lichter - RWTH Aachen University
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Zeitung der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen 4 2012 Die Theatergruppe Actor’s Nausea gab mit kurzen Spielszenen während der RWTHWissenschaftsnacht lebendige Einblicke in englische Literaturgeschichte. Foto: Peter Winandy Actor’s Nausea Mit William Shakespeares letztem großen Werk „The Tempest“ – zu deutsch „Der Sturm“– trat die englischsprachige Theatergruppe Actor’s Nausea zum zwanzigsten Mal auf die Bühne. Sie wurde mit stürmischem Beifall gefeiert. Die Gruppe, die vor zwölf Jahren von Mollie Jackson, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Anglistik, Amerikanistik und Romanistik, ins Leben gerufen wurde, führt seit zehn Jahren jedes Semester ein anderes Stück auf. Mit Actor’s Nausea wollte Jackson ihren Studierenden vor allem einen spielerischen Umgang mit dem Englischen ermöglichen und ihnen ein Gefühl für die Sprache vermitteln. Den Namen der Gruppe übersetzen die Mitglieder mit Lampenfieber, wörtlich übersetzt heißt es Schauspielerübelkeit. „Wir sind alle Laiendarsteller, da ist man auch nach einigen Jahren immer noch nervös, wenn man auf die Bühne treten muss“, erläutert Julia Glock, die an der RWTH Englisch und VWL studiert. Bei Actor’s Nausea ist sie für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Theater spielte sie bereits während ihrer Schulzeit. Um bei Actor’s Nausea mitmachen zu können, brauche man aber keine Erfahrungen, erläutert die 24-jährige Studentin. Jeder sei willkommen, ebenfalls Studierende aus anderen Fachbereichen, Absolventen sind auch noch aktiv dabei: „Männliche Akteure sind allerdings rar, die suchen wir ständig.“ Derzeit gibt es 20 Schauspielerinnen und Schauspieler, zehn weitere Personen helfen „backstage“, also hinter der Bühne. Wenig Budget und viel Kreativität Auch die Amateure aus der Hochschule halten gerne die Regeln der Profis ein: „Wünsche niemals ‚Viel Glück‘ vor der Vorstellung, sonst verkehrt sich dies ins Gegenteil“, erzählt Glock. „Wir nehmen ebenfalls auf keinen Fall den Namen Macbeth in den Mund.“ Den er gehöre zu den Geistern, die auf den Bühnen umgehen und Schabernack treiben wollen. Der Aberglau- be ist aber nicht das Erfolgsrezept von Actor’s Nausea, sondern die gute und vom Publikum anerkannte schauspielerische Leistung. Auf ein bestimmtes Genre ist man nicht festgelegt, zum Repertoire gehören unter anderem ein Stück von Woody Allen und eines von Terry Pratchett. Die Darstellungen überzeugen auch mit der Bühnenausstattung, sie wird komplett in Handarbeit angefertigt. Zur Gruppe gehört eine Architekturstudentin, die immer wieder kreative Ideen für wenig Geld umsetzt. Das Budget ist knapp, viele Sachen müssen in Eigenregie auf die Beine beziehungsweise Bühne gestellt werden: Kostüme, Make-up, Haarstyling, Requisiten, Werbung, die Anmietung des Space im Ludwig Forum. Da lerne man nicht nur die Facetten des Projektmanagements kennen, sondern auch Grenzen, zum Beispiel bei der Stückauswahl. „Gerade die Urheberrechte an neuen Werken sind oftmals teuer“, so Glock. Mit „The Tempest“ zeigte Actor‘s Nausea 2012 ein Werk voller Charaktere, die alle glauben, ihr Schicksal selbst bestimmen zu können. Zwölf Akteure kamen etwa gleichermaßen zur Sprache, insgesamt 18 Schauspieler standen auf der Bühne. Das Stück enthält viele Details, es ist zugleich Liebesgeschichte, Komödie und Tragödie mit Geistern, Intrigen und Magie. Glock spielte die Rolle der Sebastiana: Sie ist eine der intriganten Schwestern, die versuchen, Einfluss auf die Liebesgeschichte zwischen Miranda, der Tochter der Zauberin Prospera, und Ferdinand, dem Königssohn von Neapel, zu nehmen. Die Hauptdarstellerin Néomi Havinga ist bereits seit acht Jahren im Ensemble, erst als Studierende, jetzt ist sie Trainerin bei Apple. Sie betont: „Dass die Aufführung ein großer Erfolg war, haben wir nicht zuletzt unseren beiden Regisseurinnen Elisabeth Kuth und Julia Fink zu verdanken. Sie hielten die Fäden von der Planung bis zur Inszenierung in der Hand und motivierten uns Darsteller ständig.“ Nach dem Stück ist vor dem Stück In den Monaten danach erfolgten die Planungen und Vorbereitungen für die nächste Saison. Zunächst wurde ein Stück gesucht und den Mitgliedern präsentiert. Die einzelnen Rollen werden in einem Casting besetzt, wobei jeder sich auf Wunschrollen bewerben kann. Wichtig ist dabei, wie die Akteure miteinander harmonieren. „Die Interpretationen sind besonders spannend, da treten meist ganz unterschiedliche Akzente zutage“, so Glock. Die erste Produktion des Jahres 2013 wird ein Stück von Scott Lynch-Giddings in fünf Akten sein. Es trägt den langen Titel „A Fancyfull Historie of That Most Notable & Fameous Outlaw Robin Hood“. Im Jahre 1995 in Chicago uraufgeführt, werden in dem Stück die englischen Folkloregeschichten um Robin Hood mit der Eleganz von Versen im Stil Shakespeares vereint. Während der heißen Phase wird dann zwei Mal wöchentlich geprobt, parallel laufen die Backstagearbeiten. Zwei Wochen vor Aufführungsbeginn finden fast täglich Proben statt. Eine Stunde vor der Premiere gibt es ein letztes Vocal-Training vor noch leeren Rängen. „Da spätestens packt uns alle wieder das Lampenfieber“, ist sich Julia Glock sicher. Dann helfe nur noch eines: Hände reichen, drei Mal über die Schulter des Nachbarn spucken und „toi toi toi“ rufen. Celina Begolli Die nächsten Aufführungen im Space des Ludwig Forum Aachen: Do, 11. April 2013, 20 Uhr Fr, 12. April 2013, 20 Uhr Sa, 13. April 2013, 20 Uhr So, 14. April 2013, 18 Uhr www.actorsnausea.de 605 Stipendien für Studierende Die RWTH Aachen ist zum vierten Mal in Folge Spitzenreiterin bei der Stipendienvergabe in NRW: Durch den Bildungsfonds, das Stipendienprogramm der Hochschule, werden 605 Studierende gefördert. Sie erhalten für die Dauer eines Jahres 300 Euro monatlich. Mehr als eine Million Euro wurden dafür von privaten Förderern eingeworben, verdoppelt wird diese Summe aus Mitteln der öffentlichen Hand. Die Vergabe der Stipendien erfolgt in Kooperation mit dem Deutschlandsti- pendium und NRW-Stipendienprogramm. Zum Wintersemester 2012/2013 werden 491 der Stipendien durch das Deutschlandstipendium unterstützt. 