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gute_hoffnung - 1.27 MBytes
Bayerische Julius-MaximiliansUniversität Würzburg
Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Sonderschulen
Frühjahr 2004
Schriftliche Hausarbeit
Thema:
„Einfach guter Hoffnung sein
– darf man das noch?“
Überblick über pränataldiagnostische Verfahren,
deren Anwendung und Auswirkungen in der heutigen
Zeit.
Eingereicht von:
Stefanie Schilcher
Fach:
Geistigbehindertenpädagogik
Eingereicht am:
4. Juli 2003
Dozent:
PD Dr. Erwin Breitenbach
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung--------------------------------------------------------------------------------------4
2. Unterschiedliche Verfahren der pränatalen Diagnostik -------------------7
2.1 Nicht-invasive Verfahren-------------------------------------------------------------------9
2.1.1 Ultraschall-Diagnostik ---------------------------------------------------------------9
2.1.2
Triple-Test --------------------------------------------------------------------------- 13
2.1.3
Fetale Zellen aus dem mütterlichen Blut-------------------------------------- 16
2.1.4
Weitere Verfahren------------------------------------------------------------------ 18
2.2 Invasive Verfahren------------------------------------------------------------------------- 19
2.2.1 Chorionzottenbiopsie -------------------------------------------------------------- 20
2.2.2
Amniozentese----------------------------------------------------------------------- 24
2.2.3
Kordozentese ----------------------------------------------------------------------- 27
2.2.4
Weitere Verfahren------------------------------------------------------------------ 29
2.3 Präimplantationsdiagnostik------------------------------------------------------------- 29
2.4 Reflexion-------------------------------------------------------------------------------------- 33
3. Entscheidung für oder gegen Anwendung pränataldiagnostischer
Verfahren ------------------------------------------------------------------------------------ 35
3.1 Personenvariablen------------------------------------------------------------------------- 36
3.1.1 Individuelle Risikoeinschätzung------------------------------------------------- 36
3.1.2
Abwägen des Nutzens eines Verfahrens für die eigene Person -------- 37
3.1.3
Persönliche Einstellung zum Schwangerschaftsabbruch----------------- 38
3.2 Umweltvariablen---------------------------------------------------------------------------- 39
3.2.1 Gesellschaftlicher Handlungsdruck -------------------------------------------- 39
3.2.2
Einfluss von Bezugspersonen--------------------------------------------------- 41
3.2.3
Durchführung eines genetischen Beratungsgesprächs ------------------- 42
3.3 Soziodemographische Variablen------------------------------------------------------ 45
3.3.1
Alter der Mutter --------------------------------------------------------------------- 45
3.3.2
Familienstand und -größe -------------------------------------------------------- 46
3.3.3
Art der Ausbildung und sozialer Status --------------------------------------- 48
3.3.4
Einstellung zu Gott und Religion------------------------------------------------ 50
3.4 Situationsvariablen------------------------------------------------------------------------ 52
3.4.1 Arzt ------------------------------------------------------------------------------------ 52
3.4.2
Beratung ----------------------------------------------------------------------------- 54
3.4.3
Zeit------------------------------------------------------------------------------------- 55
3.5 Reflexion-------------------------------------------------------------------------------------- 56
4. Situation in Deutschland -------------------------------------------------------------61
4.1 Informationen für die schwangere Frau--------------------------------------------- 61
4.1.1 Mutterschafts-Richtlinien --------------------------------------------------------- 61
4.1.2
Feststellen einer Risikoschwangerschaft ------------------------------------- 62
4.1.3
Veränderung der Einstellung zur Schwangerschaft ------------------------ 64
4.2 Rechtliche Situation----------------------------------------------------------------------- 65
4.2.1 Grundgesetz ------------------------------------------------------------------------- 65
4.2.2 Embryonenschutzgesetz ---------------------------------------------------------- 67
4.2.3 Bedeutung des § 218 StGB für die pränatale Diagnostik ------------------ 68
4.2.4 „Wrongful-life/birth-Prozesse“ – „Kind als Schaden“ ------------------------ 72
5. Diagnoseeröffnung----------------------------------------------------------------------77
5.1 Negativer Befund--------------------------------------------------------------------------- 78
5.2 Positiver Befund---------------------------------------------------------------------------- 78
5.2.1 Schwangerschaftsabbruch-------------------------------------------------------- 82
5.2.2 Einleitung von Therapiemaßnahmen ------------------------------------------- 91
5.2.3 Austragen der Schwangerschaft ------------------------------------------------ 95
5.3 Reflexion – Möglichkeiten und Grenzen der pränatalen Diagnostik ------- 99
6. Schluss------------------------------------------------------------------------------------- 103
Literaturverzeichnis ----------------------------------------------------------------------- 105
Erklärung--------------------------------------------------------------------------------------- 113
1. Einleitung
„Einfach guter Hoffnung sein – darf man das noch?“
Dieser ist einer von vielen Slogans des
1000-Fragen-Projekts, die man zur Zeit
auf Plakaten, in Kinospots oder auch in
Zeitungen finden kann. Seit Oktober 2002
läuft das 1000-Fragen-Projekt der Aktion
Mensch, das unterschiedliche Bereiche
der
Bioethik
thematisiert
und
zum
Nachdenken und Diskutieren anregen soll.
Als öffentliches Diskussions-Forum dient
das Internet.
Mehrere
hunderttausend
Besucher
hinterließen
bereits
auf
der
Homepage
www.1000fragen.de Fragen und Kommentare. Das „große Buch der Fragen“ bleibt noch bis
September 2003 für jeden zugänglich, bevor es dann an den Deutschen Bundestag, die
Deutsche Forschungsgesellschaft und an den Verband der Biotech-Unternehmen übergeben
wird. Es gibt drei große Ziele, die die Grundlage für dieses Projekt darstellen. Erstens soll
deutlich werden, dass bioethische Diskussionen für die gesamte Gesellschaft von großer
Bedeutung und für die individuelle Meinungsbildung relevant sind. Es geht um zentrale
Fragen unseres Menschenbildes und unserer Werte, die Grundlage des Zusammenlebens
sind. Zweitens möchte die Aktion Mensch besonders Menschen mit Behinderung, deren
Angehörigen und Verbänden eine Chance geben, sich aktiv in die bioethische Diskussion
einzubringen. Sie haben auf Grund ihrer Erfahrung viel zu dem Thema beizutragen, ihnen
wird aber in öffentlichen Diskussionen oft nur ungenügend Gehör geschenkt. Drittens soll mit
dem Projekt und den dazugehörigen Fragen die Gesellschaft allgemein zum Nachdenken
angeregt werden und oft pauschale Antworten sollen neu reflektiert werden. Da die Aktion
großen Anklang findet, geht man davon aus, dass das Bedürfnis nach Austausch
erstaunlicher Weise recht groß ist.
„Einfach guter Hoffnung sein – darf man das noch?“ – eine von tausend Fragen –
thematisiert die zunehmende Medikalisierung und Technisierung der Schwangerschaft, den
Trend, dass der Mensch immer mehr versucht, in natürliche Prozesse einzugreifen. Ich habe
diese Aussage als Titel meiner Arbeit ausgewählt, da sich genau diese Frage bei der
Anwendung von Pränataldiagnostik stellt und alle im Folgenden angeführten Punkte unter
diesem Gesichtpunkt betrachtet werden können. Die Kampagne zeigt, wie aktuell und brisant
dieses Thema und dessen Diskussionsbedarf im Moment ist.
Es scheint, dass psychosoziale und ethische Aspekte im Zusammenhang mit der pränatalen
Diagnostik im Laufe der Jahre an Aktualität gewonnen haben und dieser Eindruck wird durch
die unübersehbare Flut von Zeitungsartikeln, Büchern, Fernsehsendungen und Tagungen
auch bestätigt. Dabei werden oft Bezüge zur Gentechnik, zum medizinischen Fortschritt, zur
ethischen Verantwortung und zur vorgeburtlichen Selektion hergestellt (Nippert 1999).
„Es ist ein Wunschkind“ und „Hauptsache, es ist gesund“ sind Aussagen, die man von
werdenden Eltern oft hört. Die meisten Eltern haben bereits vor der Geburt Vorstellungen
und Ansprüche an ihr Kind, die es zu erfüllen gilt. Die Kinder der neuen Generation sollen
„tauglich sein“, um den Werten der Gesellschaft wie Leistung, Konkurrenzdenken, Ruhm und
Erfolg stand zu halten.
Es besteht außerdem die Gefahr, dass sich in der Gesellschaft ein gewisser Phänotyp zu
bestimmten häufiger auftretenden Behinderungen bildet: Ein Mensch mit Down-Syndrom ist
klein, hat schräg „mongoloid“ verlaufende Augenlider, ist träge und geistigbehindert! Dieser
Mensch wird aber auch lachen, lieben und weinen können! „‚Nicht-behinderte’ Eigenschaften
reichen jedoch nicht aus, um über eine künftige Lebensqualität und über den künftigen
Lebenswert Aussagen machen zu können“(Bernath 1991,139). Bernath sieht jedes Leben
als so individuell und vielseitig an, dass es für Außenstehende nicht möglich ist, darüber ein
Urteil zu fällen. Er betrachtet die Beurteilung der Lebensqualität eines noch nicht geborenen
Kindes als eine Überforderung für Fachleute und Eltern.
Dennoch muss vor allem auf Grund des „Pränataldiagnostik-Booms“ immer wieder und
immer öfter diese Entscheidung getroffen werden.
Ist es nicht überflüssig, sein „Wunschkind“ auf seinen „Gesundheitszustand“ zu
untersuchen? „Würden wir nicht Eltern, denen der Gesundheitszustand ihres Kindes
gleichgültig ist, als barbarisch oder lieblos bezeichnen“ (Bernath 1991, 130)?
In der heutigen, sehr gesundheitsorientierten Zeit besteht die Gefahr, dass uns von den
Medien ein Bild vermittelt wird, in dem ein „gesundes Kind“ als selbstverständlich erachtet
wird. Die Sichtweise „Der Herr hat’s gegeben, der Mensch hat’s zu nehmen“ ist längst
überholt. Heutzutage ist dieser Satz eher ersetzbar durch „Der Doktor hat’s gegeben; mal
schauen, ob das Produkt gut ist.“ Es wird immer häufiger eine „Schwangerschaft mit
Garantieschein“ gefordert, so Rennhard (1994, 11f.). Rennhard (1994) ist der Meinung, dass
die tragische „„Entsorgungsproblematik für Menschliches, das nicht der Norm entspricht“, nie
solche Ausmaße angenommen hätte, wenn die Embryonen und Feten nicht als Produkt
angesehen würden, das „jederzeit“ eliminiert werden könne. Durch die Konfrontation mit
Behinderung werden die Werte unserer Gesellschaft in Frage gestellt. Meist tauchen
Menschen mit Behinderung in unseren Lebensvorstellungen und Zukunftsplänen nicht auf.
Sie passen nicht in die sich zunehmend weiter entwickelnde Leistungsspirale unserer
Gesellschaft.
Dem zu Folge nehmen immer mehr Eltern pränataldiagnostische Verfahren in Anspruch, um
eventuelle
genetische
Defekte
frühestmöglich
auszuschließen.
Ergibt
ein
pränataldiagnostisches Verfahren einen positiven Befund, zerplatzt der Traum vom
„perfekten Nachwuchs“ meist wie eine Seifenblase und es liegt an den Eltern, eine für sie
lebenslang tragbare Entscheidung zu treffen.
Man muss sich aber vor Augen halten, so Baumann-Hölzle, Eugster-Grossenbacher, Hägler,
Rinaldi, Scholer und Stottele (1995, 20), dass eine Gesellschaft, in der Menschen mit
Behinderung keinen Platz haben, an Menschlichkeit verliert.
In dieser Arbeit sollen zuerst nicht-invasive und invasive pränataldiagnostische Verfahren
dargestellt werden. Es soll die Durchführung der Untersuchungen dargestellt werden, und
diese soll jeweils in Bezug auf Anwendungshäufigkeit und Risikoeinschätzung näher
reflektiert
werden.
Ein
Überblick
über
die
verschiedenen
pränataldiagnostischen
Untersuchungen soll als Grundlage und Vorinformation für Thematiken, die in den weiteren
Punkten angesprochen werden, dienen. In einem zweiten Punkt soll dargelegt werden,
welche Gründe Frauen dazu bewegen, überhaupt Pränataldiagnostik für sich in Anspruch zu
nehmen. Dazu werden unterschiedliche Variablen erörtert. In einem weiteren Punkt soll
explizit die Situation in Deutschland dargestellt werden. Die Lage in dem jeweiligen Land ist
Grundlage für den komplexen Entscheidungsprozess, den das Thema Pränataldiagnostik mit
sich bringt. Hierbei soll sowohl auf allgemeine Informationen, die für schwangere Frauen zur
Verfügung stehen, eingegangen werden, als auch auf die für das Thema relevanten
gesetzlichen Grundlagen, die in Deutschland gelten. Im darauf folgenden Gliederungspunkt
soll die Diagnoseeröffnung nach einer vorgeburtlichen Untersuchung dargestellt werden. Im
Besonderen sollen die Entscheidungsmöglichkeiten im Falle eines positiven Befundes
betrachtet und diskutiert werden.
Die Arbeit soll einen Einblick in die Thematik der Pränataldiagnostik geben und zum
Nachdenken anregen.
2. Unterschiedliche Verfahren der pränatalen Diagnostik
Durch die immer weiter fortschreitende Entwicklung von Methoden pränataler Diagnostik
ändert sich das Erleben der Schwangerschaft grundlegend, so Langer (1999). Vor ungefähr
30 Jahren war jeglicher intrauterine Einblick oder Eingriff in die Gebärmutter und somit der
Einblick in genetische Eigenschaften nicht möglich. Heute besteht theoretisch bereits die
Möglichkeit, die Gene des Kindes offenzulegen, bevor der Embryo überhaupt in den Uterus
eingepflanzt wird. Durch diesen historischen Wandel ändert sich die Stellung der werdenden
Eltern und der Ärzte, da mehr Entscheidungen getroffen werden müssen. Schwangerschaft
ist nicht mehr rein biologisch und unveränderlich vorgegeben, sondern wird in vielen Fällen
erst nach Untersuchungen und Abwägen von sozialen Faktoren akzeptiert.
„Mit pränataler Diagnostik werden alle vorgeburtlichen Untersuchungen bezeichnet, die zum
Ziel haben, spezifische Risiken für Schädigungen oder Krankheiten zu erkennen“ (Wilken
2002, 159).
Die Bundesärztekammer (1998) sieht in den möglichen pränatalen Untersuchungen, die in
diesem ersten Punkt erläutert werden sollen, folgende Ziele:
•
Die pränatale Diagnostik soll dazu dienen, embryonale und fetale Störungen in der
Entwicklung zu erkennen.
•
Durch die Früherkennung von Fehlentwicklungen soll eine optimale Behandlung des
Fetus und der schwangeren Frau gewährleistet werden.
•
Die Befürchtungen und Ängste der schwangeren Frau sollen möglichst gering
gehalten bzw. relativiert werden.
•
Die pränatale Diagnostik soll den Frauen im Falle der Entscheidung für oder gegen
einen Abbruch der Schwangerschaft klärend zur Seite stehen.
•
Alternativen über Fortführung oder Abbruch der Schwangerschaft sollen aufgezeigt
werden (→ Kontaktmöglichkeiten zu Selbsthilfegruppen, Anbieten medizinischer und
sozialer Hilfe).
Die pränataldiagnostischen Verfahren lassen sich zunächst grob in nicht-invasive und
invasive Verfahren unterteilen. Die folgende Tabelle (Tab. 1) gibt einen Überblick über
pränatale Untersuchungen während der Schwangerschaft:
Vorgeburtliche Untersuchungen als Teil der Schwangerschaftsvorsorge
Nicht-invasive Methoden
Schwangerschaftswoche
Invasive Methoden
4. SSW
FISH Test; ab 6. Schwangerschaftswoche; Suche nach
fetalen Zellen im Blut der
schwangeren Frau
(in Erprobung)
Ultraschalluntersuchung
ab der 7. SSW
1. Ultraschall nach Mutterpass
Suche nach der sogenannten
„Nackenfalte“ als Hinweis auf
Down-Syndrom durch Ultraschall (10./11. SSW)
6. SSW
7. SSW
8. SSW
9. SSW
10.
11.
12.
13.
SSW
SSW
SSW
SSW
14. SSW
15. SSW
Triple-Test in der 16.-18. SSW
als Risiko-Berechnung für das
mögliche Vorliegen von DownSyndrom oder Spina bifida über
das Blut der schwangeren Frau
16.
17.
18.
19.
SSW
SSW
SSW
SSW
Chorionzottenbiopsie
Suche nach Chromosomenabweichungen; In der 10.-12.
SSW Frühamniozentese
(11./12. SSW)
Amniozentese in der 14.-16.
SSW nach Chromosomenabweichungen und Spina bifida;
Angebot an alle Frauen über 35
Jahren
Amniozentese nach Triple Test
2. Ultraschall nach Mutterpass
Ultraschall-Feindiagnostik; Fehlbildungsultraschall in Zentren
Während der gesamten Schwangerschaft sind Ultraschalluntersuchungen möglich; in der
Routine der Schwangerschafts vorsorge werden sie häufig
durchgeführt.
20. SSW
22. SSW
3. Ultraschall nach Mutterpass
30. SSW
40. SSW
Tab. 1: Überblick über vorgeburtliche Untersuchungen.
(Kurmann & Wegener 1999, 24)
Fetoskopie
Wird selten angewendet;
(15.-22. SSW)
Nabelschnurpunktion; ab
20. SSW angewendet; In seltenen
Fällen früher
(16. SSW) angewendet
Diese Verfahren sollen in den folgenden Punkten dargestellt werden. Es soll ein Überblick
über jede Methode, den Zeitpunkt der Durchführung, die Aussagekraft der Untersuchung und
über die Risikowahrscheinlichkeit gegeben werden. Sowohl die Chorionzottenbiopsie als
auch die Amniozentese sollen außerdem hinsichtlich ihrer Anwendungshäufigkeit in den
letzten Jahren betrachtet werden.
2.1 Nicht-invasive Verfahren
Nicht-invasive Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass kein Eingriff in die Gebärmutter
erfolgt. Damit besteht im Gegensatz zu den invasiven Verfahren kein erhöhtes Risiko einer
Fehlgeburt,
allerdings
ist
die
Diagnosemöglichkeit
angeborener
Krankheiten
bzw.
Behinderungen geringer (Braga, Kind & Haug 1993; Wilken 2002).
2.1.1 Ultraschall-Diagnostik
Methode:
Die Anwendung von Ultraschall (Sonographie) ist seit 1958 bekannt und hat seit vielen
Jahren einen festen Platz in der Schwangerschaftsvorsorge. 1963 wurde das erste
Ultraschallgerät eingesetzt. Bereits in den 70er Jahren fand diese Methode breite
Anwendung. Besonders in den 80er Jahren wurde die Technik verbessert, und man gelangte
zu schärferen und detaillierteren Bildern. Bei Ultraschalluntersuchungen werden Schallwellen
verwendet. Der Ultraschall hat eine sehr hohe Frequenz, die sich weit über dem
menschlichen Hörvermögen befindet. Sie liegt bei der Schwangerschaftsvorsorge zwischen
drei und fünf Megahertz. Während sich die hörbaren Schallwellen in der Luft in alle
Richtungen ausbreiten, hat der Ultraschall andere Eigenschaften. Ultraschall breitet sich
geradlinig aus und wird zu einem schmalen Strahl gebündelt (Crespigny & Dredge 1993,
52f.).
Bei der Untersuchung wird der Bauch der Mutter mit einem Schallkopf abgetastet. Dabei
werden die Schallwellen auf die Gebärmutter und somit auf das Kind gerichtet. Abhängig von
der Dichte des Gewebes werden unterschiedliche Echos reflektiert. Der Schallkopf dient als
Sender von Schallwellen und auch als Empfänger der reflektierten Echos, die mechanischelektronisch in verschiedene Grauwerte umgesetzt werden können (Schramm, Gloning &
Brusis 1987). „Ein großer Fortschritt in den achtziger Jahren war die Entwicklung des
sogenannten ‚Real-time’- oder Echtzeit-Verfahrens“ (Crespigny & Dredge 1993, 55). Echtzeit
bedeutet, dass bewegte „Live-Bilder“ erzeugt werden können. Es werden zweidimensionale
Abbildungen von Schnitten durch das Gewebe gezeigt. Das Kind kann somit in viele
Scheiben „geschnitten“ werden, die man nacheinander betrachten kann (Abb. 1) (Crespigny
& Dredge 1993, 55).
Laut Braga et al. (1993) erfüllt das Verfahren
des Ultraschalls mehrere Zwecke: Das Alter
des Fetus kann ziemlich genau bestimmt
werden, und man bekommt einen Einblick in
dessen Lage und Wohlbefinden im Mutterleib.
Es besteht die Möglichkeit, dass Mehrlingsschwangerschaften
relativ
werden,
Weiteren
und
des
Wachstumsstörungen
und
früh
erkannt
sind
einige
Fehl-bildungen
anhand des Ultraschalls erkennbar.
Abb. 1: Schnittebenen; Betrachtungsweise des
Babys beim Ultraschall.
(Crespigny & Dredge 1993, 56)
Die
Methode
des
Ultraschalls
als
„Babyfernsehen für die ganze Familie“ wurde
besonders von den werdenden Vätern stark
begrüßt, da sie einen Einblick in die Schwangerschaft bekommen und sehen können, was
die Frauen auch spüren. Viele Frauen haben schon vor der Durchführung jeglicher
pränataler Verfahren einen inneren Bezug zu ihrem Kind aufgebaut, so dass die Bilder in
manchen Fällen fremd wirken können. Die enge Bindung der Mutter an den in ihr
heranwachsenden
Säugling
ist
das
„Abenteuer
einer
Schwangerschaft“
und
die
Ultraschalluntersuchung spielt in dieser Hinsicht für die Frau eine eher untergeordnete Rolle
(Schindele 1990, 43f.).
Zeitraum der Anwendung:
Theoretisch können Ultraschalluntersuchungen während der gesamten Schwangerschaft
angewendet
werden.
Seit
1996
sind
nach
den
Richtlinien
im
Mutterpass
drei
Ultraschalluntersuchungen vorgesehen (Hutzler 2000b).
Beim ersten Ultraschall-Screening in der 9.-12. Schwangerschaftswoche kann festgestellt
werden, ob die Schwangerschaft intakt ist. Außerdem kann die Lage des Embryos betrachtet
werden. Es ist bereits die Kopfform mit einem Gesichtsprofil zu erkennen. Besondere
Aufmerksamkeit wird in den letzten Jahren auf die Nackenregion, als Übergang zum Rücken
mit der Wirbelsäule, gelegt. Eine überdurchschnittlich dicke Nackenfalte weist auf ein
eventuelles chromosomales Syndrom hin. Des Weiteren wird die Wirbelsäule abgescannt
und darauf geachtet, „dass keine Unterbrechungen oder Abknickungen dieser Struktur
auftreten“ (Viehweg 2000, 82). Ein geübter Untersucher kann einen Neuralrohr-Defekt schon
jetzt ausschließen. Die Extremitäten sowie das Herz und dessen Reaktion werden
betrachtet. Auf Grund der Maße des Kopfdurchmessers, der Scheitel-Steiß-Länge und des
Fruchtsackdurchmessers kann die zeitgerechte Entwicklung des Embryos eingeschätzt
werden (Viehweg 2000).
Das zweite Ultraschall-Screening wird zwischen der 19. und 22. Woche durchgeführt. Ziel ist
in erster Linie, „die morphologische und funktionelle Integrität der fetalen Organe und
Organsysteme zu überprüfen“ (Viehweg 2000, 86). Mit einer relativ hohen Sicherheit sollen
zu diesem Zeitpunkt fetale Fehlbildungen und Entwicklungsstörungen ausgeschlossen
werden und die zeitgerechte Entwicklung festgestellt werden. Bei Unsicherheit wird, je nach
Wunsch, ein weiteres pränataldiagnostisches Verfahren invasiver Art durchgeführt. Der
Untersuchungsverlauf gleicht dem ersten Screening, er ist allerdings umfangreicher und
detaillierter (Viehweg 2000). Diese zweite Ultraschall-untersuchung ist ethisch besonders
umstritten, da sie fast ausschließlich der Suche nach Fehlbildungen gilt (Bodes 1999).
Das dritte Ultraschall-Screening zwischen der 29. und 32. Schwangerschaftswoche „dient
vor allem der Beurteilung der somatischen Entwicklung des Feten, das heißt, ob der Fetus
ein normales Wachstum oder eine Wachstumsretardierung zeigt“ (Viehweg 2000, 98). Weiter
werden bei dem Screening auch die für die Geburt relevante Faktoren, wie zum Beispiel die
Lage des Kindes, erfasst. Einige Untersuchungen aus den ersten beiden Screenings
wiederholen sich. Je später in der Schwangerschaft ein Ultraschall durch-geführt wird, desto
schwieriger wird die Orientierung, da man immer nur Ausschnitte betrachten kann (Viehweg
2000).
Schindele (1990, 42) stellt fest, dass eine Ultraschalluntersuchung bei den meisten Frauen
aber weitaus öfter angewendet wird – Schätzungen zufolge im Durchschnitt bis zu fünf Mal
während einer Schwangerschaft.
Aussagekraft der Untersuchung:
Je nach Qualität des verwendeten Geräts und je nach Erfahrung und Sorgfalt des Arztes
sind Fehlinterpretationen möglich. Die meisten Bilder sind nur für Fachleute zu erkennen und
zu deuten. Außerdem ist die Interpretation der Bilder stark von der momentanen Lage des
Embryos und dem Zeitpunkt der Untersuchung abhängig (Crespigny & Dredge 1993, 63ff.).
Im Folgenden soll ein Beispiel geschildert werden, welches die Verlässlichkeit der
Nackenfaltenmessung mit Hilfe von Ultraschall aufzeigt:
In der Universitätsfrauenklinik in Basel wurde
in einem Zeitraum von 31 Monaten bei 1252
Feten eine Nackentrans-parenzmessung im
ersten Trimenon durch-geführt. Die ScheitelSteiß-Länge korreliert mit der Nackenfalte des
Fetus (Abb. 2). In den Fällen, in denen sich ein
Wert über der 95. Perzentile (prozentuale
Summenhäufig-keitsverteilung) ergab, wur-de
Abb. 2: Ultraschallbild von der 1. Untersuchung.
Dies Aufnahme lässt die korrekte Messung der
Scheitel-Steiß-Länge zu.
(Tercanli & Holzgreve 2000, 305)
unter Berücksichtigung des mütterlichen Alters
eine
invasive
pränatale
Unter-suchung
angeboten. Von den 1252 getesteten Frauen
lag bei 55 (4,4%) die Nackentransparenz über
der 95. Perzentile. Bei 49 dieser „positiv“ getesteten Frauen wurde entweder das Verfahren
der Chorionzottenbiopsie (siehe 2.2.1) oder Amniozentese (siehe 2.2.2) durchgeführt. Davon
zeigten 29 Fälle (52,7%) einen auffälligen Karyotyp (der für ein bestimmtes Individuum, eine
Gruppe oder eine Art charakteristische Phänotyp des Chromosomensatzes). Bei der Gruppe
mit der Nackentransparenzmessung unter der 95. Perzentile fanden sich nur vier Fälle
(0,34%) mit einer Chromosomenanomalie (Horner, Holzgreve, Batucan & Tercanli 2002).
Es fällt auf, dass die Untersuchung der Nackenfalte zwar mit einer hohen Wahrscheinlichkeit
Chromosomenanomalien ausschließen kann, aber nur circa 50% der positiv getesteten
Feten tatsächlich mit einer Chromosomenanomalie geboren werden. Bei einer Messung der
Nackenfalte im Risikobereich ist ein informierendes Gespräch des Arztes ebenso wichtig wie
weitere Untersuchungen, damit eine sichere Diagnose gestellt werden kann.
