Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
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Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge
1 Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge Entwicklung und Validierung von Hybridantrieben am dynamischen Motorprüfstand Dr.-Ing. Christian Schyr, AVL List GmbH, Graz Dipl.-Ing. Christopher Christ, AVL Deutschland GmbH, Mainz-Kastel Zusammenfassung Im vorliegenden Beitrag soll der Einsatz von dynamischen Motorprüfständen für die Entwicklung von Hybridfahrzeugen untersucht werden. Dabei müssen in Zukunft die Hybridkonzepte als Getriebevariante innerhalb einer neuen Fahrzeugserie die geforderten Ziele in Bezug auf Verbrauch, Emissionen, Leistung und Fahrbarkeit erfüllen. Bedingt durch die zusätzlichen Funktionen von Hybridantrieben ergeben sich für den Motorprüfstand neue Herausforderungen, um einen fahrzeugnahen Betrieb des Verbrennungsmotors am Prüfstand zu erreichen. Als Aufbaukonfigurationen am Prüfstand sind der reale Verbrennungsmotor mit oder ohne den hybriden Komponenten und dem Getriebe sowie den zugehörigen Steuergeräten möglich. Ergänzend dazu werden weitere für den Antriebsstrang relevante Steuergeräte an ein echtzeitfähiges Simulationssystem am Prüfstand angebunden. Damit wird es möglich, umfangreiche virtuelle Fahrmanöver zur Analyse der dynamischen Eigenschaften des Verbrennungsmotors sowie des Hybridsystems am Prüfstand durchzuführen. Im Beitrag wird dazu eine von AVL neu entwickelte Prüfstandslösung vorgestellt. Summary The presented paper describes the utilization of dynamic engine test beds for the development of hybrid vehicles. In the future the hybrid system will be a transmission variant within a new vehicle series and has to fulfil the targets for fuel consumption, emissions, performance and driveability. The additional functionality of hybrid powertrains will result in new challenges for the engine test bed in order to operate the combustion engine like in the real vehicle. The test bed configurations will have the combustion engine with or without the hybrid components and the transmission and their corresponding control units. In addition the other control units will be connected to a real-time capable simulation system on the test bed. This will enable the realization of virtual driving manoeuvres to analyse the dynamic behaviour of the combustion engine and the hybrid system on the test bed. A newly developed test bed solution from AVL will also be presented. 2 Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge 1. Einleitung und Motivation Der dynamische Motorprüfstand hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der Antriebsstrangentwicklung etabliert. Bereits bei den ersten Prüfstandsinstallationen Mitte der 80er Jahre war es möglich, mittels der damals dem Stand der Technik entsprechenden Gleichstrommaschinen für Fahrzeuge mit Handschaltgetriebe die Antriebsstrangdynamik der ersten Ordnung zu simulieren, d.h. das Schwingungsverhalten zwischen Motor- und Fahrzeugmasse am Prüfstand darzustellen [1]. Die simulationstechnisch kritischen Vorgänge dabei sind der Leerlauf, das Anfahren sowie die Schaltvorgänge bei geöffneter bzw. schleifender Kupplung. Diese grundlegende Funktionalität des Motorprüfstandes wurde in den folgenden Jahren durch die Simulation von Wandlerautomatikgetrieben und von stufenlos verstellbaren Getrieben ergänzt [2,3]. Parallel dazu wurden ab Mitte der 90er Jahre als Belastungsaggregate die ursprünglichen Gleichstrommaschinen