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Unternehmen Gesundheit Marktdaten – Macher – Menschen Die Weiterbildung Akademie der Wirtschaft Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg 89520 Heidenheim Tel. 07321 324-168 E-Mail: seminare@ ostwuerttemberg.ihk.de 73430 Aalen Tel. 07361 5692-0 E-Mail: zentrale-biz@ ostwuerttemberg.ihk.de IHK Ostwürttemberg – die regionale Selbstverwaltung der Wirtschaft Die IHK Ostwürttemberg ist die regionale Selbstverwaltung der Wirtschaft im Landkreis Heidenheim und im Ostalbkreis. Wir vertreten die Gesamtinteressen unserer knapp 27.500 Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung. Für den Staat nehmen wir hoheitliche Aufgaben wahr. Als kritisch-konstruktiver Partner der Politik und unabhängiger Anwalt des Marktes sind wir das wirtschaftspolitische Sprachrohr in Ostwürttemberg. Mit unseren sechs Geschäftsfeldern • • • • • • Standortpolitik Starthilfe und Unternehmensförderung Aus- und Weiterbildung Innovation I Umwelt International Recht I Fair Play sind wir kundenorientierter Dienstleister für die Unternehmen der Region. In dem, was wir tun, folgen wir unserem Kundencredo: „Wir machen uns stark für Ihren Erfolg.“ Herausgeber Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg Branchenkoordination Gesundheit Postfach 14 60, 89504 Heidenheim Büroanschrift: Ludwig-Erhard-Straße 1, 89520 Heidenheim Tel. 07321 324-0 Fax 07321 324-169 E-Mail: [email protected] Internet: www.ostwuerttemberg.ihk.de Autoren Anita Hausen MPH Gesundheitsmanagement Hochschule Aalen Tel. 07361 576-2185 E-Mail: [email protected] Markus Schmid IHK Ostwürttemberg Tel. 07321 324-183 E-Mail: [email protected] Studentische Mitarbeitende Hannah Klöpfer Judith Mack Daniel Renz Debora Ziegler Stand: Mai 2010 Bildquellen: Paul Hartmann AG, Carl-Zeiss Meditec AG, Fotolia, Weleda AG, JRS Pharma GmbH, Klinikum Heidenheim, Ostalbklinikum, St. Anna-Virngrundklinik, Pädagogische Hochschule, Stadt Aalen, Fotostudio KD Busch (Fellbach) Gesamtherstellung: Druckerei Bairle GmbH (Dischingen) © 2010 IHK Ostwürttemberg. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Vervielfältigung auf Papier und elektronischen Datenträgern sowie Einspeisung in Datennetze nur mit Genehmigung des Herausgebers. Alle Angaben wurden mit größter Sorgfältigkeit erarbeitet und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernimmt die IHK Ostwürttemberg keine Gewähr. Inhaltsverzeichnis Vorwort 4 1 Wirtschaftliche Bedeutung der Gesundheitswirtschaft 5 2 Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg 7 2.1 Das Schichtenmodell der Gesundheitswirtschaft 7 2.2 Bereiche der Gesundheitswirtschaft 8 2.2.1 Kernbereich der ostwürttembergischen Gesundheitswirtschaft 9 2.2.2 Vorleistungs- und Zulieferindustrien in Ostwürttemberg 9 2.2.3 Randbereiche und Nachbarbranchen in Ostwürttemberg 10 2.3 Marktvolumen und Beschäftigungseffekte 10 2.4 Bedeutende Unternehmen der regionalen Gesundheitswirtschaft 11 2.4.1 Kliniken in Ostwürttemberg 20 2.5 Pflege und medizinische Versorgung im Ländlichen Raum 23 2.5.1 Medizinische und pflegerische Versorgung in Ostwürttemberg 24 3 Bildung im Gesundheitswesen 3.1 Hochschulausbildung 3.2 Aus- und Weiterbildungsangebote 25 25 30 4 Projekte und Initiativen in Ostwürttemberg 31 5 Ausblick und Herausforderungen 37 Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg 3 Vorwort Die Gesundheitswirtschaft ist schon heute ein wichtiger volkswirtschaftlicher Faktor und sie gilt als eine der dynamisch wachsenden Wirtschaftsbereiche. In Deutschland hat die Gesundheitswirtschaft jetzt schon großes wirtschaftliches Potenzial mit einen Anteil von elf Prozent am Bruttoinlandsprodukt und mit 4,5 Millionen Beschäftigten. Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg weist ein umfangreiches Potenzial auf. So sind sowohl weltweit tätige Unternehmen als auch regionale Dienstleistungs- und Handelsunternehmen in den verschiedenen Branchen der Gesundheitswirtschaft ansässig. Mit Blick auf die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung besitzen beispielsweise die regionalen Kliniken bedeutende Schwerpunkte, die zugleich den Charakter eines Alleinstellungsmerkmals haben. Darüber hinaus treibt die Region zukunftsweisende Projekte sowie Bildungsangebote im Gesundheitsbereich voran. Die Nachfrage nach hochwertigen Gesundheitsleistungen wird in den kommenden Jahren zunehmen. Gründe dafür sind unter anderem der demografische Wandel und das sich verändernde öffentliche Gesundheitssystem. Damit die wirtschaftlichen Potenziale dieses Wirtschaftszweiges in Ostwürttemberg künftig noch stärker ausgeschöpft werden können, müssen zunächst die Fakten bekannt sein. Aus diesem Blickwinkel entstand die Idee zur Studie „Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg“. Das Ziel der Studie ist zum einen, die aktuelle Situation der regionalen Gesundheitswirtschaft aufzuzeigen und zum anderen das zukünftige Potenzial der regionalen Gesundheitswirtschaft darzustellen. Die Studie zur Gesundheitswirtschaft wurde gemeinsam mit der IHK Ostwürttemberg und dem Studiengang Gesundheitsmanagement an der Hochschule Aalen erstellt. Mit dieser Studie stellen wir Ihnen erstmalig für die Region gebündelte Fakten zu den Strukturen, Projekten, Initiativen und zu den Aus- und Weiterbildungsangeboten in der ostwürttembergischen Gesundheitswirtschaft zur Verfügung. Darüber hinaus stellen Experten der Gesundheitswirtschaft in Interviews ihre Geschäftsmodelle, Herausforderungen der Branche vor und bewerten den Standort Ostwürttemberg. Die Studie will einen Impuls zur stärkeren Vernetzung zwischen den verschiedenen Branchen in der regionalen Gesundheitswirtschaft setzen. Denn eine dynamische und zukunftsweisende Weiterentwicklung der ostwürttembergischen Gesundheitswirtschaft kann nur gemeinsam gelingen. Markus Schmid Geschäftsfeldleiter Starthilfe und Unternehmensförderung IHK Ostwürttemberg 4 Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg Anita Hausen MPH Wissenschaftliche Mitarbeiterin Studiengang Gesundheitsmanagement Hochschule Aalen 1 WirtschaftlicheBedeutung derGesundheitswirtschaft Die Gesundheitswirtschaft gilt allgemein hin als die Zukunftsbranche. Die theoretischen Überlegungen zu den Wachstumschancen in der Gesundheitswirtschaft basieren auf dem Kondratieff-Zyklus, der von dem russischen Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kondratieff zum ersten Mal 1926 beschrieben wurde. Demnach entwickelt sich die Wirtschaft in Konjunkturwellen von etwa 50 Jahren. Derzeit befinden wir uns im sechsten Kondratieff-Zyklus, in dessen Vordergrund die psychosoziale Gesundheit, die Biotechnologie und die Umwelttechnologien stehen. Mit einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von aktuell ca. elf Prozent und ca. 4,5 Mio. Beschäftigten ist die Gesundheitswirtschaft jetzt schon eine bedeutende volkswirtschaftliche Branche in Deutschland. Es wird davon ausgegangen, dass bis zum Jahr 2030 der Anteil der Gesundheitswirtschaft am Bruttoinlandsprodukt auf 13 Prozent und die Zahl der Beschäftigten auf 7,4 Millionen steigen wird. Das Wachstumspotenzial der Gesundheitswirtschaft wird begründet durch die gesellschaftlichen Veränderungen, die wirtschaftlichen Entwicklungen und durch den technischen Fortschritt. Zugleich stellen die genannten Faktoren auch die wesentlichen Impulsgeber der Gesundheitswirtschaft dar. Die Gesundheitswirtschaft in Deutschland verzeichnete im Jahr 2008 eine Bruttowertschöpfung von 228,27 Mrd. Euro. Die Bruttowertschöpfung ist im Zeitraum von 1996 bis 2008 um 66,77 Mrd. Euro (41,3 Prozent) gestiegen. Bis zum Jahr 2030 soll die Wertschöpfung laut Gutachten der Bundesregierung auf rund 345 Mrd. Euro steigen. Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft kann die Gesundheitswirtschaft ein Jahreswachstum von vier Prozent verzeichnen im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft mit 1,7 Prozent. Die dynamische Entwicklung gilt auch für Baden-Württemberg. Die Gesundheitswirtschaft erbringt auch hier fast ein Zehntel der Wirtschaftsleistung. Die Bruttowertschöpfung der Branche entspricht mit etwa 18,3 Mrd. Euro einem Anteil von sechs Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung. In unserer Gesellschaft haben sich die Wahrnehmung und Bedeutung von Gesundheit in den letzten Jahren stark verändert. Das gewachsene Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung führt dazu, dass der eigenen Gesundheit als persönliches Gut ein höherer Stellenwert zugeschrieben wird. Immer mehr Menschen sehen die Abb. 1: Die Kondratieff-Zyklen Kondratieff-Zyklen Internet, Mobile Kommunikation Innovation Automobil, Petrochemie/ Microchip, Automatisierung Stahl, Eisenbahn Dampfmaschine, Textilindustrie E-Technik, Chemie Psychosoziale Gesundheit 10-15%desBIP Gesundheitszeithalter Zyklen 1800 1900 2000 2050 Quelle: Roland Berger View, Innovation und Wachstum im Gesundheitswesen (2005) GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 5 Erhaltung und auch die Herstellung ihrer Gesundheit in ihrem Verantwortungsbereich. Aus diesem veränderten Gesundheitsbewusstsein resultieren die unterschiedlichen Märkte in der Gesundheitswirtschaft. Das gesellschaftlich veränderte Bewusstsein der eigenen Gesundheit gegenüber spiegelt sich zum einen in einem veränderten Nachfrageverhalten nach Gesundheitsdienstleistungen und Gesundheitsgütern und zum anderen in einem neuen Angebotsspektrum wieder. So werden immer mehr hybride Gesundheitsprodukte angeboten, die einen ganzheitlichen Blick auf Gesundheit verfolgen. Durch die Veränderungen unserer Arbeits- und Lebenswelt hat sich das Krankheitsspektrum im Laufe der Zeit verändert. Es ist heute gekennzeichnet durch chronische Erkrankungen sowie durch psychische Störungsbilder in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Wie Studien belegen, macht jede vierte Person in ihrem Leben mindestens eine psychische Krankheitsepisode durch. Aktuell sind 19 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre alt und älter. Nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes wird der Anteil der über 65-Jährigen auf 22 Prozent im Jahr 2020 ansteigen und im Jahr 2050 sogar auf 33 Prozent. Die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu bewahren heißt auch, Krankheiten erst gar nicht entstehen zu lassen beziehungsweise so spät wie möglich. Prävention und Gesundheitsförderung gewinnen aus dieser Perspektive deutlich an Relevanz. Prinzipiell verfolgen Prävention und Gesundheitsförderung die gleichen Ziele. Sie unterscheiden sich jedoch hinsichtlich ihrer Ausrichtung. Prävention zielt mit Maßnahmen darauf ab, den Eintritt einer Krankheit zu verhindern, zu verzögern sowie bei einer Erkrankung die Verschlimmerung zu vermeiden. Die Gesundheitsförderung dagegen bezieht sich auf die Gesunderhaltung der Menschen in ihren alltäglichen Lebenswelten. Neue Märkte werden entstehen mit hybriden und ganzheitlichen Gesundheitsdienstleistungen wie beispielsweise in den Bereichen Ernährung, Sport und Wellness. Das öffentliche Gesundheitssystem an sich ist ein Impulsgeber für die Gesundheitswirtschaft. Steigende Kosten, Finanzierungsprobleme und Defizite in der Versorgungsqualität stellen das öffentliche Gesundheitssystem vor neue Aufgaben. Von diesen Veränderungen profitiert der zweite, privat finanzierte Gesundheitsmarkt. Es werden neue Teilmärkte wie im Bereich Homecare, Ernährung, Sport und ergänzende Produkte und Dienstleistungen für den klassischen Gesundheitsmarkt entstehen. Es gilt diese Wachstumschancen in der Gesundheitswirtschaft zu erkennen und darauf mit innovativen Dienstleistungen und Produkten zu reagieren. 6 Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg Ein weiterer Impulsgeber für die Gesundheitswirtschaft kann in der Veränderung von Dienstleistungsarbeit gesehen werden. Die heutige Dienstleistungsarbeit zeichnet sich einerseits dadurch aus, dass Kunden beispielsweise Tätigkeiten übernehmen, die früher ein Mitarbeiter übernommen hätte. Andererseits sind Dienstleistungen durch die Verknüpfung von Produkt und Dienstleistung bis hin zu hybriden Formen der Wertschöpfung, für Unternehmen wesentlich komplexer geworden. Die Etablierung einer neuen Forschungsdisziplin, der Service Science, vorangetrieben von großen Unternehmen wie SAP, Siemens, IBM und Roland Berger bestimmen erfolgreich die Geschäftsstrategie in der Gesundheitswirtschaft. Die zunehmende Globalisierung als ein weiterer Treiber der Gesundheitswirtschaft begünstigt den sogenannten Patienten-Tourismus. Auf diesen Reisen werden Gesundheitsdienstleistungen im Ausland in Anspruch genommen. In den vergangenen Jahren konnte beispielsweise eine deutliche Nachfrage für Reisen in osteuropäische Heilbäder sowie für Zahnbehandlungen in Polen verzeichnet werden. Für zahlungskräftige Patienten wie aus der Schweiz, Großbritannien, Norwegen oder aus arabischen Staaten ist das deutsche Gesundheitswesen mit seinem hohen Leistungsniveau in der gesundheitlichen Versorgung ein zunehmend gefragtes Reiseziel. Neben den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Impulsgebern wird das Marktgeschehen in der Gesundheitswirtschaft aus Sicht der Anbieter vom raschen technologischen Fortschritt wie beispielsweise in der Biotechnologie, in der Medizin- und Gerontotechnologie bestimmt. Der technologische Fortschritt leistet einen beachtlichen Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung mit komplexen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten in Deutschland. Als innovationsintensive und kapitalstarke Branchen können die Pharmaindustrie, die Medizin- und Gentechnik, die Biotechnologie, die Stammzellenforschung und -therapie sowie die Mikro- und Nanotechnologie genannt werden. 