114 Stipendien können in Kooperation mit dem NRW-Stipendienprogramm vergeben werden. Beide Programme arbeiten nach folgendem Förderprinzip: Pro 1.800 Euro, welche die RWTH von privaten Spendern, Unternehmen, Stiftungen, Vereinen und Verbänden für ein Stipendium einwirbt, wird aus öffentlicher Hand noch einmal der gleiche Betrag gestiftet. Ziel der Programme ist es, begabte und aussichtsreiche Talente aller Fachrichtungen - unabhängig vom Einkommen der Eltern und ungeachtet der Herkunft – zu fördern. Studienanfänger und Studierende höherer Semester sind gleichermaßen Zielgruppe. Im Rahmen eines Begleitprogramms bauen Förderer und Stipendiaten persönliche Kontakte auf, so können die Studierende auch Einblicke in den Arbeitsalltag gewinnen. Exzellenzinitiative – Start in die zweite Runde Intensive Vorarbeiten gingen voraus: 2009 beschlossen Bund und Länder, die Exzellenzinitiative in einer zweiten Phase von 2012 bis 2017 fortzuführen. Bis September 2010 hatten die Hochschulen Zeit, Antragsskizzen für Graduiertenschulen, Cluster und Zukunftskonzepte einzureichen. Ein halbes Jahr später erfolgte die Aufforderung, Langanträge zu formulieren. Anfang Januar 2012 besuchte eine 14-köpfige, international besetzte Gutachtergruppe die RWTH und bewertete das Zukunftskonzept II. Im Juni dieses Jahres gaben DFG und Wissenschaftsrat die Ergebnisse bekannt. Der Exzellenzwettbewerb hatte viele Menschen an der Hochschule in Atem gehalten. Zu Beginn der Förderung im November 2012 griff der erste Strategie-Workshop in der zweiten Exzellenzrunde den „Spirit der Antragstellung“ auf, um erneut das kreative Potenzial der Vertreterinnen und Vertreter aller Gruppen der Hochschule für die Umsetzung zu gewinnen. Dabei stand das Zukunftskonzept im Mittelpunkt. erschließen und die fächerübergreifende Zusammenarbeit der Professorenschaft auch mit Jülich ausbauen. Das Forschungszentrum Jülich bleibt generell ein wichtiger Partner und die gemeinsame Plattform JARA – die Jülich Aachen Research Alliance – eine Basis, um wissenschaftliche Herausforderungen zu meistern. Neben den bisherigen JARA-Sektionen mit den Themen Hirnforschung (BRAIN), nachhaltige Energieversorgung (ENERGY), Informationstechnologien der Zukunft (FIT) und Simulationswissenschaften mit Hochleistungsrechnern (HPC) wurde jetzt die fünfte Sektion JARA-FAME gegründet. Sie hat die Teilchenphysik zum Forschungsinhalt. Grundsätzlich bilden die JARA-Professuren eine Brücke zwischen den beiden Institutionen RWTH Aachen und FZ Jülich. Mit den JARA-Instituten erschließen sie ein großes Zukunftspotenzial. Auch das dritte Maßnahmenpaket „Place to Be“ baut auf den Erfahrungen und Strukturen des ersten Zukunftskonzepts auf. Spezielle Programme richten sich an Studierende, Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, Angehörige des Mittelbaus und Professorinnen sowie Professoren. Ziele des Zukunftskonzepts In seinem Einführungsvortrag richtete Rektor Ernst Schmachtenberg den Blick nach vorne: „Diskussionen, ob das Glas halbvoll oder halbleer ist, sind müßig. Es stellt sich die Frage: Wie nutzen wir die Chancen, die wir bekommen haben?“ Diese Chancen bedeuten einen Wert von insgesamt 123 Millionen Euro. Das ist die gesamte Fördersumme, die die RWTH in den kommenden fünf Jahren im Rahmen der Exzellenzinitiative erhält – davon allein 60 Millionen Euro für das Zukunftskonzept II. Im Anschluss skizzierte der Rektor die Ziele des Zukunftskonzepts: • das international sichtbare wissenschaftliche Profil schärfen und festigen, • einen wesentlichen Beitrag zur Spitzenforschung in Deutschland leisten, • am globalen Wettbewerb teilnehmen, • das wissenschaftliche Potenzial in vollem Maße nutzen, • den komplexen Herausforderungen der Zukunft mit ganzheitlich ausgerichteten Forschungsstrategien begegnen. Umfassender Maßnahmenkatalog Das Konzept sieht zur Erreichung dieser Ziele vier Kategorien von Maßnahmen vor. Zu ihnen gehört die Schärfung des wissenschaftlichen Profils: Mit bewährten Forschungsförderungen wie Seed Funds werden auch zukünftig vielversprechende Projektideen unterstützt, und auch die Projekthäuser setzen ihre Arbeit fort. Mit den neuen Distinguished Professorships sollen international herausragende Naturwissenschaftler gefördert werden. Die Integrierten Interdisziplinären Institute – sie werden kurz I3 genannt – werden neue Forschungsbereiche PuL optimiert Studium 2 und Lehre „Zu unserem Projektteam gehören fünf Personen, aber in allen Fakultäten und Einrichtungen der Hochschule arbeiten Kolleginnen und Kollegen mit uns zusammen“, berichtet Dr. Marguerite Franssen. Das gemeinsame Ziel ist, die Abläufe rund um Studium und Lehre für Studierende wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Fakultäten oder Verwaltung zu optimieren. Franssen leitet seit Januar 2011 das Projekt „Reorganisation der Prozesse rund um das Prüfungsleistungsund Lehrveranstaltungsmanagement einschließlich der Einführung einer integrierten Softwarelösung“, kurz PuL genannt. Zwischenzeitlich wurde es um die Bereiche Bewerbung, Zulassung, Studierenden- und Gebührenmanagement erweitert. Angesiedelt ist das Projekt im Verwaltungsdezernat 1.0 - Akademische und Studentische Angelegenheiten. „Probleme im Studienbetrieb entstanden beispielsweise durch die größere Komplexität aufgrund des Bologna-Prozesses. Dies hatte unterschiedliche Fristen und Termine, mangelnde Transparenz in Abläufen oder nichtkompatible IT-Systeme zur Folge“, beschreibt Franssen die Ausgangslage. Die Anschaffung einer Software alleine hätte nicht weitergeholfen: Zunächst musste innerhalb der Hochschule softwareunabhängig reorganisiert – im übertragenen Sinne „aufgeräumt“ – werden. In Workshops mit Vertretern der Fakultäten, der Studierenden, des Rechen- und Kommunikationszentrums und der Zentralen Hochschulverwaltung wurde daher zunächst der Ist-Zustand erfasst und ein Soll-Zustand definiert. Neues System für das Campus-Management In drei Teilprojekten – Studiengangmodellierung, Semesterplanung sowie Teilnehmer- und Leistungsmanagement – entstanden zahlreiche Arbeitspakete. Im Mai 2012 erklärten die Dekane und Studiendekane aller Fakultäten ihr Einverständnis zum geplanten weiteren Vorgehen. Infopakete, Leitfäden oder auch Handreichungen werden zurzeit in Zusammenarbeit mit den Fakultäten im Rahmen der softwareunabhängi- Ein eindrucksvoller Start: Teilchenphysiker der RWTH sind am AMS-Experiment beteiligt, das an Bord der Mission STS-134 zur internationalen Raumstation befördert wurde. Die Wissenschaftler gehören auch zur neuen, exzellenzgeförderten JARA-Sektion FAME. Foto: NASA Profilbereiche spiegeln das RWTH-Leistungsspektrum Die vierte Maßnahme „Corporate Governance and Structures” umfasst bedeutende Neuerungen wie die Profilbereiche und der Strategiefonds. Letzterer bietet Ressourcen, um strategische Ziele und Forschung zu unterstützen oder herausragende Wissenschaftler nach Aachen zu holen und zu binden. „Die Profilbereiche sind ein entscheidendes Instrument auf dem Weg zu einer integrierten interdisziplinären technischen Universität“, betonte Schmachtenberg während des Workshops. Ihre Aufgabe sei es, im Bereich der Forschung alle Fakultäten zu integrieren und mitzunehmen. In den Profilbereichen spiegele sich das Leistungsspektrum der Hochschule wider. Dazu fördert das Konzept die effektivere Bearbeitung von Großprojekten und somit eine bessere Wettbewerbsfähigkeit. So genannte Steering Committees werden die Profilbereiche leiten und koordinieren. Bis zum Frühjahr 2013 sollen sie die konzeptionellen Weichen stellen. Mit den Profilbereichen will man die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Fakultäten fördern und die internationale Sichtbarkeit der Hochschule erhöhen. Im Schlusswort betonte der Rektor nochmals den Stellenwert der an diesem Tag diskutierten Ziele. Jetzt biete sich die einmalige Gelegenheit, die RWTH für die Zukunft zu positionieren: „Wir legen damit fest, wo wir 2017 nach Ende der Exzellenzinitiative stehen.