durch dynamischere Drehstrom-AsynchronMaschinen abgelöst. Seit einigen Jahren sind für hochdynamische Anwendungen auch extrem leistungsfähige Drehstrom-Synchron-Maschinen im Einsatz [4]. Damit kann heute das dynamische Verhalten von allen konventionellen Antriebsstrangkonzepten mit Schaltgetriebe, Wandlerautomatikgetriebe, Doppelkupplungsgetriebe und stufenlos verstellbarem Getriebe für Zwei- und Vierradantrieb am Motorprüfstand realistisch abgebildet werden. Aktuellen Marktprognosen zufolge werden aber hybride Konzepte in Zukunft einen nicht unwesentlichen Anteil der Serienfahrzeuge ausmachen. Dabei ist allerdings die Schwankungsbreite sehr groß und abhängig von den zugrunde liegenden wirtschaftlichen und politischen Zukunftsszenarien. Die Prognosen für den weltweiten Marktanteil von Hybridfahrzeugen liegen für das Jahr 2015 im Bereich zwischen 4 % und 10 % und für das Jahr 2020 zwischen 6 % und 18 % [5]. So wie derzeit auch wird sich aber sicherlich in Zukunft der Marktanteil der Hybridfahrzeuge in Europa, Amerika und Asien unterschiedlich entwickeln. Für die Betreiber von Prüffeldern mit Motorprüfständen bedeutet dies aber, sich technologisch auf die speziellen Anforderungen von Hybridfahrzeugen vorzubereiten und die vorhandenen Prüfstandskapazitäten durch entsprechende Maßnahmen aufzurüsten. Dabei sind analog zur Entwicklung konventioneller Antriebskonzepte folgende Funktionen von Prüfständen für Hybridantriebe zu erfüllen: • Genaue stationäre und transiente Erfassung der Betriebszustände durch geeignete Versuchs- und Messtechnik am Prüfstand. • Dynamischer Betrieb des am Prüfstand aufgebauten Prüflings zur Durchführung von simulierten Fahrten. Dabei sind sowohl gesetzliche Fahrzyklen als auch Versuchsfahrten auf unterschiedlichen Versuchsstrecken am Prüfstand darzustellen. • Durchführung von vollautomatischen Optimierungsverfahren zur Bedatung der Steuergeräte des Prüflings am Prüfstand. • Bewertung des Verhaltens des am Prüfstand aufgebauten Prüflings im Gesamtfahrzeug, insbesondere seiner Leistungs-, Verbrauchs-, Abgas- und Fahrbarkeitseigenschaften. Diese Anforderungen sind sowohl von Prüfständen für Verbrennungsmotoren, von Prüfständen für die im Antriebsstrang eingesetzten Elektromotoren mit zugehörigen Energiespeichern als auch von Antriebsstrangprüfständen zu erfüllen. 2. Merkmale und Eigenschaften von Hybridantrieben 3 2. Merkmale und Eigenschaften von Hybridantrieben 2.1 Funktionen von Hybridantrieben Bei allen Hybridkonzepten ergänzt die Batterie als elektrischer Energiespeicher in Kombination mit einen oder mehreren Elektromotoren den Verbrennungsmotor und das Getriebe im Antriebsstrang. In Bild 1 sind die damit möglichen hybridspezifischen Funktionen wie Start/Stopp und Lastpunktverschiebung des Verbrennungsmotors, Boosten und Rekuperieren sowie rein elektrisches Fahren dargestellt. Zur Umsetzung einer optimalen Betriebsstrategie des Hybridantriebs sind zusätzliche Funktionen für das Umschalten zwischen verschiedenen Betriebsarten notwendig (Mode-Switch). Bild 1 Funktionen und Eigenschaften von hybriden Antriebssträngen Am Prüfstand sind nun die Auswirkungen dieser Funktionen auf die Eigenschaft des Gesamtfahrzeugs in Bezug auf Verbrauch und Emission, auf die Belastung der mechanischen und elektrischen Bauteile sowie auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit des hybriden Antriebsstrangs experimentell zu ermitteln. Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die Fahrbarkeit des Hybridfahrzeugs und deren spätere Bewertung durch den Kunden. Diese ist je nach Fahrzeugkategorie und Markenimage eher ökonomisch geprägt („Eco-Hybrid“) oder eher sportlich orientiert („Power-Hybrid“). 4 Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge 2.2 Klassierung von Hybridantrieben Es lassen sich die derzeit in Serie befindlichen bzw. vor Serieneinführung stehenden Hybridkonzepte in die in Bild 2 dargestellten drei Klassen unterteilen. Bild 2 Klassen von hybriden Antriebssträngen • Paralleler Hybridantrieb: Bei diesem Konzept wirken der Verbrennungsmotor und der elektrische Antrieb zusammen oder auch unabhängig voneinander auf eine Antriebsachse des Fahrzeugs. Die Umschaltung der Betriebsmodi erfolgt meistens durch mechanische Kupplungen in Verbindung mit einem mechanischen Getriebe wie zum Beispiel einem Doppelkupplungsgetriebe oder mechanischen stufenlosen Getriebe (CVT). In einer Variante ist es auch möglich, durch elektrischen Antrieb einer zweiten Fahrzeugachse eine Allradfunktion darzustellen (E-4WD). Diese wirkt als temporäre Traktionshilfe aber auch als aktives Element für eine Fahrstabilitätsregelung. • Leistungsverzweigter Hybridantrieb: Dieses Konzept bietet die Möglichkeit, ein elektrisch stufenlos verstellbares Getriebe zu realisieren (ECVT). Dabei unterscheiden sich die ausgeführten Varianten durch die Größe der verbauten elektrischen Leistungen sowie der Möglichkeiten, durch Kupplungen und Planetengetriebe mehrere Übersetzungsbereiche und Übersetzungsstufen zu realisieren. Während Toyota bisher bei Front-Quer verbauten Hybridantrieben keine Schaltelemente und bei Front-Längs verbauten Varianten maximal eine Schaltstufe vorsieht [6], integriert die Hybridallianz GM/DaimlerChrysler/BMW als Schaltelemente mehrere Planetensätze und Kupplungen im Getriebegehäuse [7]. 2. Merkmale und Eigenschaften von Hybridantrieben 5 • Serieller Hybridantrieb: Dieses Konzept entspricht im Wesentlichen einem rein elektrischen Getriebe (EVT), d.h. zur Anpassung der Charakteristik des Verbrennungsmotors an das Fahrzeug sind keine weiteren mechanischen Getriebefunktionen notwendig. Das elektrische Getriebe wird seit langem in Nutz- und Sonderfahrzeugen eingesetzt, wie z.B. Bussen oder Förderfahrzeugen. Vor kurzem wurde aber für den Einsatz in PKW von Volkswagen ein neues Konzept in Form eines so genannten „Magnetisch-Elektrischen Getriebes“ vorgestellt. Dieses basiert auf der Integration von zwei permanenterregten Rotoren mit einem gemeinsamen axial verschieblichen Stator in einem Gehäuse [8]. 2.3 Steuergeräte von Hybridantrieben Bei allen Hybridkonzepten sind die hybridspezifischen Funktionen in den Steuergeräteverbund des Fahrzeugs zu integrieren. Am Beispiel des Toyota Camry Hybrid Modelljahr 2007 ist in Bild 3 der Steuergeräteverbund der Fahrzeugvariante mit konventionellem Wandlerautomatikgetriebe und in Bild 4 die Hybridfahrzeugvariante gegenübergestellt [9]. Bild 3 Steuergeräteverbund am Beispiel Toyota Camry – Variante Automatikgetriebe Bild 4 Steuergeräteverbund am Beispiel Toyota Camry – Variante Hybrid 6 Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge Bild 5 Beispielfahrzeug Toyota Camry Hybrid - Modelljahr 2007 Im Beispiel ist bei der konventionellen Fahrzeugvariante die Ansteuerung des Verbrennungsmotors und des Automatikgetriebes auf jeweils eigenen Steuergeräten (SG) implementiert, während bei der Hybridvariante die Funktionen für den Verbrennungsmotor, das elektrisch leistungsverzweigte Getriebe sowie die Batterie auf einem Hybrid-Steuergerät zusammengelegt sind. In