2 DieGesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Die gesellschaftlichen Veränderungen, die wirtschaftlichen Entwicklungen und der technische Fortschritt prägen auch die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg. Die Gesundheitswirtschaft stellt für die regionale Entwicklung ein bedeutendes Handlungsfeld mit Wachstumschancen und Potenzialen dar. Der Gesundheitswirtschaft kommt somit als eigenständiger Faktor in der Region und auf das Land Baden Württemberg bezogen in den Cluster-Strategien eine tragende Rolle zu. Das jetzt schon vorhandene Potenzial der Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg zeigt sich daran, dass Ende 2009 im Bereich Gesundheit über 1.800 Unternehmen aktiv sind. 2.1DasSchichtenmodellderGesundheitswirtschaft Wenn es um den Begriff Gesundheitswirtschaft geht, besteht häufig Unklarheit über die dazugehörigen Branchen. Das Schichtenmodell des Instituts für Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen hat sich zur Systematisierung und Strukturierung der Gesundheitsbranche bewährt und wird auch in dieser Studie angewendet. Das Modell richtet seinen Fokus auf die Wertschöpfungsprozesse, die sich aus dem Produkt Gesundheit ergeben. Mit diesem Modell wird auch deutlich, dass die Gesundheitswirtschaft eine Querschnittsbranche ist. • Der Kernbereich der Gesundheitswirtschaft wird durch die stationäre und ambulante Versorgung, durch die Praxen nichtärztlicher medizinischer Berufe und durch die Apotheken gebildet. Ebenso werden diesem Sektor die Einrichtungen der Gesundheitsverwaltung wie Krankenkassen, Gesundheitsbehörden, Forschungseinrichtungen zugerechnet. • Die Vorleistungs- und Zulieferindustrie bildet die zweite Gruppe in der Gesundheitswirtschaft. Sie umfasst die pharmazeutische Industrie, die Medizintechnik, das Gesundheitshandwerk sowie den Groß- und Facheinzelhandel für orthopädische und medizinische Produkte. • Der Randbereich beziehungsweise die Nachbarbranchen der Gesundheitswirtschaft umfassen Dienstleistungen und Produkte des Gesundheitstourismus, des Gesundheitssports und der Ernährungsbranche. Abb. 2: Das Schichtenmodell der Gesundheitswirtschaft Quelle: Institut für Arbeit und Technik IAT GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 7 2.2BereichederGesundheitswirtschaft Die Studie Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg möchte das zukünftige Potenzial der Gesundheitswirtschaft in der Region abbilden. Damit die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für die Region ersichtlich wird, muss die Studie zunächst eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation zu den gesundheitsrelevanten Branchen in Ostwürttemberg vornehmen. Es gilt die Frage zu beantworten: Welche Branchen der Gesundheitswirtschaft sind derzeit in Ostwürttemberg vertreten? Dabei wurden anhand vorhandener Informationen sämtliche gesundheitsrelevante Branchen in der Region erfasst. Die Datengrundlage zur statistischen Erfassung der ostwürttembergischen Gesundheitswirtschaft bilden einerseits intensiv recherchierte Daten aus Internetdatenbanken und Branchenbüchern und andererseits vorhandene Mitgliederdaten der IHK Ostwürttemberg zu gesundheitsrelevanten Unternehmen in der Region. Die Datenrecherche, die Zusammenführung der Daten und die Auswertung wurden vom Studiengang Gesundheitsmanagement an der Hochschule Aalen vorgenommen. Bei der Betrachtung der regionalen Gesundheitswirtschaft gilt es zu beachten, dass Unternehmensgrößen sowie Umsatzzahlen nicht mit berücksichtigt werden konnten. Abb. 4: Die Teilbranchen der Gesundheitswirtschaft Anzahl Ambulante Versorgung, Pflege 977 Stationäre Versorgung, Pflege 78 Gesundheitsdienstleister: Ernährung, Gesundheit, Stressbewältigung 54 Gesundheitsdienstleister: Medizinische Fußpflege 132 Gesundheitsdienstleister: Physiotherapie, Reha-Zentren, Logopädie, Seminare 96 Gesundheitsbildung: Seminaranbieter, Hochschulen 12 Gesundheitshandwerk: Orthopädietechnik, Zahntechnik 71 Großhandel und Handelsvermittlung mit Gesundheitsprodukten 55 Handel mit Gesundheitsprodukten, Apotheken, Augenoptik 263 Industrie: Augenoptik, Medizintechnik, Medizinische Produkte, Pharma 19 Selbsthilfegruppen 40 Verwaltung, Krankenkassen 11 1.808 Abb. 3: Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg Ambulante Versorgung, Pflege % 14,55 14,55 % 1,05 1,05 % % Stationäre Versorgung, Pflege 3,04 % 3,04 % Gesundheitsdienstleister: Ernährung, Gesundheit, Stressbewältigung 3,93 % 3,93 % 0,66 % 0,66 % 5,31 % Gesundheitsdienstleister: Medizinische Fußpflege 5,31 % Gesundheitsdienstleister: Physiotherapie, RehaZentren, Logopädie, Seminare Gesundheitsbildung: Seminaranbieter, Hochschulen 7,30 % 7,30 % Gesundheitshandwerk: Orthopädietechnik, Zahntechnik 54,04 % 2,99 % 2,99 % 4,31 % 4,31 % 54,04 % Großhandel und Handelsvermittlung mit Gesundheitsprodukten Handel mit Gesundheitsprodukten, Apotheken, Augenoptik Industrie: Augenoptik, Medizintechnik, Medizinische Produkte, Pharma Quelle: eigene Darstellung 8 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 2.2.1Kernbereichderostwürttem bergischenGesundheitswirtschaft Der Kernbereich der Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg wird durch die ambulante und stationäre gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung gebildet. Die ambulante Versorgung der Bevölkerung erfolgt vorwiegend durch niedergelassene Ärzte und Zahnärzte. Sie sind ein bedeutender Teil der Branche. Ambulante Pflegedienste, die im Falle einer Pflegebedürftigkeit im häuslichen Umfeld Dienstleistungen erbringen, gehören ebenfalls zu dieser Gruppe. Zur ambulanten Versorgung der Bevölkerung gehören auch die Tageskliniken, die einen vollstationären Krankenhausaufenthalt verhindern oder verkürzen können. Im Teilsegment der ambulanten Versorgung und Pflege gibt es 977 Dienstleister bzw. Unternehmen, die einen Anteil von 54 Prozent an der Gesamtbranche haben. Abb. 5: Die niedergelassenen Ärzte, einschließlich der Zahnärzte in der Region gehören folgenden Fachdisziplinen an 36,9 % Praktische Ärzte und Allgemeinmediziner 17,5 % Zahnärzte 13,1 % Internisten 12,7 % Psychiatrie, Psychotherapie, Nervenheilkunde 12,7 % Neurologen 7,8 % Frauenheilkunde und Geburtshilfe 4,7 % Kinderheilkunde 3,6 % Augenheilkunde 3,3 % Gefäß- und Unfallchirurgie 3,3 % Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Labormedizin und Pathologie 3,2 % Orthopädie <3,0 % Die stationäre gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in Ostwürttemberg wird durch Kliniken, Pflegeheime und Rehabilitationseinrichtungen gewährleistet. Mit insgesamt 4,3 Prozent oder 78 Einrichtungen sind die stationären Versorgungseinrichtungen an der Gesundheitswirtschaft beteiligt. Eine weitere Branche, die dem Kernbereich der Gesundheitswirtschaft zugeordnet werden kann, ist die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten. Dazu zählen Apotheken, Augenoptiker sowie Sanitätshäuser. Diese sind mit 14,6 Prozent oder 263 Unternehmen im Gesundheitsmarkt von Ostwürttemberg vertreten. 2.2.2Vorleistungs-undZulieferindustrien inOstwürttemberg Die Vorleistungs- und Zulieferindustrien sind in Ostwürttemberg vertreten durch das Gesundheitshandwerk mit 3,9 Prozent bzw. 71 Betrieben im Bereich Orthopädietechnik und Zahntechnik sowie durch den Großhandel und die Handelsvermittlung mit gesundheitsrelevanten Produkten mit drei Prozent bzw. 55 Unternehmen. Hinzu kommen noch die Unternehmen aus der Medizintechnik, aus der pharmazeutischen Industrie sowie die Hersteller von Pflegeprodukten und Laborberdarf. Sie sind mit ein Prozent bzw. 19 Unternehmen an der Gesundheitswirtschaft beteiligt. In Ostwürttemberg sind es vor allem mittelständische Unternehmen, die sich mit ihren Dienstleistungen und Produkten in der regionalen Gesundheitswirtschaft spezialisiert haben. Außerdem gibt es einige Marktführer, die auch auf den Weltmärkten eine bedeutende Rolle spielen. Zu diesen Unternehmen gehören unter anderem die HARTMANN AG, Carl Zeiss Meditec AG, JRS Pharma GmbH, WELEDA AG sowie Ivoclar Vivadent GmbH. Die geringen prozentualen Anteile dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Bereich der Gesundheitswirtschaft in der Region einen großen Anteil an der Wertschöpfung und auch eine hohe Beschäftigungswirkung hat. Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Haut- und Geschlechtskrankheiten Anästhesiologie Urologie GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 9 2.2.3RandbereicheundNachbarbranchen inOstwürttemberg strukturelle Veränderungen im Gesundheitssystem sowie durch gesellschaftliche Veränderungen. Gesundheitssport, Ernährung und Gesundheitsberatung gehören nach dem Zwiebelmodell zu den Randbereichen beziehungsweise Nachbarbranchen und nehmen mit 54 Unternehmen einen Anteil von rund drei Prozent ein. In dieser Studie sind Umwelttechnologien und auch spezielle touristische Angebote nicht mit erfasst worden. Die Gesundheitswirtschaft ist eine Querschnittsbranche, sie setzt sich aus verschiedenen Teilmärkten zusammen. Der Dienstleistungsmarkt als ein Teilmarkt dominiert in der Gesundheitswirtschaft mit etwa drei Viertel der Ausgaben. Die meisten Ausgaben in Ostwürttemberg entfallen auf ärztliche Dienstleistungen, gefolgt von pflegerischen und therapeutischen Leistungen. Mit Blick auf die Aufwendungen für therapeutische Dienstleistungen zeigt sich, dass diese sogar in den letzten 20 Jahren überproportional angestiegen sind. Nur ein Viertel der regionalen Gesundheitsausgaben entfallen auf materielle Gesundheitsgüter wie Medikamente, medizinische Apparate, medizinische oder pflegerische Hilfsmittel. 2.3MarktvolumenundBeschäftigungs- effekte Das Volumen des privat finanzierten zweiten Gesundheitsmarktes beläuft sich auf ungefähr 1,2 Mrd. Euro und nimmt damit eine beachtliche Stellung in Ostwürttemberg ein. Das meiste Geld in der Region gibt die Bevölkerung nach Schätzungen des Statistischen Landesamtes Baden-Württembergs für den Bereich Wohnen und an zweiter Stelle für die eigene Gesundheit aus. Der Gesundheitsmarkt in der Region besitzt nicht nur einen erheblichen Umfang, sondern er hat sich im Laufe der Jahre dynamisch weiterentwickelt. So sind im Land die Ausgaben für Gesundheit in den letzten Jahren mit einem nominalen Plus von 70 Prozent wesentlich stärker angestiegen als die gesamten privaten Ausgaben für die Konsumgüter. Im Zeitraum 2000 bis 2007 sind die Gesundheitsausgaben von 27,2 auf 32,9 Mrd. Euro gestiegen. Die Tendenz, für die eigene Gesundheit mehr Geld zu investieren, wird zukünftig steigen, bedingt durch In der regionalen Gesundheitswirtschaft sind nach Schätzungen derzeit etwa zwölf Prozent (25.000 Beschäftigte), bezogen auf die Gesamtzahl der Erwerbstätigen tätig. Davon sind rund 17.000 im Bereich von Gesundheitsdienstleistungen und hier vor allem in der Pflege beschäftigt. Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg weist damit eine höhere Beschäftigungsquote auf als beispielsweise die Branchen Maschinenbau oder Elektronik, Feinmechanik und Optik. Die hohen Ausgaben für Gesundheit spiegeln sich gleichzeitig in einer guten Beschäftigungswirkung wieder. Abb. 6: Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg nach Ausgabeträgern Jahr Ausgabenträger 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 in Millionen Euro Öffentliche Haushalte Gesetzliche Krankenversicherung Soziale Pflegeversicherung 1.576 1.581 1.541 1.636 1.561 1.678 1.448 1.469 15.208 16.622 16.994 17.343 16.709 16.959 17.619 18.175 1.887 1.888 1.925 1.918 1.927 1.944 1.955 1.991 Gesetzliche Rentenversicherung 469 485 496 497 484 479 475 489 Gesetzliche Unfallversicherung 409 411 428 438 438 444 451 450 Private Kranken- und Pflegeversicherung 2.776 2.908 3.068 3.223 3.334 3.473 3.545 3.699 Private Haushalte/Private Organisationen ohne Erwerbszweck 3.802 4.047 4.158 4.375 4.877 4.960 5.150 5.241 Arbeitgeber 1.113 1.210 1.236 1.280 1.297 1.325 1.364 1.389 27.242 29.151 29.845 30.711 30.627 31.261 32.008 32.902 Ausgabenträger insgesamt 1) 1) Differenzen in den Summen ergeben sich durch Rundungen. Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 10 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Die Landkreise in Ostwürttemberg unterscheiden sich mit Blick auf die Beschäftigungszahlen in der Gesundheitswirtschaft. Während im Landkreis Ostalb die Branche Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen die beschäftigungsintensivste ist, stellt sie im Landkreis Heidenheim die zweitbeschäftigungsintensivste Branche Abb. 7: Die beschäftigungsintensivsten Branchen in Ostwürttemberg dar. Im Ostalbkreis gibt es darüber hinaus noch in der Branche „Medizin- und Messtechnik, Optik, Uhren“ weitere gesundheitsrelevante Arbeitsplätze. In den vergangenen Jahren konnte die ostwürttembergische Gesundheitswirtschaft einen Zuwachs von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten verzeichnen. Vor allem für Frauen haben sich die Beschäftigungsmöglichkeiten positiv entwickelt, wie Abb. 8 zeigt. Im Jahr 2008 konnte der Gesundheitssektor 12.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen vorweisen, dagegen waren es im Jahr 1999 nur 10.000 Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen. Abb. 8: Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen in ausgewählten Wirtschaftsbereichen*) in Ostwürttemberg 1999 bis 2008 130,0 130 Produzierendes Gewerbe ohne pharmazeutische und medizintechnische Industrie Gesundheitssektor Produzierendes Gewerbe ohne pharmazeutische und medizintechnische Industrie Dienstleistungssektor ohne Gesundheitsdienste,ohne Handel, Sozialversicherungen Dienstlesitungssektor Gesundheitsdienste, Handel, Sozialversicherungen Gesundheitssektor 120,0 120 110,0 110 100,0 100 9090,0 8080,0 1999 1999 2000 2000 2001 2001 2002 2002 2003 2003 2004 2004 2005 2005 2006 2006 2007 2007 *) Datenquelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit; Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003) Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, 2008 2.4BedeutendeUnternehmenderregionalenGesundheitswirtschaft Zu den größten Arbeitgebern der Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg zählen BARMER GEK, HARTMANN AG, Ivoclar Vivadent, WELEDA AG, Carl Zeiss Meditec GmbH und die JRS Pharma GmbH & Co.KG. Insgesamt beschäftigen diese Unternehmen deutschlandweit über 6.000 Mitarbeiter und erwirtschaften einen weltweiten Umsatz von ca. 2,2 Milliarden Euro (letzteres ohne BARMER GEK). In den folgenden Interviews und Kurzprofilen stellen wir einzelne Akteure auf dem Gesundheitsmarkt Ostwürttemberg vor. GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 11 2008 2008 INTERVIEW WachstummitGesundheitsdienstleistungen–PaulHARTMANNAG InterviewmitRinaldoRiguzzi,CEOPaulHARTMANNAG Der Gesundheitsmarkt entwickelt sich sehr dynamisch. Wo sehen Sie Zukunftsmärkte? Der Fokus unserer Vertriebsaktivitäten wird auch weiterhin auf den Gesundheitsmärkten in Europa liegen. Darüber hinaus gehen wir in den anderen Weltregionen gezielt Länder an, die ein interessantes Potenzial für weiteres Wachstum bieten. Mit der Übernahme von Whitestone im Jahr 2008 sind wir in der Lage, unser Engagement in den USA im Bereich der absorbierenden Inkontinenzprodukte zu intensivieren. In Australien haben wir gerade eine OP-Set-Fertigung übernommen. Im Zuge der weiteren Internationalisierung der HARTMANN GRUPPE liegt ein wichtiger Fokus auf Russland. Im Rahmen unserer Potenzialanalysen in wachstumsstarken und bevölkerungsreichen Schwellenländern prüfen wir laufend Marktchancen. Welche Bedeutungen haben Gesundheitsdienstleistungen? In dem Maße, wie unsere Kunden Leistungspakete zusammenfassen, werden komplette Systemlösungen auf Herstellerseite immer wichtiger. In Verbindung mit therapeutisch effizienten und qualitativ hochwertigen Produkten gewinnen bei unseren Systemangeboten Gesundheitsdienstleistungen immer mehr an Bedeutung. Unsere Kunden in Medizin und Pflege schätzen beispielsweise unsere zuverlässige Organisation von Logistikprozessen, die Pflege unterstützende IT-Lösungen sowie unsere kundenfreundliche Callcenter-Struktur mit hoher Beratungsqualität. Welche Herausforderungen sehen Sie für die HARTMANN GRUPPE? Im Gesundheitswesen zeichnen sich im Zuge des Schuldenabbaus in den 12 Staatshaushalten Sparzwänge ab. Damit Gesundheit weiterhin bezahlbar bleibt, rechnen wir mit Reformmaßnahmen in immer schnellerer Abfolge und größeren Unwägbarkeiten. Dennoch gehen wir weiterhin davon aus, dass die Gesundheitsbranche bezogen auf unsere Sortimente relativ robust gegen Konjunkturschwankungen ist. Für die Jahre 2010 und 2011 erwarten wir darüber hinaus steigende Rohstoffpreise infolge der rezessionsbedingten Kapazitätsverknappungen in den Märkten. Im Ringen der nationalen Gesundheitssysteme, um eine bestmögliche