Des Weiteren können Neuralrohr-Defekte per Ultraschall diagnostiziert werden. Eine sichere,
eindeutige Diagnose ist allerdings erst möglich, wenn die Schwangerschaft bereits
fortgeschritten ist. Wenn ein erhöhtes Risiko für einen Neuralrohr-Defekt vorliegt, können
frühzeitig gezielt weitere pränataldiagnostische Untersuchungen hinzugezogen werden.
Hansmann (1981) ist der Ansicht, dass auch eine späte Diagnose äußerst hilfreich ist. Die
Geburt kann dementsprechend vorbereitet werden, und die Eltern können sich psychisch auf
ihr Kind einstellen.
Allgemein empfinden Eltern die Ultraschalluntersuchung meist als lohnend und spannend;
dennoch darf man nicht erwarten, alle Bilder zu erkennen und zu verstehen. Der
Untersuchende steht vor dem Dilemma, was er messen soll und wie sicher seine
Interpretation der Bilder ist. Durch „Überdiagnose“ können unnötige Ängste bei den
werdenden Eltern erzeugt werden (Crespigny & Dredge 1993, 84). Es gibt Gynäkologen, so
Schindele (1990, 42), die sich entschließen, nicht jede eventuelle Auffälligkeit der werdenden
Mutter sofort mitzuteilen, um unbegründete Ängste zu vermeiden, die im schlimmsten Fall
andere Symptome während der Schwangerschaft auslösen können. Bei nicht eindeutigen
Vermutungen sollte die schwangere Frau an Spezialisten auf diesem Gebiet überwiesen
werden.
Risikoeinschätzung dieser Methode:
Wie bei allen medizinischen Messungen stellt sich auch beim Ultraschall die Frage, inwieweit
diese Untersuchungsmethode Nebenwirkungen mit sich bringt und so den Fortlauf der
Schwangerschaft beeinträchtigt.
Es gibt eine große Anzahl von Veröffentlichungen zur Sicherheit des Ultraschalls. Dabei
wurde überprüft, ob die Gewebserwärmung durch den Ultraschall zu Schäden führen kann.
Der Weltverband für Ultraschall in Medizin und Biologie stellte fest, dass die heute
eingesetzten Geräte mit einer Schallintensität arbeiten, die keinerlei Temperaturerhöhung
bewirkt. Daher wird Ultraschall in vielen Ländern routinemäßig durchgeführt (Crespigny &
Dredge 1993, 59f.). Trotzdem sollte die Ultraschalluntersuchung „nicht unkritisch
angewendet werden, ‚just for fun’ bzw. als ‚Babyfernsehen für die ganze Familie’“, da trotz
der bisher festgestellten Unbedenklichkeiten im diagnostischen Bereich nicht beobachtete
Effekte auftreten können (Kremkau 1984, zitiert nach Schramm, Gloning & Brusis 1987, 21).
In der heutigen Zeit wird der Ultraschall während einer Schwangerschaft so häufig
angewendet als wäre gesichert, dass keinerlei Nebenwirkungen möglich sind. Die
Sonographie hat sich zu einem festen Element der Schwangerschaftsvorsorge entwickelt
und ist für die meisten Eltern nicht mehr wegzudenken.
2.1.2 Triple-Test
Methode:
Durch die in England entwickelte Methode ist es möglich, anhand des Blutes der
schwangeren Frau das Risiko für etwaige Chromosomen-Aberrationen oder Fehlbildungen
besser abzuschätzen bzw. auszuschließen (Braga et al. 1993, 25f.).
Dieser Bluttest ist ein Kombinationstest aus drei Werten, dem Alpha-Fetoprotein, einer vom
heranwachsenden Kind produzierten Eiweißsubstanz, die in geringen Mengen auch im
mütterlichen Blutkreislauf zirkuliert, dem Schwangerschaftshormon Choriongon-adotropin
und dem unkonjugierten Östriol. Nach Auswertung der Werte unter Berücksichtigung des
Alters der Mutter und der möglichst genau berechneten Schwangerschaftsdauer ist eine
Risiko-Einschätzung möglich. So ist zum Beispiel ein erhöhter Alpha-Fetoprotein-Wert ein
Indiz
zur
Entdeckung
bzw.
Ausschließung eines offenen Neuralrohr-Defektes. In
Kombination mit den beiden anderen Werten und dem Alter der Mutter kann die
Wahrscheinlichkeit für Trisomie 21 und andere Chromosomenanomalien abgewägt werden
(Crespigny & Dredge 1993, 157 ff.; Breckwoldt 2000).
Da nur 30% der Frauen, die ein Kind mit Down-Syndrom gebären, bei dessen Geburt über
35 Jahre alt sind, wird immer häufiger der Triple-Test auch bei jüngeren Frauen angewendet,
um einen Verdacht auf eine Chromosomenaberration aufzudecken (Holzgreve, Schloo,
Schlegel, Tercanli & Schneider 1994).
„Es handelt sich hier um ein Screening-Verfahren, das gar nicht darauf abzielt, exakte
Aussagen zu liefern, es bietet vielmehr eine Entscheidungshilfe, an welchen Babys
gegebenenfalls weitergehende Untersuchungen durchgeführt werden sollten“ (Crespigny &
Dredge 1993, 157). Dadurch bekommen die invasiven vorgeburtlichen Verfahren in den
neunziger Jahren eine größere Bedeutung für Frauen unter 35 (Binkert, Mutter & Schinzel
1999).
Zeitpunkt der Anwendung:
Die Blutentnahme erfolgt idealer Weise ungefähr in der 16. Schwangerschaftswoche. Trotz
des
großen
Fortschritts,
den
der
Triple-Test
bei
der
Identifizierung
von
Risikoschwangerschaften bringt, bleibt der relativ späte Durchführungszeitraum ein Nachteil.
Weist der Triple-Test auf einen positiven Befund hin, ist meist eine invasive Untersuchung
nötig, um eine sichere Diagnose zu stellen. Die Auswertung des invasiven Verfahrens
benötigt einige Wochen, so dass die Schwangerschaft bei Diagnoseeröffnung oft bereits bis
zur 20. Woche fortgeschritten ist (Crespigny & Dredge 1993, 159; Miny & Holzgreve 2000).
Aussagekraft der Untersuchung:
Während der Triple-Test in anderen Ländern als Routineuntersuchung durchgeführt wird,
begegnet man ihm im deutschsprachigen Raum häufig mit Skepsis, so Miny und Holzgreve
(2000). Zum Teil auch, weil die Untersuchungen oft unreflektiert und übereilt, ohne
ausreichende Aufklärung und eventuell auch ohne nötige Kenntnisse auf Seiten der
Untersuchenden durchgeführt werden. Zur Zeit wird in Deutschland ein formalisiertes
Qualitätssicherungsprogramm entwickelt, um diesen Mängeln entgegen zu wirken.
Unterschiedliche Studien des Triple-Tests ergeben, dass die Entdeckungsrate für DownSyndrom bei 60% und die Falschpositivrate (Test fällt fälschlicher Weise positiv aus) bei 5%
liegt (Miny & Holzgreve 2000).
Man kommt zu einem genaueren Ergebnis, wenn das Schwangerschaftsalter nicht in Bezug
auf die letzte Regel sondern sonografisch ermittelt wird. Eine höhere Entdeckungsrate weist
gleichzeitig eine höhere Falschpositivrate auf (Tab. 2).
Tab. 2: Zusammenhang von Entdeckungsrate und Falschpostivrate
beim Down-Syndrom Risiko-Screening.
(Miny & Holzgreve 2000, 289)
Von Mai 1991 bis Januar 1994 wurde an der Universitätsklinik in Münster eine Studie zur
Aussagekraft des Triple-Tests durchgeführt. 6081 Frauen wurden untersucht, davon konnten
871 Blutproben nicht berücksichtigt werden, weil sie entweder zu früh oder zu spät
entnommen wurden. Von den übrigen 5210 Proben wurden 193 (3,7%) positiv auf einen
Neuralrohr-Defekt getestet, 722 (13,8%) positiv für Down-Syndrom und 26 (0,5%) positiv
sowohl auf Down-Syndrom als auch auf einen Neuralrohr-Defekt. 512 Frauen (68,5%)
entschieden sich nach dem auffälligen Triple-Test (positiv für Down-Syndrom) für eine
Amniozentese. Letztendlich wurden nach dem Triple-Test-Screening und anschließender
Amniozentese 16 Kinder (3,1%) mit Down-Syndrom identifiziert. Die relativ hohe Rate an
Kindern, die mit dem Triple-Test positiv auf das Down-Syndrom getestet wurde, ist auf die
Altersverteilung der Testpersonen zurückzuführen. Der Median des mütterlichen Alters lag
bei 31,4 Jahren.
Die Testergebnisse der Studie in Münster zeigen auch, dass mit Hilfe des Triple-Tests das
erhöhte Risiko für andere Chromosomen-Aberrationen, wie zum Beispiel Trisomie 18,
aufgedeckt werden kann (Holzgreve, Schloo, Schlegel, Tercanli & Schneider 1994).
Bei Anwendung des Triple-Tests ist nicht nur die Kompetenz des Arztes, sondern ganz
besonders ein gewisses Einfühlungsvermögen und eine realistische Darstellung des
Ergebnisses, gefragt.
Risikoeinschätzung dieser Methode:
Da es sich nur um eine Untersuchung des Blutes der Mutter handelt, besteht keinerlei
erhöhtes Risiko weder für den Fetus noch für die Mutter. Psychisch kann sich die
Untersuchung auf das Erleben der Schwangerschaft auswirken, da die Aussagekräftigkeit
des Tests oft überschätzt wird und die Eltern dadurch verunsichert werden (Baumann-Hölzle
et al. 1995, 31; Hennen, Petermann & Sauter 2001, 73). Horst und Nippert (1994, 23f.)
konnten belegen, dass ein „auffälliger“ Triple-Test-Befund häufig große Beunruhigung bei
der schwangeren Frau nach sich zieht. 61% der Frauen gaben an, dass das Ergebnis sie
sehr stark und 23%, dass es sie stark beeinflusste. In den meisten Fällen wurde ein
invasives Verfahren zur genaueren Aufklärung gewünscht. Der Mehrzahl der Frauen war vor
dem Test nicht bekannt, dass die einzige Option zur weitergehenden Abklärung die
Inanspruchnahme eines invasiven Verfahren ist. Die Mehrzahl der Frauen gab außerdem an,
dass sie vor der Testdurchführung nicht explizit gefragt und aufgeklärt worden seien. Nippert
und Horst (1994, 26f.) stellten sowohl vor der Testdurchführung als auch bei Eröffnung des
Testergebnisses ein erhebliches Informationsdefizit fest.
2.1.3 Extraktion fetaler Zellen aus dem Blut der Mutter
Methode:
Diese Methode ist noch im Entwicklungsstadium und wird in der Praxis im Moment noch
kaum angewendet. Holzgreve, Garritsen und Ganshirt-Ahlert (1992) sind der Ansicht, dass
sich dieser Test in den nächsten Jahren erheblich verbessern und es somit möglich sein
wird, eine vorgeburtliche Untersuchung anzubieten, die nicht-invasiv ist und keinerlei
Auswirkungen auf die physische Befindlichkeit während der Schwangerschaft hat. Der
schwangeren
Frau
wird
lediglich
Blut
abgenommen,
aus
dem
dann
mit
Hilfe
unterschiedlicher Verfahren kindliche Zellen extrahiert und untersucht werden. Damit diese
Untersuchung zu einem klärenden Ergebnis führt, müssen drei Schritte erfolgreich
durchgeführt werden:
Als erstes markiert man die fetalen Zellen im mütterlichen Blut. Da diese Zellen nur in
äußerst geringen Mengen im Blutkreislauf der Mutter vorhanden sind, ist es nötig, sie in
einem weiteren Schritt zu vermehren. Anschließend können die Zellen mit Hilfe ausgewählter
und genauer Untersuchungen identifiziert werden (Chueh & Globus 1990, zitiert in
Holzgreve, Garritsen & Ganshirt-Ahlert 1992; Baumann-Hölzle et al. 1995).
Mit Hilfe der FISH-Technik (FISH: fluorescence in situ hybridization) ist es Forschern
gelungen, fetale Zellen im mütterlichen Blutkreislauf zu identifizieren. Anfang der 90er Jahre
gelang es erstmals, Trisomie 18 und Trisomie 21 an Hand fetaler Zellen aus dem Blut der
Mutter zu identifizieren (Sherman 1993). Dieses Verfahren ist aber bei weitem noch nicht
ausreichend erforscht, um es als Routineuntersuchung bei (Risiko-) Schwangerschaften
anzuwenden. In den nächsten Jahren wird man versuchen, die Filtermethode der fetalen
Zellen
zu
optimieren
(Holzgreve,
Garritsen & Ganshirt-Ahlert 1992). In Münster
(Deutschland) und in den USA wird dieser so genannte „Münstertest“ oder auch „FISH-Test“
weiter erforscht (Baumann-Hölzle et al. 1995).
Zeitpunkt der Anwendung:
Prinzipiell kann die Blutentnahme während der gesamten Schwangerschaft durchgeführt
werden. Man ist sich aber noch nicht darüber im Klaren, ob immer gleich viele fetale Zellen
im Blutkreislauf vorhanden sind, ob die Anzahl individuell von Schwangerschaft zu
Schwangerschaft differiert oder ob fetale Zellen auch noch nach der Schwangerschaft im
Blutkreislauf der Mutter vorhanden sind (Holzgreve, Garritsen und Ganshirt-Ahlert 1992).
Aussagekraft der Untersuchung:
Baumann-Hölzle et al. (1995) gehen davon aus, dass die Testergebnisse zu jedem Zeitpunkt
der Schwangerschaft genau sind. Es ist möglich, Chromosomenanomalien, Erbkrankheiten
und das Geschlecht des Kindes zu bestimmen.
Risikoeinschätzung:
Die reine Blutentnahme stellt kein Risiko für Mutter und Kind dar. Durch die mögliche
Einführung des „FISH-Tests“ als Screening-Verfahren für alle schwangeren Frauen in der
Zukunft entstehen ethische Diskussionspunkte. Damit wäre es möglich, alle erkennbar
genetisch geschädigten Feten und Embryonen zu bestimmen, wobei sich aber der
psychische Druck, bei einem genetischen Defekt eventuell einen Schwangerschafts-abbruch
vorzunehmen, auf alle Frauen ausweiten würde (Baumann-Hölzle et al. 1995).
2.1.4 Weitere Verfahren
Obligatorisch ist bei jeder Schwangerschaft, besonders gegen Ende, das Abtasten des
Bauches und somit die Bestimmung der Lage des Kindes. Dazu wendet der untersuchende
Arzt vier unterschiedliche „Leopold-Handgriffe“ an. Durch diese ist es möglich, den Kopf, die
Extremitäten und die Lage des kindlichen Rückens zu ertasten, um somit auch eventuelle
Besonderheiten bei der Geburt berücksichtigen zu können. Die Kindsbewegungen, die
zwischen der 17. und 20. Schwangerschaftswoche für die Frau spürbar werden, können
objektiv mit Hilfe der „Kineoto-Kardiotokographie“ erfasst werden. Bemerkt die schwangere
Frau selbst eine starke Verringerung der Bewegung des Kindes, kann dies auf eine
Gefährdung des Embryo hinweisen. Die Abnahme der Anzahl von Kindsbewegungen gilt als
Spätwarnzeichen, um weiterführende Diagnostik anzuwenden. Außerdem wird die
Herzfrequenz des Kindes mit Hilfe unterschiedlicher Methoden überwacht und abgehört
(Ehrlich 1993, 22; Schneider 2000; Pfleiderer 2000).
2.2 Invasive Verfahren
Die invasiven Verfahren sind keine Routineuntersuchungen und werden nur bei bestimmten
Indikatoren einer Risikoschwangerschaft und im Idealfall nach einer genetischen Beratung
angewendet. Im Folgenden soll zunächst kurz dargestellt werden, unter welchen
Bedingungen man von einer Risikoschwangerschaft (siehe 4.1.2) spricht, bevor die
Verfahren im Einzelnen erläutert werden.
Nach Murken (1987) wird eine Risikoschwangerschaft festgestellt, wenn folgende Kriterien
erfüllt sind:
Hohes Risiko
•
Monogene Leiden
10%-50%
•
Pränataler Virusinfekt im 1./2. Monat
Mittleres Risiko
•
Alter der Mutter > 35
2%-10%
•
Multifaktorelle Leiden, zum Beispiel
auffälliger Ultraschallbefund
Niedriges Risiko
1%-2%
•
Pränataler Virusinfekt im 3./4. Monat
•
Vorangegangenes Kind mit
Chromosomen-Aberration
Tab. 3: Kriterien für eine Risikoschwangerschaft.
(Murken 1987, 8)
Bei Anwendung eines invasiven Verfahrens entsteht ein erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt.
Dies sollte jeder Frau bewusst sein, bevor sie sich einer Untersuchung unterzieht. Die
Abortwahrscheinlichkeit hängt vom Zeitpunkt des Eingriffs und der Erfahrung des
durchführenden Arztes ab (Braga, Kind & Haug 1993; Wilken 2002).
Die am häufigsten durchgeführten invasiven Verfahren sollen im Folgenden chronologisch
geordnet nach dem üblichen Zeitpunkt der Durchführung während der Schwangerschaft
erläutert werden.
2.2.1. Chorionzottenbiopsie
Methode:
Bei der Chorionzottenbiopsie wird eine Nadel bzw. eine Kanüle unter Ultraschallkontrolle in
die Plazenta eingeführt, um dann mit Hilfe einer Spritze eine Gewebeprobe zu entnehmen.
„Als Chorion bezeichnet man den embryonalen oder fetalen Teil der Plazenta, von dessen
Oberfläche zahlreiche fingerartige Strukturen oder ‚Zotten’ nach außen in die Auskleidung
der Gebärmutter hineinragen“ (Crespigny & Dredge 1993, 124).
Erstmals wurde die Chorionzottenbiopsie 1968 in Dänemark durchgeführt. Sie wurde dann
aber auf Grund zu vieler Fehlgeburten wieder verworfen. Nach einigen weltweiten Versuchen
und Änderungen wurde 1984 eine neue, risikoärmere Methode, die transabdominale
Chorionzottenbiopsie (Abb. 3), eingesetzt. Hierbei wird die Nadel ähnlich wie bei der
Abb. 3: Schematische Darstellung der
transabdominalen Chorionzotten-Entnahme.
(Tercanli & Holzgreve 2000, 325)
Abb. 4: Schematische Darstellung der
trankszervikalen Chorionzotten-Entnahme.
(Tercanli & Holzgreve 2000, 324)
Amniozentese (siehe 2.2.2) durch Bauchdecke und Gebärmutter in das Chorion eingeführt.
Eine weitere Methode besteht darin, eine Kanüle durch Gebärmutterhals und Muttermund in
die Gebärmutter und dann in die Nähe der Plazenta zu schieben. Diese Vorgehensweise
nennt man transzervikale Chorionzottenbiopsie (Abb. 4). Die Wahl der Methode hängt sehr
stark von der Erfahrung des behandelnden Arztes ab (Crespigny & Dredge 1993, 124ff.;
Tercanli & Holzgreve 2000).
Die Chorionzottenbiopsie ermöglicht im Gegensatz zur Amniozentese eine rasche
Karyotypisierung bereits im ersten Schwangerschaftsdrittel. Der eigentliche Durchbruch
dieser Methode kam durch den vermehrten Einsatz von Ultraschalluntersuchungen Mitte der
80er Jahre (Tercanli & Holzgreve 2000). In einigen Kliniken beobachtet man einen
Umschwung von der Amniozentese zur Chorionzottenbiopsie. Das frühere Ergebnis der
Untersuchung ist ein Vorteil, allerdings ist die Abortrate, laut Crespigny und Dredge (1993,
124) auch höher als bei der Fruchtwasseruntersuchung.
Beide Methoden sind meist nicht sehr schmerzhaft. Der Eingriff wird ambulant durchgeführt
und es wird empfohlen, sich in den folgenden Tagen etwas zu schonen (Crespigny & Dredge
1993, 124ff.).
Die aus der äußeren Begrenzung der Fruchtblase entnommenen Zotten sind – im Gegensatz
zu den Zellen, die man bei einer Fruchtwasseruntersuchung entnimmt – vital, das heißt, sie
können direkt untersucht werden und es muss nicht erst eine Zell-Kultur angelegt werden.
Das Ergebnis liegt folglich binnen einer Woche vor (Degener & Köbsell 1992, 48f.).
Zeitraum der Anwendung:
Die Chorionzottenbiopsie wird dann durchgeführt, wenn eine Karyotypisierung zu einem
frühen Zeitpunkt erwünscht ist. Die Chorionzotten entwickeln sich ab der vierten und sind bis
zur sechsten Schwangerschaftswoche über das ganze Chorion ausgebreitet. Daher ergibt
sich
als
günstiger
Zeitpunkt
für
die
Durchführung
dieser
Methode
die
8.-12.
Schwangerschaftswoche. Danach bilden sich die Chorionzotten zur Plazenta aus. Zu diesem
Zeitpunkt ist ein weiteres pränataldiagnostisches Verfahren möglich, das ähnlich wie die
Chorionzottenbiopsie durchgeführt wird: die Plazentazentese oder auch Plazentabiopsie, die
hier nur genannt werden soll (Brusis 1987; Tercanli & Holzgreve 2000).
Die Chorionzottenbiopsie wird deshalb von vielen Frauen in Anspruch genommen, weil sie
das Ergebnis bereits relativ früh, das heißt ungefähr in der 13. Schwangerschafts-woche,
erfahren. Zu diesem Zeitpunkt ist die Schwangerschaft für andere noch nicht sichtbar und die
Frau selbst spürt noch keine Bewegungen ihres Kindes – die Bindung scheint noch nicht so
groß
zu
sein.
Falls
sich
die
werdenden
Eltern
in
diesem
Fall
für
einen
Schwangerschaftsabbruch entscheiden, müssen keine Wehen eingeleitet werden, da die
Schwangerschaft noch durch Ausschaben des Embryos beendet werden kann (Crespigny &
Dredge 1993, 126f.).
Aussagekraft der Untersuchung:
Voraussetzung für einen aussagekräftigen Befund ist ausreichend vorhandenes Material. Bei
der Durchführung einer Studie in München gab es bei 5,8 % der untersuchten Frauen kein
aussagekräftiges Ergebnis und bei 2,0 % war es sehr unsicher. Das heißt, um sicher zu
gehen, musste ein weiteres pränataldiagnostisches Verfahren durchgeführt werden. Obwohl
genügend Material für die Untersuchung vorlag, war die Diagnose in einigen Fällen ungewiss
(Degener & Köbsell 1992, 49). Ein technischer Fehler, zu wenig Gewebe oder ein
Laborfehler ist bei diesem Verfahren häufiger als bei der Fruchtwasseruntersuchung. Die
Wiederholungsrate liegt zwischen zwei und zehn Prozent, je nach Erfahrung und Fertigkeit
des Arztes. Die höhere Fehlerquote ist auf das schwierigere Verfahren zurückzuführen.
Misslingt die erste Untersuchung, muss sie wiederholt werden. In manchen Fällen wird dann
auch eine Amniozentese (siehe 2.2.2) durchgeführt. Letztendlich sind mit Hilfe der
Chorionzottenbiopsie
verschiedene
Krankheiten
und
Chromosomenanomalien
zu
diagnostizieren. Allerdings kann mit Hilfe dieses Verfahrens nicht festgestellt werden, ob bei
dem
Kind
eine
Spina
bifida
vorliegt.
Diese
kann
mittlerweile
bei
einer
Ultraschalluntersuchung zwischen der 16. und 20. Schwangerschaftswoche festgestellt
werden (Crespigny & Dredge 1993, 124ff.).
Risikoeinschätzung dieser Methode:
Da die Chorionzottenbiopsie eines der neueren Verfahren der pränatalen Diagnostik ist,
werden bezüglich der Risikowahrscheinlichkeit oft Vergleiche mit der Amniozentese
gezogen. Infektionen durch das Einführen der Nadel, vaginal oder transabdominal sind
grundsätzlich möglich, bleiben allerdings bei einer sauberen Arbeitsweise nahezu aus. Auf
Grund des invasiven Verfahrens besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine
Fehlgeburt. Die Abortrate kann nur schwierig mit der Abortrate nach einer Amniozentese
verglichen werden, da es prinzipiell in der Frühschwangerschaft eine größere Anzahl an
Fehlgeburten gibt (Brusis 1987). Allgemein ist es schwierig festzulegen, wann eine
Fehlgeburt auf die vorherige Untersuchung zurückzuführen ist. Abhängig vom Alter der
schwangeren Frau liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Fehlgeburt ohne vorherige
Untersuchung bei circa 2,5% (nach der 10. Woche). Zwei Studien, die laut Crespigny und
Dredge (1993, 133ff.) in den USA und Kanada durchgeführt worden sind, zeigen, dass die
Abortrate, je nach Durchführung des Verfahrens, zwischen 3,2% und 4,3% liegt.
Von 1984 bis 1986 beteiligten sich bis zu 50 Zentren an einer Studie zur Erfassung des
Risikos der Chorionzottenbiopsie.
Abortrate nach Chorionzottenbiopsie
Oktober 1984
April 1985
Dezember 1986
N=2241
N=4586
N=10701
absolut
relativ
absolut
relativ
absolut
relativ
82
3,6
167
3,6
326
3,3
Tab. 4: Abortrate nach Durchführung der Chorionzottenbiopsie.
(Brusis 1987, 59)
Brusis (1987) geht davon aus, dass man die Abortrate nach einer Chorionzottenbiopsie
zwischen 3% und 5% ansiedeln sollte.
Baumann-Hölzle et al. (1995) gehen davon aus, dass das Fehlgeburtrisiko auf Grund der
Untersuchung zwischen 1,5% und 4% liegt. Hennen, Petermann und Sauter (2001, 72)
stufen das Risiko für eine Frühgeburt auf Grund der Chorionzottenbiopsie zwischen 1% und
4% ein.
Neueren Untersuchungen zu Folge vertreten Tercanli und Holzgreve (2000) die Auffassung,
dass kein signifikanter Unterschied im Fehlgeburtsrisiko zwischen der Chorionzottenbiopsie
und der Amniozentese auftritt. Weitere Komplikationen sind selten. Allerdings treten einige
wenige Fälle auf, in denen Kinder nach einer Untersuchung Extremitäten-Defekte aufweisen.
Hierfür besteht die Gefahr besonders bei äußerst frühen Eingriffen. Daher soll eine
Chorionzottenbiopsie möglichst nicht vor der 10. Schwanger-schaftswoche durchgeführt
werden.
Anwendungshäufigkeit:
Die Anzahl der invasiven vorgeburtlichen Diagnostik nimmt stetig zu mit der Tendenz, sich
auf alle schwangeren Frauen auszuweiten, so Nippert (1997).
Die Verlaufskurve gibt einen Einblick in die Zunahme der Chorionzottenbiopsien im
Bundesland Bayern in den letzten Jahren (Tab. 5).
Anzahl der Chorionzottenbiopsien
1600
1400
1200
1000
800
600
400
200
0
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1999
2000
2001
Tab. 5: Statistik über die Anzahl der durchgeführten Chorionzottenbiopsien in Bayern im Zeitraum von 1987 bis
2001.
(BAQ 1987-1998 & BAQ 1999-2001)
2.2.2 Amniozentese
Methode:
Die klassische Methode der Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung) wird seit Beginn der
70er Jahre durchgeführt. Unter Ultraschallkontrolle wird eine dünne Nadel durch die
Bauchdecke der schwangeren Frau in die Fruchtblase eingestochen (Abb. 5). Mit Hilfe einer
Spritze wird circa 12 ml Fruchtwasser aufgezogen, welches dann untersucht werden kann
(Stengel-Rutkowski 1997; Tercanli & Holzgreve
2000). Das entnommene Frucht-wasser enthält
abgelöste, lebende Zellen des ungeborenen Kindes,
welche im Labor bis zur Zellteilung kultiviert werden.