Bild 6 sind die hybridspezifischen Steuergeräte des Toyota Camry mit ihren Schnittstellen und Funktionen schematisch dargestellt. Bild 6 Hybridspezifische Steuergeräte am Beispiel Toyota Camry Hybrid 3. Prüfstandslösungen für Hybridantriebe 7 Dem Hybrid-Steuergerät sind für die Ansteuerung der Leistungsteile der beiden Elektromotoren im leistungsverzweigten Getriebe sowie für die Berechnung des Ladezustands der Batterie (SOC – State of Charge) weitere spezifische Steuergeräte unterlagert. Alle fahrdynamischen Funktionen zur Ansteuerung des hydraulischen Bremssystems und der Servolenkung sowie zur Berechnung der elektrischen Rekuperationsleistung sind auf dem Fahrdynamik-Steuergerät integriert. Dieses kommuniziert über CAN mit dem Hybrid-Steuergerät. Die Funktionen des Fahrdynamik-Steuergerätes sind im Folgenden: • Fahrzeugstabilität bei Kurvenfahrt, • Traktionskontrolle beim Anfahren und Beschleunigen, • Schlupfregelung beim Verzögern, • Bremskraftverteilung zwischen den einzelnen Rädern, • Bremskraftassistenz bei Notbremsungen, • Lenkkraftassistenz bei Kurvenfahrten, • Rekuperationsanforderung beim Verzögern. 3. Prüfstandslösungen für Hybridantriebe Aus den angeführten Beispielen lassen sich folgende Anforderungen für den Aufbau und den Betrieb von Motorprüfständen ableiten [10]: • Die Anordnung von Elektromotor und Getriebe im Antriebsstrang in Zusammenhang mit der elektrischen Energiespeicherung bestimmt die möglichen Betriebsstrategien des Verbrennungsmotors im Hybridfahrzeug. Der mechanische Aufbau des Prüflings am Motorprüfstand muss daher die Darstellung der Betriebsstrategien wie z.B. Start/Stopp oder Lastpunktverschiebung ermöglichen. • Die für den Antriebsstrang relevanten Steuergeräte sind so zu betreiben, dass sich in allen am Prüfstand simulierten Fahrsituationen dasselbe funktionale Verhalten einstellt. Dies bedeutet eine deutliche Erweiterung der Steuergeräteintegration am Prüfstand verglichen mit der konventionellen „Restbussimulation“. 3.1 Aufbauvarianten am Prüfstand Im Folgenden sind mögliche Aufbauvarianten am Motorprüfstand für Hybridfahrzeuge erläutert. Das Bild 7 zeigt eine Konfiguration, wo nur der Verbrennungsmotor real am Prüfstand aufgebaut wird. Das Steuergerät für den Verbrennungsmotor wird analog zum Fahrzeug über CAN mit den anderen Steuergeräten im Netzwerk integriert. Diese sind entweder als reale Steuergeräte an eine Simulationsplattform angebunden oder werden über entsprechende Softwaremodelle am Simulationsrechner emuliert. Der Vorteil dieser Konfiguration ist der rasche mechanische Aufbau des Verbrennungsmotors sowie die einfache Änderung des Verhaltens des restlichen Antriebsstrangs durch Änderung der entsprechenden Simulationsmodelle. Damit lässt sich zum Beispiel ein Grundmotor für den Einsatz mit konventionellen Getrieben als auch mit Hybridgetrieben betreiben. Der Nachteil der Konfiguration ist ein relativ hoher Aufwand in der elektrischen Anbindung der Steuergeräte an das Simulationssystem sowie in der Erstellung und Pflege der zugehörigen echtzeitfähigen Simulationsmodelle. 