Patientenversorgung sind verstärkt zwei Tendenzen zu beobachten: Einerseits nehmen im Rahmen des Konzentrationsprozesses Einkaufsbündelungen und Ausschreibungen von Klinik- und Altenheimketten mit immer größeren Volumina bei Verbrauchsmaterialien zu. Gleiches gilt für Krankenkassen. Gleichzeitig aber gewinnt die Betreuung des einzelnen Patienten im Rahmen direkter Versorgungsverträge zwischen Krankenkassen und Herstellern bei der häuslichen Belieferung, zum Beispiel mit Inkontinenzprodukten, an Bedeutung. Andererseits hilft uns die demographische Entwicklung, da immer mehr ältere Menschen versorgt werden müssen. Fachkräfte sind die Basis des Unternehmenserfolgs. Welche Anforderungen und Qualifikationen stellen Sie an die Mitarbeitenden von morgen? Neben den immer weiter steigenden Anforderungen an das fachliche Know-how treten verstärkt überfachliche Fähigkeiten. Hierzu gehört insbesondere, sich schnell und strukturiert in neue Aufgabenstellungen und Themenfelder einzuarbeiten sowie der Wille, neue Aufgaben zu übernehmen. Zunehmend GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Dr. Rinaldo Riguzzi, Paul HARTMANN AG wichtig wird aber auch eine Verhaltens- und Denkdimension, die man unter dem Begriff Veränderungsfähigkeit zusammenfassen kann. In Zeiten sich immer schneller vollziehender Veränderungen benötigen Mitarbeitende zunehmend die Fähigkeit und Bereitschaft, mit Unsicherheit und zeitweise noch unklaren Strukturen umzugehen. Diese Geisteshaltung kann man sich erhalten, indem man sich immer wieder aktiv neuen, veränderten Aufgaben stellt. Lebenslanges Lernen spielt dabei eine zentrale Rolle. Nur wer sich ständig weiterbildet, bleibt beschäftigungsfähig und für den Arbeitmarkt attraktiv. Wie bewerten Sie den Standort Ostwürttemberg aus Sicht eines Unternehmens im Gesundheitsmarkt? Ostwürttemberg ist ein Industriestandort – auch gerade im Bereich Gesundheit. Es besteht eine gute Infrastruktur mit einer schnellen Anbindung an Bahn, Flug und Straßenverkehr. Das ist für logistische Konzepte, wie HARTMANN sie für die Weltmärkte benötigt, unerläss- lich. Durch die verschiedenen Aktivitäten der hier ansässigen Firmen und durch die Zukunftsinitiative Ostwürttemberg ist die Region auf dem Weg zu einem wichtigen Innovationszentrum. Das gilt für den Gesundheitsmarkt wie auch für viele andere Branchen. Die Region hat aber im Hinblick auf die künftigen Anforderungen in der Wirtschaft nicht genügend Schulabgänger mit Fachhochschul- und Hochschulreife. Dem Wandel in der Beschäftigtenstruktur hin zu qualifizierten Fachkräften müsste der Arbeitsmarkt also besser entsprechen. HARTMANN hat seine Konzernzentrale sowie die Produktions- und Logistikaktivitäten in Heidenheim/ Herbrechtingen. Für die Bereiche Produktion und Logistik benötigen wir Fachkräfte, die nicht aus dem Sektor Medizintechnologie kommen. Da HARTMANN in der Region einen guten Namen hat, gelingt uns hier regelmäßig die qualitativ gute Besetzung vakanter Positionen. derung unserer Mitarbeitenden. Außerdem arbeiten wir sehr eng mit der Dualen Hochschule BadenWürttemberg zusammen, was uns viele Möglichkeiten eröffnet. In den Bereichen der Konzernzentrale hat der Standort Heidenheim teilweise mehr Probleme. Wir spüren dies bei der Besetzung von Stellen beispielsweise in den Bereichen Finanzen und Controlling, Human Resources, aber auch bei Spezialistenfunktionen in Marketing und Entwicklung, allerdings stellt sich das Problem bei jungen Hochschulabsolventen weniger als bei berufserfahrenen Spezialisten. Diesen Herausforderungen begegnen wir durch intensives, auch überregionales Personalmarketing und eine konsequente interne För- PaulHARTMANNAG,Heidenheim Die HARTMANN GRUPPE ist einer der führenden europäischen Anbieter von Medizin- und Hygieneprodukten mit den Kompetenzschwerpunkten Wundbehandlung, Inkontinenzversorgung und Infektionsprophylaxe. Ergänzt wird das Portfolio durch Produkte für die Kompressionstherapie, Immobilisation und Erste Hilfe. Darüber hinaus bietet HARTMANN innovative Systemlösungen für professionelle Zielgruppen im Medizin- und Pflegebereich. Welt Deutschland Ostwürttemberg Mitarbeiter Umsatz 9.515 1.560Mio.EUR 3.770 549Mio.EUR 1.770 – GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 13 INTERVIEW WELEDAAG–GesundheitimEinklangmitMenschundNatur InterviewmitErkSchuchhardt,MitgliedderGeschäftsführung Gesundheit im Einklang mit Mensch und Natur. Welcher Ansatz verbirgt sich hinter diesem Motto? Der Markenclaim von WELEDA lautet „Im Einklang mit Mensch und Natur“. Dieses Motto bezieht sich auf unsere Arzneimittel und auf unsere Naturkosmetikprodukte. Unsere Produkte sollen einerseits dem Menschen helfen, seine Gesundheit zu erhalten. Andererseits soll die Herstellung der Produkte die Natur nicht mehr als notwendig belasten. Wir sind überzeugt davon, dass die Natur die Basis dafür bietet, was der Mensch zu seiner Gesunderhaltung und für seine Körperpflege braucht. Ihr Unternehmen hat sich der ökologischen Wirtschaftsweise verschrieben, was tun Sie hierfür im betrieblichen Alltag? Erk Schuchhardt, Mitglied der Geschäftsführung 14 Seit 1997 wird WELEDA regelmäßig nach der EU-Ökoaudit-Verordnung validiert und nach ISO 14001 zertifiziert. Das bedeutet für uns, dass wir seither unsere Prozesse nach ökologischen Gesichtspunkten ausrichten und ständig verbessern. Die ökologi- GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg sche Wirtschaftsweise praktizieren wir auch vertikal in der gesamten Wertschöpfungskette, also innerhalb und außerhalb unserer Werkstore. Ökologisches Wirtschaften beginnt auf dem Feld, und zwar überall dort, wo wir unsere Rohstoffe herbeziehen. Dort unterstützen wir die Entwicklung sozialer Gemeinschaften, denn die ökologische wie auch die soziale Konsequenz ist ein zentrales Kriterium unserer Arbeit. Im betrieblichen Alltag wird die ökologische Wirtschaftsweise unter anderem an folgenden Elementen sichtbar: Einer Bio-Kantine, der Nutzung von Öko-Strom, an den Baustoffen für unsere Gebäude oder an unserem CO2-Ziel, aus welchem eine äußerst fortschrittliche Fuhrparkpolitik hervorgegangen ist. Fachkräfte sind die Basis des Unternehmenserfolgs. Welche Anforderungen und Qualifikationen stellen Sie an die Mitarbeitenden von Morgen? Wir brauchen genauso wie andere Unternehmen hochqualifizierte Fach- kräfte. Wir wünschen uns natürlich von unseren Mitarbeitenden ein hohes Maß an Identifikation mit dem Unternehmen WELEDA und seinen Zielen und eine Offenheit für die Ideen, die unsere Unternehmensidentität ausmachen. Und wir bieten unseren Mitarbeitenden im Rahmen der WELEDA Akademie die Möglichkeit, sich sowohl fachlich als auch individuell weiter zu qualifizieren. Wie bewerten Sie den Standort Ostwürttemberg aus Sicht eines Unternehmens im Gesundheitsmarkt? Wir sind ein Unternehmen, dessen deutsche Niederlassung seit 90 Jahren in Ostwürttemberg ihren Sitz hat. WELEDA in Schwäbisch Gmünd ist der bedeutendste Betrieb der weltweit tätigen WELEDA Gruppe und wir bedienen von hier aus den bedeutendsten Markt. Wir vertreiben Arzneimittel für eine Therapierichtung innerhalb des Gesundheitsmarktes, nämlich der anthroposophischen Therapierichtung. Zwei Drittel unseres Umsatzes generieren wir mit Naturkosmetik und hier sind wir Marktführer. Für die Bekanntheit und Wertschätzung der Marke WELEDA bei den Endverbrauchern ist der Herkunftsstandort zunächst von untergeordneter Bedeutung. Aber: viele unserer Mitarbeitenden stammen von hier und sie haben großen Anteil am internationalen sowie nationalen Erfolg der Marke WELEDA Schwäbisch Gmünd, Firmensitz WELEDA AG WELEDAAG,SchwäbischGmünd Die WELEDA-Gruppe ist der weltweit führende Hersteller von ganzheitlicher Naturkosmetik und Arzneimitteln für die anthroposophische Therapierichtung. Insgesamt ist WELEDA in rund 50 Ländern vertreten. Welt Deutschland Ostwürttemberg Mitarbeiter Umsatz 1.785 238Mio.EUR 720 150Mio.EUR 720 – GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 15 INTERVIEW CarlZeissMeditec:HightechinderMedizintechnik InterviewmitThomasSimmerer–VorsitzenderderGeschäftsführung CarlZeissSurgicalGmbH,einemUnternehmenderCarlZeissMeditecAG Die im TecDAX der deutschen Börse gelistete Carl Zeiss Meditec AG ist einer der weltweit führenden Medizintechnik-Anbieter. Das Unternehmen liefert innovative Technologien und applikationsorientierte Lösungen, die es den Ärzten ermöglichen, die Lebensqualität ihrer Patienten zu verbessern. Zur Diagnose und Behandlung von Augenkrankheiten bietet das Unternehmen Komplettlösungen, einschließlich Implantaten und Verbrauchsgütern. verbessern. Wir verfügen über ein ausgewogenes und breites Portfolio, das Lösungen für die Augenheilkunde, die Augenchirurgie und die Mikrochirurgie bereit hält. Damit sind wir gut aufgestellt. Darüber hinaus werden wir – nicht zuletzt dank der starken Marke ZEISS – als verlässlicher Partner wahrgenommen. Das macht uns stolz – und es bestärkt uns in unserer klaren Ausrichtung nachhaltig und profitabel zu wachsen. In der Mikrochirurgie stellt das Unternehmen innovative Visualisierungslösungen bereit. Abgerundet wird das Medizintechnik-Portfolio der Carl Zeiss Meditec durch viel versprechende Zukunftstechnologien wie die intraoperative Strahlentherapie. Großes Potenzial sehen wir dabei zum Beispiel in der Erschließung neuer Märkte. Wir konzentrieren uns dabei vor allem auf die so genannten Emerging Markets oder auch Schwellenländer. Dort steckt Potenzial. Allein in Indien gibt es 1,2 Milliarden Menschen, von denen heute nur ca. zehn Prozent in den Genuss ärztlicher Hilfe kommen, was sich mit der zunehmenden wirtschaftlichen Entwicklung ändern wird. Oder war Ihnen bewusst, dass Indien und China zusammen heute rund 2,5 Mrd. Einwohner haben, was mehr als einem Drittel der gesamten Weltbevölkerung entspricht? Wir sehen in diesen Ländern viele unserer zukünftigen Kunden – hier müssen wir die Chance nutzen und diese richtig bedienen. Der Medizintechnik werden enorme Wachstumspotenziale vorhergesagt. Wie positioniert sich die Carl Zeiss Meditec in diesem Markt und wo sehen Sie Potenziale? Sehen Sie, die Carl Zeiss Meditec liefert innovative Technologien und applikationsorientierte Lösungen, die es den Ärzten ermöglichen, die Lebensqualität ihrer Patienten zu 16 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Thomas Simmerer – Vorsitzender der Geschäftsführung, Carl Zeiss Surgical GmbH mit den Geräten und Anwendungen – und zwar bezogen auf alle Segmente, seien es die bildgebenden Verfahren in der Diagnostik, deren Einsatz in der Chirurgie oder das effiziente Management von Daten und Bildern. Dadurch wird echter Fortschritt erzielt und es wird Zusatznutzen gestiftet, weil ein optimaler Ablauf nicht nur die Effizienz erhöht, sondern auch das Ergebnis verbessert. Was sind die Herausforderungen der nächsten Jahre im Markt für Medizintechnik? Es geht darum, die Kunden – wo auch immer sie auf der Welt sind – optimal bei der Lösung ihrer stets komplexer werdenden Herausforderungen zu unterstützen. Dafür reichen „Produkte“ und „Technologien“ alleine nicht mehr aus. Es geht um echte „Lösungen“, also eine Kombination aus Produkten UND Dienstleistungen. Und dieser Dienstleistungspart wird immer wichtiger. Für uns gehört dazu neben dem technischen Service und Support auch die Beratung und Schulung im Umgang Fachkräfte sind die Basis des Unternehmenserfolgs. Welche Anforderungen und Qualifikationen stellen Sie an die Mitarbeitenden von Morgen? Gute Fachkräfte sind die wertvollste Ressource eines Unternehmens. Wir haben und suchen stets hochqualifizierte Mitarbeiter, die mit großem Einsatz und Enthusiasmus ihr Bestes geben, um den Fortschritt in der Medizintechnik aktiv mitzugestalten – entlang der gesamten Produktionskette: angefangen bei der Entwicklung, über die Fertigung bis hin zu Service und Vertrieb. Wir fördern und bauen auf innovative Ideen unserer Mitarbeiter. Daher setzen wir auf interkulturell besetzte Innovationsrunden, eine starke Teamorientierung sowie einen fairen Umgang untereinander. Aber auch die Leistungsfähigkeit und das Engagement unserer Mitarbeiter liegt uns sehr am Herzen – um hier den Raum zu schaffen, orientieren wir uns an einem klaren Wertekanon, wir übernehmen gesellschaftliche Verantwortung und sind stolz auf unsere Unternehmenskultur. Und von diesem Gesamtbild werden unsere Mitarbeiter von morgen angesprochen. Wie bewerten Sie den Standort Ostwürttemberg aus Sicht eines Unternehmens im Gesundheitsmarkt? Zunächst ist mir wichtig anzubringen, dass wir neben Ostwürttemberg in der ganzen Welt zu Hause sind. Unsere 2.100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten nicht nur in Jena, Oberkochen, München oder Berlin. Rund 1.300 von ihnen sind außerhalb Deutschlands tätig: zum Beispiel im kalifornischen Dublin, im französischen La Rochelle, im japanischen Tokio oder im schottischen Edinburgh. Aber zurück zu Ostwürttemberg, was ja auch oft als „Raum der Talente und Patente“ bezeichnet wird: Diese Bezeichnung finde ich nicht nur schön und äußerst passend – gleichzeitig erklärt sie sehr gut, weshalb wir uns auch an diesem Standort sehr wohlfühlen. CarlZeissMeditecAG Die Carl Zeiss Meditec ist ein weltweit führender Anbieter von kompletten Systemen zur Diagnose und Behandlung von Augenkrankheiten sowie Marktführer für innovative Visualisierungslösungen in der Mikrochirurgie. Abgerundet wird das Portfolio durch innovative Zukunftstechnologien wie die intraoperative Strahlentherapie. Welt Deutschland Ostwürttemberg Mitarbeiter Umsatz rund2.100 640,1Mio.EUR rund900 56,4Mio.EUR rund400 – GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 17 INTERVIEW JRSPharmaGmbH&Co. KG–HochwertigeHilfsstoffefürdiePharmaindustrie InterviewmitHerrnRichardSalzer,Geschäftsführung gabeverzögerer, Struktur- und Füllstoffe oder Schmiermittel, die aus natürlichen, pflanzlichen Rohstoffen gewonnen werden. Ein großer Schwerpunkt liegt dabei bei Produkten auf der Basis von Cellulose. JRS PHARMA ist mittlerweile zum weltweit größten Produzenten für Mikrokristalline Cellulose herangewachsen – ein Bindemittel, das heute in nahezu jeder besseren Tablette eingesetzt wird. Richard Salzer, Mitglied der Geschäftsführung Innerhalb der JRS-Gruppe zielt die JRS PHARMA auf einen Spezialmarkt ab. Worin steckt die Kernkompetenz des Unternehmens? Die JRS-Tochter JRS PHARMA trägt die JRS-Cellulose-TechnologieKompetenz in den Bereich der pharmazeutischen Hilfsstoffe (Fachbegriff ‚Excipients‘) – also all der Stoffe, die man neben dem eigentlichen Wirkstoff zur Herstellung einer Tablette benötigt. JRS PHARMA entwickelt, produziert und vermarktet diese Excipients für die Pharmazeutische Industrie in aller Welt. Im Einzelnen handelt es sich um Excipient-Produktlinien mit unterschiedlichen Funktionen: TablettenBindemittel, Zerfallshilfsmittel, Tablettenüberzüge (Coatings), Frei- 18 Gleichzeitig verstehen wir uns dabei als Technologiepartner der Industrie. Wir bieten das Know-how rund um die Tablettierung mit Entwicklungsunterstützung, Rezepturberatung und technischer Begleitung durch unsere TCCs (Technical Competence Centers) – und das rund um den Globus. Unsere neuesten Projekte drehen sich um die ‚Excipients der nächsten Generation‘ zum Beispiel mit innovativen