Kreppelsteinsagen - Heimatfreunde Blankenau

Transcrição

Kreppelsteinsagen - Heimatfreunde Blankenau
Heimatfreunde Blankenau
Kreppelsteinsagen
Sagen um den Kreppelstein bei Blankenau
von Hubert Rützel
An der Grenze zwischen dem früheren Kreis Lauterbach (heute
Vogelsbergkreis) und dem Kreis Fulda, die auch seit der Reformation eine
Konfessionsgrenze darstellt, befinden sich alte Sandsteinkreuze. In den
“Buchenblättern” wurde mehrfach darüber berichtet. Diese Kreuzsteine stammen
vermutlich aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Über die Anlässe, die einst zu
deren Errichtungen geführt haben, gibt es keine genauen Erkenntnisse. Es
scheint aber sicher zu sein, daß sich in dem Bereich, wo solche Monumente
aufgestellt wurden, irgend etwas Ungewöhnliches ereignet haben muß, worauf die
verschiedenartigsten Motive schließen, die darin eingemeißelt sind.Ein solches
altes Steinkreuz steht auch auf der Anhöhe zwischen Blankenau und Stockhausen
rechts neben der Landstraße. Das Kreuz, auf dem ein Schwert oder Dolch
abgebildet ist, wird im Volksmund “Kreppelstein” genannt. Da auch hier über die
einstige Bedeutung dieses Steines nichts Dokumentarisches mehr vorhanden ist,
sind mit der Zeit die verschiedensten Geschichten und Schauermärchen
entstanden, die von Generation zu Generation weitererzählt wurden.
Drei der bekanntesten überlieferten Deutungen, die den
“Kreppelstein” betreffen, sollen hier folgen.
http://www.heimatfreunde-blankenau.de
Powered by Joomla!
Generiert: 20 January, 2017, 16:01
Heimatfreunde Blankenau
Ein armer Mann aus Stockhausen war nach Blankenau zum
Betteln gegangen. Er hatte neben Geld auch Kräppel erhalten. Als der
katholische Pfarrer von Blankenau davon erfuhr, daß ein “Lutterischer” erlaubt
hatte, in einem katholischen Dorf zu betteln, verfolgte er den armen
Stockhäusener, der sich auf dem Heimweg befand. Als der Geistliche den Mann auf
der Anhöhe eingeholt hatte, stellte er ihn zur Rede. Wobei er den Bettler als
protestantischen Ketzer beschimpfte. Dabei soll es zu Tätlichkeiten zwischen
den beiden gekommen sein. Der Streit nahm solches Ausmaß an, daß der Bettler
sein Leben lassen mußte. Er soll unter dem “Kreppelstein” begraben sein.
Zwei Brüder aus Stockhausen waren frühmorgens auf die Anhöhe
zwischen Blankenau und Stockhausen zum Mähen gegangen. Als sie zum Frühstück
ihr Kräppel verteilten, die sie von zu Hause mitbekommen hatten, war einer
übriggeblieben. Wegen dieses Kräppels gerieten die Brüder in Streit, wobei
einer den anderen erdolcht haben soll.
Nahe der alten Kirche zu Stockhausen, und zwar auf der
nördlichen Seite, stand ein Mönchskloster. Mit dem Nonnenkloster zu Blankenau
stand es durch einen unterirdischen Gang in Verbindung. Die geistliche
Freundschaft zwischen beiden Klöstern ging aber oft zu weit. Zwischen einem
Stockhäuser Mönch und einer bildschönen Blankenauer Nonne entspann sich ein
inniges Liebesverhältnis. Allabendlich trafen sich beide verliebte Ordensleute
in der Dunkelheit auf der Höhe zwischen beiden Klöstern, der nahen Grenze. Hier
huldigten sie ungestört dem verbotenen Liebesspiele. Mit höllischer Freude sah
der Teufel diesem abscheulichen Treiben der Gott geweihten Personen zu. Sie
sollten seinen Klauen nicht mehr entrinnen. Noch heute sollten sie die Seinen
werden. Der Teufel griff zu einer List. Im Möchsgewande stellte er sich heute
früher als der verliebte Mönch auf der Höhe, dem Treffpunkt der Liebenden, ein.
Bald kam auch in der Dämmerung die Nonne vorsichtig angeschlichen. Wie freude
http://www.heimatfreunde-blankenau.de
Powered by Joomla!
Generiert: 20 January, 2017, 16:01
Heimatfreunde Blankenau
sie sich, als sie den Mönch bereits schon gewahrte. In der Meinung, ihren
klösterlichen Liebhaber vor sich zu haben, fiel sie voller Zärtlichkeit ihrem
vermeintlichen Liebhaber um den Hals, herzte und küsste ihn und trieb
ahnungslos mit dem satanischen Buhler ihres Geliebten ihr verbotenes
Liebesspiel. Zu sehr war sie betört, daß sie den Leibhaftigen nicht erkannte.
Plötzlich überkam sie eine ahnungsvolle Unruhe, die Betörte bemerkte auf einmal
den untrüglichen Pferdefuß des unsauberen Gastes. Erschrocken entwand sie sich
den teuflischen Armen, laut aufschreiend stürzte sie jäh tot zu Boden. Hell
auflachend nahm Satan sie Seele der betrogenen Nonne mit in die Unterwelt. Kurz
darauf kam auch der Mönch, der noch den Angstschrei seiner Geliebten vernommen
hatte. Doch wie erschrack er, als er seine Angebetene bleich und kalt da liegen
sah. In heller Verzeiflung zog er sein langes Messer aus der Scheide und stieß
es in sein wild tobendes liebeshungeriges Herz. Neben seiner Geliebten stürzte
er entseelt zu Boden. Doch der Teufel hatte den Sieg errungen, zwei geweihte
Seelen auf einmal verschlungen. Der Graben, der sich von dieser Stelle hinab
nach Blankenau zieht, zu einer tiefen Hohle erweitert und mit Wald bestanden
ist, heißt zur Erinnerung an die Verzweiflungstat der beiden verliebten
Klosterinsassen bis auf den heutigen Tag der “Zwiewelsgraben” oder
Zweifelsgraben. An der Stelle, wo die beiden Entseelten gefunden wurden,
errichtete man das Steinkreuz mit dem eingehauenen langen Mördermesser.
(Aus: Buchenblätter, 28. Mai 1991)
http://www.heimatfreunde-blankenau.de
Powered by Joomla!
Generiert: 20 January, 2017, 16:01