Daraufhin sind eine Chromosomen-Analyse, eine
DNA-Analyse und auch weitere biochemische Tests
möglich (Stengel-Rutkowski 1997; Kirchner-Asbrock
Abb. 5: Schematische Darstellung der
Amniozentese.
(Breckwoldt 2000, 295)
& Kurmann 1998; Tercanli & Holzgreve 2000).
Seitdem
das
Verfahren
unter
permanenter
Ultraschallkontrolle angewendet wird, lassen sich
unbeabsichtigte Verletzungen der Plazenta und des
Fetus besser vermeiden (Brusis 1987).
Früher war die Amniozentese teils mit Krankenhausaufenthalt oder strenger Bettruhe
verbunden, heutzutage ist sie ein ambulanter Eingriff. Einige Frauen fühlen sich erschöpft
und es wird empfohlen, sich etwas zu schonen. Oft ist es weniger eine physische, sondern
eher eine emotionale Erschöpfung (Crespigny & Dredge 1993, 115).
Zeitpunkt der Anwendung:
Die Fruchtwasseruntersuchung ist keine Routineuntersuchung und wird nur dann
angewendet, wenn bestimmte Indikatoren vorliegen, zum Beispiel ein erhöhtes Alter der
Mutter (> 35), ein positives Ergebnis aus einem Screening-Verfahren oder wenn es bereits
ein Kind mit Chromosomenanomalie in der Familie gibt (Miny & Holzgreve 2000).
Eine Amniozentese kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft durchgeführt werden,
wird allerdings in den meisten Fällen ab der 15. Schwangerschaftswoche angewendet, da
häufig erst dann genügend Fruchtwasser vorhanden ist. Die Auswertung dauert etwa zwei
Wochen, so dass das Resultat erst bekannt ist, wenn die Schwangerschaft schon bis zur
Hälfte fortgeschritten ist. Der Fetus ist dann meist schon spürbar (Braga et al. 1993).
Sowohl Frühamniozentesen vor der 15. Schwangerschaftswoche, als auch Spätamniozentesen nach der 22. Schwangerschaftswoche sind grundsätzlich möglich, allerdings
mit größeren Risiken behaftet (Stengel-Rutkowski 1997; Tercanli & Holzgreve 2000).
Aussagekraft der Untersuchung:
Die Untersuchung ist in den letzten Jahren sehr verfeinert worden, und man kann mit großer
Sicherheit davon ausgehen, dass sie erfolgreich durchgeführt wird. Allerdings kann es auch
bei erfahrenen Ärzten zu Problemen kommen und bei durchschnittlich 1% der Frauen muss
die Untersuchung wiederholt werden, so Miny und Holzgreve (2000).
Die Amniozentese bietet eine zuverlässige Methode zum Ausschluss bzw. zur Diagnose von
kindlichen Erkrankungen. „Die diagnostische Zuverlässigkeit ist hoch“ (Miny & Holzgreve
1990, 50).
Risiko der Anwendung:
Auf Grund des Einstichs in die Gebärmutter birgt die Amniozentese einige Risiken und
Nebenwirkungen, die zu Komplikationen für die Mutter oder den Fetus führen können. Diese
müssen vor dem Eingriff kritisch betrachtet werden und in das Verhältnis zu dem zu
erwartenden Ergebnis gesetzt werden (Brusis 1987). Die am meisten gefürchtete
Komplikation ist eine durch die Untersuchung verursachte Fehlgeburt. 1991 veröffentlichte
Clees seine Dissertation, in der er 12157 Fruchtwasseruntersuchungen im Zeitraum
zwischen 1972 und 1985 auswertete und auch die Abortrate untersuchte. Insgesamt kam es
bei den 12157 durchgeführten Amniozentesen in der Uni-Frauenklinik Ulm zu 139 Aborten
(1,1%) (Clees 1991, 104). Es wurden laut Brusis (1987) einige Studien durchgeführt, um dies
zu überprüfen bzw. zu widerlegen. Allerdings zeigten alle Untersuchungen eine erhöhte
Fehlgeburtenzahl nach einer Fruchtwasseruntersuchung. In der folgenden Tabelle (Tab. 6)
sind zwei weitere Studien angeführt, die zur Aufdeckung der Abortrate nach einer
Amniozentese durchgeführt wurden.
Abortrate nach Amniozentese
DFG-Studie
N=9017
absolut
relativ
106
1,8
1.UFK München
N=1159
absolut
relativ
16
1,3
Tab. 6: Abortrate nach Durchführung der Amniozentese.
(Brusis 1987, 59)
Das Risiko genau zu quantifizieren ist schwierig, da Ärzte unterschiedliche Methoden
verwenden. Baumann-Hölzle et al. (1995) gehen davon aus, dass das Fehlgeburtenrisiko
meist unter 1% angegeben wird.
Crespigny
und
Dredge
(1993,
116)
stützen
ihre
Annahme,
dass
die
Fruchtwasseruntersuchung die Abortrate von 0,7% (nach der 16.Woche) um ungefähr 0,5
Prozentpunkte erhöht, auf weltweite Untersuchungen. Hennen, Petermann und Sauter
(2001, 72) gehen von einem Abortrisiko von circa 1% aus.
Viele Frauen fürchten, dass die Nadel das Kind in ihrer Gebärmutter treffen könnte. Die
meisten Verletzungen entstanden hingegen, als die Amniozentese noch ohne Verwendung
des Ultraschalls durchgeführt wurde. Dieser ermöglicht heute, dass der Arzt die Nadel
genauestens beobachten und lenken kann. Damit kann er auch jeder Bewegung des Kindes
ausweichen. Andere Studien, in denen die Kinder nach der Fruchtwasseruntersuchung
beobachtet wurden, zeigten keine weiteren Risikofaktoren (Brusis, 1987; Crespigny &
Dredge 1993, 116f.).
Für die Mutter sind die Untersuchungsrisiken gering. Theoretisch kann das Eindringen der
Nadel in die Gebärmutter eine Infektion erzeugen. Dies ist aber nur äußerst selten der Fall.
Neuere Studien zeigen, laut Crespigny und Dredge (1993, 115ff.), dass bei 2% bis 3% der
Untersuchungen ein zweites Einführen der Nadel nötig ist. Es scheint, dass die Abortrate mit
jedem Nadeleinstich steigt.
Anwendungshäufigkeit:
Das folgende Diagramm zeigt die Anzahl der durchgeführten Amniozentesen bis zur 22.
Schwangerschaftswoche in Bayern in den letzten Jahren (Tab. 7). Der nicht so rasante
Anstieg ist wohl darauf zurückzuführen, dass immer mehr Frauen die zeitlich eher
durchgeführte Chorionzottenbiopsie für sich in Anspruch nehmen.
Anzahl der Amniozentesen bis zur 22. Schwangerschaftswoche
10000
9000
8000
7000
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
b. 7: Statistik über die Anzahl der durchgeführten Amniozentesen im Zeitraum von 1987 bis 2001.
(BAQ 1987-1998 & BAQ 1999-2001)
2.2.3 Kordozentese
2001
Ta
Methode:
Die Methode der Kordozentese (Nabelschnurpunktion) wurde erstmals 1983 vorgestellt
(Daffos,
Capella-Pavlovsky
&
Forrestier
1983, zitiert nach Arias 1994, 61). Eine
Methode zur Gewinnung fetalen Blutes ist
die Kordozentese. Hierbei wird ähnlich wie
bei
den
zuvor
aufgeführten
invasiven
Verfahren unter Ultraschallbeobachtung eine
dünne Nadel durch die Bauchdecke und die
Gebärmutter der schwangeren Frau in die
Nabelschnur gestochen, um so fetales Blut
zu gewinnen (Abb. 6) (Tercanli & Holzgreve
Abb. 6: Schematische Darstellung der
Kordozentese unter Ultraschallansicht.
(Tercanli & Holzgreve 2000, 330)
2000). „Sobald die Nadel die Nabelschnur
erreicht hat, wird sie solange hin und her
bewegt, bis ihre Spitze in eines der Blutgefäße eindringt und man Blut in die Spritze
aufziehen kann” (Crespigny & Dredge 1993, 165). Für die Karyotypisierung benötigt man
circa 1 ml des fetalen Blutes. Bevor ein Karyogramm erstellt wird, geht man mit Hilfe eines
Schnelltestes sicher, dass es sich bei der Probe nicht um Blut der Mutter handelt. Für die
Empfindung der Frau unterscheidet sich diese Methode im Prinzip nicht von der
Amniozentese (Arias 1994, 61). Das Verfahren wird meist dann angewendet, wenn Auskunft
über die Blutgruppe des Kindes nötig ist: bei Verdacht auf eine fetale Anämie oder andere
den
Blutkreislauf
des
Kindes
betreffende
Schädigungen
oder
auch
zur
Chromosomenanalyse. Letztere ist häufig dann erforderlich, wenn die Kordozentese
durchgeführt wird, nachdem eine vorherige Untersuchung Unklarheiten aufweist und man
möglichst schnell das Ergebnis bestätigen möchte (Breckwoldt 2000).
Zeitpunkt der Anwendung:
Der Eingriff kann jederzeit nach der 16. Schwangerschaftswoche vorgenommen werden. Die
Punktion ist einfacher, je weiter die Schwangerschaft bereits fortgeschritten ist, da die
Nabelschnur dann dicker ist. Daher kann die Nadelschnurpunktion auch dann noch
durchgeführt werden, wenn es für die vorher beschriebenen invasiven Verfahren bereits zu
spät ist (Crespigny & Dredge 1993, 165; Baumann-Hölzle et al. 1995, 33). Liegt eine
Rhesus-Unverträglichkeit bei Mutter und Kind vor, kann auf diese Weise das Ausmaß
bestimmt werden und gegebenenfalls eine Bluttransfusion durchgeführt werden. Die
Nabelschnurpunktion bietet eine schnellere und zuverlässigere Diagnostik als die
Fruchtwasseruntersuchung. Das Ergebnis liegt spätestens innerhalb einer Woche vor
(Wolfdietrich 1987). Arias (1994) stellt fest, dass der Eingriff nach der 25. Schwangerschaftswoche relativ einfach ist, während er um die 18. Schwangerschaftswoche nur von
einem äußerst erfahrenen Arzt durchgeführt werden sollte.
Aussagekraft der Untersuchung:
Das entnommene Blut muss sorgfältig daraufhin überprüft werden, ob es auch sicher reines
fetales Blut ist. Erst dann kann man eine aussagekräftige Diagnostik vornehmen (Tercanli &
Holzgreve 2000). Die Untersuchungsergebnisse sind auf Grund des Zugangs zu fetalem Blut
sehr genau (Baumann-Hölzle et al. 1995, 33).
Risiko der Anwendung:
Wenn der Eingriff von einem erfahrenen Arzt durchgeführt wird, liegt die Wahrscheinlichkeit
für eine Fehlgeburt bei circa 1%, stark abhängig von dem Verlauf der Schwangerschaft. In
durchgeführten Studien lag die Verletzungshäufigkeit des Fetus unter 1% und die
Abortwahrscheinlichkeit zwischen 1% und 5% (Tercanli & Holzgreve 2000). Baumann-Hölzle
et al. (1995, 33) gehen davon aus, dass die Fehlgeburtsrate zwischen 2% und 7% liegt.
Neben dem Tod des Kindes besteht ein weiteres Risiko darin, dass der Einstich zu
anhaltender Blutung der Nabelschnur führen kann. In den meisten Fällen kommt die Blutung
aber nach weniger als einer Minute zum Stillstand (Crespigny & Dredge 1993, 166;
Baumann-Hölzle et al. 1995, 33).
2.2.4 Weitere Verfahren
Die folgenden Verfahren sollen der Vollständigkeit halber auch genannt werden, wobei deren
Anwendung weit weniger verbreitet ist als die Chorionzottenbiopsie, die Amniozentese und
die Nabelschnurpunktion. Die Amnioskopie wird heute fast nicht mehr angewendet. Sie
ermöglicht die qualitative Beurteilung des Fruchtwassers durch eine Spiegelung des
Vorwassers. Die Fetoskopie ist die unmittelbare Betrachtung des Fetus (Abb. 7). Sie wird in
der Regel zwischen der 16. und 18.
Schwangerschaftswoche durchgeführt und
bietet einen unmittel-baren Blick auf den
Fetus. Hierzu wird ein Endoskop in die
Aminonhöhle
eingeführt.
Untersuchung
Diagnose
dient
von
hauptsächlich
Hautkrankheiten
Diese
der
und
Fehlbildungen, die mit Hilfe des Ultra-schalls
Abb. 7: Schematische Darstellung der Fetoskopie.
(Tercanli & Holzgreve 2000, 327)
nicht erkennbar sind. Dieses Verfahren wird nur in seltenen Fällen durchgeführt und geht auf
eine spezielle Indikation zurück (Breckwoldt 2000).
2.3 Präimplantationsdiagnostik
Auf Grund der aktuellen Diskussion um die Präimplantationsdiagnostik, des engen Bezugs,
den sie zur pränatalen Diagnostik hat und ähnlicher ethischer Diskussionen, die dabei
entstehen, soll in diesem Punkt ein Überblick über den momentanen Stand der
Präimplantationsdiagnostik gegeben werden.
Unter Präimplantationsdiagnostik versteht man „die Diagnostik an einem in-vitro befindlichen
Embryo vor seinem Transfer in den mütterlichen Organismus“ (Hillebrand, Lanzerath, Piro,
Schmitz & Weiffen 2003). Nach der Befruchtung im Reagenzglas werden dem Embryo, in
den ersten Teilungsstadien – meist am dritten Tag nach der Befruchtung – Zellen
entnommen, die man auf das Vorliegen krankheitsrelevanter Merkmale untersucht. Wenn ein
positiver Befund aufgedeckt wird, dann wird der Embryo nicht in den Mutterleib eingepflanzt.
Bei der Präimplantationsdiagnostik wird eine Zelle in einem Stadium verwendet, das als
totipotent gilt. Das heißt, aus der extrahierten Zelle hätte sich noch ein Embryo entwickeln
können (Schneider 1999; Hillebrand, Lanzerath, Piro, Schmitz & Weiffen 2003).
Dieses Verfahren ist in Deutschland auf Grund des am 13. Dezember 1990 in Kraft
getretenen Embryonenschutzgesetzes nicht erlaubt (siehe 4.2.2) (Pfleiderer 2000). Eindeutig
verboten ist die Entnahme totipotenter Zellen. Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft
kann erst bei Embryonalzellen jenseits des 16. Zellstadiums davon ausgegangen werden,
dass sie keine Totipotenz mehr aufweisen, das heißt, die Herstellung zu einem anderen
Zweck als zum Herbeiführen einer Schwangerschaft kann ausgeschlossen werden (Hennen,
Petermann & Sauter 2001, 90f.). Kollek (2000) ist der Ansicht, dass nicht die Entnahme der
Zellen zum Zweck der Diagnostik gesetzeswidrig ist, sondern die bei positivem Befund
folgende Vernichtung des Embryos.
In
zehn
Staaten
der
Europäischen
Union
und
in
den
USA
wird
die
Präimplantationsdiagnostik jedoch „erfolgreich“ durchgeführt. Weltweit wurden bereits mehr
als 100 Kinder mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik geboren. In Deutschland gibt es unter
den verschiedensten Personengruppen hohen Diskussionsbedarf (Ärzte Zeitung 2001). Die
Bundesärztekammer greift 2000 in einem Diskussionsentwurf zentrale Punkte auf. Im
Zentrum der ethischen Diskussion steht die Tatsache, dass ein Embryo mit einer
genetischen Schädigung nicht transferiert wird. Grundsätzliche ethische Entscheidungen
betreffen
in
diesem
Fall
primär
die
Eltern
und
Ärzte,
die
sich
mit
der
Präimplantationsdiagnostik beschäftigen. Sekundär wirkt sie sich aber auch auf die
Gesellschaft und deren Menschenbild aus. Ebenso wie bei der Pränataldiagnostik kann
immer mehr das unreflektierte Bild entstehen, Behinderung sei vermeidbar und brauche es in
der heutigen Zeit nicht mehr zu geben.
Denkbar wäre im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik nicht nur die frühe Selektion einer
Chromosomen-Aberration, sondern zum Beispiel auch die frühe Geschlechtswahl des
Kindes (Willenbring 1999, 40). Die Bundesärztekammer (2000) möchte in ihrem
Diskussionsentwurf zum gesamtgesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess beitragen. Die
Präimplantationsdiagnostik deckt Sachverhalte auf, die nur schwer miteinander vereinbar
sind. Auf der einen Seite verhilft ärztliches Handeln zu einer Schwangerschaft und zur
Entwicklung neuen menschlichen Lebens, aber auf der anderen Seite wird diese
Schwangerschaft nur unter Vorbehalt eines „gesunden Embryos“ ausgetragen. Die Frage, ob
es sich bei Nicht-Einpflanzen eines Embryos um Tötung handelt oder nicht, wird von
unterschiedlichen Personengruppen verschieden beantwortet. Die Bundesärztekammer
orientiert sich an einem Menschenbild, das nicht davon geprägt ist, den Menschen auf die
Summe seiner Gene zu reduzieren, „sondern vielmehr von Respekt vor allen Menschen,
einschließlich denen mit geistigen, seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen“
(Bundesärztekammer 2000). Die Bundesärztekammer ist sich in ihrem Diskussionsentwurf
einig, dass keinerlei eugenische Ziele anhand der Präimplantationsdiagnostik verfolgt
werden
dürfen.
Die
folgenden
Punkte
sind
eindeutig
keine
Indikation
für
eine
Präimplantationsdiagnostik:
•
Die Bestimmung des Geschlechts, ohne dass dies zur Krankheitsbestimmung
notwendig ist
•
Das bereits fortgeschrittene Alter der Eltern
•
Eine Sterilitätstherapie durch assistierte Reproduktion
(Bundesärztekammer 2000).
Durch Fortschritte in der Forschung entstand eine Verbindung zweier unterschiedlicher
Indikationsebenen. Zum einen ist die in-vitro-Fertilisation ein Verfahren, das einem ungewollt
kinderlosen Paar zu einer Schwangerschaft verhelfen kann. Auf der anderen Seite bietet sich
die Möglichkeit, die Embryonen auf mögliche genetische Defekte zu untersuchen und im Fall
eines pathologischen Befundes den Embryo absterben zu lassen und die Schwangerschaft
eines geschädigten Kindes nicht einzuleiten. Dieser selektive Einsatz, den die künstliche
Befruchtung mit sich zieht, ist mit dem in Deutschland geltenden Embryonenschutzgesetz
nicht vereinbar und daher gesetzlich verboten (Hepp 1999).
Laut Hepp (2001) stellt sich die zentrale Frage: Berührt die Präimplantationsdiagnostik die
Menschenwürde? Im Bereich der Naturwissenschaften ist man sich einig über den Beginn
menschlichen Lebens, allerdings kann man den Beginn personalen Lebens nicht an
Kategorien der Naturwissenschaften fest machen. „Es geht hierbei um die Einführung eines
Wertaxioms: Ob und inwieweit wir neuem artspezifischen und in seiner Potenzialität auf
personales Leben hin angelegten Leben Wertschätzung und damit Schutzwürdigkeit
zuerkennen und vor allem, wie absolut wir diese setzen“ (Hepp 2001, 191). Hierzu gibt es in
Europa keine einheitliche Meinung.
In der folgenden Tabelle sind gesammelte Pro- und Contra-Argumente für die Anwendung
der Präimplantationsdiagnostik zusammengefasst (Tab. 8):
PRO
CONTRA
Wunsch eines Paares mit starker genetischer
Belastung auf ein gesundes Kind
Bewertung embryonalen menschlichen Lebens
unter dem Aspekt eventuell gezielter Selektion
Psychische und physische Belastung durch
späten Schwangerschaftsabbruch nach
„Schwangerschaft auf Probe“ – Durchführung von
Pränataldiagnostik
Entscheidung zur Selektion leichter in-vitro als
später in-vivo – Reduktion der Ehrfurcht vor
dem menschlichen Leben
Diagnose einer genetischen Störung des
Embryos vor Eintritt der Schwangerschaft
Öffnung zur allgemeinen Akzeptanz und
Anspruch auf das „Kind nach Maß“
Diskriminierung von Leid und Behinderung
Eventuelle Verminderung der Lebenschance
des „Restembryos“ durch diagnostische
Manipulation
Tab. 8: Pro- und Contra-Argumente der Präimplantationsdiagnostik.
(Hepp 2001, 193)
Mittels obiger Argumente wird der Interessenskonflikt deutlich, der sich durch diesen
medizinischen „Fortschritt“ für betroffene Eltern, Ärzte und letztendlich für die Gesellschaft
darstellt. Hepp (2001) spricht dem Für und Wider eine große Bedeutung bei, und eine
Rangordnung hinsichtlich der ethischen Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik kann
nicht aufgestellt werden. Eine klare Lösung des Konflikts ist nur durch den Verzicht einer
weiteren Schwangerschaft oder die Adoption eines Kindes möglich. Ein Mittelweg könnte
eingeschlagen werden, indem man die Präimplantationsdiagnostik nur für Frauen zugänglich
macht, die an einer unheilbaren genetischen Krankheit leiden und mit Hilfe der
Präimplantationsdiagnostik eine „Schwangerschaft auf Probe“ mit Spätabtreibung verhindern
möchten.
Dieses Zugeständnis müsste aber äußert kritisch betrachtet werden, da es ein erster Schritt
in Richtung Legalisierung der Präimplantationsdiagnostik wäre. Die Hemmschwelle, ein Kind
auch bei einer weniger schwerwiegenden genetischen Abweichung abzutreiben, kann leicht
überschritten werden. Da die Zukunft sicher neue und verbesserte Testmöglichkeiten bieten
wird, ist die „zunehmende Inanspruchnahme eines umfangreichen ‚Check-up’ von
Embryonen auf verschiedenste genetische Merkmale nicht auszuschließen“ (Hennen,
Petermann & Sauter 2001, 88).
Hepp (1999) betont, dass die Präimplantationsdiagnostik auf keinen Fall als vorverlegte
Pränataldiagnostik betrachtet werden kann. Er geht davon aus, dass die konventionelle
pränatale
Diagnostik
keinen
primär
selektiven
Charakter
hat.
„Im
Zentrum
der
konventionellen Pränatalmedizin steht der informative, über Beratung nicht selten
lebenserhaltende und in Einzelfällen auch intrauterin-therapeutische Ansatz“ (Hepp 1999,
25f.). Wird die Pränataldiagnostik allerdings angewendet, um die Geburt eines gesunden
Kindes zu erzwingen, so ist die Präimplantationsdiagnostik tatsächlich eine vorverlegte
Pränataldiagnostik: Im Falle eines positiven Befundes wird die Schwangerschaft
abgebrochen – das heißt es ist eine gezielte „Schwangerschaft auf Probe“. Geht man von
dieser Analogie aus, ist die Präimplantationsdiagnostik nur dann rechtmäßig zu verbieten,
wenn auch die „Schwangerschaft auf Probe“ ein Verstoß gegen das Gesetz ist. Durch die
neuen Möglichkeiten sind wir dazu herausgefordert, uns mit ethischen, medizinischen und
rechtlichen Argumenten kritisch auseinander zu setzen (Hepp 2001).
2.4 Reflexion
Dieses Schaubild soll einen zusammenfassenden Überblick über nicht-invasive und invasive
Verfahren geben (Abb. 8).
Abb. 8: Überblick über nicht-invasive und invasive Verfahren der Pränataldiagnostik.
(Murken 1987, 8)
Nachdem ein Überblick über die unterschiedlichen Verfahren gegeben ist, stellt sich die
Frage, inwieweit diese Untersuchungen zum Beispiel Einfluss auf die Anzahl der Kinder, die
mit Down-Syndrom geboren werden, haben.
Binkert, Mutter und Schinzel (1999) führten hierzu eine Studie durch, die aufdecken soll,
inwieweit die pränatale Diagnostik die Häufigkeit von Neugeborenen mit Down-Syndrom
beeinflusst. Durch die sich immer weiter verbreitenden Ultraschall-Screenings und das
Triple-Test-Screening steigt die vorgeburtliche Entdeckungsrate von Kindern mit DownSyndrom, da auch Mütter unter 35 nach einem auffälligen Screening-Befund meist weitere
Untersuchungen durchführen lassen. Bis circa 1985 wurde meist nur bei Frauen über 35 ein
Kind mit Down-Syndrom durch Anwendung von pränataler Diagnostik erkannt. In der
Zeitspanne von 1992 bis 1996 wurde bereits bei einem Drittel der 30- bis 34jährigen Frauen
und bei einem Viertel der 25- bis 29jährigen eine Trisomie 21 pränatal nachgewiesen.
Obwohl die Abbruchsrate nach dem pränatalen Befund eines Down- Syndrom Kindes sehr
hoch ist, zeigten die Ergebnisse der Studie, dass die Häufigkeit der mit Trisomie 21
geborenen Kinder seit 1985 nicht rückläufig ist. Dieses Ergebnis lässt sich durch das
Ansteigen des mittleren Alters der werdenden Mütter erklären. Zwischen 1980 und 1996
stieg das mittlere Alter einer Mutter von 26 auf 30 Jahre und damit auch die
Wahrscheinlichkeit der Geburt eines Kindes mit Down-Syndrom. In diesem Fall verhindert
die pränatale Diagnostik eine Erhöhung der Kinder mit Down-Syndrom (Binkert, Mutter &
Schinzel 1999). Die Zunahme des Interesses für pränataldiagnostische Verfahren und die
Ausweitung pränataldiagnostischer Screening-Verfahren wird wahrscheinlich zukünftig einen
Rückgang der Kinder mit Chromosomen-Anomalien zur Folge haben.
„Ja zur Amniozentese
nein zur Amniozentese
ja zur Amnio
ja zur Abtreibung
ja zur Amnio“
Mutter (Katz Rothmann 1989, 58)
3. Entscheidung für oder gegen die Anwendung pränataldiagnostischer Verfahren
Neben den Ultraschalluntersuchungen wird keines der pränataldiagnostischen Verfahren als
Routineuntersuchung
vorgeburtlichen
angewendet.
Untersuchung
Daher
(meist
hängt
invasive
die
Durchführung
Verfahren)
von
einer
weiteren
unterschiedlichen
Bedingungen ab. Der häufigste Indikator für weitere Untersuchungen ist das Alter der Mutter.
In den folgenden Abschnitten sollen diese und weitere Bedingungen sowie die
Voraussetzungen näher beleuchtet werden. Des Weiteren spielen meist das elterliche
Wertesystem, die Kirche und die Medien eine wichtige Rolle bei der Entscheidung. Zur
Verdeutlichung
des
Entscheidungsprozesses
sollen
ausgewählte
Kommentare
verschiedener Frauen dienen.
Für viele Frauen ist die Entscheidung über Inanspruchnahme pränataler Diagnostik
schwierig und bringt Konflikte mit sich, „da sie irreversibel ist und beträchtliche persönliche
Konsequenzen nach sich ziehen kann“ (Wiedebusch 1997, 132).
Laut Nippert und Horst (1994, 85) leiden Frauen auf Grund der Entscheidung für oder gegen
ein pränatales Verfahren unter Ängsten und psychischem Stress.
„Die psychische Belastung, die Gedanken, die oft unbeschreiblich sind, von Gefühlen
hin und her gerissen, und man weiß gar nicht mehr, wie man sich entscheiden soll
[...]“
Lehrerin, Alter 37, Indikation Alter (Nippert & Horst 1994, 85).