Kombinationsprodukten, wie PROSOLV® EASYtab oder PROSOLV® ODT, die alle für eine Tablette erforderlichen Stoffe schon einsatzfähig in einem Produkt enthalten – das Pharma-Unternehmen muss im Extremfall nur noch den Wirkstoff zugeben – schon kann die Tablette gepresst werden. Ihr Unternehmen ist Partner der Pharmaindustrie. Worin liegen die Herausforderungen in den nächsten Jahren? Die Forschungs- und Entwicklungspipelines der Industrie sind derzeit GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg relativ leer. Der Markt verlagert sich von hochwertigen Originalprodukten mehr und mehr hin zu einem Markt, der von Nachahmerprodukten (Generika) dominiert wird. Die Folge davon ist ein starker Kostendruck. Gleichzeitig konzentriert sich die Pharmaindustrie mehr auf ihr Kerngeschäft – die Wirkstoffentwicklung. Das ist Chance und Herausforderung für uns zugleich. Als Technologie- und Systempartner sind wir deshalb gefordert, der Industrie optimierte Lösungen für ihre Produktgestaltung und die Produktionsprozesse zu bieten. Hier sind ganzheitliche Lösungen gefragt. Sich nur auf die Herstellerfunktion beschränken zu wollen, wäre fatal. Wir tragen dem durch einen konsequenten Ausbau unserer Beratungs-, Forschungs- und Entwicklungskapazitäten Rechnung. Mit entsprechenden Einrichtungen in Deutschland, USA und Indien haben wir uns auf die Bedürfnisse des Weltmarkts eingestellt. Gleichzeitig sind wir auch mit unseren anderen Aktivitäten ganz nah an den Kunden herangerückt: wir produzieren in Europa, USA, Asien. Eigene JRS-Büros und eine ganze Reihe von Fachvertretungen beraten vor Ort und unterstützen alle notwendigen Maßnahmen, um den Kunden schnelle und kostenoptimierte Lösungen bieten zu können. Die Wachstumsmärkte der Zukunft liegen in Indien, China, Brasilien, Mexiko oder Vietnam. Dort zeigen wir Präsenz und haben uns entsprechend aufgestellt. Dies ist auch deshalb notwendig, weil sich mehr und mehr auch asiatische Wettbewerber um diese Märkte bemühen. Das erfordert weitere Differenzierung. Wir sind parallel deshalb ständig daran, unsere Produkte technologisch weiter zu entwickeln und unsere technologische Spitzenposition zu festigen. Noch leichtere Handhabung, zuverlässige Qualitätsstandards, optimierter Mitteleinsatz sind hier die Zielvorgaben. Im Interesse unserer angestrebten internationalen Marktführerschaft. Fachkräfte sind die Basis des Unternehmenserfolgs. Welche Anforderungen und Qualifikationen stellen Sie an die Mitarbeitenden von Morgen? Wir freuen uns, in der JRS bereits heute auf eine breite Basis von hoch qualifizierten und motivierten Fachleuten aus den unterschiedlichsten Bereichen zurückgreifen zu können. Das ist sicher unser Stammkapital. Da wir uns auf internationalem Parkett bewegen, sind natürlich neben den fachlichen Qualifikationen möglichst breit angelegte Sprachkenntnisse, Flexibilität und Reisebereitschaft, sowie ein hohes interkulturelles Verständnis wichtiges Rüstzeug. Dabei ist der Antrieb die Freude an unserer Thematik und den vielen engagierten und interessanten Menschen, auf die wir in unserer täglichen Arbeit treffen. Auf der fachlichen Seite suchen wir heute Top-Professionals aus vielen Spezialgebieten. Dazu gehören Pharmazeuten, Chemiker, Ingenieure, Verfahrenstechniker, Biologen, etc. aber natürlich auch immer versierte Kaufleute, die sich sicher im internationalen Geschäft bewegen. Als engagiertes Team suchen wir begeisterungsfähige Mitarbeitende, die in ihrer Aufgabe aufgehen und auf die Spitzenposition im Markt hinarbeiten. Wie bewerten Sie den Standort Ostwürttemberg aus Sicht der Unternehmens-Gruppe? Die JRS steht zu ihrem Standort in Ostwürttemberg. Mit der Unternehmenszentrale in Rosenberg haben wir eine solide ‚Erdung‘ und Verwurzelung in der Region. Mit unserem internationalen Engagement in vielen Ländern der Welt tragen wir den Anforderungen der Märkte Rechnung. Der Standort Rosenberg bietet ein solides Reservoir an Fachkräften mit Bezug zum Unternehmen. Das Ausbildungsniveau in der Region ist hoch und wir tragen als moderner Ausbildungsbetrieb dazu bei, dem hohen technologischen Anspruch unseres Geschäfts gerecht werden zu können. Allerdings stoßen wir bei der Rekrutierung von Top-Spezialisten immer wieder auf die negativen Auswirkungen des ‚Provinz‘-Effekts. Die großen Ballungszentren mit ihrem kulturellen und sozialen Angebot wirken noch immer attraktiver auf mögliche Bewerber, als es die Region zu kommunizieren vermag. Es ist für uns nicht immer einfach. Hier sehen wir noch deutlichen Handlungsbedarf. Die Autobahnnähe ermöglicht uns einen schnellen Zugang zu allen wichtigen Logistikzentren. Allerdings hinken wir in Sachen Infrastruktur ebenfalls den großen Zentren hinterher. Die Bahn baut Gleise ab, anstatt Chancen zu schaffen. Wichtige Zufahrtsstraßen werden nicht oder nur schleppend ausgebaut oder gar wieder gesperrt, der öffentliche Nahverkehr bietet vor unserer Haustüre große Lücken. Das leidige Thema DSL-Anschlüsse im ländlichen Raum ist ein vielsagendes Symptom. Wir schätzen und nutzen die Hochschulen in der Region, würden uns aber gerne auch Universitäten mit entsprechenden Forschungs-Fachbereichen in unserem direkten Umfeld wünschen. JRSPharmaGmbH&Co. KG,Rosenberg Die JRS Pharma GmbH & Co. KG, ist 100-prozentige Tochter der Josef Rettenmaier Holding GmbH & Co. KG mit deutschem Stammsitz und Hauptwerk in Rosenberg. Das Unternehmen JRS Pharma ist einer der weltweit führenden Anbieter von qualitativ hochwertigen Hilfsstoffen und Technologien für die Pharma- und Nahrungsmittelindustrie. JRS ist weltweiter Spezialist für industriell genutzte, natürliche Pflanzenfaserstoffe. Mitarbeiter Welt Deutschland Ostwürttemberg 1.400 800 800 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 19 2.4.1 Kliniken in Ostwürttemberg Neben den Unternehmen sind die Kliniken ein wichtiger Teil des Gesundheitsmarktes. Von dem etwa 11-prozentigen Bruttoinlandsproduktanteil der Gesundheitswirtschaft entfallen rund 25 Prozent auf den Kliniksektor. In Ostwürttemberg gibt es neun Standorte von Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen und Tageskliniken mit insgesamt beinahe 2.000 Betten. Dort kümmern sich rund 4.300 Ärzte, Ärztinnen und Pflegepersonal um ca. 65.000 Patienten jährlich. In diesem Kapitel stellen wir Ihnen die Kliniken der Region vor. Die beiden Klinikdirektoren Axel J. Janischowski vom Ostalbklinikum Aalen und Rainer Genz vom Klinikum Heidenheim zeigen in einem Interview Herausforderungen, Zukunftsprojekte und Alleinstellungsmerkmale ihrer Kliniken auf. Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH Ostalb-Klinikum Aalen Kapazität: Rund 418 Betten Mitarbeiter: 1.000 Patienten: Rund 46.500 stationär und ambulant Umsatz: Rund 61 Mio. EUR Internet-Adresse: www.ostalbklinikum.de Das Ostalb-Klinikum Aalen deckt als Klinikum der Zentralversorgung das komplette Spektrum der Akutversorgung ab. Neben einer qualitativ hochwertigen Rundumversorgung der Bevölkerung gibt es auch viele spezielle medizinische Angebote von überregionaler Bedeutung auf einem Top-Niveau. Dazu zählen: • • • • • 20 Zwei von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierte Zentren für Brust- und Darmkrebs Pankreaszentrum mit Schlüsselloch-Operationen Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Heidenheim, Schwäbisch Gmünd und Ellwangen Regionales Schlaganfallzentrum: In Kooperation mit Klinikum Heidenheim Regionales Schmerzzentrum Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Heidenheim, Schwäbisch Gmünd, Ellwangen Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg Kapazität: 641 Betten Mitarbeiter: Rund 1.580 Patienten: Über 60.000 stationär und ambulant Umsatz: Rund 70 Mio. EUR Internet-Adresse: www.kliniken-heidenheim.de Zu den Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH zählt das Klinikum Heidenheim und die Geriatrische Rehaklinik Giengen. In der geriatrischen Rehaklinik in Giengen werden ältere Menschen behandelt und gepflegt. Die Klinik verzeichnet derzeit einen Rückgang der Patientenzahlen. Das Klinikum Heidenheim wird aktuell modernisiert. In mehreren Bauabschnitten werden rund 100 Mio. EUR in die Sanierung und Restrukturierung investiert. Das Klinikum Heidenheim deckt ebenfalls das komplette Spektrum der Akutversorgung ab. Folgende Schwerpunkte bestehen: • • • • • Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Schwäbisch Gmünd, Ellwangen Regionales Schlaganfallzentrum: In Kooperation mit Ostalbklinikum Aalen Netzwerk Palliativmedizin Regionales Schmerzzentrum Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Schwäbisch Gmünd, Ellwangen Belegklinik für Homöopathie Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd Kapazität: 507 Betten Mitarbeiter: Rund 1.000 Patienten: 17.700 stationär und ambulant Umsatz: Rund 63,7 Mio. EUR Internet-Adresse: www.klinikum-sgd.de Das Klinikum Schwäbisch Gmünd ist für die medizinische Versorgung der Menschen in Schwäbisch Gmünd und in den angrenzenden Städten und Gemeinden zuständig. Nach dreijähriger Bauzeit und einer Investition von rund 38 Mio. EUR wurde das Klinikum am Standort Mutlangen konzentriert. Neben der Akutversorgung gibt es folgende Schwerpunkte: • • • • • Geriatrischer Schwerpunkt des Ostalbkreises Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Heidenheim, Ellwangen Regionales Schmerzzentrum Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Heidenheim, Ellwangen Zentrum für Unfallchirurgie und orthopädische Chirurgie Abteilung für Naturheilmedizin St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen Kapazität: 247 Betten Mitarbeiter: Rund 570 Patienten: 17.700 stationär und ambulant Internet-Adresse: www.klinik-ellwangen.de Die St. Anna-Virngrund-Klinik bietet als Haus die Regelversorgung sowie überregionale Versorgungsschwerpunkte. Diese Schwerpunkte sind: • • Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Heidenheim, Ellwangen Regionales Schmerzzentrum Ostwürttemberg – gemeinsam mit den Kliniken Aalen, Heidenheim, Ellwangen Schwerpunkt Urologie des Ostalbkreises • Regionale Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie • SRH Fachkrankenhaus Neresheim Kapazität: 42 Betten Mitarbeiter: 121 Patienten: Rund 120 Patienten stationär Umsatz: 5,8 Mio. EUR Internet-Adresse: www.fachkrankenhaus-neresheim.de Das Fachkrankenhaus Neresheim ist eine neurologischneurochirurgische Klinik für die Behandlung hirngeschädigter Patienten – ein landesweiter Schwerpunkt der Palliativmedizin. Das Fachkrankenhaus Neresheim verbindet neben der intensivmedizinischen und neurochirurgischen Versorgung zugleich die neurologische Frührehabilitation, um ihren Patienten ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Der Einzugsbereich des Fachkrankenhauses ist überregional und Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet werden hier behandelt. Geriatrische Rehaklinik Aalen Kapazität: 60 Betten Mitarbeiter: 60 Internet-Adresse: www.ostalbkreis.de Die Geriatrische Rehaklinik im Samariterstift Aalen bietet älteren Menschen nach akuten Erkrankungen wie Schlaganfall, Stürzen oder Herzerkrankungen die notwendige Unterstützung, damit sie wieder ein selbstbestimmtes Leben führen können. Neben der Unterstützung der älteren Menschen in alltäglichen Lebensdingen, wird durch ein kompetentes Ärzteteam unter internistischer Leitung zugleich die Grunderkrankung behandelt. Ein spezieller Schwerpunkt der Klinik besteht in der Diagnostik und Behandlung des Diabetes mellitus. Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Aalen Kapazität: 25 Plätze Mitarbeiter: 15 Internet-Adresse: www.hirschbachhaus.de Die Tagesklinik in Aalen stellt Menschen mit psychischen Störungen tagsüber ein strukturiertes, stützendes Therapieangebot zur Verfügung. Träger der Klinik sind die Stadt Aalen und das Zentrum für Psychiatrie Winnenden. Das ambulante Therapieangebot der Tagesklinik richtet sich vorwiegend an junge Erwachsene und Erwachsene mit einer psychischen Störung. Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Schwäbisch Gmünd Kapazität: 25 Plätze Mitarbeiter: 16 Internet-Adresse: www.zfp-winnenden.de In der Tagesklinik Schwäbisch Gmünd können Menschen mit einer psychischen Störung oder Menschen in einer Lebenskrise ambulant betreut werden. Träger ist das Zentrum für Psychiatrie Winnenden. Das Angebot richtet sich an Erwachsene. Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg 21 INTERVIEW GesundheitsversorgungimWandel–TrendsimKlinikbereich InterviewmitKrankenhausdirektorOstalbklinikumAxelJ.F.Janischowskiund GeschäftsführerKlinikenLandkreisHeidenheimgGmbHReinerGenz Herr Genz, die Kliniken müssen den Spagat zwischen Kostenmanagement und hochwertiger Medizin machen. Wie machen Sie die Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH fit für den Wettbewerb? Seit 2 ½ Jahrzehnten haben die Kliniken im Landkreis Heidenheim, unabhängig von den bisher durchlaufenen Rechtsformen (Regiebetrieb, Eigenbetrieb, gGmbH) keine rote Zahl geschrieben, sprich immer einen positiven Jahresabschluss erreicht. Seit 1 ½ Jahrzehnten musste der Landkreis und damit auch die Städte und Gemeinden im Landkreis keinen Euro für den Fortbestand und die Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung in Form von Betriebs- und/oder Investitionszuschüssen ausgeben. Damit gelten die Kliniken im Landkreis Heidenheim landesweit als beispielgebend in der öffentlichen Krankenhauslandschaft, insbesondere auch deshalb, weil trotzdem die Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung weiter gesteigert werden konnte und zum Teil hochwertigste Zentren am Klinikum Heidenheim etabliert werden konnten. Um dieses Wunder auch in Zukunft erbringen zu können, müssen so gut wie alle Abläufe, Strukturen und Zuordnungen im Krankenhaus auf den Prüfstand und den neuesten Entwicklungen in Medizin und Pflege angepasst werden. Da dies meist an die Grenzen der vorhandenen Infrastruktur stößt, läuft am Klinikum in Heidenheim aktuell ein großes Bauprogramm, das in drei Bauabschnitten bis 2017 eine völlig neue Infrastruktur, die diese Veränderungen bereits berücksichtigen wird, nach und nach zur Verfügung stellt. So wird auch zukünftig, trotz zunehmender vor allem finanziellen Restriktionen im Gesundheitswesen, in Hochleistungsmedizin und humane Krankenpflege am Standort Heidenheim, aber auch am Standort Giengen investiert werden können. Herr Janischowski, im Ostalbkreis gibt es eine dezentrale Klinikstruktur, welche Herausforderungen ergeben sich daraus? Welche Investitionsschwerpunkte sehen Sie für die Kliniken im Ostalbkreis? Der Ostalbkreis ist ein sehr großer Landkreis mit 320.000 Einwohnern und einer großen Ausdehnung in der Fläche. Aus diesem Grunde ist eine dezentrale Klinikstruktur eine angemessene Antwort auf die berechtigten Erwartungen dieser Landkreisbürger und sichert zugleich eine optimale Grund- und Regelversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger des Ostalbkreises ohne Unterschied, ob man im ländlich oder städtisch strukturierten Teil des Landkreises lebt. Auch die in jüngster Zeit immer in den Blickpunkt gerückte Notarztversorgung kann mit dieser Struktur besser aufrechterhalten werden. Reiner Genz, Geschäftsführer Kliniken Landkreis Heidenheim gGmbH Ein modernes Krankenhaus bedarf regelmäßiger