialzündung
(…)
„Mögen Sie Rhabarbersaft?“ - Mit dieser Frage überrascht mich
Oliver Kluck schon bei unserer telefonischen Verabredung. Als
Treffpunkt schlägt er die Bänke neben dem Reichstag vor. Denn
auf denen, in der Paul-Loebe-Allee, säße fast nie jemand. Der junge Mann, der auf der einzigen Schattenbank auf mich wartet, ist
so ungewöhnlich wie der Treffpunkt selbst. Nicht wegen seines
Aussehens - das entspricht dem Berlin-Mitte-Style: lässige Anzughose, Hemd, Sportschuhe. Sondern wegen seiner Art zu erzählen. Zum Schreiben, so Oliver Kluck, sei er über das Beschweren gekommen. Ein Dozent an der Fachhochschule Wismar, wo
er ein Ingenieursstudium absolvieren wollte, hatte ihn wieder und
wieder gemobbt und ihm das Vordiplom verwehrt - bis es dem
Studenten zuviel wurde und er einen Anwalt einschaltete. (…)
Obwohl die Beschwerden erfolgreich waren, brach Oliver Kluck
sein Studium vor drei Jahren ab und wechselte ans Literaturinstitut nach Leipzig. Seitdem widmet er sich ganz dem Schreiben.
„Da war so ein Abend gewesen, da konnte ich nicht einschlafen.
Ich hab dann noch gelesen und wurde und wurde nicht müde und
dann bin ich von ganz alleine zum Schreibtisch und hab dann die
ganze Nacht durchgeschrieben. Das hatte natürlich eine andere
Qualität als das, was ich heute schreibe, aber das war der Anfang
und das hat seitdem nicht mehr aufgehört …“
Das Ergebnis dieses kontinuierlichen Schreibprozesses: „Mut
macht Mut“, sein erstes Theaterstück und die Erzählsammlung
„Ein Himmel voller Bratschen“ erschienen 2006. Der Dramaturg
Jens Groß und der Dramatiker Roland Schimmelpfennig öffneten
Oliver Kluck den Blick für die verschiedenen Möglichkeiten, sich
in einem Text auszudrücken, und für ungewöhnliche Fragestellungen. Stipendien und Fördergelder gingen bislang an ihm vorbei. Er verdient sein Geld mit „Brotjobs“ - mit Autoverkäufen oder
Postsortierertätigkeiten. (…)
Autorentisch
Es gibt viele Dinge, die Oliver Kluck aufregen. Die Behandlung
von 2.-Klasse-Fahrgästen in der Bahn, die Selbstverständlichkeit
von unbezahlten Überstunden, ein Generationenvertrag, der ohne
die junge Generation gemacht wird oder das unerlaubte Duzen
durch Leute, die er nicht mag. Früher hatte er immer eine Wut im
Bauch, heute schreibt er diese Wut aufs Papier. Eingenommen
von der Idee des Bühnenbildners und Malers Jonathan Meese,
wonach der Künstler sich demütig ganz in den Dienst der Kunst
begibt.
„Alles, was man macht als Künstler, macht man für die Menschen.
Jonathan Meese ist klasse, er arbeitet für die Leute, steht ihnen
zur Verfügung und kann ihnen helfen, den Alltag zu überleben.
Dass sie begreifen, dass das Geld nicht so wichtig ist zum Beispiel.“
Seine eigene Generation beschreibt Oliver Kluck in seinem Theaterstück „Das Prinzip Meese – für alle die, die die Wasserfarben
auch im Dunkeln sehen“ als eine, für die es kaum noch etwas zu
erkämpfen gibt. Weil es allen – formell gesehen – eigentlich gut
geht. Und von der er mehr Mut und Einmischung erwartet.
Dabei blickt er durchaus nachsichtig auf die Gleichaltrigen. Das
Prinzip Meese als „Finden der eigenen Verwirrung“ – wie er es
nennt. Ein Stück ohne Stück, ohne Handlung und ohne Personen,
nur erzählerische Fragmente eines „Ichs“. Eines „Ichs“ bei dem es
– so Kluck – im Kopf brodelt.
„Man kann das immer nur anschneiden, so ein Glas benutzen und
das auf einen gewissen Punkt halten und das kann man tun, um
etwas zu vergrößern oder um ein kleines Feuerchen zu entfachen,
das geht natürlich auch. Und die Entscheidung darüber habe ich
in dem Moment, wo ich schreibe. Das ist meine Verantwortung.“
(…)
Susanne Burkhardt, Deutschlandradio Kultur, 05. Mai 2009
1995 Einar Schleef, Jörg Michael Koerbl, Anna Langhoff, Wolfgang Maria Bauer, Angelika Klüssendorf 1996 John von Düffel,
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Autorentisch
Kreative sind allein
Elise Graton: Herr Kluck, „Das Prinzip Meese” beginnt mit dem
Vorschlag, Helmut Schmidt als einzigen Sprecher des Stücks
einzuladen. Haben Sie ihn gefragt, ob er das tun würde?
Oliver Kluck: Nein. Als das Stück entstanden ist, gab es eine Helmut-Schmidt-Kampagne. Überall Plakate, auf denen man ihn rauchen sah. Beim Warten auf die S-Bahn fielen sie mir auf, und ich
habe gedacht, er kommt jetzt in den Text rein. (…)
Graton: Ihr Stück besteht aus Aussagen, Behauptungen und essayistischen Exkursen, teilweise auch aus Beschreibungen alltäglicher
Handlungen. Das Ganze wirkt wie ein reiner Gedankenfluss.
Kluck: Mich befriedigt die klassische Form nicht. Ich möchte den
Regisseuren die Freiheit geben, ein Maximum aus dem Text, der
Aussage, der Stimmung herausholen zu können. Eine Stimmung,
ein Gefühl ist viel besser als eine Regieanweisung.
Graton: Wie kam es zu diesem Textverständnis?
Graton: Für Sie undenkbar?
Kluck: Nein, überhaupt nicht, aber für meine Eltern oder meine
Großeltern. Sie sagen: „Wir arbeiten, wir haben das ganze Leben
gearbeitet, ihr faulen Schweine müsst auch arbeiten.“ Jonathan
Meese ist einer, dem man etwas vorwerfen könnte: „Wie der rumrennt, so ein widerliches Schwein.“ Ist er aber gar nicht.
Graton: Er arbeitet ja auch sehr viel.
Kluck: Er ist ein richtiger Künstler. Jemand, der durch sein Schaffen und nicht zwangsläufig durch Stipendien oder anderweitige
Förderung zu dem geworden ist, was er ist. Man muss sich immer
wieder hinsetzen, um die Form zu finden, die Sprache, was auch
immer. Man muss unglaublich ausdauernd sein. Es ist wie eine
Bewährungsprobe, die manchmal viele Jahre dauert. Meese sagt,
er sei allein. Das ist sehr beeindruckend, auch für junge Leute, die
sich mit dem kreativen Schaffen befassen. In der Anfangszeit ist
man wirklich allein.
Elise Graton, Zeit online, 11. Mai 2009
Kluck: „Das Prinzip Meese” ist mein drittes Theaterstück. Bei den
beiden anderen stand ich mir oft im Weg, weil ich mir zu viele
Gedanken über das Theater gemacht habe. Ich habe wochenlang
überlegt, wie die Figuren überhaupt heißen sollen. So ein Unfug.
Schauspieler haben eine Sprache, ein Gesicht! Was sie sagen,
ist wichtig, nicht ihre Namen. (…)
Graton: Der Text wirft Ihrer Generation vor, das Schweigen als
subtilste Form des Protestes und Gelegenheitsarbeit als beste
Karriere zu begreifen.
Kluck: Über dieses Schweigen habe ich mich lange geärgert, bis
ich erkannt habe, dass die Leute sich doch einbringen. Sie haben ganz andere Voraussetzungen als beispielsweise 1968. Sie
müssen dementsprechend anders reagieren. Konsum wird uninteressant. Das ist in einer kapitalistischen Gesellschaft ein sehr
interessanter Punkt. Ich kenne viele Leute, die eine akademische
Ausbildung haben, aber auf Karriere verzichten. Sie fahren gern
Fahrrad, donnerstags und freitags haben sie frei und fahren raus
in den Wald. Eigentlich undenkbar.
