Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung
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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ..........................................................................................................................2 1.1 Projektziel....................................................................................................................3 1.2 Vorgehensweise..........................................................................................................4 2. Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen..................................................4 3. Kompetenzkategorien........................................................................................................7 3.1 kognitive Kompetenzen...............................................................................................7 3.2 medienbezogene Kompetenzen..................................................................................9 3.3 soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen................................................10 3.4 sensomotorische Kompetenzen................................................................................12 4. Bewertungsbogen CKP....................................................................................................13 5. Kritik und weiterführende Vorschläge..............................................................................19 6. Quellen.............................................................................................................................21 1 1. Einleitung Seit 1995 vergibt die „Gesellschaft für Pädagogik und Information e.V.“ (GPI) die Comenius-EduMedia-Auszeichnungen für exemplarische IKT-basierte (Informations- und Kommunikationstechnologie-basierte) Bildungsmedien. Die Comenius-Auszeichnungen sind Ehrenpreise und in der Regel nicht mit einer finanziellen Zuwendung für die Preisträger verbunden.1 Drei verschiedene Auszeichnungen können im Rahmen des Wettbewerbs erlangt werden: das Comenius-EduMedia-Siegel, die Comenius-EduMediaMedaille sowie den Comenius-EduMedia-Sonderpreis (oder Förderpreis). Das Ziel dieser Auszeichnungen ist es, bildungsfördernde, kompetenzfördernde und gut gestaltete Multimedia-Produkte für den Nutzer kenntlich zu machen und ihre Entwicklung zu fördern. Folgende vier verschiedene Auszeichnungskategorien existieren : • Didaktische Multimediaprodukte (DMP) • Allgemeine Multimediaprodukte (AMP) • Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) • Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP)2 In allen vier Kategorien durchlaufen die eingereichten Multimediaprodukte ein zweistufiges Prüfverfahren. Dabei werden sie alle nach dem gleichen Prüfverfahren unter Zuhilfenahme eines Bewertungsbogens des Instituts für Bildung und Medien (IB&M) der GPI bewertet. Nach Durchlaufen der ersten Stufe werden, bei ausreichender Qualifikation, ComeniusEduMedia-Siegel vergeben. Gleichzeitig erfolgt so die Nominierung für die zweite Stufe zur Vergabe der Comenius-EduMedia-Medaille, an die jeweils besten eingereichten Produkte einer Kategorie.3 Jüngste Auszeichnungskategorie stellt die Kategorie „Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen“ (CKP) dar, für die seit 2009 im Rahmen der Comenius-Medienwettbewerbe Computerspiele eingereicht und bewertet werden können.4 Diese Kategorie beinhaltet Computerspiele der Altersfreigabe USK 0 bis maximal USK 16. 1 2 3 4 vgl. http://www.gpi-online.de/front_content.php?idcat=1275 [letzter Zugriff 03.03.2011, 17:51h]. vgl. http://www.gpi-online.de/front_content.php [letzter Zugriff 02.02.2011, 15:02h]. vgl. http://www.gpi-online.de/front_content.php?idcat=1342 [letzter Zugriff 03.03.2011, 18:01h]. Comenius-EduMedia-Auszeichnungen 2010. Presseinformation 25.06.2010. Hg. v. Institut für Bildung und Medien der Gesellschaft für Pädagogik und Information e.V., S. 1. 2 1.1 Projektziel Das Bewertungssystem des IB&M der wurde bisher auf alle vier existierenden Kategorien angewendet, in denen Comenius-EduMedia-Auszeichnungen vergeben werden, auch für die seit 2009 neu hinzugekommene Kategorie CKP. Es ist aber hauptsächlich auf die zu bewertende Auszeichnungskategorie „Didaktische Multimediaprodukte“ (DMP) ausgerichtet. Die Anwendung auf diese Kategorie hat sich in der Vergangenheit in der praktischen Erprobung bewährt, lässt sich im Grunde aber nicht direkt auf die neue Auszeichnungskategorie CKP übertragen. Denn diese beinhaltet nicht didaktische Medienprodukte, sondern hauptsächlich unterhaltende Computerspiele, wie etwa das 2010 mit einer Comenius-EduMedia-Medaille ausgezeichnete Computerspiel EA SPORTS Fußball Manager.5 Um aber eine möglichst genaue Medienbeurteilung in der Kategorie CKP vorzunehmen und entsprechende Qualitäten ermitteln zu können, ist es notwendig, über ein speziell auf diese Kategorie anwendbares Bewertungs- und Prüfsystem zu verfügen.6 Aus diesem Grund soll ein neuer, eigener Bewertungsbogen für die Kategorie „Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen“ entwickelt werden. Dabei soll die Struktur des bisherigen Bewertungsbogen beibehalten werden. Dieser soll jedoch mit neuen, auf die jetzt zu bewertende Kategorie mit entsprechenden eigenen Kriterien gefüllt werden. Doch um welche Kompetenzdimensionen handelt es sich, die durch Computerspiele gefördert werden können beziehungsweise zur Disposition stehen? Diese sollen in vorliegender Arbeit definiert werden. Es soll darauf hingewiesen werden, dass die Qualitätskriterien und Prüfaspekte der Kompetenzförderlichkeit von Computerspielen, innerhalb des neu zu gestaltenden Bewertungsbogen, im Umfang dieser Arbeit nicht vollständig ausgearbeitet werden können. Ein erstes Gerüst soll jedoch entstehen, um damit Grundlagen für weiterführende Ansatzpunkte und Arbeiten zu schaffen. 