8 Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge Bild 7 Konfiguration nur mit Verbrennungsmotor In Bild 8 ist ein Aufbau mit realem Verbrennungsmotor und Hybridgetriebe dargestellt. Dabei werden typischerweise für Front-Längs-Einbau ein Dyno am Ausgang des Übersetzungsgetriebes und für Front-Quer-Einbau zwei Dynos am Ausgang des Differenzials vorgesehen. Die elektrischen Komponenten des Hybridgetriebes sind an einen Batteriesimulator als Gleichspannungsquelle angeschlossen. Das dynamische Verhalten der simulierten Batterie wird in den entsprechenden Modellen auf der Simulationsplattform berechnet. Bild 8 Konfiguration mit Verbrennungsmotor, E-Motor/Getriebe und Batteriesimulator 3. Prüfstandslösungen für Hybridantriebe 9 In den im Bild 9 dargestellten Aufbau wird dagegen die reale Fahrzeugbatterie integriert und das zugehörige Batterie-Steuergerät daran angeschlossen. Bild 9 Konfiguration mit Verbrennungsmotor, E-Motor/Getriebe und Fahrzeugbatterie Der Vorteil bei beiden Konfigurationen mit real aufgebautem Hybridgetriebe ist ein deutlich geringerer Aufwand in der Anbindung der Steuergeräte am Simulationssystem sowie die gleichzeitige Optimierung bzw. Erprobung von Verbrennungsmotor und Hybridsystem bestehend aus Getriebe, Elektromotor, Frequenzumrichter und Spannungswandler. Der Nachteil der beiden Konfigurationen ist ein höherer Aufwand in der Prüfstandsausstattung wie zum Beispiel eine höhere Leistung der Dynos bzw. eine umfangreichere Messtechnik. 3.2 Steuergeräteintegration am Prüfstand Die Anbindung von Steuergeräten an ein echtzeitfähiges Simulationssystem zur Darstellung aller für den Antriebsstrang relevanten Funktionen ist eine klassische Aufgabe der so genannten „Hardware-in-the-Loop“-Prüfstände (HiL). Daher ist es nahe liegend, diese Projektumfänge vor dem Einsatz des Motorprüfstands durchzuführen und dann dieselbe Simulations- und Modellumgebung am Motorprüfstand zu integrieren [11]. In Bild 10 ist dazu schematisch die Anbindung einer HiL-Plattform am Leistungsprüfstand dargestellt. Dies kann ein Komponentenprüfstand für Verbrennungsmotor, Elektromotor oder Getriebe, ein Antriebsstrangprüfstand oder auch ein Rollenprüfstand sein. Der Prüfstand besteht aus dem mechanischen Prüflings samt zugehörigen Steuergeräten. Der Prüfling wird an mechanische und elektrische Belastungsaggregate wie z.B. Dyno und Batteriesimulator angebunden. Am Prüfstandssystem erfolgt die Regelung und Überwachung der Belastungsaggregate, die Integration der Messtechnik und Signalverarbeitung sowie die Prüflaufautomatisierung. 10 Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge Bild 10 Leistungsprüfstand mit integriertem HiL-System Das Prüfstandssystem wird um eine so genannte „Externe Simulation“ erweitert, diese Funktion erlaubt die Anbindung einer externen Simulationsplattform an das Prüfstandssystem [12]. Die Simulationsplattform besteht aus einem Echtzeitsystem mit integrierten Schnittstellen (I/O) zur flexiblen Anbindung unterschiedlicher Steuergeräte (SG) sowie einer Hostumgebung zur Vorbereitung der Simulationsmodelle und –prüfläufe sowie zur Visualisierung. Als leistungsfähiges HiL-System setzt dazu AVL die Simulationsumgebung IPG-Carmaker ein [13]. In Bild 11 ist die Benutzeroberfläche des IPG-Carmaker zur Visualisierung der virtuellen Fahrt eines Hybridfahrzeugs mit elektrisch leistungsverzweigtem Getriebe dargestellt. Damit ist es nun möglich, den hybriden Antriebsstrang in einem virtuellen Fahrzeug am Prüfstand zu betrieben und unterschiedlichste Fahrmanöver auf einer dreidimensionalen Strecke durchzuführen. Neben den konventionellen Manövern im Bereich der Längsdynamik wie Volllastbeschleunigung, Tip-In / Tip-Out und Ausrollen können auch alle fahrdynamisch relevanten Manöver wie Bremsen und Kurvenfahrt sowie die gesetzlichen Abgaszyklen durchgeführt werden. In Verbindung mit hochgenau erfassten Streckenprofilen sind damit virtuelle Fahrten wie Stadtfahrt, Überlandfahrt, Autobahnfahrt