Dominik Finkelde, Tim Krohn, Moritz Rinke, Michael Roes, Stefan Schütz 1997 Werner Fritsch, Albert Ostermaier, Moritz Rinke,
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Nis-Momme Stockmann
Gesine Schmidt im Gespräch mit Nis-Momme Stockmann
Nis-Momme Stockmann
Der Meister der Ausflüchte
Gleich sein erstes Theaterstück brachte dem 28jährigen 2008
die Aufnahme in den Studiengang „Szenisches Schreiben“ an der
Universität der Künste in Berlin (…) und 2009 zwei Einladungen:
Sowohl zum Stückemarkt des Theatertreffens in Berlin (…) als
auch zu dem in Heidelberg. (…) So geradlinig (…) lief es sonst
nicht immer für Nis-Momme Stockmann, der in Wyk auf Föhr zur
Welt kam. (…) Dass er dann doch noch im Schreiben von Theatertexten ein Zuhause fand, erlebt er heute als großes Glück. (…)
„Nicht im Extraordinären, nicht im medial Aufgebauschten und
im Großen spielt sich das ab, was brennt und berührt, sondern
im Gewöhnlichen“, analysiert er selbst, was seine Stücke stark
macht. Gerade, dass und mit wie einfachen Mitteln sie von „Allerweltskonflikten“ handeln, macht sie ungewöhnlich. „Der Mann
der die Welt aß“ erzählt von einem etwa 35jährigen Sohn, der es
nicht schafft, die Kurve zum Erwachsenwerden zu nehmen. Wie
schwer es ihm fällt, Verantwortung zu übernehmen, zeigt sich in
all den Ausreden, die er am Handy vorbringt. Weil er sich von
allem überfordert fühlt, besteht er nur noch aus Ausweichmanövern. Das ist „kapitalistischer Alltag“, wie Stockmann sagt. (…)
Den größten blinden Fleck erzeugt er (…) im Blick auf sich selbst
und die Verleugnung der eigenen Probleme. Seine Welt verengt
sich, weil er die Wahrnehmung der anderen verweigert. Bedrohlicher aber noch verengt sich die Welt seines Vaters, der beginnt,
Dinge und Orte zu verwechseln und Zuflucht im Kleiderschrank
des Sohnes sucht. Das Herz krampft sich beim Lesen der Sätze
zusammen, mit denen der Vater sich für seine Ausfälle vor dem
Sohn zu entschuldigen versucht. Es steckt viel Wissen über Feigheit und Ausflüchte in den Szenen, die sich großenteils am Handy
abspielen. Schon diese Kommunikationsform ist ein Zeichen der
ständigen Horizontverengung, unter der die Figuren leiden. (…)
Stockmann begegnet den Figuren seiner Stücke mit sehr großer
Empathie. (…)
Bettina Müller, taz, 08. Mai 2009
Roland Schimmelpfenning, Matthias Zschokke 1998 Wolfgang Maria Bauer, Steffen Kopetzky, Marius von Mayenburg,
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Piere Notte beim Applaus mit Katharina Thalbach und Peggy Lukac
Pierre Notte
Der Tod ist anstrengend
Pierre Notte, französischer Theaterautor und Generalsekretär der
Comédie-Française in Paris, erzählt in seinem Stück „Zwei nette
kleine Damen auf dem Weg nach Norden“ von der Schwierigkeit
mit dem Tod umzugehen. (…)
Elise Graton: Was finden Sie eigentlich so interessant an „kleinen
alten Damen“?
Pierre Notte: Man kann sich sein Leben lang weigern, persönliche Traumata aufzuarbeiten. Das hat mich interessiert. Die beiden Figuren in meinem Stück sind alt und werden bald sterben.
Im Moment der Trauer um die Mutter und am Grab ihres Vaters
entscheiden sie sich, endlich etwas zu klären: sich miteinander zu
versöhnen. Sachen, die sie bisher verschwiegen hatten, sprechen
sie jetzt aus - zärtlich, aber auch gemein. (…)
Graton: Die netten alten Damen machen auch viel Unfug. Sie
klauen zum Beispiel einen Bus. Als sie im Kommissariat landen,
ist das für Bernadette eine „Komödie, in der wir uns auf einmal
wiederfinden“.
Notte: Wenn das Theater die Wege der Repräsentation nicht
systematisch hinterfragt, dann ist es fast wie tot. Deshalb endet
die Fahrt mit dem gestohlenen Bus auf einer Klippe. Ich gebe
gern Regieanweisungen, die auf einer Theaterbühne unmöglich
so konkret zu realisieren sind, also die im besten Fall interpretiert
werden müssen.
Graton: Bernadette und Annette fahren nach Amiens, um nach
dem Grab ihres Vaters zu suchen. Amiens ist Ihre Heimatstadt:
ein autobiographisches Element?
Notte: Jahrelang konnte ich mich nicht an den Ort erinnern, an
dem mein Vater begraben wurde, obwohl ich da gewesen war,
auf diesem Friedhof in der Nähe von Amiens. Ich habe ja alle Blumen, die die Leute mitgebracht hatten, in sein Grab geworfen.
Jedoch wusste ich nicht mehr, wo noch wann das war.
Piere Notte
Foto Piero Chiussi
Notte: Ja. Ich besuchte aber, wie die kleinen alten Damen, viele
Friedhöfe, bis ich ihn fand.
Graton: Haben Sie etwas dazu gelernt?
Notte: Ich habe aufgehört, wütend zu sein, und akzeptiere nun,
dass ich mit dem Tod vieler anderer Menschen rechnen muss. Im
Grunde gehört dieses Thema zum Alltag. Das ist aber anstrengend. Als ich es zum Forschungsobjekt machte, konnte ich mich
davon lösen, es unter einem anderen Blickwinkel betrachten und
darüber lachen, obwohl es so bedrückend ist.
Graton: Die meisten am Stückemarkt beteiligten Autoren stehen
am Anfang ihrer Karriere. Sie sind schon ein Stück weiter. „Zwei
kleine nette Damen“ wurde in Frankreich und gerade in Japan aufgeführt. Was ist für Sie am Stückemarkt interessant?
Notte: Es ist umgekehrt: Ich kann das Interesse für mein Stück mit
seinen kleinen tragikomischen Dramen aus dem Privatleben nicht
ganz fassen. Ich bin überrascht, glücklich und geehrt, in Berlin
eingeladen worden zu sein. Ich bin aber auch besorgt, dass die
Leute mein Theater unseriös finden.
Graton: Wieso denn unseriös?
Notte: Na ja, die Deutschen sind sehr ernst.
Graton: Wie ist das denn gemeint?
Notte: Die Theaterangelegenheiten werden ernst genommen.
Graton: In Frankreich doch auch.
Notte: Die Berliner Szene wird in Frankreich sehr geschätzt und
angesehen. Sie ist so experimentell. Es ist ein Theater der Recherche. (…) Als Kind war ich stimmlos, ich konnte nicht sprechen. Mein Vater – der schon wieder! – sagte immer „Aber sprich
doch! Sprich doch lauter!“ Es wurde immer schlimmer, ein Horror. Ich habe angefangen zu schreiben, damit Dialoge entstehen.
Dass meine Arbeit in Berlin präsentiert wurde, lässt mich – wieder
– sprachlos werden. (…)
Elise Graton, theatertreffen-blog.de, 15. Mai 2009
Graton: Ist es Ihnen beim Schreiben wieder eingefallen?
Albert Ostermaier, Detlef Schulze 1999 Thea Dorn, Gerhard Falkner, Werner Fritsch, Wilfried Oschischnig, Albert Ostermaier,
20
Ulrich Zieger 2000 Heiko Buhr, David Gieselmann, Steffen Kopetzky, Albert Ostermaier, Friedrich-Karl Praetorius, Moritz Rinke
21
2001 Dirk Dobbrow, Werner Fritsch, Bernhard Studlar, Tanjana Tsouvelis, Matthias Zschokke 2002 Ulrike Syha, Kurt Drawert,
STÜCKEMARKT-PREISTRÄGER 2009:
Nis-Momme Stockmann, Davide Carnevali, Oliver Kluck
STÜCKEMARKT-PREISE
Wie kommt die Welt ins Drama?
Fünf Autoren wurden ausgewählt, um unter der Leitung John von
Düffels an ihren Texten nachzufeilen. Fünf anderen bot die Jury,
bestehend aus Beret Evensen, Christian Kracht, Iris Laufenberg,
Roland Schimmelpfennig und Roger Vontobel, die Gelegenheit,
ihre Werke im Haus der Berliner Festspiele als szenische Lesungen, arrangiert durch Regisseure mit oft bekannten Schauspielern, vorzustellen. (…) Wer aber von all diesen Autoren verfügt über den langen Atem für den deregulierten Theatermarkt
zwischen Kunst, Mode und Kommerz? Zweien jedenfalls werden
dabei die am Mittwoch von der Bundeszentrale für politische Bildung verliehenen Preise helfen. (…) Man kann also optimistisch
bleiben trotz Heiner Müllers schon 1995 richtigem Resümee: „Die
Welt ist beschrieben, kein Platz mehr für Literatur / Wen reißt ein
gelungener Endreim vom Barhocker.“
Irene Bazinger, FAZ, 15. Mai 2009
Die Preise des Stückemarkts Berlin
Oliver Kluck und Nis-Momme Stockmann sind die Preisträger
des Stückemarkts beim Berliner Theatertreffen. Kluck erhielt für
„Das Prinzip Meese“ den mit 5000 Euro dotierten Förderpeis, der
mit einer Uraufführung am Maxim Gorki Theater verbunden ist.
Stockmann erhält für „Der Mann der die Welt aß“ den mit 7000
Euro dotierten Werkauftrag, verbunden mit einer Uraufführung am
Schauspiel Stuttgart. Ein weiteres Stück von dem Italiener Davide
Carnevali wird von Deutschlandradio Kultur als Hörspiel produziert.
Süddeutsche Zeitung, 15. Mai 2009
Nachwuchspreisträger schreibt Stück für Stuttgart
Der Gewinner des Nachwuchspreises beim Theatertreffen in
Berlin, Nis-Momme Stockmann, schreibt ein Stück für Stuttgart.
Es werde im Februar 2010 uraufgeführt (…). Regie soll Annette
Pullen führen. (…) Stockmann (Jahrgang 1981), der aus Wyk auf
Föhr stammt, war 2006 und 2007 Mitorganisator der Flensburger
Kurzfilmtage und lebt in Berlin. Gestiftet wurde der Preis von der
Bundeszentrale für politische Bildung.
Bild online, 14. Mai 2009
Berliner Stückemarkt präsentiert neue Stoffe
(…) Der Mai ist der Monat der Stückemärkte und Autorentage.