5 6 ebd., S. 3. vgl. http://www.gpi-online.de/front_content.php?idcat=1529 [letzter Zugriff 02.02.2011, 17:37h]. 3 1.2 Vorgehensweise Die Frage stellt sich, wie das Feld der Kompetenzförderlichkeit von Computerspielen zu strukturieren ist, um klare Maßstäbe für die Überprüfung der kompetenzförderlichen Potenziale zu schaffen. Die Computerspiele der Auszeichnungskategorie CKP werden in der Regel zur Unterhaltung genutzt und sind keine speziell didaktische und bildungsfördernde Multimediaprodukte. Kriterien, wie etwa pädagogisch-Inhaltliche oder didaktisch-methodische Anforderungen des bisherigen Bewertungssystems, sollen deshalb nicht berücksichtigt werden. Die Auswahl der eingereichten Spiele im Rahmen des Wettbewerbs werden vielmehr schwerpunktmäßig daraufhin untersucht, in welchen Bereichen sie Potenziale der Kompetenzförderung bieten und durch welche inhaltlichen und technischen Leistungen des Spiels diese gefördert werden können. Im Mittelpunkt stehen zwei Fragen: • Welches können die vier Kompetenzdimensionen sein, nach denen sich die Kompetenzförderlichkeit von Computerspielen beurteilen lässt und die beim Spielen gefördert werden sollen? • Wonach differenzieren sich die Kompetenzdimensionen und wie können diese in jeweils sechs Unterpunkten untergliedert werden? Dabei ist im Bewertungsbogen nicht zu berücksichtigen, ob das Spiel Eigenschaften aufweist, die einer Kompetenzförderung abträglich sind. Die Kompetenzdimensionen und ihre Prüfkriterien werden in Kapitel 3 behandelt. Die ausführliche Beschreibung der Prüfkriterien findet sich schließlich im Bewertungsbogen im Kapitel 4 selbst. Anschließend sollen Fragen behandelt werden, die sich im Verlauf der Arbeit gestellt haben. 2. Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen Als Medium der Weiterbildung scheint das Computerspiel besonders geeignet, weil es bereits als Leitmedium des 21. Jahrhunderts gefeiert wird.7 In den letzten Jahren mehren sich deshalb Publikationen, die sich der Fragestellung widmen, wie durch Computerspiele bestimmte Kompetenzen gefördert werden können und funktionales Wissen erworben 7 Ganguin 2004, S. 177. 4 werden kann.8 Dabei wird die Fragestellung, neben dem Thema der Erwachsenenbildung, gerade an Kindern und Jugendlichen untersucht, häufig jedoch im Kontext von schulischem Lernen. Erste Forschungsansätze über gezielte Kompetenzförderung durch Computerspielen leistete die amerikanische Entwicklungspsychologin Patricia Greenfeld, die 1996 herausfinden konnte, dass die Nutzung bestimmter Computerspiele spezielle Wahrnehmungsleistungen positiv beeinflussen zu vermag.9 Betrachtet man den heutigen Stand der Forschung über Kompetenzdimensionen von Computerspielen, dann bieten die Forschungsarbeiten von Christa Gebel, Michael Gurt und Ulrike Wagner10 von 2004 einen ersten und bis dato immer noch aktuellen Überblick. Die Autoren schlagen darin folgende Differenzierung der Kompetenzdimensionen von Computerspielen vor:11 1. kognitive Kompetenz 2. Medienkompetenz 3. soziale Kompetenz 4. persönlichkeitsbezogene Kompetenz 5. Sensomotorik Bei genauerer Betrachtung der Dimensionen lassen sich schnell Überschneidungen innerhalb der einzelnen Kompetenzen ausmachen. Ein Beispiel soll diese Überlegung verdeutlichen: Für viele gerade moderne Computerspiele ist die Kommunikation im Umfeld der Spiele von großer Bedeutung. Die Spieler-Szene gerade im Internet ist groß und wächst immer weiter.12 Ihr wichtigstes Kommunikationsmedium ist das Internet. Dabei geht es häufig darum, Erfahrungen und vor allem Informationen zu den Spielen, zu Hardware, zu Patches, Mods, Cheats usw. auszutauschen. Es gibt unzählige Seiten, Foren, Chats und Newsgroups zu allen erwähnten Themen. Welche Kompetenz also muss gestärkt werden, um kommunikative Fähigkeiten zu 8 9 10 11 12 vgl. Dittler/Mandl 1994, Klimmt 2004, Gebel/Gurt/Wagner 2004. vgl. Greenfield, Patricia/Cocking, Rodney: Interacting with video. Advances in applied, developmental psycology. Norwood 1996. vgl. Gebel/Gurt/Wagner 2004. vgl. Ganguin 2010, S. 251. vgl. ebd. S. 234: Ganguin berichtet, „[...] dass die Anzahl der Onlinespieler deutlich zunimmt, während das Spielen offline – gerade unter Jugendlichen und Erwachsenen – eher zurückgeht.“ 5 fördern? Um diese Art von Kommunikation vollbringen zu können, sind grundlegende Kenntnisse über das Bedienen des Computers und des Internets notwendig, verlangen also mediale Kompetenzen in technischer Hinsicht. Damit die Kommunikation erfolgreich über solche Plattformen läuft, sind aber auch soziale und persönliche Kompetenzen gefragt. Rund ums Computerspielen sind so, aufgrund des des Informations- und Kommunikationsbedürfnisses von Spielern, soziale Phänomene zu beobachten. Spieler finden sich daneben auch räumlich zusammen, um gemeinsam zu spielen.13 Eine trennscharfe Abgrenzung der verschiedenen Kompetenzen scheint aus diesen Beobachtungen heraus nicht möglich. Aufgrund der Struktur des Bewertungsbogens ist es aber notwendig, aus den vielen zu fördernden Kompetenzen und Fähigkeiten, vier zu bestimmen, die möglichst viel Spielraum lassen. Die Orientierung erfolgt hierbei iegender Arbeit auf die fünf Kategorien von Gebel, Gurt und Wagner. Soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen werden dabei aufgrund ihrer psychologischen und inhaltlichen Nähe zu einer Kompetenzdimension zusammengefasst. Da meiner Meinung nach die Begriffe sehr weit gefasst sind, werden die folgenden vier Kompetenzen jeweils