oder Bergfahrt zur Erfassung und Beurteilung der hybridspezifischen Eigenschaften des Verbrennungsmotors im realen Betrieb möglich. Insbesondere die Fahrzeugeigenschaften während des regenerativen Bremsens, des elektrischen Boostens, der rein elektrischen Fahrt sowie während der Übergänge zwischen den Betriebsarten werden damit bereits am Prüfstand analysiert und anschließend gegebenenfalls optimiert. Durch Erweiterung einer entsprechenden software-programmierbare Hardware für die physikalische Generierung elektrischer Fehler (Fehlersimulation) zwischen den Steuergeräten und der Simulationsplattform können auch diagnose- bzw. sicherheitsrelevante Versuchsumfänge am Prüfstand durchgeführt werden. 4. Zusammenfassung und Ausblick 11 Bild 11 Benutzeroberfläche am HiL-System IPG-Carmaker 4. Zusammenfassung und Ausblick Die Entwicklung von hybriden Antriebssträngen als Getriebevarianten innerhalb einer neuen Fahrzeugserie erfordert neben den komplexen Fahrzeugkonzepten bei Mechanik, Elektrik und Steuergeräten auch die geeigneten Werkzeuge und Methoden im Entwicklungsprozess. Der dynamische Motorprüfstand ist durch Integration von flexiblen Simulationssystemen auch in Zukunft geeignet, die komplexen Betriebsstrategien des Verbrennungsmotors in einer der Messtechnik gut zugänglichen sowie exakt reproduzierbaren Versuchs- und Optimierungsumgebung darzustellen. Die konventionelle Restbussimulation des Motorsteuergerätes wird durch den Aufbau und Betrieb aller für den Antriebsstrang relevanten Steuergeräte am Prüfstand abgelöst. Als Prüfläufe werden sich parallel zu den konventionellen physikalischen Lastprofilen die simulationsbasierten virtuellen Fahrmanöver am Motorprüfstand durchsetzen. Die Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz dieser Methoden und Werkzeuge ist aber eine enge Zusammenarbeit zwischen den Prüfstandsbetreibern und den Simulationsexperten der Fahrzeughersteller und Zulieferer. 12 Anforderungen an Prüfstände für Hybridfahrzeuge Literatur [1] Thun, H.-J. von: Dynamischer Verbrennungsmotor-Prüfstand mit Echtzeitsimulation des Kraftfahrzeug-Antriebsstrangs. In: Automobiltechnische Zeitschrift 89 (1987), Nr. 1 [2] Fischer, R.: Dynamische Simulation von Kraftfahrzeugen mit Automatikgetriebe. Graz, Technische Universität, Fakultät für Maschinenbau, Dissertation, 1988 [3] Jürgens, G.; Schyr, C.: CVT-Simulation am dynamischen Motorprüfstand. In: Automobiltechnische Zeitschrift 102 (2000), Nr. 7/8 [4] Schneiderbeck, H.: Dynamische Motorenprüfung mit einer PermanentmagnetSynchronmaschine. In: Automotive Engineering Partners 8 (2005), Nr. 3/4 [5] Lehna, M.: Hybridfahrzeugkonzepte im Spannungsfeld zwischen technischen Möglichkeiten und Marktanforderungen. 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In: MTZ-Konferenz Motor 2006 – Der Antrieb von morgen (Stuttgart 2006) [11] Albers, A.; Gschweitl, K.; Schyr, C.; Kunzfeld, S.: Methoden und Werkzeuge zur modellbasierten Validierung von Hybridantrieben. In: Automobiltechnische Zeitschrift 108 (2006), Nr. 11 [12] Schyr, C.; Putz, G.; Zrim, A.: Flexible Simulationsmodelle am Prüfstand. In: Tagungsband VDI Konferenz „Erprobung und Simulation in der Fahrzeugentwicklung“ (Böblingen 1997) [13] Pfister, F.; Gschweitl, K.; Reitze, C.; Sanguanpiyapan, K.; Quarz, V.: Design of Experiments-Methoden angewendet auf geregelte Triebstrang- und Fahrwerkssysteme am Beispiel Rundenzeitoptimierung. In: Tagungsband VDI Konferenz „Steuerung und Regelung von Fahrzeugen und Motoren - AUTOREG“ (Wiesloch 2006)