Mit dem iPad fliegen lernen

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Mit dem iPad fliegen lernen
Horizon setzt bereits in der Ausbildung auf ein papierloses Cockpit
Mit dem iPad fliegen lernen
Das iPad spielt in der Fliegerei eine immer wichtigere Rolle. Als eine der ersten
Flugschulen setzt die Horizon Swiss Flight Academy vier solcher Tablets in der
Linienpilotenausbildung am Boden und in der Luft ein. Die ersten Erfahrungen
seien durchwegs positiv, freut sich Horizon-Cheffluglehrer Max Andersen.
Foto Hansjörg Bürgi
Report von Hansjörg Bürgi
Als Apple 2010 das erste iPad vorstellte, haben
Luftfahrtkartenhersteller schnell die Vorteile
dieses Tablets für die Fliegerei erkannt. Seither
gibt es unzählige Apps, welche die ­Piloten mit
dem iPad unterstützen. Als die amerikanische
Flugaufsichtsbehörde FAA im Juni 2012 das
iPad für alle kritischen Flugphasen zuliess,
hatte dieses Tablet den Durchbruch in der
Luftfahrt endgültig geschafft. Mittlerweile findet man Tausende von iPads in Cockpits zahlreicher Airlines als Electronic Flight Bag (EFB).
In der Schweiz nützt unter anderem auch die
Rega auf ihren Challenger-Rettungsjets die
Vorteile des iPads.
Kein Papier mehr im Flugzeug
Einer der Rega-Challenger-Piloten ist Martin
Pauli. Die Fliegerische Vorschulung FVS ermöglichte ihm in die Aviatik einzusteigen. Die
Privatpilotenlizenz absolvierte er in SpeckFehraltorf. Die weitere Ausbildung durchlief er
vor gut zehn Jahren bei Horizon und begann
ein Aviatikstudium bei der ZHAW in Winterthur.
Dann absolvierte er bei Swiss nochmals eine
zweijährige Ausbildung, bis sich 2009 die
Chance bot, bei der Rega den Challenger zu
fliegen. Im Mai 2012 liess er sich bei Swiss
Aviation Training in Grenchen als Fluglehrer
ausbilden. Er ist auch als Theorie-Instruktor in
sechs verschiedenen Fächern bei Horizon tätig
und ein ausgewiesener iPad-Kenner. Zusammen mit Helvetic-Pilot Raphael Jenni hat er für
Horizon das iPad-Projekt gestartet.
Wie Martin Pauli erläutert, habe Horizon
vorerst vier iPads für die Pilotenausbildung
beschafft. Alle vier sind mit den Lizenzen von
Jeppesen Jeppview ausgestattet und bieten
alle Flughafen- und Routenkarten von ganz Europa an. Zwei iPad stehen den Studenten auch
zur Vorbereitung einer Ausbildungs­
session
zur Verfügung. Da können sie sich auch gewünschte Unterlagen ausdrucken. Doch im
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Mai 2013
Horizon-Cheffluglehrer Max Andersen (links) sowie Fluglehrer und iPad-Spezialist Martin Pauli
bereiten im Briefingraum die nächste Simulator-Session vor.
Flugzeug, auf der DA42 von Horizon, wird auf
jegliches Papier verzichtet. Alle für einen Ausbildungsflug notwendigen Unterlagen werden
dem iPad entnommen.
Da die DA42 über keinen Zigaretten­
anzünder verfügt, kann das Tablet während
des Fluges nicht aufgeladen werden. Horizon
hat deshalb zwei grosse Zusatzbatterien beschafft, die eine Einsatzdauer der iPads an
Bord von fünf bis sechs Stunden erlauben.
Ohne Zusatzbatterien läuft das iPad – je nach
dem ob das GPS benutzt wird oder nicht – bis
zu drei Stunden.
Für VFR- und IFR-Ausbildung
Während Horizon für die Instrumentenflugausbildung (IR) auf die Apps von Jeppesen setzt,
wird für die Sichtflugausbildung (VFR) die App
von Airnavpro verwendet. Da ist der komplexe
Schweizer Luftraum abrufbar, aber neu auch
alle Schweizer VAC-Karten, die für An- und
Abflüge verwendet werden müssen. «Man
könnte dann einfach dem Strich auf der Karte
nachfliegen, aber im Sichtflug ist Hinausschauen und eine intensive Luftraumüberwachung
immer noch oberstes Gebot», erwähnt Martin
Pauli.