“ Sabine Busse Das neue Hörsaalgebäude an der ProfessorPirlet-Straße bietet zwei große Hörsäle mit rund 700 Plätzen, einen Seminarraum für 80 Personen sowie Büros und Nebenräume. Dazu steht den Studierenden in fünf PCgestützten Lernräumen mit über 300 Rechnerarbeitsplätzen der größte so genannte CIP-Pool an einer deutschen Hochschule zur Verfügung. Foto: Peter Winandy gen Reorganisation erstellt. Diese Arbeit stellt eine wichtige Grundlage für die integrierte Softwarelösung dar. Oliver Käsmacher, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geographischen Institut, ist für die Fakultät 5 – Georessourcen und Materialtechnik – seit Beginn des Projekts dabei: „Es ist spannend, hier mitzuarbeiten. Aus meiner Sicht lernt die Hochschule im Rahmen des PuL-Projektes viel über sich selbst. Auch wenn es simpel klingt: Je besser man sich wie auch seine Bedürfnisse und Besonderheiten kennt, desto mehr ist man in der Lage, sein Umfeld entsprechend zu gestalten.“ Käsmacher verweist auf die ersten Erfolge: „Wir kennen unsere Anforderungen mittlerweile recht gut, das ist eine solide Ausgangsbasis für die nächsten Schritte.“ Künftig soll ein umfassendes Campus-Management-System die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fakultäten ebenso wie in der Verwaltung bei ihrer Arbeit unterstützen. Franssen: „Wir stellen uns ein System vor, das den einzelnen Studierenden von der Bewerbung und Zulassung über das Studierenden- und Prüfungsmanagement bis hin zum Studienabschluss begleitet. Hinzu kommen noch zahlreiche Anforderungen im Lehrraum- und Veranstaltungsmanagement.“ Das Projektteam bereitete daher die Ausschreibung des Softwaresystems vor, das eine für die RWTH optimal passende Unterstützung mit Informationstechnologie bietet. Ab Ende 2014 soll das neue System schrittweise eingeführt werden. Angelika Hamacher Professor Thomas Küpper führt mit Doktoranden der Medizinischen Fakultät Tests im hochalpinen Raum durch. Foto: RWTH Aachen Metern sollte der Höhenunterschied zum nächsten Punkt der Übernachtung daher nicht mehr als 300 Meter je Tag oder aber 500 bis 600 Meter an jedem zweiten Tag betragen. „Wir beobachten immer wieder, dass Personen zu schnell zu hoch steigen“, so Küpper. „Nur wenn man sich langsam an die Höhe gewöhnt, kann der Körper ausreichend Sauerstoff aufnehmen.“ Die langsame Höhenanpassung ist keine Garantie für ein Ausbleiben der Höhenkrankheit, aber die bisher bekannteste und wirksamste Methode zur Vorbeugung. Die Anpassungsfähigkeit der Menschen ist unterschiedlich. Generell zeigte sich, dass Menschen nach symptomfreiem Aufenthalt in großer Höhe auch zukünftig wenig Beschwerden in der Höhe haben. Treten dennoch Beeinträchtigungen auf, wissen Bergführer oft nicht, wie sie Erste Hilfe leisten können. „Die Kurse im Rahmen der Führerscheinprüfung sind nicht auf jede Situation übertragbar“, erläutert Küpper. So erarbeitet das Institut in Aachen ein modulares Erste-Hilfe-System für die Disziplinen des Alpinsports, welches zielgruppengerecht übertragen werden kann. Es wird aus einem Basismodul bestehen und einem jeweils disziplinspezifischen Aufbaumodul. Feldforschung am Mount Everest Rund 400.000 Touristen aus Mitteleuropa nehmen jährlich an einer Trekkingreise in Europa, Südamerika, Nordafrika oder Asien teil. Damit gehört Trekking zu einer der beliebtesten Freizeitsportarten. Viele der Abenteurer sind aber oftmals nicht ausreichend auf eine Unternehmung in mehreren tausend Meter Höhe vorbereitet. Das betrifft vor allem das Sicherheitsmanagement, die Erste-Hilfe-Kenntnisse, aber auch die zahnmedizinische Vorsorge. Aus diesem Grund hat Professor Dr. med. Thomas Küpper vom Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin ein Projekt ins Leben gerufen: In der „Aachen Dental and Medical Expedition“ (ADEMED) lernen Promotionsstudierende, wie Feldforschung in abgelegenen Gebieten organisiert wird. „Daten müssen dort gesammelt werden, wo sie entstehen. Dazu gehört auch der Umgang mit örtlichen Behörden und Trägern, die Budgetierung und Öffentlichkeitsarbeit“, berichtet Küpper. Im Himalaya-Gebiet wird auf 5.550 Meter Höhe geforscht. Die Studierenden untersuchen zum Beispiel die Trinkwasserhygiene der Reisenden, ihre Vorerkrankungen, die Reiseapotheke und den Konsum leistungssteigernder Mittel. Die deutsch-nepalesische Zusammenarbeit mit Ärzten und Studierenden vor Ort funktioniert gut. Spezielles Erste-Hilfe-System für Alpinsport Eines der größten Probleme beim Trekking ist die Höhenkrankheit. Mit steigender Höhe sinkt der Sauerstoffgehalt der Luft. In 5.500 Meter Höhe ist der Sauerstoffpartialdruck 50 Prozent geringer als auf Meeresniveau. Durch den niedrigen Druck gelangt weniger Sauerstoff in das arterielle Blut – man ist schneller außer Atem, die Leistungsfähigkeit sinkt. Außerdem führt Sauerstoffmangel zu einer Mangelerscheinung im Gewebe, der so genannten Hypoxie. Das Gehirn ist am stärksten betroffen, der Wassergehalt der Hirnzellen nimmt zu, so dass diese anschwellen. Der steigende Hirndruck führt zu Störungen im Nervensystem: Symptome der leichten Form sind Kopfschmerzen, Schwindel, Atemnot oder Übelkeit. Zu den schweren und lebensbedrohlichen Folgen gehören Seh- und Bewegungsstörungen und psychisch abnormes Verhalten. Ab etwa 2.500 Kármán-Preis für Christine Blesinger Und es geht doch: Auch wenn die starke Belastung der Studierenden immer wieder thematisiert wird – Christine Blesinger zeigte, dass Studium und ehrenamtliches Engagement miteinander vereinbar sind. Die heutige wissenschaftliche Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Technische Thermodynamik der RWTH hat während ihres Maschinenbaustudiums nicht nur Kraftübertragung, Strömungslehre und Maschinenelemente gebüffelt. Darüber hinaus setzte sie sich in vielen Funktionen und Ämtern für die Belange der Studierenden und der RWTH ein. Für dieses vorbildliche Verhalten erhielt sie den Kármán-Preis 2012 der Hochschule. Die Vergabe dieses Preises beschließt der Senat der RWTH Aachen. Mit dem Preis werden die herausragenden Verdienste von Christine Blesinger um die Lehre und ihr besonders Engagement für die RWTH Aachen – verbunden mit ihrer sehr guten Studienleistung – gewürdigt. Konstruktives Miteinander „Es besteht immer die Wahl, Veränderungsprozesse geschehen zu lassen oder diese aktiv mitzugestalten“, erläutert Blesinger. Letzteres liegt der gebürtigen Trierin. Schon als Gymnasiastin engagierte sie sich in der Schülervertretung am Rhein-Sieg-Gymnasium in Sankt Augustin. Die dabei häufigen Aktivitäten wie Partyorganisation, Kiosk-Verkauf und Schülerzeitung wurden während ihrer Studienzeit durch vermeintlich trockenere Themen wie Finanzen, Bauprojekte, Neuordnung der Rahmenprüfungsordnung oder Verbesserung der Lehre abgelöst. „Eine zu harte Prüfungsordnung kann während des Studiums richtig weh tun“, berichtet die Preisträgerin. Um die Interessen der Studierenden zu vertreten, arbeitete sie 2008/2009 in der Satzungskommission für die Rahmenprüfungsordnung an der RWTH Aachen mit. Kompromisse im Sinne aller finden war hier wie auch in anderen Gremien ihre Intention. Mit dem Ergebnis ist Blesinger zufrieden: „Letztlich mussten wir im Maschinenbau einige Kármán-Preisträgerin Christine Blesinger betreut Studierende des Maschinenwesens in einer Übung. Foto: Peter Winandy Federn lassen. Dafür haben wir für die Studierenden der anderen Fakultäten aber bessere Bedingungen, insbesondere bei den mündlichen Prüfungen, erreicht.