Vier solcher Förderveranstaltungen für neue nationale und internationale Dramatik wird es in diesem Monat geben. Als beim
Heidelberger Stückemarkt die Preise vergeben wurden, hatte der
Berliner gerade mit der Vorstellung der von einer unabhängigen
Jury ausgewählten Wettbewerbsbeiträge begonnen. Das Besondere dieser Berliner Variante ist die organisatorische und inhaltliche Verknüpfung mit dem Berliner Theatertreffen. Die Schauspieler, Regisseure und Dramaturgen der gastierenden Theater
sind anwesend, Arbeitspartnerschaften können sich ergeben.
Einige Theater sind direkt in die Veranstaltung einbezogen. Das
Berliner Maxim-Gorki-Theater zeigte in diesen Tagen Inszenierungen der Preisträgerstücke der vergangenen Jahre, Deutschlandradio stellte im Vorgriff auf seine spätere Sendepremiere die
Hörspielfassung von Medwedews Theaterstück „Die Friseuse“
vor, eines Stücks, das unter den Wettbewerbsbeiträgen des Vorjahres zu finden war. Kontinuität zeichnet sich ab: das in diesem
Jahr mit dem Förderpreis ausgezeichnete Stück von Oliver Kluck
„Das Prinzip Meese“ wird in der kommenden Spielzeit am MaximGorki-Theater inszeniert werden, Deutschlandradio wird Davide
Carnevalis Stück über die Menschheitsgeißel Alzheimer mit dem
(…) Titel „Variationen über das Kraepelin-Modell“ als Hörspiel
produzieren. (…) Ein weiterer Preis, der mit einem Stückauftrag
fürs Berufstheater verbunden ist, ging an das Stück von NisMomme Stockmann mit dem (…) Titel „Der Mann der die Welt
aß“. Dieses Stück steht für viele andere Texte. Es geht um die
psychischen und seelischen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit
und sozialem Absturz auf den Einzelnen und dessen Familie. Die
40jährige Hauptfigur, im Stück nur „der Sohn“ genannt, verliert
seinen Arbeitsplatz und schlägt hart auf den Boden der Realität auf. Seine Ehe wird geschieden, er kann keine Alimente mehr
Maxim Biller, John von Düffel, Rebekka Kricheldorf 2003 Maja Das Gupta, Anja Hilling, Ana Lasic, David Lindemann,
bezahlen und sein Vater fällt unübersehbar der Altersdemenz anheim. Da der Autor seine Figuren liebt, ihnen in jedem Moment
Gerechtigkeit widerfahren lasst, ist von diesem Stück beim Zuschauer eine starke emotionale Berührung zu erwarten.
Volker Trauth, Deutschlandradio Kultur, 13. Mai 2009
Der Stückemarkt des Theatertreffens versteht sich als Festival für Neuentdeckungen. Er ist in Deutschland die älteste Plattform für junge Autoren und hat als solches einiges Renommee.
Wer hier eingeladen wird, erfährt große Aufmerksamkeit und darf
hoffen, vielleicht den ersten Schritt in Richtung Durchbruch gemacht zu haben. (…) Gestern nun wurden die Stückemarkt-Preise verliehen. Einmal der sogenannte „Werkauftrag“ und dann der
„Förderpreis für Neue Dramatik“, den die Berliner Festspiele gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung verleihen.
(…) Beißende Kritik am Fernsehen, am Kulturbetrieb, am Künstler-Image, am Kapitalismus - kurz an dieser heutigen Gesellschaft
ganz allgemein und überhaupt - das liefert Oliver Kluck in seinem,
auf diesem Stückemarkt sicherlich herausragenden, Stück „Das
Prinzip Meese“. Nicht umsonst hat er damit jetzt den Förderpreis
für Neue Dramatik gewonnen, was nicht nur 5000 Euro bedeutet,
sondern auch, dass das Stück in der kommenden Spielzeit am
Maxim Gorki Theater in Berlin uraufgeführt wird. (…) Zum ersten
Mal stand der Stückemarkt des Theatertreffens in diesem Jahr unter einem Motto: „Ein Stück Arbeit an der Gesellschaft“ lautete es.
Die Veranstalter wollten damit die jungen Autoren animieren, sich
wirklich mit den „großen“ Themen auseinanderzusetzen. Yvonne
Büdenhölzer, Leiterin des Stückemarkts: „Der Vorwurf ist: Es fehlt
das große welthaltige Stück, es gibt zu viele Familiengeschichten,
das will ich jetzt nicht widerlegen, aber es gibt Ausnahmen und
die haben wir versucht zu suchen.“ Auch insofern stand es der
Jury natürlich gut an, gerade „Das Prinzip Meese“ zu prämieren.
Aber der zweite Preis dieses Stückemarkts ging an den 28 Jahre
alten Nis-Momme Stockmann - und der hat nun ganz explizit eine
Familiengeschichte geschrieben und auch in solchen kann man
natürlich „ein Stück Arbeit an der Gesellschaft“ leisten. In „Der
Mann der die Welt aß“ erzählt er von einem Vater, der mit den Beziehungen in seinem Leben nicht klar kommt, der sich konsequent
verweigert, Verantwortung zu übernehmen, der sich konsequent
verweigert zu „funktionieren“. Das sei handfeste Kapitalismuskritik, meint Nis-Momme Stockmann: „Für mich geht es sehr viel
darum, dass der Kapitalismus sich stark im Familiären und im Intimen niederschlägt und das Stück ist ein Versuch, das deskriptiv
festzuhalten und aufzuzeigen, wie da die Strukturen sind, in der
Familie und bei Freunden und so, und wie das beeinflusst wird.“
Den Werkauftrag des Stückemarkts zu bekommen, das bedeutet
7000 Euro und die Aufforderung, ein neues Stück zu schreiben,
das dann am Staatstheater Stuttgart aufgeführt wird. Von NisMomme Stockmann wird man also noch hören (…).
Anke Schäfer, RBB, 14. Mai 2009
Kollegengespräch Theatertreffen 2009 Stückemarkt
Moderator: Bettina Wodianka, du hast 5 szenische Lesungen von
ausgewählten neuen europäischen Stücken miterlebt. Wie war
das?
Bettina: Es war wahnsinnig spannend, denn ich war am Puls dessen, was es an neuer Dramatik gegenwärtig in Europa gibt. (…)
Moderator: Aber neben den 5 szenischen Lesungen gibt es (…)
noch den Dramatikerworkshop (…).
Bettina: Einer der Autoren war der Italiener Davide Carnvali mit
seinem Stück „Variationen über das Kraepelin-Modell oder das
semantische Feld des Kaninchenschmorbratens“. (…) Ein Mann
verliert die Übersicht, Zusammenhänge lösen sich auf, das Gehirn
wird unberechenbar und er wird wieder zum Kind. Die fragmentarische Form des Stückes entspricht den irrationalen Vorgängen
des Hirns und ist dem logischen Denken nicht zugänglich. Für
Davide Carnevali ist es eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit der Krankheit (…).
Moderator: Davide Carnevali hat dafür auch eine Auszeichnung
bekommen, oder?
Bettina: Ja, denn seit 2008 gibt es die Kooperation mit Deutschlandradio Kultur, die eines der zehn ausgewählten Stücke als
Hörspiel adaptieren und senden. Letztes Jahr war es der rus-
Jean-Marie Piemme, Ulf Schmidt 2004 Carles Batlle, Sigrid Behrens, John Birke, Birgit Bockmann, Dorothee Brix, Laura Sintija
24
Milena
Mushak, Kekke Schmidt,2009:
Oliver Kluck, Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung),
STÜCKEMARKT-PREISTRÄGER
Yvonne Büdenhölzer,
Andrea
Koschwitz
und
Stefanie
Hoster
beiFoto
der Jason
Stückemarktpreisverleihung
[v.l.]
Nis-Momme
Stockmann,
Davide
Carnevali,
Oliver
Kluck
(v.l.n.r.)
Kassab-Bachi
sische Autor Sergej Medwedew und sein Theaterstück „Die Friseuse“. Der „Theatertext als Hörspiel“ ging dieses Jahr an Davide
Carnevali und wird nächstes Jahr beim Stückemarkt-Hörtheater
präsentiert.
Moderator: Klingt nach einem gelungenen Ausklang des Stückemarkts. Man sollte sich die Namen der jungen Dramatiker auf jeden Fall merken, denn es verspricht spannend zu werden, was die
Zukunft mit der produktiven Symbiose der neuen Dramatik und
dem Theater verspricht. (…)
Bettina Wodianka, Radio M 94,5
Förderpreis für neue Dramatik des tt Stückemarktes,
gestiftet von der Bundeszentrale für politisch Bildung
an OLIVER KLUCK für „Das Prinzip Meese“
„Das Prinzip Meese ist das Finden der eigenen Verwirrung“ einer Generation, die zwischen Privatfernsehen und Arbeitslosigkeit nach dem Sinn der eigenen Existenz fragt. Oliver Kluck gelingt in seinem Text eine sehr persönliche und doch auch sehr
exemplarische Zustandsbeschreibung der fast dreißigjährigen
Großstadtjugend Deutschlands, die der Autor in ihrer verzweifelten Weltschau wechselweise als eitel und arrogant, bedrohlich verbissen und dann doch wieder oft nur erbärmlich darstellt.
„Das Prinzip Meese” ist ein sehr privater Text und doch zeichnet
er in seiner Unversöhntheit und Radikalität die Flucht der zentralen Ich-Figur des Stückes in die Medien, in die Kunst und die eigene Besonderheit mit einer starken künstlerischen Verfremdung
und bissigem Humor. Die Jury schätzt das Ungezähmte, die böse
Komik und die Komplexität des Textes, der in seiner Unbedingtheit das zeitgenössische Theater herausfordert.
