GALERIE LUDORFF

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GALERIE LUDORFF
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George Grosz
1893 Berlin - 1959 Berlin
»Café - Vorzeichnung zu dem gleichnamigen Ölgemälde«
Tusche auf Velin
1915
33 x 21 cm
Signiert, datiert und "108. Skizze z. Ölbild Kaffee" bezeichnet sowie rückseitig nochmals
signiert, datiert und "No. 35" bezeichnet
Expertise:
Ralph Jentsch, Rom
Provenienz:
Serge Sabarsky Gallery, New York; Richard Nagy, London (2010); Sammlung Ahlers,
Herford; Privatsammlung Norddeutschland
Literatur:
Galerie Ludorff, "Neuerwerbungen Frühjahr 2016", Düsseldorf 2016, S. 21; Richard Nagy
(Hg.), "George Grosz Berlin: Prostitutes, Politicians and Profiteers", Ausst.-Kat., London
2013, Kat.-Nr. 7, S. 167; Ralph Jentsch (Hg.), "George Grosz. Deutschland, ein
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Wintermärchen. Aquarelle, Zeichnungen, Collagen, 1908-1958", Ausst.-Kat., Max Ernst
Museum Brühl des LVR, Brühl/Hannover 2011/12, Nr. 13, S. 68; Peter-Klaus Schuster
(Hg.), "George Grosz. Berlin - New York", Ausst.-Kat., Nationalgalerie, Berlin 1994
, S. 319 mit Abb.; Serge Sabarsky, "George Grosz, die Berliner Jahre: Zeichnungen und
Aquarelle", Ausst.-Kat., Stiftung Wörlen/Museum Moderner Kunst, Passau 1993
, Nr. 8
Ausstellung:
Richard Nagy, "George Grosz Berlin: Prostitutes, Politicians and Profiteers", London 2013;
Stiftung Ahlers Pro Arte/Kestner Pro Arte, "George Grosz. Deutschland, ein
Wintermärchen: Aquarelle, Zeichnungen, Collagen 1908-1958", Hannover 2012; Max
Ernst Museum Brühl des LVR, "George Grosz. Deutschland, ein Wintermärchen:
Aquarelle, Zeichnungen, Collagen 1908-1958", Brühl 2011; Musée-Galerie de la Seita,
"George Grosz: les anées Berlinoises. Dessins et aquarelles de 1912 à 1931", Paris 1995;
Neue Nationalgalerie/Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen/Staatsgalerie, "George Grosz.
Berlin - New York", Berlin/Düsseldorf/Stuttgart 1994; Josef Albers Museum/Quadrat in
Bottrop , "George Grosz: Die Berliner Jahre. Zeichnungen und Aquarelle", Bottrop 1993;
Stiftung Wörlen/Museum Moderner Kunst Passau, "George Grosz: die Berliner Jahre.
Zeichnungen und Aquarelle", Passau 1993; Städtische Galerie Rosenheim, "George
Grosz: Die Berliner Jahre. Zeichnungen und Aquarelle", Rosenheim 1993; International
Cultural Centre Kraków, "George Grosz: Berlińskie lata", Krakau 1992; BAWAG
Foundation Wien, "George Grosz: Die Berliner Jahre. Zeichnungen und Aquarelle", Wien
1992
Beschreibung:
»Realist der ich bin, dienen Rohrfeder und Tuschpinsel mir in erster Linie dazu
aufzuzeichnen, was ich sehe und beobachte, und das ist meistens unromantisch,
nüchtern und wenig traumhaft.«1
Der 1893 in Berlin geborene Künstler George Grosz2 nutzt seine Zeichnungen, Aquarelle
und Gemälde ganz bewusst auch als Mittel der politischen Aktion. In den Jahren des
Ersten Weltkrieges und der Weimarer Republik tätig, wird sein Leben von politischen
Umwälzungen geprägt. Nach den Wirren und Entbehrungen des Krieges, die für den
antimilitaristisch denkenden Grosz äußerst traumatisch verlaufen, folgen die sozialen
Unruhen der jungen Weimarer Republik. Grosz’ Abneigungen gegen den Militarismus und
das kapitalistische System finden ihren Niederschlag im Erschaffen satirischer, zum Teil
auch äußerst provokanter Werke.
