Didaktische Produktion und professionelle Medienarbeit
Transcrição
Didaktische Produktion und professionelle Medienarbeit
Didaktische Produktion und professionelle Medienarbeit Vom Workflow zum „Flow at Work“ von Hans-Ulrich Werner Prof. Dr. Hans-Ulrich Werner 1. Einführung 2. Didaktische Medienproduktion: Beispiele Didaktische Produktion und professionelles Handeln für Medien sind eng verwoben. Übungsarbeiten markieren wichtige Lernphasen in der Ausbildung und Erfahrungsschritte für die Praxis. „Learning from the Masters“ (so der Titel eines amerikanischen Buches über Filmproduktion) hat den Charakter von Werkstattausbildung, als Weitergabe des eigenen, manchmal nur impliziten Wissens aus konkreten Problemen und Produktionen. Akademische Projekt- und Abschlussthemen entfalten mehr Raum für die eigenen Konzeptionen und kreativen Themenwelten. Es entstehen phantasievolle Formate, die Grenzen überschreiten und trotzdem in ihrer selbst gewählten Komplexität auf professionelle Praxis vorbereiten. Dort dominieren festgelegte Produktionsmodelle, die routiniert und immer auch als Unikat entstehen. Erfolgreiche Medienpraxis ist Ziel und Vorbild für Lernende, deren weiter gefasster Horizont aber auch experimentelles Arbeiten und damit unerforschte Lösungen beinhaltet. Im konkreten Handlungsfeld Medien und Informationswesen (M+I) an der Hochschule Offenburg steht die Medienproduktion – von der Konzeption bis zur Gestaltung – im Zentrum. In Labors und AV-Studios, Projekten und Experimenten, Abschlussarbeiten und Forschungen werden praxisorientierte Lösungen erarbeitet und auch neue Formate wie im Windkanal entworfen. Fachwissenschaften umgeben solche Workflows als Bezugssystem; Interdisziplinarität vernetzt sie als Medien in der Bildung mit der PH Freiburg, ja als „Bildung im Neuen Medium“, eine Perspektive, die wachsen soll [4]. In der Lehre erweitern sich solche Pole zur Triade, wie in der dicht entwickelten Mediendidaktik von Kerres [1], der einem umfangreichen Leitfaden folgt. Auch zum professionellen Handeln gehören also die Reflexion über die Lernkonzepte selbst, über Medienkonfigurationen, Expertenwissen und E-Learning-Systeme. Dafür nimmt sich berufliche Praxis oft zu wenig Zeit. In einer Masterstudie für die Weiterbildungs-Universität Krems konnten wir erkennen, dass in Studien der Mediengestaltung, das Knowhow der (Vor)Produktion von Inhalten und die Online-Qualität von E-Learning auseinander driften. Das ist ein Hinweis darauf, auch Lernmedien mehr in ihrer Ästhetik zu stärken und sie mit dem vitalen Enthusiasmus professioneller Medienproduktion zu überformen [2]. In solcher Perspektive fallen Lehr-und Lernprozesse und praktische Herstellung bewusster zusammen, bis zur „Interdisziplinarität als Grundlage des Online-Lernens“: „Durch neue pragmatische Sichtweisen trägt die Medienproduktion zur wissenschaftlichen Reflexion von Produktionsaspekten des Online Lernens bei und untersucht E-Learning-Produkte in der Medienproduktforschung“ [3]. Herstellungspraxis an einer Hochschule wie für die Kreativindustrie ist aber selten von Theoremen geleitet, eher von Modellen verdichteter Erfahrung. Medienproduktion ist konzentriert auf Ideen und Themen, ihre Akteure und Werkzeuge, Produkte, Abläufe und Strukturen. Technologie, Organisation Ästhetik und Reflexion wirken zusammen, auch intermedial für die zunehmende Cross-Media-Praxis. Diese umfasst ein Spektrum von Schrift, Bild und Photographie hin zu zeitbasierten Formen in Film, TV und Animation, sowie in audiovisueller Komposition und Medienkunst. Dabei ist der „Acoustic Turn“ in der Medien- und Kulturwissenschaft noch eher verhalten [4]. In den Synopsen der Workflows im „Handbuch Medienproduktion“ [5] lassen sich Sound und Design aber mit Gewinn in einer mittleren, vermittelnden Position sowohl eigene Klangsprache verstehen, wie auch synergetisch als Dienstleister zu allen anderen Medien, auch zu jenen, die wir noch nicht kennen. Dafür ist auch der theoretische Ausdruck Intermedialität behilflich, als anregender Schirmbegriff der Kulturwissenschaft zwischen Gattungen und Genres [6]: Im Längsschnitt, aus dem Medien historisch entstehen und vergehen; im aktuellen Querschnitt als reiche Fülle möglicher Formate von der Photographie zu Virtualität und Simulation. 37 Intermediales Gestalten wird dann zum doppelten Prozess: In den Medien als Transfer der Gestaltungskraft von einer Schicht zur anderen und als Zentrum von Produktions-, Lern- und systematischer Wissenskultur, die angewandt wie auch anwendbar ist. Medienbausteine und Einsatz stehendes Kunstbild Grafik Schirft/Text Typografie reales Standbild Ton, Klang, Sprache Fotografie Audio j j (auditive/audiovisuelle Medien) (+ interaktive Medien, Web, Multimedia) Print und PDF mobile Dienste digitale Produktion Computer/Netzwerke „Jederzeit - Überallmedien“ Mobilkommunikation bewegtes Realbild Film, Video zeitbasierte Medien statische Medien (Print, z.T. Web) Internet/Web, Intranet bewegtes Kundtbild Animation Film, TV auditive Medien Podcast, Video-Podcast Abb. 2: Interdependenzen und das Sensorama als interaktive Installation [9] Handy-TV Abb. 1: Medienelemente und ihre Übergänge (nach Ralf Lankau, Grafikwerkstatt Hochschule Offenburg 2012) In einem Medienkunstbeispiel der Offenburger Hochschule präsentierte 2007 das „ProjektionsAreal e.V.“ seine „Interdependenzen“. Zum Leitthema „Mensch und Raum“ wurden Exponate von klassischer Malerei bis zur interaktiv-medial erfahrbaren Umwelt ausgestellt. Bekannt wurde das audio-visuelle Künstlerkollektiv um Markus Joos und Daniel Klotz mit Beiträgen zur Ausstellung „CoolHunters“ (2005) am ZKM Karlsruhe. Das Konzept von „Interdependenzen“ entwickelte daraus ein breit gefächertes Netz medialer Möglichkeiten aus Graffiti, Fotografie und Illugrafie bis zu experimentell-interaktiven Räumen. Die zentrale Komponente bildet das „Sensorama“, eine Rauminstallation auf auditiv-visueller Basis. Das Verhalten der Besucher zueinander steuert die Atmosphäre und die Projektionen mit acht Beamern und acht Tonkanälen. Die Wechselwirkungen werden durch die Nutzer erfahrbar und können spielerisch variiert werden. Störungen beim Eintritt in den Sinnes- und Medienraum sind Chancen für ungekannte Permutationen und Möglichkeiten von Bildprojektoren, vielfältigen Klangspuren und Hörweisen, von Zufällen in Bewegung und Begegnung. Medienkunst als Hochschulprojekt macht dabei doppelt Sinn, um den Workflow für Medien mit dem Bewusstsein für das Werden der Mediensysteme insgesamt zu verbinden. Die Idee ist, dass wir in jeder Produktion die Entwicklung von Mediensphären als Ganzes abbilden und auch erleben, als Zusammenspiel von Geräten, Verfahren und theoretischen Diskursen. Im Motto des Mediologen und Kulturforschers Frank Hartmann findet das so einen Ausdruck: „Mit den Veränderungen der Praxis ändert sich auch die Theorie, deren Aufgabe es ist, eine Problemsicht zu entwerfen – nicht Antworten zu liefern, sondern die richtigen Fragen zu finden [8]. 