Andrea Koschwitz, Chefdramaturgin Maxim Gorki Theater Berlin
Werkauftrag des tt Stückemarktes, gestiftet von der
Bundeszentrale für politisch Bildung an NIS-MOMME
STOCKMANN
Vielleicht ist es nicht besonders originell, einem jungen Mann, der
gerade einen bedeutenden Stückepreis gewonnen hat, gleich
noch einen Preis zu verleihen. Aber es deswegen zu unterlas-
sen, wenn man von seinem Talent überzeugt ist, ist auch keine
gute Idee. Zumal der Preis nicht nur eine Bestätigung für ein vollendetes Stück ist, sondern ein Auftrag, ein Versprechen in die
Zukunft. Nis-Momme Stockmanns erschütternde, im Detail aber
auch komische Studie eines Mannes, der den Kontakt zur Welt
verliert, macht neugierig auf ein weiteres Stück von ihm.
Kekke Schmidt, Dramaturgin Schauspiel Stuttgart
Theatertext als Hörspiel von Deutschlandradio Kultur
an DAVIDE CARNEVALI für „Variationen über das
Kraepelin-Modell“
„Ich erinnere mich an nichts. Ich kann dir aber etwas erzählen,
was ich vergessen habe“ – der Satz eines alten Mannes, sein Angebot an den Sohn, den Verlust der Erinnerung durch Erfindung
zu ersetzen. Ein Satz aus Davide Carnevalis raffinierter Versuchsanordnung „Variationen über das Kraepelin-Modell“. Der Autor
verhandelt den Zusammenhang zwischen Gedächtnis und Sprache im System eines dementen Bewusstseins. (…) Carnevalis
Variationen schaffen freie Räume der Phantasie und bieten plötzliche, manchmal komische Auswege aus scheinbar geschlossenen Systemen. Der Autor macht ein Angebot: Sein Text darf
fragmentiert, neu gemischt, wiederholt, simultan gespielt werden.
Ein guter Text für die Bühne und ein verlockender Hörspieltext.
Ich freue mich auf die Radio-Variation von Carnevalis KraepelinModell!
Stefanie Hoster, Leiterin Hörspiel Deutschlandradio Kultur
Die Preisjury 2009
Andrea Koschwitz, Chefdramaturgin Maxim Gorki Theater Berlin
Milena Mushak, Leiterin des Festivals „Politik im Freien Theater“,
Bundeszentrale für politische Bildung
Kekke Schmidt, Dramaturgin Schauspiel Stuttgart
Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Stückemarktes (beratend)
Cerniauskaite, Ulrike Freising, Juliane Hahn, Katja Hensel, Johan Heß, Jan Klata, Kristina Nenninger, Susanne Mewe,
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PREISTRÄGERINNEN UND PREISTRÄGER
SEIT 2003
FÖRDERPREIS FÜR NEUE DRAMATIK
gestiftet von der Bundeszentrale für politische Bildung
2009 Oliver Kluck für DAS PRINZIP MEESE
UA am 06.02.2010, Maxim Gorki Theater Berlin
2008 Klaas Tindemans für BULGER
UA am 17.12.2008, Maxim Gorki Theater Berlin
2007 Maria Kilpi für HARMIN PAIKKA –
PLUS NULL KOMMA FÜNF WINDSTILL
UA am 20.12.2007, Maxim Gorki Theater Berlin
2006 Thomas Freyer für
AMOKLAUF MEIN KINDERSPIEL
2005 Oliver Schmaering für SEEFAHRERSTÜCK
Stimmen der Preisträger
Die Stückemarkt-Jury hat gesprochen, nun sprechen die Preisträger:
„Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, aber den Preis
habe ich selbstverständlich verdient. In meinem Stück habe ich
ja auch nicht geschrieben, dass es keine Preise gewinnen wird,
sondern dass es keine Preise gewinnen muss. Mit dem MaximGorki-Theater zusammenzuarbeiten, wird großartig, und Ideen,
was man mit den Moneten machen kann, habe ich auch schon
– neue Schuhe wären zum Beispiel angebracht.“
Oliver Kluck, Preisträger des Förderpreises für Neue Dramatik,
überlegt, ob er um diese Zeit noch seine werktätigen Eltern anrufen kann und beschließt, zumindest eine SMS an seine Mutter
zu schreiben.
„Mich freut besonders, dass ich arbeiten kann: Ein Stückauftrag
ist kein leerer Preis, sondern einer mit Perspektive. Ich komme
in Kontakt mit Theatern und freue mich jetzt grad einfach riesig
auf die feste Zusammenarbeit. Vor dem Druck, den ein solcher
verpflichtender Auftrag bedeutet, habe ich keine Angst: Das ist
Schriftstelleralltag.“
Nis-Momme Stockmann, Preisträger des Werkauftrags des
Stückemarkts, wird nun als erstes seinen Verleger anrufen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass mein Stück fürs Radio adaptierbar
ist. Aber eigentlich spielt es ja mit der Fantasie des Rezipienten.
Beim Stückemarkt dabei zu sein, fand ich sehr stimulierend - endlich Feedback zu meiner Arbeit von kompetenten Leuten. So eine
Möglichkeit für junge Autoren war für mich neu. In Italien, woher
ich komme, gibt es nichts dergleichen. Dort hat keiner Lust, ins
Theater zu investieren.“
Davide Carnevali, Preisträger des Theatertextes als Hörspiel des
Stückemarkts, wird vielleicht seine Freunde aus Barcelona später
anrufen.
theatertreffen-blog.de, 13. Mai 2009
2004 Laura Sintija Cerniauskaite
für LUCY AUF EIS
2003 Anja Hilling für STERNE
und David Lindemann für KOALA LUMPUR
(gestiftet von der Dresdner Bank)
WERKAUFTRAG
gestiftet von der Bundeszentrale für politische Bildung
2009 Nis-Momme Stockmann
KEIN SCHIFF WIRD KOMMEN
UA am 19.02.2010, Schauspiel Stuttgart
2008 Anne Habermehl DADDY
UA am 20.06.2009, Bayerisches Staatsschauspiel München
2007 Philipp Löhle
DIE KAPERER ODER REISS NIEDER DAS HAUS
UND ERBAUE EIN SCHIFF
UA am 20.03.2008, Schauspielhaus Wien
DE am 18.09.2008, Staatstheater Mainz
THEATERTEXT ALS HÖRSPIEL
Produktion Deutschlandradio Kultur
2009 Davide Carnevali für
VARIAZIONI SUL MODELLO DI KRAEPELIN –
VARIATIONEN ÜBER DAS KRAEPELIN-MODELL
2008 Sergej Medwedew für
PARIKMACHERSCHA – DIE FRISEUSE
2007 Maria Kilpi für HARMIN PAIKKA – PLUS NULL
KOMMA FÜNF WINDSTILL
Tomo Mirko Pavlović, Mathias Schönsee, Christoph Zapatka 2005 Nicolai Borger, Nuran David Calis, Nina Ender, Stefan Finke,
STIMMEN DER AUTORINNEN UND AUTOREN
Stephan Lack:
„Endlich war ich mal beim Stückemarkt, habe also sozusagen Marktwirtschaft betreiben dürfen. Business as usual
war’s dann für mich natürlich nicht, ganz im Gegenteil. Ich
empfand es alles in allem als eine wunderschöne Woche,
mit teilweise unglaublich interessanten Menschen. (…) Ich
wusste gar nicht, dass es einen Workshop gibt, fern von persönlichen Eitelkeiten, Profilierungsneurosen, rhetorischen
Beliebigkeiten und den üblichen Taktikereien. Ich bin immer
noch verwundert darüber, dass so was geht. (…) “
Nis-Momme Stockmann:
„Mit einigen kleinen Einschränkungen habe ich das Theatertreffen als (ich kriege es fast heraus: wunder-) schönes Erlebnis in Erinnerung. (…) “
Markus Bauer:
„die präsentation von stehende gewässer fand ich sehr gut,
nuran calis hat fein daran gearbeitet, die komische, leichte seite des textes zu bedienen, das hat dem stück sicher
gut getan und ich war damit sehr einverstanden, auch mit
der leistung aller schauspieler, da würde ich niemanden
ausnehmen. wenn ich auch sagen muss, dass ich katharina
schmalenberg und jirka zett beinahe als idealbesetzungen
empfand. das macht mich immer noch glücklich, gemerkt
zu haben, dass so ein monolog von cora tatsächlich greifen wird, wenn er dann irgendwann mal vielleicht richtig gut
gearbeitet auf die bühne kommt. und dass es offenbar auch
noch spass macht, diesen text zu sprechen. “
Charlotte Roos:
„Wenn der Stückemarkt ein Festival im Festival ist, und
das ist er für mich, ein eigenes Festival in dem großen
Theatertreffenfestival, dann ist der Workshop mit John von
Düffel, mit Nina Büttner, mit Ursula Knoll, mit Stephan Lack,
mit Davide Carnevali, das Arbeitsfestival im Festival des Festivals gewesen!“
Davide Carnevali:
„Für mich war die Beteiligung am Theatertreffen die beste
Erfahrung meines beruflichen Lebens. Die Atmosphäre im
Haus der Berliner Festspiele war für mich anregend, aber
auch ausgelassen, und die Möglichkeit, die zehn besten Aufführungen aus den deutschsprachigen Ländern zu sehen, war
für mich unglaublich bereichernd. (…) Sehr positiv finde ich
auch die Präsenz der vielen Theatervertreter und Repräsentanten der Verlage, was sehr wichtig für uns Autoren ist (…).