Im Weiteren ist das iBriefing geladen,
welches Notams und Wetterdaten der einzelnen Flugplätze je nach Bedarf darstellt. Man
kann die Daten auch offline speichern und so
mit an Bord nehmen. Auch alle Checklisten sind
auf dem iPad abrufbar. Das neuste iPad bietet
einen Nachtmodus, so dass die Helligkeit des
Bildschirms der Umgebung angepasst werden
kann. Auch «Weight & Balance» erledigt der
Horizon-Student auf dem iPad. Es sind nicht
nur die Daten der eigenen DA42 gespeichert,
sondern auch jene von Swiss Aviation Training
und der Fliegerschule St. Gallen-Altenrhein,
welche von Horizon eingesetzt werden. Im
General Aviation Center (GAC) Zürich steht ein
Drucker, damit das Beladungsschema ausge-
SkyFlight
druckt werden kann, weil dies das Gesetz so
vorschreibt. Auch der Flugplan wird auf dieselbe Weise ausgefüllt und ausgedruckt.
iPad muss gesichert sein
Technisch betrachtet verwendet Horizon die
iPads nicht als Electronic Flight Bag, sondern
als Personal Electronic Device, welche so
­keine Zulassung benötigen. Damit es aber bei
Start und Landung verwendet werden kann,
schreibt das Gesetz vor, dass das iPad gesichert sein muss. Horizon hat sich entsprechende Kniehalterungen beschafft.
«Man könnte sicher noch mehr über das
iPad erledigen, aber wir wollen unsere Studenten nicht schon von Beginn weg mit zu
vielen Neuerungen belasten, deshalb belassen
wir es bei dieser Grundausstattung der iPads»,
fährt Martin Pauli fort. Zwei der vier iPad sind
rund um die Uhr im Horizon-Simulatorraum in
Kloten zur Verfügung der Studenten, die anderen beiden befinden sich im GAC am Flughafen
Zürich.
Durchwegs positive Erfahrungen
Horizon-Cheffluglehrer Max Andersen, der
auch als Captain auf Fokker 100 bei Helvetic Airways fliegt, ist mit der Einführung des
iPads bei Horizon sehr zufrieden. Doch eine
der Herausforderungen in der heutigen Pilo­
Nach einem Circling-Approach fliegt Martin Pauli – mit dem iPad auf dem Knie – im DA42 Simulator von Horizon in den Endanflug auf die Piste 32 in Bern-Belp.
ten­ausbildung sei immer noch die terrestrische Navigation mit einer Karte. Die heutigen
Flugschüler sind sich derart an Navigationscomputer gewöhnt, dass ihnen das Auffinden
eines Flugplatzes ohne elektronische Unterstützung Mühe bereitet. «Auch das üben wir,
indem wir beispielsweise im Sichtflug nur terrestrisch oder einen Instrumentenabflug nur
von Hand mit Basic Navigation fliegen. Auch
Das iPad hat bei der Horizon Swiss Flight Academy das Papier in Cockpit und Simulator ersetzt.
Martin Paul (links) und Max Andersen sind über die ersten Erfolge sehr erfreut.
ein Non-Precision-Approach muss einmotorig
von Hand geflogen werden können, oder ein
anspruchsvoller Circling-Anflug, wie etwa in
Bern, da setzen wir als Flugschule die Latte
hin. Deshalb nehmen die Basic Flying Skills,
also das Fliegen an sich, einen hohen Stellenwert in der Ausbildung ein. Auch die Syste­
matik ist noch viel wichtiger geworden. Zudem ist die ganze Operation, das Drumherum,
heute viel anspruchsvoller als früher», erwähnt
Max Andersen.
Und er weiss, wovon er spricht: Seine fliegerische Laufbahn begann er mit Segelfliegen.
Seinen ersten Airlinejob erhielt er bei Crossair
auf dem Saab 340. Danach flog er Jumbolino bei Crossair, wechselte später aber zur
Swiss­air auf die A320 und A330. Nach dem
Grounding flog er noch zwei Jahre bei Swiss.
Nächste Station war Air Malta und die Business Aviation, als Captain auf einer Citation
Excel bei SkyWork. «Das war eine sehr lehrreiche Zeit, da wir Flugplätze von Saanen bis
nach ­Marokko ansteuerten», erinnert sich Max
Andersen. Für ExecuJet flog er anschliessend
drei Jahre (und drei Winter) ab Moskau: «Der
Challenge lag dabei nicht in erster Linie beim
Fliegen, sondern vielmehr auf der operationellen Seite, da wir in alle GUS-Staaten, aber
auch in den Irak flogen.» Vor drei Jahren entschloss er sich für ein etwas geregelteres Leben und wechselte zu Helvetic Airways. Seine
über 12’000 Flugstunden stammen zu einem
Teil auch aus der Ausbildung, denn während
seiner ganzen Pilotenlaufbahn war Max Andersen immer auch Fluglehrer – bei Horizon als
Freelancer seit 1992. Seit Sommer 2011 wirkt
er nun als Cheffluglehrer.
www.horizon-sfa.ch
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