“ In den nächsten Semestern folgten viele weitere Aktivitäten in Hochschulgremien – beispielsweise im Fakultätsrat, in der Haushalts- und Strukturkommission, der Kommission für die Verwendung der Studienbeiträge oder als Sprecherin für die Gruppe der Studierenden im Senat. „Doch die Sternstunde der Christine Blesinger kam, als sich die RWTH im bundesweiten Wettbewerb Exzellenz der Lehre bewähren musste“, so die Einschätzung von Prof. Dr. Dr. Wolfgang Thomas. Der ehemalige Senatsvorsitzender hielt die Laudatio für Blesinger während der Verleihung im Rahmen einer Feierstunde in der Aula des Hauptgebäudes. Zahnprävention ist wichtig Bislang gibt es kaum Daten über Zahnprobleme beim Trekking und nur wenig Kenntnisse, wie diese durch Prophylaxe vermieden werden können. Deshalb untersuchten die Promovenden die Mund- und Zahnhygiene der Trekker. Sie ermittelten die Häufigkeit der auftretenden Schwierigkeiten oder Notfälle und erarbeiteten Vorschläge zur Prävention. „Bei jeder betreuten Person wurde zunächst der Zahnstatus erhoben und dabei der Papillenblutungs- und Plaque-Index bestimmt“, so Küpper. Mit kleinen Spezialpapierstiften wurden Proben aus den Sulci, der Furche zwischen Zahn und Zahnfleisch, entnommen. Diese wurden luftgetrocknet und später im Labor der RWTH untersucht. Die Analyse fand in großer Stichprobe mit eindeutigem Ergebnis statt: Die Mundflora unterliegt während des Trekkings signifikanten Veränderungen. Es gibt „IndikatorKeime“ - mindestens ein Keim kommt vermutlich ausschließlich bei Personen vor, die bakterielle entzündliche Zahnprobleme entwickeln. „Zahnprävention ist ein wichtiger Bestandteil vor jedem Höhenausflug“, betont Küpper. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die RWTH mit ihrem Brückenschlag zwischen Human- und Zahnmedizin in der Reisemedizin ein Alleinstellungsmerkmal einnimmt. Präventivmedizinisch beratende Ärzte werden wichtiger in einer zunehmend mobilen, aktiven, aber auch älteren Gesellschaft, die immer häufiger zu sehr abgelegenen Zielen reist. Aus diesem Grund ist ADEMED mittlerweile ein fester Baustein in der medizinischen Lehre und Forschung der RWTH. Etwa alle drei Jahre dürfen so mehrere Promotionskandidaten einige Wochen mit auf Reise. „Sie lernen hier nicht nur, wie gute Feldforschung in Gegenden mit geringer Infrastruktur funktioniert, sie führen diese auch im Team durch. Unter den ungewohnten Bedingungen muss man sich unbedingt aufeinander verlassen können“, betont Küpper. Celina Begolli Botschafterin des „Aachen Way“ Zunächst arbeitete die Ingenieurstudentin laut Thomas aktiv im Redaktionsteam und engagiert bei der Antragstellung mit. Ihr Hauptverdienst bestand aber seiner Meinung nach darin, dass sie in Berlin vor der Jury auch den wesentlichen Teil der Präsentation übernahm. „Und so trat Frau Blesinger furchtlos auf die Bühne, nachdem dort gerade der Achtung gebietende, entschieden auftretende Präsident der TU München gesprochen hatte, und sie gewann mit ihrem begeisternden und sachkundigen Vortrag sofort die Herzen der Juroren“, erinnert sich der Lehrstuhlinhaber der Informatik 7. Christine Blesinger sei eine ideale Botschafterin des „Aachen Way“, dem Zusammenwirken aller Gruppen, wenn es um zentrale Anliegen der Hochschule gehe. Die RWTH Aachen bekam die beantragten Fördermittel, um die geplanten Verbesserungen in der Lehre auch in die Tat umzusetzen. 2011 schloss Blesinger ihr Maschinenbaustudium erfolgreich ab, zurzeit arbeitet sie an ihrer Promotion am Institut für Thermodynamik. Statt Studiengebühren oder Hochschulstrategien gilt ihr Interesse hier der „Mehrkomponentendiffusion in Flüssigkeiten“. Mittlerweile sitzt die Ingenieurin wieder im Senat – als Vertreterin der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ilse Trautwein 3 Studierende beraten Unternehmen Sie beraten gerne und sind aktiv bei „aixsolution e.V.“ – einer studentische Unternehmensberatung in Aachen, vor zwölf Jahren von drei BWL-Studierenden gegründet. Mittlerweile engagieren sich hier Angehörige verschiedener Fachrichtungen von RWTH und FH Aachen. „Die Idee ist nicht neu“, betont Simon Fey, RWTH-Student des Wirtschaftsingenieurwesens, der im Verein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist: „Sie entstand in den 1960er Jahren in Frankreich und konnte sich bis heute in Deutschland als bewährte Initiative etablieren.“ Schnell entwickelte sich deshalb auch in Aachen ein größerer Interessentenkreis, die Nachfrage nach studentischen Unternehmensberatungen wuchs. Heute zählt der Verein um die 30 Mitglieder. Umfassende Schulungen und ein Beirat, der aus Ehemaligen besteht, sichert die jugendliche Beratungsqualität. Unterstützung erfahren die Studierenden auch von Professorin Doris Klee als Prorektorin für Personal und wissenschaftlichen Nachwuchs sowie von Professor Wolfgang Breuer vom Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre. Zum Kundenstamm gehören vor allem Unternehmen aus der Region, zum Beispiel Spin-Offs der RWTH. „Es ist teuer, wenn ein Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern eine große Beratung ins Haus holen muss“, sagt Christopher David, Student der Elektrotechnik und Wirtschaftswissenschaften, der im Sommer den Vorstand Externes übernommen hat: „Wir beraten hingegen zu sehr günstigen Konditionen.“ Flexibilität und frisches Hochschulwissen mache sie auch für größere Firmen attraktiv. „Wir erhalten bereits im Studium den Praxisbezug, die Unternehmen gewinnen eventuell geeignete Nachwuchskräfte.“ Qualitätssiegel des Bundesverbandes Generell ist ein Einstieg bei „aixsolution“ zu jedem Zeitpunkt während des Studiums möglich, um eine Mitgliedschaft muss man sich aber bewerben. Über 20 Bewerbungen gehen durchschnittlich pro Semester ein. Nach Sichtung der Unterlagen durch die Human Ressource Abteilung werden die Kandidaten in das von den Studierenden eingerichtete Assessment-Center eingeladen. „Mit diesem Vorgang möchten wir signalisieren, dass ein Engagement bei uns ein gewisses Maß an Professionalität und Zuverlässigkeit verlangt“, so David. Vor acht Jahren gründete „aixsolution“ mit sechs anderen studentischen Unternehmensberatungen aus Nordrhein-Westfalen das ConsultingNet NRW. In diesem Netzwerk tauschen sich mehr als 350 Studierende aus. Zudem steht der Verein in Kontakt mit dem Bundesverband Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen e.V., der mit seinem Qualitätssiege leine anspruchsvolle Arbeit gewährleistet. Wenn Fachleute gebraucht werden, greift „aixsolution“ zuerst auf eigene Kräfte zurück, so stehen Alumni, Kuratoren und weitere Kooperationspartner zur Verfügung. Das Engagement ist ehrenamtlich, externe Aufträge werden bezahlt. Zu den größeren Projekten zählte bisher eine Kern- In einem Gymnasium in Wittlich untersuchte „aixsolution“ das Nutzerverhalten in einer Mensa - hier befragt Tobias Höfer eine Schülerin. Foto: Wolfgang Kaiser kompetenzanalyse und eine darauf aufbauende umfassende Marktanalyse für das Ingenieur- und Beratungsunternehmen Irmato. Studie „Warum Aachen?