Der Workshop war mir sehr nützlich, weil ich die Möglichkeit
hatte, über mein Textmaterial mit anderen Dramatikern und
mit John von Düffel, dem Leiter des Dramatikerworkshops
zu arbeiten. (…) Die Präsentation der Minidramen als MiniLesungen finde ich auch eine gute Idee. Diese Form mit den
bekannten Schauspielern war nach meiner Meinung sehr erfolgreich für alle, Publikum und Dramatiker. Ich glaube, dass
alles praktisch perfekt funktioniert hat und es wäre für mich
persönlich sehr schwer zu sagen, was man in Zukunft noch
verbessern könnte. “
Ursula Knoll:
„dass die atmosphäre beim theatertreffen so entspannt sein
würde, war ebenfalls überraschend, angenehm, ja. vielen
dank an euch, yvonne und friederike, dafür. das kannst du ja
nie wissen, wenn du in so einen tempel eingeladen wirst, der
von außen so glänzt. dass da alle so nett sind und auch nur
mit wasser kochen, ist eine der beruhigenden erfahrungen,
die ich mitgenommen habe. die fünf, die wir waren, haben
sich gut zusammengefügt, keine kompetitive scheiße, die
sonst so oft losbricht, das hat es mir möglich gemacht zu lernen und mich auf die texte wirklich einzulassen, bretter von
meinem hirn wegzureißen, großartig, von düffels rahmung
hat viel dazu beigetragen, denke ich, vielen dank dafür an
ihn, es war ein wertschätzender raum, ein raum zum atmen,
ohne zentrum und peripherie als ordnungsprinzipien. “
Pierre Notte:
„Un jour à Berlin m’aura sorti d’un marasme de complaisances parisiennes. Le théâtre n’est pas une petite affaire
privée, mais une affaire d’engagements, aussi, dérisoires
peut-être mais sincères et absolus, de regards sur le monde,
de prise avec les autres et le temps d’aujourd’hui, avec la vie.
Bientôt j’aurai moins peur, je serai moins vieux. Je reviendrai.
Je veux être moi aussi un jeune auteur allemand. “
Matthias Frahm, Simon Froehling, Thomas Lilge, Juliane Kann, Nina Mitrović, Sibila Petlevski, Nikola Richter, Oliver Schmaering,
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Sofi Oksanen:
„I really enjoyed the whole festival, the performances, the
atmosphere and so on. From Finnish point of view everything was very well organized, I was really impressed by
that. I think you also took a very good care of us. “
Oliver Kluck:
„Claudia Bauer zeichnete sich für meinen Text verantwortlich, verlieh ihm zusammen mit Jens Hillje eine ganz eigene
Sprache, die ‚meine‘ vier Schauspieler, zur Freude der anwesenden Familie, in der ausverkauften Nebenbühne dem
Publikum präsentierten. Es war das erste Mal, dass ich einen
Text nicht selber lesen musste, dass jene Stellen herausdestilliert wurden, an denen es sich lohnt weiter zu arbeiten. Was
bleibt von diesem Theatertreffen, ist ein Gefühl der Dankbarkeit allen Beteiligten gegenüber, den Organisatoren,
den Schauspielern, neuen Freunden, den Verrückten und
den für Theaterkreise als ‚normal‘ bezeichneten Menschen,
mit denen ich Gespräche führen konnte, an die ich mich
erinnere. Seit Wochen schon bittet mich Yvonne Büdenhölzer einen Bericht zum Stückemarkt zu verfassen. Es wird
langsam schwer, die immer freundlichen Erinnerungsmails
weiter zu ignorieren. Worüber soll ich bloß schreiben, wie
kann ich berichten ohne etwas Wichtiges zu vergessen und
überhaupt, wer könnte sich dafür interessieren, dass ich
nach der Preisverleihe mit dem Stifter des Preises einen
Postwechsel über Thomas Bernhard hatte und dass Nis
Stockmann, nachdem er soeben den Stückauftrag des
Theaters Stuttgart gewonnen hatte (7000 €), mich um das
Geld für ein Taxi für sich und seine Freundin anpumpen
wollte und dass die liebe Jagoda Engelbrecht alle Artikel
aus der Presse für mich gesammelt hat und auch dafür
Sorge getragen hatte, dass meine Großmutter, die mir seit
Jahren empfiehlt, nach einer richtigen Arbeit Ausschau zu
halten, ‚damit ich eine Familie gründen könne und eine
Wohnung einrichten‘, nun zumindest vorübergehend Grund
zur Freude hatte, nachdem sie in der Ostsee Zeitung lesen
konnte, dass der Sohn ihres Sohnes den Förderpreis für
junge deutsche Dramatik gewonnen hatte.“
Johannes Schrettle, Sobo Swobodnik 2006 Catherine Aigner, Anders Duus, Thomas Freyer, Paul Jenkins, Christina Kettering,
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BULGER mit Hanna Eichel, Julischka Eichel und Johann Jürgens (Maxim Gorki Theater Berlin) Foto Bettina Stöß
URAUFFÜHRUNGEN VON STÜCKEMARKT-AUTOREN
„BULGER“ VON KLAAS TINDEMANS
Klaas Tindemans erhielt für „Bulger“ den
Förderpreis für neue Dramatik des tt Stückemarktes 2008,
gestiftet von der Bundeszentrale für politische Bildung.
DSE am 17.12.2008, Maxim Gorki Theater Berlin
Der blanke Horror im Kinderland
Schon mal ein lebendiges Eichhörnchen angezündet, einen
Frosch zu Brei geschlagen oder einer Maus das Fell über die Ohren gezogen? Es gibt zahlreiche Foltermethoden für Kleingetier.
Shanya, Justine und Ramses kennen sie alle. Sie lieben es, anderen Schmerzen zuzufügen und reden über den Tod, als sei er
ein hippes Grusel-Event. Dabei sind sie noch Kinder. (…) Eines
Tages entführen sie nur so zum Spaß einen kleinen Jungen aus
einem Einkaufszentrum. Kurz darauf ist er tot. Das preisgekrönte
Stück „Bulger – Eine unzulässige Geschichte“ des belgischen
Dramatikers Klaas Tindemans fußt auf einem Verbrechen, das
1993 Großbritannien erschütterte. (…) Nora Schlocker hat nun
die deutschsprachige Erstaufführung im Studio des Maxim Gorki
Theaters inszeniert und nimmt die Zuschauer mit in ein trügerisch
harmloses Kinderland, das sich als purer Horror entpuppt: Durch
einen kleinen Durchgang gelangt man von der Hinterbühne ins
Studio wie in eine geheime Höhle. Hier ist alles riesengroß und
schäbig. (…) Schnell wird deutlich, dass das mit einer Kettensäge hantierende Trio aus zerrütteten Familien stammt. Vernachlässigte Schulschwänzer. Ein eher ungenügendes Motiv für eine
ungeheuerliche Tat. Doch mit ihren hasserfüllten Reden machen
einem Shanya (Julischka Eichel), Justine (Hanna Eichel) und
Ramses (Johann Jürgens) rasch Angst und Bange. Sie verstehen
es vorzüglich und sehr authentisch, mit bedrohlichen Gebärden
eine einschüchternde Atmosphäre zu schaffen. Wir oder die,
heißt es unmissverständlich mit herausforderndem Blick in Richtung Publikum. Einfach beklemmend – und großartig gespielt.
Ulrike Bororwczyk, Berliner Morgenpost, 24. Dezember 2008
An der Endstation Sehnsucht
Übrigens basiert das Stück auf einer wahren Geschichte. Aber das
spielt keine Rolle. Denn die Story ist nur der äußere Anlass für eine
Handlung, die ins Allgemeine, Grundsätzliche strebt. (…) Denn
Tindemans, Belgier und promovierter Rechtsphilosoph, (…) will
wissen, wie es kommen kann, dass Kinder etwas tun, das ohnehin
ungeheuerlich, aber von Kindern verübt eben umso mehr unfassbar
ist. Seine Antwort ist frappierend einfach: Schuld ist die Phantasie.
Nikolai Khalezin, Jannis Klasing, Simone Kollmorgen, Dirk Laucke, Sven Lange, Thomas Melle, Tomo Mirko Pavlović,
29
Dass kindliche Phantasie keine Grenzen kennt (und die der Erwachsenen auch nicht), ist eine Binse; dass jede Phantasie aber
keineswegs aus dem Nichts kommt, ebenso – was Kinder so
phantasieren, ist immer auch Ausdruck der Welt, in der sie leben.
