edienproduktion - Liebe Surferin, lieber Surfer, der von Ihnen

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edienproduktion - Liebe Surferin, lieber Surfer, der von Ihnen
No. III / 2013
ONLINE-ZEITSCHRIFT FÜR WISSENSCHAFT UND PRAXIS
edienproduktion
Didaktische
Medienproduktion
Inhalt
Editorial
von Oliver Klosa
3
Didaktische Medien und ihre Produktion
von Paul Klimsa
4
Neue Wege der Medienproduktion in der Lehre
von Heidi Krömker und Marcel Norbey
7
Didaktische Medienproduktion: Instruktionsdesign
von Helmut M. Niegemann
11
Spielend Geschichte lernen
Didaktisches Design digitaler Lernspiele
von Anja Hawlitschek und Helmut M. Niegemann
15
Gestaltungsaufgaben in eventmedialen Erlebnisräumen
von Ursula Drees, Irina Etschberger und Annabel Schiebol
18
Game Based Learning in der didaktischen Medienproduktion
Ein Interview mit Klaus Peter Jantke
von Franziska Baier
21
Didaktische Medienproduktion an der Universität
Erfahrungen aus dem deutsch-polnischen Online-Seminar „Medienbrücke“
von Paul Klimsa
23
Didaktische Konzepte zum Aufbau von Social Intranets & Collaboration-Plattformen
Auszüge aus den Einführungskonzepten für interne Social Media in Unternehmen am Beispiel eines
berufsorientierten Hochschulseminars
von Marcel Kirchner
27
Didaktische Produktion und professionelle Medienarbeit Vom Workflow zum „Flow at Work“
von Hans-Ulrich Werner
37
Medienpädagogik im Diskurs
Unter dem Motto „Back to the roots – into the learning future!“ fand das 10. EduCamp an der
TU Ilmenau statt
von Anne-Kathrin Pabst
43
Manfred Spitzer (2012): „Digitale Demenz“
Eine Buchbesprechung von Paul Klimsa
von Paul Klimsa
45
Impressum
47
2
Editorial
von Oliver Klosa
Dipl.-Medienwiss.
Oliver Klosa
Liebe Leserinnen und Leser,
Seit geraumer Zeit beschäftigen sich sowohl
Forscher als auch Praktiker mit dem Einsatz von
elektronischen bzw. digitalen Lehr- und Lernmedien. Es sind Lernplattformen und andere didaktische Medienprodukte entstanden, die Lehren und
Lernen unterstützen sollen. Damit einhergehend
wurden im Laufe der Jahre verschiedene Konzepte
entworfen und evaluiert. Mit dem Aufkommen der
sozialen Medien ist weiteres Potential auf diesem
Feld entstanden. Das Ende der Entwicklung ist
zwar nicht abzusehen, doch die Erkenntnisse der
Medienproduktion von didaktischen Medien wurden
bisher durch Wissenschaft nur randständig behandelt. Für uns ist das ein Grund, den Schwerpunkt
dieser Ausgabe der didaktischen Medienproduktion
zu widmen.
Eingangs erörtert Paul Klimsa den Begriff der
didaktischen Medienproduktion und setzt sich dabei
mit verschiedenen Lerntheorien kritisch auseinander. Einen spezifischen Zugang gewähren Heidi
Krömker und Marcel Norbey, die auf die Interdisziplinarität der Medienproduktion eingehen. Helmut
M. Niegemann und Anja Hawlitschek legen in
ihren Beiträgen das Instructional Design zugrunde
und beschreiben die Intention dahinter. In diesem
Kontext erläutert Helmut M. Niegemann das eigene
Rahmenmodell „DO ID“, während Anja Hawlitschek
und Helmut M. Niegemann im anschließenden
Beitrag die Konzeption von digitalen Lernspielen
anhand des Beispiels „1961“ darlegen.
Wie didaktische Medienproduktionen als Installation
im Eventbereich umgesetzt werden können, verdeutlichen Ursula Drees, Irina Etschberger und
Annabel Schiebol mit ihrem Projekt „LaLaLand“.
Einen Einblick in praxisorientierte Projekte zeigen
Paul Klimsa und Marcel Kirchner auf. Paul Klimsa
fokussiert die grenzüberschreitende Ausbildung
von Studierenden auf Basis eines Onlineseminars
zwischen den Universitäten Krakau und Ilmenau.
Marcel Kirchner hingegen setzt in seinem Seminar
den Schwerpunkt auf die Optimierung von Kommunikationsprozessen in Unternehmen mittels Social
Media Werkzeugen und zeigt deren didaktische
Einsatzmöglichkeiten auf.
Zum Schluss fasst Hans-Ulrich Werner in einem
Überblick die didaktischen und vielfältigen Möglichkeiten in der Medienproduktion zusammen, die zu
einer erfolgreichen Medienpraxis führen.
Darüber hinaus interviewten wir Klaus Peter Jantke
zum Thema Einsatz von Game Based Learning
und dessen Zukunftsaussichten. Die Ausgabe wird
mit einem Bericht über das zehnte in Ilmenau stattfindende EduCamp sowie mit einer Rezension zum
neuen Buch von Manfred Spitzer „Digitale Demenz“
abgerundet.
Die Redaktion und ich wünschen Ihnen viele
neue Einsichten in das Thema unserer aktuellen
Ausgabe.
Ihr Oliver Klosa
3
Didaktische Medien und ihre Produktion
von Paul Klimsa
Prof. Dr.
Paul Klimsa
Didaktische Medien sind Medien, die in Lehr- und
Lernzusammenhängen eingesetzt werden. Seitdem
Paul Heimann am Anfang der sechziger Jahre sein
Modell der Didaktik vorgestellt hat [1], hat sich an
der theoretischen Auffassung von den vier den Unterricht konstituierenden Elementen nichts geändert. Nach wie vor stehen Ziele – Heimann sprach
von Intentionen – am Anfang des didaktischen
Bemühens, dann werden Inhalte gewählt und mit
Hilfe von Unterrichtsmethoden in Lehr- und LernHandlungen aufgelöst. Durch Nutzung von Medien
werden die Inhalte dann dem gesamten Konzept
des Unterrichts angemessen transportiert (Abb. 1).
Waren als Medien in den 60er Jahren eine Tafel, ein
Overhead-Display/Polylux bzw. ein Dia-Projektor im
Einsatz, so sind es heute ein digitales Whiteboard
bzw. ein Laptop mit einem Lichtstarken Datenprojektor, ein Tablet-PC oder beispielswiese „Social
Software“, die die Lernenden im Internet zu einem
Lernteam verbindet. Auf den ersten Blick scheint
also die Änderung klein und nur in dem Fortschritt
der Medientechnik zu liegen.
Anthropologisch-psychologische
Bedingungen
n
ne
M
n
et
ie
d
ho
ed
M
en
In
te
lte
nt
ha
io
In
Anthropologisch-psychologische
Auswirkungen
situativ-sozial-kulturelle
Auswirkungen
normbindende
Faktoren
bedingungssetzende
Faktoren
formschaffende
Faktoren
situativ-sozial-kulturelle
Bedingungen
Abb. 1: Das Didaktik-Modell nach Heimann [1]
Medien sollten früher der didaktischen Planung
dienlich sein, d.h. die Wahl der Ziele, Inhalte und
Methode waren entscheidend. Medien rückten
jedoch im Laufe der Zeit immer mehr in das
Zentrum des didaktischen Bemühens, was zuweilen in der Praxis zur unerwünschten Umkehrung der Vorgehensweise führte (zudem der/die
lehrende Person wenig Erfahrung hatte). Medien
standen dann im Mittelpunkt. Diese Umkehrung der
didaktischen Sicht ist auch heute noch falsch: Nicht
zuerst Medien sollten das didaktische Geschehen
bestimmen, sondern stets eine Folge der Zielfestlegung sein. Was jedoch, wenn Medien als Lernziel
in den Mittelpunkt rücken? Hierzu einige Beispiele,
die zeigen, wie sich die Position der Medien im
Modell von Heimann verändert hat.
1. Beispiel 1
Der Unterricht ist ausgerichtet auf die Nutzung einer
speziellen Software in Unternehmen unterschiedlicher Branchen, die u.a. Teamarbeit und Lernverbunde unterstützt sowie Wissensaustausch ermöglicht. Im Unterricht müssen zentrale Funktionen des
Systems und seine Leistung vorgestellt werden. Als
Zielsetzung wäre also zu definieren, dass die Mitarbeiter mit dem System in allen seinen Funktionen
aktiv umgehen können und eine Grundkompetenz
zur Realisierung gemeinsamer Projekte erlangen.
Inhaltlich muss man alle Funktionen der Software
identifizieren, die den aktiven Umgang mit ihr
ermöglichen. Dazu muss man sich auf bestimmte
Ankerpunkte der Software festlegen und eine
Stoffreduktion vornehmen. Die gewählten Inhalte
müssen nun in Lehr- und Lern-Handlungen übersetzt werden. Als Methode kann man beispielsweise eine mehrstufige Unterweisung wählen. In
allen Schritten muss man also Entscheidungen
treffen, aber die Wahl des Mediums ist bereits von
Anfang an klar. Ohne das Softwaresystem selbst
wird es nicht gehen. Man kann zusätzlich Arbeitsblätter anfertigen, eine PC-Präsentation vorbereiten, bzw. weitere Medien, wie z.B. onlinebasierte
Lernsoftware erstellen und einsetzen. Die Mediennutzung steht aber schon zu Beginn der Planung
an einer zentralen Stelle der Überlegungen,
wie z.B. eine Seminarbeschreibung im Internet:
http://www.tu-ilmenau.de/?id=21822.
4
2. Beispiel 2
Zwei Gruppen von Medien-Studenten sollen gemeinsame journalistische Beiträge vorbereiten.
Problem ist dabei, dass beide Gruppen ca. 800 km
voneinander entfernt sind. Die eine Gruppe studiert in Deutschland, die andere in Polen. Schon
zu Beginn der didaktischen Planung müssen also
Medien einbezogen werden und in Bezug auf ihre
geplante Nutzung sind Ziele zu definieren. Dabei ist
nicht nur der Umgang mit speziellen Werkzeugen
für die Kooperation über das Internet notwendig,
sondern solche Fähigkeiten wie beispielsweise die
Reflexion der begrenzten Kommunikationsmöglichkeiten und ein angemessener Informationsaustausch. Selbstverständlich gehört zu den Zielen
auch das Schreiben von Texten bzw. das Drehen
eines Video-Films, doch die Medienentscheidungen
müssen schon bei der Zielbestimmung einfließen
(vgl. Klimsa in dieser Ausgabe).
Aus den beiden Beispielen können wir ableiten,
dass in einer medial dominierten Arbeits-, Lehr- und
Lernwelt Medien im Unterricht heute mehr als in der
Vergangenheit einen zentralen Faktor darstellen
(Abb. 2).
M
Anthropologisch-psychologische
Bedingungen
n
ne
io
d
ho
et
n
ie
ed
M
en
In
te
lte
nt
ha
In
Anthropologisch-psychologische
Auswirkungen
situativ-sozial-kulturelle
Auswirkungen
normbindende
Faktoren
bedingungssetzende
Faktoren
formschaffende
Faktoren
situativ-sozial-kulturelle
Bedingungen
Abb. 2: Das modifizierte Didaktik-Modell nach Paul Heimann [1]
Die Produktion von didaktischen Medien steht aus
diesem Grund heute an einer exponierten Stelle,
wenn man Lernprozesse planen muss. Oft – wie
auch schon früher – kann das zur teilweisen Ausblendung bzw. Unterschätzung der Bedeutung
anderer Elemente des Unterrichts führen. Medien
ersetzen keine Inhalte, Medieneinsatz ist zudem an
sich allein noch keine Methode. Denkt man jedoch
an alle Faktoren zusammen, können didaktische
Medien ihre gewünschte und vor allem erwünschte
Stellung im Lernprozess einnehmen und wesentlich zur Qualität der Bildung beitragen.
Die wissenschaftlichen Ansätze zu diesem Thema
und die Lerntheorien haben sich inzwischen beachtlich entwickelt, so dass der Umfang der Produktion
von didaktischen Medien im Bildungsbereich enorm
verbreitet ist [2]. Eine Lerntheorie bestimmt den allgemeinen Rahmen für didaktische Überlegungen
von Lernprozessen mit Medien, die wiederum für
eine erfolgreiche – oder eine misslungene – Entwicklung von Lernanwendungen – wie beispielsweise im eLearning – ausschlaggebend sind. Wenn
eine theoretische Konstruktion nur rezeptive Vorgänge beim Lernen zulässt und die Wirksamkeit
des Lernprozesses in Kategorien beobachtbaren
Verhaltens festlegt, so entspricht die daraus abgeleitete Lehr- und Lernpraxis den konstruierten Festlegungen. Gelernt werden kann eben nur das, was
zuvor festgelegt/operationalisiert wurde. Setzt man
in der Theorie voraus, dass es eine objektive Wirklichkeit gibt, so gilt es im eLearning-System, die Informationen über diese Wirklichkeit zu vermitteln.
Gibt es keine objektive Wirklichkeit, so gilt es, die
Realität durch Erwerb von notwendigen Strategien
zu bewältigen. Die Rolle der Medien resultiert in
solchen Zusammenhängen immer aus den theoretischen Überlegungen: Das was die Theorie nicht
erfasst, wird sich auch in der medialen Umsetzung
nicht wieder finden.
Es ist keineswegs einfach, die Theorien im Hinblick
auf die Verwendung von eLearning zu systematisieren. Oft stellt man in der Praxis fest, dass ein
Lernprogramm keine scharfe Trennung zwischen
der Umsetzung unterschiedlicher Lerntheorien bedeutet, sondern eine pragmatische Integration verschiedener Ansätze in einem medialen Lernprodukt
zeigt. Die Produktion didaktischer Medien kann
dabei im Modell der Medienproduktion [3] gezeigt
werden, das davon ausgeht, dass erst das Zusammenspiel der drei konstituierenden Elemente der
Medienproduktion zur Entsteheung eines spezifischen Medienroduktes – z.B. eines didaktischen
Mediums – führen kann. Es sind die Elemente:
Content als (gegenwärtig meist) digitale Inhalte,
die auf einer Vermittlungsplattform den Nutzern zur
verfügung stehen; Technik als digitale Technik, die
die Produktion ermöglicht, aber auch dem Content
einen spezifischen Vermittlungskanal zuweist;
Organisation als übergreifende Institution/Struktur
oder als übergreifend strukturierender Ablaufprozess, in dem Ressourcen zusammengeführt
werden, um geplante Medienprodukte hervorzubringen [4].
5
Um didaktische Medienprodukte zu entwickeln,
müssen diese Produkte vier Phasen durchlaufen:
Preproduktion (Ziele definieren, korrespondierende Inhalte und Methoden wählen sowie
Medien festlegen), Produktion (Entwicklung eines
Prototyps, Usability-Test, Korrektur/Anpassung des
didaktischen Konzeptes, Produktion der Medien,
begleitende – formative – Evaluation), Postproduktion (abschließende – summative – Evaluation,
Korrektur/Anpassung des didaktischen Konzeptes,
Fertigstellung des Produktes) und Distribution
(Vertrieb/Einführung des Medienproduktes). Die
Distribution ist oft selbst mit Bildungsaufgaben verbunden, da es nicht nur darum geht, Lernanwendungen online oder offline zu verteilen, sondern
auch die Kompetenz für ihre Nutzung erst zu ermöglichen. Wenn wir die Erkenntnisse nun auf unsere
zwei eingangs gezeigten Beispiele übertragen,
bedeutet das, dass im ersten Beispiel die Mitarbeiter als Nutzer eines softwarebasiertes Kooperationssystems mit einer besonderen Kompetenz für
den Umgang mit dem System als Medienprodukt
vorbereitet werden müssen. Im zweiten Beispiel
erwerben die Studenten beider Universitäten zunächst Nutzungskompetenz von Kommunikationsund Kollaborationswerkzeugen, um im zweiten
Schritt gemeinsame Medienprodukte zu erstellen.
In beiden Fällen sind Prozesse der Medienproduktion von didaktischen Medien im Sinne eines optimalen Ergebnisses zu steuern. Dies muss in einem
zuvor festgelegten didaktischen Rahmen erfolgen
und erfordert auch die Beteiligung von Trainern/
Dozenten/Ausbildern. Damit sind didaktische
Medien in zwei ineinander greifende didaktische Prozesse eingebunden: Zum einem wird die
Medienproduktion durch didaktische Notwendigkeit
der Unterrichtsvorbereitung definiert, zum anderen
müssen die Bedingungen der Nutzung didaktischer
Medienprodukte den anvisierten didaktischen
Zielen entsprechen und mit angemessenen Maßnahmen flankiert werden.
3. Literatur
[1]
Heimann, P. (1976). Didaktik als Unterrichtswissenschaft.
Stuttgart: Ernst-Klett-Verlag.
[2]
Klimsa, P., & Issing, L. J. (Hrsg., 2011). Online-Lernen.
Handbuch für Wissenschaft und Praxis. 2. verbesserte und
ergänzte Auflage. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag.
[3]
Krömker, H., & Klimsa, P. (2011). Medienproduktion: Eine neue
wissenschaftliche Perspektive. Medienproduktion – Online
Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis, Jahrgang 1, Heft 1, 4-7.
Abgerufen 20.12.2012 von http://www2.tu-ilmenau.de/zsmp/
sites/default/files/uploads/ZSMP-Ausgabe1-komplettoptimiert.pdf
[4]
Krömker, H., & Klimsa, P. (Hrsg., 2005). Handbuch Medien
produktion. Produktion von Film, Fernsehen, Hörfunk, Print,
Internet, Mobilfunk und Musik. Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften.
Didaktisch genutzte Medien sind nicht mehr aus
Lern- und Lehrprozessen wegzudenken und ihre
Bedeutung wird auch künftig weiterhin wachsen. Um
optimale Lehr- und Lernsituationen zu schaffen, ist
es daher unerlässlich, die Prozesse der Produktion
der digitalen Medien zu reflektieren, um sie besser
steuern zu können. In dem vorliegenden Heft der
Online-Zeitschrift für Medienproduktion finden die
Leser einige Anregungen für eigene Medienproduktions- und Mediennutzungspraxis im Lehr- und
Lernkontext.
6
Neue Wege der Medienproduktion in der Lehre
von Heidi Krömker und Marcel Norbey
Prof. Dr.
Heidi Krömker
Die verschiedenen Branchen der Medienproduktion sind durch eine sehr hohe Dynamik gekennzeichnet. Diese Dynamik erfordert eine schnelle
Weiterentwicklung der Lehrinhalte, um den Studierenden immer hochaktuelles Wissen zum komplexen Zusammenwirken von Content, Technik und
Organisation vermitteln zu können. Dieses Wissen
wird über die thematisch breitgefächerten wissenschaftlichen Analysen des Fachgebiets und über
interdisziplinäre Forschungsarbeiten von Studierenden erschlossen, die zielgerichtet für die Lehre
in der Medienproduktion aufbereitet werden.
Ziel der Lehre in der Medienproduktion ist die
Schaffung eines grundlegenden Verständnisses
der inhaltlichen, technischen und organisatorischen
Zusammenhänge insbesondere der Branchen Film,
Fernsehen und Hörfunk. Die Studierenden sollen
Fähigkeiten zur Analyse und Bewertung komplexer
Medienproduktionsprozesse entwickeln. Es wird
dabei vor allem auf Fragen der Produktion von Inhalten, der zugrunde liegenden Technologien und
der Organisation, speziell im Hinblick auf die Arbeitsabläufe und die Kosten, fokussiert.
Die Zusammenhänge der Elemente der Medienproduktion Content, Technik und Organisation
erschließen sich durch die Analyse der vier Produktionsschritte Preproduktion, Produktion, Postproduktion und Distribution. Sie bilden den Ankerpunkt der Lehre in der Medienproduktion und
werden auf die verschiedenen Medienbranchen angewendet (siehe Abbildung 1). Da die Konvergenzund Internationalisierungstendenzen in den einzelnen Branchen diese Zusammenhänge ständig
neu gestalten, sind sie Gegenstand kontinuierlicher
Betrachtung [1].
Dr.
Marcel Norbey
Konvergenz
Internationalisierung
Print
Internet
Mobil
Film
Musik
Fernsehen
Medienbranchen
Radio
Organisation
Medienproduktion
Technik
Content
Abb. 1: Ebenen und Elemente der Medienproduktion,
in Anlehung an [2]
Die Spezifik von Produktionsprozessen im Medienbereich erfordert eine interdisziplinäre Herangehensweise an ihre Analyse. Dazu kann eine
Vielzahl wissenschaftlicher Disziplinen aus dem
Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften,
der Technik- und Ingenieurwissenschaften und
der Wirtschaftswissenschaften genutzt werden [2]
(siehe Abbildung 2):
• Im Bereich der geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen sind von Seiten der Geisteswissenschaft vor allem Theorien der Gestaltung
und der Kunst, journalistische Ansätze und
medienwissenschaftliche Theorien bedeutsam.
Von Seiten der Sozialwissenschaft kann vor
allem die Kommunikationswissenschaft zum Erkenntnisfortschritt in der Lehre Medienproduktion beitragen.
7
Theorien der Gestaltung und der Kunst sowie
journalistische Ansätze ermöglichen die Analyse
und Systematisierung des Contents, also des
Inhalts der Medien. Während Theorien der Gestaltung und der Kunst nützlich bei der Betrachtung insbesondere von filmischen Inhalten sind,
dienen journalistische Ansätze vorrangig der
Analyse des Produktionsprozesses von Content
im Nachrichtenbereich. Medienwissenschaftliche Theorien ermöglichen die Analyse der
Bedeutung von Medienprodukten für Gesellschaft, Politik oder Justiz im Rahmen der Lehre
Medienproduktion.
Die Kommunikationswissenschaft ermöglicht
hingegen Aussagen zu den individuellen und
gemeinschaftlichen Rezeptionsprozessen des
medialen Contents.
• Im Bereich der technik- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen spielen die Elektrotechnik, die Informationstechnik, die Medientechnik sowie die Informatik eine wichtige Rolle.
Diese Disziplinen schaffen die hard- und softwaretechnischen Grundlagen für die Konzeption
und Realisierung der Medienproduktionssysteme. In der Lehre unterstützen ihre Erkenntnisse
und Theorien primär das Verständnis des Elements Technik der Medienproduktion und seiner
Verknüpfung mit Content und Organisation.
• Im Bereich der wirtschaftswissenschaftlichen
Disziplinen ist insbesondere die Betriebswirtschaftslehre relevant für ein umfassendes
Verständnis des Elementes Organisation in
der Medienproduktion, auch in der Lehre. Die
Abläufe und Strukturen in der Medienproduktion
können mithilfe der Erkenntnisse betriebswirtschaftlicher Teildisziplinen wie Marketing, Logistik, Produktionswirtschaft, Finanzierung und
Controlling, Unternehmensführung sowie betriebswirtschaftlicher Organisation umfassend
beschrieben werden, auch hinsichtlich ihrer
Auswirkungen auf die Elemente Content und
Technik.