Investitionen. In Zukunft werden Investitionen in den medizinischen Fortschritt und auch in die Gebäudetechnik in den Mittelpunkt rücken. Da ein großes Klinikum enorme Energieressourcen verbraucht, sind schon heute Fragen der Energieeinsparung und des Energiemanagements aktueller denn je. Zukünftig wird diese Priorität sicherlich noch zunehmen. Der Entwicklungszyklus neuer patientenschonender medizintechnischer Geräte hat sich in den letzten Jahren beschleunigt und wird in Zukunft noch schneller die Frage nach Ersatzbeschaffungen, Investition in neue OPTechniken, verbesserte Diagnostikmöglichkeiten, verringerter Strahlenschutz aufwerfen. Dies werden die wesentlichen Herausforderungen sein. Mit Hinblick auf eine optimale Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger dieses Landkreises setzt dies voraus, dass die Kliniken so strukturiert und organisiert sein müssen, dass sie ein positives Jahresergebnis erwirtschaften, um an diesen notwendigen Entwicklungen teilhaben zu können. Herr Genz, ein Alleinstellungsmerkmal des Klinikums Heidenheim ist die Belegklinik für Homöotherapie. Was steckt hinter diesem medizinischen Konzept? Das Klinikum Heidenheim, mit seinen 16 Fachkliniken, darunter die Belegklinik für Homöotherapie, ist Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Ulm und zählt mit zu den großen Krankenhäusern in Baden-Württemberg. Die Belegklinik für Homöotherapie gehört seit über sechs Jahrzehnten zum fest etablierten medizinischen Angebot des Klinikums 22 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Heidenheim. „Schulmedizinische“ Therapien werden hier um die besonderen Therapieformen der Naturheilkunde, insbesondere der Homöopathie und der Anthroposophischen Medizin erweitert. Die Belegklinik ist 1946 durch die Initiative von Patienten und Bürgern gegründet worden. Sie arbeitet auf Grundlage der Homöopathisch-Anthroposophischen Medizin, von der aus sich die medizinische Behandlung auf die speziellen Erkrankungen jedes einzelnen Patienten richtet. Axel J. F. Janischowski, Durch die forschende HeilKrankenhausdirektor Ostalbklinikum mittelarbeit der Belegklinik für Homöotherapie werden auch neue Wege der Heilmittelanwendung beschritten. Anliegen ist es, bei akuten und chronischen Erkrankungen verschiedenster Art mit natürlichen Heilmitteln eine schonende, tiefgreifende und nachhaltige Heilung zu erzielen. Dabei beruht die Therapie auch auf den Erkenntnissen und den diagnostischen Möglichkeiten der modernen Medizin. Das bedeutet, dass für die Patienten der Belegklinik selbstverständlich alle modernen diagnostischen Möglichkeiten des Klinikums sowie die komplette AkutMedizin des Hauses zur Verfügung stehen und auch genutzt werden. Diese Einbettung der anthroposophischmedizinischen Belegklinik in das Klinikum Heidenheim ist etwas ganz Besonderes und in dieser Form einzigartig in Deutschland. Herr Janischowski, mit weiteren Partnern forschen Sie im Bereich der Telemedizin. Ist dies die Zukunft der Patientenversorgung im Ländlichen Raum? Es ist nicht die Zukunft, aber es ist ein Teil zukünftiger Versorgungsstrukturen im Ländlichen Raum. Die Fortschritte der Telemedizin sind enorm. Dadurch lassen sich in Zukunft interessante Projekte entwickeln, die Diagnostik und Überwachung im Ländlichen Raum bei einer verdünnten Facharztpräsenz ermöglichen. Wir beteiligen uns an diesen Entwicklungen und Möglichkeiten gerne, da es ein neues Zukunftsfeld auch in der Medizin sein wird. 2.5 PflegeundmedizinischeVersorgung imLändlichenRaum Unsere Gesellschaft befindet sich in einem demographischen Wandel. In Baden-Württemberg beispielsweise wird sich die Zahl der 60-jährigen und Älteren von derzeit 2,6 Millionen Menschen bis zum Jahr 2031 auf 3,7 Millionen Menschen erhöhen. Dies ist eine Steigerung von 45 Prozent. Aus der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft resultiert auch die Zunahme pflegebedürftiger Menschen, die auf Unterstützung in der pflegerischen Versorgung angewiesen sein werden. Nach Schätzungen wird in Baden-Württemberg die Anzahl pflegebedürftiger Menschen bis zum Jahr 2020 auf bis zu 50 Prozent ansteigen und sich bis zum Jahr 2040 sogar verdoppeln. Für die Gesundheitswirtschaft bedeutet die Zunahme pflegebedürftiger Menschen, dass sich der überproportionale Anstieg für pflegerische und gesundheitliche Aufwendungen fortsetzen wird. Mit Blick auf Beschäftigtenzahlen kann in der Pflege zukünftig mit einem Anstieg der in der Pflege tätigen Personen gerechnet werden. Nach dem Statistischen Bundesamt ist das Personal im Gesundheitswesen seit dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2008 um insgesamt 500.000 Beschäftigte angestiegen. In diesem Zeitraum konnte die Altenpflege einen Personalzuwachs von 50,3 Prozent beziehungsweise von 122.000 Altenpflegerinnen und Altenpfleger verzeichnen. Modellrechnungen gehen von einem zukünftigen Bedarf zwischen 60.000 und 89.000 zusätzlichen Pflegekräften aus. Dem steigenden Bedarf an Pflegeleistungen steht die Finanzierung dieser Leistungen gegenüber. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die privaten Haushalte zunehmend an Kosten ihrer pflegebedürftigen Angehörigen beteiligen werden müssen, da die sozialen Sicherungssysteme jetzt schon die Kosten nicht mehr tragen können. Die Eigenbeteiligung der baden-württembergischen Haushalte hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Im Jahr 2003 gaben die Haushalte ca. 90 Euro für gesundheitsrelevante Produkte und Dienstleistungen im Monat aus. Das entspricht ca. vier Prozent der gesamten monatlichen Ausgaben für Konsum der privaten Haushalte. Dagegen betrugen im Jahr 1990 die Ausgaben der privaten Haushalte weniger als drei Prozent für gesundheitsrelevante Produkte und Dienstleistungen. Die Ausgaben für Gesundheitsleistungen beliefen sich in Haushalten der Kategorie „65 Jahre und Älter“ im Jahr 2003 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 23 auf etwa 110 Euro im Monat und damit erreichten sie einen Anteil von sechs Prozent an den durchschnittlichen monatlichen Haushaltsausgaben. Für die Gesundheitswirtschaft lässt sich kaum vorhersagen, ob sie zukünftig in allen ihren Bereichen aus den ansteigenden Gesundheitsausgaben privater Haushalte zusätzliche Impulse erhalten wird. Die ansteigenden Gesundheitsausgaben führen auch zu einer zunehmenden Belastung der privaten Haushalte und das wiederum könnte dazu führen, dass sich die privaten Haushalte eher auf notwendige Leistungen beziehungsweise Produkte beschränken zu Gunsten der klassischen Gesundheitsleistungen im Kernbereich der Gesundheitswirtschaft. Neue Wege müssen jedoch in den Versorgungsstrukturen für ältere Menschen beschritten werden. Insbesondere für Menschen mit einer Demenz werden Angebote zur Unterstützung ihrer Lebenslagen benötigt. Einerseits kann das mit der Weiterentwicklung von bestehenden Angeboten erreicht werden. Andererseits müssen neue Produkte und Dienstleistungen entwickelt werden, die den Bedürfnissen der älteren Menschen, auch mit einer Demenz gerecht werden. Das können beispielsweise neue Wohnkonzepte oder auch Angebote im Bereich von E-Health sein. 2.5.1 Medizinische und pflegerische Versorgung in Ostwürttemberg Die Entwicklung der medizinischen Infrastruktur in Ostwürttemberg ist von unterschiedlichen Aspekten geprägt. Zum einen wurden in den letzten Jahrzehnten die Anzahl der Krankenhausbetten reduziert und zum anderen erhöhte sich die Zahl der niedergelassenen Ärzte in freier Praxis um 65 Prozent (in Baden-Württemberg um 71 Prozent). Die ambulante ärztliche Versorgung in der Region lag 2007 unter dem Landesdurchschnitt. In Ostwürttemberg ist ein Arzt in freier Praxis für 774 Einwohner zuständig, während in Baden-Württemberg ein Arzt für 646 Einwohner zuständig ist. Ostwürttemberg liegt damit im Regionenvergleich bezogen auf die Anzahl an Ärzten in freier Praxis auf die Einwohnerzahl an letzter Stelle. Die Versorgung mit Fachärzten, wie Chirurgen, Frauen- oder Kinderärzten liegt ebenfalls unter dem Landesdurchschnitt. Zwischen 1980 und 2008 reduzierte sich, sowohl in der Region als auch im Land, die Zahl der Krankenhäuser und deren Bettenanzahl. In Ostwürttemberg ging die Zahl der 24 Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg Krankenhäuser von 15 auf 10 zurück. Auch die Bettenkapazität reduzierte sich von 2.507 im Jahr 1980 auf 1.965 im Jahr 2008 um 21,6 Prozent. Krankenhausbetten wurden vorwiegend im Ostalbkreis abgebaut, dagegen erhöhte sich im Kreis Heidenheim im gleichen Zeitraum die Bettenkapazität in den Kliniken. Der Versorgungsgrad mit Betten je 1.000 Einwohner erreichte in der Region im Jahr 2001 (Aktuellere Daten liegen derzeit nicht vor) nur die Hälfte des entsprechenden Landeswertes. Am niedrigsten liegt der Wert im Ostalbkreis. Ein Grund hierfür ist, dass sich in der Region kein Heilbad mit einem hohen Anteil an Reha- und Vorsorgebetten befindet. Zur Beurteilung der Akutversorgung der Bevölkerung ist der Versorgungsgrad ohne Berücksichtigung der Betten in Vorsorge- und Reha-Einrichtungen zu betrachten. Ostwürttemberg bildete 2001 (Aktuellere Daten liegen derzeit nicht vor) auch hier das Schlusslicht im Regionenvergleich. Der Landkreis Heidenheim schnitt etwas besser ab. Die Aufnahmen in Krankenhäusern von außen fallen unterdurchschnittlich aus, weil keine Universitätsklinik oder andere Gesundheitszentren angesiedelt sind. In der Ausstattung mit Pflegepersonal je Krankenhausbett nimmt die Region jedoch einen Spitzenplatz ein. Die derzeitige ambulante Versorgungsstruktur für pflegebedürftige Menschen lässt sich in Ostwürttemberg nur teilweise abbilden. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg lag 2007 die Anzahl von pflegebedürftigen Menschen bei 10.627 in der Region. Davon wurden 1.901 pflegebedürftige Personen in der ambulanten Pflege versorgt und weitere 3.587 Pflegebedürftige in der Kurzzeit- oder vollstationären Pflege. 5.139 pflegebedürftige Personen erhielten Pflegegeld, sie sind nicht in der ambulanten oder stationären Pflege berücksichtigt. Bei diesen Personen kann davon ausgegangen werden, dass sie von ihren Angehörigen versorgt werden. Ende des Jahres 2009 waren in Ostwürttemberg rund 40 mobile Pflegedienste ansässig, um ihre Dienstleistungen bei einer Pflegebedürftigkeit anzubieten. Im Landesvergleich zeigt sich, dass 2007/2008 in BadenWürttemberg mehr als 1.000 ambulante Pflegedienste tätig waren, um etwa 131.000 pflegebedürftige Menschen zu versorgen. Die Anzahl der Menschen, die Pflege benötigen, ist im Zeitraum von 2005 bis 2007/2008 um 11.500 angestiegen. 3 Bildung im Gesundheitswesen Die sich abzeichnenden Veränderungen in der Gesundheitswirtschaft bedingen einerseits neue Herausforderungen an die Qualifikationen von Führungskräften und ihren Mitarbeitenden. Andererseits prognostiziert das Institut Arbeit und Technik (IAT) der Fachhochschule Gelsenkirchen eine Million neue Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft bis zum Jahr 2020. Beste Voraussetzungen für eine Berufswahl in der Gesundheitsbranche. In Ostwürttemberg haben sich zahlreiche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten etablieren können, um mit innovativen Bildungsangeboten dem zunehmenden Bedarf an Fachkräften für die Gesundheitswirtschaft gerecht zu werden. Zur langfristigen Etablierung der ostwürttembergischen Gesundheitswirtschaft empfiehlt sich eine stärkere Bündelung der regionalen Ressourcen wie beispielsweise die Kooperation zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen. Eine Bündelung von Ressourcen in der Aus- und Weiterbildung mit Unternehmen führt zu passgenauen Bildungsangeboten für die Praxis und kann somit langfristig Beschäftigungszahlen in der Region sichern. 3.1 Hochschulausbildung Die Hochschulen der Region haben zahlreiche Studienangebote geschaffen, die den Studierenden beste Voraussetzungen für einen Berufseinstieg in der Gesundheitswirtschaft bieten. Duale Hochschule Heidenheim An der DHBW Heidenheim wird der Studiengang „Sozialwesen“ mit den Studienrichtungen „Senioren – Sozialgesundheitliche Dienste/Bürgerschaftliches Engagement“, „Kinder- und Jugendhilfe“, „Soziale Dienste der Jugend-, Sozial- und Familienhilfe“ und „Sozialmanagement“ angeboten, dessen Abschluss unter anderem eine Tätigkeit in der Gesundheitsbranche ermöglicht. Darüber hinaus beinhaltet der Studiengang Informationstechnik, den für das fünfte und sechste Semester wählbaren Studienschwerpunkt „Medizinisches Informationsmanagement. Weitere Infos: www.dhbw-heidenheim.de Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd Mit dem Bachelor-Studiengang „Gesundheitsförderung“ trägt die Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd der steigenden Nachfrage nach professioneller Gesundheitsförderung Rechnung. Dieser wird im Jahr 2010 noch durch einen Master ergänzt. Die Absolventinnen und Absolventen werden befähigt, Gesundheitsförderung, -erziehung und -prävention in Familie, Schule, Beruf und Freizeit zu gestalten. Mögliche Berufsfelder sind Bildungsträger, Rehabilitationseinrichtungen, Kommunen und Kreise, Betriebe, Vereine und Verbände sowie andere Einrichtungen des Gesundheitswesens. Die enge Vernetzung mit Einrichtungen in der Region (Krankenkassen, Landratsamt, Stadt, Kliniken, Betrieben, Schulen) ist zentraler Bestandteil der Studienorganisation und sichert seine praxisnahe Ausrichtung. Die tragenden Ausbildungsinhalte sind „Sport“, „Haushalt/Textil“ (Schwerpunkt Ernährungswissenschaften), „Gesundheitspsychologie“ und „Gesundheitssoziologie“. Der Fakultät I ist das Institut für Gesundheitswissenschaften untergeordnet, das aus den Abteilungen „Ernährung, Konsum und Mode“ und „Sport und Bewegung“ besteht. Die Hochschule verfügt zudem über ein Diagnostisches Zentrum, das die psychologisch diagnostische Kompetenz der Lehrer fördern möchte. Weitere Infos: www.ph-gmuend.de Hochschule Aalen Die Hochschule Aalen bietet mit den Studiengängen „Augenoptik/ Augenoptik und Hörakustik“ und „Gesundheitsmanagement“ gesundheitsrelevante Studienangebote an. Der Bachelor-Studiengang Augenoptik/Augenoptik und Hörakustik dauert sieben Semester inklusive eines praktischen Studiensemesters. Die Absolventen des Studiengangs Augenoptik und Hörakustik sind anerkannte Spezialisten bei der Durchführung von physiologischen Messungen am Menschen, der Versorgung mit gutem Sehen und Hören und beherrschen sowohl die Technik als auch Managementaufgaben souverän. Der Bachelor Gesundheitsmanagement umfasst acht Semester inklusive eines praktischen Studiensemesters und ist ein berufsintegriertes Studienangebot. Eine Besonderheit des Studiums ist die breite inhaltliche Ausrichtung. Die Studierenden erwerben umfassende Kompetenzen in der Betriebswirtschaftslehre sowie in den Gesundheitswissenschaften. Damit werden sie auf eine zukunftsweisende berufliche Tätigkeit mit Management- und Systemkompetenzen in Einrichtungen des Gesundheitswesens vorbereitet. Mögliche Arbeitgeber nach dem Studium können Krankenkassen, Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren, Unternehmensberatungen, Organisationsentwickler und Unternehmen im Bereich Medizin, Pflege und Gesundheit sein. Die ehemalige GEK, jetzt BARMER GEK unterstützte die Einführung des Studienganges mit der Einrichtung von Stiftungsprofessuren. Weitere Infos: www.htw-aalen.de Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg 25 INTERVIEW Bachelor-StudiengangGesundheitsförderung, PädagogischeHochschuleGmünd Interview mit Jun.