im Plural verwendet, da beispielsweise Medienkompetenz aus vielen unterschiedlichsten Kompetenzen innerhalb des Medienbereichs entsteht. In dieser Untersuchung wurden so folgende vier zu fördernden Kompetenzdimensionen in Computerspielen bestimmt: 1. kognitive Kompetenzen 2. medienbezogene Kompetenzen 3. soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen 4. sensomotorische Kompetenzen Je nach Beschaffenheit der Spiele können die Anforderungen in den verschiedenen Bereichen ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Ein Jump&Run Spiel wird demnach eher sensomotorische Fähigkeiten fördern und ein Strategiespiel die kognitiven. Anhand einer praktischen Erprobung des Bewertungsbogens sollte deshalb getestet werden, ob der Bewertungsbogen auch alle Spielgenres berücksichtigt.14 13 14 vgl. Fromm 2003, 122ff. Eine Auflistung und Beschreibung der gängigsten Spielgenres wie Jump&Run, Adventures, Strategiespiele oder Shooter findet sich unter: http://www.spieleratgeber-nrw.de/?siteid=3 [letzter Zugriff 06.02.2011, 21:25h]. 6 3. Kompetenzkategorien Zunächst soll an diesers Stelle die Struktur des Bewertungsbogens beschrieben werden, da er für die Erstellung der Kompetenzdimensionen und Prüfkategorien entscheidend ist. Die Grundzüge des Bewertungs- und Prüfsystems, sowie die Qualitätskriterien und Prüfaspekte sind im Bewertungsbogen des IB&M der GPI in den sogenannten „Berliner Multimedia-Kriterien“ zusammengefasst.15 Die Struktur oder der Aufbau des Bewertungsbogens besteht aus vier übergeordneten Qualitätskriterien untergliedert in jeweils sechs untergeordnete Prüfkriterien. Für diese ist es möglich, anhand einer Kurzbewertung mittels Punktevergabe in einer Skala von 1 (mangelhaft) bis 5 (sehr gut) eine Bewertung abzugeben. Insgesamt kann ein Multimediaprodukt auf diese Weise bis zu 24 Punkten erzielen. Diese Struktur soll für den neuen Bewertungsbogen für die Kategorie „Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen“ beibehalten werden. Im Mittelpunkt dieser Bewertung steht die Frage, in welcher Qualität der jeweilige Prüfaspekt konzipiert ist, beziehungsweise. realisiert werden kann.16 Ein jeweils einleitender, erklärender Text wird den übergeordneten Kompetenzdimensionen vorangestellt. Die folgenden Punkte dieses Kapitels stellen Überlegungen zu den einzelnen Kompetenzen an. Ihre ausführliche Beschreibung findet sich im Bewertungsbogen (siehe Kapitel 4). 3.1 kognitive Kompetenzen Die Förderung kognitiver Kompetenzen bezieht sich allgemein auf die Informationsverarbeitung der im Spiel angebotenen Reize. Die Reizung menschlicher Sinnesorgane, beziehungsweise ihrer Rezeptoren, lösen zunächst den Prozess der Wahrnehmung aus. Die als relevant eingestuften Informationen werden durch Aufmerksamkeit in das Kurzzeitgedächtnis übertragen. An dieser Stelle setzt eine Metakognition ein, die erlaubt, Kontrolle über die eigenen Prozesse zu erlangen. Konzentrationsfähigkeit und Strategien werden benötigt, um die Informationen ins Langzeitgedächtnis einzuprägen. Dies kann etwa durch Wiederholungen geschehen.17 Nach dem aktuellen Stand der Forschung fördern Computerspiele hauptsächlich den Bereich der Wahrnehmung in Bezug auf die räumliche Vorstellungskraft sowie das 15 16 17 vgl. http://www.gpi-online.de/upload/ETHIKMEDIA/Qualittsanforderungen_Multimedia_OKT_2008.ps.pdf [letzter Zugriff 02.02.2011, 17:40h]. vgl. ebd., S. 2. vgl. Ganguin 2004, S. 251. 7 Zurechtfinden im virtuellen Raum.18 Dies können verschiedene Einstellungen der Spielperspektive fördern, wie zum Beispiel bei Autorennen (Aufsicht oder Innensicht aus dem Auto). Weiterhin fokussiert sich die Wissenschaft im Bereich der kognitiven Kompetenzen auf das Themengebiet der Problemlösungsfähigkeit durch Computerspiele. Hierbei geht es um Regeln und Erkenntnisse aus Spielzügen sowie um das Planen von Handlungsabfolgen und Handlungsalternativen. Besonders geeignet dafür scheinen Konstruktionsspiele wie beispielsweise Theme Park19 (USK 0, PEGI 3): erst muss ein Freizeitpark in Grundzügen konstruiert werden. Hungrige Besucher verlangen nach Nahrung. Diese muss beschafft und verkauft werden. Ist sie zu fett oder salzig, werden die Menschen krank. Eine Lösung, etwa gesteigerte Preise für gesündere Lebensmittel, muss gefunden werden. Diese Maßnahme wiederum verlangt, Getränke billiger zu verkaufen, damit die Besucher genügend Geld haben und nicht den Park verlassen etc. Nach Sonja Ganguin sind folgende Komponenten für die Förderung kognitiver Fähigkeiten entscheidend: Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis, Merkfähigkeit, Abstraktion, Schlussfolgern, Strukturverständnis und Regeln, heuristische Erkenntnisverläufe, Beobachtungsverständnis, Handlungsplanung, Lernstrategien, Problemlösen, Sachwissen und Anwendungswissen.20 Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung der Fantasie im Sinne der Vorstellungskraft kreativer und produktiver Prozesse.21 Auch Wissensaneignung spielt eine Rolle. Johannes Fromme und Nadja Kraam unterscheiden hierbei deduktives und prozedurales Wissen.22 Aus diesen Beobachtungen heraus ergaben sich in vorliegender Untersuchung folgende Prüfkategorien: 1. Problemlösungsfähigkeit 2. Handlungsplanung (oder methodische Kompetenz) 3. (räumliche) Wahrnehmung (Vorstellungskraft) 4. Konzentration 5. Wissen 18 19 20 21 22 vgl. Fromme 2000, S. 99. Theme Park: Bullfrog Productions/Sega 1994/Nitendo DS 2007. Vgl. http://www.mobygames.com/ game/game/theme-park [letzter Zugriff 03.02.2011, 08:25h]. vgl. Ganguin 2004, S. 260: Ganguin stellt hier eine Zusammenfassung von genannten Komponenten in der Literatur zur Verfügung, vgl. Gebel/Gurt/Wagner 2004, S. 21, Fromme 2000, S. 95ff., Meder 2000, S. 187ff., Kraam 2004, S 12ff. vgl. Fromme 2000, S. 98. vgl. Fromme 2009, S. 99, Kraam 2004, S. 15. 