Kunst und
Gestaltung
Betriebswirtschaftslehre
Kommunikationswissenschaft
Journalismus
Medienproduktion
Medienwissenschaft
Informationstechnik
Medientechnik
Informatik
Abb. 2: Disziplinen der Medienproduktion, übernommen aus [2]
Das Modell der Medienproduktion führt neben den
konstituierenden Elementen Content, Technik und
Organisation auch die Konvergenz und die Internationalisierung ein. Die Konvergenz beschreibt
die Annäherung der Elemente Content und Technik
in der Medienproduktion; die Internationalisierung
fokussiert hingegen auf das Zusammenspiel von
Content und Organisation, um mediale Inhalte auch
über den eigenen Kulturraum hinaus zu verbreiten.
Sowohl Konvergenz als auch Internationalisierung
können vor allem mit interdisziplinären Ansätzen
analysiert und systematisiert werden, die geistesund sozialwissenschaftliche, technik- und ingenieurwissenschaftliche sowie wirtschaftswissenschaftliche Theorien und Erkenntnisse verbinden.
Das heißt, dass eine umfassende Beschreibung,
Analyse und Systematisierung von Medienproduktionsprozessen nur möglich ist, wenn in der Lehre
bei den Studierenden für ein breites Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen Verständnis entwickelt
werden kann.
Hinzu kommt, dass die vielfältigen Innovationen im
Medienbereich und der sich intensivierende Wettbewerb zwischen den Medienbranchen eine Ausdifferenzierung der Medienproduktionslandschaft
mit sich bringt. Daher müssen die Lehrinhalte
ständig weiterentwickelt werden, indem die Innovationen an bestehende theoretische Grundlagen
angebunden werden.
Über die thematisch breitgefächerten wissenschaftlichen Analysen des Fachgebietes zu den neuen
Wegen der Medienproduktion hinaus [3], [4], [5],
[6], [7], [8] und [9], werden die neuen Wege auch
durch Forschungsarbeiten von Studierenden erschlossen. In den Arbeiten wird das spezifische
Zusammenspiel der Elemente Content, Technik
und Organisation in den Innovationen der Medienproduktion aufgearbeitet mit dem Ziel, neue Forschungshypothesen zu generieren. Allein im Fachgebiet Medienproduktion sind in den letzten beiden
Jahren über dreißig solcher Arbeiten entstanden,
sowohl Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten als
auch Promotionen.
Diese Innovationen müssen zunächst mit den Methoden der empirischen Sozialforschung erfasst
werden. Oftmals ist es nur möglich, mit Experteninterviews sich den Sachverhalten zu nähern. Dies
ist vielfach die einzig praktikable Methode der Informationsgewinnung über aktuelle Entwicklungen
bei Medienproduktionsprozessen, die in ihrer Entstehung kaum Gegenstand reflektierender Betrachtungen sind. Breit angelegte systematische Erhebungsverfahren existieren nur in Form der Media
Analysen für die Medienrezeption, aber nicht für die
Medienproduktion.
8
Die oben genannten Disziplinen aus den Geistesund Sozialwissenschaften, den Technik- und Ingenieurwissenschaften sowie den Wirtschaftswissenschaften bilden die Grundlage für die Analyse und
Systematisierung der untersuchten Branchen. In
der Lehre im Bereich Medienproduktion werden vor
allem die Film-, die Fernseh- und die Radiobranche
in Vorlesung und Seminar sehr intensiv analysiert.
Die Mobilfunk-, die Print-, die Musik- und die Internetbranche stehen hier nicht im primären Fokus,
werden aber auch betrachtet, wenn sich geeignete
Anschlussstellen im Kontext der anderen Branchen
finden. Dies ist z.B. oftmals über die Konvergenz
zwischen einzelnen Medienbranchen gegeben.
Für den Bereich der Film- und der Fernsehproduktion wurden die meisten studentischen Abschlussarbeiten verfasst. Arbeiten im Bereich der Filmproduktion wurden und werden unter anderem zu
folgenden Themenstellungen verfasst:
• Analyse des Produktionsprozesses von Spielfilmproduktionen, Werbefilmen oder von visuellen Effekten im Film
• Analyse des Distributionsprozesses von
3D-Kinofilmen
• Analyse des Produktionsprozesses von NoBudget- und Low-Budget-Filmen
• Analyse der deutschen Kinofilmproduktionsbranche
mittels
integrierter
Geschäftsmodellanalyse
• Analyse der Struktur des Lizenzhandels im Auslandsgeschäft deutscher Filme
In allen Arbeiten wird das spezifische Zusammenwirken von Content, Technik und Organisation im
Filmproduktionsprozess dargelegt. Allerdings ist die
Fokussierung unterschiedlich: So gibt es Arbeiten,
in denen Content, Technik und Organisation in etwa
gleicher Wertigkeit betrachtet werden, und es gibt
Arbeiten, in denen ein Element oder auch eine
Phase der Medienproduktion intensiver betrachtet
wird. Dies ist in den angeführten Beispielen meist
das Organisationselement, was darin begründet
liegt, dass viele der Arbeiten von Studierenden der
Medienwirtschaft verfasst werden.
Darüber hinaus werden auch Arbeiten verfasst, die
sich mit der Konvergenz in der Filmbranche auseinandersetzen. Eine Arbeit beschäftigt sich beispielsweise mit der Analyse multimedialer Vermarktungsstrategien in der Filmbranche.
Im Bereich des Fernsehen wurden und werden
Arbeiten unter anderem zu den folgenden Themenstellungen verfasst:
• Analyse des Produktionsprozesses bei Musikspartensendern oder von Reportage-Sendungen im privaten Fernsehen
• Analyse von Geschäftsmodellen regionaler
Fernsehsender am Beispiel Regio TV Euro 3,
privater Spartensender am Beispiel sixx oder
von Pay-TV-Anbietern in Deutschland
• Analyse des Workflows im Tagesgeschäft einer
Video-on-Demand-Plattform
• Analyse einer HD-basierten Fernsehproduktion
• Analyse des bandlosen Fernsehproduktionsprozess und Entwicklung eines Sichtungswerkzeugs
Zeigen diese Arbeiten den aktuellen Stand von
Geschäftsmodellen und Produktionsprozessen
im Fernsehbereich auf, so gibt es auch hier
Arbeiten, die sich der Konvergenz des Fernsehens
mit anderen Medienbranchen widmen: So ist eine
Arbeit im Entstehen, die sich mit der Analyse von
Geschäftsmodellen öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten im Onlinebereich beschäftigt. Zudem
wurden in einer Arbeit die Geschäftsmodelle von
Film und Fernsehen vergleichend analysiert. Eine
weitere Arbeit setzte sich mit der Analyse von Prozessen zur Diversifikation von Fernsehinhalten
auseinander.
Auch für den Bereich des Radios liegen derzeit
einige Arbeiten vor: In einer Arbeit wurde eine
Analyse der Geschäftsmodelle Thüringer Radiostationen vorgenommen, in einer weiteren Arbeit
wird gerade im Hinblick auf Konvergenztendenzen
analysiert, wie private Radiostationen Social Media
Angebote wie Facebook einsetzen.
Einige Abschlussarbeiten finden sich auch im
Bereich Print. Hier sind z. B. zu nennen:
• Analyse von Geschäftsmodellen von Tageszeitungsverlagen am Beispiel Freie Presse
Chemnitz
• Analyse von Geschäftsmodellen in der Buchverlagsbranche und ihre Veränderung durch die
Digitalisierung
Die Konvergenz wurde in einer Arbeit zur Analyse
von Geschäftsmodellen von Tageszeitungsverlagen im Online-Bereich näher untersucht.
9
Für die Musikbranche geht eine Arbeit der Frage
nach, wie die Digitalisierung den Produktionsprozess von Musik verändert. Darüber hinaus wurden
Arbeiten verfasst, die Fragestellungen thematisieren, die sich aus dem Umfeld von Medienproduktionsprozessen ergeben, wie die nach der
Analyse kontemporärer Jugendschutzsysteme im
Internet. Zudem wurde in einer Arbeit der erfolgreiche Versuch unternommen, das Modell der Medienproduktion auf Messen anzuwenden.
Zudem wurden auf einer konzeptuellen Ebene die
Systemgestaltung [10] und das Havariemanagement im Broadcast Engineering [11] analysiert.
Beide Bücher sind in der Buchreihe „Schriften
zur Medienproduktion“ erschienen, die von Heidi
Krömker und Paul Klimsa herausgegeben wird.
Die Vermittlung der neuen Wege der Medienproduktion wird unterstützt durch moderne Lehr- und
Lernformen. Dazu gehören unter anderem Hypervideos, die ebenfalls in Abschlussarbeiten konzipiert und realisiert werden. So entstanden beispielsweise hypervideobasierte Lernobjekte zur
Vermittlung von Produktionsprozessen in Hörfunk
und Film, die erfolgreich in der Präsenzlehre und im
E-Learning eingesetzt werden.
Aus den Ergebnissen all dieser Arbeiten lassen
sich Ansätze extrahieren, die die neuen Wege
der Medienproduktion für die Lehre beschreibund analysierbar machen. Zum einen schafft die
Nutzung der theoretischen Ansätze und Modelle
aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, den
Technik- und Ingenieurwissenschaften sowie den
Wirtschaftswissenschaften in den Arbeiten geeignete Anknüpfungspunkte für die Integration in die
Lehre. Zum anderen bilden die Erkenntnisse aus
den Experteninterviews in den Arbeiten, ergänzt
um Literaturrecherchen und die Analyse von statistischen Materialen, eine gute Grundlage für die
Weiterentwicklung des Lehrangebots in der Medienproduktion. So ist es möglich, trotz der oftmals
sehr hohen Dynamik in verschiedenen Branchen
der Medienproduktion, den Studierenden hochaktuelles Wissen zum spezifischen Zusammenwirken von Content, Technik und Organisation zu
vermitteln.
Literatur
[1]
Krömker, H., & Klimsa, P. (2011). Medienproduktion: Eine neue
wissenschaftliche Perspektive. Medienproduktion – Online
Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis, Jahrgang 1, Heft 1, 4-7.
Abgerufen 20.12.2012 von http://www2.tu-ilmenau.de/zsmp/
sites/default/files/uploads/ZSMP-Ausgabe1-komplettoptimiert.pdf
[2] Krömker, H., & Klimsa, P. (2005). Einführung. In H. Krömker, &
P. Klimsa (Hrsg), Handbuch Medienproduktion. Produktion
von Film, Fernsehen, Hörfunk, Print, Internet, Mobilfunk und
Musik (S. 15-17). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
[3]
Erdmann, M., & Krömker, H. (2003). Systemplanung für Rundfunksysteme. Informations- und Elektrotechnik – Werkstoffe,
Bauelemente, Systeme und Technologien für die Zukunft.
48.
Internationales
Wissenschaftliches
Kolloquium,
22.-25.09.2003, Ilmenau, 69-70.
[4]
Erdmann, M., & Krömker, H. (2004). Analyse und Modellierung von IT-basierten Fernsehproduktionssystemen – ein Konzept zur Projektierung. FKT, Jahrgang 58, Heft 11, 561-565.
[5]
Kloth, C., & Krömker, H. (2008). Referenzmodell für die
Projektierung integrierter Fernsehproduktionen. FKT,
Jahrgang 62, Heft 12, 695-700.
[6]
Krömker, H., & Kloth, C. (2008). Prozesse in der Fernsehproduktion – Modelle und Trends. Workshop Live-Studioproduktion 3.0, 07.10.2008, Ilmenau, 11-19.
[7]
Brecht, R., Kraus, A., & Krömker, H. (2007). Entwicklung von
Produktionsrichtlinien von Sport-Live-Berichterstattung für
Mobile TV Übertragungen. Computer science meets automation. 52. Internationales Wissenschaftliches Kolloquium,
10.-13.09.2007, Ilmenau, 409-420.
[8]
Deutsche TV-Plattform e. V. (Hrsg., 2011). White Book Hybrid
TV. Abgerufen 06.06.2012 von http://www.tv-plattform.de/
images/stories/pdf/hybrid-tv_white-book_2011.pdf
[9]
Krömker, H., Brecht, R., Karsten, S., & Herlemann, J. (2011).
Style Guide – Usability von Red Button HbbTV-Angeboten
(Auszug). In Deutsche TV-Plattform e. V. (Hrsg.). Abgerufen
06.06.2012 von http://www.tv-plattform.de/images/stories/
pdf/styleguide_usability-hbbtv-redbutton_2011_auszug.pdf
[10]
Kloth, C. (2010). Systemgestaltung im Broadcast Engineering – prozessorientierte Konzeption integrierter Fernsehproduktionssysteme. Wiesbaden: Vieweg und Teubner.
[11]
Kloth, C. (2010). Havariemanagement im Broadcast
Engineering – Konzeption havariesicherer Fernsehproduktionssysteme. Wiesbaden: Vieweg und Teubner.
10
Didaktische Medienproduktion:
Instruktionsdesign
von Helmut M. Niegemann
Prof. Dr.
Helmut M. Niegemann
1. Didaktische Medien
2. Instructional Design
Didaktische Medien sind Medien, die explizit konzipiert und entwickelt wurden, mit dem Ziel, die
Persönlichkeitsentwicklung einer Menge von Personen direkt oder indirekt zu beeinflussen. Sie
werden auch als Bildungsmedien oder Lernmedien bezeichnet. Auch Medien, die nicht zu diesem
Zweck entwickelt wurden, können zu didaktischen
Zwecken eingesetzt werden; es ist jedoch nicht
sinnvoll, diese dann als didaktische Medien zu bezeichnen. Das klassische didaktische Medium ist
sicherlich das mehr oder weniger bebilderte Schulbuch, es ist jedoch keineswegs das einzige „alte“
didaktische Medium: Der Tafelanschrieb, Arbeitsblätter, Bildtafeln, Geräte zur Visualisierung dynamischer Phänomene (z.B. Sonnensystem) waren
bereits vor Beginn des 20. Jahrhunderts vielfältig
im Einsatz. Mit der didaktischen Nutzung der Fotografie und des Films eröffneten sich neue Möglichkeiten und insbesondere der Unterrichtsfilm wurde
intensiv erforscht [1]. Die Idee der Nutzung des
Computers als interaktives didaktisches Medium
wurde bereits sehr früh nach Erfindung der elektronischen Rechner geboren und auch bald umgesetzt. Die Erfindung des Internet gab der Entwicklung eine neue Dynamik. Allerdings spielt der
computerunterstützte Unterricht anders als in der
beruflichen Weiterbildung im Bereich der Schule
bis heute kaum eine Rolle. Aktuell, mit der Verfügbarkeit der Tablets, könnte sich dies ändern und es
gibt Hinweise, dass sich diese Geräte in Schulen
tatsächlich durchsetzen werden.
Instructional Design (ID) ist die Disziplin, die erforscht und lehrt, wie Lernangebote bzw. Lernumgebungen auf der Grundlage empirisch fundierter
Theorien und Befunde systematisch konzipiert
werden sollten, wenn bestimmte Bildungsziele zu
erreichen sind. Es handelt sich um einen technologischen Wissenschaftszweig, der sich als Teilgebiet der Bildungstechnologie betrachtet [2]. Als
Begründer des Instruktionsdesigns gilt Robert M.
Gagné.
Idealtypisch lassen sich didaktische Medien danach
unterscheiden, ob sie eher für die Unterstützung
von Unterricht oder für den autodidaktischen Gebrauch als Selbstlernmedien konzipiert sind. Auch
wenn es faktisch eine breite Überschneidung
gibt, muss die entsprechende Zielsetzung bei der
Produktion klar sein. So wie die Produktion von
Unterhaltungsmedien die Grundanforderungen von
Unterhaltung berücksichtigen muss, müssen bei
der Produktion spezifisch didaktischer Medien die
Anforderungen an effiziente Lehr-Lernprozesse
berücksichtigt werden.
Gagné’s Ansatz des Instructional Design beruht im
Wesentlichen auf der Überlegung, dass effiziente
Lernprozesse nur erwartet werden können, wenn
die internen Lernvoraussetzungen (Eigenschaften
der jeweiligen Lernenden) berücksichtigt werden
und die externen Lernvoraussetzungen (Eigenschaften des Lehrstoffs und der Umgebung, in der
gelernt wird) allgemeinen und speziellen psychologischen Gesetzmäßigkeiten entsprechen [3] [4].
Ein besonders wichtiger Aspekt der internen Lernvoraussetzungen ist bei ihm die Gewährleistung der
sachlogischen Lernvoraussetzungen: Vor Vermittlung der Multiplikation und der Division muss die
Beherrschung der Addition sicher gestellt sein usw.
Diese Idee führte zur Entwicklung von Lernhierarchien, einer Vorläuferidee des aktuellen Ansatzes
der Entwicklung von Kompetenzmodellen. Die Berücksichtigung der internen und der externen Lernvoraussetzungen führt logischerweise zu Differenzierungen: Für unterschiedliche Lehrstoffkategorien
(Faktenlernen, Begriffslernen, Regellernen, ...)
einerseits und für unterschiedliche Merkmale der
Lernenden (u.a. Vorwissen; Motivation) werden
jeweils unterschiedliche Vorgehensweisen beim
Lehren gefordert. Auch wenn die speziellen
Lehrstoffkategorien Gagnés heute anders konzipiert werden, ist die Idee bis heute gültig – in
der pädagogischen Praxis jedoch keineswegs
selbstverständlich.
11
Praktisch relevante theoretische Ansätze lieferten
(a) Osers „Choreografie des Lernens“ mit der Fokussierung auf Lehrzielkategorien, jeweils verknüpft mit
einem Satz von Lehr-Lern-Prinzipien, ohne deren
Berücksichtigung Lernprozesse wenig effektiv sind
[10]; (b) van Merriënboers 4-Komponenten-Modell
für die Konzeption von Kursen und Lerneinheiten
mit dem Ziel komplexer kognitiver Fähigkeiten [11]
[12].
Das Problem für Praktiker besteht nun darin, diese
sich ergänzenden Modelle nicht nur zu kennen,
sondern auch zu entscheiden, unter welchen Bedingungen welche Aspekte welchen Modells am
zweckmäßigsten wie anzuwenden sind. Im Hinblick
darauf, dass es um (didaktische) Entscheidungen
geht, die zu treffen sind, haben wir ein Rahmenmodell konzipiert, das zunächst verdeutlichen soll,
welche Art Entscheidungen bei der Konzeption
didaktischer Medien jeweils zu treffen sind und wie
diese Entscheidungen sich wechselseitig beeinflussen. Abbildung 1 zeigt dieses „DO ID“-Modell
(Decision Oriented Instructional Design Model).
Über die allgemeine Orientierung hinaus ist die
Idee jedoch auch, zu jedem, der im Modell repräsentierten Entscheidungsfelder, einschlägige theoretische und vor allem empirische Befunde zu
sammeln und in Form von Entwurfsmustern („pedagogical design patterns“; [13]) bereit zu stellen. Im
Folgenden wird das Modell kurz erläutert.
Ziele
Analysen
Qualitätssicherung: Projektmanagement
Im Zuge der Entwicklung von InstruktionsdesignModellen gab und gibt es eine Reihe von Ansätzen
und Modellen, die sich zunächst vorwiegend auf
spezielle Lehrstoffkategorien oder spezielle Vorgehensweisen bezogen. Bis heute relevante Modelle
beziehen sich u.a. auf das Begriffslernen, auf das
Motivieren und Formen der Sequenzierung des
Lehrstoffs [5] [6]. Modelle für problembasiertes
Lernen wurden Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre
entwickelt, u.a. das „Cognitive Apprenticeship“Modell, das sich an einem idealisierten Modell der
spätmittelalterlichen Lehrlingsausbildung orientiert
[7], das „Anchored Instruction“-Modell, das den
Lernenden eine komplexe Problemsituation als
Videosequenz präsentiert und dann in Gruppenarbeit Lösungen erarbeiten lässt [8], den Ansatz
der „Goal Based Scenarios“, bei denen bestimmte
Lernaufgaben medial simuliert durchgespielt
werden [9].
Problemanalyse/Kontextanalyse,
Lernmerkmale, Wissens- u.
Aufgabenanalyse, Lernziele
Formatentscheidung
Contentstrukturierung
Motivationsdesign
Interaktionsdesign
GrafikDesign/Layout
Multimediadesign
Usability
Implementation
Evaluation
Abb. 1: DO-ID-Modell (nach [13] erweitert
um den Aspekt „Implementation“)
3. Analysen und die Entscheidungsfelder
3.1 Analysen
Rationale Entscheidungen bedürfen einer fundierten Informationsbasis. Daher sind sorgfältige
Analysen Voraussetzung für jede effiziente Konzeption didaktischer Medien. Zu analysieren sind
die Ziele der Medienkonzeption, die Lernvoraussetzungen der Adressaten, die verfügbaren Ressourcen (Zeit, Budget, Personal) und der Kontext,
insbesondere aber lernpsychologisch relevante
Aspekte des Lehrstoffs und der Lernaufgaben
(Wissens- und Aufgabenanalyse). Letztere wird
häufig vernachlässigt, auch weil die speziellen
Verfahren im deutschsprachigen Bereich wenig
bekannt sind [13].
3.2 Formate
Eine Entscheidung mit erheblichen Folgen für
das weitere Vorgehen ist die Entscheidung für ein
Format. Je nach Ergebnis der Analysen kann ein
E-Kompendium, eine Serie von E-Lectures zweckmäßig sein, ebenso aber ein aufwändiges Lernspiel oder eine Simulation. Die Entscheidung für
ein bestimmtes Format wird auch beeinflusst von
den für einen Lernerfolg eventuell notwendigen
Interaktionen.
12
3.3 Content Structuring
3.7 Layout, Ergonomie, Usability
Die Strukturierung des Lehrstoffs umfasst eine
ganze Reihe von Aspekten; angemessene Designentscheidungen sind hier von den Wissens- und
Aufgabenanalyse abhängig: Die Wahl des Abstraktionsniveaus (eher Überblick oder Vertiefung), eine
eher deduktive oder eine induktive Präsentation,
die Einteilung in Einheiten (Segmentierung) und die
didaktisch sinnvolle Reihenfolge (Sequenzierung)
beeinflussen den Lernerfolg ebenso wie die Adaptierbarkeit bzw. Adaptivität der Präsentation an
Lernermerkmale (z.B. Vorwissen). Bei allen spielähnlichen Formaten muss auch über die Art der
narrativen Einbettung entschieden werden.