-Prof. Dr. Birte Dohnke Ein Bachelor-Studiengang „Gesundheitsförderung“ an einer Pädagogischen Hochschule, dies ist überraschend. Was sind die Hintergründe für diesen Studiengang? Gesundheitsförderung ist an unserer Hochschule schon seit gut zehn Jahren ein Thema. Begonnen hat alles 1999 mit dem Forschungs- und Nachwuchskolleg „Gesundheitsförderung im Regelunterricht der Grundschule“. Schon damals ging es um die Themen Gesundheitspsychologie, Sport und Ernährung. Zum Sommersemester 2006 wurde dann der zweisemestrige Erweiterungsstudiengang Gesundheitsförderung für Lehramtsstudierende eingeführt und zum Wintersemester 2007/08 folgte dann der gleichnamige Bachelor-Studiengang. Auch hier finden sich wieder die Schwerpunktfächer Gesundheitspsychologie, Sport und Bewegung und Ernährungswissenschaften und neu die Gesundheitssoziologie. Außerdem lehren Berufspraktiker medizinische Aspekte, Suchtprävention oder auch Öffentlichkeitsarbeit. Unser Motto ist „Gesunde Lebensstile fördern“ und das Studium ist dementsprechend inhaltlich breit aufgestellt. Warum sich unsere Hochschule mit Gesundheitsförderung beschäftigt, hängt mit der steigenden Nachfrage nach professioneller Gesundheitsförderung und Prävention zusammen. In sechs Semestern erwerben unsere Studierenden profunde Kompetenzen, um Gesundheitsförderung in Familie, Schule, Beruf und Freizeit interdisziplinär und professionell zu gestalten. Der Bachelor-Studiengang ist erfolgreich angelaufen. Welche Arbeitsmarktchancen haben die Absolventen und welche Ziele und Inhalte hat der Master-Studiengang „Gesundheitsförderung“, der zum Wintersemester 2010/2011 eingeführt wird? Gesundheit ist insgesamt ein Wachstumsmarkt, aber professionelle Gesundheitsförderung gibt es noch gar nicht so lang und wird sich weiter stark entwickeln. Beispielsweise sind von den 379 gesundheitsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengängen in Deutschland nur ein Dutzend auf Gesundheitsförderung oder Prävention ausgerichtet. Der Bachelor Gesundheitsförderung bei uns ist breit und interdisziplinär angelegt und enthält eine gründliche Methodenausbildung und wichtige anwendungsorientierte Schlüsselqualifikationen. So erwerben unsere Absolventinnen und Absolventen eine sehr gute und breit fundierte Qualifikation, die sie dazu befähigt, für Menschen aller Altersgruppen individuelle und lebensweltorientierte Maßnahmen zur Gesundheitsförderung zu 26 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg planen, wirksam und nachhaltig zu implementieren sowie in ihrer Wirksamkeit zu bewerten. Das kann praktisch in ganz unterschiedlichen Kontexten sein: in der Kommune, einem Betrieb, einer Klinik, Schule, Krankenkasse, einem Verband, Verein. Diese Qualifikation kann dann im Master Gesundheitsförderung vertieft werden. Das heißt, der Master baut inhaltlich auf dem Bachelor Gesundheitsförderung auf und ist ebenso interdisziplinär, aber stärker for- Jun.-Prof. Dr. Birte Dohnke, PH Gmünd schungs- und projektorientiert. Außerdem wird er berufsbegleitend zu studieren sein. Im Studiengang laufen auch Forschungsvorhaben. An welchen Themen forschen Sie und welche Relevanz haben die Ergebnisse für die Praxis? Ich persönlich beschäftige mich mit sozialen Einflüssen auf das individuelle Gesundheitsverhalten. In der Vergangenheit war das speziell das Rauchen. In einem neuen Projekt interessiert mich das Essverhalten von Hauptschülerinnen und Hauptschülern und die Frage, ob sie gesundes Essen uncool finden. Auch die anderen Arbeitsbereiche haben alle Forschungsund Anwendungsprojekte in der Gesundheitsförderung und entsprechende Veröffentlichungen. Das ist uns besonders wichtig. Denn wir finden, dass Hochschullehre gerade durch Forschung bereichert und angeregt wird. Forschungsthemen der vier Bereiche sind zum Beispiel Stress und Bewegung, Gesundheitsförderung im Berufsalltag der Gesundheitsberufe, die Entwicklung von Motorik und körperlich-sportlicher Aktivität und ihre Wirkung auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und die Knochenmasse unter besonderer Berücksichtigung verschiedener Lebensstilfaktoren. Diese Projekte wirken auch direkt in die Region. Das VEGIS-Projekt („Vernetzte Gesundheitsförderung in der Schule“) zum Beispiel, das von Herrn Prof. Kohlmann geleitet und von der BARMER GEK finanziert wird, stärkt Akteure der schulischen Gesundheitsförderung im Ostalbkreis und erforscht Aspekte der Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Adipositas. Das Projekt „Vorschüler in Bewegung“ von Herrn Prof. Horn, das durch die AOK unterstützt wird, fördert die motorische Entwicklung von Vorschülern durch Sport- und Bewegungsstunden in 26 Kindergärten in Schwäbisch Gmünd und erarbeitet dabei Bewegungsmodule für die Einrichtungen. Im Bachelor- und auch Masterstudiengang sind Praxisphasen bzw. Praxissemester vorgesehen. Welche Beiträge konnten die Studierenden hier leisten? Im Bachelor Gesundheitsförderung sind zwei sechswöchige Praktika Pflicht. Hier können die Studierenden ihr theoretisches Wissen mit Erfahrungen verknüpfen und auch ihre sozialen Kompetenzen weiter entwickeln. Gleichzeitig können sie auch mögliche Tätigkeitsfelder bzw. Arbeitgeber kennen lernen. Außerdem gibt es zahlreiche Seminare mit Praxisanteilen. Im Wintersemester hatten die Studierenden des fünften Semesters zum Beispiel in der Diagnostik-Veranstaltung die Aufgabe, die erworbenen theoretischen Kenntnisse anzuwenden, um ein diagnostisches Problem zu lösen. Sie haben beispielsweise Mitarbeitende einer Klinik oder eines Betriebs zu ihrem Bedarf und ihren Wünschen an gesundheitsförderlichen Maßnahmen befragt. Oder in der Veranstaltung zur Stressbewältigung haben die Studierenden sich zunächst in die Materie eingearbeitet, um dann das Stressbewältigungsprogramm „Take it easy“ für Studierende hier an der Hochschule zu entwickeln, durchzuführen und zu evaluieren. Zwei Studentinnen erproben nun im Rahmen ihrer Bachelorarbeit ein Programm in Grundschulen und begleiten es wissenschaftlich. Sie sehen, auch die Abschlussarbeit bietet den Studierenden eine gute Möglichkeit, das Gelernte in die Praxis umzusetzen und erste Erfahrungen als Gesundheitsförderer zu sammeln. Im Masterstudiengang ist dann ein ganzes Semester für eine größere Projektarbeit z. B. in einem Betrieb oder einer Hochschule vorgesehen. Das macht unseren Master sehr flexibel, wenn man ihn berufsbegleitend studiert oder ins Ausland gehen möchte. Weitere Details finden Interessierte unter www.ph-gmuend.de GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 27 INTERVIEW PortraitStudiengangGesundheitsmanagementHochschuleAalen InterviewmitProf.Dr.KerstinRieder,DekaninStudiengangGesundheitsmanagement, HochschuleAalen Was waren die Gründe für die Entwicklung des Studiengangs Gesundheitsmanagements an der Hochschule Aalen? Die Gesundheitswirtschaft ist mit einem Ausgabenanteil am Bruttoinlandsprodukt von ca. elf Prozent und insgesamt ca. 4,5 Mio. Beschäftigten eine der größten volkswirtschaftlichen Branchen in Deutschland. Der Gesundheitsmarkt ist außerdem einer der großen zukünftigen Wachstumsmärkte in den industrialisierten Ländern. Dies ist vor allem durch den medizinischen und technischen Fortschritt, den Wohlstand der Bevölkerung sowie durch die demographische Entwicklung begründet. Für Managementtätigkeiten in den verschiedenen Einrichtungen und Unternehmen der Gesundheitswirtschaft sind FachpersoProf. Dr. Kerstin Rieder, Dekanin Studiengang nen gefragt, die nicht nur beGesundheitsmanagement, Hochschule Aalen triebswirtschaftliche, sondern auch umfassende gesundheitswissenschaftliche Kompetenzen aufweisen. Ziel der Hochschule Aalen war, hierfür ein breit ausgerichtetes und praxisnahes Studium auf den Weg zu bringen. Unterstützt wurde sie dabei von dem Stiftungsgeber, der Gmünder Ersatzkasse (GEK, heute BARMER GEK). Drei Jahre Gesundheitsmanagement. Wie sieht die Zwischenbilanz aus und welche Ziele bestehen für die Zukunft? Der Studiengang Gesundheitsmanagement ist sehr erfolgreich angelaufen. Bereits jetzt ist es der Studiengang an der Hochschule Aalen mit den meisten Studienbewerberinnen und -bewerbern (603 Bewerbungen im WS2009/2010). In den Evaluationen der Lehrveranstaltungen stellen wir fest, dass sich das Konzept eines berufsintegrierten, sehr praxisorientierten Studiums bewährt. Dieses spricht insbesondere (aber nicht nur) Studierende an, welche parallel in der Gesundheitswirtschaft berufstätig sind. Um eine Erwerbstätigkeit neben dem Studium zu ermöglichen, findet die Lehre im Semester in Blockwochen statt. Jeweils eine Woche Vollzeit-Studium von morgens bis abends wechselt mit jeweils einer Woche für das angeleitete Selbststudium außerhalb der Hochschule. Berufsintegriert bedeutet: Fragestellungen aus dem Studiengang werden von Studierenden an ihrem Arbeitsplatz bearbeitet und Problemstellungen aus der Praxis in der Lehre reflektiert. Derzeit gibt es im süddeutschen Raum kein vergleichbares Bachelorstudien-Angebot. Für die Zukunft haben wir uns beispielsweise vorgenommen, die erfolgreiche Kooperation mit Unternehmen weiter auszubauen. Hierzu bieten wir den Studierenden ab Sommer 2010 Projekte an. Die 28 GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Themen stammen von regionalen Unternehmen. Zudem möchten wir einen Beitrag zu einer noch intensiveren Vernetzung von Forschung und Unternehmen in der Region leisten. Hierzu starten wir im Herbst 2010 die Tagungsreihe Gesundheitsmanagement Forum Ostwürttemberg Welche Qualifikation bringen die Absolventen und Absolventinnen aus Aalen nach dem Studium mit? Unsere Absolventinnen und Absolventen zeichnet ein Mix aus betriebswirtschaftlichen und gesundheitswissenschaftlichen Kompetenzen aus. Dabei ist eine Besonderheit unseres Studiengangs die breite Ausrichtung: Vermittelt werden die Perspektiven unterschiedlicher Akteure in der Gesundheitswirtschaft. Hierzu gehören Leistungserbringer wie Krankenhäuser oder medizinische Versorgungszentren, Krankenkassen sowie Unternehmen der Gesundheitsindustrie (z.B. Medizin- und Pflegeproduktehersteller, Pharmaunternehmen). Damit sind unsere Absolventinnen und Absolventen hervorragend auf Tätigkeiten in unterschiedlichsten Bereichen der Gesundheitswirtschaft vorbereitet. Sie kennen jeweils nicht nur die Sichtweise der Organisation, in der sie tätig sind, sondern auch die anderer Organisationen. Dies erleichtert ihnen die Arbeit in der immer komplexer werdenden Gesundheitsbranche enorm. Sie forschen zum Thema „Professionalisierung interaktiver Arbeit“. Was ist Ihnen wichtig an diesem Thema? Was für eine Konsequenz könnte das für die Gesundheitswirtschaft haben? Wir leben in einer Dienstleistungsgesellschaft. Dienstleistungen sind inzwischen in Deutschland die bedeutsamste Quelle der Wertschöpfung. Das Gesundheitswesen ist stark geprägt von interaktiver Dienstleistungsarbeit. Hierzu gehört beispielsweise die Versorgung von Patientinnen und Patienten oder die Beratung von Kunden einer Krankenkasse. Aber auch in der Gesundheitsindustrie spielen Dienstleistungen heute eine herausragende Rolle. Ein wegweisender Trend ist hier die Verknüpfung von Produkten und Dienstleistungen, hin zu hybriden Formen der Wertschöpfung. So werden beispielsweise von Unternehmen im Feld der Medizin- und Pflegeprodukteindustrie komplette Logistikdienstleistungen für Krankenhäuser entwickelt. Ziel des Verbundprojektes Professionalisierung interaktiver Arbeit (PiA) ist es, interaktive Arbeit als Innovationsquelle für die Entwicklung und Förderung exzellenter Dienstleistungsqualität nutzbar zu machen. In einem Verbund von vier Forschungsinstitutionen (ISF München, Universität Augsburg, TU Chemnitz und Hochschule Aalen) und drei großen Dienstleistungsunternehmen (AWO, ACCOR und DB Services) werden Wege zur Professionalisierung interaktiver Dienstleistungsarbeit entwickelt, erprobt und in die Breite transferiert. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie vom Europäischen Sozialfonds für Deutschland (ESF). BARMERGEK InterviewmitHelmutHägele-Bürgermeister, HauptverwaltungSchwäbischGmünd,AbteilungBeruflicheBildung Seit dem Wintersemester 2007/2008 gibt es den Studiengang Gesundheitsmanagement. Welches Ziel verfolgte die damalige GEK mit der Einrichtung dieses Stiftungslehrstuhls? Das Gesundheitswesen in der Bundesrepublik Deutschland unterliegt dynamischen Veränderungen. Es zeichnete sich ab, dass den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt wird, individuelle Vereinbarungen mit Leistungserbringern abzuschließen, um ihren Kunden das bestmögliche Angebot zu sichern. Dies erfordert eine Professionalisierung der Mitarbeitenden, die über fundierte betriebs- und volkswirtschaftliche, rechtliche und medizinische Kenntnisse verfügen müssen. Ziel der Einrichtung des Stiftungslehrstuhls war es, Beschäftigten die Möglichkeit eines Studiums zu bieten, für das sie nicht aus dem Erwerbsleben aussteigen müssen. Daneben wollte die damalige GEK die Zusammenarbeit mit Forschung und Lehre verbessern, um zum Beispiel die jährlichen wissenschaftlichen Reports wie Krankenhausoder Arzneimittelreport zu erstellen. Welche Qualifikationen sollen Ihre studierenden Mitarbeitenden im Studium erwerben? Die Profile in den einzelnen Fächern wurden geschärft. Der Studiengang grenzt sich damit deutlicher von ähnlichen Studiengängen anderer Hochschulen ab. Nach wie vor sollen unsere studierenden Mitarbeitenden folgende Kompetenzen erwerben: Gesundheitsökonomische Managementkompetenzen, Organisatorische Kompetenzen, Prozesskompetenzen, Markt- und Dienstleistungskompetenzen, Überfachliche Kompetenzen. Drei Jahre Gesundheitsmanagement. Wie sieht die Zwischenbilanz aus Ihrer Perspektive aus und welche zukünftigen Ziele bzw. Erwartungen haben Sie an das Studium? Die Zwischenbilanz fällt aus unserer Sicht sehr gut aus. Der Hochschule Aalen ist es gelungen, einen Professor und eine Professorin sowie akademische Mitarbeitende nach Aalen zu berufen, die den Studiengang engagiert und kreativ auf- und ausbauen. Mit dem Sommersemester Helmut Hägele-Bürgermeister, 2010 wurde die dritte Professo- BARMER GEK renstelle besetzt. Wir gehen davon aus, dass mit dem Wintersemester 2010/11 die vierte Professorenstelle ebenfalls besetzt wird und damit die Mannschaft komplett ist. Die Leistungen unserer studierenden Mitarbeitenden dokumentieren, dass die Organisation des Studiengangs als „verblocktes Vollzeitstudium“ den Erfordernissen gerecht wird, Beschäftigung und Studium unter einen Hut zu bringen. Positiv ist auch die enge Verzahnung Theorie - Praxis, die u.a. durch Studien- und Projektarbeiten gefördert wird. Für die Zukunft erwarten wir, dass das Studium auch künftig Mitarbeitende berufsbegleitend darauf vorbereitet, die Herausforderungen unseres sehr dynamischen Gesundheitssystems in kreative Lösungen für unsere Kunden umzusetzen. Dabei sind nicht nur Kenntnisse der Krankenversicherung, sondern über alle Beteiligte im Gesundheitswesen erforderlich. Welche Herausforderungen in der Region sehen Sie für die BARMER