8 6. Fantasie 3.2 medienbezogene Kompetenzen In der Informations- und Kommunikationsgesellschaft von heute zählen das Verständnis, der aktive Einsatz, die selbstständige Nutzung und der kompetente Umgang mit Medien zu den wichtigsten Schlüsselqualifikationen. In dieser Auszeichnungskategorie wird festgestellt, inwieweit über Computerspiele Medienkompetenzen angeeignet werden können. Um zu einer Beurteilung von modernen Computerspielen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Aneignung von Medienkompetenz zu gelangen, scheint es zunächst nötig, den vielfältigen Begriff der Medienkompetenz genauer zu beschreiben. So formuliert Sesink beispielsweise: „Medienkompetenz gilt als das spezifische Bildungsziel für Lernen mit und über Medien“23 Um den Begriff Medienkompetenz allerdings in seiner Gesamtheit zu bestimmen, scheint eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema notwendig. Dies kann im Umfang dieser Arbeit jedoch nicht geleistet werden. Bezieht man die Medienkompetenz auf Computerspiele, so kann ein Schwerpunkt auf dem Feld der Bedienungskompetenz liegen. Die förderlichen Kompetenzen reichen so von der bloßen Anpassung an die medientechnischen Vorgaben, also der Fertigkeit, Medien zu Bedienen, bis hin zur kritischen Reflexion und aktiven Gestaltung nicht nur des Spiels, sondern auch alle damit vernetzten sozialen und medialen Umgebungen. Bernd Schorb wählt einen anderen Ansatz, nachdem sich die Medienkompetenz und ihre Inhalte nach der Aufgabe von Medien richten, der Kommunikation von Menschen dienlich zu sein. Für ihn steht also die kommunikative Kompetenz als Bildungsziel im Mittelpunkt. Als weitere Bereiche nennt Schorb Strukturwissen, Orientierungswissen, Reflexionsfähigkeit, Medienethik, Praktische Reflexivität sowie Aneignungskompetenz.24 � Ganguin ergänzt Medienkritik, die Ästhetik Kriterien und Medienkunde, Genuss, Mediennutzung, selbstbestimmter Mediengestaltung, Umgang und aktive Kommunikation.25 Als Beispiel für Medienreflexion und Aneignungskompetenz lässt sich das Online-Spiel Pop-up-Kung-Fu26 nennen. Innerhalb einer Minute müssen verschiedene simulierte, 23 24 25 26 Sesink 2001, S. 17. Schorb zit. n. Schiersmann/Busse/Krause 2002, S. 77. vgl. Ganguin 2004, S. 260: Ganguin stellt hier eine Zusammenfassung von genannten Komponenten in der Literatur zur Verfügung, vgl. Gebel/Gurt/Wagner 2004, S. 21, Fromme 2000, S. 95ff., Meder 2000, S. 187ff., Kraam 2004, S 12ff. vgl. http://www.blinde-kuh.de/spiele/popupkongfu [letzter Zugriff 26.01.2011, 14:23h]. 9 werbeartige Pop-ups weg geklickt werden. Ist das Spielziel erreicht, erhalten die Spielenden „3 Goldene Regeln“, wie man sich im Internet zu verhalten hat. Diese lernen so, kritisch mit Werbung im Internet umzugehen und werden nebenbei vor den Gefahren gewarnt. Gleichzeitig eignen die Spielenden sich das praktische Wissen an, wo und wie „diese nervige Werbung“ aus dem Fenster verbannt werden kann. Medienkompetenz kann durch Computerspiele auch dann vermittelt werden, wenn die Spielenden das Computerspiel als Lern-, Gestaltungs- und Arbeitsmittel kennen lernen. Die Spielenden sollen den Computer nicht nur passiv nutzen, sondern erleben, auf welche Weise es ihnen das Spiel ermöglicht, auch kreativen Umgang mit dem Computer fördern. Aus diesen Überlegungen ergeben sich folgende Prüfkriterien: 1. instrumental-qualifkatorische Kompetenzen (Medienwissen) 2. Hard-und Software (praktische Mediennutzung, technische Kompetenz) 3. Medienreflexion und Medienethik 4. Netzwerke 5. Neue Medien 6. Mediengestaltung 3.3 soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen Für die vorliegende Kategorie scheint es sinnvoll, den Begriff Kompetenz zunächst auf den allgemeinen Umgang mit Menschen zu beziehen. Dazu gehören die Fähigkeit zu Toleranz, Respekt, Empathie und Sensibilität. Auf der anderen Seite werden in der Literatur häufig sogenannte „Softskills“ als Kompetenzen genannt, die auf dem Arbeitsmarkt von Bedeutung sind. Konfliktfähigkeit Hier oder sind etwa die Teamfähigkeit Komponenten erwähnt, sowie der Zusammenarbeit, Führungsqualitäten wie wie Durchsetzungsvermögen. Computerspiele können diese Kompetenzen stärken, da sie häufig nicht alleine, sondern im Mehrspieler-Modus oder vernetzt über LAN und das Internet gemeinsam gespielt werden können.27 Oftmals ist das gemeinsame Spielen sogar Voraussetzung zum Spielerfolg, beispielsweise bei dem Spiel Counter Strike (Valve/EA Games, 2000, USK 16, Pegi 16)28, bei dem unter anderem Clans gebildet werden müssen, 27 28 vgl. Ganguin, S. 253. vgl. http://www.counter-strike.de/ [letzter Zugriff 26.01.2011, 08:11h]. Man denke dabei etwa auch an die zahlreichen Spiele von ZYNGA, angeboten auf Facebook wie Farmville, Treasure Isle oder Mafia Wars, die ohne zugesandte Items von Freunden nicht gespielt werden können. Über die Plattform Facebook 10 die sich online terminlich zum gemeinsamen Spielen über das Internet verabreden Persönliche Kompetenzen beziehen sich im allgemeinen auf den Umgang mit sich selbst. Dazu gehören etwa die Fähigkeiten wie Selbstbeobachtung, Selbstkritik, sowie emotionale Selbstkontrolle, was Fromme auch als „cool bleiben“ definiert.29 Persönliche Kompetenzen stellen schlussendlich auch die Voraussetzung für soziale Interaktionen dar. Ganguin fasst folgende relevante Komponenten für soziale und persönliche Kompetenzen zusammen: Verantwortung, Konfliktfähigkeit, Flexibilität, Durchsetzungsvermögen, Perspektivenübernahme, Empathiefähigkeit, Ambiguitätstoleranz, Interaktionsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Partizipation an Kooperationsfähigkeit, Online-Sozialität, moralische Selbstbeobachtung, Urteilskompetenz, Selbstkritik/ -reflexion, Identitätswahrung, emotionale Selbstkontrolle, Selbstwirksamkeit, Eigenverantwortlichkeit, Frustrationstoleranz, Leistungsbereitschaft und Stresstoleranz.30 Aus diesen Überlegungen heraus ergeben sich in vorliegender Untersuchung folgende Prüfaspekte (in Klammern stehen die Komponenten, die für die jeweiligen Prüfkategorien relevant sein können. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie in vorliegender Arbeit allgemein die Prüfkategorien bestimmt wurden): 1.Selbstwahrnehmung (Selbstbeobachtung, Selbstkritik/-reflexion, Einschätzung der Selbstwirksamkeit) 2.Ich-Stärkung (Identitätswahrung, Selbstwirksamkeit, Durchsetzungsvermögen, Führungsqualitäten, Leistungsbereitschaft, Verantwortungsgefühl, Wettbewerbsgedanke ) 3. Emotionale Selbstkontrolle (Frustrationstoleranz, Stresstoleranz) 4. Empathiefähigkeit (Perspektivenübernahme) 5.Teamfähigkeit (Kommunikationsfähigkeit, Interaktionsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Toleranz, Partizipation an Online-Sozialität, Konfliktfähigkeit, Flexibilität,) 6. moralische Urteilskompetenz (Normen, Werte, Ethik) 29 30 hinaus existieren zahllose Communities, auf denen der User seine Facebookfreundschaft anbieten kann, um Spielhilfe zu erlangen. Diese Entwicklungen sind kritisch zu sehen, denn oftmals berücksichtigen die Spielenden dabei ihre eigene Privatsphäre nicht mehr. vgl. Fromme 2000, S. 99. vgl. Ganguin 2004, S. 260: Ganguin stellt hier eine Zusammenfassung von genannten Komponenten in der Literatur zur Verfügung, vgl. Gebel/Gurt/Wagner 2004, S. 21, Fromme 2000, S. 95ff., Meder 2000, S. 187ff., Kraam 2004, S 12ff. 11 3.4 sensomotorische Kompetenzen Die Bewertung der sensomotorischen Anforderungen befasst sich mit der Förderung von sensomotorischen Leistungen des Spielers. Sensomotorik meint die durch Reize bewirkte, vom Gehirn aus gesteuerten und koordinierten Bewegungen von Teilen des Körpers, des Nervensystems und des Organismus. In der Forschungsliteratur wird dabei oft von HandAugen-Koordination gesprochen. Der Spieler muss „visuelle Reize und Informationen in kürzester Zeit […] verarbeiten und auf diese mit einer angemessenen motorischen Handlung […] reagieren.“31 Dadurch werden Reaktionsvermögen und die Schnelligkeit sensomotorischer Operationen gefördert, zu denen auch Geschicklichkeit zählt.32 Zu diesen Spielen zählen vor allem sogenannte Exergames, bei denen Körpereinsatz gefragt sind wie etwa bei der Videospielkonsole Wii (Nintendo). Eine sorgfältige Spielgestaltung scheint hierbei unabdingbar. Dies betrifft auch die benötigte Ausrüstung und Hardware der Spiele. Ganguin nennt folgende relevante Körperbewegung-Auge-Koordination, Komponenten: akustische Hand-Auge-Koordination, Reize-Hand/Körper-Koordination, Reaktionsvermögen, Reaktionsgeschwindigkeit, Geschicklichkeit, Balance, Ausdauer.33 Für den Bewertungsbogen scheinen folgende Prüfaspekte denkbar: 1. Sorgfalt der Spielgestaltung 2. Koordination 3. Navigation und Steuerung 4. Reaktionsvermögen 5. Ausdauer 6. Balance? 31 32 33 Kraam 2004, S. 15. vgl. Meder 2000, S. 199. vgl. Ganguin 2004, S. 260. Ganguin stellt hier eine Zusammenfassung von genannten Komponenten in der Literatur zur Verfügung, vgl. Gebel/Gurt/Wagner 2004, S. 21, Fromme 2000, S. 95ff., Meder 2000, S. 187ff., Kraam 2004, S 12ff. 12 4. Bewertungsbogen CKP blau = aus bisherigem Bewertungsbogen teilweise oder ganz übernommen 1. kognitive Kompetenzen Die Förderung kognitiver Kompetenzen bezieht sich allgemein auf die Informationsverarbeitung der im Spiel angebotenen Reize. In der Kategorie soll bewertet werden, inwieweit das Computerspiel Fähigkeiten stärkt, Aufgaben zu erfassen, durch analytischoperatives Denken Handlungen selbstständig zu organisieren oder zu planen, Sachverhalte zu recherchieren, Inhalte zu erschließen und daraus zu schlussfolgern, die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis sowie die kreative und produktive Vorstellungskraft zu fördern. 1. Problemlösungsfähigkeit 2. Handlungsplanung (oder methodische Kompetenz) 3. (räumliche) Wahrnehmung (Vorstellungskraft) 4. Konzentration 5. Wissen 6. Fantasie Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Problemlösungsfähigkeit • • • • 2. Handlungsplanung • • • • Das Spiel beinhaltet Elemente, die den Spielenden mit Informationen zu Spielregeln und Spielstatus versorgen. Diese erlauben ihm Rückschlüsse auf das Spielverhalten. Dazu zählen Anleitungen, Regelwerke etc., aber auch Rückmeldungen, Hilfen und Tipps. Das Spiel enthält spielimmanente Lexika, auf die ein Spieler zurückgreifen lernt, um Strategien durchzusetzen. Regeln können auch durch Erfahrung und Erkenntnis aus den vorherigen Spielzügen gesammelt wurden, abgeleitet und angewandt werden. Vielfältige Problemstellungen regen zu differenzierter Problemanalyse und zur Suche neuer Lösungswege an. Der Spieler muss eine oder mehrere Strategien ausfindig machen und durch die Planung mehrerer Spielschritte zum Ziel gelangen. Die Strategie ermöglicht vielfältige Handlungsalternativen und Handlungsabfolgen, die ausprobiert werden müssen. Die Handlungen sind im Spielverlauf immer konkreter auszuführen. eine lange Spieldauer erlaubt eine komplexere Spielstruktur 13 Bewertung • • 3. (räumliche) Wahrnehmung • • • • • 4. Konzentration • • • 5. Wissen • • 6. Fantasie • • und somit eine höhere Organisationsanforderung. Unterschiedliche Rollen erfordern unterschiedliche Handlungen. verschiedene Handlungen nacheinander oder gleichzeitig ablaufende Prozesse müssen koordiniert werden. Der Spieler muss sich in einem