Neben ästhetischen Aspekten des Layouts spielt
die Usability eine wesentliche Rolle für alle Designentscheidungen, da eine ungünstige Usability die
kognitive Belastung erhöht und damit Lernprozesse
behindert [20]. Wie bei jeder Medienproduktion ist
daher ein Usabilitytest unabdingbarer Bestandteil
der Entwicklung eines didaktischen Mediums.
3.4 Multimedia Design
Wenig ist in den letzten 20 Jahren im Bereich des
Instruktionsdesigns so intensiv erforscht worden
wie die Bedingungen multimedialen Lernens: Zu
den Fragen, welche spezielle Kombination von Text
(gesprochen oder geschrieben) und Bild (statisch
oder bewegt, abstrahiert oder fotografisch genau)
und welche Merkmale des Textes und der Bilder
für welche Adressaten am ehesten gute Lernergebnisse erwarten lassen, liegen vielfältige experimentelle Befunde vor [14] [15] [16].
3.5 Interaction Design
Folgenreich für die Lerneffizienz wie für das Budget
sind die Entscheidungen hinsichtlich der Interaktionen zwischen Lerner und didaktischem Medium:
Es kommt darauf an, dass solche Interaktionen
ermöglicht werden, die erwünschte Lernprozesse
initiieren, ohne die Informationsverarbeitung durch
Überflüssiges zu behindern. Gleichzeitig haben Interaktionen, auch mit einem Medium, oft motiva-tionale und emotionale Effekte. Ein Modell zur Orientierung für entsprechende Designentscheidungen
haben Domagk, Schwarz & Plass [17] vorgelegt.
3.8 Implementierung
Erst in den letzten Jahren ist deutlich geworden,
dass die Implementierung des didaktischen Mediums in eine Organisation oder Schule bereits bei
der Medienproduktion bedacht werden muss: Die
Umsetzung in der Praxis, die Berücksichtigung des
jeweiligen Einsatzkontexts und die Akzeptanz der
Betroffenen lassen sich bereits bei der Produktion
beeinflussen.
4. Qualitätskontrolle
Maßgeblich für die Qualität eines didaktischen
Mediums ist ein effizientes Projektmanagement,
dessen Verantwortliche auch spezifische Kompetenzen im Bereich der psychologisch-didaktischer
Qualitätskriterien benötigen. Eine nützliche Orientierung bietet u.a. Klauers Lehralgorithmus [21].
5. Fazit
Bei der Professionalisierung in der Entwicklung
didaktischer Medien hinkt die Berücksichtigung
psychologisch-didaktischer Kompetenzen der Softwaretechnik noch hinterher. Ein Grund liegt sicherlich in der schwierigen Zugänglichkeit der entsprechenden Informationen. Modelle wie DO ID können
eine Orientierung liefern.
3.6 Motivationsdesign
Die Motivation, sich mit einem Lehrstoff zu beschäftigen und diese Beschäftigung aufrecht zu erhalten,
lässt sich nachweislich beeinflussen. Bereits früh
hat Keller Bedingungen und Möglichkeiten der Motivierung zusammengestellt und später um Aspekte
der Volition erweitert (ARCS-Modell, [18]). Generell
sind stets dabei auch die „basic needs“ menschlichen Lernens zu berücksichtigen [19].
13
6. Literatur
[1]
Saettler, P. (1990). The evolution of American educational
technology. Englewood, Colorado: Libraries unlimited, INC.
[14]
Mayer, R. E. (Ed.). (2005). The Cambridge Handbook of
Multimedia Learning. Cambridge, New York: Cambridge
University Press.
[2]
Reiser, R. A., & Dempsey, J. V. (Eds., 2007). Trends and issues
in instructional design and technology, 2nd edition (2nd ed.).
Upper Saddle River, NJ/Columbus, OH: Pearson/Merrill
Prentice Hall.
[15]
Mayer, R. E. (2009). Multimedia learning (2nd ed.). Cambridge:
Cambridge University Press.
[3]
Gagné, R. (1965). The conditions of learning. New York:
Rinehart & Winston.
[16]
Plass, J., Moreno, R., & Brünken, R. (Eds.). (2010). Cognitive
Load Theory: Cambridge University Press.
[4]
Gagné, R. M., Wager, W. W., Golas, K. C., & Keller, J. M. (2005).
Principles of instructional design (5th ed.). Belmont, CA:
Wadsworth/Thomson.
[17]
Domagk, S., Schwartz, R., & Plass, J. (2010). Interactivity in
multimedia learning: An integrated model. Computers in
Human Behavior, 26, 1024-1033.
[5]
Reigeluth, C. M. (Ed., 1983). Instructional-design theories and
models: An overview of their current status. Hillsdale, NJ:
L. Erlbaum.
[18]
Keller, J. M. (2007). Motivation and performance. In R. A.
Reiser & J. V. Dempsey (Eds.), Trends and issues in
instructional design and technology, 2nd edition (pp. 82-92).
Upper Saddle River, NJ/Columbus, OH: Pearson/Merrill
Prentice Hall.
[6]
Reigeluth, C. M. (Ed., 1999). Instructional-design theories and
models. A new paradigm of instructional theory. Mahwah, NJ:
L. Erlbaum Associates, Publishers.
[19]
Deci, E.L., & Ryan, R.M. (2000). The „what“ and „why“ of goal
pursuits: Human needs and the self-determination of behavior.
Psychological Inquiry 11, 227–268.
[7]
Collins, A., Brown, J. S., & Newman, S. S. (1989). Cognitive
apprenticeship: Teaching the crafts of reading, writing and
mathematics. In L. B. Resnick (Ed.), Knowing, learning and
instruction (pp. 453-494). Hillsdale, NJ.
[8]
Cognition-and-Technology-Group-at-Vanderbilt. (1997). The
Jasper project. Lessons in curriculum, instruction, assessment,
and professional development. Mahwah, NJ: Erlbaum.
[20]
Reeves, T. C., & Carter, B. J. (2001). Usability testing and
return-on-investment studies: Key evaluation strategies for
web-based training. In B. H. Khan (Ed.), Web-based training
(pp. 547-557). Englewood Cliffs, NJ: Educational Technology
Publications.
[9]
Schank, R. C., Berman, T. R., & Macpherson, K. A. (1999).
Learning by doing. In C. M. Reigeluth (Ed.), Instructionaldesign –
Theories and models. A new paradigm of instructional theory
(pp. 161-182). Mahwah, NJ: Erlbaum.
[21]
Klauer, K. J., & Leutner, D. (2012). Lehren und Lernen.
Einführung in die Instruktionspsychologie (2. ed.). Weinheim:
Beltz.
[10]
Oser, F., & Baeriswyl, F. J. (2001). Choreographies of Teaching:
Bridging Instruction to Learning. In V. Richardson (Ed.),
Handbook of Research on Teaching, 4th edition
(pp. 1031-1065). Washington, DC: American Educational
Research Association.
[11]
van Merriënboer, J. J. G. (1997). Training complex cognitive
skills. A four-component instructional design model for
technical training. Englewood Cliffs, NJ: Educational
Technology Publications.
[12]
van Merriënboer, J. J. G., & Kirschner, P. A. (2007). Ten steps
to complex learning. A systemtic approach to four-component
instructional design. Mahwah, NJ: L. Erlbaum Publishers.
[13]
Niegemann, H. M., Domagk, S., Hessel, S., Hein,A., Zobel,A., &
Hupfer, M. (2008). Kompendium multimediales Lernen.
Heidelberg: Springer.
14
Spielend Geschichte lernen
Didaktisches Design digitaler Lernspiele
von Anja Hawlitschek und Helmut M. Niegemann
Prof. Dr.
Helmut M. Niegemann
M.A.
Anja Hawlitschek
Spielend Lernen – welcher Schüler hat sich das
nicht schon einmal gewünscht? Mit der steigenden
Zahl digitaler Lernspiele scheint die Erfüllung dieses
Wunsches in greifbare Nähe zu rücken. Gerade ein
Unterrichtsfach wie der Geschichtsunterricht, in
dem auch heute noch ein großer Teil des Wissens
über Schulbücher vermittelt wird [1], könnte vom
Einsatz solcher Spiele profitieren. Geschichtslernspiele machen das eigene Erfahren virtueller historischer Situationen bzw. Eingriffe in virtuelle historische Abläufe möglich. Im Lernadventure „1961“
beispielsweise erleben die Spieler Auswirkungen
des Baus der Berliner Mauer auf das Alltagsleben.
Das Lernspiel eröffnet eine virtuelle Welt, in der
die Schüler erkunden, beobachten, selbst ausprobieren können – Tätigkeiten, die bei der Beschäftigung mit der Vergangenheit sonst nur begrenzt
möglich sind [2].
Nicht jedes Lernspiel kann jedoch die Erwartungen
von Lehrenden und Lernenden erfüllen. Die Effektivität digitaler Lernspiele im Unterricht ist von einer
ganzen Reihe von Faktoren insbesondere aber von
einem sorgfältigen didaktischen Design abhängig
(vgl. z.B. die Ergebnisse der Meta-Studie von [3]).
Der folgende Beitrag stellt ein Rahmenmodell zur
systematischen didaktischen Konzeption von digitalen Lernspielen vor und verdeutlicht am Beispiel
des Motivationsdesigns von „1961“ die Relevanz
der Verknüpfung von Spiel- und Lerninhalt. Um eine
Bewertung des Erfolgs des didaktischen Designs
zu ermöglichen, werden abschließend Ergebnisse
der Evaluation des entstandenen Spiels vorgestellt.
2. Didaktische Konzeption digitaler Lernspiele
Eine Grundvoraussetzung dafür, dass ein Lernspiel intendierte Lerninhalte tatsächlich vermitteln
kann, ist die systematische didaktische Konzeption.
Hierfür wurde bei der Konzeption von „1961“ das
entscheidungsorientierte Instruktionsdesignmodell
(Decision Oriented Instructional Design Model –
DO-ID) genutzt, da in diesem Modell alle wesentlichen Analyseschritte und Designentscheidungen
zur Entwicklung multimedialer Lehr- und Lernumgebungen berücksichtigt sind [4].
Ziele
Analysen
Qualitätssicherung: Projektmanagement
1. Einleitung
Problemanalyse/Kontextanalyse,
Lernmerkmale, Wissens- u.
Aufgabenanalyse, Lernziele
Formatentscheidung
Contentstrukturierung
Motivationsdesign
Interaktionsdesign
GrafikDesign/Layout
Multimediadesign
Usability
Implementation
Evaluation
Abb. 1: DO-ID-Modell
Designentscheidungen (vgl. Abb. 1) betreffen somit:
• die Art des Lernspiels (Format),
• die Strukturierung und wechselseitige Integration von Lern- und Spielinhalten (Content),
• die Ansprache unterschiedlicher Sinneskanäle bzw. die Nutzung von Symbolsystemen
(Multimediadesign),
• die Interaktionsmöglichkeiten zwischen Nutzer
und IT-System,
• die grafische Gestaltung der Benutzeroberfläche (Grafikdesign) und
• das Motivationsdesign.
15
Letzteres – also die Frage danach, wie die Motivation des Spielenden angeregt und aufrechterhalten werden soll – wird im Folgenden im Fokus
stehen. Eine hohe Motivation wirkt sich nicht nur
auf die Dauer und Häufigkeit einer Handlung positiv
aus, sondern ebenso auf die Qualität der kognitiven Verarbeitung [5]. Dementsprechend zeigen
sich auch im Bereich des Lernens mit digitalen
Lernspielen positive Zusammenhänge zwischen
Motivation und Lernerfolg (z.B. [6], [7]). Das Motivationsdesign berührt zugleich eine wesentliche
Fragestellung des Lernspieldesigns: Wie kann einerseits die Motivation zum Spielen angeregt, aber
auch die Beschäftigung mit Lerninhalten sichergestellt werden? Nur dann, wenn die Spielmotivation
unmittelbar oder mittelbar zur Beschäftigung mit
Lerninhalten führt, können die intendierten Lernziele erreicht werden. Eine Möglichkeit, dieses
zu gewährleisten, ist es, das Motivationsdesign
darauf auszurichten, Spielertätigkeiten und kognitive Aktivitäten anzuregen, welche sowohl für
das Erreichen der Spielziele als auch der Lernziele relevant sind. Das Lernadventure „1961“ hat
die Zielstellung, Schülern die Auswirkungen des
Mauerbaus auf das Alltagsleben erfahrbar zu
machen. Dementsprechend muss das Motivationsdesign auf die Anregung von Neugier und Explorationsverhalten [8] ausgerichtet sein. Berlyne [9]
unterscheidet vier unterschiedliche Formen von
Neugier. Die spezifische epistemische Neugier ist
für das Motivationsdesign eines Lernspiels von besonderer Bedeutung. Verbunden mit situationalen
Bedingungen wie Neuartigkeit, Überraschung, Ungewissheit und Komplexität ist ein häufiger Auslöser
für diesen psychologischen Zustand die Erfahrung
kognitiver Dissonanz – verursacht beispielsweise
durch die Inkongruenz des eigenen Wissens und
externer Stimuli. Epistemische Neugier rekurriert
folglich auf die Beantwortung konkreter Fragestellungen und motiviert die Suche nach spezifischen
Informationen. Im Motivationsdesign von „1961“
ist dies wie folgt umgesetzt: Das Spiel entführt die
Spieler auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Es
ist völlig ungewiss, ob sie das Spielziel erreichen
und jemals wieder in die Zukunft zurückkehren
können. Diese Ungewissheit über den Ausgang
und die unbekannte Spielumgebung induzieren
Neugier (vgl. bezogen auf Computerspiele [10]).
Um die Zeitmaschine wieder starten zu können,
müssen die Spieler Batterien besorgen. Entgegen
der Alltagserfahrungen der Schüler ist im Spiel der
Laden auf der anderen Seite der Straße jedoch
unerreichbar – Stacheldraht wurde ausgerollt, bewaffnete Grenzpolizisten sichern die Absperrung
(vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Screenshot „1961“
Um das Spiel dennoch erfolgreich beenden zu
können, muss der Spieler diese und eine Reihe
anderer Herausforderungen, die mit dem Bau der
Berliner Mauer in Zusammenhang stehen, überwinden. Damit die Explorationstätigkeit der Spieler
die Beschäftigung mit Lerninhalten einschließt,
haben lernrelevante Objekte im Spiel immer auch
eine Bedeutung für den Spielverlauf (vgl. Tabelle 1).
Objekt
DDR-Geld
weinender
kleiner Junge
Funktion im Spiel
Lerninhalt
Exploration erbringt
kann als Basis für
Informationen über
Batteriekauf genutzt
Gründe für den
werden
Mauerbau
Dialog beinhaltet
erst wenn der
Informationen über
Spieler ihn zum
Auswirkungen des
Lachen gebracht
hat, kann er mit dem Mauerbaus auf das
Alltagsleben
Vater reden
Tabelle 1: Integration von Spiel- und Lerninhalt
Die Neugier des Spielers kann dabei ganz unterschiedliche Inhalte haben. Auf der Ebene des
Spielkontextes könnte der Spieler beispielsweise
folgende Fragen stellen: Wo finde ich eine Batterie?
Warum weint das Kind? Und wie kann ich es
trösten? Konkret lernrelevant sind weiterführende Fragen, die indirekt die historische Situation
betreffen: Warum wird hier eine Mauer gebaut?
Wieso kann ich mit DDR-Mark in Westberlin nicht
bezahlen? Die Erkundung des Spiels ist somit eng
mit der Aneignung von Wissen verbunden. Indem
die Spieler Objekte im Spiel untersuchen, mit
Nicht-Spieler-Charakteren kommunizieren und das
Spielgeschehen beobachten, erwerben sie nicht
nur Wissen über Möglichkeiten, das Spielziel zu
erreichen, sondern zugleich Wissen über Gründe
und Auswirkungen des Mauerbaus. Ob sich diese
Designentscheidungen bewähren, wird im folgenden Abschnitt hinsichtlich der Lerneffektivität
untersucht.
16
3. Evaluation
5. Literatur
Die Lerneffektivität – hier als signifikanter Wissenszuwachs beim Verstehenstest im Vergleich mit
dem Vorwissenstest operationalisiert – ist von
entscheidender Bedeutung für die Bewertung des
pädagogischen Nutzens eines Lernspiels. An der
im Rahmen des Geschichtsunterrichts durchgeführten quasi-experimentellen Evaluation nahmen
49 Schüler aus neunten und zehnten Klassen von
drei Gymnasien teil (Alter m: 14,92; SD: 0,73).
Zwei Wochen vor Durchführung der Hauptuntersuchung wurde deren Vorwissen erhoben. In der
Experimentalgruppe (N männlich: 17, N weiblich:
12) wurde zunächst von jedem Schüler das Spiel
gespielt, anschließend der Lernerfolgstest ausgefüllt. Die Kontrollgruppe (N männlich: 10, N weiblich: 10) erhielt lediglich den Lernerfolgstest, spielte
aber nicht das Lernspiel. Während sich in der Kontrollgruppe keine signifikanten Unterschiede zwischen Vor- und Nachtest ergaben (t(1, 19) = -0,20,
p = ,84, d = -0,02) erreichten die Schüler der Experimentalgruppe nach dem Spielen des Lernspiels
signifikant mehr Punkte im Vergleich mit dem Vorwissenstest (t(1, 28) = 2,93, p < ,01, d = 0,56). Die
Evaluation der Lernwirksamkeit des Spiels zeigt,
dass Schüler vom Spiel profitieren können: Das
Spielen steigerte ihr Wissen über die Gründe und
Auswirkungen des Baus der Berliner Mauer.
[1]
Herzig, B., & Grafe, S. (2007). Digitale Medien in der Schule:
Standortbestimmung und Handlungsempfehlungen für die
Zukunft. Studie zur Nutzung digitaler Medien in allgemein
bildenden Schulen in Deutschland. Bonn: Deutsche
Telekom-AG.
4. Fazit
Digitale Lernspiele sind nicht per se effektiv. Eine
systematische didaktische Konzeption ist eine
Grundvoraussetzung für die Lernwirksamkeit.
Hierbei können Modelle, wie das DO-ID-Modell
Unterstützung bieten. Am Beispiel des Motivationsdesigns wurde in diesem Beitrag gezeigt, warum
eine Orientierung des Spieldesigns an den Lernzielen notwendig ist und wie diese gelingen kann.
Um sowohl die kognitiven Aktivitäten als auch
das Spielhandeln anzuregen, welche die Erreichung der Lernziele unterstützen, liegt in „1961“
der Schwerpunkt des Motivationsdesigns auf der
Anregung von spezifischer epistemischer Neugier.
Diese Form der Neugier führt zu einer Explorationstätigkeit, die primär darauf ausgerichtet ist, Informationen zu erlangen. Eine ideale Voraussetzung zur
tiefgehenden kognitiven Verarbeitung der – in das
Spiel integrierten – Lerninhalte.
[2]
Hawlitschek, A. (2010). Ein digitales Lernspiel für den
Geschichtsunterricht.
Konzeption
und
Evaluation,
Proceedings of the 3rd International eLBa Science
Conference, Stuttgart, 278-288.
[3]
Ke, F. (2009). A qualitative meta-analysis of computer games
as learning tools. In R. E. Ferdig (Ed.): Handbook of research
on effective electronic gaming in education. New York:
IGI Global, 1–32.
[4]
Niegemann, H.M., Domagk, S., Hessel, S., Hein,A., Hupfer, M., &
Zobel, A (2008). Kompendium multimediales Lernen. Berlin,
Heidelberg: Springer.
[5]
Schiefele, U., & Rheinberg, F. (1997). Motivation and
knowledge acquisition. Searching for mediating processes.
In M. L. Maehr, & P. R. Pintrich (Eds.): Advances in motivation
and achievement. London: Jai Press, 251–301.
[6]
Habgood, M. P. (2007). The effective integration of digital
games and learning content. Dissertation, Nottingham:
University of Nottingham. Abgerufen am 30.11.2012 von
http://etheses.nottingham.ac.uk/385/1/Habgood_2007_
Final.pdf
[7]
Virvou, M., Katsionis, G., & Manos, K. (2005). Combining
software games with education: Evaluation of its educational
effectiveness. Educational Technology & Society, 8 (2), 54–65.
[8]
Berlyne, D. E. (1960). Conflict, arousal, and curiosity. New York:
McGraw-Hill.
[9]
Berlyne, D. E. (1978). Curiosity and learning. Motivation and
Emotion, 2 (2), 97–175.
[10]
Klimmt, C. (2006). Computerspielen als Handlung.
Dimensionen und Determinanten des Erlebens interaktiver
Unterhaltungsangebote. Köln: Halem.
17
Gestaltungsaufgaben in eventmedialen
Erlebnisräumen
von Ursula Drees, Irina Etschberger und Annabel Schiebol
Prof.
Ursula Drees
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Mitteln des
computergestützten Unterrichts an der Hochschule
der Medien in Stuttgart. Durch die Entwicklung in
der Mensch-Computer-Interaktion und neuer Technologien, wie zum Beispiel Gesten erkennende
Kameras im dreidimensionalen Raum, wird die
Grenze zwischen virtueller Realität und Wirklichkeit verschoben und neu definiert. Die unmittelbare Umwelt rückt als „Referenz- und Reflektionsbasis” [1] ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Welche
Veränderungen erfahren Benutzerschnittstellen,
die heute noch meist auf Bildschirm und Tastatur
begrenzt werden und die Mensch-Computer-Interaktion zwischen Nutzer und Rechner reglementieren? Welchen Herausforderungen stellen sich
die Gestalter des medialen Designs?
Vorgestellt wird die Arbeit „LaLaLand“. Es geht um
einen eventmedialen Erlebnisraum, eine mediale
Inszenierung auf 140 qm mit fünf thematisch aufeinander aufgebauten Räumen. Die Inszenierung
handelt von politischem, sozialen und körperlichen
Kindesmissbrauch. Kindesmissbrauch bezieht sich
nicht nur auf die sexuelle Ausbeute von Kindern,
sondern auch auf Kinderarbeit und Kinder, die zu
Soldaten werden müssen. Ein schwieriges Thema,
da trotz des faktischen Wissens um bestehende
Missstände kaum ein Ort für eine inhaltliche Auseinandersetzung in der deutschen Alltagswelt
geboten wird. In Zusammenarbeit mit UNICEF, als
inhaltlicher Kooperationspartner, wurde der Frage
nachgegangen, wie man ohne erhobenen Zeigefinger, ohne von einem hohen Ross herabzublicken
und moralisierend Missstände anprangernd, damit
umgehen kann? So wurde ein Ablauf entwickelt,
der sich dem Thema medial spielerisch nähert.