Die Entscheidung für die pränatale Diagnostik wird zum Beispiel mit der Gesundheit des
Kindes, Chromosomen-Aberrationen, Stoffwechselstörungen oder des „hohen“ Alters der
Mutter begründet. In diesem Fall spricht man von einer „medizinischen Indikation“. Wird eine
pränatale Diagnostik zum Beispiel auf Grund großer Ängste der Mutter vor einem
behinderten Kind angewendet, so spricht man von einer „psychischen Indikation“ (Nippert
1994). Wie auch Bernath (1991) bin ich der Meinung, dass die Folgen der pränatalen
Diagnostik im Falle eines positiven Befundes oft nur ungenügend dargestellt werden.
Tatsache ist, dass die pränatale Diagnostik „heute nahezu ausschließlich auf die
Feststellung einer Krankheit oder einer Schädigung mit nachfolgender Tötung des
Krankheitsträgers abzielt“ und nur selten auf Therapiemaßnahmen (Bernath 1991, 130).
In den folgenden Punkten soll ein Überblick über unterschiedliche Bedingungsvariablen
gegeben werden (Abb. 9), von denen Frauen die Durchführung einer pränatal-
diagnostischen Untersuchung abhängig machen, und die dann zu einem späteren Zeitpunkt
eventuell den Ausgang der Schwangerschaft bestimmen.
Abb. 9: Variablen bei der Entscheidung über die Inanspruchnahme pränataler Diagnostik.
(Wiedebusch 1997, 135)
3.1 Personenvariablen
3.1.1 Individuelle Risikoeinschätzung
„Ich trau’ mich nicht, mich auf mein Gefühl zu verlassen“
Lehrerin, Alter 39 (Schindele 1990, 112).
Ein Faktor für bzw. gegen die weitere Durchführung pränataldiagnostischer Untersuchungen
hängt stark von der subjektiven Einschätzung des Risikos der jeweiligen Frau ab. Die
Einschätzung des Risikos der Geburt eines behinderten Kindes geht mit der allgemeinen
Risikowahrnehmung der Frau bzw. der werdenden Eltern einher. Neigt man eher dazu,
jegliches Risiko zu meiden, auch für einen höheren Preis, oder ist man eher dazu geneigt,
auf Grund fehlender Information auch nicht zu handeln (Wüstner 2000, 193)? Bezogen auf
die pränatale Diagnostik könnte man dies so interpretieren: Möchte man zum Beispiel eher
mit Durchführung einer Amniozentese eine Chromosomenabweichung ausschließen und
nimmt dafür eine erhöhte Fehlgeburtsrate auf Grund des Eingriffs in Kauf? Oder räumt man
sich das Recht ein, kein invasives Verfahren durchzuführen, somit auch keine genaue
Information über eventuelle Chromosomenabweichungen zu haben, so dass aber auch kein
erhöhtes Fehlgeburtrisiko besteht, und wartet die Geburt des Kindes ab.
Katz Rothmann (1989, 85) beschreibt die Schwierigkeit, die sich bei der Risikoeinschätzung
ergibt, sehr anschaulich. „Ich finde allerdings, daß wir es hier wohl eher mit einem Apfel- und
Apfelsinen-Problem zu tun haben: man kann sie nicht zusammenaddieren. Kann man die
Gefahr einer Fehlgeburt denn wirklich gegen das Risiko von Down-Syndrom abwägen und
behaupten, sie sind gleichwertig, wenn die Zahlen übereinstimmen?“
Die individuelle Risikoeinschätzung ist äußerst subjektiv und zusätzlich sicher stark abhängig
von den weiteren Variablen. Außerdem ist die Wahrnehmung von Risiken meiner Ansicht
nach auch stark geprägt von Ereignissen des persönlichen Lebenslaufes und deren
Verarbeitung.
Allgemein nehmen pränataldiagnostische Verfahren Frauen die Angst, ein behindertes Kind
zu gebären. Durch die Medien und manchmal auch durch Ärzte wird teilweise der Eindruck
vermittelt, dass Dank der pränatalen Diagnostik „alles im Griff ist“. „Ausgeblendet wird hierbei
die Kehrseite, das, was auch zur Entfaltung des Lebens gehört: Föten, die von der Norm
abweichen, Kinder, die unter der Geburt geschädigt werden, Fehl- oder Totgeburten“
(Schindele 1990, 115).
3.1.2 Abwägen des Nutzens eines Verfahrens für die eigene Person
Warum nehmen schwangere Frauen pränatale Untersuchung in Anspruch und welchen
Nutzen ziehen sie subjektiv daraus? Nippert (1999) sieht die Bestätigung, dass das Kind
gesund ist, als größten Nutzen für die Frau. Nur selten wird die pränatale Diagnostik kritisch
beurteilt.
Außerdem soll die Belastung, die ein positiver Befund bei der Frau auslösen würde,
analysiert werden. Das Abwägen des Nutzens der Pränataldiagnostik für die eigene Person
ist natürlich stark abhängig von dem Umfeld der jeweiligen Frau und wie selbstbewusst sie
ihren Standpunkt vertreten kann und möchte. Es besteht die Gefahr, dass Frauen einem zu
starken Druck von außen ausgesetzt sind.
„Das Beschämende dabei ist, daß es gar nicht meine eigenen Kategorien sind,
sondern die, die ich im vorauseilendem Gehorsam gegenüber anderen antizipiere.
Das rührt daher, daß ich den Druck, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, als sehr
stark empfinde [...]“
Kaufmännische Angestellte, Alter 35 (Nippert & Horst 1994, 91).
In der Untersuchung von Nippert und Horst entschieden sich 71,8% der befragten Frauen für
eine pränataldiagnostische Untersuchung, da sie es nicht für verantwortbar hielten, ein
behindertes Kind auf die Welt zu bringen. 76,7% der Frauen wollten dem Kind Leid ersparen,
indem sie sich durch pränatale Diagnostik absicherten (Nippert & Horst 1994, 83 f.).
Damit die Frau den Nutzen für sich abwägen kann, ist es notwendig, dass sie sich über die
zugrundeliegenden Fakten und folgenden Konsequenzen im Klaren ist und einen für sich
vertretbaren Standpunkt gefunden hat. Erst dann kann eine Entscheidung so rational wie
möglich getroffen werden.
3.1.3 Persönliche Einstellung zum Schwangerschaftsabbruch
Diejenigen Eltern, die auf Grund ihrer Wertvorstellungen oder auch aus religiösen Gründen
der Meinung sind, dass sie nicht das Recht haben, über Leben und Tod eines Kindes zu
entscheiden, verzichten meist auf eine pränatale Diagnostik. „Sie wünschen sich zwar kein
behindertes Kind, sagen aber ja zum Risiko und ja zu jedem Kind“ (Grond 1993, 73f.). Eine
Familie, die bereits ein Kind nach einem halben Jahr auf Grund eines angeborenen
Chromosomenfehlers frühzeitig verlor, entschloss sich auch in der zweiten Schwangerschaft
gezielt gegen die pränatale Diagnostik:
„Wir wollten ein Kind haben, uns ging es nicht darum, ein nichtbehindertes Kind zu
bekommen“
Frau (Tolmein 1993, 51).
„Du kriegst ein Kind, und dann ist es dein Kind, und egal wie es sich entwickelt, es
bleibt dein Kind“
Sozialpädagogin, Alter 36 (Schindele 1990, 123).
„Der Hauptgrund, warum ich den Test ablehne, ist, daß man das Ergebnis erst im
fünften Schwangerschaftsmonat erhält; d.h. also keine Dilatation und Curettage,
sondern eingeleitete Wehen, durch die ein Kind geboren wird, das stirbt, weil es nicht
lebensfähig ist. Dieser Fötus wird dann in den Müll geworfen und abtransportiert. Ich
könnte das meinem Kind nie antun. Niemals. Und dann wußte ich auch, daß ich mein
Kind unter allen Umständen lieben würde“
Emily, bereits ein Kind mit Down-Syndrom über die Entscheidung für oder gegen eine
Amniozentese (Katz Rothmann 1989, 74).
Dem gegenüber steht die Gruppe von Eltern, die einem Schwangerschaftsabbruch prinzipiell
nicht abgeneigt ist. Jene stehen in diesem Fall vor einer größeren Konfliktsituation. Sie
müssen sich zunächst entscheiden, ob sie weitere pränataldiagnostische Verfahren
durchführen lassen, und dann stehen sie bei einem eventuellen positiven Befund erneut vor
einer Entscheidung (Grond 1993).
Das folgende Zitat stammt von einer Frau, die sich im Entscheidungskonflikt befindet:
„Auf der einen Seite bin ich gegen Abtreibung und glaube, ich könnte jedes Baby, das
ich austrage, auch annehmen und akzeptieren; aber andererseits ist mir auch klar,
was für eine enorme ‚Last’ ein schwer behindertes Kind wäre, und ich würde eben
doch zögern, diese Belastung auf mich zu nehmen...Aber...wo kann man denn da die
Grenze ziehen? Habe ich das Recht, meinem Fötus das Leben zu nehmen, wenn
auch nur eine geringe Chance besteht, daß er kreatives Potential in sich trägt“
Frau (Katz Rothman 1989, 76)?
Wichtig ist, dass jede werdende Mutter das Recht hat, frei zu entscheiden, welchen Weg sie
für sich und ihr Leben wählt und sich nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeengt fühlt. Um
eine gezielte Entscheidung treffen zu können, ist es nötig, möglichst viele Informationen als
Grundlage und Entscheidungshintergrund zu sammeln, so Grond (1993).
3.2 Umweltvariablen
Neben
den
Personenvariablen
hängt
die
Entscheidung
von
unterschiedlichen
Gegebenheiten der Umwelt und des Lebensraumes der werdenden Eltern ab.
3.2.1 Gesellschaftlicher Handlungsdruck
In unserer Gesellschaft scheint es, dass eine pränatale Diagnostik während der
Schwangerschaft als „sozial norm-konformes“ Verhalten angesehen wird. Dennoch stimmten
in einer Studie von Nippert und Horst (1994, 91) nur 12,6% der Frauen dieser Annahme zu.
73,4 % der Frauen gaben an, dass sie nicht auf Grund gesellschaftlicher Erwartungen
pränatale Diagnostik durchführen ließen.
Des Weiteren deckten Horst und Nippert (1994) auf, dass 75,6% der befragten Personen der
Ansicht sind, dass behinderte Menschen in unserer Gesellschaft vermutlich nie
angemessene Unterstützung bekommen. Unter diesem Blickwinkel ist meiner Meinung nach
die folgende Ansicht von Wüstner (2000, 165) zu betrachten. Er ist der Meinung, dass die
Ängste vor „sozialer Diskriminierung und Isolation“ nach der Geburt eines behinderten
Kindes in der Entscheidungsphase gravierender eingeschätzt werden als die Ängste vor
einer Fehlgeburt, die eventuell durch ein invasives Verfahren ausgelöst wird.
„Die Selbstverständlichkeit, mit der Leben akzeptiert wurde, gleichgültig wie beschädigt es
ist, war früher sicher größer, aber nie unwidersprochen“ (Illhardt 1985, 5). Dieser Aussage
kann ich nur bedingt zustimmen – in der Zeit des Nationalsozialismus war dies sicher nicht
der Fall – das sollte man sich immer als Negativbeispiel vor Augen halten und sollte gerade
in unserer Gesellschaft nicht in Vergessenheit geraten.
Grond (1993) geht in einem Artikel auf die Massenmedien ein, die in enger Beziehung zur
Gesellschaft und umgekehrt stehen. Aus eigenen Beobachtungen schließt Grond, dass
pränatale Diagnostik in den Medien meist als Mittel angepriesen wird, das größere Sicherheit
für ein gesundes Kind mit sich bringt. Diese unreflektierten Darstellungen können zu
Missverständnissen führen und die pränatale Diagnostik auf die Stufe eines innovativen
Heilmittels stellen. Es fällt auf, dass in Zeitschriften von Randgruppen – zum Beispiel
Behindertenverbänden oder auch kirchlichen Verbänden – andererseits eher auf die
Gefahren und Auswirkungen der pränatalen Diagnostik eingegangen wird.
In vielen öffentlich geführten Diskussionen sind die Erwartungen an ein gesundes,
nichtbehindertes Kind sehr groß. In dem gesundheitsorientierten Zeitalter, in dem wir uns
befinden, ist ein gesundes Kind nahezu eine Selbstverständlichkeit (Bernath 1991).
„Behinderung ist zum Risiko geworden, das man dank medizinischer Errungenschaften
heute ausschließen kann“ (Schindele 1994). Im Zusammenhang mit präventiv bezeichneten
Methoden der Pränataldiagnostik entstehen auch Missverständnisse. Wilken (2002)
beobachtet, dass in diesem Zusammenhang oft auf Kinder mit Down-Syndrom verwiesen
wird und ein gesellschaftlicher Tenor zu verspüren ist, dass Kinder mit dieser Behinderung
heute vermeidbar wären. „Dieses Vorurteil kann zu einer problematischen Einstellung
gegenüber der Selbstverantwortung der Eltern für ihr behindertes Kind führen“ (Wilken 2002,
160). Wenn die Geburt eines behinderten Kindes von der Gesellschaft nicht mehr als
unvorhersehbares Ereignis eingeschätzt wird, sondern auf eine informierte Entscheidung der
Eltern zurückgeht, dann können gerade auch, wenn es an finanziellen Ressourcen mangelt,
Stimmen laut werden, die darauf bestehen, dass werdende Eltern sich durch pränatale
Verfahren soweit wie möglich „absichern“ und dementsprechend handeln (Petermann,
Wiedebusch & Quante 1997). Da unsere Gesellschaft heutzutage vermittelt, dass
Gesundheit und Leistungsfähigkeit unbedingte Voraussetzungen für ein erfülltes Leben sind,
so Kirchner-Asbrock und Kurmann (1998), werden Krankheit und Behinderung oft
gleichgesetzt mit Leid und Unglück. Der Mensch mit Behinderung allerdings erlebt diese
meist als selbstverständlich und wird eher von der Umwelt behindert und ausgegrenzt. „Ein
Kind mit Down-Syndrom leidet nicht an einer genetischen Besonderheit. Es leidet, wenn es
keine Freunde hat, keinen Kindergartenplatz, oder wenn es später als Jugendlicher keinen
Ausbildungsplatz findet“ (Kirchner-Asbrock & Kurmann 1998, 15).
In der Umfrage von Horst und Nippert (1994) sind 93,1% der befragten Frauen froh, dass sie
heute das Risiko, ein Kind mit einer genetischen Fehlbildung zu bekommen, ausschließen
können. 87% stimmten dieser folgenden Aussage zu: „Behinderte gehören eigentlich auch in
diese Welt und sollen akzeptiert werden. Aber ich persönlich, sofern ich das mit Hilfe der
vorgeburtlichen Untersuchung entscheiden kann, will kein behindertes Kind haben“ (Nippert
& Horst 1994, 90).
Ich denke, dass diese sich immer weiter verbreitende gesellschaftliche Einstellung die
werdenden Eltern besonders unter Druck setzt. Es scheint, dass in vielen Fällen der äußere
Druck so stark ansteigt, dass kein Spielraum mehr bleibt, um sich eine eigene Meinung zu
bilden und diese letztendlich dann auch selbstbewusst zu vertreten. Nur wenn man selbst
bereits eine ausgebildete und reflektierte Meinung zur pränatalen Diagnostik und ihren
Folgen hat oder auch für sich selbst vertretbare Entscheidungskriterien aufgestellt hat, ist es
in vielen Fällen möglich, dem äußeren Druck Stand zu halten. Ich sehe eine große Gefahr
darin, dass werdende Eltern ihrem Arzt meist „blindes“ Vertrauen schenken und so zu
Untersuchungen verleitet werden, deren mögliche Konsequenzen ihnen nicht bewusst sind.
3.2.2 Einfluss von Bezugspersonen
Die Meinung des Partners in dem Entscheidungsprozess für oder gegen eine vorgeburtliche
Untersuchung ist sehr wichtig, so Grond (1993). Unterscheiden sich die Meinungen enger
Bezugspersonen, kann dies für die Frau ein großer Entscheidungskonflikt sein, weil sie es
nicht jedem Recht machen kann. Bei der genetischen Beratung äußern Frauen immer
wieder, dass sie von ihrem sozialen Umfeld bedrängt werden. Es wird an ihre Vernunft
appelliert oder Ängste vor einer unsicheren Zukunft werden geweckt (Kurmann 1999). In
solchen Fällen ist eine ausführliche Beratung ganz besonders wichtig, damit die Frau einen
für sich vertretbaren Weg finden kann. Katz Rothmann (1989) berichtet aus ihrer Erfahrung,
dass der Personenkreis, der zur Entscheidungsfindung befragt wird, eher klein ist. Der
Partner und mindestens ein Arzt sind in fast allen Fällen einbezogen, außerdem werden
zusätzlich in manchen Fällen enge Freunde und die Eltern der Frau um Rat gefragt. In der
Studie von Horst und Nippert (1994) bestätigt sich diese Vermutung. 83,3% der befragten
Personen gaben an, dass Freunde und Bekannte keinen Einfluss auf die Entscheidung
hatten. Eltern und Schwiegereltern beeinflussten in dieser Studie die Entscheidung noch
weniger. 34,4% gaben an, dass der Arzt Einfluss auf die Entscheidung hatte und 29,5%
gaben an, dass der Arzt zum Teil Einfluss hatte.
Letztendlich haben Bezugspersonen, wenn auch manchmal nur indirekt, Einfluss auf die
Entscheidung. Meist ist der jeweilige Partner die vertrauteste Bezugsperson in der fremden,
medizinischen und, so Hohenstein (1998, 90), „ätzenden“ Atmosphäre.
Laut Wüstner (2000, 165) haben über die Hälfte der schwangeren Frauen Angst davor, dass
ihre Ehe bzw. Partnerschaft unter der Geburt eines behinderten Kindes leidet und machen
ihre Entscheidung auch abhängig von der Einstellung des Partners. Zugleich ist die
Annahme des Kindes von Seiten des Mannes, unabhängig von den Genen, eine Entlastung
für die Frau und macht ihre Entscheidung einfacher. Wüstner sieht die Tendenz, dass
Männer sich prinzipiell ein Leben mit einem behinderten Kind weniger vorstellen können als
Frauen. Die folgenden Zitate zeigen exemplarisch, inwieweit die Entscheidung der Frau von
ihrem Partner abhängen kann:
„Eigentlich will ich das gar nicht gerne machen lassen, ich habe auch keine Angst vor
einem behinderten Kind, aber mein Mann will die Fruchtwasseruntersuchung
unbedingt. Er meint, daß das in unserem Alter wegen des Risikos vernünftig ist“
Frau (Kurmann & Wegener 1999, 26).
„Ich sehe mich einer solchen Belastung nicht gewachsen. ... Mein Mann ist gegen ein
behindertes Kind. ... Die Entscheidung müssen wir zusammen treffen, wenn die Ehe
nicht in die Brüche gehen soll“
Augenoptikerin/Hausfrau, Alter 29 (Nippert & Horst 1994, 77).
„Das war ein ziemlicher Druck, das war der Druck, warum ich mich bei Anna nicht
getraut habe, darauf zu verzichten. Ich hätte dann das Gefühl gehabt, wenn das Kind
dann wirklich eine Fehlbildung gehabt hätte, ich wäre daran schuld und müßte damit
dann auch allein fertig werden. Ich glaube, wenn ich einen Mann gehabt hätte, der
mich darin bestärkt hätte, es nicht zu machen, hätte ich es nicht gemacht“
Lehrerin, Alter 39 (Schindele 1990, 117).
3.2.3 Durchführung eines genetischen Beratungsgesprächs
Ein genetisches Beratungsgespräch ist meist dann von Bedeutung, wenn familiäre Faktoren
das Risiko für eine angeborene Störung des neugeborenen Kindes erhöhen, die Eltern
bereits ein behindertes Kind haben oder die Frau, ohne erkennbaren Grund, bereits eine
oder mehrere Fehlgeburten hatte. Liegen keinerlei Faktoren für eine Risiko-schwangerschaft
vor, sollte auf eine genetische Beratung verzichtet werden, da sie zu unbegründeter
Verunsicherung führen kann. Prinzipiell hat aber jede Frau das Recht, eine genetische
Beratung in Anspruch zu nehmen (Köbsell & Degener 1992, 39; Spätling 2000).
Die genetische Beratung vor der eventuellen Durchführung einer pränatalen Untersuchung
kann die Entscheidung der werdenden Eltern beeinflussen, so Endres (1987). Die Beratung
weicht je nach Beratungsstelle etwas ab. Einige gewähren den werdenden Eltern zwischen
dem Beratungsgespräch und der eventuell durchzuführenden Untersuchung einige Tage
Zeit, andere legen die Termine auf den gleichen Tag. Manche Beratungsstellen führen die
Beratung
in
reinen
Einzelgesprächen
durch,
andere
richten
ihre
Sitzungen
als
Gruppenveranstaltung aus.
Die Frauen kommen mit ganz unterschiedlichen Vorerfahrungen und Motiven zu einem
genetischen Beratungsgespräch, so Hennen, Petermann und Schmitt (1993, 82f.). Das
Spektrum der Frauen reicht von solchen, die sich bereits intensiv mit der Pränataldiagnostik
beschäftigt haben und gezielte Fragen stellen, bis zu solchen, die ohne jegliche
Vorinformation zur Beratungsstelle kommen. Entscheidend ist, dass genügend Zeit bleibt,
um individuell auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Frauen eingehen zu können.
Hauptaufgabe des Beratungsgesprächs ist es, so Endres (1987), dass den werdenden Eltern
sachliche Informationen an die Hand gegeben werden, die ihnen Aufschluss über mögliche
Risiken und für sie relevante Themen geben. Wichtig ist, dass der Beratende eine
Ausdrucksform wählt, die den Ratsuchenden, meist Laien auf dem Gebiet der genetischen
Beratung, angepasst ist und die werdenden Eltern nicht mit Fachausdrücken überschüttet.
Endres
geht
davon
aus,
dass
durch
eine
ausführliche
Schilderung
des
Untersuchungsvorgangs der Schwangeren eine gedankliche Vorbereitung ermöglicht wird
und sie nach ausführlichen Gesprächen ihren individuellen Nutzen abwägen kann. Zur
Veranschaulichung wird meist während des Beratungsgesprächs Bildmaterial hinzugezogen.
Das Thema des Schwangerschaftsabbruchs und seine Folgen sollen auch aktiv in das
Gespräch mit einbezogen werden. Der Berater sollte während des ganzen Gesprächs auf
die Situation und die Gefühle der Ratsuchenden eingehen und in der Lage sein, eigene
Ansichten zu relativieren. „Da kaum eine eindeutig richtige Entscheidung getroffen werden
kann, gilt es, im Beratungsgespräch die für die Patienten richtige Entscheidung zu finden“
(Endres 1987, 290). Es muss ein Mittelweg gefunden werden, so dass der Patient sich nicht
alleingelassen, sich aber auch nicht zu einer Entscheidung gedrängt fühlt (Endres 1987).
Die humangenetische Beratung wird von den medizinischen Fachgesellschaften „in
bewusster Absetzung von eugenischen Zielsetzungen nicht als aktives Angebot zur
Verhinderung von genetisch bedingten Krankheiten und Behinderungen, sondern als
Unterstützung Rat suchender Personen im Sinne eines nicht-direktiven Kommunikationsprozesses zwischen Berater und Klient verstanden, der nicht unter präventiv-medizinischen
Zielsetzungen steht“ (Hennen, Petermann & Sauter 2001, 48).
Bei einem solchen Beratungsgespräch spielen zwischenmenschliche Beziehungen eine
Rolle: Sympathie und Antipathie zwischen Ratsuchenden und Beratenden tragen sicher zu
einem Teil zur Entscheidung bei, können diese erleichtern oder erschweren.
Wüstner (2000, 165) ist der Ansicht, dass die Entscheidung für oder gegen ein invasives
Verfahren häufig vor der Beratung stattfindet, bedingt durch andere Variablen, die auf die
Frau wirken.
Im Folgenden sollen Aussagen von einigen Frauen, nach bzw. während einer genetischen
Beratung, zitiert werden, damit das Gefühlschaos, das die Entscheidung nach sich ziehen
kann, anschaulicher wird.
„Wenn ich mir vorstelle, was so eine Untersuchung alles auslösen kann! Womöglich
ist die ganze Schwangerschaft danach gestört, und dann ist doch ständig die Angst
da, daß doch noch eine Fehlgeburt passiert.“
„Egal, wo ich bin, überall wird gefragt, ob ich auch diese Untersuchung machen lasse,
in meinem Alter sei das doch heute selbstverständlich. Das setzt mich ganz schön
unter Druck.“
„Es
ist eben was anderes, ob das Kind eine Behinderung hat, die ich jetzt ausschalten
kann, oder aus anderen Gründen behindert ist, weil das eine meine Schuld ist, und
das andere Schicksal.“
„Da freue ich mich schon wochenlang auf das Kind, hab’ die erste harte Zeit hinter
mir, ich fühle, wie das Baby sich bewegt, und das soll ich dann einfach von heute auf
morgen vergessen, ignorieren, damit’s hinterher nicht so weh tut, falls es mich trifft.“
„Wenn ich das alles über diese Untersuchungen höre, dann kriege ich schon das
Gefühl, daß ich dafür verantwortlich bin, ein gesundes Kind zu kriegen. Ich fühle mich
irgendwie verpflichtet, daß hinterher niemand sagen kann, ich wäre
verantwortungslos“
Frauen (Kurmann & Wegener 1999, 26).
3.3 Soziodemographische Variabeln
3.3.1 Alter der Mutter
Da das Alter der Mutter mit ausschlaggebend sein kann, wenn eine Schwangerschaft als
Risikoschwangerschaft bezeichnet wird, werden ältere Mütter quasi immer vor die
Entscheidung für oder gegen ein pränataldiagnostisches Verfahren gestellt. Mit dem Alter
der Mutter nimmt die Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit einer Chromosomen-Aberration zu
gebären, zu (Schindele 1999) (Tab. 9 & Tab. 10). 1992 stellte Köbsell das Risiko für eine
35jährige Frau, ein Kind mit Down-Syndrom zu gebären, identisch mit dem Risiko einer
Fehlgeburt in diesem Alter dar. Schindele (1999) greift auf, dass die Wahrscheinlichkeit für
eine 35jährige Frau, ein Kind mit Down-Syndrom zu gebären, bei 1:385 (0,28%) liege.
Allerdings ist die Gefahr, dass eine Fruchtwasseruntersuchung eine Fehlgeburt auslöst,
statistisch vier Mal (1,12%) so groß.
Tab. 9: Das Risiko für numerische ChromosomenAnomalien in Abhängigkeit vom Alter der Mutter.
(Miny & Holzgreve 2000, 261)
Tab. 10: Das Risiko für Trisomie 21 in Abhängigkeit vom
Alter der Mutter.
(Miny & Holzgreve 2000, 260)
Oft entscheiden sich Frauen trotzdem für die objektiv risikoreiche invasive Untersuchung mit
der Begründung, „lieber ein Kind durch eine Fruchtwasserpunktion zu verlieren, als ein Kind
mit Down-Syndrom zu bekommen“ (Schindele 1999, 18). Betrachtet man die Situation
rational und neutral, ist es eher unverständlich, warum die Fruchtwasser-untersuchung in
diesen Fällen so großen Anklang findet.
Da den meisten Frauen bewusst ist, dass das Risiko, ein Kind mit einer Behinderung zu
bekommen, mit zunehmendem Alter steigt, wird die pränatale Diagnostik von älteren Frauen
auch als Chance, noch schwanger werden zu können, gesehen.
„Für mich war die Fruchtwasseruntersuchung eine Chance, noch spät ja zu einem
Kind sagen zu können“
Psychologin, Alter 43 (Schindele 1990, 105).
Da Karriere und Schwangerschaft meist schwer vereinbar sind, öffnen sich dank der
pränatalen Diagnostik immer neue Wege, auch in relativ hohem Alter ein „Wunschkind“ zur
Welt zu bringen. Man sieht die „Fruchtwasseruntersuchung als eine Chance für nicht mehr
ganz junge Frauen“ (Schindele 1990, 106). Der Kinderwunsch tritt einen Wettlauf mit dem
„Ablaufen
der
biologischen
Uhr“
an.