komplexeren virtuellen Raum zurechtfinden. Ziel ist es, die räumliche Vorstellungskraft zu fördern, da ein Raum aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden muss. Der Raum kann sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Spielfiguren vorgestellt werden (z.B. versch. Spieler auf Fußballfeld). Das Spiel erlaubt verschiedene Perspektiveinstellungen von isometrischer Perspektive über Frosch- bis Vogelperspektive. Das Spiel ermöglicht Räume in 3D für ein gesteigertes Vorstellungsvermögen. Verschiedene Räume und Welten, sowie deren unterschiedliche Gestaltung, erfordern immer neue Anpassung. Informationen müssen sich in das Kurzgedächtnis eingeprägt werden. Das Spiel beinhaltet Such-, Denk- und Logikaufgaben. Das Spiel fördert durch Wiederholungen das Langzeitgedächtnis. Das Spiel fördert das deklarative Wissen (Sachwissen allgemein, Fakten, Feststellungen, Tatsachen, Ereignisse, Theorien, grammatische Regeln ect.) durch Wissensfragen, Dialoge mit NPCs (non-playable characters) oder Fakten und Ereignisse, um die die Spielgeschichte aufgebaut ist. Das Spiel fördert das prozedurale Wissen, also wie etwas zu tun ist, Recherchekompetenz oder Anwendungswissen (z.B. Lernverlauf über das richtige Anwenden von Werkzeugen, tools, moves). Das Spiel versetzt den Spieler in eine Fantasiewelt oder zumindest in eine fiktionale Realität, in der der Spieler sich in die Rolle und Aufgaben eines Avatar eindenken muss, wodurch die produktive Vorstellungskraft gefördert wird. Fantasiewelten, Levels, Avatars oder sonstige Figuren können selbst entworfen oder gestaltet/ummodeliert werden und fördern somit kreative Fähigkeiten und abstraktes Denken. 2. medienbezogene Kompetenzen In dieser Auszeichnungskategorie wird festgestellt, inwieweit über das Computerspielen Medienkompetenzen angeeignet werden können. Bezieht man die Medienkompetenz auf Computerspiele, so kann ein Schwerpunkt auf deren kompetenzförderlichen Potenziale auf dem Feld der Bedienungskompetenz liegen. Der andere Schwerpunkt liegt darauf, inwieweit die Spiele dienlich sind, durch eine angeeignete Medienkompetenz, die Kommunikation von Menschen untereinander zu fördern. 14 Die förderlichen Kompetenzen reichen so von der bloßen Anpassung an die medientechnischen Vorgaben, also der Fertigkeit, Medien zu Bedienen, bis hin zur kritischen Reflexion und aktiven Gestaltung nicht nur des Spiels, sondern auch aller vernetzten sozialen und medialen Umgebungen. 1. instrumental-qualifkatorische Kompetenzen (Medienwissen) 2. Hard-und Software (praktische Mediennutzung, technische Kompetenz) 3. Medienreflexion und Medienethik 4. Netzwerke? (Mediensozialisation) 5. Neue Medien? 6. Mediengestaltung Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. intrumentellqualifkatorische Kompetenzen • 2. Hard- und Software (Mediennutzung) • • • 3. Medienreflexion • Der Spieler muss sich in komplexen Menüstrukturen und Hypertexten zurechtfinden und diese auch nutzen. Der Spieler lernt verschiedene Begriffe aus dem Bereich der Technik-, Spiele- und Medienwelt kennen. Das Spiel erfordert einen Umgang mit verschiedener Hardware (z.B. verschiedene Datenträger, Headset, Lenkrad, Pistole etc.) und/oder erfordert den Umgang mit einer Software, zum Beispiel das Installieren einer Software oder eines Voice-Chat-Systems, Installieren einer neuen Grafikkarte. Aktualisierungen oder Erweiterungen sind online zu finden und zu installieren. • Das Spiel fördert die Fähigkeit, Gefahren und Potenziale abzuschätzen und sein eigenes Nutzungsverhalten hinterfragen zu können. ... 4. Netzwerke • • Netzwerke müssen eingerichtet und erprobt werden. ... 5. Neue Medien • Der Spieler lernt einen allgemeinen Umgang mit neuen Medien und Digitalisierung. Das Spiel ermöglicht Erfahrungen mit Crossmedia, etwa durch Einblendung von Videos/Filmszenen oder der Nutzung von Fotos. • 6. Mediengestaltung • Das Spiel vermittelt mediales und ästhetisches Gestaltungswissen/ ästhetische Erprobung durch die Möglichkeit, selbst das Aussehen des Spiels zu gestalten oder mitzubestimmen. Das reicht von Kamerapositionen, Effekten, Dramaturgien, Sounds, Inhalten bis hin zu Hyperstrukturen. 15 Bewertung 3. soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen Diese Kategorie fördert zum einen dem Umgang mit sich selbst. Dies beinhaltet etwa die Fähigkeit der Selbstwahrnehmung im Sinne von Selbstbeobachtung, der Selbstkritik, der Eigenverantwortlichkeit sowie die Stärkung der emotionalen Selbstkontrolle. Zum anderen behandelt diese Kategorie die Thematisierung sozialer Interaktionen, d.h. den Umgang mit Mit- und Gegenspielern. Voraussetzung dafür sind empathische Fähigkeiten. So können Spiele die Funktion erfüllen, Beziehungen aufzubauen, und zu gestalten, Toleranz und Verantwortung im Umgang mit anderen Mitspielern zu entwickeln. In dieser Kategorie ist deshalb besonders zu bewerten, ob das Spiel mit oder gegen andere Mitspielern gespielt werden kann. Dabei können wiederum auch eigene Kompetenzen gestärkt werden und letztendlich das richtige Verhalten in einer Gemeinschaft erlebt werden. Der ethisch-normative Gehalt wird durch den inhaltlichen Rahmen des Spiels (Welt- und Menschenbilder, Realitätsbezug, Rollen und Identifikationsangebote) definiert und kann – je nach Ausrichtung – die moralische Urteilskompetenz und somit die soziale Kompetenz fördern. 