1. Spielmetapher: Steuerung mit einem umgebauten Weidenkorb
Irina
Etschberger
Annabel
Schiebol
das jeder Gegenstand zu jeder Zeit und an jedem
Ort angesteuert werden kann und den Raum der
interaktiven Handlungsmöglichkeiten, der Space
of Possibility [2], erweitert. Indem virtuelle Objekte
an physikalischen Orten platziert oder physikalische Orte mit digitalen Informationen angereichert
werden, steigen Interaktionsmöglichkeiten und
erhöhen die Faktoren des Wo, Wann und mit Was
gespielt wird [3].
Innerhalb der Installation wurde dieser Spielraum
„Apfel-Ball-Kriegspiel-Raum“ genannt. Hier wird
der Besucher zum Spieler – in einem anfangs unterhaltsamen, bewegungsbetonten und zeitlich reglementierten, also aufregenden, interaktiven Spiel.
Die Leinwand ist durch eine gestrichelte Linie auf
dem Boden in zwei Bereiche aufgeteilt. Fußabdrücke zeigen dem Besucher seinen Spielstandort.
In beiden Interaktionsbereichen steht jeweils ein
40 cm großer Weidenkorb, mit dem der Besucher
interagiert. Dieser Weidenkorb verfügt über einen
eingebauten doppelten Boden, der die Interaktionstechnologie versteckt. Der Besucher betritt den
Spielraum, schaut nach vorne und sieht die geteilte
Spielleinwand, stellt sich auf den angezeigten Platz
davor, nimmt den Weidenkorb in beide Hände und
beginnt das Spiel.
Die Spielsystematik ist denkbar einfach. Äpfel fallen
von einem Baum und werden in einem Zeitraum von
45 Sekunden von Spieler 1 und 2 aufgefangen. Die
Spieler bewegen den Weidenkorb nach links oder
rechts und sammeln die fallenden Äpfel ein. Auf
der Spielleinwand wird die Silhouette des Korbes
vereinfacht abgebildet und mit der Bewegung des
echten Weidenkorbs synchronisiert. Die Silhouette
kann nur in der horizontalen Ebene verschoben
werden. Fällt ein Apfel in die Korbsilhouette, erhält
der Spieler einen Punkt. Ein Highscore am oberen
Bildschirmrand zeigt seine Leistung an.
Das dargestellte Beispiel beschäftigt sich mit
der Erweiterung des interaktiven Aktionsraums
der Benutzer. Es wurde eine Anwendung, respektive ein Spiel entwickelt, das theoretisch auf
jedem möglichen digitalen Gerät funktioniert,
18
Abb. 1: Spielraum-Aufstellung
Abb. 2: Kriegssequenz im Spielraum
Nach Ablauf der Zeit wechselt das Szenarium.
Dann wird PONG gespielt. PONG, das 1972 von
Atari Inc. entwickelt wurde, ist ein in Spielhallen gespieltes Sportvideospiel der ersten Generation und
hat eine große Popularität erreicht. Das Symbol
des Korbs auf der Spielleinwand verwandelt sich
in einem vertikalen Balken. Der obere Balken bei
Spieler 1 verhält sich wie der untere von Spieler 2
und umgekehrt. Das heißt, Spieler 1 und 2 spielen
gegeneinander, wissen dies jedoch nicht.
Die Besucher erfassen nach Betreten des Raums
anhand der beschrifteten Objekte und der entsprechenden Visualisierungen auf den Projektionsleinwänden die Spielregeln, die Handhabung und das
Ziel sehr leicht selbst.
Die Punktevergabe ist wie beim klassischen
PONG-Spiel. Verfehlt ein Spieler den Ball, erhält
der andere Spieler einen Punkt. Der Ball bewegt
sich immer schneller und schneller. Und nach einer
festgelegten Zeit wandelt sich dieser schließlich
ohne vorherige Warnung für die Spielenden in eine
stilisierte Handgranate. Diese prallt von dem jeweiligen Spielerbalken, wie schon der Ball, ab, aber
sie fliegt weniger schnell, mit einem behäbigeren
physikalischen Gewicht und Geschwindigkeit, aus
dem Bildschirmbereich von Spieler 1 in den Leinwandbereich von Spieler 2. Die Spielbretter werden
jetzt als ein Ganzes behandelt. An der Handgranate wird ein Countdown angezeigt, der mit zunehmender Geschwindigkeit abläuft. Gleichzeitig wird
der Highscore beider Spieler kontinuierlich erhöht.
Steht der Countdown der Granate auf null, kommt
es zur Explosion und beide Leinwandteile werden
schwarz. Lediglich der Highscore beider Spieler
bleibt zurück und verschiebt sich in die Bildmitte
der Spielpanels und die Auflösung findet statt, das
heißt, die Summe der offiziell erfassten im Einsatz
verstorbenen Kindersoldaten in den letzten Jahren
wird offenbart.
Das Spiel wurde von jeweils zwei konkurrierenden Benutzern in einem Raum gespielt. Eine
4,40 Meter breite Interaktionsleinwand diente als
Spielbrettmethapher.
Durch die Anlehnung der Spielsystematik an
das in den 70iger Jahren erfolgreiche Konsolenspiel PONG wird keine Spielanleitung benötigt.
2. Technische Komponenten
Eine Nintendo Wii wurde für das Tracking einmal ausprobiert. Die Auswertung der Trackingdaten und das
Tracking selbst waren jedoch um einiges umständlicher und ungenauer als mit der Play Station 3 Cam,
weil man u.a. die Open Source Software Community Core Vision, kurz CCV, nicht verwenden konnte.
Community Core Vision (CCV) ist eine Cross-Platform Software, die mit einer Kamera verbunden
Bewegungen erkennt, speichert und dessen ausgelesene Daten sich im Anschluss mit anderen
Programmiersprachen wie z.B. Java, C++, PureData, Max/MSP, SuperCollider oder Processing
verbinden lässt. Mit dieser Software lassen sich
zum Beispiel Multitouch-Tische mit wenig Aufwand
herstellen oder auch Infrarot im Raum befindliche
und gleichzeitig bewegte Impulse – also Daten –
erkennen und auswerten. Das wurde in dem Beispiel des Weidenkorb Spiels ausprobiert. CCV
speichert einmalig ein Referenzbild aus der Kameraaufnahme, liest den aktuellen Frame aus und
gleicht die Pixelwerte mit dem des Referenzbildes
ab. Die Farbe jedes Pixels wird über dessen RGBWert definiert, der sich aus drei Zahlen zwischen
0 und 255 zusammensetzt. Bewegt ein User den
Interaktionskorb, werden an dieser Stelle Infrarotstrahlen der durchgeführten Spielerbewegung
erkannt. CCV sendet die passenden Koordinaten
mit Hilfe des User Datagram Protocols (UDP – ein
verbindungsloses Netzwerkprotokoll der Internetprotokollfamilie) aus. Über das TUIO-Protokoll –
ein open source Table-Top Tangible User Interface,
das Implementierungen mit Java, C++, PureData,
Max/MSP, SuperCollider und Flash zulässt – lassen
sich diese Daten dann in die entsprechenden Programme und Programmiersprachen einbinden.
19
3. Fazit
Abb. 3: CCV- und TUIO-Tracking-Test
Deshalb kam hier eine umgebaute PS3-Kamera
zum Einsatz. Sie wurde zu einer Infrarotkamera
umgebaut. Hierfür wird zunächst der innenliegende
Infrarotfilter entfernt. Die Kamera nimmt dadurch
verstärkt Infrarotstrahlen wahr. Mit einem Filteraufsatz aus „Primary Red”- und „Congo Blue”-Folie erreichen ausschließlich Infrarotstrahlen die Kameralinse. Mögliche Störungen durch andere Lichtquellen werden vermindert und ein präzises Tracking
ermöglicht. Die PS3-Cams waren zwischen den
beiden großen Leinwänden angebracht. So wurden
die Infrarot-LEDs in den Körben getrackt, die in CCV
als Trackingpunkte erscheinen. Die Lichtschranke
für den Spielstart wird mit einer Verknüpfung von
Processing und Arduino erreicht.
(Die Arduino-Plattform ist eine aus Soft- und Hardware bestehende Physical Computing-Plattform.
Beide Komponenten sind im Sinne von Open
Source quelloffen. Die Hardware besteht aus einem
einfachen I/O-Board mit einem Mikrocontroller und
analogen und digitalen Ein- und Ausgängen. Die
Entwicklungsumgebung beruht auf Processing
und Wiring, (Java-Dialekten), die insbesondere
Künstlern, Designern, Hobbyisten und anderen
Interessierten den Zugang zur Programmierung
und zu Mikrocontrollern erleichtern soll.)
Am Beispiel des eventmedialen Raums LaLaLand, der im Oktober 2012 auf dem 1. Internationalen Wettbewerb „DER RAUM” 2011/2012 des
CommAwards Bronze-Preisträger in der Kategorie
„Nachwuchs“ wurde, wird eine technische Gestaltungsmaßnahme aus dem Bereich des Tangible
Computings dargelegt. Mediale Gestaltung bedeutet heute die Vereinigung einer Vielzahl von
Fertigkeiten. Neben ästhetischen Kenntnissen wird
handwerklich, technisch elektronisches Wissen
gefordert und nicht zuletzt ein gutes Verständnis
für Informatik gegeben. Gestaltung bedeutet heute
auch, die Bereitstellung eines bilderzeugenden,
computergenerierten Umfelds, das sich durch dialogische Interaktion mit Benutzern und Datenbanken
entwickelt. Wie schon seit jeher können in einem
Umfeld mit rigiden Beschränkungen in Material,
Kosten und Zeit produktionskreative Ergebnisse
erzielt werden, die wiederum als Basis für erweiterte Experimente dienen.
Mit geringem finanziellen Aufwand können im
Bereich des Tangible Computing Objekte gestaltet
werden, die räumliche und zeitliche Koordination
erfassen. Es werden interaktive Erfahrungen
sowohl durch menschliches Handeln als auch von
digitalen Algorithmen generiert, deren Primärplattform die Welt ist. Die Rolle des Betrachters ändert
sich: Von passiv reflektierend zu dialogisch aktiv.
Interaktion wird nicht nur im Sinne der interpretativen oder emotionalen Beteiligung des Rezipienten verstanden, sondern User konzentrieren
sich stärker auf Bewegung und Beschreibung von
Veränderungen als auf festgelegte Aussagen. Die
Vermittlung der Inhalte wird spielerisch, leicht und
unsichtbar.
4. Literatur
[1]
Lipp, Lauritz L. (2004). Interaktion zwischen Mensch und Computer im
Ubiquitous Computing: Alternative Ein- und Ausgabemöglichkeiten
für allgegenwärtige Informationstechnologien. Münster: LIT-Verlag.
[2]
Jegers, Kalle (2007). Pervasive Game Flow. Understanding Player
enjoyment
Schweden:
in
Pervasive
Umeå
Gaming.
University.
UIPSI
Abgerufen
Frauenhofer.
03.09.2011
U.
von
http://www.ipsi.fraunhofer.de/ambiente/pergames2006/final/PG_
Jegers_GameFlow.pdf
[3]
Walther, Bo Kampmann (2006). Pervasive Gaming: Formats, Rules
and Space, The Fibreculture Journal, 8, Abgerufen 11.08.2011 von
http://journal.fibreculture.org/issue8/issue8_walther.html
Abb. 4: Körbe-Technik
20
Game Based Learning in der didaktischen
Medienproduktion
Ein Interview mit Klaus Peter Jantke
Prof. Dr.
Klaus Peter Jantke
Herr Prof. Jantke, Sie sind aktuell im Bereich der
Kindermedienforschung tätig. Wie sind Sie von
Ihrer einstigen Fachrichtung der Mathematik zu
diesem Gebiet gekommen?
Donald Knuth hat 1974 – das ist schon ganz schön
lange her – den Turing Award bekommen; das ist sozusagen der Nobel-Preis für Informatik. Aus diesem
Anlass hat er eine Rede gehalten, in der er das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft diskutiert und
deutlich macht, wie viel die Kunst gewinnen kann,
wenn man versucht, wissenschaftliche Methoden
zur Anwendung zu bringen. Das wird natürlich nicht
immer gelingen. Manchmal scheitert man, aber
man lernt dann eine Menge dazu. Knuth formuliert
in seiner Rede so ungefähr, man solle immer versuchen, die Kunst zur Wissenschaft zu machen.
Auch wenn es nicht durchgängig funktioniert,
werden beide Seiten davon profitieren. So etwa ist
das mit formalen Methoden, die aus der Mathematik
stammen, in der Forschung und Entwicklung von
Kindermedien wie zum Beispiel digitalen Spielen.
Formale Methoden sind etwa Patterns im Spielerleben. Um Patterns ordentlich zu entwickeln und
zu untersuchen, braucht man Ideen aus Gebieten
wie Formale Sprachen, Algorithmentheorie und
Logik. Viele verstehen das nur mit großer Mühe,
aber es ist die Anstrengung wert, denn wir gewinnen dauernd neue Erkenntnisse. Ich verstehe
mich als Botschafter der formalen Methoden.
Sie beschäftigen sich u.a. mit Game Based
Learning. Wer nutzt Game Based Learning und
wo wird es am häufigsten eingesetzt?
Über Game Based Learning wird viel mehr geschrieben, als es der gegenwärtigen Praxis in
den Schulen, Hochschulen, Unternehmen oder
in der Freizeit entspricht. Wenn wir uns nicht den
unzähligen Schönfärbern anschließen wollen,
müssen wir zugeben, noch ganz am Anfang zu
stehen. Simulationen gibt es natürlich unzählige,
doch Simulationen gab es auch schon in der Zeit
vor den Computern. Aber eine Simulation allein
macht noch kein Spiel aus. Wir müssen daher
nach digitalen Systemen fragen, die richtige
Spiele sind – gute Unterhaltungsmedien eben.
Einige große deutsche Schulbuchverlage haben
grottenschlechte Spiele für das Lehren und Lernen
auf den Markt gebracht. Trotzdem gibt es natürlich
Silberstreifen am Horizont, zum Beispiel ein Spiel für
das Training der Polizei. In Bundes- und Landesbehörden klemmt es beim Game Based Learning aber
noch erheblich, einfach weil engstirnige Chefbürokraten Vorbehalte haben und Spielen für so ‘was wie
Sünde halten. In den Schulen ist es auch nicht einfach,
denn es geht nicht nur um die Produktion guter Spiele,
sondern um die Einbettung in den Unterricht und die
Befähigung der Lehrer. Der Durchbruch des Game
Based Learning zeichnet sich gegenwärtig in großen
Unternehmen ab. Erste Erfolge gibt es, welche in
den kommenden Monaten und Jahren Tausende
Nachahmungen finden werden.
Was muss bei der Konzeption dieser Lernanwendungen beachtet werden, um Erfolg beim
Lehren und Lernen zu erzielen?
Mediendesign und -produktion ist nicht nur Wissenschaft, sondern auch Kunst. Daher gibt es leider
keine Patentrezepte, weder für Blockbuster im Film
noch für das Millionending auf dem Gebiet des
Game Based Learning. Aber einen Schlüsselhinweis muss man geben, weil er oft übersehen wird:
Wenn man ein Lernspiel entwickelt, genügt es nicht,
ein Lernspiel zu entwickeln. Man muss den Kontext,
in dem das Spielen erlebt werden soll, mitdenken.
Ich habe das ‘mal in einer Publikation „Die Kunst
des Kontexts“ genannt. Worüber sollten Spieler
kommunizieren? Wann, wie und wo wird Gelegenheit zur Kommunikation gegeben? Oder wird Kommunikation durch das Spiel gar provoziert? Wie
wichtig ist es für die angestrebten Effekte, eventuell
mehrmals zu spielen? Wodurch und wie wird wiederholtes Spielen angeregt? Wie unterstützt das
Spiel den Vergleich von Spielerlebnissen? Das
Design des Kontexts gehört zum Design des Spiels
untrennbar dazu. Eine ganz spezielle Frage des
Kontexts ist die, wie ein digitales Spiel zum Beispiel
in eine Unterrichtsstunde passen soll und kann. Mit
dem Spiel zusammen muss man die Antwort darauf
den Lehrern an die Hand geben, natürlich auch den
Eltern und den Schülern selbst. Schüler müssen
schon wissen, was da eigentlich abgeht.
21
Wie werden Game Based Learning-Anwendungen produziert? Welche Schritte sind
notwendig?
Welche Entwicklungen sind hinsichtlich Game
Based Learning-Anwendungen in Zukunft zu
erwarten?
Anwendungen des Game Based Learning sind zuallererst einmal Spiele. Wenn solche Anwendungen
keine guten Spiele sind, dann kann man auch
gleich das Lernen vergessen. Es gilt zunächst also
erst einmal alles, was man über die Entwicklung
von digitalen Spielen weiß. Und da steht am Anfang
eine richtig gute Spielidee. Das wiederum verlangt,
dass man weiß, was eigentlich Spiele sind und was
Spielen bedeutet. Wir haben schon zu viele Produkte
bekommen, die in bester Absicht (vermute ich) von
Leuten entwickelt worden sind, die von Spielen und
vom Spielen leider gar keine Ahnung haben. Die
gute pädagogische Absicht allein genügt nicht und
wird niemals gute Lernspiele hervorbringen. Wer
eine Anwendung für das Game Based Learning realisieren will, sollte nach der Ausarbeitung der Kernidee in jedem Fall einen Pitch entwickeln, wie man
das auch bei jedem digitalen Spiel macht. Neunzig
Prozent der heutigen sogenannten Serious Games
wären schon beim Pitchen durchgefallen. Hat man
ein richtig gutes Konzept, dann ist es entscheidend
zu planen, was Spieler erleben sollen, denn aus
dem Spielerlebnis entsteht die Wirkung des Spiels.
Die Schlüsselmethode zur Antizipation von Spielerlebnissen heißt Storyboarding. Im Unterschied zu
konventionellen Storyboards müssen wir bei digitalen Spielen nicht-lineare Prozesse beschreiben,
die unterschiedliche Erlebnisse erfassen. Da das
Design und die Entwicklung von digitalen Spielen
ein kreativer Prozess mit sehr viel Kunst ist, wird
es im Allgemeinen mehrere Iterationen geben.
Storyboards müssen das nicht nur zulassen,
sondern unterstützen. Das erfordert eine geeignete
digitale Repräsentation inkl. Versionsverwaltung.
Das beschreibt zumindest die ersten Schritte.
Niels Bohr wird die Formulierung zugeschrieben „It
is difficult to predict, especially the future.”, was auf
die Zukunft der Medien im Allgemeinen genau so
zutrifft wie auf digitale Spiele im Besonderen. Wenn
man halbwegs verlässliche Vorhersagen machen
will, muss zumindest zweierlei vorliegen: erstens ein
wirklicher Bedarf und zweitens verfügbare Technologie. Es ist ja dummerweise so, dass wir manchmal
keine Lösung für ein akutes Problem haben oder,
umgekehrt, dass die Wissenschaft, gerade die universitäre, neuartige Lösungen anbietet, nur nach
dem Bedarf dafür wird noch gesucht. Aus dem
Bereich des Game Based Learning möchte ich
einen Bereich schildern, wo dringlicher Bedarf und
heute verfügbare Technologien zusammen treffen.
Gerade im sogenannten e-Learning werden uns
dauernd neue technologische Lösungen angeboten, Werkzeuge über Werkzeuge. Wer solche
Werkzeuge anwenden will, muss zunächst einmal
ihre Bedienung erlernen, ohne davon unmittelbar
irgendeinen Mehrwert zu haben. Kein Wunder,
dass zum Beispiel Lehrer zurückhaltend sind und
nicht mit immer neuen Werkzeugen überflutet
werden wollen; sie haben auch so schon genug zu
tun. Was wir brauchen, ist eine paradigmatische
Verschiebung von Werkzeugen zu Assistenten,
genauer gesagt, zu digitalen Assistenzsystemen.
Ein entscheidendes Merkmal solcher Systeme ist,
dass sie sich selbst an unterschiedliche Benutzer
und ihre Bedürfnisse anpassen können, dass sie
also adaptiv sind. Im Game Based Learning bedeutet das, Spiele zu haben, die unterschiedliches
Verhalten von Spielern erkennen und als Reaktion
darauf selbständig das Spielerlebnis differenziert
gestalten – immer die Freude am Spiel und den
Lernerfolg im Fokus. Die Technologien für Adaptivität sind da.
22
Didaktische Medienproduktion an der Universität
Erfahrungen aus dem deutsch-polnischen Online-Seminar „Medienbrücke“
von Paul Klimsa
Prof. Dr.
Paul Klimsa
1. Idee und Ursprung
Theorie und Praxis sind zwei Standbeine der Ausbildung an jeder Hochschule. Sie sinnvoll zu verknüpfen und in die Lehre zu integrieren, ist eine
Aufgabe, die nur mit geeigneten didaktischen Methoden gelingen kann. Das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität
Ilmenau und das Institut für Journalistik und
Soziale Kommunikation der Jagielloner Universität
in Kraków bilden Studierende aus, die nach ihrem
Abschluss auch im journalisitischen Bereich tätig
sind. Aufgrund von Kooperationsgesprächen haben
beide Partner Ziele, Inhalte, Medien, Methoden
einer grenzüberschreitenden Ausbildung festgelegt
und erprobt.
Abb. 1: Präsenztreffen der Ilmenauer und
Krakauer Seminargruppen in Polen
Die zu erarbeitenden medialen Konzeptionen
sollten die nationalen Unterschiede als kulturellen
Reichtum eines vereinten Europas verstehen
und einbeziehen. Durch die länderübergreifende
Darstellung des nationalen Kontexts kann einer
Marginalisierung bzw. Übertreibung von nationalen
Unterschieden, Stereotypen und Vorurteilen entgegengewirkt werden. Aus diesem Grund waren
Konzeptionen von Medieninhalten, die vor allem
dem Abbau von Vorurteilen dienten, Hauptanliegen
des Online-Seminars.
Neben dem genannten gesellschaftlich-normativen
Anliegen war die internetbasierte Kommunikation
und Kooperation (Online-Arbeit) zwischen den
Seminarteilnehmern von besonderer Bedeutung.
Durch das Online-Seminar entstand ein didaktisches Konzept für ein transnationales Hochschulseminar mit Unterstützung durch Internetdienste.