Es
scheint,
als
ob
die
Durchführung
pränataldiagnostischer Untersuchungen Frauen enorm beruhigen kann und der Bezug zur
Realität leicht in Vergessenheit gerät – die Sicherheit, die man durch einen negativen Befund
nach einer pränatalen Untersuchung hat, ist relativ.
3.3.2 Familienstand und -größe
Wenn bereits ein Kind mit einer Behinderung geboren wurde, sind die Einstellungen, je nach
Anzahl der Kinder und je nachdem, wie die Eltern den „Schock“ verarbeitet haben, recht
unterschiedlich.
Für manche Eltern spielt die pränatale Diagnostik eine entscheidende Rolle, da sie im Falle
eines zweiten positiven Befundes einen Schwangerschaftsabbruch einleiten würden. Andere
Eltern wollen sich in gewissem Maße auf das Kind und eine eventuelle Behinderung
einstellen (Tamm 1994, 65f.). Stengel-Rutkowski (1997) stellt fest, dass weniger als 10%
aller pränataldiagnostischen Untersuchungen durchgeführt werden, weil bei einem bereits
geborenen Kind eine genetische Veränderung nachgewiesen wurde oder vermutet wird.
Eltern, die bereits ein behindertes Kind haben, sind sich oft eher darüber im Klaren, in was
für einen Entscheidungskonflikt sie im Falle eines positiven Befundes geraten können.
„Ich muß mit Entsetzen feststellen, daß in unserer näheren Verwandtschaft eine
Amniocentese-Wut ausgebrochen ist, bis auf wenige Ausnahmen.[...]Ich bin halt
wirklich ein bißchen entsetzt und denke manchmal, die Frauen sind sich nicht im
klaren darüber, was eigentlich auf sie zukommt, wenn der Befund positiv ist. Denn
das, was dann vor ihnen steht, steht ihnen nicht vor Augen, wenn sie sagen, wir
machen zur Sicherheit eine Amniocentese“
Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom (Tamm 1994, 67).
In der Untersuchung von Horst und Nippert (1994) stimmten 25,9% der befragten Personen
der Aussage zu, dass es gegenüber den anderen Kindern in der Familie nicht fair wäre, ein
Kind mit einer Behinderung auf die Welt zu bringen, wenn man die Geburt verhindern kann.
„Wir haben drei gesunde Kinder, die wollen unbedingt noch ein Geschwisterkind.
Aber ich will nicht das Risiko eines behinderten Kindes eingehen, vor allem die
Vorstellung, es könnten gleich zwei behinderte Kinder sein. Dafür nehme ich das
Eingriffsrisiko in Kauf. ... Ich habe nichts gegen Behinderte. Ich kenne ein Ehepaar
mit einem schwerstbehinderten Kind. Das muß heute nicht mehr sein“
Kauffrau, Alter 35 (Nippert & Horst 1994, 43).
Wenn es bereits ein Kind mit einer pränatal diagnostizierbaren Krankheit oder Behinderung
in der Familie gibt, haben Eltern meist Zugang zu Informationsmaterial oder suchen
selbstständig eine genetische Beratungsstelle auf. Diese Personengruppe kann oder hat sich
bereits ein Bild gemacht, was es heißt, mit dieser Beeinträchtigung zu leben. Der
Entscheidungsfindungsprozess für oder gegen pränatale Diagnostik resultiert aus dem
Wunsch nach einem gesunden Kind, der Beurteilung der Möglichkeiten, dass ein weiteres
krankes Kind akzeptiert werden kann und dem inneren Widerstand gegen eine Abtreibung –
da man das Kind auf Grund bestimmter Merkmale abtreiben würde, die das bereits
vorhandene Kind, das man wahrscheinlich akzeptiert und liebt, auch hat (Kind 1993).
Bei mir ist es so, daß wir schon eine Tochter haben mit einem offenen Rücken, und
ich fühle mich einfach überfordert, ein weiteres Kind mit so einem Krankheitsbild oder
einem ähnlich schweren anzunehmen“
Hauswirtschafterin, Alter 24 (Nippert & Horst 1994, 39).
„Ich habe die Behinderung meines Kindes akzeptiert, möchte aber auf jeden Fall
auch ein gesundes Kind haben“
Industriekauffrau, Alter 26, Kind mit Down-Syndrom (Nippert & Horst 1994, 40).
Ich denke, für diese Eltern ist die Entscheidung besonders schwierig, da in einigen Fällen,
obwohl sie das erste behinderte Kind akzeptiert haben, ein zweites Kind mit der gleichen
Behinderung für die familiäre Situation kaum noch „tragbar“ wäre. Im Falle eines Abbruchs
müssen die Eltern sich dann aber auch vor ihrem Kind „rechtfertigen“.
Ob es wahrscheinlicher ist, dass eine Frau, die älter als 35 Jahre ist, eher eine
vorgeburtliche Untersuchung durchführen lässt, wenn sie bereits ein Kind hat, ist noch nicht
offiziell untersucht worden. Katz Rothmann (1989, 78ff.) geht davon aus, dass die
Entscheidung noch komplizierter wird, wenn man bereits Mutter ist. Manchen Müttern fällt
eine Abtreibung schwerer, nachdem sie bereits ein Kind geboren haben. Auf der anderen
Seite entsteht das Gefühl, dass man auch an die bereits vorhandenen Kinder und deren
Leben denken muss, und man kann sich die Frage stellen, inwieweit ein Kind mit einer
Behinderung „tragbar“ wäre.
„Hätte der Fötus Down-Syndrom gehabt, dann hätte ich aus dem ganz
selbstsüchtigen Grund abgetrieben, weil ich nicht wollte, daß mein vielleicht einziges
Kind nicht ganz perfekt ist. In meinem Alter wollte ich nicht, daß sich mein Leben
durch so etwas drastisch verändert. Ich hätte eher in Kauf genommen, kinderlos zu
bleiben. Aber jetzt, wo ich bereits ein Kind habe und ein ganz anderes Leben führe,
wäre die Entscheidung abzutreiben schwerer. Im Moment glaube ich, daß ich es wohl
nicht machen würde, aber wer weiß, wie ich dann darüber denke“
Frau (Katz Rothmann 1989, 80).
Katz Rothmann (1989, 80) nimmt an, dass eine Umfrage gegensätzliche Ergebnisse zeigen
würde. Einige Frauen würden sich eher weniger schnell für Pränataldiagnostik und nach
eventuellem positiven Befund für eine Abtreibung entscheiden, wenn sie bereits Mutter sind,
andere eher schneller.
In einigen Fällen kann auch der Familienstand eine Entscheidung beeinflussen:
Aus meiner ganz persönlichen Erfahrung als alleinerziehende Mutter, aus dem
Wissen heraus, mit einem Kind allein zu sein, gewinnt eine pränatale Untersuchung
noch einmal mehr an Bedeutung“
Buchhändlerin, Alter 37 (Nippert & Horst 1994, 83).
3.3.3 Art der Ausbildung und sozialer Status
Wüstner (2000, 166) geht davon aus, dass vor allem Frauen aus höheren gesellschaftlichen
Schichten den Zustand ihres Fetus testen wollen, da die möglichen Einschränkungen, die
auf Grund der Geburt eines behinderten Kindes entstehen, für diese Frauen größer
scheinen.
Auch die momentane lebensbiographische Situation kann eine Rolle bei der Entscheidung
spielen; das heißt, die momentane Möglichkeit der Vereinbarung von Beruf und Familie.
Lassen sich diese beiden Faktoren nur schwer gleichzeitig realisieren, zum Beispiel auf
Grund des Arbeitsmarktes oder der Partnerschaft, ist der Wunsch nach „Sicherheit“ mit Hilfe
der Pränataldiagnostik oft größer, als wenn die Rahmenbedingungen günstiger sind und
einen größeren Spielraum bieten (Griese 1999).
„Da mein Mann und ich beide voll berufstätig sind, glaubten wir, daß wir einem Baby
mit ‚besonderen Bedürfnissen’ nicht gerecht werden können“
Vicky (Katz Rothmann 1989, 64).
1992/93 wurden bereits Ergebnisse in einer Studie der Deutschen Forschungsgemeinschaft
von Nippert veröffentlicht, die die Abhängigkeit des finanziellen Zustands der Frau
betrachten. Nippert (1997) geht davon aus, dass der materielle Zustand und der soziale
Status in den meisten Fällen von der finanziellen Lage abhängig sind. In Tabelle 11 wird die
Zustimmung zur Aussage: „Ich habe mich für die vorgeburtliche Untersuchung entschieden,
weil ein behindertes Kind die finanzielle Situation unserer Familie beeinträchtigen würde“
unter Berücksichtigung unterschiedlicher Berufsgruppen dargestellt.
Tab. 11: Zustimmung zur Aussage: „Ich habe mich für die vorgeburtliche Untersuchung entschieden,
weil ein behindertes Kind die finanzielle Situation unserer Familie beeinträchtigen würde.“
(Nippert 1992/93 zitiert in Nippert 1997, 118)
Bereits 1984 führte Nippert im Regierungsbezirk Münster eine Studie durch, welche Frauen
sich für eine Fruchtwasseruntersuchung entscheiden, und stellte dabei fest, dass die
überwiegende Anzahl der Frauen, die eine Untersuchung in Anspruch nahmen, aus der
Mittelschicht stammten. 42% kamen aus der mittleren bzw. oberen Mittelschicht, 40% aus
der unteren Mittelschicht und 18% aus der Unterschicht. 1992 führte Nippert erneut eine
Studie durch, in der sie die Schichtzugehörigkeit der Frauen, die Pränataldiagnostik
allgemein für sich in Anspruch nehmen, näher betrachtete. Sie stellte fest, dass der Anteil
der Frauen aus der Unterschicht auf 27,6% angestiegen ist und auch der Anteil der Frauen
aus der Mittelschicht noch weiter auf fast 50% zugenommen hat. Interessant ist zu
beobachten, dass Frauen aus der Mittelschicht pränataldiagnostische Verfahren auch ohne
medizinische Indikation eher durchführen lassen. Der Anteil liegt bei über 50%. Der Anteil an
Frauen aus Gesundheitsberufen, die sich für Pränataldiagnostik entscheiden, liegt bei
37,5%. Hinter diesem Ergebnis stehen sicher unterschiedliche Informations- und
Zugangschancen zur Pränataldiagnostik. Dies wird in einer aktuellen Studie der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG-Studie) näher untersucht (Nippert & Horst 1994, 21).
Eine Frau, die sich gezielt gegen eine Amniozentese entschied, schildert die Einsamkeit, die
sie auf Grund ihrer Entscheidung erlebte:
„Ich muß sagen, daß in meiner Bezugsgruppe – Freundinnen, die schwanger sind
oder kleine Kinder haben, allesamt Akademikerinnen in ihren Dreißigern – meine
Entscheidung ungewöhnlich war. Ich versuchte, die Dinge so wie sie zu sehen, aber
für mich stimmten ihre Begründungen einfach nicht. Als ich dann meine Entscheidung
getroffen hatte (gegen Am niozentese), versuchte ich, das Thema zu vermeiden und
fühlte mich durch meinen Entschluß isoliert“
Victoria (Katz Rothmann 1989, 71).
3.3.4 Einstellung zu Gott und Religion
Manche Eltern sind auf Grund religiöser oder auch weltanschaulicher Aspekte der Meinung,
dass sie nicht das Recht haben, sich gegen das Leben eines Kindes zu entscheiden. Diese
Menschen sind meist risikobereiter und sagen „Ja!“ zu jedem Kind. Dennoch fürchten sie die
Belastung, hoffen aber, oft auf Grund ihres Glaubens auf eigene Kräfte und Hilfe der
Mitmenschen (Grond 1993).
„Man darf keinem Kind das Leben verweigern. Es ist bestimmt schwer, wenn es krank
zur Welt käme und es sofort stirbt. Aber dann hat es Gott so gewollt. Kinder sind eine
Gabe Gottes, auch wenn sie krank sind“
Frau (Nippert & Horst 1994, 55).
Eine religiös-spirituelle Weltansicht, so Griese (1999) kann allgemein entlastend auf die
Schwangerschaft wirken, und oft gehören diese Frauen zu der Gruppe, die invasive
pränataldiagnostische Verfahren vehement ablehnen und für sich nicht in Anspruch nehmen
wollen. Eine Frau äußert Folgendes:
„Ich bin auch ziemlich angstfrei in die Geburt gegangen. (Pause) Da habe ich
gewusst, das Kind, das da zur Welt kommt, das ist meines, egal, wie das aussieht,
egal, wie das wird, das ist mein Kind, ein anderes konnte ich nicht kriegen“
Frau (Griese 1999, 102).
Die katholische Kirche hält Pränataldiagnostik für moralisch vertretbar, solange diese den
individuellen Schutz oder die Heilung des Fetus bzw. Embryos zur Folge hat. Moralisch
verwerflich handeln diejenigen, die pränatale Untersuchungen durchführen lassen, mit der
Absicht, in gegebenem Fall eine Abtreibung durchführen zu lassen. Der Schwangerschaftsabbruch als eventuelle Folge auf die Pränataldiagnostik sollte in keinem Fall
begünstigt werden (Grond 1993). Die Haltung der katholischen Kirche ist eindeutig. „Das
Ungeborene ist unabhängig von einer Behinderung und auch unbesehen von der
Gefährdung seiner Mutter zu schützen“ (Grond 1993, 75). Einige katholische Theologen
können sich nicht ausnahmslos hinter die Aussage stellen, dass das Leben des
ungeborenen Kindes bedingungslos zu schützen ist. Diese Theologen wollen grundsätzlich
das Leben jedes ungeborenen Kindes schützen, sehen aber auch Einzelfälle, bei denen
Ausnahmen moralisch vertretbar sind. Der Ökumenische Rat der Kirchen geht davon aus,
dass
die
Entscheidung
zur
Pränataldiagnostik
und
gegebenenfalls
zu
einem
Schwangerschaftsabbruch letztendlich von den betroffenen Personen, nach ihrem besten
Gewissen und Wissen, getroffen werden muss. Dazu ist es nötig, dass die betroffenen Eltern
kompetente und fachkundige Beratung in Anspruch nehmen können (Grond 1993). Der
Ökumenische Rat der Kirchen nimmt eine eher beratende Funktion ein und gibt keine
konkreten Vorschriften, an die es sich zu halten gilt, sondern plädiert für eine gewissenhafte
und individuell vertretbare Entscheidung.
Die evangelischen Kirchen sehen die Entscheidung für oder gegen Pränataldiagnostik und
letztlich die Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch als einen kaum
lösbaren
menschlichen
Schwangerschaftsabbruch
Konflikt
nach
an.
Diagnose
Dass
einer
die
Einwilligung
Behinderung
des
zu
einem
Fetus,
als
selbstverständlich angesehen wird, widerspricht dem christlichen Glauben und ist ethisch
verwerflich. Auch die evangelische Kirche spricht den Eltern die Hauptverantwortung der
Entscheidung zu – sie allein müssen hinter ihrer Entscheidung stehen. Äußere Umstände
und Gegebenheiten müssen erörtert und mit weiteren Situationsvariablen in Beziehung
gesetzt werden. Egal wie die Eltern sich entscheiden, sie sollten immer das Recht auf
angemessene Betreuung haben. Man geht davon aus, dass eine umfassende Beratung
sowohl zur Beruhigung als auch zur Entscheidungsnot beitragen kann. Die mögliche
Beunruhigung darf nicht verhindert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass der
Schwangerschaftsabbruch routinemäßig durchgeführt wird. Dies wäre aus christlicher Sicht
ethisch verwerflich (Grond 1993).
3.4 Situationsvariablen
3.4.1 Arzt
Durch die Anwendung pränataler Diagnostik, so Schroeder-Kurth, entscheiden Ärzte und
Frauen zusammen über das Leben eines ungeborenen Kindes. Der Rahmen, in dem die
Entscheidungen fallen müssen, wird von Juristen vorgegeben. „Eine Indikation für eine
Pränataldiagnostik stellen, bedeutet für Arzt und Schwangere auch, daß eine Indikation für
einen Schwangerschaftsabbruch und damit auch für die bittere Entscheidung gegen das
Leben des Kindes gegeben ist“ (Schroeder-Kurth 1989, 81). Gerade aus diesem Grund
plädiert Schroeder-Kurth (1989, 81) für eine “Intensivierung von Beratung vor der
Pränataldiagnostik und eine bewußte Indikationsstellung durch Ärzte“. Für die Ärzte muss es
ein Schema geben, an dem sie sich orientieren können, damit die Indikationsstellung objektiv
ausfällt.
In dem folgenden Bild drückt Schroeder-Kurth aus, welche Kriterien den Entscheidungsprozess – allgemein für medizinische Eingriffe – bedingen.
Abb. 10: Kriterien für ärztliche Maßnahmen und Kriterien für
Entscheidungen; z.B. Pränataldiagnostik.
(Schroeder-Kurth 1989, 82)
In diesem Fall soll die Graphik aus dem Blickwinkel „Pränataldiagnostik „Ja!“ oder „Nein!“
betrachtet werden (Abb. 10). Wie man aus der Graphik erkennen kann, sieht SchroederKurth das Verhältnis zwischen subjektiven, individuellen Ereignissen und objektivierbaren
Aussagen von Seiten der Mediziner ausgewogen. Der Mediziner Schroeder-Kurth appelliert
hiermit an seine Kollegen, „die Pränataldiagnostik nicht automatisch zu verordnen und sie
nicht als bloße Serviceleistung für Kunden aufzufassen“ (1989, 82 f.). Die Ärzte sollen eine
beratende Position einnehmen und nicht versuchen, die pränatale Diagnostik anzupreisen
und zu verkaufen. Während des Gesprächs muss auch die Möglichkeit bestehen, dass die
pränatale Diagnostik kritisch beleuchtet wird (Schindele 1999).
Grond (1993) geht dennoch davon aus, dass die meisten Ärzte in der Regel nicht neutral und
objektiv sind, sondern mehr oder weniger stark beeinflusst von folgenden Punkten sind:
•
der zur Verfügung stehenden Zeit
•
•
•
•
•
•
der Einschätzung der Patientin
Verhältnis zwischen Arzt und Patientin
dem eigenen Wertesystem
dem Berufsverständnis
ihren finanziellen Interessen
ihrem Verständnis und persönlichen Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung.
Darauf kann man auch die unterschiedlichen Erfahrungen, die Frauen mit den betreuenden
Ärzten machen, zurückführen. Die Entscheidung ist stark abhängig von den Erwartungen der
Frau an ihren Arzt und von dessen Einstellung zur pränatalen Diagnostik.
„Der Wunsch einer jeden Frau ist es, ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen. Frau
Dr.... hat mich überzeugt, daß es (PD) sinnvoll ist“
Grundschullehrerin, Alter 36 (Nippert & Horst 1994, 53).
Viele Frauen sind den Ärzten hörig und wollen, dass „die pränatalen Diagnosen rechtzeitig
und in dem von den Ärzten angeratenen Umfang“ durchgeführt werden (Tolmein 1993, 24).
Laut Horst und Nippert (1994, 92) geben 63,9% der Frauen an, dass ihr Frauenarzt Einfluss
auf die Entscheidung für oder gegen eine pränataldiagnostische Untersuchung hat.
Entscheidend ist, dass Ärzte möglichst objektiv, realistisch und nicht stereotypisierend über
eventuelle Chromosomen-Aberrationen urteilen. Die meisten schwangeren Frauen haben
wenig Vorinformation und müssen die Möglichkeit haben, ihren Standpunkt zu finden. Dazu
ist es nötig, dass sich der betreuende Arzt neutral und aufklärend verhält (Nippert & Horst
1994, 99). Bei dem Entscheidungsprozess für oder gegen Pränataldiagnostik stellen sich für
die Ärzte und für die betroffenen Eltern laut Maier (2000, 169) folgende Fragen: „Ist es
Pflicht, Wissbares zu wissen? Gibt es Grenzen des Wissens? Ist Wissen immer zumutbar?“
Diese ethischen Diskussionspunkte sollten in den Entscheidungsfindungsprozess mit
einbezogen werden, und jeder kann individuell für sich entscheiden, welchen Weg er wählt.
In diesen Situationen ist von Seiten der Ärzte sowohl medizinisches Know-how gefordert als
auch eine ethische Bewertung der vorliegenden Situation.
Die Realität sieht, so Willenbring (1999, 38), oft anders aus. Gerade Frauen über 35, die sich
gegen eine pränatale Untersuchung entscheiden, sind einem Rechtfertigungsdruck
ausgesetzt. Die Frauen müssen in den meisten Fällen eine schriftliche Erklärung abgeben,
dass sie umfassend informiert worden sind. Dadurch können sich Frauen unter Druck
gesetzt fühlen, und die Entscheidungsfreiheit ist eingeschränkt. Für die Ärzte ist es lediglich
eine Absicherung vor möglichen Schadensersatzforderungen.
3.4.2 Beratung
In diesem Punkt soll der hohe Stellenwert von Beratung noch einmal explizit hervorgehoben
werden. Die Beratung des Arztes und das eventuell in Anspruch genommene genetische
Beratungsgespräch wird von den werdenden Eltern subjektiv unterschiedlich aufgefasst.
Umso besser beraten und aufgeklärt sich die Betroffenen fühlen, desto einfacher wird es
ihnen fallen, eine für sie vertretbare Entscheidung zu treffen. Wenn die Eltern bereits
umfassend informiert sind, haben sie sich nicht nur mit den kurzfristigen Folgen einer
pränatalen Diagnostik beschäftigt, sondern auch mit eventuellen längerfristigen Folgen, zum
Beispiel der Diagnoseeröffnung eines positiven Befundes und ihrer persönlichen Einstellung
dazu.
Eine umfassende und realistische Beratung ist Voraussetzung dafür, dass Eltern auf die
Folgen der pränatalen Diagnostik vorbereitet sind bzw. sich vorbereiten können. Meiner
Ansicht nach sollte zukünftig Beratung intensiviert und optimiert werden, damit Eltern nicht
dazu gezwungen sind, vorschnelle Entscheidungen zu treffen, die sie eventuell später
bereuen. Gerade in der Beratung müssen Personen verschiedenster Disziplinen
zusammenarbeiten, damit werdenden Eltern unterschiedliche Möglichkeiten und Wege
aufgezeigt werden können.
3.4.3 Zeit
Der Zeitpunkt, an dem die Entscheidung für oder gegen die Anwendung einer
pränataldiagnostischen Untersuchung gefällt wird, hängt meist von dem untersuchenden Arzt
ab und dessen Information über pränatale Diagnostik. Bei einer Frau über 35 Jahre, die auf
Grund ihres Alters sofort als „Risikoschwangere“ eingestuft ist, wird das Thema pränatale
Diagnostik sicher sehr bald angesprochen. Wird die Schwangerschaft nicht bereits von
vornherein als Risikoschwangerschaft bezeichnet, kann es sein, dass der Arzt eventuell,
zum Beispiel auf Grund einer auffälligen Ultraschalluntersuchung, erst später auf die
Möglichkeit eines invasiven pränataldiagnostischen Verfahrens hinweist.
Einige Frauen haben aus eigener Erfahrungen, der Erfahrung von Bekannten und Freunden
oder den Medien bereits Vorwissen über pränatale Verfahren (Wiedebusch 1997). Der
Zeitpunkt hängt also stark von dem untersuchenden Arzt, der Situation der Frau und ihren
Vorstellungen ab.
Außerdem spielt der Faktor Zeit auch noch in einer anderen Hinsicht eine Rolle. Die
Entscheidung der Frau hängt auch davon ab, wie viel Zeit sie und ihr Partner haben, sich
näher über die jeweilige pränatale Untersuchung und deren Nutzen zu informieren.
Laut Wiedebusch (1997) kann es unter Zeitdruck eher zu Entscheidungen kommen, die
später bedauert werden.
3.5 Reflexion
Die von Horst und Nippert 1994 durchgeführte Studie gibt die häufigsten Gründe, warum
schwangere Frauen sich für die Durchführung eines pränataldiagnostischen Verfahrens
entscheiden, an (Tab. 12). Alle befragten Frauen sollten sich mit Auswirkungen, die ein
behindertes Kind auf ihr Leben hätte, auseinandersetzen.
Gründe für pränatale Diagnostik
100
90
80
81.9%
77.1%
%
70
60
60,8%
55,5%
41,6%
50
34,5%
40
30
20
10
0
beeinträchtigt die Lebensplanung
überfordert, da es lebenslange Sorge benötigt
benachteiligt die Geschwisterkinder
beeinträchtigt die Partnerschaft
führt zu sozialer Isolation
beeinträchtigt die finanzielle Situation
Tab. 12: Gründe, die zur Anwendung von Pränataldiagnostik führen.
(Nippert & Horst 1994, 82)
Allgemeiner Tenor bei der Durchführung pränataldiagnostischer Verfahren ist die „Befreiung“
von der Angst, ein behindertes Kind zu gebären. Der Eindruck, „alles im Griff“ zu haben,
verdeckt oft die Realität.
„Ich habe mir durch die Fruchtwasseruntersuchung suggerieren lassen, das Kind ist
gesund, obwohl ich ja genau wußte, daß lange nicht alle Behinderungen erkannt
werden können“
Lehrerin, Alter 39 (Schindele 1990, 115).
Wüstner (2000) stellt in dem folgenden Schaubild den Entscheidungsprozess für oder gegen
pränatale Diagnostik dar. Sie geht davon aus, dass 90% der schwangeren Frauen über 35
Gebrauch von der pränatalen Diagnostik machen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Frauen, die
ohne Vorliegen einer medizinischen Indikation eine pränatale Untersuchung fordern. Primäre
Angst der Eltern, die sich für eine vorgeburtliche Untersuchung entscheiden, ist die Geburt
eines behinderten Kindes, das erhebliche Belastungen für sie und ihr Umfeld mit sich
brächte.
Abb. 11: Wahrnehmung der Pränataldiagnostik aus
Entscheidungsmöglichkeiten, die getroffen werden können.
(Wüstner 2000, 164)
Sicht
der
betroffenen
Personen
und
Das Schaubild (Abb. 11) skizziert auch die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten nach der
Diagnoseeröffnung, auf die im fünften Gliederungspunkt eingegangen werden soll.
Letztendlich ist die Entscheidung für oder gegen ein pränataldiagnostisches Verfahren allein
der schwangeren Frau überlassen. Die angeführten Punkte können die Entscheidung
beeinflussen, wirken sich aber situationsabhängig unterschiedlich aus. Nicht vergessen
werden darf, dass jede Frau auch das Recht auf „Nicht-Wissen“ hat.
Da vieles nicht gesetzlich geregelt ist, so Grond (1993), sind dem Menschen viele
Entscheidungen
überlassen.
Eine
ausführliche
Beratung
und
Feedback
von
unterschiedlichen Personen sind nötig, damit die schwangere Frau in der Lage ist, die für sie
und ihre Familie beste Entscheidung zu treffen. Dass die Frau das letzte Wort hat und somit
„frei“ entscheiden kann, birgt aber auch in sich, dass sie die Entscheidung keinem anderen
überlassen kann. „Sie muss den Entscheid selber tragen, mit ihm leben“ (Grond 1993, 69).
Wirklich leicht haben es nur diejenigen, die strikt gegen pränatale Diagnostik und
Schwangerschaftsabbruch sind, und diejenigen, die ohne Rücksicht auf Normen ihre
eigenen Interessen durchsetzen.
Degener und Köbsell greifen auf, dass 1984 in Deutschland 22.506 pränatale Diagnosen
durchgeführt worden sind. Davon wurden 80% auf Grund erhöhten Alters der Mutter
durchgeführt, 10% wegen einer bereits in der Familie vorkommenden Behinderung und
weitere 10% auf Grund von Ängsten, das heißt, dass in diesen Fällen keine medizinischen
oder
altersbedingten
Indikatoren existierten.