“ Jedes Jahr veranstaltet „aixsolution“ eine Woche mit täglich unterschiedlichen Angeboten, die „aixperienceDays“. Hier bieten weltweit führende Unternehmensberatungen – so die Roland Berger Strategy Consultants, The Boston Consulting Group, Volkswagen Consulting und Capgemini – kostenlose Workshops zu Themen wie Strategieberatung, Zeitmanagement, Präsentationstechnik, Finanzen und Recht an. In Zusammenarbeit mit der Stadt Aachen, der RWTH und FH Aachen sowie weiteren Partnern erforschte „aixsolution“ Im Kampf gegen 4 den Blutkrebs im Rahmen einer Studie, warum viele Absolventinnen und Absolventen nach dem Studium die Stadt verlassen. Der Verein erarbeitete eine Umfrage, um auf Grundlage der Ergebnisse zu ermitteln, wie die Bindung von Fachkräften erhöht werden kann. 4.500 Teilnehmer füllten die Fragebögen aus. „Die Studierenden kennen viele Unternehmen in der Region nicht“, nennt Fey ein Ergebnis und einen Ansatzpunkt, an dem regional Verantwortliche mit Informationsangeboten eingreifen könnten. Weitere Infos: www.aixsolution.com Celina Begolli Während eines Praktikums in einem Betrieb ließ sich RWTHStudent Alexander Bastgen in der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, der DKMS, registrieren. Nur vier Monate später wurde er Stammzellspender für einen Leukämiekranken in Dänemark. Mit Erfolg, Ende November konnte der Patient aus dem Krankenhaus entlassen werden. Doch auf die Spende allein beschränkte der 27-jährige Bastgen sein Engagement nicht. Gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen organisierte er mit viel erforderlichem Aufwand eine Registrierungsaktion am 6. Dezember in der RWTH. Dabei waren sie überaus erfolgreich – über 1.800 neue Spender ließen sich registrieren. Die Aktion stand unter der Schirmherrschaft von Prorektor Prof. Dr. med. Rolf Roissant. Bastgen und Mitinitiator Marc Bagans betonten im Rahmen eines Pressegesprächs, dass sie durch Leitung und Mitarbeiter der Hochschule große Hilfestellung erfahren hätten. Stammzellspenden können bei der Therapie von Blutkrebserkrankten helfen. Nur ein Drittel der Patienten, die eine solche Spende benötigen, findet innerhalb der Familie einen geeigneten Spender. Der Großteil benötigt einen nicht verwandten Spender. Daher registriert die gemeinnützige Gesellschaft DKMS geeignete Stammzellspender, die als „genetische Zwillinge“ Krebskranken eine Chance auf ein neues Leben schenken können. Weltumfassende Spenderdatei Mit Hilfe örtlicher Unterstützer – wie jetzt durch die RWTHStudierenden – führt sie Typisierungstage durch, um potenzielle Lebensspender registrieren zu können. Die DKMS verfügt so über die größte Spenderdatei der Welt, 70 Prozent der Vermittlungen sind internationale und laufen über Büros im Ausland. Stammzellspender kann jeder werden, der zwischen 18 und 55 Jahre alt sowie körperlich gesund ist. Hierzu genügt die Abgabe einer kleinen Blutprobe von fünf Milliliter, mit der die notwendigen Gewebemerkmale festgestellt werden können. Zeitweilig mussten sich die zahlreichen spendenwilligen RWTH-Studierenden im Untergeschoss des SuperC in eine Warteschlange einreihen, um sich Blut abnehmen und somit typisieren zu lassen. Die Kosten einer Typisierung betragen 50 Euro, hierfür kamen durch Spenden, Glühweinverkauf und eine Tombola 3.160 Euro zusammen. Zudem unterstützten Unternehmen aus Aachen das studentische Engagement – mit großzügigen Printenspenden zur Stärkung der Typisierungswilligen und passend zum Tag mit wärmenden Nikolausmützen. Renate Kinny Foto: Peter Winandy Wertvoller Müll Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Bastian Wens (rechts) und Marcel Bosling an einer Versuchsanlage zur Abfallbehandlung im Institut für Aufbereitung und Recycling. Foto: Peter Winandy „In Deutschland fallen jährlich 14 Millionen Tonnen Restmüll an. Davon sind rund 0,5 Prozent, also 70.000 Tonnen, verwertbare Nichteisenmetalle“, berichtet Bastian Wens. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Im Institut für Aufbereitung und Recycling hat dabei Kupfer, Aluminium, Zink, Bronze oder Messing im Blick. Aus ihnen bestehen beispielsweise Tuben für Senf, Schuhcreme und Zahnpasta, Spraydosen für Deodorants oder Tetrapacks. „Auch Türbeschläge, Patronenhülsen, Schmuck, Besteckteile, Töpfe und Pfannen werden von den Verbrauchern im Restmüll entsorgt. Wir wollen die Metalle als Rohstoffe nutzen statt deponieren, denn deren Recycling schont natürliche Ressourcen und ist wirtschaftlich. Die Metalle sind ohne Qualitätseinbuße wieder verwertbar, wenn die Sortierung den Folgeprozessen angepasst wird“, so Wens. In den Anlagen zur Abfallbehandlung kommen so genannte Wirbelstromscheider zum Einsatz. Sie trennen die Nichteisenmetalle vom Restmüll. Das gesammelte Material ist allerdings nicht direkt in der Industrie einsetzbar, da die Metalle nicht sortenrein vorliegen. Sie weisen außerdem noch Verunreinigungen auf. Das RWTH-Institut hat daher mit vier Partnern aus Deutschland und England an der Optimierung der Sortierung gearbeitet. Die Europäische Union finanzierte das Projekt „Sensorsorting Automated Technology for advanced Recovery of Non-ferrous metals from waste“, kurz SATURN, mit 1,5 Millionen Euro. Sensorgestütztes Sortieren Gemeinsam mit den Projektpartnern entwickelte der 29-jährige Wens für eine Demonstrationsanlage in Salzgitter einen Prozess, der sich durch die Zusammenarbeit zweier sensorgestützter Sortiermaschinen auszeichnet: Um die verschiedenen Materialien und Legierungen voneinander zu trennen, wird zunächst über die Absorption von Röntgenstrahlen eine Sortierung nach Dichte durchgeführt. Zusätzlich erkennt und identifiziert in einer zweiten Maschine eine Kombination aus induktiv arbeitendem Sensor und Nahinfrarot-Spektrometer Verunreinigungen und Metallverbunde. „Die Informationen der beiden Sensoren ermöglichen es, zwischen Partikeln mit einem kleinem oder einem großen Anteil an Verunreinigungen zu unterscheiden. Nach dieser automatischen Sortierung können Störstoffe noch von Hand entfernt werden. Bei Durchsätzen von vier Tonnen pro Stunde wurde ein Wertstoffertrag von über 98 Prozent erzielt. Außerdem erfüllen die sortierten Materialien die hohen Qualitätsanforderungen der Industrie und sind vermarktungsfähige Produkte“, bilanziert Wens. Kunststoff- und Metallaufbereitung, die Bewertung der Energieeffizienz von Verfahren zur Abfallbehandlung und die Simulation von Aufbereitungsprozessen sind neben der sen- sorgestützten Sortierung wesentliche Forschungsbereiche des Instituts für Aufbereitung und Recycling. „Die Wirtschaftlichkeit von Recyclingprozessen ist immer ein wichtiges Kriterium“, betont Institutsleiter Professor Dr-Ing. Thomas Pretz. „Wir sind gemeinsam mit weiteren RWTH-Instituten im Aachener Kompetenzzentrum für Ressourcentechnologie e.V., kurz AKR, engagiert.