3. Medienwissenschaft für die Praxis und umgekehrt Medienforschung widmet sich konkreten Produktionsräumen nur wenig, obwohl sich in Studios und an den Workstations die Medialität und Mentalität der Akteure besonders intensiv verkörpert. Montage ist der zentrale Entstehungsprozess der Medienwelt und wie Hörspielregisseur Detlev Ihnken in seiner Dissertation schreibt, immer zugleich auch ein „Labor der Emotion“ [10]. Erst an wenigen Universitäten und Hochschulen gibt es dafür Angewandte Medienwissenschaften, wie in Ilmenau oder an der ,ifs‘, der ,internationalen filmschule‘ in Köln. In ästhetisch-künstlerischer Dimension wirkt dort Gundolf Freyermuth auf die Ausbildung der Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten, mit intensiver Reflexivität des zukünftigen Medienfeldes [11]. Ganz anders entfaltet sich Medientheorie in der Grundlagenforschung aus Kultur- und Geisteswissenschaften. Dabei widmen sich die Studien kaum den konkreten Produktionsmethoden, sondern komplex montierten Diskursanalysen und Wissenskonstruktionen. Empirische Publizistik wiederum untersucht als Kommunikations- und Sozialwissenschaft besonders strukturelle Bedingungen in Mediensystem und Aussagenproduktion. Als Kommunikatorforschung hat sie hier seit Maletzkes ,Psychologie der Massenkommunikation‘ [12] ihren Stellenwert gefunden. Seltener sind dabei gestaltungsorientierte Arbeiten, wie über die TV-Cutterinnen von Renate Holy [13] oder zu den Musikjournalisten wie bei Günter Kleinen [14]. Bruno Latour, mit seiner für die Medienwissenschaften einflussreichen Akteurs-NetzwerkTheorie [15] und seinem prägnanten Slogan „Follow the actors“, bezieht sich daher oft und positiv auf den amerikanischen Kunstsoziologen Howard S. Becker, der selbst Musiker, Schriftsteller und Photograph ist. Er hat in seinen „Art Worlds“ [16] mediale und künstlerische Gestaltung als kooperativen und handwerklichen Prozess thematisiert. 38 In seinem klassischen Text gelingt es ihm, den Mythos von Kunstdeutung auf die Ebenen von Werkzeugen und praktischem Handeln zurückzuführen, weit vor das Genie und die Wertschätzung durch öffentliche Kritik: „Integrated professionals have the technical abilities, social skills and conceptual apparatus necessary to make it easy to make art“ [16]. Abb. 3: Howard S Becker am Jazzpiano, Praxis und Reflexion seit mehr als 70 Jahren [16] Auch im Bild der Mediologie [18] gerät die materielle, technische Basis der Medienarbeit besonders in den Blick. Sie wird ebenso wie das wachsende praxisbasierte Forschen in Design und Kunst in ihrem Wert für eine Medienwissenschaft unterschätzt, in der Forscher, Vermittler, Lernende und Macher direkt am Ort der Herstellung kooperieren. Dort verbinden sich das Handeln, die Produkte sowie der (autoethnographische) Umgang mit eigener Kompetenz und Erfahrung. Oft finden sich solche Zugänge an Kunst- und Musik-Universitäten. Lernen und Lehren bilden dort eine experimentierende Ebene, um Werke und Formate unabhängig vom Markt zu entfalten und sich doch darauf vorzubereiten [19]. Oder mit den Worten von Henk Borgdorff, dem steten Beobachter der künstlerischen Forschung: „Künstlerische Praxis – sowohl das Kunstobjekt als auch der kreative Prozess – verkörpert eingebettetes, implizites Wissen, das mit Hilfe von Experimenten und Interpretationen offenbart und artikuliert werden kann“ [20]. 4. Fundierung der Medienproduktion Die auf Produktion von Medien gerichteten Studiengänge in Deutschland und im Ausland suchen nach Dialogen zwischen Theorie und Praxis einer neuen Disziplin der Medienproduktion. Die Publikation „Medienproduktion“ von Heidi Krömker und Paul Klimsa [5] verringert Distanzen dazwischen als Marker einer interdisziplinären Produktionswissenschaft auf dem Wege. Herausgeber und Fachautoren formulieren forschend-reflektiert und handlungserfahren zugleich. Herstellungsalltag oft auf Pragmatik konzentriert, wird vielfältiger und transparenter durch Kunstund Gestaltungslehre, Wirtschaftskunde und Jura, Kommunikations- und Medienwissenschaft, Informations- und Medientechnik: „Da wir als Herausgeber des Handbuchs selbst interdisziplinär arbeiten, wissen