Jeweils zum Wintersemester wurde dieses Seminar
„Medienbrücke“ durchgeführt. Die Organisation der
Online-Arbeit war in jedem Jahr unterschiedlich und
lässt sich in vier Entwicklungsstadien einordnen,
die jeweils ein Semester dauerten:
1. Verwandte Themen, national unterschiedliche
mediale Produkte, E-Mail-Kommunikation,
Chat-Kommunikation, gemeinsame Endpräsentation per Internet-Videokonferenz;
2. Gemeinsame Themen, national unterschiedliche mediale Produkte, E-Mail-Kommunikation und unregelmäßige Internet-Videokonferenzen, Nutzung von Newsgroups, getrennte
Endpräsentationen in Kraków und Ilmenau;
3. Gemeinsame Themen und gemeinsame
mediale Produkte, zeitversetzte E-Mail-Kommunikation und zeitsynchrone Internet-Telefonie (VoIP mit Skype), gemeinsame Endpräsentation in Kraków;
4. Gemeinsame Themen und gemeinsame
mediale Produkte, Workflow-Organisation
mit Hilfe von Wiki- und Blog-Systemen sowie
zeitsynchroner Internet-Telefonie (VoIP mit
Skype), gemeinsame Endpräsentation in
Berlin;
Die einzelnen Stufen stellen inhaltliche und didaktische Entwicklungsphasen dar.
23
2. Stadium I
Nach der ersten Vereinbarung zwischen dem Fachgebiet Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau und dem Institut für
Journalistik und Soziale Kommunikation der Jagielloner Universität wurde eine gemeinsame Lehrveranstaltung eingerichtet, in der ausgewählte
Themen – damals aus dem Alltag beider Länder
– von den Studierenden bearbeitet werden sollten.
Es wurde den Studierenden überlassen, ob sie zu
dem Thema ein gemeinsames mediales Projekt
realisieren oder ob sie die Themen unterschiedlich
umsetzen. Die Studierenden lernten sich in einem
Chat-Forum mit Hilfe zeitsynchroner Text-Kommunikation kennen und von den Dozenten wurden
thematische Gruppen angeregt. Im Laufe des
Semesters erfolgte die Kommunikation zwischen
den polnischen und deutschen Gruppen vor allem
per E-Mail. Die Koordination der Projekte konnte
nur durch einen Besuch und durch direkte Beratung einer deutschen Lehrkraft in Kraków unterstützt werden. Es fehlten leider jegliche finanzielle
Mittel für die Durchführung der gemeinsamen Lehrveranstaltung. Dementsprechend unterschiedlich
waren die medialen Produkte der deutschen und
polnischen Gruppen, deren Endpräsentation über
das Internet mit einem Videokonferenz-System
erfolgte. Obwohl die zu übertragende Sprache und
das Bild zeitverzögert nach dem Senden in Ilmenau
bzw. Kraków eintrafen, war der visuelle Eindruck
entscheidend für die weitere Nutzung eines internetbasierten Videokonferenz-Systems als ein
grundlegendes Werkzeug der zeitsynchronen Kommunikation in der zweiten Stufe.
3. Stadium II
Um mehr persönlichen Kontakt zu ermöglichen,
wurden vier Studierende der Jagielloner Universität
im Rahmen eines Stipendiums nach Ilmenau eingeladen, die den deutschen Gruppen bei der Kommunikation mit polnischen Kommilitonen helfen
sollten. Zur gleichen Zeit sind zwei Studierende
der Technischen Universität Ilmenau nach Kraków
im Rahmen einer Sokrates-Vereinbarung beider
Hochschulen gefahren. Damit konnten die Organisatoren des Seminars zwar teilweise persönlichen Kontakt zwischen den Studierenden sicherstellen, doch die Einrichtung der „Botschafter“ an
der anderen Bildungseinrichtung war auch zugleich
nachteilig. Das Hauptgewicht der Kommunikation zwischen den Gruppen wurde zu stark auf die
„Botschafter“ konzentriert, die auch die Funktion
als Gatekeeper im Kommunikationsprozess via Internet eingenommen hatten. Die laufende Koordination der Arbeitsaufgaben zwischen den polnischen
und deutschen Teilnehmern erfolgte über E-Mail.
Die Nutzung der Newsgroups wurde zwar zwischen
den Gruppen vereinbart, um die Arbeit zu dokumentieren, doch in der Praxis wurde dieses Werkzeug
kaum genutzt. Vor allem auf der polnischen Seite
lautete die Begründung für die Ablehnung, dass der
Zugang zum Internet erschwert sei. Unregelmäßig
nutzten die Seminarteilnehmer das internetbasierte
Videokonferenz-System für die Arbeitsabsprachen.
Grund hierfür war der o.g. Zeitversatz im Senden
und Empfangen von Bild und Ton, der im Laufe der
Zeit mehr Kommunikationsprobleme schaffte als
löste. Außerdem war die technische Umsetzung der
Videoübertragung (bspw. Beleuchtung, Kameraführung, Mikrofonierung, Konfiguration und Kontrolle von Softwarekomponenten) sehr aufwendig.
Die Seminarergebnisse wurden in Ilmenau und
Kraków getrennt präsentiert.
4. Stadium III
Bei der Vorbereitung des dritten Durchlaufs des
Online-Seminars reiste ein Mitarbeiter der TU
Ilmenau nach Kraków. Nach Gesprächen mit den
Partnern vor Ort wurde sich auf den Einsatz der
kostenlosen und plattformübergreifenden Kommunikationssoftware Skype (Internet-Telefonie, Instant
Messaging, P2P-Dateitransfer, Videokonferenz)
geeinigt.
Die Erfahrungen der vorangegangenen Jahre
zeigte, dass neben dem Einsatz der „richtigen“ Kommunikationstechnik vor allem die fehlende Faceto-Face-Kommunikation der Seminarteilnehmer
aus beiden Ländern ein Hauptproblem des OnlineSeminars darstellte. Aus diesem Grund begann
das Seminar mit einem Präsenztreffen an der
deutsch-polnischen Grenze in Görlitz/Zgorzelec.
Das Treffen, begleitet von Journalisten der Redaktion Via-Europa des Mitteldeutschen Rundfunks
(MDR), bot zum ersten Mal den Studierenden aus
Polen und Deutschland die Gelegenheit, Themen
ihrer zukünftigen Online-Zusammenarbeit in einer
gemeinsamen Diskussion zu formulieren und sich
auf gemeinsame mediale Produkte zu einigen.
Es entstanden zwischen den Studierenden auch
dauerhafte Kontakte. So verbrachte eine Gruppe
aus Ilmenau die Zeit zwischen Weihnachten und
Neujahr in Kraków. Die Endpräsentation der Seminarergebnisse fand am Semesterende in Kraków
unter Beteiligung lokaler Pressevertreter statt.
Die Kommunikation per Skype erwies sich als sehr
zuverlässig und einfach. Allein die großen Abstände (ein bis zwei Wochen) zwischen den SkypeSitzungen empfanden die Teilnehmer als störend.
Die Kommunikation per E-Mail war nach wie vor
für die Arbeit in Ilmenau und Kraków grundlegend.
24
Da es jedoch auf der polnischen Seite aufgrund
der damals zu geringen technischen Ausstattung
der Universität und einer relativ geringen Anzahl
von privaten Internetanschlüssen der Studierenden
(digital divide) immer wieder zu Verzögerungen im
E-Mail-Kommunikationsfluss und sogar partiellen
Informationsverlusten (informational gap) kam,
beschlossen die Organisatoren auf beiden Seiten
webbasierte Werkzeuge der zweiten Generation
(social networks) für den Workflow einzusetzen.
Nach einer Testphase sollten Wikis und Weblogs
die E-Mail-Kommunikation ersetzen.
5. Stadium IV
In der letzten Phase fand das Präsenztreffen in
Wroclaw statt. In einem zweitägigen Workshop
erarbeiteten die Seminarteilnehmer aus Polen
und Deutschland gemeinsame Themen, die mit
gemeinsamen medialen Produkten umgesetzt
werden sollten. Es fand ebenfalls eine praktische
Einführung in die Arbeit mit dem Wiki- und WeblogSystem (Bliki) statt. Das Wiki-System stellte sich im
Laufe des Erstellungsprozesses immer mehr als
ein nützliches Tool dar, da hier stets die aktuellste
Version der jeweiligen redaktionellen als auch organisatorischen Inhalte zu finden waren. Dadurch
wurde vermieden, dass man mit mehreren verschiedenen parallelen Versionen eines „elektronischen Dokumentes“ durcheinander kam. Weiterhin
richteten die Teilnehmer einen Arbeitsbereich im
Wiki-System ein, in dem die alle zwei Wochen stattfindenden Skype-Telefonate zwischen Ilmenau und
Kraków schriftlich protokolliert wurden. Ein Problem
mit dem Wiki-System bestand im Auffinden von Informationen durch die zunehmende Menge von Inhalten (information retrieval). Die Nutzer mussten
selbst die Wiki-Inhalte strukturieren, organisieren
und Inhaltsverzeichnisse anlegen. Dies vereinfachte
das Auffinden der gewünschten Informationen.
Die Nutzung von Weblogs als Alternative zur EMail-Kommunikation konnte sich im Rahmen des
Online-Seminars nur teilweise auf deutscher und
polnischer Seite durchsetzen. Als Gründe nannten
die Seminarteilnehmer bspw. den hohen Grad an
Öffentlichkeit in der Weblog-Kommunikation gegenüber der Privatheit in der E-Mail-Kommunikation. Auch ist zu beachten, dass die Nutzung
von Weblogs in Deutschland und Polen noch nicht
so stark „kultiviert“ ist wie bspw. in den USA. Ist
etwas unbekannt, dann nutzt man es nicht, wenn
bekannte Alternativen zur Verfügung stehen und
ein Mehrwert nicht zu erkennen ist (Rationalismus).
6. Sprache
Ein wichtiger Aspekt der Online-Kommunikation
war seit Beginn der Online-Veranstaltung die Frage
der Sprache. Dadurch, dass einige (sehr wenige)
deutsche Studierende Polnisch und relativ viele
polnische Studierende Deutsch sprachen, war oft
Deutsch die Verständigungssprache. In der Regel
wurde jedoch auf Englisch kommuniziert, was mitunter Probleme verursachte. Ein deutscher Teilnehmer schreibt: „Da Englisch für alle Beteiligten
eine Fremdsprache war, kam es schnell zu Missverständnissen. Beispielsweise hatten wir als deutsche Gruppe das Problem unser nochmals überarbeitetes Konzept, welches nur noch in groben
Zügen dem alten entsprach, richtig vorzustellen
und zu erklären. Wir stellten uns immer wieder
die Frage: Haben Sie es nun richtig verstanden?
Nach langem hin und her eskalierte die Situation.
Bis ein klärendes Gespräch unter Einmischung der
Dozenten die Lage entspannte.“
Abb. 2: Skypekommunikation
Aus der Sicht der Teilnehmer war vor allem die
erlebte Online-Kommunikation ein Gewinn, da es
unzählige Möglichkeiten gab, die Kommunikation
theoretisch und praktisch zu reflektieren. Ein Teilnehmer sagte dazu: „Eine neue und wichtige Erfahrung war für uns, die Kommunikation an sich
als Problem zu erleben. Das was sonst so einfach
gesagt wird, kann in fremder Sprache leicht zu Missverständnissen führen. Wir wissen nun, dass man
sich bei einem interkulturellen Projekt auf schwierige Situationen durch Kommunikationsprobleme
einstellen und vorbereiten sollte. Dazu gehört auch,
Kompromisse einzugehen und sich miteinander zu
arrangieren.“
25
7. Fazit
Das Online-Seminar schaffte einen didaktisch sinnvollen Rahmen für eine transnationale universitäre Lehrveranstaltung. Die Nutzung der InternetDienste erwies sich als eine wichtige Voraussetzung
für das Gelingen der internationalen Kooperation,
doch nicht alle Dienste haben für den Workflow die
gleiche Bedeutung.
E-Mail-Kommunikation kann als gern genutzt aber
als weniger verbindlich angesehen werden. Bei Einforderung von Arbeitsergebnissen kam zuweilen die
Erklärung, dass E-Mails nicht angekommen seien.
Ähnlich sind Messenger-Dienste (Gadu-Gadu etc.)
einzuschätzen, die von den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern gelegentlich nebenbei genutzt wurden.
Der Vorteil der Messenger-Dienste liegt aber in
der relativ reibungslosen zeitsynchronen Kommunikation. Breitere Nutzung wäre allerdings nur
dann möglich, wenn die technischen Rahmenbedingungen in Polen und in Deutschland vergleichbar
wären (Anzahl privater Internetanschlüsse). Die
Nutzung der Videokonferenzen war wegen einer
Zeitverzögerung zwischen Bild und Ton nicht sinnvoll, dagegen erwies sich die Skype-Telefonie als
grundlegend für den Erfolg der Lehrveranstaltung.
Auch die Nutzung von Wiki-Systemen erlaubt den
Studierenden den Arbeitsfortschritt zu kontrollieren
und abzustimmen. Es ist allerdings stets mit anfänglichen Problemen zu rechnen, da sich der Wert
des Werkzeugs erst während der Arbeit erschließt.
Es ist natürlich möglich, die Schulung der Nutzung
von Wiki-Systemen am Anfang der Lehrveranstaltung zu intensivieren.
Das Online-Seminar war allerdings stets aus einem
anderen Grund ein Erfolg. Ein gemeinsames
wissenschaftlich fundiertes mediales Projekt zu
realisieren und dabei mit Studierenden einer
anderen Nation zu kooperieren, das wird von
Studierenden als wichtiger Beitrag zur Ausbildung
ihrer interkulturellen Kompetenzen angesehen.
Zudem erfährt die wissenschaftliche Reflexion
über Kommunikation in einem Medienstudiengang
(Journalistik in Polen und Medienwissenschaft
in Deutschland) eine praktische Verankerung.
Man kann selbst interkulturelle Kommunikationsprobleme erleben und muss selbst die Lösungen
suchen.
Für die Organisatoren besteht zwar ein erhöhter
Vorbereitungsaufwand und es werden einige finanzielle Mittel für das Präsenztreffen benötigt, doch
der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag.
Die qualitativ hochwertigen medialen Produkte
der Studierenden waren auch für professionelle
Medien in der Region Kleinpolen und in Thüringen
interessant.
Ein Fazit liefert die Aussage eines deutschen
Studenten: „Ich denke, dass die Medienbrücke eine
gute Möglichkeit ist, zu erfahren, wie Leute aus
anderen Ländern über das Mediensystem und bestimmte soziale Themen denken. Meiner Meinung
nach ist eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit sehr wichtig. Lasst uns die Europäische Union
durch persönliche Beziehungen lebendig machen!“
8. Kooperationspartner
Organisation des Projektes und die Entwicklung
des didaktischen Konzeptes wurde durch folgende
Kooperationspartner verantwortet:
• Prof. Dr. Paul Klimsa, TU Ilmenau
• Prof. Dr habil. Teresa Sasinska Klas, UJ Kraków
• Dr Agnieszka Hess. UJ Kraków
• Dr Agnieszka Szymanska, UJ Kraków
• Dipl.-Medienwissenschaftler Sebastian Vogt,
TU Ilmenau
• Dipl.-Medienwissenschaftler Marcel Kirchner,
TU Ilmenau
An der Projektdurchführung waren weitere Mitarbeiter an der Jagiellonen Universität (Uniwersytet
Jagiellonski w Krakowie) und an der Technischen
Universität (Uniwersytet Techniczny w Ilmenau)
beteiligt.
Das Projekt wurde durch Prof. Kurt Morneweg
(Direktor des MDR-Funkhauses in Erfurt, A.D.)
unterstützt, der die erste Idee einer Medienbrücke
zwischen Deutschland und Polen formulierte und
zeitgleich zum Online-Seminar das webbasierte
Projekt „Via Europa“ — Kooperation zwischen dem
MDR und der Telewizja Polska (TVP) — leitete.
26
Didaktische Konzepte und Lernmaterialien zum Aufbau von
Social Intranets & Collaboration-Plattformen
Auszüge aus den Einführungskonzeptionen für interne Social Media in Unternehmen
am Beispiel eines berufsorientierenden Hochschulseminars
von Marcel Kirchner und Studierenden-Teams der Lehrveranstaltung
Dipl.-Medienwiss.
Marcel Kirchner
Social Media hält seit geraumer Zeit vermehrt
Einzug, wenn es um die Optimierung interner Prozesse und Abläufe von Unternehmen geht. Dies
beeinflusst maßgeblich sowohl aktuelle als auch
zukünftige Arbeitsweisen der Mitarbeiter/-innen
und die internen Strukturen, besonders beim
Management von Wissen und Informationen.
Firmen haben dabei insbesondere die Potenziale
erkannt, dass sich Mitarbeiter beispielsweise noch
flexibler austauschen, ihr Wissen dokumentieren
und zur Diskussion stellen können sowie transparenter Probleme und Lösungsansätze untereinander kommunizieren können. Der Praxis-Experte
Harald Schirmer, Change Manager bei Continental
AG, beschreibt die damit einhergehenden notwendigen Veränderungen im Unternehmen zu einer
„Organisation 2.0“ als dem sozialen Sinn nach zu
begleitende Tätigkeiten, die eine traditionelle Überund Unterordnung aufbrechen und ein beförderndes
Miteinander erzeugen. In einem passenden bildhaften Vergleich wird somit aus dem klassischen,
hierarchiebetonten Unternehmen, das marionettenartig an allen klar miteinander verbundenen
Prozess-Fäden zieht, ein lebendiger Organismus,
der zwar weiterhin seinen Halt durch Wirbelsäule,
Knochen und Gehirn behält und mit bewährten
Methoden-/Prozess-Gelenken agiert, aber durch
das neu integrierte Social Media-Nervensystem
lernfähiger wird und auf immer wieder neu entstehende Herausforderungen jederzeit noch flexibler
reagieren kann, indem es durch Impulse das Mitarbeiterwissen gezielter einbindet und transparenter
macht [1].
Insbesondere ist es derzeit auch eine der größten
Herausforderungen, die kreativen Herangehensweisen und Ideen der Nachwuchskräfte der Zukunft
in die Arbeitsabläufe von Unternehmen zu integrieren. Der Anwendungsbereich „Innovatives Wissensmanagement“ (kurz AbIWM) im Studiengang
Angewandte Medienwissenschaft der TU Ilmenau
beschäftigt sich mit diesen Phänomenen und sucht
nach Antworten im Bereich des so genannten „Enterprise 2.0“, dass immer mehr auch mit „Social Business“ gleichgesetzt wird. In Kooperation mit IBM
Deutschland werden hier anhand konkreter realer
Anwendungsfälle Implementierungsstrategien für
den Einsatz von Social Media entwickelt, die im
Idealfall auch zu einer ersten Umsetzung mit wissenschaftlicher Begleitung führen. Dabei übernehmen
die Bachelor-Studierenden die überwiegend konzeptuell-produktiven Tätigkeiten währendem die
Master-Studenten diese tutoriell begleiten und
deren Arbeit durch theoretische und methodische
Studien fundieren.
Den groben Ablauf des Seminars beschreibt der
ehemalige Seminar-Teilnehmer Dustin Lemme
in seinem Erfahrungsbericht treffend:
„Nach einer kurzen Einführungsphase und erfolgreicher Teambildung übernimmt jede Gruppe die
Verantwortung für ein Unternehmen, das gegenwärtig mit der firmeninternen Implementierung
von Social Software beschäftigt ist. Die Seminarteilnehmer analysieren den Projektfortschritt, identifizieren Probleme und erarbeiten Lösungsvorschläge, um die Einführung weiter voranzutreiben.
Selbige werden bis zum Ende des ersten Semesters in Form einer fünfzehnminütigen Präsentation
vorgestellt.
Im zweiten Semester entstehen auf Basis der
erarbeiteten Lösungsvorschläge und nach Rücksprache mit dem Auftraggeber konkrete Umsetzungspläne. Die Seminarteilnehmer fertigen
hierfür ein Grob- und Feinkonzept an. Letzteres
wird am Ende des zweiten Semesters zudem in
Form einer dreißigminütigen Präsentation vorgestellt. Möglich, dass es im Ansatz zu einer praktischen Umsetzung des Feinkonzeptes kommt.
Während der gesamten Seminarzeit sind weitere
Teilleistungen abzulegen, die in die Bewertung
einfließen. Die Teamarbeit wird während der zwei
Semester durch eine Vorlesungsreihe begleitet, die
sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Thema
‚Social Software‘ nähert.“ [2]
27
Insbesondere im zweiten Teil des Anwendungsbereiches kommt also der didaktische Schwerpunkt
zur Geltung, indem die Studierenden zunächst in
einem kurzen erklärenden Video ihren Anwendungsfall mit Problemen und ersten Lösungsansätzen beschreiben. Anschließend werden anhand
konkret zu entwickelnder Lernziele und -inhalte
didaktische Feinkonzeptionen erstellt, die mit der
Produktion konkreter Schulungsunterlagen und
Lernmaterialien, wie beispielsweise das zuvor erwähnte Video-Tutorial oder auch PDF-Anleitungen,
Hilfe-Communities oder Screencasts, einhergehen.
Dazu werden sie von den Mastertutoren durch die
Empfehlung von sinnvollen (E-Learning-)Lehr- und
Lernmethoden unterstützt.
sein, da kein Mitarbeiter neben seinen normalen
Arbeitstätigkeiten den kompletten Administratoraufwand übernehmen kann. Demzufolge sollte
die Verantwortung aufgeteilt werden und mehrere
Mitarbeiter in Zusammenarbeit an der Plattform
arbeiten. Eine größtmögliche Bedienbarkeit sollte
erzielt werden, um jeden Mitarbeiter erreichen zu
können. Weiterhin sollte die Unternehmensstruktur
integriert werden, da es sich bei der Gebäude
Glücklich GmbH um eine verzweigte Unternehmensgruppe handelt.
Nachfolgend sollen nun drei Auszüge aus den Konzeptionen und Schulungsunterlagen von Studierenden-Teams dargestellt werden, die sich mit der
begleitenden Einführung von Social Media in einem
mittelständischen Serviceunternehmen, einer überregionalen Software User Group und einem
internationalen IT-Dienstleistungsunternehmen beschäftigen (teilweise wurden die Fallstudien anonymisiert, damit keine Rückschlüsse auf die realen
Unternehmen gezogen werden können):
•Anwendungsfall 1: Gebäude Glücklich GmbH
•Anwendungsfall 2: DNUG e.V.
•Anwendungsfall 3: IT Fleißig GmbH
-------------------------------------------------------------------Anwendungsfall 1 (2010) – Auf dem Weg zum
Enterprise 2.0 mit der Gebäude Glücklich GmbH
[3]
Team-Mitglieder: Dominique Heerwagen, Romy
Kalka, Philipp Reinhart, Anika Schwella und Heike
Töppe
Abb. 1: Community-Aufbau
1. Who is who
Ein Mitarbeiterverzeichnis in Gebäude Glücklich Connections hat die grundlegende Funktion
der Darstellung, Auffindbarkeit und Vernetzung
der Mitarbeiter im Unternehmen; insbesondere
die Verknüpfung der weit voneinander entfernten
Standorte ist hierbei eines der Hauptziele. Dabei
sollten sich das Erscheinungsbild (Abb. 2) und die
Seriosität an der Grundstruktur eines „Xing“-Profils
orientieren.