“ In diesem Verbund wird in Großprojekten wie dem Sonderforschungsbereich „Stoffströme“ oder dem von der Firma Siemens eingerichteten Forschungsbereich „Rare Earth – Green Mining and Separation“ interdisziplinär gearbeitet. Angelika Hamacher Die Chemiker Professor Walter Richtering und Doktorandin Susanne Wiese erforschen die Herstellung von Produkten für Kosmetika mit sensitiven Mikrogelen. Foto: Peter Winandy „Die enge Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen gehört zu den besonderen Merkmalen der RWTH. So können wir auch auf die Kompetenzen des An-Instituts DWI – Interactive Materials Research – zurückgreifen und mit dem Forschungszentrum Jülich kooperieren“, berichtet Richtering. In insgesamt 17 Teilprojekten, die in den Polymerwissenschaften, der Verfahrenstechnik und den Lebenswissenschaften angesiedelt sind, werden die Forscher des SFB komplexe Mikrogele designen, sie mit unterschiedlichen Funktionen ausstatten und in neue Anwendungssysteme integrieren. Das ist in erster Linie eine Aufgabe der Grundlagenforschung, die aber stets eine mögliche Umsetzung im technischen Maßstab sowie nachhaltige Herstellungsprozesse im Blick hat. Dabei nimmt neben den experimentellen Prozessen im Labor die Simulation mit Hochleistungscomputern einen wichtigen Stellenwert ein. SFB untersucht Molekül mit vielen Eigenschaften Hydrogelen begegnet man häufig – so in natürlicher Form als Qualle am Strand oder als synthetische Flüssigkeitsspeicher in Babywindeln. Die Netzwerke aus natürlichem Material oder Kunststoffen zeichnen sich durch eine hohe Elastizität aus und sind mit Wasser gequollen. Mikrogele messen teilweise nur 100 Nanometer: In diesem Maßstab reagieren die weichen, vernetzten Polymerteilchen besonders schnell. Mikrogele lassen sich mit spezifischen Funktionen ausstatten und können Schadstoffe aufnehmen oder Wirkstoffe gezielt freisetzen. Wenn sie auf einer entsprechenden Struktur aufgebracht werden, machen sie sich als Membranfilter nützlich oder fungieren als Sensor. Dieses Potenzial im Nanomaßstab auszuschöpfen, stellt für die Wissenschaft eine große Herausforderung dar, denn die Entwicklung interaktiver und „intelligenter“ Systeme, wie sie für lebende Organismen charakteristisch sind, können bisher synthetisch nicht erreicht werden. Mikrogele für neue Anwendungen Professor Dr. Walter Richtering, Leiter des Instituts für Physikalische Chemie, ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs (SFB) 985 „Funktionelle Mikrogele und Mikrogelsysteme“. Von der DFG seit Juli 2012 gefördert, arbeiten dort Natur- und Ingenieurwissenschaftler gemeinsam. Die Interdisziplinarität gehört zwar zu den Grundvoraussetzungen eines SFB, doch Richtering war es wichtig, dies zusätzlich in der Struktur zu verankern. Technische Lösungen, wie ein eigens eingerichteter SharePoint , und ein virtuelles Proben- und Datenmanagement ermöglichen allen den Zugriff und den standortunabhängigen Austausch. Vom Seed Fund zum SFB Die Wissenschaftler arbeiten zum Beispiel an einem Mikrogel, das sich bei der Behandlung von Durchfallerkrankungen nützlich machen soll. Bakterien, die für die Beschwerden verantwortlich sind, setzen schädliche Toxine im Darm frei und werden in der Regel mit Antibiotika bekämpft. Ein neues Mikrogel könnte die Heilung beschleunigen: Ausgestattet mit speziellen Rezeptoren als Andockstationen sollen die Toxine direkt gebunden und dadurch unschädlich gemacht werden. Anschließend verlassen sie mit dem Mikroschwamm den Körper. Viele fachübergreifende Lösungen sind zur Entwicklung eines entsprechenden Medikaments nötig: Chemiker „bauen“ das Mikrogel, Mediziner und Biotechnologen suchen nach möglichen Bindungen für die Toxin-Rezeptoren, Physiker erforschen, wie sich der beladene Nanoschwamm bewegt. Die Produktion solcher funktionalen Stoffe für eine therapeutische Anwendung in relevantem Maßstab planen schließlich die Verfahrenstechniker. Erste Studien in diesem Bereich unterstützte die Hochschule bereits mit „Seed Fund“- und „Pathfinder“-Förderung. Diese Instrumente wurden im Rahmen des ersten Zukunftskonzepts der RWTH mit Mitteln der Exzellenzinitiative implementiert. Sie unterstützen vielversprechende und interdisziplinäre Forschungsprojekte in einem frühen Stadium. Die Fördersumme für den SFB beträgt in den ersten vier Jahre knapp 10,5 Millionen Euro. Damit können 33 Doktoranden und fünf Postdocs beschäftigt werden. Bei entsprechender positiver Evaluation umfasst der maximale Förderzeitraum zwölf Jahre. In den Sonderforschungsbereich ist außerdem ein Graduiertenkolleg zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses integriert. Sabine Busse 5 Janina Fels Neue Professoren Dr.-Ing. Janina Fels ist seit Oktober 2012 Juniorprofessorin für das Fach Medizinische Akustik der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der RWTH Aachen University. Sie untersucht u.a. die Wahrnehmung komplexer Schallszenen (beispielsweise von Klassenräumen und Großraumbüros und deren Verarbeitung im Hinblick auf kognitionspsychologische Prozesse und Optimierung von Hörhilfen. „Von dem ganzen gesicherten Wissen ist jeweils nur ein kleiner Teil im Besitz eines einzelnen Menschen.“ Ausbildung 1996 bis 2002 2002 bis 2008 Studium Elektrotechnik, Fachrichtung „Nachrichtentechnik” an der RWTH Aachen, Abschluss „Dipl.-Ing“ Promotion an der RWTH Aachen Berufliches 2001 2002 bis 2008 2008 bis 2012 2009 Research Assistant bei RPG Diffusor Systems, Inc., Upper Marlboro, USA Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Technische Akustik, RWTH Oberingenieurin ebendort Visiting Researcher (Postdoc) am Centre for Applied Hearing Research (CHAR), TU of Denmark, und Widex A/S, Audiological Research, Denmark Persönliches Familie Freizeit verheiratet, eine Tochter Familie, Triathlon, Musik (Klavier), Reisen Martin Grohe Berufliches 1992 bis 2000 1995 bis 1996 2000 bis 2001 2001 bis 2003 2003 bis 2012 Persönliches Freizeit Freizeit Impressum Dr. rer. nat. Martin Grohe ist seit Oktober 2012 Universitätsprofessor für das Fach Logik und Theorie diskreter Systeme (Informatik 7) der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der RWTH Aachen University. Seine Forschungsinteressen liegen in der theoretischen Informatik, spezieller in der Logik, Algorithmik, Komplexitätstheorie, Datenbanktheorie, und in angrenzenden Bereichen der Mathematik. am 10. Juli 1967 in Blankenheim Diplomstudium der Mathematik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Promotion ebendort Habilitation ebendort Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Mathematische Logik und Grundlagen der Mathematik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Visiting Scholar an der Stanford University und der University of California in Santa Cruz Assistant Professor am Department of Mathematics, Statistics and Computer Sciences, University of Illinois, Chicago Reader an der Division of Informatics, University of Edinburgh Professor für Theoretische Informatik am Institut für Informatik der Humboldt-Universität zu Berlin „The Secret Task of Logic may be the rediscovery of play.