Und wenn sie ihre Phantasien in die Tat umsetzen, wirft das auch
ein Licht auf die Umstände, in der diese stattfindet. Das Beste an
Tindemans Stück ist, dass er es sich mit dieser einfachen Antwort
nicht leicht macht. Er liefert uns keine soziologischen, psychologischen oder gesellschaftlichen Begründungen. Er erzählt die
Entstehung des Verbrechens schlicht aus der Perspektive der
Kinder selbst, aus ihrem Gefühls- und Denkinneren. Das ist so
überlogisch und sprunghaft wie gnadenlos und sehnsuchtsgeladen. (…) Jetzt hat die junge Regisseurin Nora Schlocker das
Stück inszeniert, im Studio des Gorki-Theaters, das sich in einen
Kinderzimmerbunker verwandelt hat. (…) Es ist eine ins Übergroße aufgeblasene Kinderstubenwelt. (…) Nora Schlocker hat
diese anderthalb Stunden Theater bemerkenswert gelassen inszeniert. Jeder Figur verleiht sie eine klare Kontur, den Darstellern
belässt sie ihre Eigenheiten. Hanna Eichel gibt der Justine etwas
zackig Derbes, Johann Jürgens dem Ramses eine flatterhafte
Nervosität, die sich schon schwer Richtung Frühpubertät neigt
und Julischka Eichel umhüllt Shanya mit einer Unergründbarkeit,
die sie wahlweise wie eine böse Märchenfee oder eine fiese Rachegöttin aussehen lässt. Sie beherrscht den Wortzischer und
das Schnippischsprechen, das höhere Satzschleudertum und
das katzenhafte Silbenschnurren. (…) Entsprechend gern schaut
man zu. „Bulger“, die Inszenierung, liefert dabei genauso wenige
soziologische, psychologische oder gesellschaftliche Begründungen wie „Bulger“, das Stück. Das Stück erforscht die Phantasie als Herd auch des Unzulässigen, die Inszenierung weiß darüber hinaus, dass Spiel-Phantasie seit jeher das ist, wovon das
Theater lebt. So erzählt dieser Abend von Kindern einer trostlosen
Gegenwart, der Macht der Phantasie und dem Theater. Ziemlich
viel für eine kleine Inszenierung.
Dirk Pilz, nachtkritik.de, 21. Dezember 2008
Diese nur überschreiten eine Grenze zuviel. (…)
Doris Meierhenrich, Berliner Zeitung, 23. Dezember 2008
„LETZTES TERRITORIUM“ VON ANNE HABERMEHL
Anne Habermehl war mit „Letztes Territorium“ in den
Dramatikerworkshop 2008 eingeladen.
UA am 18.11.2008, Thalia Theater Hamburg
Amoklauf inklusive
„Letztes Territorium“ von Nachwuchsautorin Anne Habermehl in Hamburg uraufgeführt
(…) Es ist ein kleines Stück, auf einer kleinen Bühne präsentiert.
Dass es dennoch soviel Aufmerksamkeit auf sich zieht, liegt daran, dass die junge Autorin (…) für „Letztes Territorium“ bereits
zwei renommierte Preise gewonnen hat – beim Stückemarkt
im Rahmen des Berliner Theatertreffens und bei den Autorentheatertagen des Thalia Theaters. Zu Recht? Habermehl zeichnet schlüssige Figuren (…). Am interessantesten ist Mehdi, der
Flüchtling, weil er so gar nicht den Erwartungen der Helfer entspricht: nicht devot, nicht froh, sein Leben gerettet zu haben, sondern fordernd, mit ehrgeizigen Zielen. Mehdi (…) formuliert, was
er will: In seinem Beruf als Ingenieur arbeiten und ein Leben mit
Perspektive. (…) Die Nachwuchsregisseurin Corinna Sommerhäuser inszeniert diese Auseinandersetzung gekonnt unaufgeregt
auf einer zweckmäßigen Bühne (…) und gibt den Schauspielern viel Raum: Natali Seelig als Mutter mit rauem Charme und
in kleinen Improvisationen auch komisch, Claudius Franz schön
verstockt und ernsthaft als Moritz, Asad Schwarz-Msesilamba als
selbstbewusster Flüchtling. (…)
Anke Dürr, Frankfurter Rundschau, 20. November 2008
Aus Angst und Radikalität
(…) Obwohl der Titel den Familiennamen des ermordeten Jungen
trägt, ist das Stück nicht dokumentarisch, sondern versucht ein
unabhängiges, komplexes Bild dreier Kinder zu zeichnen, deren
sehr unterschiedliche Unzufriedenheiten im Gewaltexzess enden.
Im Mai gewann das Stück beim Stückemarkt des Theatertreffens
den Förderpreis für neue Dramatik. Dennoch bleibt ungewiss,
wie bewusst Tindemans seine drei Protagonisten tatsächlich zwischen seiner Reflexions- und ihrer Kinderperspektive erfasst. Im
Gorki Studio verwandeln die Schauspieler Julischka Eichel, Hanna Eichel und Johann Jürgens diesen Punkt geschickt zum Spiegel der Kinder selbst, die mit aller Wucht keine Kinder mehr sein
wollen. Die frühpubertäre Justine in lila Leggins zieht cool an einer
Zigarette und verspricht im nächsten Moment, brav um 6 Uhr zu
Hause zu sein. Die wilde Julischka Eichel jagt als Heimkind Shanya mit einer Kettensäge durch den Raum und fantasiert später
schüchtern ihr Leben als Märchen. Die eine ist von ihren Eltern
verstoßen, die andere überbehütet: einfache Milieuzuweisungen
vermeiden Stück wie Inszenierung fein. Die Kinder wollen viel
Größeres als die aufgeblasene Eltern-Welt um sie herum, nämlich
Intensität, Direktheit. Darin gleichen sie vielleicht allen Kindern.
2007 Arna Aley, Almut Baumgarten, Kai-Ivo Baulitz, Müşerref Öztürk Çetindoğan, Bettina Erasmy, March Höld, Maria Kilpi,
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DADDY mit Felix Klare und Dirk Ossig (Bayerisches Staatsschauspiel München) Foto Thomas Dashuber
„Wenn man für eine Arbeit das Wort Empfinden benutzen kann, dann steht ‚Daddy‘ für mich jetzt in erster Linie für einen Abend, der
aus einer glücklichen Konstellation von Leuten und einer gemeinsamen und sehr ernsthaften Suche entstanden ist. ‚Daddy‘ ist jetzt
viel mehr als Text. Und das empfinde ich nicht als selbstverständlich. “Anne Habermehl
„DADDY“ VON ANNE HABERMEHL
Anne Habermehl erhielt den Werkauftrag des
tt Stückemarktes 2008, gestiftet von der Bundeszentrale für
politische Bildung. Es entstand das Stück „Daddy“.
UA am 20.06.2009, Bayerisches Staatsschauspiel München
Alle mal zum letzten Strohhalm greifen
Hier dürfen Familien Verzweiflung kochen: Anne Habermehls
„Daddy“ im Münchner Marstall uraufgeführt
„Wir sitzen auf einem Felsen im Meer. Die Sonne brennt. Wir können
nicht weg.“ Mit dieser Südseeklaustrophobie als Vorsatz schickt die
junge Dramatikerin Anne Habermehl fünf Protagonisten ins Rennen
um das große Glück, das es naturgemäß nicht gibt. (…) So widmet
Anne Habermehl (…) auch ihr drittes größeres Dramenkonstrukt
„Daddy“, ein Werkauftrag des Berliner Stückemarktes, Menschen,
die nach familiärer Geborgenheit lechzen, nach einem Asyl der Körpernähe, die aber sich und ihr Handeln über andere zu definieren
und rechtfertigen versuchen. Gefühl ist bei Habermehl etwas, für
das man nie die richtige Dosierung findet. Deshalb bewegen sich
ihre Figuren zwischen Euphorie und Zusammenbruch. (…)
Teresa Grenzmann, FAZ, 22. Juni 2009
Pumpgun im Schlafzimmer
Alexander Nerlich inszeniert „Daddy“ von Anne Habermehl im
Marstall-Theater des Bayerischen Staatsschauspiels in München.
Das Stück entstand im Auftrag des Stückemarkts des Berliner
Theatertreffens, gefördert wurde es von der Bundeszentrale für
politische Bildung. (…) Mit „Daddy“ wischt die Autorin Habermehl, Jahrgang 1981, jede Absicherung, jede Anbiederung an
aktuelle Reizthemen beiseite. Die Jahre des Schreibseminars an
der Berliner Universität der Künste, der Kaderschmiede des deutschen Dramatikernachwuchses, verschafften ihr ein stupendes
Handwerk, eine Fähigkeit, private Dialoge ins Allgemeingültige zu
wuchten. „Daddy“ ist ein kraftvolles politisches Stück, gerade weil
es sich im Privaten aufhält. (…) Alle Schauspieler (…) liefern minutiöse, schmerzliche, auch komische Studien, die weit über das
konkret Gesagte hinausweisen. Mit seiner Kraft beim Zuschauer
bittere Gedanken zum eigenen Leben hervorzurufen, ist dieser
Abend ein großer.
Egbert Tholl, Süddeutsche Zeitung, 22. Juni 2009
Philipp Löhle, Daniel Mezger, Volker Schmidt, Ali Taylor 2008 Paul Brodowsky, Anne Habermehl, Nicole Kanter,
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GEGEN DEN FORTSCHRITT mit Marcus Calvin, Ulrike Arnold (Bayerisches Staatsschauspiel München) Foto Thomas Dashuber
„CONTRA EL PROGRES – GEGEN DEN FORTSCHRITT“
VON ESTEVE SOLER
Esteve Soler war mit „Contra el progrés – Gegen den
Fortschritt“ Teilnehmer des Stückemarktes 2008.