GEK? Die BARMER GEK bildet mit ihren Partnern das größte soziale Gesundheitsnetz in Deutschland. Auch für die Region Ostwürttemberg werden wir als Marktführer unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen. Herausforderungen sind dabei unter anderem die Sicherstellung einer guten ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum sowie die Förderung eines innovativen, qualitativen und effizienten Zusammenwirkens aller Beteiligten im Gesundheitswesen der Region. BARMERGEK,SchwäbischGmünd Durch die Fusion der GEK mit der BARMER Krankenkasse entstand zum 1. Januar 2010 die größte Krankenversicherung Deutschlands mit insgesamt 8,6 Millionen Versicherten und 19.000 Mitarbeitern. Beide Krankenversicherungen firmieren jetzt als „Barmer GEK die gesundexperten“. Der juristische Sitz der BARMER GEK ist in Berlin. Die beiden Verwaltungsstandorte Wuppertal (Barmer) und Schwäbisch Gmünd sind mit ihren Arbeitsplätzen erhalten geblieben. Deutschland Ostwürttemberg Mitarbeiter Umsatz 19.500 22Mrd.EUR 800 – GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 29 SRH- Fernhochschule Riedlingen, Ellwangen Die SRH-Fernhochschule Riedlingen hat ihr Studienangebot um den Studiengang „Lebensmittelmanagement und -technologie“ erweitert und dazu eigens ein Studienzentrum in Ellwangen eröffnet. Der Fokus des Studiengangs liegt auf gesunder Ernährung. Entsprechende Module zur Ernährungsphysiologie und -psychologie sowie der Ernährungsmedizin unterstreichen dies. Die Hochschule bietet die bislang einzige Möglichkeit, ein derartiges Studium berufs- oder ausbildungsbegleitend zu absolvieren. Weitere Infos: www.srh.de/de/fh-riedlingen Institut für Soziale Berufe Schwäbisch Gmünd und Ellwangen Das Institut für Soziale Berufe Schwäbisch Gmünd und Ellwangen bietet in Kooperation mit der Steinbeis-Hochschule Berlin ein dreijähriges berufsbegleitendes Studium „Sozialberufliches Management“ mit dem Studienabschluss Bachelor of Business Administration (BBA) an. Maria-von-Linden-Schule, Heidenheim Die Heidenheimer Maria-von-Linden-Schule bietet eine Ausbildung zum/zur Altenpfleger/-in, zum/zur Altenpflegehelfer/-in und zur staatlich geprüften Fachkraft für Gerontopsychiatrie. Außerdem kann eine berufspädagogische Fortbildung zur Praxisanleitung in der Alten-, Gesundheits-, Kranken und Heilerziehungspflege absolviert werden. Weitere Infos: www.mvl-hdh.de Kliniken Im Ostalbkreis wird die Aus- und Fortbildung des Pflegenachwuchses im Gesundheitswesen mit drei eigenen Krankenpflegeschulen an den drei Klinikstandorten sichergestellt. Das Klinikum Heidenheim führt ebenfalls eine eigene Pflegeschule. An den Kliniken werden auch fachspezifische Weiterbildungen angeboten. Bei den Gesellschaftern des Instituts für Soziale Berufe zeigt sich das Bemühen der Pflegeeinrichtung um kompetenten Nachwuchs. Gesellschafter sind die Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul Untermarchtal, die Franz von Assisi Gesellschaft, die Marienpflege Ellwangen und die Stiftung Haus Lindenhof. Weitere Infos: www.soziale-berufe-ostalb.de. Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) Akademische Lehrkrankenhäuser IHK Ostwürttemberg In der Region Ostwürttemberg bieten zwei Kliniken, als Akademische Lehrkrankenhäuser einen Teil der medizinischen Ausbildung der Universität. Die Zusatzbezeichnung als Lehrkrankenhaus der Universität Ulm führen die Klinik Heidenheim (16 Plätze) und das Ostalbklinikum (11 Plätze). Die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA), das Institut für Soziale Berufe und das Institut für Managementlehre gGmbh bieten die Weiterbildung zum Fachwirt im Sozial- und Gesundheitswesen (IHK). Die IHK Ostwürttemberg nimmt die Prüfungen für diese und andere Träger ab. Der Abschluss richtet sich an künftige leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen. Für diese Aufstiegsqualifizierung müssen die Teilnehmer mehrjährige Berufspraxis und/oder eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen. Weitere Infos: www.wis.ihk.de. 3.2 Aus-undWeiterbildungsangebote Folgende Institutionen bieten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Fachkräfte in der Gesundheitswirtschaft an: Institut für Soziale Berufe Schwäbisch Gmünd und Ellwangen Das Ausbildungsangebot des Instituts für Soziale Berufe umfasst sowohl die Ausbildung zum/zur Heilerziehungspfleger/in, Altenpfleger/in und Altenpflegehelfer/in als auch die Fort- und Weiterbildung in den Bereichen Heil- 30 erziehungspflege und Altenpflege. Weitere Infos: www. soziale-berufe-ostalb.de GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Die DAA bildet staatlich anerkannte Physiotherapeuten/innen, Altenpfleger/-innen, Altenpflegehelfer/-innen und Mentoren/-innen in der Pflege (Berufspädagogische Fortbildung für Pflegefachkräfte) aus. Weitere Infos: www.daa-bw.de 4 ProjekteundInitiativeninOstwürttemberg In diesem Kapitel beleuchten wir das Thema Gesundheit aus politischer Sicht. Die Sicherung der Gesundheitsvorsorge im ländlichen Raum ist eine große Herausforderung für die Politik. Gleiches gilt für Pflege von Angehörigen. Die Landespolitik hat mit der Einrichtung von Pflegestützpunkten reagiert, die in den Landkreisen gerade eingerichtet werden. Weitere Ansatzpunkte sind die Bereitstellung von Informationen für die Bürgerinnen und Bürger, sowie die Förderung der Netzwerkbildung der Akteure im Gesundheitswesen. Die beiden Landräte stellen in einem Interview Projekte und Herausforderungen aus ihrer Sicht vor. INTERVIEW GesundheitsversorgungimländlichenRaum– InitiativeninOstwürttemberg InterviewmitdenLandrätenHermannMaderundKlausPavel Herr Pavel, Sie haben das Gesundheitsnetz Ostalbkreis oder auch die Forschung zur Telemedizin vorangetrieben. Welche Herausforderungen sehen Sie aus politischer Sicht im Bereich der Gesundheitsversorgung? den niedergelassenen Ärzten einen deutlichen Ärztemangel haben. Die demografische Entwicklung und auch die sich weiter verschlechternden Rahmenbedingungen werden diese Situation noch verschärfen. Mit unseren Kliniken in Aalen, Ellwangen und Schwäbisch Gmünd sind wir - was die stationäre Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger anlangt - insbesondere nach unseren millionenschweren Investitionen sehr gut aufgestellt. Seit geraumer Zeit stellen wir allerdings fest, dass die Besetzung von klinischen Arztstellen schwieriger wird. Zunehmend mehr Probleme macht auch die Nachfolgeregelung von Hausarztpraxen im ländlichen Raum. Umfangreiche Erhebungen haben ergeben, dass im Ostalbkreis in den kommenden Jahren viele praktizierende Hausärzte in den Ruhestand treten werden. Für die in immer geringerer Anzahl auf dem Arbeitsmarkt vorhandenen Ärzte ist eine Niederlassung im ländlichen Raum aber wenig attraktiv. Somit werden wir sowohl im fachärztlichen Bereich an den Kliniken als auch bei Gemeinsam mit den Kreisärzteschaften, unseren Klinikdirektoren und vielen weiteren Akteuren aus dem Bereich der Gesundheitsversorgung haben wir deshalb nach Lösungsmöglichkeiten gesucht und ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet, das der Kreistag inzwischen verabschiedet hat. Hierin haben wir sieben Positionen formuliert, die aus unserer Sicht für ein Aufrechterhalten der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum unabdingbar sind. Unsere Forderungen richten sich hierbei an die Bundespolitik, welche die sozialpolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gestalten sollte, dass der Arztberuf auch mit Blick auf die angemessene Honorierung der ärztlichen Leistungen wieder attraktiv wird. Außerdem fordern wir, dass die derzeitige Bedarfsplanung der ärztli- Klaus Pavel, Landrat Ostalbkreis chen Versorgung überarbeitet und die Versorgungsbereiche kleinräumiger gestaltet werden, damit eine bedarfsgerechtere Versorgungsdichte hausärztlicher Angebote gewährleistet ist. Über diese theoretische Forderung hinaus haben wir bereits einen ganz konkreten Vorschlag für GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 31 eine mögliche Neustrukturierung der Versorgungsbereiche im Ostalbkreis entwickelt. Um den Arztberuf im ländlichen Raum attraktiver zu gestalten, denken wir auch an Angebote für die Facharztweiterbildung, an Finanzierungsmodelle für die praktische Ausbildung oder beispielsweise die Information von Klinikärzten über frei werdende Niederlassungsmöglichkeiten im Ostalbkreis. Flankierende Maßnahmen durch die Städte und Gemeinden, wie etwa die Ermöglichung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch adäquate Kinderbetreuungsangebote oder weitere kommunale Unterstützungsleistungen durch das zur Verfügung stellen von Praxisräumen und Betriebszuschüssen gehören aus unserer Sicht ebenso dazu. Auch an besondere Finanzierungsangebote für die Investition in Praxisausstattung haben wir gedacht. Einige der von uns formulierten Punkte konnten wir bereits umsetzen: So bietet die Kreissparkasse Ostalb inzwischen zinsvergünstigte Darlehen über ein Sonderprogramm „Ärztefinanzierung“ an. Mit Unterstützung der Bezirksärztekammer Nord-Württemberg und durch Kooperationsvereinbarungen mit zwölf Hausarztpraxen in Aalen und Umgebung gibt es seit diesem Jahr ein neues innovatives Ausbildungs-Programm „Facharzt Allgemeinmedizin“ am Aalener Ostalb-Klinikum. Nach Abstimmungsgesprächen mit der kassenärztlichen Vereinigung wird der Ostalbkreis als Modelllandkreis für eine kleingliedrigere Bedarfsplanung der ärztlichen Versorgung fungieren. Der Landesausschuss Ärzte und Krankenkassen befasst sich ebenfalls mit dem Bedarfsthema. Der Blick auf die aktuellen bundespolitischen Diskussionen im Gesundheitswesen zeigt, dass die Ge- 32 sundheitsversorgung und vor allem die Finanzierbarkeit eines der Megathemen der Zukunft sein wird. Für den Ostalbkreis sehe ich trotz der genannten Problemstellungen großes Potenzial als Gesundheitsstandort mit Ausbauchancen. Sowohl die Zukunftsinitiative Ostwürttemberg als auch unsere E-Health-Studie haben gezeigt, dass wir über viele gute Angebote auf hohem Niveau von der Gesundheitsprophylaxe bis hin zu Akuteingriffen verfügen. Neben der Sicherung der ärztlichen Versorgung im Ostalbkreis sondieren wir deshalb kontinuierlich aktuelle Entwicklungen und Möglichkeiten, die uns neue Techniken und neue Medien eröffnen. Dazu gehören das Gesundheitsnetz Ostalbkreis, das wir seit September 2007 mit großem Erfolg betreiben (mehr als 400 Nutzer täglich!) ebenso wie pilothafte Telemedizinprojekte mit dem Land Baden-Württemberg, mit denen wir die Patientenversorgung verbessern und gleichzeitig lange Wege sparen wollen. Herr Mader, die Klinikerweiterung in Heidenheim und die Mitwirkung in der Gesundheitsregion Schwaben. Welche Ziele verfolgt der Landkreis im Bereich Gesundheitsversorgung? Das Klinikum Heidenheim versorgt als Akutkrankenhaus der Zentralversorgung jährlich 60.000 Patienten in 14 Fachkliniken und zwei Instituten. Um der medizinischen Weiterentwicklung Rechnung zu tragen, muss das in die Jahre gekommene Klinikum grundlegend saniert und auf die Erfordernisse einer modernen Patientenversorgung der Zukunft ausgerichtet werden. Neben der Modernisierung der Patientenzimmer erfolgen auch Investitionen in modernste Diagnostik und Therapie. Mit dieser Verbesserung der Strukturen unseres Hauses soll auch die Prozessqualität erhöht werden. GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg Hermann Mader, Landrat Landkreis Heidenheim Mit der Mitwirkung in der Gesundheitsregion Schwaben beteiligt sich der Landkreis Heidenheim an einem Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das zu einer quantitativen und qualitativen Verbesserung der Gesundheitssituation in der Region bei den Volkskrankheiten – Übergewicht, Zucker- und Fettstoffwechselstörung und Bluthochdruck – sowie zu einer Steigerung der gesundheitswirtschaftlichen Situation führen soll. Die Erkenntnisse aus diesen Forschungen sind Grundlage für gezielte Gesundheitsförderung und Prävention. Ein attraktives Klinikangebot und verstärkte Prävention sind Ziele, die uns optimistisch in die Zukunft blicken lassen. Herr Pavel, das ehemalige Margaritenhospital soll ein modernes Gesundheitszentrum werden. Was versprechen Sie sich davon? Das Margaritenhospital im Herzen der Stadt Schwäbisch Gmünd kann auf eine rund 80-jährige Geschichte zurückblicken und ist bei den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und der Umgebung anerkannte Anlaufstelle. Nach dem Auszug der Geburts- sowie der Kinder- und Jugendmedizin lag es aufgrund der Ausstattung und des räumlichen Zuschnitts der Immobilie nahe, eine medizinische Folgenutzung ins Auge zu fassen. Unter einem Dach wollen wir nun die verschiedensten Anbieter medizinischer Kompetenzen und Leistungen bündeln. Dadurch können die Patientinnen und Patienten auf engstem Raum eine medizinische Komplettversorgung nutzen. Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger werden von dieser Bündelung in angenehmer Atmosphäre profitieren, sondern auch die dort untergebrachten Praxen können durch Apparategemeinschaften o. ä. kosteneffizien- ter arbeiten. Wir wollen im „Gesundheitshaus Margaritenheim“ eine effektive medizinische Vollversorgung mit einem innovativen, ganzheitlichen Gesundheitskonzept und moderner Architektur mit 5-Sterne-Charakter verbinden. Herr Mader, die Bevölkerung wird älter, die Zahl der Pflegebedürftigen nimmt zu. Was kann die Politik dieser Entwicklung entgegensetzen und wie sieht die Gesundheitsversorgung von Morgen aus? Der Landkreis Heidenheim hat sich den zu erwartenden Auswirkungen einer immer älter werdenden Gesellschaft bereits intensiv angenommen und mit seinem Zukunftsprogramm „Brenzregion 2020“ ein breit angelegtes Konzept erarbeitet, mit dessen Umsetzung den von Ihnen genannten Entwicklungen und Gefahren rechtzeitig und gezielt begegnet werden soll. Als TOP-Themen sind die medizinische Weiterentwicklung und die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in den Städten und Gemeinden des Landkreises beschrieben. Wir sehen den Menschen im Mittelpunkt und erarbeiten gemeinsam mit der Ärzteschaft, den Kommunen und dem Klinikum Konzepte, um bedarfsgerechte medizinische Angebote in allen Städten und Gemeinden auch in Zukunft gewährleisten zu können. Nur in einem abgestimmten Miteinander aller Akteure lässt sich die Zukunft gestalten. Die Städte, Gemeinden, Institutionen und Unternehmen der Region haben die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft erkannt. Mit zahlreichen Projekten und Initiativen versuchen sie ein Bewusstsein für eine gesunde Lebensführung zu schaffen. GesundheitswirtschaftinOstwürttemberg 33 Projekte – Alleinstellungsmerkmale und Initiativen Abgerundet wird das Kapital durch die Vorstellung von Initiativen, Projekten und Alleinstellungsmerkmalen der Region im Gesundheitssektor. Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg Das Klinikum Heidenheim, das Ostalb-Klinikum Aalen, die St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen und die Stauferklinik Schwäbisch Gmünd sind seit 2002 vom Sozialministerium als Onkologischer Schwerpunkt Ostwürttemberg ausgewiesen. Sie gehören damit zu den 16 Tumorzentren und Onkologischen Schwerpunkten in Baden-Württemberg, die eine sehr hohe Qualifikation in allen Bereichen der Krebsbehandlung erreicht haben und diese in regelmäßigen Überprüfungen durch Fachexperten nachweisen müssen. Durch wöchentliche Tumorkonferenzen, ein Klinisches Krebsregister, spezielle Serviceabteilungen und Kooperation mit dem Tumorzentrum der Universitätsklinik Ulm sowie Selbsthilfegruppen wird sichergestellt, dass Menschen mit Krebserkrankungen ganzheitlich und auf höchstem fachlichen Niveau betreut werden. Naturheilkunde Bei genauerer Analyse der gesundheitswirtschaftlichen Strukturen der Region Ostwürttemberg, lässt sich eine Schwerpunktbildung im Bereich der Naturheilkunde feststellen, wie sie in keiner der umliegenden Regionen vorzufinden ist. Belegabteilung Homöotherapie, Klinikum Heidenheim Die bereits 1946 aus einer Bürgerinitiative gegründete Belegabteilung für Homöotherapie entwickelte sich zum 34 Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg festen Bestandteil des therapeutischen Angebots des Heidenheimer Klinikums. Außergewöhnlich ist der regionale Hintergrund, vor dem die naturheilkundliche Orientierung wachsen konnte. In Heidenheim gibt es zwölf homöopathische Vereine. Die ortsansässige Firma Voith hat den Aufbau der anthroposophischen Medizin unterstützt. In dieser Form ist die Belegklinik, als feste Einrichtung an einem kommunalen Krankenhaus, in Deutschland einmalig. Der Belegarzt der homöopathischen Abteilung, Dr. Andreas Laubersheimer berichtet, dass im vergangenen Jahr Patienten aus dem ganzen Bundesgebiet in Heidenheim behandelt worden seien. Etwa die Hälfte der Patienten kommt nicht aus dem Landkreis Heidenheim. Die Belegung der 18 Betten lag in der Vergangenheit bei ca. 93 Prozent, es werden jährlich rund 300 Patienten behandelt. Die Entwicklung neuer Therapien ist eine wesentliche Aufgabe der Belegklinik. Besondere Therapieerfolge werden regelmäßig in homöopathisch-anthroposophischen Fachzeitschriften publiziert. Weitere Infos: www.kliniken-heidenheim.de Abteilung Naturheilmedizin, Klinikum Schwäbisch Gmünd Als zweites Akutkrankenhaus in Baden-Württemberg erhielt das Klinikum Schwäbisch Gmünd im Jahr 2002 eine Abteilung für Naturheilmedizin. Die Abteilung wird durch Dr. Gisela Schneider geleitet. Im Vordergrund stehen dabei die klassischen Bereiche der Naturheilkunde wie Ernährung, Ausleitung von Giften und die Mobilisierung der körpereigenen Abwehrkräfte. Es wird eine Vielzahl von Therapien angeboten, welche die Methoden der konventionellen Medizin unterstützen und gerade auch bei chronischen Erkrankungen gute Behandlungserfolge ermöglichen. Ein Alleinstellungsmerkmal ist die neu eingeführte Behandlungsmethode Hyperthermie, die unter anderen auch in der Onkologie, bei chronischen Rückenschmerzen und Entzündungen eingesetzt wird. Weitere Infos: www.klinikum-sgd.de WELEDA Heilpflanzengarten Bei Weleda sind Heilpflanzengärten seit den Anfängen im Jahr 1922 essenzieller Bestandteil der Unternehmenskultur. Neben dem Anbau von Heilpflanzen für die Produktion der Arznei- und Körperpflegemittel sind die Gärten ein ideales Mittel, möglichst vielen Menschen die gelebte Unternehmensphilosophie „Im Einklang mit Mensch und Natur“ nahe zu bringen. Auf 20 Hektar wachsen 260 verschiedene Pflanzenarten, von denen 180 sozusagen direkt vom Feld in die Tube kommen. Europas größter Heilpflanzengarten ist das Herz der WELEDA AG. Das Erlebniszentrum in Schwäbisch Gmünd-Wetzgau bietet Führungen und vielfältige Seminare und Workshops an. Weitere Infos: www.weledanaturals.de steht ein regional orientiertes Internet-Portal, das als Informations- und Kommunikationsplattform dient. Dieses ermöglicht umfassende Recherchen zu „Gesundheitsthemen“ und Anbietern speziell im Ostalbkreis und der Region Ostwürttemberg. Nutzer finden viele medizinische Informationen: Sie können in einer Datenbank Ärzte und medizinische Dienstleister recherchieren und sich über Veranstaltungen zum Thema Gesundheit informieren. Neue Wege ging der Ostalbkreis auch beim Aufbau eines Pflegeführers und er verfügt seit 2001 als einer der ersten Landkreise Baden-Württembergs über ein Online-Informationssystem zum Thema Pflege. Der unter www.ostalbkreis.de/Pflege einsehbare Pflegeführer wurde zu einer umfangreichen und verlässlichen Informationsquelle für pflegende Angehörige, die eine passende Pflegeeinrichtung oder eine häusliche Pflegehilfe suchen. Aalen Röthardt - Heilklimatischer Kurort mit HeilstollenKurbetrieb 2004 erhielt der Heilstollen Aalen das Prädikat „Heilstollen-Kurbetrieb. Die Luft innerhalb des Stollens ist reiner als das Meeres- oder Gebirgsklima. Seit 1989 haben 6.300 Patienten insgesamt 93.000 Heilstollen-Therapien zur Behandlung von Atemwegerkrankungen genutzt. Durch die Kurortanerkennung ist eine deutliche Steigerung der Patienten- und Anwendungszahlen zu verzeichnen. Die Heilstollentherapie ist besonders gut geeignet für Patienten mit Asthma bronchiale, chronischer Bronchitis, allergischen Nebenhöhlenerkrankungen, Heuschnupfen und Neurodermitis. Der Heilstollen befindet sich in einem eigens dafür eingerichteten Bereich des früheren Eisenerzbergwerkes. Weitere Infos: www.heilstollen-aalen.de Limes-Thermen Aalen Die im römisch-antiken Ambiente gestalteten LimesThermen Aalen wurden 1985 eröffnet. Vier Innenbecken und ein Außenbecken werden vom 34° Celsius warmen Thermal-Mineralwasser gespeist. Das staatlich anerkannte Heilwasser entspringt einer Tiefe von 600 Metern. Eine Kneippanlage, Tepidarium, Farb-Licht-Anwendung, Saunen, Solarien, ein römisch-irisches Dampfbad und die physikalische Abteilung mit Krankengymnastik und Anwendungen stehen den Gästen zur Verfügung. Weitere Infos: www.limes-thermen.de Gesundheitsnetz Ostalbkreis Um das Thema Gesundheit stärker in den Vordergrund zu stellen und den Ostalbkreis als Gesundheitsregion zu etablieren, hat das Landratsamt Ostalbkreis die Initiative „Gesundheitsnetz Ostalbkreis“ gestartet. Im Zentrum Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg 35 Telemedizin-Projekte des Ostalbkreises Der Ostalbkreis begleitet drei, vom Land Baden-Württemberg geförderte, Modellprojekte der Telemedizin. Die Projekte „Telekonsultation Chronische Wunde“, „Tele-EKG bei Patienten mit Herz-Rhythmus-Störungen“ und „Teleprüfung Sturzgefährdung“ sind auf eine Dauer von drei Jahren angelegt. An deren Durchführung sind die Kliniken des Ostalbkreises, niedergelassene Ärzte sowie neun Sozialstationen und ambulante Pflegedienste beteiligt. Das erste Projekt „Telekonsultation Chronische Wunde“ läuft in der Praxis seit Ende Juli 2009 mit insgesamt 35 Patienten. Die Motivation des Landkreises ist vielfältig. Die demographische Entwicklung mit einem steigenden Anteil an alten und hochbetagten Menschen bedingt zunehmende Patientenzahlen, bei steigendem Kostendruck im Gesundheitswesen. Mit zunehmendem Alter treten Mobilitätsprobleme der Patienten auf, die den Besuch eines Arztes erschweren. Hinzu kommen trotz der dezentralen klinischen Versorgung lange Anfahrtswege im ländlich geprägten Ostalbkreis, der flächenmäßig zu den größten Kreisen im Land zählt. Initiative „Gesundheit“ und Haus der Gesundheit Schwäbisch Gmünd „Gesundheit in Schwäbisch Gmünd“ ist eine Initiative der Stadt Schwäbisch Gmünd, der BARMER GEK und der WELEDA AG. Durch verschiedenste Aktionen soll Schwäbisch Gmünd zur Gesundheitsstadt werden und damit für Bürger, Wirtschaft und Besucher an Attraktivität gewinnen. Sinn und Zweck dieser Initiative ist es auch, eine Plattform für die Menschen, Vereine und Unternehmen zu schaffen. Den Partnern soll ermöglicht werden, Netzwerke aufzubauen, Kontakte zu knüpfen und gemeinsame Projekte zu starten. Die Umwandlung des Schwäbisch Gmünder Margaritenhospitals in ein Gesundheitszentrum ist im Jahr 2010 geplant. Auf 8.000 qm sollen Ärzte und Gesundheitsdienstleister unter einem Dach untergebracht werden. Dies bringt einige Vorteile mit sich. Zum einen wird eine Zeitersparnis des Patienten durch kurze Wege und schnellen Informationsfluss erreicht. Stationäre Krankenhausaufenthalte können vermeidbar gemacht werden. Zum anderen erzielt das Gesundheitszentrum durch gemeinsame Werbeaktionen und Veranstaltungen der einzelnen Anbieter mehr Aufmerksamkeit für seine Angebote bei geringeren Kosten. Kosteneffizienter sollen auch die gemeinsame Nutzung von Apparaten und der gemeinsame Einkauf sein. Den Kern des Konzepts wird ein Zentrum für ambulante Operationen bilden. Eine weitere tragende Säule soll die Einrichtung eines Zentrums für psychosomatische Erkrankungen bilden, bei der eine Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Psychiatrie in Winnenden angestrebt wird. Desweiteren wird im Zentrum eine Dialysepraxis, ambulante Rehabilitationen, Facharztpraxen, eine Apotheke und ein Sanitätshaus untergebracht. Ange- 36 Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg dacht ist zudem ein Vitalzentrum für Wellness und seelische Gesundheit sowie Präventionsangebote in den Bereichen Ernährung, Sucht, Bewegung und Erziehung. Weitere Infos: www.schwaebisch-gmuend.de/1192-Gesundheit.html Gesundheitshaus Heidenheim In Heidenheim plant ein Inverstor den Bau eines Gesundheitshauses auf dem ehemaligen Ploucquet-Areal. Die Gespräche mit Interessenten für die Immobile verliefen erfolgreich. Interesse bekunden zahlreiche Mediziner sowie viele medizinische Dienstleister. Daneben soll ein Wohnheim mit 24 Plätzen neben einem Förder- und Betreuungsbereich mit einem so genannten „Kompetenzzentrum Sehen“ als Kooperationsprojekt der Nikolauspflege und der Lebenshilfe entstehen. Derzeit wird davon ausgegangen, dass das Projekt 2011 realisiert werden kann. 5 Ausblick Die Gesundheitswirtschaft wird in den nächsten Jahren zu den wachstumsstärksten Bereichen der Wirtschaft zählen. Das Wachstum wird begünstigt durch die demographische Entwicklung, durch das veränderte Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung und die Bereitschaft mehr für die eigene Gesundheit auszugeben sowie durch die Innovationsdynamik in der Medizin und Pharmabranche. Diese zukünftigen Herausforderungen gilt es zu erkennen, anzunehmen und sie mit innovativen Angeboten zu gestalten. Die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg kann als ein Garant für Beschäftigung und Wirtschaftswachstum angesehen werden. Sie zeichnet sich durch Wachstumsraten der Bruttowertschöpfung und durch eine Zunahme der Erwerbstätigen aus. Mit der vorliegenden Studie wird aufgezeigt, dass Ostwürttemberg nach dem Zwiebelmodell im Kernbereich, in der Vorleistungs- und Zulieferindustrie sowie in den sogenannten Randbereichen über eine aktive Gesundheitswirtschaft verfügt. Die Ergebnisse der Studie bieten erste Anhaltspunkte hinsichtlich der Entwicklungschancen und Herausforderungen für die regionale Gesundheitswirtschaft. Eine große Chance für die regionale Gesundheitswirtschaft liegt vor allem in der bereichsübergreifenden Verknüpfung gesundheitsbezogener Angebote in der Gesundheitswirtschaft. Daraus können die Ausweitung des Angebotsspektrums und die Schaffung zusätzlicher Nachfrage nach Produkten beziehungsweise Gesundheitsdienstleistungen resultieren. Bereits heute haben die Unternehmen die Seniorinnen und Senioren als wichtigen neuen Markt erkannt, in dem attraktive neue Potenziale für die Vermarktung von zielgruppengerechten Dienstleistungen und Produkten bestehen. Die ansteigende Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für privat finanzierte Gesundheitsleistungen und –produkte wird durch aktuelle Studien zur Gesundheitswirtschaft wie der GDI-Studie Health Horizons oder der Roland Berger Studie zum Zweiten Gesundheitsmarkt belegt. Die Entwicklung der Gesundheitswirtschaft hängt allerdings auch ab von den gesundheitspolitischen Reformen im öffentlichen Gesundheitswesen. Als Chancen für die Gesundheitswirtschaft können an dieser Stelle neue Versorgungskonzepte genannt werden wie beispielsweise der Aufbau von Integrierten Versorgungsstrukturen, die sektorenübergreifend Patienten nach bestmöglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen versorgen sowie die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Veränderungen im Gesundheitswesen entstehen für Unternehmen neue Chancen. Hier gilt es, die Entwicklung neuer marktfähiger Produkte und Dienstleistungen für die Akteure in der Gesundheitswirtschaft aus verschiedenen Perspektiven zu unterstützen. Mit Blick auf Ostwürttemberg als Standort für Gesundheitsindustrie bedeutet dies, den ansässigen Unternehmen optimale infrastrukturelle Gegebenheiten zu bieten, so dass sie ihr unternehmerisches Potenzial erhalten und ausbauen können. Weitere Chancen für die Gesundheitswirtschaft liegen in der Stärkung des Forschungspotenzials in der Region sowie im gezielten Standortmarketing zur Etablierung der regionalen Gesundheitswirtschaft und auch im Wettbewerb mit anderen Gesundheitswirtschaftsstandorten. Ein attraktives Aus- und Weiterbildungsangebot ist für die Weiterentwicklung der regionalen Gesundheitswirtschaft entscheidend. Ostwürttemberg kann ein gutes akademisches und nichtakademisches gesundheitsrelevantes Bildungsangebot aufweisen. Die Anpassung des bestehenden Angebots an aktuelle Entwicklungen kann jedoch zur Differenzierung der regionalen Gesundheitswirtschaft beitragen. Eine strukturelle Herausforderung, die sich jetzt schon abzeichnet, ist der zukünftige Ärztemangel in der Region. Im Ostalbkreis sind bereits über 50 Prozent der Ärzte über 55 Jahre alt. Die niedergelassenen Ärzte in der Region haben Schwierigkeiten Nachfolger zu finden. Die ersten Initiativen sind entstanden, um aktiv dem Ärztemangel entgegenzuwirken. Die Kreisärzteschaft Aalen und Schwäbisch Gmünd, die Kliniken des Ostalbkreises und der Landkreis Ostalbkreis haben ein Positionspapier mit verschiedenen Kernpunkten entwickelt wie beispielsweise die Erarbeitung eines Weiterbildungskonzept zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Eine weitere Chance für die regionale Gesundheitswirtschaft liegt in der stärkeren Vernetzung der Akteure, um zukünftige Herausforderungen innovativ angehen zu können. Mit einer Vernetzung in der Gesundheitswirtschaft wird der Austausch in und zwischen den Branchen gewährleistet. Sie kann so zur Entwicklung von neuen Angeboten und auch zu neuen Kontakten beitragen. Die Region könnte damit eine Art Vorbildfunktion übernehmen und Regionen mit ähnlichen Strukturen als Vorbild dienen. Durch den medizinischen Fortschritt und auch durch die Gesundheitswirtschaft in Ostwürttemberg 37 Starthilfe u. Unternehmensförderung Industrie- und Handelskammer Ostwürttemberg IHK-GründunGswerKstatt Erfolgreich gründen Persönlichkeitstest – www.gruendungswerkstattBin ich ein unternehmertyp? ostwuerttemberg.de sie haben Fragen – Ihr IHK-tutor antwortet 3 stufen zum erfolg: Orientierung – Planung – Praxis OrIentIerunG - antworten auf Ihre Fragen - testen sie Ihr wissen - Lernen von anderen selbständigen PLanunG - Mit software „Miniplan“ kostenlos zum Businessplan - Gründen lernen im selbststudium PraxIs - Informationen kompakt – von Marketing bis Buchführung IHK-Hotline Gründungswerkstatt Tel. 07321 324-182 www.gruendungswerkstatt-ostwuerttemberg.de IHK Ostwürttemberg Ludwig-Erhard-Straße 1 89520 Heidenheim Postfach 14 60 89504 Heidenheim Tel. 07321 324-0 Fax 07321 324-169 [email protected] www.ostwuerttemberg.ihk.de