Allgemein lässt sich in der
heutigen Zeit, so auch
Wiedebusch
feststellen,
pränatale
(1997)
dass
eine
Diagnostik
immer häufiger auf Grund
subjektiver
Kriterien
angewendet wird und es
werdenden Eltern immer
schwerer fällt objektiv, zu
entscheiden
(Abb.
12).
Dies ist zum Beispiel der
Fall, wenn kein objektiv
erhöhtes Risiko für eine
Abb. 12: Überblick über objektive und subjektive Entscheidungskriterien.
(Wiedebusch 1997, 131)
Chromosomenaberration
vorliegt, dennoch aber die
Angst der werdenden Eltern sehr groß ist und diese sich auf Grund des subjektiven Gefühls
für die Anwendung einer pränataldiagnostischen Untersuchung entscheiden.
Bei der Entscheidung für oder gegen pränatale Diagnostik handelt es sich um einen
Appetenz-Aversions-Konflikt. Das bedeutet, dass jede Entscheidung sowohl positive, als
auch negative Seiten aufwirft, daher löst sie sowohl Zustimmung als auch Ablehnung aus
(Wiedebusch 1997, 133). Die Zielsetzungen der pränatalen Diagnostik stehen in einem
Spannungsfeld unterschiedlicher Adressaten – das ungeborene Kind, die werdenden Eltern
und die Gesellschaft. Es tritt die Frage auf, zu wessen Wohl die pränatale Diagnostik
durchgeführt wird? Die Aussicht, durch pränatale Verfahren Kinder mit genetischen
Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und zu eliminieren und dadurch den Leidensdruck für
die Gesellschaft zu senken, ist eine Triebkraft für die Weiterentwicklung und vermehrte
Einsetzung pränataler Untersuchungen, so Kind (1993). Dadurch entsteht die Gefahr, dass
pränataldiagnostische Verfahren immer größeren Selektionscharakter bekommen.
Die Anwendung eines pränatalen Verfahrens allein weist allerdings, so Daele (2003), noch
kein selektives Verhalten auf. Erst die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch
nach der Auswertung der pränataldiagnostischen Untersuchung hat selektiven Charakter.
Ich denke, dass es auch Frauen gibt, die zwar eine pränataldiagnostische Untersuchung
durchführen lassen, sich aber gar nicht viele Gedanken über die eventuellen Auswirkungen
oder die Einflüsse bestimmter Indikatoren machen, sondern es als Routine ansehen, als
etwas, was man heute macht! Katz Rothman (1989) ist der Meinung, wenn man Frauen über
35 fragt, warum sie sich für die Amniozentese entschieden haben, sagen die meisten, wegen
ihres Alters. Die Antwort ist nicht wirklich reflektiert, aber für die jeweilige Frau trotz alledem
schlüssig!
Dennoch bin ich der Meinung, dass bei einer gezielten Entscheidung für ein pränatales
Verfahren, vor allem bei Durchführung einer invasiven Untersuchung, die Weichen im Falle
eines positiven Testergebnisses meist bereits gestellt sind. Warum sollte sonst die erhöhte
Gefahr einer Fehlgeburt in Kauf genommen werden? Die Zahl der Frauen, die eine
Untersuchung durchführen lassen, damit sie sich im Falle eines positiven Testergebnisses
besser auf ihr Kind und dessen Bedürfnisse vorbereiten und einstellen können, ist wohl eher
gering. Wünschenswert wäre es, dass jede Frau so umfassend beraten wird, dass sie vor
der eventuellen Durchführung eines pränataldiagnostischen Verfahrens die Folgen,
Handlungsmöglichkeiten und dementsprechenden Konsequenzen genau kennt – sie vorher
weiß, was ihr bevorsteht und welchen Nutzen sie für sich daraus ziehen kann. Daher stehe
ich der Aussage: „Es ist das vorrangige Ziel der pränatalen Diagnose, Informationen zu
liefern, um den Paaren zu helfen, ihre Entscheidung gut informiert zu treffen“ skeptisch
gegenüber, obwohl 95% der befragten Personen in der Umfrage von Horst und Nippert
(1994) dieser Aussage zustimmten.
Ich
denke,
dass
die
nötigen
Informationen
bereits
vor
der
Durchführung
der
pränataldiagnostischen Untersuchung an die Eltern herangebracht werden müssen, da im
Falle eines positiven Befundes der nötige Abstand und die rationale Betrachtungsweise
fehlen.
4. Situation in Deutschland
In den folgenden Punkten soll zum einen ein Überblick über Informationen gegeben werden,
die schwangeren Frauen zur Verfügung stehen, und zum anderen über rechtliche
Grundlagen sowie Konsequenzen, die vorgeburtliche Untersuchungen nach sich ziehen
können.
4.1 Informationen für die schwangere Frau
Jede Frau erhält bei der Feststellung einer Schwangerschaft von ihrem Arzt Informationen
und Richtlinien, die zu einem entspannten Erleben der Schwangerschaft dienen sollen.
4.1.1 Mutterschafts-Richtlinien
Die Mutterschafts-Richtlinien gelten für jede schwangere Frau, die in einer gesetzlichen
Krankenkasse versichert ist. Damit hat sie Anspruch auf gewisse Vorsorgeunter-suchungen.
Die ersten Mutterschafts-Richtlinien erschienen 1966 und werden seitdem von einem
Arbeitsausschuss, der sich aus den verschiedensten Personengruppen zusammen setzt,
aktualisiert. Bei der Überarbeitung fließen nicht nur medizinische und wissenschaftliche
Neuerungen ein, sondern es geht auch um die organisatorische Durchführung, Finanzierung
und Qualitätssicherung der Vorsorgeuntersuchungen (Bodes 1999; Hutzler 2000a). „Ziel der
Mutterschafts-Richtlinien ist, die Abwendung möglicher Gefahren für Leben und Gesundheit
von Mutter und Kind sowie die frühzeitige Erkennung mütterlicher oder kindlicher
Gesundheitsstörungen einschließlich der rechtzeitigen Zuführung zu einer weiteren
Diagnostik
und
gegebenenfalls
Behandlung“
(Hutzler
2000a,
187).
Die
Mutterschaftsrichtlinien dienen als Präventionsprogramm zur frühzeitigen Erkennung von
Risikoschwangerschaften und zur bestmöglichen Vorbereitung für die schwangere Frau. Der
Untersuchungskatalog der Mutterschafts-Richtlinien beinhaltet „serologische Diagnostik“,
den „Mutterpass“ sowie Vorgaben zur Dokumentation (Hutzler 2000a).
Die ärztliche Betreuung erstreckt sich auf folgende Bereiche:
•
Geburtshilfliche Untersuchungen und Beratung während der Schwangerschaft und
nach der Entbindung
• Blutuntersuchungen und Untersuchung des Fetus auf eventuelle Infektionskrankheiten (serologische Diagnostik)
• Bestimmung der Blutgruppe, Feststellen von Blutgruppen-Unverträglichkeiten und
eventuelle Einleitung von Therapiemaßnahmen (serologische Diagnostik)
• Ultraschalluntersuchungen
• Gezielte Überwachung von Risikoschwangerschaften – zum Beispiel Beratung über
Einleitung invasiver Verfahren
(Hutzler 2000a).
Die serologischen Untersuchungen umfassen die Bestimmung der Blutgruppe und
infektionsserologische Untersuchungen. Im Mutterpass, den jede schwangere Frau erhält,
werden
alle
Ergebnisse
der
nach den Mutterschafts-Richtlinien vorgeschriebenen
Untersuchungen entsprechend dokumentiert. Vor allem wegen der Neustrukturierung der
Ultraschalluntersuchungen zu einem dreistufigen Screening-Konzept und der Einführung des
Screenings auf Hepatitis B sowie auf Chlamydien wurde 1996 der Mutterpass aktualisiert
und überarbeitet (Hutzler 2000b).
4.1.2 Feststellen einer Risikoschwangerschaft
In den Mutterschafts-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gilt
als vorrangiges Ziel der ärztlichen Schwangerschaftsvorsorge die frühzeitige Erkennung von
Risikoschwangerschaften und auch von Risikogeburten. Die erste Untersuchung nach
Feststellen der Schwangerschaft soll möglichst früh erfolgen und umfasst eine ausführliche
Familien-, Eigen-, Schwangerschafts- und Sozialanamnese. Des Weiteren werden
allgemeine Untersuchungen durchgeführt (Hutzler 2000a). Ergeben sich im Rahmen der
Vorsorgeuntersuchung Anhaltspunkte für ein genetisch bedingtes Risiko, so sollte der Arzt
die schwangere Frau über die Möglichkeit eines genetischen Beratungsgesprächs und
eventuelle
Untersuchungen
Risikoschwangerschaft
aufklären.
deklariert,
Eine
wenn
Schwangerschaft
bestimmte
wird
Merkmale
dann
als
auftreten:
„Risikoschwangerschaften sind Schwangerschaften, bei denen aufgrund der Vorgeschichte
oder erhobener Befunde mit einem erhöhten Risiko für Leben und Gesundheit von Mutter
oder Kind zu rechnen ist“ (Hutzler 2000a, 200).
Laut der Mutterschaftsrichtlinien handelt es sich, bereits auf Grund der Vorgeschichte, in
folgenden Fällen um Risikoschwangerschaften:
•
•
•
•
•
•
•
Es liegen schwere Allgemeinerkrankungen der Mutter vor (z.B. Niere, Leber...).
Die Frau ist trotz Sterilitätsbehandlung schwanger oder sie hatte bereits wiederholt
Aborte bzw. Frühgeburten.
Die Frau hat bereits ein Kind, das über 4000g wog, entbunden oder sie hatte bereits
eine Mehrlingsgeburt.
Es wurden bereits Operationen am Uterus durchgeführt.
Vorherige Entbindungen führten zu Komplikationen.
Die Frau ist Erstgebärende unter 18 Jahre oder über 35 Jahre.
Die Frau ist Mehrgebärende über 40 Jahre oder Vielgebärende mit mehr als vier
Kindern.
Des Weitern kann es passieren, dass erst im Laufe der Schwangerschaft auffällige Befunde
auftreten:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Bluthochdruck oder -tiefdruck, überdurchschnittliche Eiweißausscheidungen, schnelle
Gewichtszunahme des Fetus
Anämie
Diabetes mellitus
Uterine Blutungen
Blutgruppen-Unverträglichkeit
Diskrepanz zwischen Kindesgröße und Schwangerschaftswoche
Drohende Frühgeburt
Mehrlingsgeburt
Überschreitung des errechneten Geburtstermins.
Bei Risikoschwangerschaften finden Untersuchungen meist in kürzeren Abständen statt, und
neben den üblichen Untersuchen werden auch pränataldiagnostische Verfahren in Betracht
gezogen (Hutzler 2000a; Hutzler 2000b).
In den letzten Jahren wurde bereits viel Zeit und Geld sowohl in genetische
Beratungsstellen, als auch in die Entwicklung und vermehrte Anwendung pränataldiagnostischer Verfahren investiert. Während letztere bis jetzt meist auf Grund gegebener
Indikatoren, also bei sogenannten Risikoschwangerschaften durchgeführt werden, stehen
die genetischen Beratungsstellen allen werdenden Eltern offen (Tolmein 1993, 21f.).
Gaidzik und Teige (1990) haben eine Liste mit Indikatoren zusammengestellt, die betroffene
Frauen bereits sehr früh auf eine genetische Beratungsstelle hinweist und in diesen Fällen
meist auch auf die Pränataldiagnostik. Diese steht in engem Bezug zu den MutterschaftsRichtlinien:
•
•
•
Es sind Fehlbildungen, Behinderungen bzw. genetische Erkrankungen in der Familie
bekannt.
Die Frau ist bei Beginn der Schwangerschaft 35 Jahre oder älter.
Die Frau hatte bereits zwei oder mehr Fehl- oder Totgeburten.
•
Chemische oder physikalische Einflüsse wirken auf den Organismus, wie zum
Beispiel Alkohol, Medikamente oder Drogen.
• Es liegen Virusinfektionen, die eine Schädigung des Fetus nach sich ziehen könnten,
vor.
(Kurmann & Wegener 1999, 7).
Des Weiteren werden pränatale Untersuchungen immer mehr auch von schwangeren
Frauen gewünscht, bei denen keine offensichtliche Risikoschwangerschaft vorliegt – um sich
so gut wie möglich abzusichern, dass der Nachwuchs „genetisch fit“ ist. Während Menschen
mit geistiger Behinderung mehr oder weniger verboten wird, Kinder zu bekommen und diese
großzuziehen, so sollten nichtbehinderte Frauen möglichst keine behinderten Kinder zur
Welt bringen (Tolmein 1993, 21). So beschreibt Tolmein pränatale Diagnostik als einen
ersten Schritt zur Selektion.
4.1.3 Veränderung der Einstellung zur Schwangerschaft
In diesem Punkt soll beleuchtet werden, in wieweit sich das Erleben der Schwangerschaft für
die Frau im Laufe der Zeit verändert hat und welche Folgen dies für unsere Gesellschaft
nach sich zieht.
Schindele (1990, 33) greift in ihrem Buch einen Absatz aus einer Informationsbroschüre für
schwangere Frauen auf: „Natürlich ist die Geburt die natürlichste Sache der Welt. Aber ist
das ein Grund, die Gesundheit eines ungeborenen Kindes auf die leichte Schulter zu
nehmen? Heißt das, getrost wider ärztlichen Rat zu rauchen und zu trinken ... und uns Ärzte
dann um das Leben eines Kindes kämpfen zu lassen, dessen Schicksal uns genauso
schmerzt wie die Eltern? Ebenso bedrückt uns, daß viele Frauen zu spät, erst im 4. oder 5.
Monat, ihre Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen. Viel häufiger droht diesen Eltern die Geburt
eines kranken Kindes ... wollen Sie das im Ernst riskieren? Ist es denn so schwer, sich
vorzustellen, daß ein Kind im Mutterleib erkranken kann und einen Arzt braucht, schneller,
als auch die erfahrenste Schwangere es spürt?“ Hier stellen sich die Ärzte als Angstmacher
dar, die für die hundertprozentige Gesundheit des Kindes zuständig sind und diese
garantieren,
wenn
nur
die
Frau
sich
frühest
möglich
um
unterschiedliche
Vorsorgeuntersuchungen kümmert. Tatsache ist aber, dass eine schwangere Frau nicht
krank ist und nur in wenigen Fällen medizinische intra-uterine Maßnahmen für den Fetus
lebenserhaltend sind (siehe 5.2.2). Dass Schwangerschaft ein natürlicher Vorgang ist, gerät
immer weiter in Vergessenheit. Tolmein (1993) sieht durch den zunehmenden Einsatz
pränataler Diagnostik in Deutschland momentan einen immer stärkeren Tenor in die
Richtung, dass die Geburt eines behinderten Kindes ein vermeidbarer Schaden ist.
Aus der Angst, Fehler zu machen, so Schindele (1990), hören schwangere Frauen oft
ausnahmslos auf ihren Arzt und es entsteht die Gefahr der Technisierung der
Schwangerschaft. Laut einer Studie gestehen sich nur 9% der schwangeren Frauen eigene
Entscheidungen während der Geburt und Schwangerschaft zu, 90% der Befragten sind der
Ansicht, dass nur ihr Frauenarzt in der Lage ist, kompetente Entscheidungen zu treffen.
Der Blick wird heute nicht mehr auf den „dicken kraftvollen Leib“ einer schwangeren Frau
gerichtet, sondern es entsteht ein „nackter Embryo“, von dem sich die Medizin berufen fühlt
(Schindele 1999, 14). Durch die sich immer weiterentwickelnden Verfahren und auf Grund
neuer Forschungsergebnisse hat der Embryo nicht mehr die alleinige enge Verbindung zur
Mutter, sondern wird mehr und mehr zum Produkt, und „Produkte müssen fehlerfrei sein“
(Schindele 1999, 14). Duden (1991) spricht eine Versachlichung und Veröffentlichung von
Schwangerschaft an. Das ungeborene Kind wird bereits im Mutterleib vermessen und
genauestens erfasst – es wird in Diagramme und Normal-kurven eingeordnet und wird von
der ersten Untersuchung an mit „der Norm“ verglichen.
4.2 Rechtliche Situation
Die Pränataldiagnostik darf nicht nur von medizinischer und ethischer Seite her betrachtet
werden, sondern auch in Bezug auf die in Deutschland geltenden Gesetzgebungen. Das
Grundgesetz, das Embryonenschutzgesetz und §218 StGB sollen in den folgenden Punkten
hinsichtlich der Pränataldiagnostik bzw. des ungeborenen Kindes beleuchtet werden. Gerade
in Bezug auf die „wrongful-life-Prozesse“ bekommen rechtliche Aspekte eine immer größere
Bedeutung und beeinflussen das Fachgebiet der pränatalen Diagnostik.
4.2.1 Grundgesetz
Das 1949 in Kraft getretene Grundgesetz zeigt in den ersten Paragraphen die Stellung des
Menschen auf und kann bzw. muss auch in Bezug auf die pränatale Diagnostik und auf die
Stellung von Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft reflektiert werden.
Artikel 1 (1)
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu
schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“
(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, aktualisiert 2002).
Projiziert man diesen Artikel auf die Abtreibung eines behinderten Fetus, stellt sich die
Frage, ob man dann im Sinne des Staates handelt. Oder hat ein ungeborenes Kind noch
keine Würde, die es zu schützen gilt?
Die Bedrohung menschlichen Lebens hat auf Grund der medizintechnischen und
gesellschaftlichen Entwicklung neue Dimensionen erreicht. Menschen maßen sich an,
bestimmen zu können, wer Mensch ist und wer nicht. Im Kasseler Kongress setzen sich
1998 Verbände der Behindertenhilfe und Selbsthilfe in Bezug auf Artikel 1 des
Grundgesetzes gezielt für die Einzigartigkeit jedes Menschen ein. „Wir wenden uns gegen
alle Versuche, Menschen aus philosophischen, ökonomischen oder technologischen
Überlegungen heraus zu klassifizieren und als Objekte fremder Interessen zu selektieren“
(Kasseler Erklärung 1998, 109). Menschenwürde verwirklicht sich im gelebten Leben, dies
sollte in einem Staat, der die Würde des Menschen im ersten Artikel des Grundgesetzes als
das höchste und unantastbare Gut bezeichnet, eigentlich selbstverständlich sein. Wenn
Würde und Wert des Lebens allen Menschen gleichermaßen garantiert sind, können
Menschen mit Behinderung auch in kritischen Situationen ihres Lebens sicher sein. Sie
müssen
nicht
befürchten,
von
Organtransplantationen
ausgeschlossen,
oder
als
Organspender missbraucht zu werden, weil bioethische Prinzipien ihnen nur ein
zweitrangiges Lebensrecht zugestehen (Kasseler Erklärung 1998).
Dementsprechend weist Artikel 2 des Grundgesetzes auf das Recht auf Leben in
körperlicher Unversehrtheit hin:
Artikel 2 (1)
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die
verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit
der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines
Gesetzes eingegriffen werden“
(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, aktualisiert 2002).
„Ohne Einschränkung ist die physische Existenz jedes Menschen geschützt, Urteile über
ihren Lebenswert sind verboten, ebenso Unterscheidungen zwischen vorgeburtlichem und
nachgeburtlichem Leben, Krankheit und Alter“ (Kasseler Erklärung 1998, 109). Laut der
Kasseler Erklärung (1998) ist dem Staat auf Grund der Gesetzgebung die Macht entzogen,
zu entscheiden, wer Mensch ist. Allerdings wird gegen diesen Verfassungsauftrag heute
mehrfach verstoßen.
Artikel 3 (1) „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“
(3) „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner
Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt
werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“
(Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, aktualisiert 2002).
In Artikel 3 steht es explizit: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“.
Woher nehmen wir uns eigentlich das Recht, Menschen mit einer Behinderung anders oder
besonders zu behandeln? In wieweit befolgen wir unser Grundgesetz? Diese Frage stellt
sich für mich hier offensichtlich. Streng genommen ist jeglicher selektive Charakter, den
pränataldiagnostische Untersuchungen nach sich ziehen, ein Verstoß gegen Artikel 3 des
Grundgesetzes.
4.2.2 Embryonenschutzgesetz
Der Bundestag beschloss das Embryonenschutzgesetz am 13. Dezember 1990. Am
1. Januar 1991 trat es in Kraft.
Mit diesem Gesetz wird in Deutschland jegliche Forschung und auch Diagnostik, die nicht
zur Erhaltung des Embryos im Frühstadium gilt, untersagt. Dadurch soll die Manipulation der
genetischen Ausstattung des Menschen verhindert werden (Willenbring 1999, 39). Das
Embryonenschutzgesetz betrifft die Pränataldiagnostik im Prinzip nur indirekt. In Bezug auf
die Präimplantationsdiagnostik hat es entscheidende Auswirkungen, daher soll der
momentane
Stand
kurz
geschildert
werden.
Die
Notwendigkeit
des
Embryonenschutzgesetzes begründet sich vor allem durch die rasante technische
Entwicklung der Humangenetik. Es soll das Recht der Wissenschaft auf Forschungs-freiheit
und die Sicherung des Schutzes von Leben und Menschenwürde miteinander vereinbaren.
Die Forschungsfreiheit hat in unserer Verfassung eine ungewöhnlich starke Stellung, so
Holch (2002). Sie kann nur schwer durch ein einfaches Gesetz eingeschränkt werden. Eine
Grenze findet sie nur in der Würde des Menschen und an den anderen Grundrechten. „Ganz
oben im Grundgesetz heißt es: ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar.’ Jeder Mensch ist
um seiner selbst willen da. Kein Mensch darf als bloßes Mittel zum Zweck anderer benutzt
werden. Die Tötung von Embryonen zu Forschungszwecken würde eindeutig gegen ihre
Menschenwürde verstoßen“ (Holch 2002, 1). Erst im Januar 2002 debattierten die
Abgeordneten des Bundestages über den Import embryonaler Stammzellen. Das
Embryonenschutzgesetz wird von einigen in Deutschland als zu streng angesehen. Nach
einer knappen Abstimmung kam man zu dem Ergebnis, dass das Embryonenschutzgesetz
weiter in Kraft bleibt. Das heißt, es gilt weiterhin, dass die befruchtete Eizelle ab ihrem ersten
Tag Menschenwürde besitzt und nicht zu anderen Zwecken, wie etwa zur medizinischen
Forschung, getötet werden darf (Willenbring 1999, 39f.; Holch 2002). Embryonenforschung,
die nicht auf eine Schwangerschaft hinzielt, ist in Deutschland weiter verboten. Verglichen
mit anderen Staaten wird Deutschland in Bezug auf das Embryonenschutzgesetz oft als
konservativ dargestellt. In vielen europäischen Staaten, zum Beispiel Großbritannien, ist der
Embryo bis zum 14. Tag, dem Tag der Einnistung in die Gebärmutter, für Forschungszwecke
freigegeben (Holch 2002).
In Deutschland gibt es auf Grund des Embryonenschutzgesetzes keine Möglichkeit,
Präimplantationsdiagnostik durchzuführen. Eindeutig gesetzlich verboten ist die Entnahme
totipotenter Zellen. Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft kann erst bei
Embryonalzellen in einem Stadium jenseits des 16. Zellstadiums davon ausgegangen
werden, dass sie keine Totipotenz mehr aufweisen, das heißt, die Herstellung zu einem
anderen Zweck als dem Herbeiführen einer Schwangerschaft kann ausgeschlossen werden
(Hennen, Petermann & Sauter 2001, 90f.).
4.2.3 Bedeutung des § 218 StGB für die pränatale Diagnostik
Heftige Diskussionen über den Schwangerschaftsabbruch und dessen rechtliche Regelung
sind schon seit Jahren bei unterschiedlichen Personengruppen wie zum Beispiel Mediziner,
Juristen und Vertretern der Kirchen und Behindertenverbände im Gange. Ziel bei allen
Diskussionen ist es, den größtmöglichen Schutz für das ungeborene Leben zu
gewährleisten.
Der derzeit gültige §218 StGB enthält folgende Hauptaussagen:
§ 218 StGB Schwangerschaftsabbruch
„(1)
Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des
befruchteten
Eies
in
der
Gebärmutter
eintritt,
gelten
nicht
als
Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes.
(2)
In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu
fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. gegen den Willen der Schwangeren handelt oder
2. leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht.
(3)
Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder Geldstrafe.
(4)
Der Versuch ist strafbar. Die Schwangere wird nicht wegen Versuchs bestraft“
(Strafgesetzbuch §218a 1999).
Laut §218 StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch nach dem Grundgesetz verboten mit
folgenden Ausnahmen:
Bis 1995 war ein Schwangerschaftsabbruch vor dem Gesetz gerechtfertigt, wenn eine
„medizinische Indikation“, Gefahr für Leib und Leben der Mutter, eine „kriminologische
Indikation“, Vergewaltigung, oder eine „embryopathische Indikation“, das heißt der Embryo
weist eine schwere bzw. nicht behandelbare Schädigung auf, die für die schwangere Frau
unzumutbar ist, vorlag. Ein Abbruch war aber in allen drei Fällen nur bis spätestens zur 22.
Schwangerschaftswoche erlaubt. So kam es bis dahin nie zur Abtreibung lebensfähiger
Kinder. In der großen Debatte um den §218 StGB im Jahr 1995 vertraten Kirchen und
Behindertenverbände die Meinung, dass die embryopathische Indikation als „Stigmatisierung
behinderten Lebens“ missverstanden werden könnte. „Das ungeborene behinderte Leben
sollte im Vergleich zum geborenen unbehinderten keinem Sonderstatus unterworfen sein“
(Holch 1999, 2). Aus diesem Grund fällt die embryopathische Indikation als eigenständige
Indikation weg, wird aber allerdings in die medizinische Indikation mit aufgenommen
(Bundesärztekammer 1998; Hepp 1999; Holch 1999). In folgenden Fällen ist ein
Schwangerschaftsabbruch nicht strafbar:
§ 218a StGB Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs
Jede Abtreibung ist straffrei, wenn:
(1)
„1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine
Bescheinigung nach §219 Abs.2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens
drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
2. der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
3. seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind“
(Strafgesetzbuch §218a 1999).
Laut Absatz 1 kann jede Frau, wenn seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen
vergangen sind, unabhängig von ihrem psychischen und physischen Befinden straffrei einen
Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt durchführen lassen.
Absatz 2 von § 218a StGB enthält die medizinische Indikation
(2)
„Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene
Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der
Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen
Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um
eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung
des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren
abzuwenden und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise
abgewendet werden kann“
(Strafgesetzbuch §218a 1999).
Rechtmäßig und ohne zeitliche Begrenzung, ohne Pflicht zur Beratung – mit Streichung der
Dreitagesfrist zwischen Beratung und Abbruch – wird eine Abtreibung im Falle einer
medizinischen Indikation möglich und von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert (Krebs
1999).
Da keine Frist besteht, kann ein Embryo theoretisch bis zu einem Tag vor der Geburt noch
abgetrieben werden, wenn der körperliche oder seelische Gesundheitszustand der
schwangeren Frau gefährdet ist. Wenn man sich diesen Satz genauer betrachtet, sieht man,
dass vor allem der seelische Zustand der Frau nur schwer bzw. überhaupt nicht objektiv zu
beurteilen ist. Somit hat sich durch die Abschaffung der embryopathischen Indikation die
Stigmatisierung kranker bzw. behinderter Embryonen nicht verbessert, sondern ist weiter als
diskriminierend anzusehen.
Der diagnostische Befund des Fetus ist laut Willenbring (1999, 37) nicht der primäre Grund
für eine Abtreibung, sondern die psychische Belastung der Mutter durch das behinderte
Kind. Zukünftig müssen Ärzte einen psychiatrischen Sachverstand besitzen, um die
Belastung der Mutter festzustellen.