Die vorherrschende Ausgangslage bei der Gebäude
Glücklich GmbH zeigt sich folgendermaßen: Es
liegen bestimmte Herausforderungen vor, denen
sich die Gebäude Glücklich GmbH stellen muss.
Ein großes Problem stellen dabei die geringen
personellen Ressourcen dar. Auch eine hohe Personalfluktuation kennzeichnet das Unternehmen,
welche in Bezug auf die verzweigte Unternehmensgruppe weitere Herausforderungen an eine Plattform darstellen. Von Bedeutung ist ebenfalls das
Finden einer Alternative, die sowohl den Wünschen
und Bedürfnissen internetaffiner Nutzer genügt,
aber auch das Interesse wenig affiner User erreicht
und für diese kein Hindernis, sondern eine Bereicherung des Arbeitsalltages ermöglicht.
Um dies zu erreichen, werden bestimmte Anforderungen an die Plattform gestellt. Lediglich ein geringer Administrationsaufwand sollte erforderlich
Abb. 2: Erscheinungsbild Who is who
28
Die Wünsche der Mitarbeiter in Bezug auf ihr Profil
in Gebäude Glücklich Connections werden dabei im
Folgenden ebenfalls berücksichtigt. Sie legen viel
Wert auf die Angaben zur Person wie Foto, Name,
Arbeitsbereich bei der Gebäude Glücklich GmbH
Fähigkeiten, Kontaktmöglichkeiten und einem Lebenslauf mit allen Stationen des bisherigen Berufslebens auch außerhalb der Gebäude Glücklich
GmbH.
Überwiegend herrschen unter den Mitarbeitern der
Gebäude Glücklich GmbH eindeutige Ansichten
zum Mitarbeiterverzeichnis, wobei die persönlichen
Angaben zu Familie und Hobbies eher kritisch betrachtet werden. Einig waren sich jedoch alle, diese
Angaben freiwillig einstellbar anzubieten.
Ebenfalls von den Mitarbeitern erwünscht und
von uns in das Mitarbeiter-Profil unter dem Punkt
„Weitere Profile von mir im Web“ eingebunden,
sind Links zu privaten oder öffentlichen Netzwerken
oder zu privaten Blogs.
2. Newsweek
Unter dem Toolnamen Gebäude Glücklich GmbH
Newsweek soll zukünftig der Newsletter 2.0 der
Gebäude Glücklich GmbH Group starten. Dieser
soll sich optisch, inhaltlich sowie funktional vom
Vorherigen unterscheiden. Bisher wurden Neuigkeiten von einer Redaktion zusammengefasst und
mit wenigen Bildern veranschaulicht. Verbreitet
wurde dieser monatlich per Email.
Abb. 3: Erscheinungsbild Newsweek
3. Denkfabrik
Eine zentrale Anlaufstelle Fragen (und Antworten)
unterschiedlicher Themenbereiche und Komplexität kann hier Abhilfe leisten. Diese soll in Form der
Integration eines Fragenportals in Gebäude Glücklich Connections geschehen.
Mit Einführung der Plattform Connections ermöglichen sich nun neue Dimensionen der Darstellung
aber auch der Aufbereitung der Gebäude Glücklich
GmbH-internen News.
Startseite
Nach Überlegungen der Platzierung der News kam
nur die Startseite der Plattform in Frage, da diese
Seite durch eine permanente Präsenz den Mitarbeiter ständig zugängig sein sollte. Durch Aktualisierung der Beiträge seitens der Gebäude Glücklich
GmbH kann die Motivation der Leser, die Einträge
sorgfältig zu lesen, aufrechterhalten werden [4], [5].
Die Newsweek als Startseite ist so zu verstehen,
dass 2/3 der Seite als Infobereich angezeigt wird, in
welchen hauptsächlich die Beiträge erscheinen und
1/3 die Metabar und Gebäude Glücklich Connections-Base mit den anderen Tools darstellen. Das
übergeordnete Ziel der Newsweek ist es, Wissen
innerhalb des Unternehmens zu transformieren und
zentral allen Mitarbeitern zugänglich zu machen
und somit einen unternehmensübergreifenden Informationskanal zu schaffen [5].
Abb. 4: Erscheinungsbild Denkfabrik
4. Einstein
Die Gebäude Glücklich GmbH wünscht eine
Datenbank, die die gesamte Bandbreite an fachlichen Fragen abdecken kann. Aus der bereits bestehenden Intranet-Seite sollen Arbeitshilfen und
Vorlagen übernommen, eingepflegt und durch neue
Dateien ergänzt werden.
Vorgeschlagenes Umsetzungstool auf Gebäude
Glücklich Connections ist ein Wiki mit mehreren
Themenbereichen, um Dateien zu verwalten und zu
hinterlegen, aber um vor alledem das gemeinschaftliche Arbeiten zu fördern. Wikis sind Sammlungen
29
von Seiten zu bestimmten unterschiedlichen
Themen, die von Wiki-Mitgliedern bearbeitet oder
kommentiert werden können. Im Connections-Wiki
besteht die Möglichkeit, Sammlungen anzulegen,
welche als Ordner fungieren. Hier müsste weiterhin
die Erstellung von Unterordnern ermöglicht werden,
damit eine Ordnerstruktur entsteht, die nach logischen Kriterien aufgebaut ist.
Ein Benutzer erstellt ein Wiki. Er gibt dem Wiki
einen Titel, fügt eine Beschreibung sowie Mitglieder
hinzu. Den Mitgliedern wird mitgeteilt, dass dieses
Wiki nun verfügbar ist. Nach den unterschiedlichen Zugriffsberechtigungen können die einzelnen
Mitglieder das Wiki lesen, Seiten bearbeiten,
kommentieren und eigene Seiten hinzufügen.
Zu einem übergeordneten Thema können dabei
jeweils zwei weitere untergeordnete Seiten sowie
dem gleichgestellte Seiten erstellt werden.
5. Features
5.1 Suchfunktion
Bisher kann man in der Connections Plattform
die verschiedenen vorhandenen Bereiche einzeln
durchsuchen. Allerdings wäre eine globale Suche
über die gesamte Plattform wünschenswert. Sie ist
auch grundsätzlich vorhanden, muss jedoch aktiviert werden. Die Ergebnisse dieser Suche sollten
strukturiert ausgegeben werden, wie beispielsweise bei Ebay. Nach der Suche wird angezeigt, in
welchen Kategorien das Ergebnis wie oft gefunden
wurde. Dies ist die Grundlage für eine funktionierende Plattform, denn eine gute Suche bildet die
Grundlage, damit sich „normale“ Benutzer zurechtfinden [6].
Vor allem wenn die Gebäude Glücklich GmbH
Denkfabrik und Gebäude Glücklich GmbH Einstein
miteinander verknüpft werden sollen, ist eine gute
Suche unbedingt von Nöten [4]. Erstrebenswert
wäre auch eine unterschiedliche Gewichtung von
Überschriften, Tags und Volltext, um die Strukturierung der Ergebnisse zu verbessern.
Neben der globalen Suche wäre eine Extra-Suche
für Kollegen angenehm. Diese würde sich durch
weitere Eingabefunktionen wie Standort, Position,
Abteilung usw. auszeichnen. Zum Aufbau von Netzwerken unter den Gebäude Glücklich GmbH Mitarbeitern wäre dies sehr von Vorteil.
5.2 Administration
Eine so große Plattform wie Gebäude Glücklich
Connections benötigt natürlich Administrationen.
Diese ist im Moment zentral angelegt. Um aber wirklich effizient arbeiten zu können, sollten mehr Mitarbeiter Schreibrechte bekommen, als nur die Administratoren. Die Arbeitskraft von vielen ist größer,
als die von einzelnen Mitarbeitern. Außerdem führt
die Arbeit vieler zur Entlastung einzelner.
Auch die Probleme, welche beim Ausscheiden oder
beim Urlaub der Administratoren auftreten würden,
ließen sich so verhindern, da mehrere Mitarbeiter
die aufgetretene Lücke füllen können. Weiterhin
können sich so die Moderatoren um ihre eigentliche Aufgabe auf der Plattform kümmern und für
Struktur und Strukturerhaltung sorgen. Die Einführung der Plattform in das Unternehmen fällt
außerdem leichter, wenn jeder helfen kann.
5.3 Favoriten
Es wäre wünschenswert, wenn sich jeder auf der
Plattform eigene Favoriten setzen könnte. Beispielsweise bei den Wikiseiten, bei einzelnen
Blogeinträgen oder bei bestimmten Fragen in der
Denkfabrik.
Diese Favoritenliste könnte auch auf der persönlichen Seite der Mitarbeiter einsehbar sein, um die
soziale Komponente der Plattform zu unterstützen.
So könnte man einem Kollegen, der sich mit einem
ähnlichen Problem beschäftigt, wie man selbst,
leicht eine Liste zur Verfügung stellen, mit Seiten,
auf denen er Informationen findet. Auch die Favoriten zu abonnieren, könnte zu einer einfacheren
Zugänglichkeit zur Plattform führen. Weiterhin
werden mit öffentlichen Favoriten Wissenspools
geschaffen.
5.4 Tagging
Grundsätzlich entschließt sich Gebäude Glücklich
Connections gegen die Einführung von Tags. In
der Connections Plattform kann im Moment jeder
seine Tags frei wählen. Dies führt allerdings bei
unterschiedlichen Schreibweisen, verschiedenen
Sprachen, Singular oder Plural oder Synonymen
der Stichworte zu vielfachen Problemen [7]. Diese
könnten durch moderierte Tags oder durch automatische Tag-Vorschläge verhindert werden. Dies
ist aber beides nicht möglich. Automatische TagVorschläge gibt es in Connections nicht, moderierte
Tags wären unverhältnismäßig viel Arbeit. Selbstordnendes Chaos funktioniert nur, wenn die kritische Masse für so etwas erreicht wird. Die Tags
auf Connections sind aktuell nicht plattformübergreifend, nur so würden sie aber als Suche wirklich
Sinn machen.
30
6. Didaktisches Planungsraster zur Einführung
Nachfolgende Tabelle soll die Fragestellung abdecken, wann und in welcher Reihenfolge, welche
Social Media-Anwendung, für welche Anforderungen und mit welchen Methoden zum Einsatz
kommen soll. Sie zeigt, welche konkreten Inhalte
dabei vermittelt bzw. bereitgestellt werden.
Abb. 5: Beispiel Planungsraster
Anwendungsfall 2 (2011) – Organisation einer
Konferenz und Motivation von Teilnehmern über
eine Collaboration-Plattform für den DNUG e.V.
– The Enterprise Collaboration Professionals [8]
Team-Mitglieder: Jan Gröne, Joana Köhler,
Jennifer Leimeister, Lisa Luthardt, Anne-Kathrin
Pabst und Astrid Schneider
1. Projektbeschreibung
Die DNUG ist ein Verein zum Austausch von
Erfahrungen zwischen Nutzern von IBM Social
Business & Collaboration Software. Die Mitglieder
des Vereins sind (neben Mitgliedern von IBM selbst)
Anwenderfirmen und Businesspartner. Vor etwa 5
Jahren hat die DNUG die Online-Plattform “EULUC
– Meet the Experts” erstellt, um auf dieser die Kommunikation zwischen den Anwendern zu ermöglichen. Sie basiert auf IBM Connections, einer Social
Software für Unternehmen und bietet zusätzlich die
Nutzung von IBM Sametime und IBM Quickr.
Es wurden zwei zentrale Zielgruppen der Plattform
ausgemacht: Einerseits die Mitglieder, die an dem
Informations- und Erfahrungsaustausch interessiert
sind, und andererseits potentielle Kunden, die die
EULUC zu Testzwecken verwenden.
Das zentrale Problem der Plattform liegt in einer
nur sehr geringen Aktivität der Mitglieder. Beiträge
werden immer gelesen, wobei nur sehr wenige
Personen, meist Mitglieder der IBM, Beiträge
verfassen. Dies führt zu einer einseitigen Kommunikation und einem Mangel an Content.
Ziel dieses bearbeiteten Anwendungsfalls soll es
sein, herauszufinden, woran es liegt, dass beispielsweise bestimmte Tools nur wenig genutzt
werden, entsprechende Barrieren und Hemmschwellen zu beseitigen und somit letztendlich die
aktive Nutzung der EULUC-Plattform zu fördern.
Lernmaterial Erklärungs-Video: http://vimeo.com/27860247
2. Lehrkonzept
Das Lehrkonzept umfasst drei große Phasen:
Die erste Phase umfasst die Entwicklung der Lerninhalte. Sie orientieren sich an diesem Konzept und
werden bis zum 08.07.2011 abgeschlossen sein.
Anschließend folgen vom 11.07. bis zum 12.08.2011
fünf Themenwochen. Nachdem in der ersten Woche
das Prinzip der verwendeten Learning Nuggets
erklärt wurde, soll jede Woche jeweils unter das
Motto eines Lernziels gestellt werden. Montags,
Mittwochs und Freitags werden zu diesem Thema
dann Inhalte mit Hilfe von Learning Nuggets auf der
Plattform gepostet. Die Inhalte sollen dabei multimedial aufgebaut werden.
31
In der dritten Phase sollen sich die Mitglieder auf
die DNUG Konferenz, welche vom 07. bis zum 09.
November stattfindet, vorbereiten, indem sie das
Barcamp-Konzept selbstständig umsetzen. Dabei
kann die EULUC-Plattform eine zentralere Rolle
bei der Abwicklung einnehmen. Vor allem das letzte
Lernziel ist so angelegt, die User zur Eigeninitiative
anzuregen.
Im Folgenden wird nun als erstes die Methode der
Learning Nuggets, mit Hilfe derer die Lerninhalte
transportiert werden sollen, erklärt.
3. Learning Nuggets
Learning Nuggets gelten als neue und vielversprechende Form des Microlearnings. Dabei wird
Wissen in kurzen Lerneinheiten von wenigen
Sekunden bis hin zu 15 Minuten vermittelt. Besonders Podcasts oder Microgames eignen sich
für diese Form des Lernens, aber auch klassische
Blog- bzw. Wikieinträge. Durch den Einsatz von
Learning Nuggets wird vor allem das selbst organisierte, informelle Lernen der Nutzer gefördert.
Learning Nuggets bieten die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken.
Dabei wird das Interesse beim Nutzer geweckt. Im
Anschluss gelangt dieser, möglichst über beigefügte Links, zu weiteren detaillierteren Informationen zu diesem Thema [9].
Der besondere Vorteil der Learning Nuggets für
den Anwendungsfall EULUC wird an den Ergebnissen der durchgeführten Umfrage deutlich:
Da viele Nutzer „zu wenig Zeit“ als Grund für die
geringe Nutzung der Plattform angaben, stellen
Learning Nuggets aufgrund ihrer Kürze eine optimale Möglichkeit der Informationsübermittlung und
des Lernens dar. Des Weiteren werden viele Nutzer
durch zu lange Texte abgeschreckt, was mit Hilfe
der Learning Nuggets verhindert werden kann.
Die erste Themenwoche wird sich damit beschäftigen, den Mitgliedern der EULUC das Prinzip der
Learning Nuggets näher zu erläutern, den Mehrwert
aufzuzeigen und Best-Practice Beispiele zu geben.
Die nachfolgenden Themenwochen bauen auf dem
erhaltenen Wissen der Mitglieder auf und werden
dementsprechend in Form von Learning Nuggets
übermittelt. So soll sichergestellt werden, dass das
Interesse der Mitglieder durch kurze und interessante Informationen über ein Thema geweckt wird
und diese sich eventuell über andere Kanäle weiter
informieren.
4. Themenwoche Guidelines
Guidelines als Motivationshilfen
Um die Mitglieder der EULUC zu motivieren,
Beiträge zu verfassen, wurde folgendes Lernziel
definiert:
Die Mitglieder der EULUC werden anhand von Guidelines lernen, Motivationshilfen für den Umgang
mit Social Media zu verinnerlichen und diese
praxisbezogen anzuwenden.
Diese Woche steht unter dem Motto: „Schluss
mit Verboten – Guidelines als Motivationsfaktor“.
Im Falle der EULUC handelt es sich allerdings,
wie bereits erwähnt, nicht um ein normales Unternehmen, das seinen Mitgliedern Vorschriften
bezüglich Äußerungen und Verhalten im virtuellen
Raum macht. Trotzdem ist es notwendig, den Mitgliedern der EULUC eine Reihe von Regeln als
Hilfen auf den Weg zu geben, die im Umgang mit
Social Media-Anwendungen nützlich sein sollen
und zu unterstreichen, was man darf, nicht was
man nicht darf. Der Begriff Social Media Guidelines
soll hierfür neu diskutiert werden, da diese nicht
zwingend Vorschriften darstellen sollen, sondern
zum Schaffen von Motivation und zum Abbau von
Hemmungen beitragen können – mit dem Ziel die
Aktivität auf der Plattform zu fördern. Die Mitglieder
sollen sich sicherer fühlen, indem sie beispielsweise wissen, worüber sie schreiben dürfen. Aus
diesem Grund wurde der Slogan „Guidelines als
Motivationsfaktor“ entwickelt, um nicht von Beginn
an Verständnisprobleme zu erzeugen.
Einzelne Beispiele dafür sind „Learn from your
mistakes: Don’t be afraid to say you were wrong and
be quick to make changes when you are“ [10]. Die
einzelnen Anregungen sollen zusammengefasst
als Wiki auf der Plattform abrufbar sein. Die Wahl
des Tools begründet sich auf die Eigenheiten eines
Wikis. Es sind Bearbeitungen und Anpassungen an
die aktuelle Plattform und deren Veränderungen
möglich, was sehr wichtig ist, denn die EULUC ist
als Plattform kein starres Konstrukt, sondern wird
durch die Dynamik der User bestimmt [4]. Des Weiteren sollen den Mitgliedern gut geführte Blogs mit
passender Thematik als Best-Case-Beispiel und
weiterführende Materialien an die Hand gegeben
werden. Dies soll dazu führen, die einzelnen
Regeln im Kontext zu verstehen und die Motivation
zu steigern. Durch das Schaffen von Anregungen
sollen die Mitglieder nun selbst in der Lage sein, die
Motivationshilfen in eigenen Beiträgen oder einem
eigenen Blog anzuwenden. Im besten Fall sind
Motivation und Anregung so hoch, dass der Aufforderung nachgegangen wird, nun einen eigenen
Eintrag zu verfassen.
32
Anwendungsfall 3 (2012) – Strukturierte Communities mit Mister X bei der IT Fleißig GmbH [11]
Team-Mitglieder: Ricarda Bohn, Tanja Klindworth,
Ina Majchrzak und Alexandra Wiebe
Die Aufgabenstellung betraf die Optimierung interner Kommunikationsprozesse auf der IT Fleißig
GmbH Plattform. Ziel des dritten Semesters war
die Erstellung eines Grobkonzeptes, welches eine
Guideline und einen Styleguide beinhaltet. In der
Guideline werden Vorschläge für eine strukturierte
und effiziente Nutzung der Connections Plattform
geliefert. Zusätzlich wird im Styleguide der mögliche Aufbau einer Community präsentiert, um
das Corporate Design und eine intuitive Nutzung
sicherzustellen.
Aufbauend auf diesem Grobkonzept, sollte im
vierten Semester ein Feinkonzept erarbeitet
werden. Im Mittelpunkt dieses Konzeptes steht das
didaktische Planungsraster, welches Informationen
zu einer Schulung bei IBM liefert. Diese Schulung
wird erstmals an einer Pilotgruppe getestet. Außerdem war es Teil der Aufgabe erste Lehr-/ bzw.
Lernmaterialien für eine spätere Umsetzung der
Schulung zu erarbeiten.
Abb. 6: Rückblick
Wesentlicher Bestandteil der Zwischenpräsentation im dritten Semester waren die Suche nach
Informationen und die Dokumentation von Informationen. Resultierend aus diesen Arbeitsprozessen
wurde eine Such- und Ablagereihenfolge entwickelt, welche den Mitarbeitern das Vorgehen auf
der Plattform erläutert, um schnellstmöglich an die
gesuchten Kundeninformationen zu gelangen. Weiterhin wurde ein erstes Videotutorial erstellt, welches
einen Einblick in die Kundenaktivitäten-Community
liefern soll. Die Kernelemente des Grobkonzeptes,
die Guideline und der Styleguide, wurden innerhalb
des Planungsrasters weiter ausgearbeitet.
Die Inhalte werden in tabellarischer Form dargestellt
und kurz erläutert. Der genaue Ablauf der Schulungsphase wurde ausgearbeitet, das bedeutet,
die Anzahl der Sitzungen, die Kalenderwoche,
das Datum und die Dauer der einzelnen Elemente
werden festgehalten. Des Weiteren war es besonders wichtig die Lehr- und Lernmaterialien, inklusive Methode, zu beschreiben und genaue Lernziele zu definieren.
Abb. 7: Aufbau der Schulung
Die Schulung ist in fünf Module unterteilt und soll
im Zeitraum vom 09.01.2013 bis zum 03.04.2013
umgesetzt werden. Die Mischung aus Online- und
Präsenzangeboten geht aus einer Literaturanalyse
zum Thema e-Learning Didaktik hervor.
Die Notwendigkeit einer Schulung zur Connections
Plattform wird mit Hilfe der Umfrage verdeutlicht.
Es geht zwar hervor, dass zwei Drittel der Mitarbeiter die Plattform regelmäßig nutzen. Allerdings
geschieht dies nach eigenem Ermessen und führt
auf Dauer zu Unübersichtlichkeit auf der Plattform.
Außerdem wird deutlich, dass eine Guideline zum
Umgang gewünscht wird. Hierbei ist es den Mitarbeitern laut Umfrage wichtig, dass diese keine
strikten Regeln, sondern lediglich Empfehlungen
und Tipps für einen effizienten Umgang enthalten
soll.
Im Rahmen der Schulung arbeiten die Seminarteilnehmer in der Seminar-Community, welche bereits
beispielhaft auf Connections angelegt wurde.
1. Vorstellung des didaktischen Planungsrasters
Das didaktische Planungsraster soll einen Überblick,
über die Schulung bei der IT Fleißig GmbH geben.
Abb. 8: Aufbau der Seminar-Community
33
In dieser Community findet die Kommunikation
bezüglich des Seminars statt. Termine werden
bekannt gegeben, Hinweise auf die zu bearbeitenden e-Learning Aufgaben bereitgestellt und
Fragen im Forum beantwortet.
Außerdem enthält die Seminar-Community weitere
Fall-Communities.
In diesen Fall-Communities findet die Bearbeitung
der Szenarien und e-Learning Module statt. Die
Seminarteilnehmer werden hierzu in drei gleich
große Gruppen eingeteilt und den Fall-Communities
zugewiesen. Die Aufgaben orientieren sich an dem
realen Arbeitsalltag bei der IT Fleißig GmbH und
sollen in Form von kleinen Anwendungsfällen aufgebaut sein.