“ verheiratet mit Berit Haas, drei Kinder (Nils und Svenja, 3 Jahre, und Anna, 6 Jahre) Familie, Lesen, Musik (Don de Lillo, Ratner’s Star, 1976) Christian Grund Herausgeber im Auftrag des Rektors: Dezernat Presse, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing der RWTH Aachen Templergraben 55 52056 Aachen Telefon 0241/80-9 43 26 Telefax 0241/80-9 23 24 [email protected] www.rwth-aachen.de Redaktion: Renate Kinny Mitarbeit: Celina Begolli Sabine Busse Angelika Hamacher Thomas von Salzen Peter Winandy, Aachen Layout: Kerstin Lünenschloß, Aachen Druck: Vereinte Druckwerke Erscheinungsweise: Viermal jährlich. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. ISSN 1864-5941 am 5. April 1977 in Mönchengladbach (J.R. Oppenheimer) geboren Ausbildung 1987 bis 1992 1994 1998 6 geboren Dr. rer. pol. Christian Grund ist seit Oktober 2012 Universitätsprofessor für das Fach Personal der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der RWTH Aachen University. In seiner Forschung arbeitet er im Bereich empirische Personalforschung und untersucht Fragen der Anreizgestaltung aus Unternehmens- und Arbeitnehmerperspektive. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Entlohnungs- und Karrierepolitik. geboren Ausbildung 1991 bis 1997 2001 2005 am 25. Oktober 1971 in Minden/Westf. Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hannover, Abschluss als Diplom-Ökonom Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Bonn Habilitation in Betriebswirtschaftslehre ebendort Berufliches 1997 bis 2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bonn 2001 Visiting Scholar, Graduate School of Business, Stanford University, USA 2001 bis 2005 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bonn 2005 bis 2006 Zunächst Vertreter, dann Professor für BWL, insb. Personalmanagement an der RWTH (W2) 2007 bis 2011 Professor für BWL, Personal und Organisation, Universität Würzburg 2011 bis 2012 Professor für Organisations- und Personalökonomie, Mercator School of Management, Universität Duisburg-Essen Persönliches Familieverheiratet Freizeit Tischtennis, Laufen, Reisen Maria Kateri Dr. Maria Kateri ist seit Oktober 2012 Universitätsprofessorin für das Fach Statistik und Stochastische Modellierung der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der RWTH Aachen University. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Analyse kategorieller und ordinaler Daten, die Entwicklung statistischer Modelle und Methoden in der Zuverlässigkeitstheorie sowie Bayes-Verfahren. Foto: Peter Winandy geboren am 7. Januar 1968 in Serres, Griechenland Ausbildung 1985 bis 1989 1991 bis 1992 1996 Studium mit Diplom in Mathematik, University of Ioannina, Griechenland M.Phil. in Statistik, Department of Statistics and Modelling Science, University of Strathclyde, UK Promotion in Mathematik, University of Ioannina Berufliches 1989 bis 1990 1991 bis 1999 2000 bis 2003 2003 bis 2010 2010 bis 2012 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department of Physics, University of Ioannina Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Department of Mathematics, University of Ioannina Assist. Professor am Department of Tourist Business, Technological Educational Institute of Epirus, Griechenland Assist./Assoc. Professor am Department of Statistics & Insurance Science, University of Piraeus, Griechenland Assoc. Professor am Department of Mathematics, University of Ioannina eine 15-jährige Tochter Familie und Freunde, Lesen, Reisen, Konzerte und Theater Persönliches Familie Freizeit „Ein Wissenschaftler benötigt vier Dinge: erstens einen Kopf zum Denken; zweitens Augen zum Sehen; drittens Geräte zum Messen; und viertens - Geld.“ Anja Richert Dr. phil. Anja Richert ist Juniorprofessorin für das Fach Agile Managementpraktiken in technologieorientierten Handlungssystemen der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen University. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen u.a. in der Entwicklung agiler Management- und Organisationskonzepte für wissens- und technikintensive Organisationen sowie in der Zusammenführung, Entwicklung und Begleitforschung von (interdisziplinären) Lern- und Wissensmanagementwerkzeugen. Albert Szent-Györgyi (*1893) geboren Ausbildung 1999 bis 2004 2007 seit 2008 Berufliches 2003 bis 2011 2010 bis heute 2011 bis heute Foto: Carl Brunn am 2. September 1979 in Neuss Magisterstudium an der RWTH Aachen (Kommunikationswissenschaft, Betriebspädagogik, Psychologie) Promotion an der RWTH Habilitationsvorhaben in der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH (Agile Lern- und Wissensprozesse in wissensintensiven technologieorientierten Organisationen) Institutscluster IMA/ZLW/IfU der RWTH, u.a. Leitung des Geschäfts- und Forschungsbereichs Wissensmanagement Nets ‘n‘ Clouds - Consulting für Technologieentwicklung und Organisationsoptimierung GmbH; freie Unternehmensberaterin Geschäftsführerin des Zentrums für Lern- und Wissensmanagement (ZLW) der RWTH Persönliches Familieverheiratet Freizeit Familie und Freunde, Reisen, Goldschmieden, Möbel restaurieren etc. 7 Tim Unger Berufliches 2000 bis 2008 2006 2008 2009 bis 2011 2011 bis 2012 2012 Diplomstudium der Erziehungswissenschaft mit den Nebenfächern Psychologie und Soziologie und Magisterstudium Philosophie an der Universität Trier Promotion zum Dr. phil. an der Universität Magdeburg Beginn des Habilitationsverfahrens ebendort Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Magdeburg und Darmstadt Preis für die beste Dissertation der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der Universität Magdeburg Vertretungsprofessur an der Universität Kassel Lehrstuhlvertretung an der TU Darmstadt Lehrstuhlvertretung an der RWTH Inhaber des Lehrstuhls für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Berufspädagogik an der RWTH Persönliches Familie Lebenspartnerschaften mit Corinna Haas, einem Kind (Victoria, 2 Jahre) und Hund Emma (3 Jahre) Freizeit Klassische Gitarre und Bonsai Foto: Peter Winandy Ausbildung 1993 bis 1999 2006 2011 Dr. phil. Tim Unger ist seit September 2012 Universitätsprofessor für das Fach Erziehungswissenschaft der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen University. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Bildungswirklichkeiten. Bildung begreift er als solche Lernprozesse, bei denen Menschen ihre Selbst- und Weltbezüge ändern und reflektieren. In seinen Untersuchungen zu Bildungswirklichkeiten geht es beispielsweise um die Fragen, inwieweit Bildung in der modernen Erwerbsarbeit überhaupt möglich ist. Foto: Peter Winandy Lernen im Netz 8 „Das muss auch besser und flexibler gehen“, sagte sich Professor Dr. Martin Erdmann und begann bereits vor zehn Jahren damit, ein neues Programm zur Verarbeitung von Daten zu entwickeln. Der Professor für Teilchen- und Astroteilchenphysik infizierte seine Mitarbeiter mit seiner Idee: Es entstand eine komplett neue Internetplattform, mit der erstmals Datenanalysen online im Web-Browser programmierbar sind. VISPA – die Kurzform für VISual Physics Analysis – ist das Produkt einer Entwicklergruppe. Sie besteht aus zehn Masterstudierenden und Doktoranden, die im Oktober die erste Version online stellen konnten. Die Plattform unterscheidet sich von vielen üblichen Webseiten, die mit vorgefertigten Algorithmen arbeiten. Sie bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit der kreativen Datenanalyse mit eigenen Ansätzen für die Problemlösung. Ein Vorteil von VISPA ist die Nutzung im Internet. Den Anwendern steht so im Büro, zu Hause oder unterwegs mit Laptop oder Tablet der Service zur Verfügung. Sie müssen sich lediglich einloggen und benötigen keine Geräte mit besonderen Speicherkapazitäten. Die Rechenleistung für die Datenanalysen wird über ein Serversystem bereit gestellt. Damit qualifiziert sich VISPA auch zu einem idealen Werkzeug für Studierende, die so an die selbstständige Bearbeitung physikalischer Aufgaben herangeführt werden. Neue Internetplattform Erdmann nutzt in diesem Wintersemester erstmals die neue Internetplattform im Rahmen des Blended Learnings für seine Vorlesung Experimentalphysik 5, Teilchen- und Astrophysik. Dabei liefert er den Studierenden erst den fachlichen Input. Diese müssen begleitend dazu die Übungsaufgaben lösen. Sie bestehen zum Teil aus experimentellen Daten, die mit Hilfe von VISPA analysiert werden können. Wo und wann sie das machen, ist ihnen überlassen, denn einen Platz im CIP-Pool mit vorinstallierter Software benötigen sie dank des webbasierten Tools nun nicht mehr. Mehr als 100 Bachelorstudierende nutzen derzeit die neue Internetplattform im Rahmen der Blended Learning Initiative. Für Erdmann ist es bedeutend, zum Nachdenken über physikalische Konzepte anzuregen und ihr Physikverständnis zu vertiefen. „Die Studierenden sind mit dem Internet aufgewachsen. Als ‚Digital Natives‘ sind sie vertraut im Umgang mit virtuell vernetzten sozialen Systeme oder Computerspielen im Online-Modus“, erläutert der Wissenschaftler. „Die Nutzung solcher Fähigkeiten für Lernprozesse birgt im fortgeschrittenen Studium erhebliches Potenzial.“ Als Hochschullehrer, der Didaktik als sein Steckenpferd nennt und Autor mehrerer Lehrbücher ist, fasziniert ihn, wie kreativ und motiviert seine Studierenden das Angebot nutzen. Kooperationen werden erleichtert Zu den Übungsaufgaben gehören komplexe Fragestellungen, wie sie beispielsweise die Kollegen der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN zu lösen haben. Bei den Teilchenkollisionen im Rahmen des CMS-Experiments entstehen sehr viele neue Partikel. Aufgabe der Physiker ist laut Erdmann, mit Hilfe von „schlauen Algorithmen den Daten die physikalischen Gesetzmäßigkeiten zu entlocken“. Dank VISPA können die Studierenden in die Rolle des Forschers schlüpfen – sie erlangen unter anderem ein vertieftes Verständnis von Einsteins Relativitätstheorie. Es ist ihnen so möglich, eine Vorstellung von Teilchenschauern in der Erdatmosphäre zu entwickeln, wie sie kosmische Strahlung auslöst. Dieser Bezug zu Forschungsthemen mit digitalen Werkzeugen, die an Alltagserfahrungen anknüpfen, ist ein großer Vorteil dieser Form des Blended Learnings. Das Serversystem steht allen Angehörigen der RWTH offen. Um sich zu registrieren, ist lediglich die Angabe der RWTHMailadresse erforderlich. Die Studierenden können über die VISPA-Plattform zeitgleich in Teams am Bildschirm arbeiten oder alternativ virtuell kooperieren. Das überaus positive Feedback der Studierenden bezüglich des neuen Lehrkonzepts ist für Erdmann ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu dem ambitionierten VISPA-Projektziel: „Unabhängig von Ort und Zeit sollen gemeinsame Datenanalysen von internationalen wissenschaftlichen Kooperationen über das Internet möglich werden.“ Sabine Busse SCHLAGLICHTER Malte Brettel ist Prorektor Professor Dr. Malte Brettel – seit 2003 Inhaber des Lehrstuhls Wirtschaftswissenschaften für Ingenieure und Naturwissenschaftler – ist neuer Prorektor für Wirtschaft und Industrie. Er studierte an der TU Darmstadt Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung Maschinenbau, promovierte und habilitierte an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Vallendar. Nach seinem Studium war Brettel mehrere Jahre als Unternehmensberater tätig. Im Jahr 1999 wurde er Mitbegründer und Geschäftsführer eines erfolgreichen Internetunternehmens. Auch nach seinem Ausscheiden aus diesem Unternehmen sammelte er praktische Erfahrungen bei weiteren Firmengründungen oder zahlreichen Projektbetreuungen beispielsweise für Porsche, Deutsche Post, Lufthansa oder Bertelsmann. Vor Annahme des Rufes an die RWTH war er zwei Jahre lang Acting Director Foto: RWTH des Lehrstuhls International Entrepreneurship an der Handelshochschule Leipzig. Gestützt auf seine eigene Gründererfahrung und sein wissenschaftliches Know-how will Brettel die Unternehmer-Ausbildung an der RWTH Aachen nachdrücklich fördern, er leitet daher auch das Gründerzentrum an der RWTH. Seine Amtszeit als Prorektor endet mit der Amtszeit des Rektors am 31. Juli 2014. Funktionen beträgt drei Jahre. Der VDI ist mit 150.000 Mitgliedern der größte technischwissenschaftliche Verein Europas. Dissertationspreis für Tobias Sauter Dr. Tobias Sauter vom Lehr- und Forschungsgebiet Physische Geographie und Klimatologie erhielt den Dissertationspreis des Verbandes der Geographen an Deutschen Hochschulen (VGDH). Seine Dissertation mit dem Rektor aktiv beim VDI Titel „Application, optimization and uncerRektor Ernst Schmachtenberg wurde in seinen tainty estimation of global nonlinear nonparaEhrenämtern beim Verein Deutscher Ingenimetric prediction algorithms: case studies eure e.V. – kurz VDI – bestätigt. Zu seinen in Physical Geography“ erschien 2011. Aufgaben als Vorsitzender des Wissenschaftli- Sauter forschte zur Entwicklung und Bewerchen Beirats gehört die Beratung des Präsidi- tung mathematischer Methoden zur Modelums in allen Angelegenheiten der technischlierung räumlicher und zeitlicher Strukturen, wissenschaftlichen Arbeit. Außerdem ist er wie Schneedeckenverteilung in deutschen Mitglied des Präsidiums, das vertretungsbeMittelgebirgen, Niederschlagsmuster in rechtigte und für die Ausführung verantwort- Nordrhein-Westfalen und dem Wasserabfluss liche Organ des VDI. Die Amtszeit in beiden vergletscherter Einzugsgebiete in Patagonien.