UA am 05.02.2009, Sala Beckett i Obrador Barcelona
DEA am 20.05.2009, Bayerisches Staatsschauspiel München
SE am 07.05.2010, Theater Biel Solothurn
Mensch ohne Zukunft
Jan Philipp Gloger inszeniert Esteve Solers „Gegen den Fortschritt“
(…) Die Menschen in den sieben unabhängig voneinander zu sehenden Szenen haben mit plötzlichen Irritationen zu tun. (…) Der
Tod, die Religion, das Unbewusste – alle Störfaktoren stellen in
dieser Parabel die Fähigkeit des Menschen in Frage, Veränderungen gewachsen zu sein. Macht ist wichtiger als Schöpfung
und Ethik. Fortschritt im Sinne sozialer Weiterentwicklung bedeutet hier Stillstand. Jan Philipp Gloger inszeniert die Deutsche Erstaufführung im Marstalltheater und bringt Solers Intention auf den
Punkt. „Es geht um Unvollkommenheiten des Menschen und wie
er damit umgeht.“ Sehr realistisch zeichnet Soler seine Figuren,
so überzeugend, dass der Betrachter sich selbst zu sehen glaubt.
„Das ist die große Stärke dieses Stücks“, sagt Gloger. Genauso
wie die feine Balance zwischen absurden Brüchen und der Wirklichkeit. Das passende Stück für Jan Philipp Gloger: Denn seine
Inszenierungen hinterfragen immer den Zusammenhang zwischen
der eigenen Individualität und dem Fremden in einem selbst. (…)
Nicole Graner, Süddeutsche Zeitung Extra, 14. Mai 2009
Der Sündenfall Mensch
(…) Wie ein Wissenschaftler untersucht [Esteve Soler] wie unter
einem Mikroskop, was der Mensch sich und der Welt bereit ist
anzutun. Das mag moralinsauer klingen, ist es aber nicht. Weil
Soler (…) trotz seiner Skepsis, seinem Frust ob der menschlichen Unzulänglichkeit nie das Komische des Lebens vergisst.
Ein gutes, kluges Stück also, das Jan Philipp Gloger ebenso inszeniert hat. (…)
Michael Schleicher, Münchner Merkur, 22. Mai 2009
Andreas Liebmann, Sergej Medwedew, José Manuel Mora, Laura Naumann, Esteve Soler, Klaas Tindemans,
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MEIN BRUDER TOM mit Katja Bramm, Veronika Avraham (Landestheater Tübingen) Foto Patrick Pfeiffer
„MEIN BRUDER TOM“ VON BETTINA ERASMY
Bettina Erasmy war mit „Mein Bruder Tom“ in den
Dramatikerworkshop 2007 eingeladen.
UA am 05.12.2008, Landestheater Tübingen
Totgemacht
Theater II: In „Mein Bruder Tom“ umkreist Bettina Erasmy
den Krieg
(…) „Mein Bruder Tom“ zeigt Protagonisten des Krieges: Fanatiker, Gewinnler, Reporter, Vertriebene. Bettina Erasmy, von
Haus aus Dramaturgin, war 2007 mit „Mein Bruder Tom“ beim
Stückemarkt des Berliner Theatertreffens nominiert, nun wurde
der Text am Landestheater Tübingen uraufgeführt. Ob TV-Studio,
Niemandsland oder Krisengebiet, Erasmy spitzt die Szenen zu
und stößt ihre Figuren in existentielle Konflikte. Tom, der Soldat,
kommt aus dem ultimativen Gefecht, Lif, Helfer im Kriegsgebiet,
entnimmt den Toten Organe „zum Nutzen aller“. Regisseur Thomas Krupa verortet diese Extremsituationen im offenen, nackten
Bühnenraum. Wie in einem Labor werden die Regieanweisungen
gelesen und die Szenen abstrakt durchgearbeitet, während Projektionen die Realität hereinholen: Landschaften, Nachtsichtauf-
nahmen. Erasmy richtet den Fokus auf innere Konflikte, Krupa hält
Distanz. (…)
Adrienne Braun, Süddeutsche Zeitung, 9. Dezember 2008
LAURA NAUMANN
Laura Naumann war mit „meerrauschenhören“ in den
Dramatikerworkshop 2008 eingeladen.
Sehnsucht nach dem Meer
Die Jungdramatikerin Laura Naumann
In der Schule hat sie sich vor allem gelangweilt. Währen des Unterrichts schrieb Laura Naumann heimlich Prosatexte und Theaterstücke. 2008 wurde sie mit ihrem Drama „meerrauschenhören“ zum Berliner Stückemarkt eingeladen und erhielt im gleichen
Jahr das Förderstipendium des Vereins „Interplay Europe“. Und
das mit gerade einmal 19 Jahren. (…) Ultramarinblaue Kacheln,
eine rote Glühlampe hängt von der Decke, knallgelbe Briefkästen
– überraschend bunt wirkt der Eingangsbereich des Hauses, in
dem die 1989 geborene Laura Naumann ein WG-Zimmer hat.
Sabine Wen-Ching Wang 2009 Markus Bauer, Nina Büttner, Davide Carnevali, Oliver Kluck, Ursula Knoll, Stephan Lack,
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Laura Naumann Foto privat
Überraschend bunt für die Stadt Hildesheim, die den Neuankömmling mit ihren Bausünden in tristen Farben geradezu ohrfeigt. Laura Naumann erinnert sich, wie sie im Herbst 2008 nach
Hildesheim kam: „Das war total schlimm. Oh Gott! Ich dachte,
dass ich das nicht richtig überleben kann.“ (…) Mittlerweile hat
sich die Jungdramatikerin aber eingelebt. In Leipzig wurde sie
geboren, wuchs in einem Dorf bei Chemnitz auf, machte Abitur
in Dresden und dort ein Freiwilliges Soziales Jahr am Theater
Junge Generation (…). In fast allen ihren Texten, besonders aber
im Stück „meerrauschenhören“, wird sehnsüchtig das Meer erwähnt. (…) Seit 2006 hat Laura Naumann Preise und Stipendien
für ihre Theaterarbeit erhalten. „meerrauschenhören“ schrieb sie
noch in der Schule. Ein Stück, in dem Jugendliche demonstrieren.
Da sie aber nicht wissen, wogegen oder wofür, sammeln sie erst
einmal Ideen. (…)
Tobias Wenzel, Deutschlandradio Kultur, 1. April 2009
PHILIPP LÖHLE
Philipp Löhle war mit „Gennant Gospodin“ in den Dramatikerworkshop 2007 eingeladen. Hier erhielt er den Werkauftrag
des tt Stückemarktes, gestiftet von der Bundeszentrale für
politische Bildung. Es entstand das Stück „Die Kaperer…“.
Heute ist er Hausautor am Maxim Gorki Theater Berlin und
einer der meist gespielten Stückemarkt-Autoren.
Das Geheimnis des Erfolgs
Philipp Löhle weiß immer noch nicht genau, warum seine Stücke
gespielt werden. Aber das ist auch gar nicht nötig. (…)
Franz Wille: Philipp Löhle, zuletzt haben wir vor gut einem Jahr
gesprochen. Seitdem haben Sie eine rasante Jungdramatiker-Karriere gemacht. Zwei große Stücke – „Lilly Link“ und „Die Kaperer“
– sind uraufgeführt worden, es gibt auch schon Nachspiele an
wichtigen Bühnen wie dem Münchner Volkstheater, außerdem
nennenswerte Preise, eine Nominierung zu den Mülheimer Stücken, Sie sind Hausautor am Maxim Gorki Theater geworden
und waren eingeladen am Londoner New-Writing-Tempel Royal
Court. Philipp Löhle ist in kürzester Zeit zum Erfolgsmodell geworden, eine angenehme Abwechslung angesichts der notorischen Klagegesänge zur Situation neuer Dramatik. Wie ist das
passiert?
Philipp Löhle Foto privat
kann es auch nicht planen. Ich habe einfach nach „Genannt Gospodin“ in Bochum in relativ kurzer Zeit mehrere Stücke geschrieben, für die sich mehrere Theater interessiert haben. „Die Kaperer“
in Wien waren der Folgeauftrag des Berliner Stückemarkts, „Die
Unsicherheit der Sachlage“ in Bochum ist der Folgeauftrag des
BDI-Preises. Das hält einen natürlich im Gespräch.
Wille: Die Masse machts?
Löhle: Oder die Arbeit machts. Ich habe viele Aufträge angenommen, bis April 2008 war ich ja noch Regieassistent in Baden-Baden, solange war Schreiben eher mein Hobby. Das habe ich dann
zum Beruf gemacht, da kann ich dann nicht nur einen Auftrag
annehmen, sondern auch zwei oder drei. (…)
Wille: Keine Angst vorm Writer’s Block?
Löhle: Nö, irgendetwas wird mir schon einfallen. (…) Das Gegenteil wäre, ohne konkreten Auftrag im stillen Kämmerlein zu
schreiben, das heißt aber auch, ohne zu wissen, ob das jemals
aufgeführt wird. So weiß ich: Cool, was ich mir jetzt ausdenke,
kommt dann bald auf die Bühne. (…) Natürlich hat der Uraufführungshype der Theater auch seine Nachteile. Wenn man Anfragen bekommt nach dem Motto: Wir haben da noch eine kleine
Position in der Spielzeit frei, haben Sie nicht noch irgendetwas
Älteres, das man uraufführen könnte? Wir nehmen alles!
Wille: Wofür interessieren sich die Theater? Die Stoffe von Philipp
Löhle, den Namen, die Sprache?