Im folgenden Auszug des didaktischen Planungsrasters wird ein Termin mit der dazugehörigen
Sitzung, den Inhalten sowie Lernzielen beispielhaft
vorgestellt.
Abb. 9: Aufbau der Fall-Community
Abb. 10: Beispiel Planungsraster
34
2. Vorstellung der Lernmaterialien
2.3 Storyboard zur „Suchreihenfolge“
2.1 Mr. X
In diesem Tutorialvideo soll erläutert werden, wie
die IT Fleißig GmbH-Mitarbeiter vorgehen sollen,
wenn sie nach Informationen in der Kundenaktivitäten-Community suchen. Um schnell an ihr Ziel zu
kommen, können sie nach den Empfehlungen aus
der Guideline, der sogenannten Suchreihenfolge,
vorgehen.
In der gesamten Schulung, vor allem in den Tutorialvideos, fungiert Mr. X als Leitfigur und begleitet die
Teilnehmer durch die einzelnen Module.
Abb. 11: Leitfigur Mr. X
Grundgedanke bei der Leitfigur Mr. X war, dass
dieser ebenfalls bei IT Fleißig GmbH in der TechSales Abteilung tätig ist, aber mit der Connections
Plattform nicht immer zurechtkommt. Als Superheld
optimiert er die Prozesse auf der Plattform und stellt
die Ideen zu einer effizienten KundenaktivitätenCommunity vor.
Abb. 13: Storyboard „Suchreihenfolge“
2.2 Präsentationen zu den Tools: Wiki, Dateien
und Foren
Die Präsentationen beziehen sich auf das e-Learning Modul 1. Sie dienen dazu, dass sich die Seminar-Teilnehmer den Einsatz der Tools in der Kundenaktivitäten-Community selbstständig aneignen.
Auf der Connections Plattform kann man die erweiterte Suche nutzen und abhängig von der Intention der Suche, verschiedene Filter einsetzen. Für
Suchprozesse in der Kundenaktivitäten-Community
wird empfohlen, entweder dokumentbezogen oder
personenbezogen zu suchen.
Der Aufbau und das Layout der Präsentationen
sind stets einheitlich. Sie enthalten alle Informationen zur optimalen Nutzung, Vor- und Nachteile,
ein Beispielvideo sowie die Aufgabenstellung.
Abb. 12: Auszüge aus den Präsentationen zum e-Learning Modul 1
Abb. 14: Flow Chart zur Suchreihenfolge
35
Wenn Mr. X beispielsweise nach einem Protokoll
von einem vergangenen Kundentermin bei der
Firma XY sucht und sich an den Empfehlungen
aus der Guideline orientiert, dann weiß er, dass
Protokolle im Dokumentationsratser eingepflegt
beziehungsweise verlinkt werden. Des Weiteren ist
ihm bekannt, dass sich das Dokumentationsraster
im Wiki befindet. Mr. X geht also in das Wiki der
Firma XY und sucht dort nach den Schlagworten
„Protokoll“, „Firma XY“ und eventuell nach dem
Thema des Kundentermins etc. Wichtig ist auch,
dass alle Tags bei der Suche berücksichtigt werden
und so das Auffinden von Informationen erheblich
erleichtert wird.
Falls Mr. X sich erst einmal generell über den
Kunden Z informieren möchte, kann er personenbezogen suchen. In der Kundenaktivitäten-Community
öffnet er das Wiki, in welchem die Ansprechpartner
zu den jeweiligen Kunden alphabetisch geordnet
sind. Dort findet er Frau Meyer als Ansprechpartnerin für den Kunden Z. Anschließend sucht Mr. X
nach Frau Meyers Profil und öffnet, wenn er dies
gefunden hat, die Liste der Veröffent-lichungen von
Frau Meyer. Nun hat er sein Suchfeld schon erheblich eingegrenzt und kann nun hier genauere Informationen zum Kunden Z suchen. Bei der personenbezogenen Suche werden ebenfalls die gesetzten
Tags berücksichtigt.
[7]
Raabe, A. (2007). Social Software im Unternehmen: Wikis
und Weblogs für Wissensmanagement und Kommunikation.
Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller.
[8]
Gröne, J., Köhler, J., Leimeister, J., Luthardt, L., Pabst, A., &
Schneider, A. (2011). Übernahmen aus dem unveröffentlichten
Feinkonzept für den DNUG e.V. (Auftraggeber anonymisiert),
Wiki-Dokument. Fachgebiet Kommunikationswissenschaft,
TU Ilmenau.
[9]
Robes, J. (2011). Aktuelle Trends im Microlearning:
Learning Nuggets – Wunsch und Wirklichkeit. Personal
führung 2/2011 – Microlearning und Edutainment. Düsseldorf:
Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP e.V.),
50-53. Abgerufen 19.01.2013 von http://www.weiterbildungs
blog.de/wp-content/uploads/2011/01/learning-nuggets.pdf
[10]
Kodak – Eastman Kodak Company (2009). Social Media Tips.
Sharing lessons learned to help your business grow.
Abgerufen 21.01.2013 von http://www.kodak.com/US/images/
en/corp/aboutKodak/onlineToday/Social_Media_9_8.pdf
[11]
Bohn, R., Klindworth, T., Majchrzak, I., & Wiebe, A. (2012).
Übernahmen aus dem unveröffentlichten Feinkonzept für die
IT Fleißig GmbH (Auftraggeber anonymisiert), S. 3-7,9,27-31.
Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, TU Ilmenau.
Literatur
[1]
Schirmer, H. (2012). Warum große Firmen Social Media brauchen. Abgerufen 17.01.2013 von http://www.haraldschirmer.
de/2012/11/21/warum-grose-firmen-social-media-brauchen/
[2]
Lemme, D. (2012). Auszug aus einem persönlichen
Erfahrungsbericht.
[3]
Heerwagen, D., Kalka, R., Reinhart, P., Schwella, A., &
Töppe, H. (2010). Übernahmen aus dem unveröffentlichten
Feinkonzept für die Gebäude Glücklich GmbH (Auftraggeber
anonymisiert), S. 1-3,8-9,13,15,21-22,31-33. Fachgebiet
Kommunikationswissenschaft, TU Ilmenau.
[4]
Janisch, H.-J. (2009). Einsatz von Social Software in einem
Unternehmen am Beispiel der Motiondata Software GmbH.
Norderstedt: GRIN Verlag.
[5]
Back, A., Gronau, N., & Tochtermann, K. (2008). Web 2.0 in
der Unternehmenspraxis – Grundlagen, Fallstudien und
Trends zum Einsatz von Social Software. München:
Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH.
[6]
Koch, M., & Richter, A. (2009). Enterprise 2.0 – Planung,
Einführung und erfolgreicher Einsatz von Social Software in
Unternehmen. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag.
36
Didaktische Produktion und professionelle Medienarbeit
Vom Workflow zum „Flow at Work“
von Hans-Ulrich Werner
Prof. Dr.
Hans-Ulrich Werner
1. Einführung
2. Didaktische Medienproduktion: Beispiele
Didaktische Produktion und professionelles
Handeln für Medien sind eng verwoben. Übungsarbeiten markieren wichtige Lernphasen in der
Ausbildung und Erfahrungsschritte für die Praxis.
„Learning from the Masters“ (so der Titel eines
amerikanischen Buches über Filmproduktion) hat
den Charakter von Werkstattausbildung, als Weitergabe des eigenen, manchmal nur impliziten Wissens aus konkreten Problemen und Produktionen.
Akademische Projekt- und Abschlussthemen entfalten mehr Raum für die eigenen Konzeptionen und
kreativen Themenwelten. Es entstehen phantasievolle Formate, die Grenzen überschreiten und trotzdem in ihrer selbst gewählten Komplexität auf professionelle Praxis vorbereiten. Dort dominieren festgelegte Produktionsmodelle, die routiniert und immer
auch als Unikat entstehen. Erfolgreiche Medienpraxis ist Ziel und Vorbild für Lernende, deren weiter
gefasster Horizont aber auch experimentelles Arbeiten und damit unerforschte Lösungen beinhaltet.
Im konkreten Handlungsfeld Medien und Informationswesen (M+I) an der Hochschule Offenburg
steht die Medienproduktion – von der Konzeption
bis zur Gestaltung – im Zentrum. In Labors und
AV-Studios, Projekten und Experimenten, Abschlussarbeiten und Forschungen werden praxisorientierte Lösungen erarbeitet und auch neue
Formate wie im Windkanal entworfen. Fachwissenschaften umgeben solche Workflows als Bezugssystem; Interdisziplinarität vernetzt sie als Medien
in der Bildung mit der PH Freiburg, ja als „Bildung
im Neuen Medium“, eine Perspektive, die wachsen
soll [4].
In der Lehre erweitern sich solche Pole zur Triade,
wie in der dicht entwickelten Mediendidaktik von
Kerres [1], der einem umfangreichen Leitfaden
folgt. Auch zum professionellen Handeln gehören
also die Reflexion über die Lernkonzepte selbst,
über Medienkonfigurationen, Expertenwissen und
E-Learning-Systeme. Dafür nimmt sich berufliche
Praxis oft zu wenig Zeit. In einer Masterstudie für
die Weiterbildungs-Universität Krems konnten wir
erkennen, dass in Studien der Mediengestaltung,
das Knowhow der (Vor)Produktion von Inhalten und
die Online-Qualität von E-Learning auseinander
driften. Das ist ein Hinweis darauf, auch Lernmedien
mehr in ihrer Ästhetik zu stärken und sie mit dem
vitalen Enthusiasmus professioneller Medienproduktion zu überformen [2]. In solcher Perspektive
fallen Lehr-und Lernprozesse und praktische Herstellung bewusster zusammen, bis zur „Interdisziplinarität als Grundlage des Online-Lernens“:
„Durch neue pragmatische Sichtweisen trägt die
Medienproduktion zur wissenschaftlichen Reflexion
von Produktionsaspekten des Online Lernens bei
und untersucht E-Learning-Produkte in der Medienproduktforschung“ [3].
Herstellungspraxis an einer Hochschule wie für die
Kreativindustrie ist aber selten von Theoremen geleitet, eher von Modellen verdichteter Erfahrung.
Medienproduktion ist konzentriert auf Ideen und
Themen, ihre Akteure und Werkzeuge, Produkte,
Abläufe und Strukturen. Technologie, Organisation
Ästhetik und Reflexion wirken zusammen, auch intermedial für die zunehmende Cross-Media-Praxis.
Diese umfasst ein Spektrum von Schrift, Bild und
Photographie hin zu zeitbasierten Formen in Film,
TV und Animation, sowie in audiovisueller Komposition und Medienkunst. Dabei ist der „Acoustic
Turn“ in der Medien- und Kulturwissenschaft noch
eher verhalten [4]. In den Synopsen der Workflows im „Handbuch Medienproduktion“ [5] lassen
sich Sound und Design aber mit Gewinn in einer
mittleren, vermittelnden Position sowohl eigene
Klangsprache verstehen, wie auch synergetisch
als Dienstleister zu allen anderen Medien, auch zu
jenen, die wir noch nicht kennen.
Dafür ist auch der theoretische Ausdruck Intermedialität behilflich, als anregender Schirmbegriff
der Kulturwissenschaft zwischen Gattungen und
Genres [6]: Im Längsschnitt, aus dem Medien
historisch entstehen und vergehen; im aktuellen
Querschnitt als reiche Fülle möglicher Formate
von der Photographie zu Virtualität und Simulation.
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Intermediales Gestalten wird dann zum doppelten
Prozess: In den Medien als Transfer der Gestaltungskraft von einer Schicht zur anderen und
als Zentrum von Produktions-, Lern- und systematischer Wissenskultur, die angewandt wie auch
anwendbar ist.
Medienbausteine und Einsatz
stehendes Kunstbild
Grafik
Schirft/Text
Typografie
reales Standbild
Ton, Klang, Sprache
Fotografie
Audio
j
j
(auditive/audiovisuelle Medien)
(+ interaktive Medien, Web, Multimedia)
Print und PDF
mobile Dienste
digitale Produktion
Computer/Netzwerke
„Jederzeit - Überallmedien“
Mobilkommunikation
bewegtes Realbild
Film, Video
zeitbasierte Medien
statische Medien (Print, z.T. Web)
Internet/Web, Intranet
bewegtes Kundtbild
Animation
Film, TV
auditive Medien
Podcast, Video-Podcast
Abb. 2: Interdependenzen und das Sensorama als
interaktive Installation [9]
Handy-TV
Abb. 1: Medienelemente und ihre Übergänge (nach Ralf Lankau,
Grafikwerkstatt Hochschule Offenburg 2012)
In einem Medienkunstbeispiel der Offenburger
Hochschule präsentierte 2007 das „ProjektionsAreal e.V.“ seine „Interdependenzen“. Zum Leitthema „Mensch und Raum“ wurden Exponate von
klassischer Malerei bis zur interaktiv-medial erfahrbaren Umwelt ausgestellt. Bekannt wurde das
audio-visuelle Künstlerkollektiv um Markus Joos
und Daniel Klotz mit Beiträgen zur Ausstellung
„CoolHunters“ (2005) am ZKM Karlsruhe. Das
Konzept von „Interdependenzen“ entwickelte daraus
ein breit gefächertes Netz medialer Möglichkeiten
aus Graffiti, Fotografie und Illugrafie bis zu experimentell-interaktiven Räumen. Die zentrale Komponente bildet das „Sensorama“, eine Rauminstallation auf auditiv-visueller Basis. Das Verhalten der
Besucher zueinander steuert die Atmosphäre und
die Projektionen mit acht Beamern und acht Tonkanälen. Die Wechselwirkungen werden durch die
Nutzer erfahrbar und können spielerisch variiert
werden. Störungen beim Eintritt in den Sinnes- und
Medienraum sind Chancen für ungekannte Permutationen und Möglichkeiten von Bildprojektoren,
vielfältigen Klangspuren und Hörweisen, von Zufällen in Bewegung und Begegnung. Medienkunst
als Hochschulprojekt macht dabei doppelt Sinn, um
den Workflow für Medien mit dem Bewusstsein für
das Werden der Mediensysteme insgesamt zu verbinden. Die Idee ist, dass wir in jeder Produktion
die Entwicklung von Mediensphären als Ganzes
abbilden und auch erleben, als Zusammenspiel von
Geräten, Verfahren und theoretischen Diskursen.
Im Motto des Mediologen und Kulturforschers
Frank Hartmann findet das so einen Ausdruck: „Mit
den Veränderungen der Praxis ändert sich auch die
Theorie, deren Aufgabe es ist, eine Problemsicht zu
entwerfen – nicht Antworten zu liefern, sondern die
richtigen Fragen zu finden [8].
3. Medienwissenschaft für die Praxis und umgekehrt
Medienforschung widmet sich konkreten Produktionsräumen nur wenig, obwohl sich in Studios
und an den Workstations die Medialität und Mentalität der Akteure besonders intensiv verkörpert.
Montage ist der zentrale Entstehungsprozess
der Medienwelt und wie Hörspielregisseur Detlev
Ihnken in seiner Dissertation schreibt, immer zugleich auch ein „Labor der Emotion“ [10]. Erst an
wenigen Universitäten und Hochschulen gibt es
dafür Angewandte Medienwissenschaften, wie
in Ilmenau oder an der ,ifs‘, der ,internationalen
filmschule‘ in Köln. In ästhetisch-künstlerischer
Dimension wirkt dort Gundolf Freyermuth auf die
Ausbildung der Regisseure, Drehbuchautoren und
Produzenten, mit intensiver Reflexivität des zukünftigen Medienfeldes [11]. Ganz anders entfaltet sich
Medientheorie in der Grundlagenforschung aus
Kultur- und Geisteswissenschaften. Dabei widmen
sich die Studien kaum den konkreten Produktionsmethoden, sondern komplex montierten Diskursanalysen und Wissenskonstruktionen. Empirische
Publizistik wiederum untersucht als Kommunikations- und Sozialwissenschaft besonders strukturelle Bedingungen in Mediensystem und Aussagenproduktion. Als Kommunikatorforschung hat sie hier
seit Maletzkes ,Psychologie der Massenkommunikation‘ [12] ihren Stellenwert gefunden. Seltener
sind dabei gestaltungsorientierte Arbeiten, wie
über die TV-Cutterinnen von Renate Holy [13] oder
zu den Musikjournalisten wie bei Günter Kleinen
[14]. Bruno Latour, mit seiner für die Medienwissenschaften einflussreichen Akteurs-NetzwerkTheorie [15] und seinem prägnanten Slogan „Follow
the actors“, bezieht sich daher oft und positiv auf
den amerikanischen Kunstsoziologen Howard
S. Becker, der selbst Musiker, Schriftsteller und
Photograph ist. Er hat in seinen „Art Worlds“ [16]
mediale und künstlerische Gestaltung als kooperativen und handwerklichen Prozess thematisiert.
38
In seinem klassischen Text gelingt es ihm,
den Mythos von Kunstdeutung auf die Ebenen
von Werkzeugen und praktischem Handeln
zurückzuführen, weit vor das Genie und
die Wertschätzung durch öffentliche Kritik:
„Integrated professionals have the technical abilities, social skills and conceptual apparatus necessary to make it easy to make art“ [16].
Abb. 3: Howard S Becker am Jazzpiano, Praxis und
Reflexion seit mehr als 70 Jahren [16]
Auch im Bild der Mediologie [18] gerät die materielle, technische Basis der Medienarbeit besonders in den Blick. Sie wird ebenso wie das wachsende praxisbasierte Forschen in Design und
Kunst in ihrem Wert für eine Medienwissenschaft
unterschätzt, in der Forscher, Vermittler, Lernende
und Macher direkt am Ort der Herstellung kooperieren. Dort verbinden sich das Handeln, die Produkte sowie der (autoethnographische) Umgang
mit eigener Kompetenz und Erfahrung. Oft finden
sich solche Zugänge an Kunst- und Musik-Universitäten. Lernen und Lehren bilden dort eine experimentierende Ebene, um Werke und Formate unabhängig vom Markt zu entfalten und sich doch darauf
vorzubereiten [19]. Oder mit den Worten von Henk
Borgdorff, dem steten Beobachter der künstlerischen Forschung: „Künstlerische Praxis – sowohl
das Kunstobjekt als auch der kreative Prozess –
verkörpert eingebettetes, implizites Wissen, das mit
Hilfe von Experimenten und Interpretationen offenbart und artikuliert werden kann“ [20].
4. Fundierung der Medienproduktion
Die auf Produktion von Medien gerichteten Studiengänge in Deutschland und im Ausland suchen
nach Dialogen zwischen Theorie und Praxis
einer neuen Disziplin der Medienproduktion.
Die Publikation „Medienproduktion“ von Heidi
Krömker und Paul Klimsa [5] verringert Distanzen dazwischen als Marker einer interdisziplinären Produktionswissenschaft auf dem Wege.
Herausgeber und Fachautoren formulieren forschend-reflektiert und handlungserfahren zugleich.
Herstellungsalltag oft auf Pragmatik konzentriert,
wird vielfältiger und transparenter durch Kunstund Gestaltungslehre, Wirtschaftskunde und Jura,
Kommunikations- und Medienwissenschaft, Informations- und Medientechnik: „Da wir als Herausgeber des Handbuchs selbst interdisziplinär arbeiten, wissen wir, wie bedeutsam die Kooperation
zwischen jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen
im Feld der Medienforschung ist. Erst das Zusammenspiel von Technik, Organisation und Inhalt
schafft ein fruchtbares Feld für Innovationen“ [5].
Das Ilmenauer Modell wirkt aber auch wie eine
Widmung an die unermüdlichen Akteure in allen
Medien und an deren noch unterschätztes kreatives Potential im Transfer zwischen den Bereichen. Hier vermittelt die synoptische Terminologie
der Produktionsphasen ein Muster, das für Text,
Ton, Bild, Druck oder Web vergleichbar ist. Herstellung entfaltet sich in jedem Bereich ähnlich und
auch ganz eigen, fast wie ein Naturgesetz, von
Idee und Thema über Pre-Produktion, Produktion
und Postproduktion zu Distribution und ermöglichter Rezeption. Zentrale Rolle spielen dabei die
Elemente Content, Technik und Organisation. Die
Studierenden in Ilmenau haben daher das Model
als CTO-Modell benannt und wenden es auf selbst
entdeckte Fragestellungen an [21].
Komplementär fokussierte die Forschungsgruppe
um Nicola Döring die dem vorangehende Planung
und Entwurfsarbeit. Sie legt Grundlagen für eine
noch wenig thematisierte Wissenschaft von der
Konzeption [22]. Diese basiert auch auf frühen
Modellen, wie der „Wissenschaft des Künstlichen“,
durch den Kybernetiker Herbert Simon am MIT
formuliert, von Oskar Wiener übersetzt und kommentiert [23]. Beeindruckend ist das Modellieren
unterschiedlicher Felder, vom Architekten zum Ingenieur, von der Sozialwissenschaft zur Psychologie, und heute in Design und Bildung. Es wirken
die Kunst und Wissenschaft des Entwerfens im individuellen Akteur wie im Workflow als eine übergreifende Logik angelegt, die ganze Kulturen und
Gesellschaften prägen. Die oft implizite Tiefe des
praktischen Knowhow braucht aber auch Brücken
hin zu den Lernenden. Von Donald Schön stammt
der berühmte, nie breit genug eingelöste Slogan
vom „reflective practicioner“, der sein Erfahrungswissen mit expliziten Denkweisen in Labor, Studio,
Betrieb und Lehre verbindet [24]. Damit wächst
aber vielversprechend eine Praxis, die Reflexion
und Erkenntnis auf sich selbst anwendet, während
sie medial handelt, und umgekehrt in die konkreten
Arbeitsfelder die Wissenschaftler nicht nur einlädt
zum Beobachten, sondern zur Mitwirkung und zum
Gestalten [25].
39
In ihrer vorbildlichen Dissertation führt das die
Schweizer Forschungsprofessorin und Designerin
Claudia Mareis als Analyse kreativer Praxis in Begegnung mit akademischer Wissenskultur fort [26].
Entwerfen und Entwickeln ist bei ihr nicht auf Produkte oder Prozesse festgelegt, sie macht sie als
universelle Strategien erkennbar. Sie vergleicht
jetzt als Habilitationsarbeit noch tiefer Methoden
und Formen von Kreativität, als gestalterische
wie wissenschaftliche Erkenntnis. Mit ihren Kolleginnen Gesche Joost und Kora Kimpel hat Claudia
Mareis auch den Sammelband einer neuen Designforschung herausgegeben. Im Titel vom „Entwerfen –
Wissen – Produzieren“ [27] ergibt sich leicht der
Anschluss an künstlerisch-wissenschaftliches
Forschen, bis zur Promotion. Damit ermutigt die
Deutsche Gesellschaft für Designforschung und
Designtheorie kommende Generationen zum
doppelten Blick. So wächst vielversprechend eine
Praxis, die Reflexion und Erkenntnis auf sich selbst
anwendet, während sie medial handelt, und in die
konkreten Arbeitsfelder auch forschend hineinwirkt.