Die vorliegende Tuschezeichnung ist ein typisches Beispiel aus der Hochzeit seiner
Berliner Schaffensperiode und diente als Vorlage für das Ölgemälde »Café« (s. Abb.) aus
demselben Jahr, welches heute im Hirshhorn Museum in Washington D.C. hängt. An drei
Tischen skizziert Grosz Gäste eines Caféhauses mit wenigen präzisen Strichen. Während
der ältere Herr im Vordergrund allein an seinem Tisch sitzt und nachdenklich rauchend
vor seinem Getränk ausharrt, sind im Hintergrund zwei kleinere Gruppen im Gespräch
vertieft. Der bucklige Bettler im Mittelgrund kehrt auch in anderen Werken des Künstlers
in ähnlicher Form wieder.
Im Vergleich dazu versucht eine anonyme, zeitgenössische Bildbeschreibung die
Atmosphäre des Ölbilds wie folgt einzufangen: »Lebecafé. Runde Tische umhergestreut;
durchbrochene Stuhllehnen. Vier Gruppen, davon drei im Hintergrund. Alte Weißköpfe
und -bärte, Sektgreise. Daneben der elegante Hengst mit zwei Lady-Stuten. Ober und
Büfettdame hintergründig in jedem Betrachter. Aber vorn, schauerlich-vornehm
distanziert, sitzt wieder so einer, bekleidetes Skelett, Zigarette im tödlich blasierten
Kiefer, Schädel von knochenmagerer Hand gestützt; sehr schick selbstverständlich;
Armbanduhr, nonchalante Schlotterschenkel: lang hingestreckt; zu Ende, doch noch zäh,
noch vorletzer Wille; dicht hinter ihm gräßlicher Kopf eines Mißgebildeten. Die untere
Ecke…zeigt ein zynisches Lebejünglingsprofil.«3
Grosz findet seine Motive vor allem in den Randzonen der Großstadt Berlin. Hier
beobachtet er Flaneure und Nachtschwärmer und zeichnet in den Jahren 1914 bis 1917
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vor allem Kaffehäuser und Straßenszenen. Das Gesehene bringt er mit kalkuliert
gesetzten Linien und radikaler Härte aufs Papier. Die einzelnen Motive stehen dabei
scheinbar unwillkürlich nebeneinander und bilden ein perspektivloses Gerüst, welches er
aus den einzelnen Versatzstücken konstruiert. Der Verzicht auf die naturalistische
Sehweise erlaubt es ihm, die Bildmotive nicht mehr nach einer konventionellen Ordnung
ausrichten zu müssen, sondern sie frei auf dem Bildträger zu platzieren und sie vielmehr
nach ihrem Sinnzusammenhang ordnen zu können.
Grosz’ Werke – im Besonderen seine Zeichnungen und Aquarelle – sind vollkommen
originär. Beeinflusst vom Expressionismus, Futurismus und Dadaismus, lassen sie sich
keiner dieser künstlerischen Strömungen exakt zuordnen, sondern stellen eine
einzigartige Sonderposition in der Kunstgeschichte dar. Auch motivisch gelingt es dem
Gesellschaftskritiker Grosz wie keinem Zweiten, den Untergang des Wilhelminischen
Kaiserreichs, die Wirren der Weimarer Republik und die Gefahren des Nationalsozialismus
in seinen Blättern anschaulich zu machen. Er lehnt die gefällige l’art pour l’art ab.
Vielmehr möchte er als Illustrator und Publizist an das öffentliche Gewissen appellieren.
Seine Devise lautet von Anfang an: Gegen den Strich! Ihm geht es vorrangig darum,
hinter die Fassade zu schauen und die dahinter liegende »Realität« zum Vorschein zu
bringen: »Das Seltsame, Geheimnisvolle, oft bewusst Verrückte zog mich in seinen Bann.
[…] Ich wiederum hatte bei aller angeborenen Neigung zum Phantastischen und GroteskSatirischen einen ausgeprägten Sinn für die Wirklichkeit.«4
1 George Grosz, »Über alles die Liebe«, Berlin 1930, o.S.
2 Geboren als Georg Ehrenfried Groß ändert der Künstler 1916 seinen Namen in George
Grosz.
3 Mynona: »George Grosz«, Dresden 1922, S. 46.
4 George Grosz, »Ein kleines Ja und ein großes Nein«, Reinbek 1974, S. 84 f.
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