Löhle: Darüber denke ich nicht nach. Vielleicht meinen sie ja, der
schreibt ganz lustig und ist auch angeblich noch ein bisschen
politisch. Da bekommt man einen netten Abend mit etwas Kultur
dabei. Keine Ahnung. Hauptsache, sie interessieren sich für meine Texte. (…)
Franz Wille, Theater heute, Mai 2009
Philipp Löhle: Keine Ahnung, das war so nicht geplant, und man
Pierre Notte, Sofi Oksanen, Charlotte Roos, Nis-Momme Stockmann
ERFOLGSBILANZ SEIT 2003
[Ur]aufführungen der Stückemarkt-Autoren
Arna Aley 4½ MÄNNER UND ICH [tt07]
UA am 15.12.2007, Berliner Ensemble
Carles Batlle VERSUCHUNG [tt04]
DSE am 12.12.2004, Burgtheater Wien
DE am 3.12.2005, Landestheater Tübingen
Stückabdruck in Theater der Zeit 6 / 2004
Kai-Ivo Baulitz TRANSPORTER [tt07]
UA am 15.02.2008, schauspielfrankfurt
Almut Baumgarten TANK [tt07]
UA am 12.12.2008, Pfalztheater Kaiserslautern
John Birke PAS DE DEUX [tt04]
UA am 7.12.2004, Wiener Burgtheater
Werkstattinszenierung an den Münchner Kammerspielen,
Premiere am 14.01.2005
weitere Inszenierungen:
Schauspiel Köln, Premiere am 19.06.2005
Theater Konstanz, Premiere am 16.12.2005
Dorothee Brix ZUHAUSE [tt04]
UA am 25.03.2007, Wiener Burgtheater
Nuran David Calis CAFÉ EUROPA [tt05]
UA am 16.09.2006, Schauspiel Essen
Bettina Erasmy MEIN BRUDER TOM [tt07]
UA am 05.12.2008, Landestheater Tübingen
Maja Das Gupta ZAPPEN [tt03]
UA 2008, Zimmertheater Tübingen
Thomas Freyer AMOKLAUF MEIN KINDERSPIEL [tt05]
UA am 28.05.2006, Deutsches Nationaltheater Weimar
in Koproduktion mit dem Theater an der Parkaue Berlin,
Berlin-Premiere am 20.09.2006
weitere Inszenierungen:
Theater Augsburg, Premiere am 27.09.2007,
Theaterhaus Jena, Premiere am 28.02.2008
Thalia Theater Hamburg, Premiere am 07.04.2008
Theater Vorpommern, Premiere am 20.09.2008
SE am 12.02.2009, Theater St. Gallen
Stückabdruck in Theater der Zeit 12 / 2006
Anne Habermehl LETZTES TERRITORIUM [tt08]
UA am 18.11.2008, Thalia Theater Hamburg
weiter Inszenierung am Stadttheater Konstanz,
Premiere am 03.03.2010
Anne Habermehl DADDY [tt08]
(Werkauftrag des tt Stückemarktes 2008)
UA am 20.06.2009, Bayerisches Staatsschauspiel München
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Anja Hilling STERNE [tt03]
UA am 28.01.2006, Bühnen der Stadt Bielefeld
weitere Inszenierung am Theater Osnabrück im Rahmen
des Festivals Spieltriebe 2, Premiere am 14.09.2007
Paul Jenkins NATURAL SELECTION [tt06]
UA am 09.12.2006, Bayerisches Staatsschauspiel München
Juliane Kann BLUTIGES HEIMAT [tt05]
UA am 06.04.2006, Maxim Gorki Theater Berlin
Maria Kilpi HARMIN PAIKKA –
PLUS NULL KOMMA FÜNF WINDSTILL [tt07]
UA am 20.12.2007, Maxim Gorki Theater Berlin
Österreichische EA am 10.02.2008, Burgtheater Wien
Ursendung der Hörspielfassung: Deutschlandradio Kultur
am 14.5.2008, 21:33 Uhr, weitere Sendung am 24.12.2008
Schweizer Radio DRS 2
Oliver Kluck DAS PRINZIP MEESE [tt09]
UA am 6.02.2010, Maxim Gorki Theater Berlin
Dirk Laucke ALTER FORD ESCORT DUNKELBLAU [tt06]
UA am 27.01.2007, Theater Osnabrück
Weitere Inszenierung am Thalia Theater Hamburg,
Premiere am 13.01.2008
Stückabdruck in Theater heute 05 / 2007
Andreas Liebmann EXPLODIERT [tt08]
UA am 25.01.2009, Wiener Burgtheater
David Lindemann KOALA LUMPUR [tt03]
UA am 19.12.2003, Schauspielhaus Bochum
Stückabdruck in Theater heute 7 / 2003
Philipp Löhle GENANNT GOSPODIN [tt07]
UA am 21.10.2007, Schauspielhaus Bochum
weitere Inszenierungen:
Bayerisches Staatsschauspiel München,
Premiere am 06.11.2007
theater fact, Leipzig, Premiere am 28.03.2008
Staatstheater Braunschweig, Premiere am 28.11.2008
Ulmer Theater, Premiere am 06.02.2009
Staatstheater Darmstadt, Premiere am 10.01.2009
SE am 22.01.2009, Theater Biel Solothurn
Theater Magdeburg, Premiere am 12.12.2009
Staatstheater Kassel, Premiere am 30.04.2010
Insgesamt gibt es bis jetzt 13 Nachspiele von
„Genannt Gospodin“.
Stückabdruck Theater heute 1/2008
Philipp Löhle DIE KAPERER [tt07]
[Werkauftrag des tt Stückemarktes 2007]
UA am 20.03.2008, Schauspielhaus Wien
DE am 18.09.2008 Staatstheater Mainz
weitere Inszenierung am Theater Augsburg,
Premiere am 27.01.2009
Thomas Melle LICHT FREI HAUS [tt06]
UA am 24.06.2007, Badisches Staatstheater Karlsruhe
Nina Mitrović DAS BETT IST ZU KURZ ODER NUR
FRAGMENTE [tt05]
Werkstattinszenierung am 18.03.2006, Burgtheater Wien
José Manuel Mora MI ALMA EN OTRA PARTE –
MEINE SEELE ANDERSWO [tt08]
UA am 04.09.2009, Theater Osnabrück
im Rahmen des Festivals Spieltriebe 3
Jean-Marie Piemme UM DIE WURST [tt03]
DE am 28.11.2004, Badisches Staatstheater Karlsruhe
weitere Inszenierung am TheaterHalle 7 / Inkunst e.V. München,
Premiere am 1.7.2006
Tomo Mirko Pavlović DER ALTE TÄNZER UND ICH HABEN
LIEBE GEMACHT [tt06]
UA am 28.11.2007, Staatstheater Darmstadt
weitere Inszenierung am Stadttheater Gießen,
Premiere am 19.04.2008
Oliver Schmaering SEEFAHRERSTÜCK [tt05]
UA am 17.09.2005, Neues Theater Halle,
beim Theatertreffen 2006 in der Jury-Diskussion
Volker Schmidt DIE MOUNTAINBIKER [tt07]
UA am 24.11.2007, Theater Heidelberg
Johannes Schrettle DEIN PROJEKT LIEBT DICH [tt05]
UA am 24.09.2006, Schauspiel Graz
Esteve Soler CONTRA EL PROGRÉS –
GEGEN DER FORTSCHRITT [tt08]
UA am 05.02.2009, Sala Beckett i Obrador Barcelona
DEA am 20.05.2009, Bayerisches Staatsschauspiel München
SE am 07.05.2010, Theater Biel Solothurn
Johannes Schrettle DEIN PROJEKT LIEBT DICH [tt05]
UA am 24.09.2006, Schauspiel Graz
Nis-Momme Stockmann
DER MANN DER DIE WELT ASS [tt09]
UA 2009 /10, Theater Heidelberg
Weitere Inszenierung am Theater Magdeburg und am
Theater Basel
Nis-Momme Stockmann
KEIN SCHIFF WIRD KOMMEN (ARBEITSTITEL) [tt09]
(Werkauftrag des tt Stückemarktes 2009)
UA am 19.02.2010, Schauspiel Stuttgart
Ali Taylor COTTON WOOL – WATTE [tt06]
UA am 18.01.2008, Staatsschauspiel Dresden
Klaas Tindemans BULGER [tt08]
UA am 17.12.2008, Maxim Gorki Theater Berlin
Stückemarkt-Team: Friederike Jäcksch, Julia Straßer und Yvonne Büdenhölzer
THEATERTREFFEN 01. BIS 18 . MAI 2009
Veranstalter Berliner Festspiele
Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen
des Bundes in Berlin GmbH
Intendant Prof. Dr. Joachim Sartorius
Leiterin Theatertreffen Iris Laufenberg
Leiterin Stückemarkt Yvonne Büdenhölzer
[email protected]
Assistenz Friederike Jäcksch
Ausstattung Karoline Bierner, Manuela Pirozzi
Praktikanten Paula Krämer, Julia Straßer
Stückemarkt-Dokumentation
Herausgeber Berliner Festspiele
Redaktion Yvonne Büdenhölzer, Friederike Jäcksch, Giselind Rinn
Gestaltung und Bildbearbeitung Kordula Rüter
Gestaltung Umschlag Gute Gestaltung
Fotos Jason Kasab-Bachi [soweit nichts anderes angegeben]
Foto Umschlag Sandra Hüller, Robert Beyer [vorne] und Astrid Meyerfeldt,
Lesung „Das Prinzip Meese“, Foto Jan Zappner
Der Stückemarkt wird
gefördert durch die
In Kooperation mit
Berliner Festspiele, Schaperstraße 24, 10719 Berlin
Tel. +49 (0)30 254 89-0, [email protected]
www.berlinerfestspiele.de
Das Theatertreffen
wird gefördert durch die
BOTSCHAFT VON FINNLAND
BERLIN
www.stueckemarkt.de

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