Oder mit Graeme Sullivan, dem einflussreichen
Protagonisten der auch bei uns erst entstehenden
Artistic Research, die sich auf Medienproduzenten
anwenden lässt: „The image of the artist as creator,
critic, theorist, teacher, activist, and archivist partly
capture the range of art practice today“ [19].
5. Kreativität als Katalysator von Medienarbeit
Zusammengehalten werden solche Aktivitäten und
Akteure von der Kreativität als zentrale psychische Energie [28]. Nicht das Produkt allein oder
die wissenschaftliche Innovation sind dabei das
Ziel, sondern die Wege selbst als tiefe Erfahrung
des eigenen Potentials – mit autotelischer Qualität, wie es der Pionier der Flowforschung, Mihaly
Csikszentmihalyi, nennt. In vielen Kulturen hat der
Forscher schöpferische Prozesse untersucht und
sie nicht nur bei Künstlern und Wissenschaftlern,
sondern ebenso bei Bauern, Chirurgen, Bergsteigern oder Arbeitern gefunden. Auch für ihn ist
das Glück des Lebens und der Arbeit kein festes
Ziel, sondern eine Reise, so der fröhliche Gelehrte
aus Kalifornien. Ein Leben lang schon erforscht der
aus Ungarn stammende Psychologe sein Thema
mit Variationen. Entspannung und Hingabe machen
für ihn FLOW aus [29], [30].
‚Flow‘ bedeutet die Balance aus eigenen Stärken
und intrinisischer Motivation. Unterfordern führt in
Langeweile, Überlastung in ungesunden Stress,
so Csikszentmihalyi, und er betont, wie wichtig das
Design schöpferischer Umgebungen dafür sind.
Statt Potential zu vergeuden, wird durch Flow
(nach Bourdieu) „psychisches Kapital aufgebaut,
wenn die investierte Aufmerksamkeit sich in einem
komplexeren Bewußtsein niederschlägt – in verfeinerten Fähigkeiten, in einem tieferen Verständnis
für ein bestimmtes Thema, in einer intensiveren
Beziehung“ [28].
Inzwischen ist ‚Flow‘ sogar Kern einer neuen Disziplin amerikanischer und internationaler Forschung
geworden: Als die auch in Europa gut aufgenommene „Positive Psychologie“ untersucht sie nicht
Störungen und negative Faktoren des Bewusstseins, sondern fördernde Momente entlang der
ganzen Lebensspanne [31]. Gerade für Lernprozesse und kreative Produktion in und für Medien
sind solche eigenaktiven Momente sehr wichtig,
Arbeitskulturen aber oft zu strukturell geprägt,
bürokratisch und abstrakt. Sie verschenken intrinsische Motivation und die Chance für offenere,
auch erfolgreichere Organisationen. Damit ergeben
sich für die Arbeitswelt neue Erwartungen danach,
dass Organisationen FLOW-Dimensionen bewusst
gestalten, integrieren und Wirkungsfelder entfalten,
die dem individuellen Tun mehr Raum geben.
6. Mediale und didaktische Produktion im Dialog
Im abschließenden Beispiel wird dies am Medieneinsatz in der Bildung reflektiert. Seit 2011 hat unser
gleichnamiger Partnerstudiengang mit der PH Freiburg begonnen, um didaktische Potentiale aller
Medien zu erproben, aber nicht nur im E-Learning,
genauso im Dokumentarfilm oder in der Radioarbeit. In Offenburg ist das Radiomachen intensiver
Teil des Curriculums, freiwillige Aktivität von Studierenden sowie Element von Öffentlichkeitsarbeit und
schulischer Medienpädagogik. Noch wenig ausgeprägt ist diese Medialität in und für die Wissenschaften selbst. In einem Pilotprojekt geht es um
radiophone, audiovisuelle und trimediale Nutzung
für alle Disziplinen und Felder der Hochschule. Ein
fachliches Thema erhält also didaktische, institutionelle, journalistische und inhaltliche Umsetzungen,
die von einer gestalterischen bis hin zu einer künstlerischen Kompetenz vertieft werden können.
Mediale Kreativität bewirkt dabei beides: Sie ist
Dienstleister und Impulsgeber, aber auch beteiligt an der „Fabrikation von Erkenntnis“, wie es die
Soziologie für wissenschaftliche Labore beschreibt
und auf Medien übertragbar macht [32].
40
Didaktische
Umsetzung
Institutionelle
Umsetzung
Journalistische
Umsetzung
Produktion von
Produktion von
Produktion von Beiträgen
wissenschaftlichen
Imagefilm, Werbespot,
für den Einsatz in der
Beiträgen über die
oder weitere PR-Beiträge
Lehre in den
Themen der Hochschule
für die Website
Fakultäten/als Beispiel
für das Fachpublikum,
der Fakultäten,
für Medien in der
z.B. für eine
der Hochschule, für
Bildung/oder für die
wissenschaftliche
Werbekampagnen usw.
Schulen. Beispiel:
Nachrichtensendung
Audiovisuelle Tutorials,
oder für die Website
Lernmaterial usw.
einer wissenschaftlichen
Publikation.
Einsatz:
Lehre in den
Fachbereichen/
„Medien in der
Bildung“/Schulen
Einsatz:
Marketing/
Öffentlichkeit
Einsatz:
Massenmedien/
Fachpublikum/OHR
Wissenschaftliche
Umsetzung
Beobachtung und
Dokumentation des
Projekts anhand
qualitativer Methoden
für die Publikation eines
gemeinsamen Artikels
über den Prozess.
Studenten publizieren
gemeinsam mit allen
Akteuren des Prozesses.
„Forschendes Lernen“
Einsatz:
Akademie
Abb. 4: Mehrdimensionales Modell für das Campusradio Offenburg [7]
Für kommende Semester wird ein Wahlfach „WissensMedien – Vom Radio zur Trimedialität“ angeboten, das vom Hochschulradio organisiert und
unterstützt wird. Produktionen der Studierenden
werden für die Lehre nutzbar. Sie sind auch gedacht
für Öffentlichkeitsarbeit, die Didaktik einzelner
Fächer und für laufende Sendungen, gemeinsam
mit dem PH-Radio in Freiburg und dem regionalen
Radio OHR im Programm. Sowohl für die TeilnehmerInnen im Projekt wie für alle Studierenden
und Lehrenden an der Hochschule wird parallel
zu den redaktionellen Prozessen und Erfahrungen
eine ,Wissenslandschaft über die Wissensmedien‘
aufgebaut, gemeinsam mit dem Informations- und
E-Learningzentrum. Die Entwicklung des Themas
im Hochschulalltag ist ein fließender Übergang
von der oft nur persönlichen Themenauswahl der
Studierenden zu neuen redaktionellen Schwerpunkten: Es geht künftig darum, Wissensthemen
aufzubereiten und sich an neue, anfangs schwerverständliche Gebiete zu wagen. Gleichzeitig
erweitert sich potentiell der Kreis der Medienmacher: Berichterstatter und Erzähler aus allen
Wissensgebieten können sich das praktische Knowhow in offenen Kursen erarbeiten und im Team mit
Medienstudierenden gestalten. Unterschätzt wird
in bisherigen Beiträgen oft die Möglichkeit, die
eigenen Gestaltungsmittel zu erweitern, statt sie
an gängigen Formaten privater oder kommerziell
orientierter Sender auszurichten.
Gerade von Studierenden aus dem mediendidaktisch fachlichen Master ,Medien in der Bildung‘, wie
in den benachbarten Masterprogrammen mit Überschneidungen zur didaktischen Medienproduktion
ist ein doppelter Blick und Zugang denkbar, durch
vorbildliche Produktionsmuster und deren gleichzeitiger Reflexion: Eine „transdisziplinäre Offenheit“ nicht nur für die Bezugswissenschaften, die
um die zentrale Medienproduktion gruppiert sind,
sondern auch mit Leerstellen für Neues in der Forschung, in der Produktion und immer wieder auch
dazwischen: „Am Ende entsteht kein Produkt nur
nach den ursprünglichen inhaltlichen Intentionen
des Autors, sondern ein Produkt, das entsprechend
dem Produktionsprozess modifiziert ist. Diese
organisatorische Modifikation auf verschiedenen
Stufen des Produktionsprozesses kann (muss aber
nicht) den Contentproduzenten bewusst sein. In
der Produktionspraxis wird sie genauso oft in allen
ihren Implikationen unterschätzt, wie später auch in
der wissenschaftlichen Reflexion“ [3].
41
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42
Medienpädagogik im Diskurs
Unter dem Motto „Back to the roots – into the learning future!“ fand das
10. EduCamp an der TU Ilmenau statt
von Anne-Kathrin Pabst
Anne-Kathrin Pabst
Vor dem Hintergrund, Experten mit Studierenden
zusammenzubringen, um über die Trends des
Online-Lernens zu diskutieren, entstand die
Idee des EduCamps. Dieses stellt eine spezielle
Form des BarCamps dar, einer sich größtenteils
selbst organisierenden „Mitmach-Konferenz“,
bei der der Schwerpunkt auf medienpädagogischen Fragestellungen und neue Methoden und
Möglichkeiten des Lehrens und Lernens liegt.
Dabei wird vor allem der Einsatz von Medien im
Bildungskontext an Schulen, Hochschulen und
in Unternehmen betrachtet.
Im Oktober 2012 fand das EduCamp bereits zum
zehnten Mal statt. Das Jubiläums-Camp wurde gemeinsam mit dem VC-Campus und dem Young Entrepreneurship Research Colloquium (YERC) vom
18. bis 21. Oktober als gemeinsame Veranstaltung
gründen.lernen.wissen. an der Technischen Universität Ilmenau veranstaltet.
Dabei erhielten Teilnehmer aus den Bereichen der
Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft die einmalige
Chance, zu netzwerken, zu lernen und über den
Tellerrand zu blicken. Binnen vier Tagen konnte
jeder Teilnehmer Eindrücke zu den Perspektiven
und Erkenntnisse anderer Bereiche zum Thema
Unternehmensgründung und zu den Trends im Bildungsbereich gewinnen.
Das EduCamp läuft dabei allerdings nicht wie eine
klassische Konferenz ab: Die Themen werden nicht
von den Organisatoren im Vorfeld vorgegeben,
sondern vor Ort von den Teilnehmern selbst vorgestellt und ausgestaltet. „Jeder der Teilnehmer
ist dazu aufgefordert, ein eigenes Thema einzubringen, über das er gern referieren bzw. diskutieren
möchte. Dies kann dann während des EduCamps
durch Vorträge, Workshops, Diskussionsrunden
und auch jede andere Methode des (wissenschaftlichen) Austausches realisiert werden“, so Jennifer
Leimeister, Mitorganisatorin der Veranstaltung. Anschließend werden die so festgelegten Sessions
auf dem Tagesplan und die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten verteilt.
Abb. 1: Befüllen des Sessionplans
So wurde beim zehnten EduCamp beispielsweise
über die Nutzung von Etherpads an Hochschulen
oder den Einsatz von Sketchnotes diskutiert. Auch
fanden Themen wie Selbstgesteuertes Lernen, Unterrichtsgespräch 2.0, E-Portfolios, Podcasts, Bildungsutopia oder Reformschulen großen Anklang.
In der Session „Visuelle Medien im Unterricht –
Conceptboards, Tablets, Smartboards“ wurde das
browserbasierte Tool „Conceptboard“ vorgestellt,
welches für das kollaborative Arbeiten in Gruppen
geeignet ist. „Warum aber soll eine neue Software
genutzt werden, wenn viele Schulen bereits im
Besitz von Smartboards sind?“, so einige Stimmen
aus der Sessionrunde. Der wesentliche Vorteil des
Conceptboards liegt in der Möglichkeit, auch von zu
Hause an Projekten weiterarbeiten zu können. Der
Praxistest einer anwesenden Lehrerin, die dieses
Tool bereits genutzt hat, bekräftigt die Vorteile des
Conceptboards. Derzeit ist allerdings nur eine Online-Nutzung möglich – Schulen sind meist nicht in
der Lage, eigene Concept-Server bereitzustellen.
43
Organisiert wurde die Veranstaltung neben den
Verantwortlichen der drei Teilveranstaltungen
auch von Studenten der TU Ilmenau im Rahmen
verschiedener Lehrveranstaltungen und weiteren
Freiwilligen. Die Vorbereitungen starteten bereits
Anfangs 2012 mit dem Fundraising. Jennifer Leimeister beschreibt das Event als „eine große Herausforderung an die Zusammenarbeit im Team, da
bei der Planung des Events auf alle Auftraggeber
und deren Wünsche und Vorstellungen eingegangen werden musste, was nicht immer einfach
war.“
Abb. 2: Diskussionen im Audimax
Gespannt wurde abgewartet, wie die aktive Podiumsdiskussion zum Thema „Versandet die Bildungsbranche in Ideenlosigkeit“ angenommen
wurde. Bei der Diskussion wurde das FishbowlFormat angewandt, bei dem jeder aus dem Publikum die Chance hatte, einen der Sitze auf dem
Podium zu besetzen und seine Meinung zu äußern.
Auffällig ist, dass diejenigen, die schon öfter dabei
waren, anfangs etwas offener sind. Neulinge beobachten größtenteils zunächst das Geschehen.
„Das legt sich aber schnell, denn zu den meisten
Themen hat jeder eine eigene Meinung“, stellt Jennifer Leimeister fest.
Am EduCamp kann jeder, der Interesse hat, teilnehmen. Auch dieses Jahr zeigte sich wieder, dass
vom Erstbesucher bis zum Urgestein jeder vertreten war, was sehr wichtig für die Veranstaltung
ist, denn wie Jennifer Leimeister betont: „Durch die
Teilnahme der EduCampler lebt das Camp“.
Ergebnisse und Informationen zum EduCamp sind zu finden unter:
http://educamp.mixxt.de/
Das nächste EduCamp findet vom 12. bis 14. April in Hamburg statt.
Abb. 3: Bildungsutopia-Session
44
Manfred Spitzer (2012): „Digitale Demenz“
„Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“
Eine Buchbesprechung von Paul Klimsa
Prof. Dr.
Paul Klimsa
„Wird das Gehirn gebraucht, wächst es, wird es
nicht benutzt, verkümmert es“, so die Eingangsthese von Manfred Spitzer, des Ulmer PsychiatrieProfessors, der in seinem Buch unter dem Titel
„Digitale Demenz“ den Nachweis führen will, wie wir
uns selbst und unsere Kinder mit der Nutzung digitaler Medien um den Verstand bringen. Der Autor
will „ein sehr unbequemes Buch“ schreiben. Es ist
also in dieser kurzen Besprechung zu klären, wie
und für wen das Buch unbequem sein könnte?
In der Neuro-Wissenschaft besteht seit langem ein
Konsens: Das Gehirn ist ein anpassungsfähiges
Organ, dessen Entwicklung von den Interaktionen
mit der Umwelt abhängt. Ein Beispiel der Londoner
Taxifahrer, deren Hypocampus nachweislich –
offenbar unter dem Einfluss ihrer beruflichen
Aufgabe – wächst, soll diese These in Kapitel
eins gut belegen. Im folgenden Kapitel wird uns
dann erklärt, wie das Gehirn funktioniert. Aber
die hier leichtverständlich zusammengefassten
Forschungsergebnisse, einige Anekdoten und
manche Skurrilitäten helfen wenig, die Komplexität des einzigartigen Organs zu begreifen. Vielmehr ist der Autor bemüht, den Lesern das Prinzip
des geistigen Abstiegs, der Demenz, zu erklären.
Obwohl das Kapitel mit dem Krankheitsbild der
Demenz beginnt, erläutern die Ausführungen nicht
die Krankheit, sondern sollen belegen, dass ohne
aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt keine
geistige Leistungsfähigkeit möglich ist. Die Demenz
ist lediglich eine Metapher, wobei allerdings die
Frage unbeantwortet bleibt, wie sich ein Mensch
mit der Umwelt, in der er lebt, – dazu gehört
natürlich ebenfalls die digitalisierte Medienumwelt –
nicht auseinandersetzen kann?
Um die Metapher der Demenz doch noch aufrechtzuerhalten, sucht der Autor einige einseitige
Beispiele, die allesamt nachweisen sollen, wie
unsinnig man digitale Medien in der Bildung und
überall sonst einsetzt. Erneut wird eine zentrale
Frage ausgeklammert: Konnten die Medien früher
und können die digitalen Medien heute ohne Verankerung der Medienkompetenz im System Bildung
irgendwas verbessern? Es stimmt natürlich, dass
digitale Medien allein das Lernen nicht erleichtern.
Die Pädagogik weiß das seit über 30 Jahren. Mit der
Notwendigkeit einer Reform des Bildungssystems
setzt sich der Autor trotzdem nicht auseinander.
Es reicht ihm im Wesentlichen zu zeigen, dass
Informationstechnik keine überragende Lernerfolge
herbeigeführt hat. Will man über das zweckmäßige
pädagogische Handeln mehr wissen, muss man
auf ernsthafte Forschungsergebnisse zugreifen,
wie beispielsweise auf die Studie von John Hattie,
die zeigt, welche Faktoren das Lernen fördern und
welche es hemmen (vgl. „Visible Learning“ 2008)
oder auf Erkenntnisse weiterer Wissenschaftlern
(vom G. Hütter, E. Stern bis G. Roth), die seit Jahren
differenzierte Analysen vorlegen. Kritik verlautet
vom Autor auch u.a. gegen soziale Netzwerke oder
gegen Auslagerung des Wissens in „eine Wolke“,
womit eine virtuelle Informationsumgebung gemeint
ist. Kritikwürdig sind nach der Ansicht des Autors
zudem solche Entwicklungen wie BabyTV, DVDs für
Kleinkinder, Laptops im Kindergarten oder digitale
Spiele. Durch Multitasking, d.h. durch die gleichzeitige Nutzung von verschieden Medien, wird die
Aufmerksamkeit der Nutzer zudem stark gestört.
Auch in diesem Fall ist es sinnvoll, die Thesen des
Autors zu hinterfragen und durch weiterführende
Forschung der Neurowissenschaft und der Pädagogik zu vertiefen (vgl. u.a. Herrmann, U. (Hrsg.,
2006). Neurodidaktik. Grundlagen und Vorschläge
für gehirngerechtes Lehren und Lernen. Weinheim/
Basel: Beltz.).
Dem Autor reichen wenige negative oder verkürzt
interpretierte Beispiele, um die Folgen der Nutzung
digitaler Medien als verehrend einzustufen. Schlaflosigkeit, Depression und Krankheiten sind fast
zwangsläufig, führt er aus. Die Krankheiten peinigen
dabei nicht erwachsene Menschen, sondern treffen
Kinder, bei denen sich im Laufe der kommenden
Jahre alle gesundheitlichen Schäden kumuliert
haben werden. Manfred Spitzer übersieht jedoch,
dass seine Kritik an den digitalen Medien randständig bleibt. Kommunikation und digitale Kommunikationsmedien sind aus unserer Gesellschaft
nicht einfach wegzudenken oder abzuschaffen.
45
Genauso wenig wie Automobile, Energiewirtschaft
oder Krankenhäuser. Die Probleme liegen nicht
so sehr in den Werkzeugen der Kommunikation
selbst, sondern in ihrer durch gesellschaftliche Umstände bedingten Nutzung. Wenn Kinder in sozial
schwachen Familien aufwachsen, sind deren
Aufstiegschancen begrenzt. Sie verwahrlosen
manchmal sogar. Stundenlanger Medienkonsum
ist nur einer der Indikatoren dieser Verwahrlosung
und nicht ihre Voraussetzung. Arme Menschen
ernähren sich falsch und sind häufig häuslicher
und schulischer Gewalt ausgesetzt. Im Bildungssystem erfahren die Sozialschwachen immer noch
Ausgrenzung. Indem aber digitale Medien vom
Autor des Buches als schuldig erklärt werden, wird
die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den tatsächlichen Problemen geschickt abgelenkt. Für
den Amoklauf eines Schülers sind dann in Augen
der Politik und der nicht weiter informierten Öffentlichkeit die digitalen Spiele verantwortlich und nicht
etwa die spezielle Situation des Schülers oder das
immer noch – trotz zahlreichen wissenschaftlichen
Erkenntnisse – reformbedürftige Bildungssystem.
Dieses vom Autor gelieferte Erklärungsmuster wird
von Teilen der Politik dankbar aufgegriffen, um
nicht handeln zu müssen. Wenn man sein Wissen
über die Potentiale und Probleme der digitalen
Kommunikation nur aus dem vorliegenden Buch
beziehen wollte, so wäre das medieninkompetent
und unverantwortlich.
Wer in der vorliegenden Publikation erkenntnisreiche Hinweise erwartet, die dabei helfen, mit
digitalen Medien verantwortungsvoll umzugehen,
wird enttäuscht. Wer ohnehin der Meinung war,
dass Kommunikation mit Hilfe digitaler Medien
stumpf und angsteinflößend ist, wird ebenfalls leer
ausgehen. Das Buch ist damit eher überflüssig als
unbequem.
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Impressum
Herausgeber:
Prof. Dr. Paul Klimsa Prof. Dr. Heidi Krömker (paul.klimsa(at)tu-ilmenau.de)
(heidi.kroemker(at)tu-ilmenau.de)
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Dipl.-Ing. Janine Liebal Dipl.-Medienwiss. Oliver Klosa (janine.liebal(at)tu-ilmenau.de)
(oliver.klosa(at)tu-ilmenau.de)
Verantwortliche Redakteure:
Franziska Baier(franziska.baier(at)tu-ilmenau.de)
Katja Nörthen(katja.noerthen(at)tu-ilmenau.de)
Anne-Kathrin Pabst(anne-kathrin.pabst(at)tu-ilmenau.de)
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FG Kommunikationswissenschaft
Institut für Medientechnik
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98693 IlmenauGustav-Kirchhoff-Str. 1
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PF 10 05 65
98684 Ilmenau
Layout:
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Dipl.-Ing. Janine Liebal
(linette.heimrich(at)tu-ilmenau.de)
Fotos:
© by Lisa Luthardt, Ursula Drees und Annabel Schiebol unter Creative Commons-Lizenz
ISSN:
2193-7699
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Redaktionsschluss dieser Ausgabe:
17.02.2013
Verantwortlicher für den Inhalt gemäß § 55 Abs. 2 RStV: Prof. Dr. Paul Klimsa und Prof. Dr. Heidi Krömker
(Anschrift wie oben)
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