1. Selbstwahrnehmung 2. Ich-Stärkung 3. Emotionale Selbstkontrolle 4. Empatiefähigkeit 5. Teamfähigkeit 6. moralische Urteilskompetenz Qualitätskriterien 1. Selbstwahrnehmung Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) • • 2. Ich-Stärkung • • • Das Spiel fördert die Selbstbeobachtung und Selbstwirksamkeit durch ein Feedback des Spiels. Die Konsequenzen des eigene Handelns werden mitgeteilt. Dazu gehören Aussagen über das Spielverhalten, die Rückmeldung von Erfolg und Misserfolg, Hinweise auf missachtete Regeln etc. Das Computerspiel passt das Ausmaß der Anforderungen an die individuelle Leistungsfähigkeit an und regt dadurch die Selbstreflexion und Selbsteinschätzung an. Das Computerspiel gibt die Möglichkeit zum Erreichen verschiedener Lern-/Spielstationen mit Speicherfunktion. Diese Zwischenschritte erlauben ein Erfolgsempfinden und Zuversicht und regen das Durchhaltevermögen an. Bei Multiplayer-Spielen können unterschiedliche Rollen und Aufgaben beim Spiel von einer Gemeinschaft diskutiert und verteilt werden. Dies erfordert auch Durchsetzungsvermögen und Führungsqualitäten. Die Steuerungsmöglichkeiten sind flexibel, wie 16 Bewertung Einflussnahme auf Ablaufgeschwindigkeit, Auswahl und Folge der Arbeitsschritte, Umgang und Schwierigkeit der Aufgaben, Festlegung der Lernzeit, um dem Spieler eine persönliche Steigerung innerhalb der Spielinhalte zu gewährleisten. 3. Emotionale Selbstkontrolle • • 4. Empathiefähigkeit • • 5. Teamfähigkeit • • • • • • 6. moralische Urteilskompetenz • • • Das Spiel erfordert „cool bleiben“ bei hohem Schwierigkeitsgrad, verzwickten Spielstellen oder Spielemoves, oder bei der Dauer eines Spielzuges. Das Spiel hat einen ausgewogenen Speichermodus, um Motivationsverluste zu vermeiden und Aggressionen hervorzurufen. Der Spielcharakter/Avatar kann verschiedenen emotionalen Zustände ausdrücken, in die sich der Spieler einfühlen kann. Für den Spielerfolg muss der Spieler verschiedene emotionale Zustände seines Spielcharakters/Avatars und/oder die von Mit- und Gegenspielern berücksichtigen. Das Spiel kann nicht nur alleine, sondern am Rechner, über LAN oder online gemeinsam gespielt werden. Das Spiel kann gegeneinander oder im Mehrplayer-Modus gespielt werden. Das Spiel ermöglicht durch geschriebene oder gesprochene Sprache, durch Symbole oder akustische Reize; die Möglichkeit zur Kommunikation. Das Spiel beinhaltet das Spielprinzip der notwendigen sozialen Zusammenarbeit und Hilfe: kann man etwa am Anfang eines Spieles noch eigenständig erfolgreich sein, so ist man bei Fortschreiten des Spiels auf die Hilfe anderer angewiesen. Die Fähigkeit, mit anderen zusammen im Computerspiel zusammenzuarbeiten ist ausschlaggebend, um erfolgreich zu sein. bei Multiplayer-Spielen können unterschiedliche Rollen und Aufgaben beim Spiel von einer Gemeinschaft diskutiert und verteilt werden. Das Team kann nur gewinnen, wenn man sich abspricht. Die Übernahme spezieller Aufgaben erfordern neben Flexibilität und Toleranz auch das Übernehmen von Verantwortung. Wer dieser nicht nachkommt, gefährdet den Spielerfolg. Eine interaktive Struktur ermöglicht Kritik und Lob am eigenen Handeln oder an dem der anderen. Die Arbeit mit dem Spiel fördert humane Werte.und fördert solidarisches Verhalten. Die angestrebten Werte und Normen sind frei vongewaltverherrlichenden, radikalen oder obszönen Darstellungen, ideologischer Beeinflussung,negativen Vorurteilen und gezielter Manipulation. Der Inhalt ist frei von engem geschlechtsspezifischen Rollendenken und Vorurteilen gegenüber gesellschaftlichen Gruppen. 17 • Das Multimediaprodukt fördert ethische Bildung zu einem bzw. mehreren der folgenden Themenfelder: - Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung - Krieg und Frieden - Mensch und Umwelt - Gewalt und Ausgrenzung - Solidarität und Gerechtigkeit - Bürger und Gesellschaft - Zukunftsbewältigung und Chancengleichheit. • Das Computerspiel fördert Bewusstmachungen, Einstellungen, Bereitschaften, Hemmungen und Überzeugungen, Gewissheit und Zweifel. Diese werden gestützt und erhellt durch Vorstellungen von: - Menschen und der Gemeinschaft, - Lebensaufgaben und Lebenssinn, - Gerechtigkeit, Schuld und Vergebung - Geschichtlichkeit und Natur 4. sensomotorische Kompetenzen Die Bewertung der sensomotorischen Anforderungen befasst sich mit der Förderung von sensomotorischen Leistungen des Spielers. Der Spieler muss „visuelle Reize und Informationen in kürzester Zeit […] verarbeiten und auf diese mit einer angemessenen motorischen Handlung […] reagieren.“34 Dadurch werden Reaktionsvermögen und die Schnelligkeit sensomotorischer Operationen gefördert, zu denen auch Geschicklichkeit zählen.35 1. Sorgfalt der Spielgestaltung 2. Koordination 3. Navigation und Steuerung 4. Reaktionsvermögen 5. Ausdauer? 6. Balance? Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Sorgfalt der Spielgestaltung • Die grafische und akustische Gestaltung sowie die Praktikabilität der Benutzeroberfläche sind sorgfältig und interessant gestaltet. 2.Koordination • Die Wahrnehmung erfolgt auf visueller, akustischer und taktiler Ebene. Aufgrund dieser Sinneseindrücke lassen sich Körperbewegungen steuern und kontrollieren. Das Computerspiel verlangt durch visuelle, akustische oder taktile (z.B. Vibration des Controllers) Signale verschiedenste Bewegungs- und Ausdrucksmöglichkeiten des eigenen Körpers. • 3. Navigation und Steuerung 34 35 • Die Steuerungsmöglichkeiten zeichnen sich aus durch Wechsel der Eingabeformen, Erleichterung der Eingabe, Kraam 2004, S. 15. vgl. Meder 2000, S. 199. 18 Bewertung • 4. Reaktionsvermög en • • • Wahlmöglichkeiten der Bedienung (z.B. Tastatur, Maus), Verfügbarkeit aller Steuerungselemente, Ansteuerungsmöglichkeiten von Zusatzinformationen, Kommunikationsmöglichkeiten über Netze. Der Spieler muss so verschiedene Steuerungsabläufe beherrschen lernen. Die Navigations- und Orientierungsmöglichkeiten sind einfach und übersichtlich handhabbar und verstehbar und erleichtern oder ermöglichen so den vorgesehenen Kompetenzerwerb. Das Computerspiel verlangt sensomotorische Operationen. Diese müssen im Laufe des Spiels erlernt und angewendet werden. Für den Spielverlauf sind die sensomotorischen Operationen zu beschleunigen, da die Schwierigkeitsstufe eine höhere Schnelligkeit verlangt. Nicht nur körperliche sondern auch geistige Operationen sind zu bewältigen und steigern das Tempo. 