wir, wie bedeutsam die Kooperation zwischen jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen im Feld der Medienforschung ist. Erst das Zusammenspiel von Technik, Organisation und Inhalt schafft ein fruchtbares Feld für Innovationen“ [5]. Das Ilmenauer Modell wirkt aber auch wie eine Widmung an die unermüdlichen Akteure in allen Medien und an deren noch unterschätztes kreatives Potential im Transfer zwischen den Bereichen. Hier vermittelt die synoptische Terminologie der Produktionsphasen ein Muster, das für Text, Ton, Bild, Druck oder Web vergleichbar ist. Herstellung entfaltet sich in jedem Bereich ähnlich und auch ganz eigen, fast wie ein Naturgesetz, von Idee und Thema über Pre-Produktion, Produktion und Postproduktion zu Distribution und ermöglichter Rezeption. Zentrale Rolle spielen dabei die Elemente Content, Technik und Organisation. Die Studierenden in Ilmenau haben daher das Model als CTO-Modell benannt und wenden es auf selbst entdeckte Fragestellungen an [21]. Komplementär fokussierte die Forschungsgruppe um Nicola Döring die dem vorangehende Planung und Entwurfsarbeit. Sie legt Grundlagen für eine noch wenig thematisierte Wissenschaft von der Konzeption [22]. Diese basiert auch auf frühen Modellen, wie der „Wissenschaft des Künstlichen“, durch den Kybernetiker Herbert Simon am MIT formuliert, von Oskar Wiener übersetzt und kommentiert [23]. Beeindruckend ist das Modellieren unterschiedlicher Felder, vom Architekten zum Ingenieur, von der Sozialwissenschaft zur Psychologie, und heute in Design und Bildung. Es wirken die Kunst und Wissenschaft des Entwerfens im individuellen Akteur wie im Workflow als eine übergreifende Logik angelegt, die ganze Kulturen und Gesellschaften prägen. Die oft implizite Tiefe des praktischen Knowhow braucht aber auch Brücken hin zu den Lernenden. Von Donald Schön stammt der berühmte, nie breit genug eingelöste Slogan vom „reflective practicioner“, der sein Erfahrungswissen mit expliziten Denkweisen in Labor, Studio, Betrieb und Lehre verbindet [24]. Damit wächst aber vielversprechend eine Praxis, die Reflexion und Erkenntnis auf sich selbst anwendet, während sie medial handelt, und umgekehrt in die konkreten Arbeitsfelder die Wissenschaftler nicht nur einlädt zum Beobachten, sondern zur Mitwirkung und zum Gestalten [25]. 39 In ihrer vorbildlichen Dissertation führt das die Schweizer Forschungsprofessorin und Designerin Claudia Mareis als Analyse kreativer Praxis in Begegnung mit akademischer Wissenskultur fort [26]. Entwerfen und Entwickeln ist bei ihr nicht auf Produkte oder Prozesse festgelegt, sie macht sie als universelle Strategien erkennbar. Sie vergleicht jetzt als Habilitationsarbeit noch tiefer Methoden und Formen von Kreativität, als gestalterische wie wissenschaftliche Erkenntnis. Mit ihren Kolleginnen Gesche Joost und Kora Kimpel hat Claudia Mareis auch den Sammelband einer neuen Designforschung herausgegeben. Im Titel vom „Entwerfen – Wissen – Produzieren“ [27] ergibt sich leicht der Anschluss an künstlerisch-wissenschaftliches Forschen, bis zur Promotion. Damit ermutigt die Deutsche Gesellschaft für Designforschung und Designtheorie kommende Generationen zum doppelten Blick. So wächst vielversprechend eine Praxis, die Reflexion und Erkenntnis auf sich selbst anwendet, während sie medial handelt, und in die konkreten Arbeitsfelder auch forschend hineinwirkt. Oder mit Graeme Sullivan, dem einflussreichen Protagonisten der auch bei uns erst entstehenden Artistic Research, die sich auf Medienproduzenten anwenden lässt: „The image of the artist as creator, critic, theorist, teacher, activist, and archivist partly capture the range of art practice today“ [19]. 