Das Selbstbestimmungsrecht der Frau wird deutlich und verbessert sich zwar, da die Geburt
dieses Kindes ihre gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse zu sehr einschränken
würde, allerdings verschärfen sich eugenische Aspekte. Es stellt sich die Frage, in welchem
Verhältnis das Selbstbestimmungsrecht der Frau zum Recht auf das Leben des Fetus steht
(Krebs 1999). Laut Beckmann (1998) verstößt die „versteckte embryopathische Indikation
gegen Artikel 3 des Grundgesetzes – ‚Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt
werden’ –, da nur Kinder, bei denen pränatal eine Behinderung diagnostiziert wurde, ohne
Fristbegrenzung abgetrieben werden können.“ Hieraus erkennt man eindeutig eine
verfassungswidrige Benachteiligung des ungeborenen, behinderten Kindes.
Seit der Eingliederung der embryopathischen Indikation in die medizinische Indikation entfällt
nicht nur die zeitliche Begrenzung des Schwangerschaftsabbruchs, sondern auch die früher
verpflichtende Beratung vor Abbruch einer Schwangerschaft. Damit sind in der
medizinischen Indikation zwei sehr ungleiche Fälle zusammengefasst. Zum einen die
medizinische Indikation im engen Sinne, bei der der Schwangerschaftsabbruch durchgeführt
wird, um die Frau vor ernsten Gefahren zu bewahren; in diesem Fall ist nicht die Tötung des
Fetus das primäre Ziel, sie wird aber zu Gunsten der Gesundheit der Mutter in Kauf
genommen. Zum anderen die medizinische Indikation, die als primäres Ziel die Tötung des
Fetus vor Augen hat, um der Mutter die für sie unzumutbare Belastung eines behinderten
Kindes zu ersparen (AWMF 1999). Die seit 1995 geltende medizinische Indikation enthält
damit sowohl die Tötung des Fetus zu Gunsten der Gesundheit der Mutter, als auch die
„Tötung eines Kindes um seiner Tötung willen“ (Hepp 1999, 30).
1997 wurden 190 Embryonen nach der 23. Schwangerschaftswoche abgetrieben, so Holch
(1999). Diese hätten bereits außerhalb des Mutterleibs überleben können. „Wären sie nicht
behindert gewesen, hätten die Ärzte alles getan, sie zu retten. Sie wären durch Kaiserschnitt
entbunden worden, damit ihr weicher Schädel nicht im Geburtskanal gequetscht würde, sie
wären in den Brutkasten gelegt und beatmet worden“ (Holch 1999, 1). Holch (1999)
bezeichnet die früher rein medizinische Indikation jetzt in ihrer Erweiterung als sozialmedizinische Indikation. Für Hepp (1999) ist es unverständlich, dass die sozial-medizinische
oder auch mütterlich-medizinisch genannte Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch
keine Beratung der schwangeren Frau mehr erfordert und auch die Dreitagesfrist zwischen
Beratung und Abbruch somit aufgehoben ist. Man kann davon ausgehen, dass einige Frauen
vorschnell und kurzsichtig handeln. Ich denke, dass die meisten Frauen nach der
Diagnoseeröffnung
eines
positiven
Befunds
unter
Schock
stehen
und
der
Schwangerschaftsabbruch der „beste“ und vor allem schnellste Ausweg zu sein scheint. Da
die betroffene Frau nicht mehr gezwungen ist, sich näher mit ihrer Situation auseinander
zusetzen, kann ich mir vorstellen, dass Frauen sich für eine Abtreibung entscheiden, ohne
dass sie sich vorher Gedanken gemacht haben, was es bedeutet, ein Kind abzutreiben und
welche psychischen Folgen ein Schwangerschafts-abbruch nach sich zieht. Genauer soll
hierauf in Punkt 5.2.1 eingegangen werden.
Außerdem ist es seit der Änderung des §218a StGB nicht mehr möglich, die Anzahl der
Schwangerschaftsabbrüche auf Grund einer Behinderung des Embryos festzustellen
(Bundesärztekammer 1998).
Die folgende Tabelle 13 zeigt die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche in den Jahren 1998
bis 2002.
Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland 1998 bis 2002
nach rechtlicher Begründung, Dauer der Schwangerschaft
und vorangegangenen Lebendgeborenen
Gegenstand der
1998
1999
2000
2001
2002
Nachweisung
Insgesamt
131 795 130 471 134 609 134 964
Rechtliche Begründung
Medizinische Indikation
4 338
3 661
3 630
3 575
Kriminologische Indikation
34
34
34
49
Beratungsregelung
127 423 126 776 130 945 131 340
Dauer der Schwangerschaft
Dauer von ... bis unter ... Wochen
unter 13
129 411 128 458 132 512 132 883
13 – 23
2 209
1 849
1 943
1 904
23 und mehr
175
164
154
177
Aktualisiert am 31. März
2003
130 387
3 271
37
127 079
128 338
1 861
188
Tab. 13: Statistik über Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland.
(Statistisches Bundesamt Deutschland 2003)
Die folgende Tabelle 14 gibt einen Überblick über eine Studie, die an der Universität in
Cambridge durchgeführt wurde. Frauen sollten angeben, in welcher Ausgangssituation sie
einen Schwangerschaftsabbruch für sich selbst als gerechtfertigt ansehen würden.
Wann sehen Frauen einen Schwangerschaftsabbruch für sich
selbst gerechtfertigt?
80%
74%
66%
70%
60%
52%
50%
40%
27%
30%
17%
20%
8%
8%
10%
9%
0%
Aussagen der schwangeren Frauen
nie
verheiratet, ungewollt schwanger
niedriges Einkommen, noch ein Kind zu teuer
nicht verheiratet, ungewollt schwanger
Kind hat eventuell eine Behinderung
eigene Gesundheit ist ernsthaft gefährdet
Kind hat sehr wahrscheinlich eine Behinderung
schwanger nach Vergewaltigung
Ta
b. 14: Wann sehen Frauen einen Schwangerschaftsabbruch für sich selbst gerechtfertigt?
(Green, Snowdown & Statham 1993)
4.2.4 „Wrongful-life/birth-Prozesse“ – „Kind als Schaden“
1984
wurde
vom
Aufklärungspflicht
Bundesgerichtshof
verstößt,
wenn
entschieden,
er
eine
dass
ein
schwangere
Arzt
Frau
gegen
nicht
auf
seine
eine
Fruchtwasseruntersuchung hinweist, die möglicherweise zum Ausschluss eines Kindes mit
Down-Syndrom „dienen“ könnte. Falls die Frau auf Grund der fehlenden Information ein Kind
mit Down-Syndrom zur Welt bringt, hat sie Anspruch auf Schadensersatz. Damit wurde der
Grundstein für die Einführung der Pränataldiagnostik als „standard of care“ in der
Schwangerenvorsorge gelegt (Nippert & Horst 1994, 4f.).
Am 12. November 1997 entschied dann das Bundesverfassungsgericht, inwieweit die Geburt
eines ungewollten Kindes zivilrechtliche Schadensansprüche auslösen kann und zog somit
einen scheinbaren Schlussstrich unter eine langjährige Debatte. Laut Degener (1999) ist
dieser
Rechtstreit
zurückzuführen
Fortpflanzungstechnologien
und
das
auf
die
damit
sich
immer
einhergehende
weiter
entwickelnden
veränderte
Familien-
planungsverhalten in der heutigen Gesellschaft. „Wenn Sterilisation und Pränatal-diagnostik
zum alltäglichen Werkzeug der Reproduktionsplanung werden, dann stellt sich zwangsläufig
die Frage, wer dafür haftet“ (Degener 1999, 81).
Das Stichwort „wrongful-birth“, bei uns „Kind als Schaden“ genannt, wurde in Amerika
geprägt, wo auch die ersten Schadensersatzprozesse geführt wurden. Es handelt sich dabei
meist um die folgenden zwei Fallgruppen, zwei recht unterschiedliche Fälle, die aber die
gleichen Folgen haben.
„(1) Ein nichtbehindertes Kind wird geboren, obwohl sich ein Elternteil sterilisieren ließ. Die
Sterilisation wurde fehlerhaft durchgeführt.
(2) Ein behindertes Kind wird geboren, das abgetrieben oder nicht gezeugt worden wäre,
wenn die ärztliche Betreuung vor oder während der Schwangerschaft nicht fehlerhaft
gewesen wäre. Das fehlerhafte ärztliche Verhalten kann in einer unterlassenen oder
vorgenommenen genetischen Beratung oder Pränataldiagnose liegen“ (Degener 1999, 81f.).
Im ersten Fall verurteilte das Landgericht und später auch das Oberlandesgericht München
einen Arzt zu Unterhalt für das Kind und zu Schmerzensgeld für die Mutter, da die Mutter
und ihr Partner von dem Urologen nicht über die fehlgeschlagene Sterilisation aufgeklärt
worden sind. Im zweiten Fall haben sich Eltern, die bereits ein behindertes Kind hatten,
ausgiebig genetisch beraten lassen, bevor sie sich entschlossen, ein zweites Kind zu
bekommen. Bei der genetischen Beratung wurde ihnen versichert, es sei „äußerst
unwahrscheinlich“, dass es sich um eine vererbbare Störung handelt. Als das zweite Kind
zur Welt kam, wurde allerdings die gleiche Behinderung, die bereits bei dem ersten Kind
vorlag, diagnostiziert. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat den Arzt zu Unterhalt für das Kind
und zu Schmerzensgeld für die Mutter verurteilt. Das Landgericht verneinte zuvor sowohl die
Unterhaltszahlung als auch das Schmerzensgeld, da „der Beweis einer pflichtwidrigen
Beratung nicht gelungen sei“ (Jachertz 1998, 15). Darüber hinaus gibt es auch noch andere
Fälle der „schadhaften Familienplanung“, von denen hier nur zwei genannt werden sollen,
damit man sich der Tragweite des Rechts der Familienplanung bewusst werden kann. Einer
der ersten Fälle war die Klage einer Frau, die irrtümlicherweise anstatt der Pille ein
Magenpräparat ausgehändigt bekommen hat und daraufhin erneut schwanger wurde. In
einem anderen Fall verklagte der Lebensgefährte seine Frau, da diese ohne sein Wissen die
Verhütung absetzte und ihn mit einem Kind „belastete“ (Degener 1999).
Bei den amerikanischen Prozessen gibt es drei unterschiedliche Prozesskonstellationen:
„I Die Eltern bzw. die Mutter verklagt den Arzt auf Schadensersatz wegen Unterhalt für das
Kind und auf Schmerzensgeld für die Zeit der Schwangerschaft und Geburt.
II Das Kind verklagt den Arzt auf Schadensersatz wegen seines Daseins bzw. wegen seines
Soseins.
III Das Kind verklagt seine Eltern bzw. seine Mutter wegen seines Daseins, bzw. wegen
seines Soseins“ (Degener 1999, 82).
Im amerikanischen Sprachgebrauch werden die Klagen genaugenommen in „wrongful-birthKlagen“ (I) und „wrongful-life-Klagen“ (II und III) unterteilt – sinngemäß „fehlerhafte Geburt“
oder „fehlerhaftes Leben“. In Deutschland spielen gerichtlich nur Fall I und II eine Rolle. Der
Fall III wird aber im Rechtsdiskurs auch angedacht (Degener 1999).
Bei einer Podiumsdiskussion im Juni 1998 in der Bundesärztekammer in Hannover zum
Thema: „Kann ein Kind ein ‚Schaden’ sein?“ war die überwiegende Meinung: Nein! Der
Vorsitzende der perinatologischen Arbeitsgemeinschaft stellte fest, dass, wer ein Kind als
„Schaden“ ansieht, es in Zukunft auch nicht schwer haben wird, einen kranken oder alten
Menschen als „Schaden“ zu begreifen. Ein Privatdozent äußerte sich wie folgt: „Ein
Kinderarzt ist Anwalt jeden Kindes, und jedes Kind hat ein Recht auf Leben. Die Abschaffung
von Behinderung schafft kein Glück“ (Klinkhammer 1998). Zwar kann und muss man die
Geburt eines Kindes auch unter verfassungs- und haftungsrechtlichen Aspekten betrachten,
dennoch ist die Denkweise „Kind als Schaden“ mit der Menschenwürde nicht vereinbar
(Klinkhammer 1998). Obwohl man sich in vielen Punkten einig ist, wird das Thema rege
diskutiert. Die oben genannten Fälle führten noch zu weiteren Verhandlungen und
Meinungsverschiedenheiten. Der Zweite Senat war in entscheidenden Punkten anderer
Meinung als der erste. Diese Kontroversen weisen auf das Fehlen eines von der
Gesellschaft getragenen Konsenses hinsichtlich der Wertigkeit ungeborenen Lebens hin. Die
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe bedauert vor allem die Folgen, die
für ein ungeborenes Kind und letztlich auch für ein krankes oder behindertes Kind entstehen,
so Klinkhammer (1998).
Oliver Tolmein (1999) sieht die Rechtsprechungen als Basis für eine grundlegende
Auseinandersetzung über Ziele und Perspektiven der modernen Medizin. Die Zeit, in der sich
Ärzte auf Juristen verlassen konnten, scheint vorbei. Mediziner und Humangenetiker streben
zwar die Vermeidung von Behinderung an, hüten sich aber davor, sie zu garantieren. Die
Schadensersatz-Rechtsprechung der Gerichte hat die Tendenz, dass bereits bei einer
minimalen Wahrscheinlichkeit auf eine Behinderung – die ja praktisch immer besteht – auf
eine umfassende Pränataldiagnostik von Seiten der Mediziner zu drängen ist, da jede
theoretisch vorgeburtlich identifizierbare angeborene Behinderung als Behandlungsfehler
angesehen werden kann.
Demnach besteht jetzt ein noch größeres Interesse der Ärzte, sich juristisch abzusichern und
es ist gut vorstellbar, dass einige Ärzte dazu neigen, sich noch stärker für die Durchführung
pränataldiagnostischer Verfahren einzusetzen; „lieber ein paar Fehlgeburten und späte
Schwangerschaftsabbrüche mehr, als eine Klage auf Schadens-ersatz am Hals“ (Schindele
1999, 17f.)!
Damit solche Aussagen und eine weitere Dramatisierung auf Kosten der ungeborenen
Kinder nicht zum Alltag werden, ist es nötig, dass sich Personen aus verschiedenen
Fachgebieten – Mediziner, Juristen, Theologen, Pädagogen – beraten und so gut wie
möglich zusammenarbeiten, auf einer menschlichen Ebene.
Ärzte sehen sich auf Grund der juristischen Auflagen bei nicht erfolgter oder fehlerhafter
Beratung oder bei fehlerhaft durchgeführtem Abbruch einem Dilemma ausgesetzt. Pränatale
Beratung und Diagnose sind nicht mehr getrennt voneinander zu sehen. Sie stehen in
direktem Verhältnis zu dem möglichen Schwangerschaftsabbruch.
Durch das erste Urteil des Bundesgerichtshofs 1984 kam es laut Nippert (1999) zur
Ausweitung invasiver Verfahren. Immer öfter nehmen Frauen, die jünger als 35 Jahre sind,
invasive Verfahren in Anspruch, „um auf Nummer sicher zu gehen“. Ich sehe eine Gefahr
darin, dass sich diese sogenannte „psychologische Indikation“ weiter verbreitet – immer
dann, wenn kein erhöhtes genetisches Risiko bei einer schwangeren Frau für ein Kind mit
einer Chromosomenstörung zu erkennen ist – nicht nur, weil sie von Frauen gewünscht wird,
sondern auch, weil sie von manchen Ärzten gefördert wird.
Klinkhammer (1998) hält es für dringend nötig, dass die Ärztekammer ihr möglichstes tut,
damit das „Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnis“ als wichtigste Grundlage für jede „ArztPatienten-Beziehung“ erhalten wird. Letztere darf nicht der „Angst“ vor einer Klage auf Seiten
der Ärzte zum Opfer fallen oder von den Patienten als Mittel für materiellen Schadensersatz
missbraucht werden. „Nötig sind Lösungsvorschläge, wie Ärzte dem Dilemma der
widersprüchlichen Rechtssprechung entrinnen können“ (Klinkhammer 1998). Es darf meiner
Ansicht
nach
nicht
passieren,
dass
es,
wie
Degener
(1999)
beschreibt,
als
selbstverständlicher ärztlicher Standard gilt, die Geburt behinderter Kinder zu verhindern.
Aber in der Situation, in der die Ärzte momentan sind, können sie ihrer Haftungspflicht nur
entgehen, wenn sie schwangeren Frauen alle Möglichkeiten der Pränataldiagnostik darlegen
und damit indirekt die Ängste vor einem behinderten Kind schüren. Ärzten wird der
Handlungsspielraum
förmlich
genommen,
da
eine
einfache
Aufklärung
über
Pränataldiagnostik von ihrer Seite nicht genügt. Laut einem Urteil des Oberlandesgerichts
Düsseldorf sind Ärzte zu einer direktiven Beratung nahezu verpflichtet, und es ist ihnen
haftungsrechtlich vorgeschrieben, das Leben mit einem behinderten Kind möglichst
furchterregend zu schildern.
Die Pränataldiagnostik stellt für die Ärzte einen Januskopf dar. Auf der einen Seite stehen
positive Effekte – Angstbefreiung und Schutz des Lebens –, auf der anderen Seite das durch
diesen Erfolg erzeugte ethische Dilemma. Dies müssen sich Ärzte immer wieder vor Augen
halten, damit sie den Bezug zur Realität nicht verlieren, so Hepp 1999.
Meiner Ansicht nach muss der entstandene „Teufelskreis“ durchbrochen werden. Die
Verantwortung über die Entscheidungen des ungeborenen Lebens darf nicht von einer
Personengruppe zur nächsten abgeschoben werden, da letztendlich keiner für die
Entscheidung gerade stehen möchte. So bittet die Mutter den Arzt um Hilfe, dieser muss die
Pränataldiagnostik gezwungenermaßen anbieten, weil ihm sonst eventuell ein Gerichtsurteil
droht, usw. Man scheint zu verdrängen oder zu vergessen, dass es sich hierbei um Leben
handelt.
5. Diagnoseeröffnung
Viele Frauen, die sich für eine invasive Untersuchung entschieden haben, empfinden das
Warten auf den Befund als eine äußerst große psychische Belastung. Die Auswertung
dauert je nach Verfahren zwischen zwei und in Extremfällen sieben Wochen. Der Preis für
die erwartete Sicherheit ist oft eine Zeit verstärkter Angst und Ungewissheit (Nippert & Horst
1994, 93; Kurmann 1999; Kirchner-Asbrock & Kurmann1998). Eine Frau beschreibt das
Gefühl in Baumann-Hölzle et al. (1995, 8) so: „Ich war schwanger und doch nicht
schwanger.“ 70,7% der befragten Frauen in der Studie von Horst und Nippert (1994, 96)
bezeichneten die Zeit vor dem Untersuchungsergebnis als „Schwangerschaft auf Probe“.
Ehrlich (1993) hingegen relativiert die verhältnismäßig lange, oft als belastend bezeichnete
Wartezeit damit, dass die neun Schwangerschaftsmonate ohne jegliche Kontrolle auch eine
lange Zeit des Wartens seien.
Nach Vorliegen des Befundes teilt der untersuchende Arzt der schwangeren Frau das
Untersuchungsergebnis
mit.
Aufgabe
der
Ärzte
ist
es,
nach
Feststellung
einer
schwerwiegenden kindlichen Erkrankung oder Behinderung, sowohl die Belange des
ungeborenen Kindes sowie auch die der Mutter in die Beratung mit einzubeziehen, um so
eine individuelle Entscheidung zu ermöglichen, die trotz ihrer Konflikthaltigkeit tragbar ist
(Kommission
für
Öffentlichkeitsarbeit
und
ethische
Fragen
der
Gesellschaft
für
Humangenetik e.V. 2001).
Die Diagnoseeröffnung zieht unabdingbar klärende Gespräche zwischen den werdenden
Eltern und Fachleuten nach sich, ganz besonders bei Auftreten eines positiven Befundes.
Die Personengruppe, die die pränatale Diagnostik als selektive Diagnostik ansieht, äußerst
sich nach der Untersuchung entweder zufrieden, da voraussichtlich alles gut ist, oder aber
bei positivem Befund, „wird abgetrieben und eine neue Chance gegeben“ (Tolmein 1993,
32). Dies funktioniert aber nicht so nüchtern und reibungslos, wie es sich die Verfechter
vorstellen, so Tolmein, sondern bringt ein weites Spektrum an Belastungen für die
schwangere Frau mit sich.
Im Folgenden soll auf die Diagnoseeröffnung und besonders auf die unterschiedlichen
Reaktionen und Handlungsmöglichkeiten im Falle eines positiven Testergebnisses
eingegangen werden.
5.1 Negativer Befund
97% der Frauen, die eine vorgeburtliche Untersuchung durchführen lassen, bekommen mit
Auswertung der Ergebnisse einen unauffälligen Befund (Köbsell 1992, 41).
Daele (2003) greift diese Aussage auf und sieht die Untersuchungen als Entlastung für die
schwangere Frau an. „Diese Entlastung mit der Aussicht auf ein gesundes Kind ist das Ziel,
das Frauen bei der vorgeburtlichen Diagnostik vor Augen haben, nicht die Selektion
behinderter Feten. In der Logik der Diagnostik liegt allerdings, dass man das eine nicht
haben kann, ohne das andere zumindest bedingt in Betracht zu ziehen“ (Daele 2003, 1f.).
Der negative Befund ist für viele Frauen eine Entwarnung und sie können erst ab diesem
Punkt „Ja!“ zur Schwangerschaft sagen und eine engere Beziehung zu ihrem ungeborenen
Kind aufbauen (Kirchner-Asbrock & Kurmann 1998, 9). Die Schwangerschaft auf Abruf ist
eine der wesentlichen psychologischen Folgen der pränatalen Diagnostik. Erst nach einem
negativen Befund beginnt die „normale Schwangerschaft“, so Schindele (1999, 21).
Bei einem unauffälligen Befund besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass die letzten
Schwangerschaftsmonate von einer hohen psychischen Stabilität geprägt sind, so Ehrlich
(1993, 108f.).
5.2 Positiver Befund
Nach Durchführung der pränatalen Untersuchung und einem positiven Befund stehen sowohl
die Eltern als auch die Ärzte vor dem Dilemma, zwischen lebenswertem und
lebensunwertem Leben unterscheiden zu müssen. In den meisten Fällen muss eine
Entscheidung über Fortsetzung oder Abbruch der Schwangerschaft gefällt werden, da
Therapiemaßnahmen nur in einzelnen Fällen durchführbar sind (Bernath 1991; Kind 1993;
Bundesärztekammer 1998). Die werdenden Eltern haben eine Entscheidung auf individueller
Ebene zu treffen, deren Ursprung auf gesellschaftlicher Ebene liegt (Menz 1994). Viele
Frauen berichten, so Menz (1994), dass sie im Moment der Entscheidung einen großen
Zeitdruck verspürten und über mögliche Folgen in jeder Hinsicht zu wenig aufgeklärt waren.
Außerdem fühlen sie sich oft mit ihren Ängsten und Fragen allein gelassen. Daraus wird klar
ersichtlich: „Umfassende, ergänzende Informationen und Beratung sind ein Bedürfnis und
eine Notwendigkeit! Umfassende Information meint nicht nur medizinisch-genetische
Informationen, sondern beinhaltet auch Informationen im Zusammenhang mit Behinderung –
also sonderpädagogische Informationen“ (Menz 1994, 180)!
Der positive Befund und damit die Aufdeckung, dass ein noch ungeborenes Wunschkind
anders ist als erwartet, versetzt die Eltern zunächst
unter Schock, welcher, laut Stengel-Rutkowski (1997),
vergleichbar ist mit der Diagnosemitteilung einer
Krebserkrankung oder einer HIV-Infektion. Meist fühlen
sich Eltern, als ob in ihnen „etwas explosionsartig
zerstört wird, verlieren den Boden unter den Füßen und
fühlen sich in einen Abgrund stürzen, dessen Tiefe
unauslotbar
Abb. 13:Trauerarbeit über Verlust
des imaginierten elterlichen
Wunschkindes nach Mitteilung eines
positiven Befundes.
(Stengel-Rutkowski 1997, 77)
erscheint.
Fehldiagnose
für
angesichts
der
Wird
möglich
anfangs
gehalten,
noch
so
Unausweich-lichkeit
eine
folgen
dieser
unerwünschten Realität Schmerz, Kränkung, Wut,
Hilflosigkeit, Angst, Ohnmacht und Trauer“ (Stengel-Rutkowski 1997, 76) (Abb. 13). Wie ein
Mensch die Krise, nachdem er mit der Diagnose eines behinderten Kindes konfrontiert wird,
durchlebt, ist davon abhängig, ob er alleingelassen ist, oder ob er Beistand erhält. Weit vor
der Geburt kann der Mensch heute mit einer Diagnose konfrontiert werden, und die
Beratungssituation, so Müller-Wiedemann (1994), ist in diesem Stadium noch sehr
unterentwickelt.
Nach Ermittlung eines positiven Befundes sind eingehende Gespräche mit den werdenden
Eltern nötig. Der Arzt muss sich neutral und nicht direktiv verhalten. Laut der
Bundesärztekammer (1998) sollten folgende Aspekte in dem Gespräch enthalten sein:
•
Erläuterung des Befundes
•
Art der Erkrankung oder Entwicklungsstörung
•
Mögliche Ursachen der Erkrankung oder Entwicklungsstörung
•
Therapeutische Möglichkeiten
•
Mögliche Folgen der Erkrankung oder Entwicklungsstörung für die schwangere Frau
und ihre Familie
•
Klinisches Bild und Schweregrad der Erkrankung oder Entwicklungsstörung
•
Erleben der Erkrankung oder Entwicklungsstörung aus der Sicht betroffener
Personen
•
Medizinische, psychosoziale und finanzielle Hilfsangebote
•
Möglichkeit der Vorbereitung auf das Leben mit einem kranken bzw. behinderten
Kind
•
Vermittlung von Kontaktpersonen und Selbsthilfegruppen
•
Etwaige Erwägung des Schwangerschaftsabbruchs.
Müller-Wiedemann (1994) geht davon aus, dass der Beratungsauftrag nur dann erfüllt ist,
wenn zum Abbruch realisierbare und konkrete Alternativen zur Sprache kommen – auch eine
Adoption kann in Betracht gezogen werden.
Ein auffälliger Befund sagt relativ wenig über den Schweregrad oder die individuelle
Ausprägung der erwarteten Schädigung aus. Genaue Aussagen, wie der Mensch und seine
Mitmenschen mit ihm leben werden, lassen sich nicht machen (Schindele 1994; KirchnerAsbrock & Kurmann1998). „Das potentielle Kind ist eben noch kein Gegenüber, sondern es
schrumpft zu einem nüchternen Krankheitsmerkmal zusammen, von dem man sich
überfordert fühlt oder das vernünftigerweise abgetrieben werden sollte. Es ist dann nicht
mehr Susanne, der man vielleicht sogar noch vor zwei Wochen auf dem Ultraschallbild
zugewunken hat, sondern eine Trisomie 21, die möglichst schnell aus dem eigenen Leben
radiert werden soll“ (Schindele 1999, 20). Eine Mutter beschreibt ihr Gefühl, nachdem sie
erfahren hat, dass ihr Sohn höchstwahrscheinlich mit dem Klinefelter-Syndrom auf die Welt
kommen wird, so: „Als die Ärztin mir sagte, irgendetwas stimmt nicht, ist mir von einer
Sekunde zur anderen das Strampeln im Bauch fremd geworden. Der einzige Gedanke war:
Weg damit“ (Schindele 1999, 20).
Des Weiteren hat der medizinisch geschätzte Schweregrad der Behinderung Auswirkungen
auf die Entscheidung. Maier (2000, 142f.) listet exemplarisch unterschiedliche Krankheiten
bzw. Behinderungen, abhängig von der Lebens- bzw. Leidensdauer der Kinder, auf. Diese
Auflistung ist keineswegs vollständig, sondern soll einen Überblick geben und als
Diskussionsrahmen dienen.