5. Kritik und weiterführende Vorschläge 1. Umgang mit negativen Eigenschaften von Computerspielen Der bisher angefertigte Bewertungsbogen berücksichtigt nicht, ob das Compterspiel Eigenschaften besitzt, die der Kompetenzförderung abträglich sein können. Dies betrifft vor allem die Kategorie „soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenz“. Ein Beispiel für ein solches Computerspiel ist das Rollenspiel „Star Wars – Knights of the old Republic“36 (USK 12, PEGI 12). Im Laufe des Spieles bieten die unterschiedlichen Vorgehensweisen verschiedene Lösungswege. So ist es Möglichkeit, der „guten“ oder der „bösen“ Seite zu dienen. An dieser Stelle muss der ethisch-normative Gehalt als fragwürdig gelten und steht einer Förderung damit sogar entgegen. Es stellt sich die Frage, ob der Bewertungsbogen etwaige „negative“ Eigenschaften eines Spiels berücksichtigen sollte oder nicht. Um dies zu realisieren könnte etwa eine Bewertungsskala im Negativbereich in den Bewertungsbogen integriert werden. Im vorliegenden Bewertungsbogen wurde diese Idee aber verworfen, da die Comenius-EduMedia-Auszeichnungen das Ziel verfolgen, qualitätsvolle Spiele zu würdigen, und nicht, Spiele mit mangelhaften Qualitäten aufzudecken. 36 Bezug auf die Version von 2003 (BioWare, Electronic Arts). Eine aktuelle Version wird voraussichtlich 2011 auf den Markt kommen, vgl. http://swtor.onlinewelten.com [letzter Zugriff 01.02.2011, 18:30h]. 19 2. Einseitiger Schwerpunkt Medienkompetenz In Bezug auf Medienkompetenz ist das Potenzial von Computerspielen begrenzt: Es beschränkt sich meiner Meinung nach sehr auf den Umgang mit komplexen Menüstrukturen und die Orientierung in virtuellen 3-D-Umgebungen sowie der Verwendung von Hard- und Software. Der vorliegende Bewertungsbogen versucht diese Schwäche auszugleichen durch den kommunikativen Faktor von Netzwerken. Dieser Punkt müsste aber weiterhin ausgebaut werden. 3. Abgrenzung soziale/kommunikative Kompetenzen Die Abgrenzung zwischen sozialen und kommunikativen Kompetenzen sind problematisch, da Kommunikation ohne soziale Fähigkeiten erschwert wird. Zu überdenken wäre, eine übergeordnete „kommunikative Kompetenzen“ zu schaffen. Auch mediale Kompetenzen, also technische Voraussetzungen, um Kommunikation zu ermöglichen, könnten dann in diese Kategorie fallen. 4. Aktualisierung des Bewertungsbogen Die Inhalte des Bewertungsbogens sollten von allen Projektbeteiligten regelmäßig auf Aktualität überprüft werden. Dies gilt im besonderen für die Bewertungskategorie „mediale Kompetenz“. Besonders hier sind rasante technische Fortschritte und veränderte Einsatzmöglichkeiten neuer Medien zu berücksichtigen. 20 6. Quellen Dittler/Mandl 1994 Dittler, Ullrich/Mandl, Heinz: Computerspiele unter pädagogisch-psychologischer Perspektive. In: Peterson, J./ Reiner, G.-B. (Hg.): Lehren und Lernen im Umfeld neuer Technologien. Frankfurt/Main 1994, S. 95-126. Fromm 2003 Fromm, Rainer: Digital spielen – real morden? Shooter, Clans und Fragger: Computerspiele in der Jugendszene. 2. Aufl. Marburg 2003. Fromme 2000 Fromm, Johannes: Die Kompetenzanforderungen der Bildschirmspiele aus der Sicht der Kinder. In: Fromme, J./ Meder, N./Vollmer, N. (Hg.): Computerspiele in der Kinderkultur. Opladen 2000, S. 97-127. Ganguin 2010 Ganguin, Sonja: Computerspiele und lebenslanges Lernen. Eine Synthese von Gegensätzen. Wiesbaden 2010. Gebel/Gurt/Wagner 2004 Gebel, Christa/Gurt, Michael/Wagner, Ulrike: Kompetenzförderliche Potenziale populärer Computerspiele. Kurzfassung der Ergebnisse des Projekts „Kompetenzförderliche und kompetenzhemmende Faktoren in Computerspielen“. Hg. v.: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. München 2004. Abrufbar unter: http://87.106.176.23/dateien/Kurzfassung_computerspiele.pdf [letzter Zugriff 06.02.2011, 17:56h]. Greenfield/Cocking 1996 Greenfield, Patricia/Cocking, Rodney: Interacting with video. Advances in applied, developmental psycology. Norwood 1996. Hüther/Schorb 2010 Hüther, Jürgen/ Schorb, Bernd: Grundbegriffe Medienpädagogik. München 2010. Klimmt 2004 Klimmt, Christoph: Der Nutzen von Computerspielen – ein optimistischer Blick auf interaktive Unterhaltung. In: medien und erziehung. Zeitschrift für Medienpädagogik, 3/2004, S. 7-11. 21 Kraam 2004 Kraam, Nadja: Kompetenzfördernde Aspekte von Computerspiele. In: medien und erziehung. Zeitschrift für Medienpädagogik, 3/2004, S. 12-17. Meder 2000 Meder, Norbert: Evaluation von Lern- und Spiele-Software. In: Fromme, J./ Meder, N./Vollmer, N. (Hg.): Computerspiele in der Kinderkultur. Opladen 2000, S. 176-227. Presseinformation Comenius-EduMedia-Auszeichnungen 2010 Comenius-EduMedia-Auszeichnungen 2010. Presseinformation 25.06.2010. Hg. v. Institut für Bildung und Medien der Gesellschaft für Pädagogik und Information e.V. Abrufbar unter: http://www.gpi-online.de/upload/Comenius/Comenius_2010/Presseinfo_Comenius_ 2010_-_29-06-10.pdf [letzter Zugriff 04.02.2011, 14:18h]. Schiersmann/Busse/Krause 2002 Schiersmann, Christiane/Busse, Johannes/Krause, Detlev: Medienkompetenz: Kompetenz für Neue Medien, Studie und Workshop. Arbeitsstab Forum Bildung in der Geschäftsstelle der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Hg.). Bonn 2002. Sesink 2001 Sesink, Werner: Einführung in die Pädagogik. Münster 2001. 22