5. Kreativität als Katalysator von Medienarbeit Zusammengehalten werden solche Aktivitäten und Akteure von der Kreativität als zentrale psychische Energie [28]. Nicht das Produkt allein oder die wissenschaftliche Innovation sind dabei das Ziel, sondern die Wege selbst als tiefe Erfahrung des eigenen Potentials – mit autotelischer Qualität, wie es der Pionier der Flowforschung, Mihaly Csikszentmihalyi, nennt. In vielen Kulturen hat der Forscher schöpferische Prozesse untersucht und sie nicht nur bei Künstlern und Wissenschaftlern, sondern ebenso bei Bauern, Chirurgen, Bergsteigern oder Arbeitern gefunden. Auch für ihn ist das Glück des Lebens und der Arbeit kein festes Ziel, sondern eine Reise, so der fröhliche Gelehrte aus Kalifornien. Ein Leben lang schon erforscht der aus Ungarn stammende Psychologe sein Thema mit Variationen. Entspannung und Hingabe machen für ihn FLOW aus [29], [30]. ‚Flow‘ bedeutet die Balance aus eigenen Stärken und intrinisischer Motivation. Unterfordern führt in Langeweile, Überlastung in ungesunden Stress, so Csikszentmihalyi, und er betont, wie wichtig das Design schöpferischer Umgebungen dafür sind. Statt Potential zu vergeuden, wird durch Flow (nach Bourdieu) „psychisches Kapital aufgebaut, wenn die investierte Aufmerksamkeit sich in einem komplexeren Bewußtsein niederschlägt – in verfeinerten Fähigkeiten, in einem tieferen Verständnis für ein bestimmtes Thema, in einer intensiveren Beziehung“ [28]. Inzwischen ist ‚Flow‘ sogar Kern einer neuen Disziplin amerikanischer und internationaler Forschung geworden: Als die auch in Europa gut aufgenommene „Positive Psychologie“ untersucht sie nicht Störungen und negative Faktoren des Bewusstseins, sondern fördernde Momente entlang der ganzen Lebensspanne [31]. Gerade für Lernprozesse und kreative Produktion in und für Medien sind solche eigenaktiven Momente sehr wichtig, Arbeitskulturen aber oft zu strukturell geprägt, bürokratisch und abstrakt. Sie verschenken intrinsische Motivation und die Chance für offenere, auch erfolgreichere Organisationen. Damit ergeben sich für die Arbeitswelt neue Erwartungen danach, dass Organisationen FLOW-Dimensionen bewusst gestalten, integrieren und Wirkungsfelder entfalten, die dem individuellen Tun mehr Raum geben. 6. Mediale und didaktische Produktion im Dialog Im abschließenden Beispiel wird dies am Medieneinsatz in der Bildung reflektiert. Seit 2011 hat unser gleichnamiger Partnerstudiengang mit der PH Freiburg begonnen, um didaktische Potentiale aller Medien zu erproben, aber nicht nur im E-Learning, genauso im Dokumentarfilm oder in der Radioarbeit. In Offenburg ist das Radiomachen intensiver Teil des Curriculums, freiwillige Aktivität von Studierenden sowie Element von Öffentlichkeitsarbeit und schulischer Medienpädagogik. Noch wenig ausgeprägt ist diese Medialität in und für die Wissenschaften selbst. In einem Pilotprojekt geht es um radiophone, audiovisuelle und trimediale Nutzung für alle Disziplinen und Felder der Hochschule. Ein fachliches Thema erhält also didaktische, institutionelle, journalistische und inhaltliche Umsetzungen, die von einer gestalterischen bis hin zu einer künstlerischen Kompetenz vertieft werden können. Mediale Kreativität bewirkt dabei beides: Sie ist Dienstleister und Impulsgeber, aber auch beteiligt an der „Fabrikation von Erkenntnis“, wie es die Soziologie für wissenschaftliche Labore beschreibt und auf Medien übertragbar macht [32]. 40 Didaktische Umsetzung Institutionelle Umsetzung Journalistische Umsetzung Produktion von Produktion von Produktion von Beiträgen wissenschaftlichen Imagefilm, Werbespot, für den Einsatz in der Beiträgen über die oder weitere PR-Beiträge Lehre in den Themen der Hochschule für die Website Fakultäten/als Beispiel für das Fachpublikum, der Fakultäten, für Medien in der z.B. für eine der Hochschule, für Bildung/oder für die wissenschaftliche Werbekampagnen usw. Schulen. Beispiel: Nachrichtensendung Audiovisuelle Tutorials, oder für die Website Lernmaterial usw. einer wissenschaftlichen Publikation. Einsatz: Lehre in den Fachbereichen/ „Medien in der Bildung“/Schulen Einsatz: Marketing/ Öffentlichkeit Einsatz: Massenmedien/ Fachpublikum/OHR Wissenschaftliche Umsetzung Beobachtung und Dokumentation des Projekts anhand qualitativer Methoden für die Publikation eines gemeinsamen Artikels über den Prozess. Studenten publizieren gemeinsam mit allen Akteuren des Prozesses. „Forschendes Lernen“ Einsatz: Akademie Abb. 4: Mehrdimensionales Modell für das Campusradio Offenburg [7] Für kommende Semester wird ein Wahlfach „WissensMedien – Vom Radio zur Trimedialität“ angeboten, das vom Hochschulradio organisiert und unterstützt wird. Produktionen der Studierenden werden für die Lehre nutzbar. Sie sind auch gedacht für Öffentlichkeitsarbeit, die Didaktik einzelner Fächer und für laufende Sendungen, gemeinsam mit dem PH-Radio in Freiburg und dem regionalen Radio OHR im Programm. Sowohl für die TeilnehmerInnen im Projekt wie für alle Studierenden und Lehrenden an der Hochschule wird parallel zu den redaktionellen Prozessen und Erfahrungen eine ,Wissenslandschaft über die Wissensmedien‘ aufgebaut, gemeinsam mit dem Informations- und E-Learningzentrum. Die Entwicklung des Themas im Hochschulalltag ist ein fließender Übergang von der oft nur persönlichen Themenauswahl der Studierenden zu neuen redaktionellen Schwerpunkten: Es geht künftig darum, Wissensthemen aufzubereiten und sich an neue, anfangs schwerverständliche Gebiete zu wagen. Gleichzeitig erweitert sich potentiell der Kreis der Medienmacher: Berichterstatter und Erzähler aus allen Wissensgebieten können sich das praktische Knowhow in offenen Kursen erarbeiten und im Team mit Medienstudierenden gestalten. Unterschätzt wird in bisherigen Beiträgen oft die Möglichkeit, die eigenen Gestaltungsmittel zu erweitern, statt sie an gängigen Formaten privater oder kommerziell orientierter Sender auszurichten. Gerade von Studierenden aus dem mediendidaktisch fachlichen Master ,Medien in der Bildung‘, wie in den benachbarten Masterprogrammen mit Überschneidungen zur didaktischen Medienproduktion ist ein doppelter Blick und Zugang denkbar, durch vorbildliche Produktionsmuster und deren gleichzeitiger Reflexion: Eine „transdisziplinäre Offenheit“ nicht nur für die Bezugswissenschaften, die um die zentrale Medienproduktion gruppiert sind, sondern auch mit Leerstellen für Neues in der Forschung, in der Produktion und immer wieder auch dazwischen: „Am Ende entsteht kein Produkt nur nach den ursprünglichen inhaltlichen Intentionen des Autors, sondern ein Produkt, das entsprechend dem Produktionsprozess modifiziert ist. Diese organisatorische Modifikation auf verschiedenen Stufen des Produktionsprozesses kann (muss aber nicht) den Contentproduzenten bewusst sein. In der Produktionspraxis wird sie genauso oft in allen ihren Implikationen unterschätzt, wie später auch in der wissenschaftlichen Reflexion“ [3]. 41 7. Literatur [1] Kerres, M. (2012). Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung mediengestützter Lernangebote. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag. [17] Becker, H. S. (o.J.). HOWIEs home page. Abgerufen 20.12.2012 von http://home.earthlink.net/~hsbecker/ photos_504.html [2] Ploch, K. (2010). E-Learning in künstlerischen Studiengängen. Krems: Donau-Universität. [18] Hartmann, F. (2003). Mediologie. Ansätze einer Medientheorie der Kulturwissenschaften. Wien: Facultas. [3] Issing L., & Klimsa P. (Hrsg., 2010). Online-Lernen: Planung, Realisation,Anwendung und Evaluation von Lehr- und Lernprozessen online. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag. [19] Sullivan G. (2010). Art Practices as research. Inquiry in Visual Arts. Thousand Oaks, CA: Sage Publications, Inc. [4] Meyer, T., Meisel, T., Münte-Goussar, S., Schawe, J. K., & Scheibel, M. (Hrsg., 2007). Bildung im Neuen Medium. Münster: Waxmann. [20] Borgdorff, H. (2009). Die Debatte über Forschung in der Kunst. In A. Rey, & S. Schöbi (Hrsg.), subTexte 03. Künstlerische Forschung. Positionen und Perspektiven (S. 29-30). Zürich: Verlag des Museums für Gestaltung. [5] Krömker, H., & Klimsa, P. (Hrsg., 2005). Handbuch Medien produktion. Produktion von Film, Fernsehen, Hörfunk, Print, Internet, Mobilfunk und Musik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. [6] Paech, J., & Schröter, J. (Hrsg., 2008). Intermedialität analog/ digital. Theorien – Methoden – Analysen. München: Fink. [7] Kollmann, J. (2012). Kinderradio im Internet. In P. C. Chagas, & H-U. Werner (Hrsg.), Digital Composition: Von der Klangregie Elektronischer Musik zur intermedialen Ästhetik bei Paulo C. Chagas. Siegen: Universität Siegen. [8] Hartmann, F. (2008). Medien und Kommunikation. Wien: Facultas. [9] Joos, M., & Klotz, D. (2007). Medienkunstprojekt Sensorama. Diplomarbeit. Offenburg: Hochschule Offenburg. [10] Ihnken, D. (1998). Labor der Emotionen. Analyse des Herstellungsprozesses einer Wort-Produktion im Hörfunk. Tübingen: Max Niemeyer Verlag. [11] Freyermuth, G. (Hrsg., 2007). Figurationen. Intermedialität und Transmedialität. Zürich: Böhlau. [12] Maletzke, G. (1964). Psychologe der Massenkommunikation. Hamburg: Hans Bredow-Institut. [13] Holy, R. (1981). Fernsehcutterinnen: Frauenarbeit in der Medienproduktion. Frankfurt a.M.: Campus-Verlag. [14] Kleinen, G. (1983). Massenmusik: Die befragten Macher. Hamburg: Möseler. [15] Latour, B. (2010). Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp Verlag. [16] Becker, H. S. (1982/2007). Art Worlds. Berkeley, CA and Los Angeles, CA: University of California Press. [21] Baier, F., Nörthen, K., & Pabst, A. (2011). Das CTO-Modell in der Musikproduktion. Medienproduktion – Online Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis, Jahrgang 1, Heft 1, 4-7. Abgerufen 20.12.2012 von http://www2.tu-ilmenau.de/ zsmp/sites/default/files/uploads/ZSMP-Ausgabe1-komplett- optimiert.pdf [22] Döring, N., & Ingerl,A. (2008). Medienkonzeption. In B. Batinic, & M. Appel (Hrsg.), Medienpsychologie (S. 403-424). Heidelberg: Springer. [23] Simon, H. (1994). Die Wissenschaft vom Künstlichen. Wien: Springer. [24] Schön, D. (1983). The Reflective Practioner. How Professionals Think in Action. New York: Basic Books. [25] Caduff, C., Siegenthaler, F., & Wälchli, T. (Hrsg., 2010). Kunst und Künstlerische Forschung. Zürich: Scheidegger & Spiess. [26] Mareis, C. (2011). Design als Wissenskultur. Interferenzen zwischen Design und Wissensdiskursen seit 1960. Bielefeld: transcript. [27] Mareis, C., Joost, G., & Kimpel, K. (Hrsg., 2010). Entwerfen – Wissen – Produzieren. Bielefeld: transcript. [28] Csikszentmihalyi, M. (2004). Flow im Beruf. Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz. Stuttgart: Klett-Cotta. [29] Csikszentmihalyi, M. (1995). Dem Sinn des Lebens eine Zukunft geben. Eine Psychologie für das 3. Jahrtausend. Stuttgart: Klett-Cotta. [30] Csikszentmihalyi, Klett-Cotta. M. (1996). Kreativität. Stuttgart: [31] Auhagen, A. E. (Hrsg., 2004). Positive Psychologie. Anleitung zum „besseren Leben“. Weinheim: Beltz. [32] Knorr-Cetina, K. (1984). Fabrikation von Erkenntnis. Zur Anthropologie der Naturwissenschaft. Frankfurt: Suhrkamp. 42