1. Zur Gruppe der schwer, nicht oder nur kurz unter intensivem medizinischen Einsatz
am Leben zu erhaltenden Kinder gehören solche mit Anenzephalie, Zyklopie,
Trisomie 18, Trisomie 13 und Triplodien.
2. Zur Gruppe der schweren Fehlbildungen mit deutlich eingeschränkter Lebenserwartung und mehr oder weniger „vegetativem Leben“ zählen Kinder mit zum
Beispiel hypoplastischem Linksherz, massiv ausgeprägtem Hydrozephalus oder
Nierenagenesie.
3. Zu Beeinträchtigungen, die mit dem Leben gut vereinbar sind, zählt Maier zum
Beispiel das Down-Syndrom. Kinder mit einem Down-Syndrom erfreuen sich am
Leben, sind kommunikationsfähig und haben verschiedenste Entwicklungsmöglichkeiten. Des Weiteren werden zu dieser Gruppe offensichtliche Fehl-bildungen
ohne
Lebenseinschränkung
wie
die
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte
oder
Fehlbildungen der Extremitäten gezählt. Diese sind behandelbar und in gewissem
Maße operabel. Auch Kinder mit Turner- oder Klinefelter-Syndrom, deren genetische
Probleme oft erst in der Pubertät auftreten, sind in ihrem Leben nur in einem
bestimmten Bereich eingeschränkt.
4. Im engeren Sinne kann mit Hilfe der Pränataldiagnostik auch das Geschlecht
bestimmt werden. Damit könnte sich auch die äußerst fragwürdige Untergruppe mit
unerwünschtem Geschlecht bilden.
Die Gruppen sind von eins bis vier nach der Schwere der Fehlbildungen, dem Ausmaß des
Leidens bzw. der angenommenen Lebensqualität des Kindes angeordnet. Laut Meier (2000)
wird somit auch der Entscheidungsspielraum für die schwangere Frau und ihren Partner, ein
Kind mit einer genannten Beeinträchtigung nicht haben zu wollen, stetig enger.
Im Falle eines positiven Befunds stellt sich heute häufig nicht die Frage, „ob das Kind
lebenswert ist, sondern, welches Kind die Eltern akzeptieren können oder anders
ausgedrückt, welches Kind den Eltern liebenswert erscheint“ (Schindele 1999, 20). Die
Verantwortung für die Entscheidung möchten sowohl genetische Beratungsstellen, als auch
Ärzte und die betroffenen Eltern nicht allein tragen. Es fehlt eine direkte Auseinandersetzung
mit dem Thema. Die selektive, kontrollierbar scheinende Schwangerschaft scheint der Norm
zu entsprechen. Die eigentlich natürliche Schwangerschaft und das Schaffen einer
Gesellschaft, in der alle einen Platz haben, wird aus den Augen verloren (Schindele 1999).
Auf der anderen Seite hat die Frau letztendlich die Wahl, wie sie für sich und ihr Leben in der
gegebenen Situation entscheidet. Der Fetus ist Teil der Frau, allein weder lebens- noch
entscheidungsfähig, daher muss, so Tolmein (1993, 109), die Entscheidung der Frau
respektiert werden. Das heißt nicht, dass sie für gut geheißen werden muss.
Maier (2000, 141f.) sieht den Entschluss immer als ein Dilemma an, da jede getroffene
Entscheidung Probleme mit sich bringt. Die Frau befindet sich in einem unlösbaren Konflikt:
Entscheidet
sie
sich
für
die
Abtreibung
des
Kindes,
wird
ihr
vorgeworfen,
behindertenfeindlich zu sein; entscheidet sie sich für das Kind, wird ihr von anderer Seite
vorgeworfen, einem Menschen und der Gesellschaft ein Leben mit Behinderung zuzumuten
(Hohenstein 1998, 61). Es gibt keine Lösung, bei der keine negativen Folgen auftreten.
Wenn man sich auch moralisch nicht schuldig fühlt, treten andere Schwierigkeiten auf. Hat
man einmal den Weg der Pränataldiagnostik gewählt und steht vor einem positiven Befund,
muss man sich entscheiden, wenn auch nicht aktiv. Eine Schwangerschaft nicht
abzubrechen, heißt, sie fortzusetzen – also ist auch eine „Nicht-Entscheidung“ eine
Entscheidung.
Stengel-Rutkowski
(1997)
berichtet
aus
ihrer
Erfahrung,
dass
es
in
dem
Entscheidungskonflikt nach einem positiven Befund keinen objektiv leichteren oder
schwereren Weg für die werdenden Eltern gibt. Dennoch wird meist von Beginn an eine
Wahl-Möglichkeit konkreter bedacht. Der Entscheidungsprozess ist sehr individuell und
subjektiv.
Im Folgenden soll auf drei Möglichkeiten eingegangen werden, die Frauen, jedoch mit
Einschränkung, nach der Diagnoseeröffnung eines positiven Testergebnisses zur Wahl
haben.
5.2.1 Schwangerschaftsabbruch
Diagnostiziert ein Arzt eine Krankheit oder eine Behinderung, hat dies zur Folge, dass
therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden, um die Ursache zu beheben oder zumindest
zu lindern. Da nur wenige intra-uterin festgestellte Defekte therapeutisch behandelt werden
können (siehe 5.2.2), wird in vielen Fällen der Krankheitsträger getötet (Hepp 1999).
Nach §218a Absatz 2 ist der Schwangerschaftsabbruch nicht strafbar und jederzeit
durchführbar, wenn die Frau durch die Schwangerschaft körperlichen oder seelischen
Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Das heißt: Ist der positive Befund für die schwangere
Frau psychisch nicht verkraftbar, hat sie das Recht, die Schwangerschaft abzubrechen. Die
früher verpflichtende Beratung vor Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs auf
Grund einer medizinischen Indikation entfällt heute. Der Wegfall der Beratungspflicht wird im
Allgemeinen dem Bedürfnis der schwangeren Frau nicht gerecht, so Hohenstein (1998, 137).
Durch den vermehrten Einsatz pränataler Untersuchungen wird die Diskussion um die
Paragraphen des Schwangerschaftsabbruchs angeregt. Auf Grund der relativ freien
Entscheidungsmöglichkeit, die eine Frau nach einem positiven Befund hat, ist eine genaue
Reflexion der gegebenen Umstände nötig. Es ist wichtig, dass auch die Konsequenzen eines
Schwangerschaftsabbruchs mit in die Diskussion einbezogen werden.
Bei der sozial-medizinischen Indikation dient der Schwangerschaftsabbruch nicht der
Gesundheit der schwangeren Frau, sondern eine in der Regel gesunde Frau befreit sich
durch den Abbruch von dem „Leid“, das ein behindertes bzw. krankes Kind in ihrem
zukünftigen
Leben
anrichten
würde
(Hepp
1999).
Ist
die
Schwangerschaft
bei
Diagnoseeröffnung schon relativ weit fortgeschritten, circa bis zur 21. bis 24.
Schwangerschaftswoche, muss durch wehenauslösende Mittel die Geburt eingeleitet
werden, um so die Schwangerschaft abzubrechen. Durch diese Einleitung einer Frühgeburt
besteht die „Gefahr“, dass das Kind extra-uterin überleben kann. Da man aber auf Grund der
Erkrankung oder Behinderung des Embryos das Ziel hatte, diesen zu töten, kommen die
Ärzte auf Grund der Spätabtreibungen in ein Dilemma. Kommt ein Kind lebend zur Welt,
müssen die Ärzte und Geburtshelfer alles tun, um dieses Leben zu erhalten. Um sicher zu
gehen, dass lebensfähige, nicht gewollte Kinder eine Abtreibung durch Einleitung einer
Frühgeburt nicht überleben, müsste man sie bereits intra-uterin abtöten – ein Fetozid. Der
Fetozid gilt juristisch gesehen nicht als Mord, weil rechtlich die Eröffnungswehen als
Zeitpunkt festgelegt sind, von dem ab eine Tötung des ungeborenen Kindes verboten ist. Der
Fetozid stellt eine gefährliche Grenzverschiebung des ärztlichen Auftrags dar (KirchnerAsbrock & Kurmann 1998, 12; Krebs 1999; Pfleiderer 2000). „Vor die Rettung und Heilung
von Menschen schiebt sich in bestimmten Situationen die Tötung durch Unterlassung oder
gar die aktive Tötung“ (Krebs 1999, 55). Diese und weitere Punkte zeigen sich in der Praxis.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
stellte 1999 die Punkte dar, die Eltern, die prinzipiell dem Schwangerschaftsabbruch
gegenüber nicht total abgeneigt sind, im Falle einer Spätabtreibung Schwierigkeiten bereiten,
zum Nachdenken anregen und eventuell zur Verweigerung des Schwangerschaftsabbruch
führen:
•
•
•
•
•
•
•
Fetus ist bereits schmerzempfindlich.
Fetus wäre extra-uterin lebensfähig.
Fetozid ist nötig; Tötungsauftrag der Mutter schlägt in eine Lebenserhaltungspflicht
des Arztes um.
Diagnostizierte Behinderung scheint nicht schwerwiegend genug, um den
Schwangerschaftsabbruch zu rechtfertigen.
Intra- oder extra-uterine Therapiemöglichkeiten sind noch nicht geklärt.
Die schwangere Frau ist noch nicht ausführlich über medizinische und soziale
Aspekte aufgeklärt.
Frage der Zumutbarkeit ist nicht von objektivem Standpunkt geprüft.
Je später der Schwangerschaftsabbruch vollzogen wird, desto größer ist der damit
verbundene Aufwand. Er kann sich über mehrere Stunden oder auch Tage hinziehen und
muss meist stationär durchgeführt werden (AWMF 1999).
Deutschlandweit sorgte 1997 der Fall des „Oldenburger Babys“ Tim für Aufsehen. Nachdem
mit Hilfe einer pränataldiagnostischen Untersuchung ein Down-Syndrom diagnostiziert
wurde, entschieden sich die Eltern in der 25. Schwangerschaftswoche für eine Abtreibung.
Tim kam aber lebend zu Welt. Laut unterschiedlicher Berichte ließen die Ärzte den Jungen
circa zehn Stunden unversorgt und leiteten erst dann medizinische Behandlung ein. Die
Eltern des Jungen verklagten die Ärzte auf Schadensersatz, da sie nicht darüber aufgeklärt
waren, dass das „Risiko“ besteht, dass ihr Baby die Abtreibung überlebt (Schindele 1999;
www.tim-lebt.de). Dieser Fall ist kein Einzelfall. Mediziner gehen davon aus, dass bei einer
Abtreibung nach der 20. Woche jedes dritte Kind lebend zur Welt kommt. Um das zu
verhindern, gehen viele Mediziner heute „auf Nummer sicher“ und töten das Kind noch im
Mutterleib, vor der Geburtseinleitung mit einer Kalium-Chlorid-Spritze ins Herz.
Mansfield, Hopfer und Marteau geben einen Überblick über Studien aus verschiedenen
Ländern zum Schwangerschaftsabbruch nach positivem Befund (Tab. 15), aufgeschlüsselt
nach verschiedenen Chromosomenaberrationen. Die Untersuchungen stammen aus der Zeit
von 1980 bis 1998 und geben eine durchschnittliche Abbruchsrate an. Die berechneten
Zahlen variieren je nach Land.
Abbruchrate nach pränataler Diagnostik und positivem Befund
100%
92%
90%
84%
80%
72%
64%
70%
58%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Trisomie 21
Spina bifida
Anencephaly
Turner Syndrom
Klinefelter Syndrom
pathologischer Befund
15: Abbruchrate nach pränataler Diagnostik und positivem Befund.
(Mansfield, Hopfer & Marteau 1999)
Tab.
Graf (1999, 51) stellt fest, dass nicht zu ermitteln ist, inwiefern die Beratung im Anschluss an
den Befund für die Entscheidung zur Abtreibung maßgebend ist.
Bei den hohen Abbruchszahlen, vor allem bei Diagnose des Down-Syndroms und Spina
bifida stellt sich für Graf (1999, 51) die – meiner Ansicht nach äußerst berechtigte Frage –
ob man die Pränataldiagnostik noch als Methode bezeichnen darf, die dem Wohl des
ungeborenen Kindes dient.
Nippert und Horst führten auch eine Untersuchung durch, in der ebenfalls unterschiedliche
Indizien für einen Schwangerschaftsabbruch ausgewertet wurden. Eine Frage untersuchte
die Einstellung zum Schwangerschaftsabbruch bei der Feststellung einer fiktiven
genetischen Störung – genetisch bedingtes Übergewicht. Diese Frage sollte aufdecken, ob
bei Frauen in einer körperbewussten Gesellschaft eine Bereitschaft vorhanden ist, solche
kulturellen Wertvorstellungen mit Hilfe der Pränataldiagnostik zu realisieren. 18,9% der
befragten Frauen gaben an, bei diesem Befund die Schwangerschaft unterbrechen zu
wollen. 36% würden zwar persönlich die Schwangerschaft nicht unterbrechen, meinen aber,
dass es, wenn eine Frau dies wünscht, möglich sein sollte. Das heißt, über 50% der
befragten Frauen sehen Übergewicht als einen akzeptablen Grund an, ein Kind zu töten
(Nippert 1999)! Dieses für mich erschreckende Ergebnis bestätigt, dass einige Eltern den
Rahmen, wie ihr „Wunschkind“ sein darf, äußerst eng stecken – zumindest in ihren
Vorstellungen.
Die psychischen Folgen und die seelische Belastung, die ein Schwangerschaftsabbruch
nach sich zieht, werden oft unterschätzt (Ludwig 1982; Petersen 1986, 106ff.).
Eine Mutter, die ihr Kind, nachdem die Fruchtwasseruntersuchung auf ein Kind mit DownSyndrom hinwies, abgetrieben hat, hat nach vier Jahren das Gefühl, dass die Diagnose einer
Fehlbildung von den Ärzten wie ein bösartiger Tumor behandelt wird. Die Ärzte versuchen,
möglichst schnell zu operieren und ihn zu entfernen, damit er sich nicht ausbreitet. Es darf
nicht soweit kommen, dass der Schwangerschaftsabbruch als Therapieform angesehen wird.
Eine Schwangerschaft mit einem Kind, welches einen genetischen Defekt aufweist oder
fehlgebildet ist, darf nicht als krankhafter Zustand angesehen werden, der – ähnlich wie ein
Tumor – operativ beseitigt werden kann bzw. muss (Kind et al. 1993).
Die objektive Erfassung von Daten der seelischen Auswirkung des Schwangerschaftsabbruchs ist schwierig, so Ludwig (1982). Die Einschränkung der Objektivität ergibt
sich aus dem kulturellen, religiösen, moralischen und sozialen Umfeld der jeweiligen Frau in
der Ausnahmesituation einer Schwangerschaft.
Das folgende Fallbeispiel soll exemplarisch den langen, konfliktträchtigen Weg darstellen,
den eine pränatale Untersuchung mit sich bringen kann und die Entscheidungen, die
eventuell getroffen werden müssen, aufzeigen:
Fallbeispiel:
Caroline Stoller (1995) hat in einem Buch ihre Schwangerschaft, die Konfrontation mit
vorgeburtlichen Untersuchungen, die Eröffnung eines positiven Befundes und letztendlich die
Entscheidung, das Kind abzutreiben, anschaulich festgehalten.
Caroline macht, als sie vermutete, schwanger zu sein, einen Schwangerschaftstest, der ihre
Vorahnung bestätigt. Sie fühlt sich gut und alles läuft weiter wie bisher. Dennoch ist sie
etwas ungeduldig, da sie bei ihrer letzten Schwangerschaft in der achten Woche eine
Fehlgeburt hatte. Immer wieder stellt sie sich ihr Baby vor und ist fasziniert davon, dass
Leben in ihr wächst; „es ist ein beglückendes Gefühl, sich dies bewusst zu machen. Ein Kind
zu haben, welchem wir das Leben geschenkt haben. Ein Kind, welches aus unseren
Chromosomen entsteht. Ein Kind, welches mir vielleicht ähnlich sein wird“ (11). Die
Gedanken an das Kind werden mit der Zeit immer vertrauter. So vergeht auch kein Tag
mehr, an dem sie sich keine Gedanken über die Zukunft mit ihrem Kind macht. Der kleine
Mensch in ihr übt schon eine unglaubliche Macht aus. Caroline ernährt sich gesund und
schläft ausreichend. Sie tut das alles gerne, denn der Start ins Leben soll für ihr Kind so
angenehm wie möglich sein. Die werdende Mutter weiß auf Grund ihres Berufs als
Krankenschwester, wie viele Krankheiten es gibt, macht sich aber keine Sorgen. „Warum
sollte ausgerechnet ich ein krankes Kind auf die Welt bringen? Wir sind beide gesund, und
ich tue mein möglichstes“ (13f.). In der 10. Schwangerschaftswoche hat sie den ersten
Arzttermin und ihre erste Ultraschalluntersuchung. Caroline sieht ihr Kind, knapp
drei
Zentimeter groß und man kann schon Bewegungen erkennen. Alles ist normal, sie ist sehr
erleichtert und es folgt eine sorglose Zeit. Die ersten drei Monate sind vorbei und das Risiko
für eine erneute Fehlgeburt sinkt. Caroline wird immer dicker und bald werden alle sehen,
dass sie Mutter wird. In der 16. Woche möchte Caroline den Triple-Test durchführen lassen.
Zeigen die Blutwerte kein auffälliges Ergebnis, so ist das schon ein sicherer Anhaltspunkt,
dass das ungeborene Kind gesund ist. Wenn der Alpha-Feto-Protein Spiegel eher niedrig ist,
kann das ein Indiz für ein Kind mit Down-Syndrom sein, ist er dagegen überdurchschnittlich
hoch, kann dies auf eine offene Missbildung des Rückenmarks hinweisen. Caroline ist im
vierten Monat schwanger, und die Organbildung des Kindes ist bereits komplett
abgeschlossen; von nun an wächst und reift es „nur“ noch in ihrem Bauch heran. Der
Zeitpunkt der Triple-Test-Untersuchung rückt immer näher und Caroline ist sich nicht mehr
ganz sicher, ob sie diese wirklich durchführen lassen soll. Sie spricht mit mehreren
Bekannten, diese sind jedoch nicht wirklich eine Hilfe für sie, da sie der Meinung ist, dass
sich keiner wirklich in ihre Lage versetzen kann. Letztendlich muss sie hinter ihrer
Entscheidung stehen. „Irgendetwas in mir sträubt sich gegen diese Untersuchung“ (20).
Irgendwie erscheint ihr diese Untersuchung plötzlich als ein Eingriff in die Persönlichkeit
dieses kleinen Menschen. „Ich denke, so wie es ist, ist es gut. Von Natur aus so gewollt“
(20). Und dennoch weiß sie nicht, was sie tun soll – ein Widerspruch zwischen Kopf und
Herz. Letztendlich siegt der Verstand und der Wunsch, eine Bestätigung zu haben. Vor der
Blutentnahme macht der Arzt noch einen Ultraschall. Das Ergebnis der Triple-TestUntersuchung wird in ungefähr einer Woche vorliegen. Caroline macht sich mit ihrem Mann
auf den Heimweg. Beide haben das Gefühl, dass der Arzt den Kopf des Kindes unnatürlich
lange angeschaut hat. Caroline ist zunächst etwas verunsichert, doch nach ein paar Tagen
hat sie sich beruhigt, und die Gedanken an Krankheit und Behinderung sind verdrängt. Sie
erlebt Tage, die noch einmal alle Träume und Vorstellungen zulassen. Eine Woche später
wird die Diagnose mitgeteilt. Caroline kommt gerade von einem Stadtbummel nach Hause,
fühlt sich rundum glücklich und freut sich, dass sie bald Mutter sein wird. Am Abend ruft der
Arzt an und sagt ihr, dass das Alpha-Feto-Protein stark erhöht ist. „In diesem Moment habe
ich das Gefühl, die Welt bricht zusammen. Leere ... Ende ... aus“ (28). Ihr war klar, was es
bedeutet, sie brauchte keine medizinische Erklärung dazu. „Alles ist weg mit einem Schlag.
Alle Hoffnungen, Erwartungen, Träume begraben und weg“ (28f.). Der Arzt sagt ihr, dass er
selten einen Fall hatte, bei dem das Alpha-Feto-Protein so stark erhöht war – er ist sich
sicher, dass es ein eindeutiger Hinweis ist. „Was man noch nicht sagen kann: wo die offene
Mißbildung ist. Doch mit großer Wahrscheinlichkeit ist es eine der schlimmsten Mißbildungen
überhaupt. Offener Rücken. Was folgt, könnte man mit einem Alptraum vergleichen. Ich kann
es nicht wahrhaben. Es kann ganz einfach nicht möglich sein“ (29). Sie kennt das
Krankheitsbild auf Grund ihrer Berufserfahrung als Krankenschwester genau. Dennoch
schlägt sie in Büchern nach, ob nicht doch irgendwie die Chance besteht, dass das Kind
gesund ist. Aber es gibt keinen Hoffnungsschimmer. Tausend Fragen gehen Caroline durch
den Kopf. Ein Karussell voller Gedanken und Gefühle: Angst, Panik, Schmerz, Trauer,
Wut...! „Warum ich“ (30)? Caroline ist traurig und möchte ihrem Kind helfen, es hat nicht
verdient, dass man sich solche Gedanken macht. Sie ist mit ihren Gedanken im Unklaren –
hin und her gezogen. „Ich fühle Menschlichkeit, das Unantastbare, das göttliche Wunder, an
dem man nichts ändern sollte und es so annehmen soll, wie es ist. Da sind Verstand, meine
Angst vor dem Leiden, vor den Schmerzen. Beides in mir hat seine Berechtigung, jede Seite.
Und dennoch muß ich mich entscheiden für eine Seite. Eine muß sterben“ (31f.). Sie macht
sich viele Gedanken um ihr ungeborenes Baby und die Zukunft. „Nicht einmal die
grundlegendsten und elementarsten Sachen würde er je selber können. Nie allein zur
Toilette gehen. Nie mit Kindern herumtollen können. Nie im Schnee herumspringen. Nie
einer Katze nachspringen können. Nie auf einem Dreirad herumflitzen können, und das weiß
ich schon jetzt, bevor er überhaupt geboren ist“ (33). Sie hat keine Hoffnung – keine Aussicht
auf Heilung. Die Hoffnung, die ihr Kraft geben könnte, fehlt. Die Situation, dass sie ihr Kind
nicht kennt, sondern nur seine Krankheit, ist für Caroline sehr belastend. Sie fühlt sich
machtlos, hoffnungslos und verzweifelt, und sie macht sich Gedanken über den Ausdruck
Lebensqualität. Was bedeutet das? Außerdem fragt sich Caroline, ob sie das Recht hat, in
die Einzigartigkeit des Lebens einzugreifen. Sie dreht sich immer wieder im Kreis und findet
keine Antworten – es gibt auch keine allgemeingültigen, richtigen Antworten. „Ich fühle mich
in einer Sackgasse. Gefangen. Es gibt keinen Ausweg, um dieser Verantwortung entgehen
zu können. Wir diskutieren sehr lange, doch Lösungen gibt es keine“ (36). Caroline bekommt
mit der Zeit das Gefühl, die ganze Welt hätte sich negativ verändert. Ihr persönliches
Weltbild steht Kopf. Die Schwangerschaft, die sie als wundersamstes Glück empfand,
besteht nur noch aus Angst und Schrecken. Sie fühlt sich wie in einem schlechten Traum.
Da ist immer die Tatsache, dass sie ein todkrankes Kind in ihrem Bauch trägt. Am nächsten
Tag geht Caroline noch einmal zum Arzt und bespricht mit ihm das wahrscheinliche
Krankheitsbild
und
dessen
Auswirkungen.
Es
wird
erneut
eine
ausführliche
Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Die offene Stelle am Rückenmark ist nicht genau zu
erkennen. Doch das Kleinhirn und der Kopf haben bereits eine Form, die typisch ist für diese
Krankheit. Wenn sie bis dahin noch ein Fünkchen Hoffnung hatte, so ist diese jetzt für immer
erloschen, obwohl das Kind ihrer Meinung nach gesund aussieht – es lebt! Caroline befindet
sich in einem seltsamen Zustand, einer Art Trance. Sie besucht noch einen zweiten Arzt mit
der Hoffnung, dass eine weitere Meinung und Darstellung der Ergebnisse ihr bei der
Entscheidung hilft. Caroline erlebt den Ultraschall mittlerweile als fast unerträglich – der Blick
auf das Kind, das vielleicht bald tot ist. Der Arzt empfiehlt, die Geburt so bald wie möglich
einzuleiten. Caroline stimmt zu. Dennoch ist es noch nicht definitiv. Sie und ihr Mann können
immer noch entscheiden, ob der Eingriff gemacht werden soll oder nicht.
Caroline hat einen Termin in der Klinik. Sie muss sich auf die Geburt einstellen und darauf,
dass das Kind tot zur Welt kommen wird. „Ein Kind, das durch unseren Willen jetzt schon
stirbt. Nach 4 Monaten Leben. Ein Gefühl von Hilflosigkeit und Angst. Ich kann ihm nicht
ausweichen“ (46). Für Caroline ist es komisch, auf die Entbindungsstation zu gehen, wo
eigentlich Kinder auf die Welt kommen, sie müsste eher auf eine Station, auf der sich Kinder
von der Welt verabschieden. Caroline muss erneut ihre Geschichte erzählen – sie bekommt
erneut Zweifel, ob sie das Richtige tut. Die Ärzte stimmen sie darauf ein, dass es eine
langwierige Sache werden kann, dass der Körper nicht auf eine Geburt eingestellt ist. „Wir
haben ‚Ja’ gesagt zum Tod dieses Kindes. Wir beenden das Leben eines Kindes, eines
Kindes das unvollkommen und lebensunfähig ist. Wirklich kein Recht auf Leben unter diesen
Umständen hat“ (49f.). Für Caroline und ihren Mann gibt es kein Zurück mehr. Sie werden
das Krankenhaus erst verlassen, wenn das Kind geboren und gleichzeitig gestorben ist.
Caroline bekommt eine Infusion mit Medikamenten, die künstlich Wehen erzeugen. Dann
beginnt das lange Warten – Warten, Warten und nochmals Warten. Zu diskutieren gibt es
nicht mehr viel. Sie fühlt sich leer und erschöpft. Immer wieder kommen ihr Zweifel, aber jetzt
gibt es kein Zurück mehr. „Ich versuche mich zu beruhigen. Denke, daß dies auch Liebe ist,
wenn man seinem Kind soviel Schmerz und Leid ersparen will“ (57). Caroline wird in den
Gebärsaal geführt. Sie hat sich den Moment, in dem sie einen Gebärsaal betritt, immer
anders vorgestellt. Glücklich, mit einem dicken Bauch und voller Erwartungen. Diese Geburt
wird nichts mit ihren Vorstellungen gemeinsam haben. „Ich muß mich auf Schmerzen gefasst
machen, und dann, was übrig bleibt nach dieser Geburt, sind ein leerer Bauch und ein totes
Kind“ (61f.). Ihr schießen Gedanken durch den Kopf an eine mögliche Beerdigung des
Kindes, aber dazu ist es noch zu klein. Der Arzt schaut immer wieder nach ihr, aber die
Geburt stellt sich nur langsam ein. Caroline geht es nicht gut und sie leidet unter den
Schmerzen und die Medikamente machen sie müde. Sie sehnt die schreckliche Geburt
herbei, aber so leicht bringt man ein Kind nicht auf die Welt. Für Caroline ist es auch ein
Beweis dafür, wie schwierig es ist, in natürliche Prozesse einzugreifen. Letztendlich hat sie
den Blasensprung und alles geht sehr schnell, drei, vier Mal eine kurze Presswehe und das
Kind ist geboren. „Ich drehe den Kopf weg und schließe die Augen. Jemand hat das Kind in
ein Tuch gewickelt und sofort rausgetragen“ (70). Der Moment, vor dem Caroline sich am
meisten fürchtete, war jetzt da, aber trotzdem fühlt sie sich erleichtert. Am nächsten Tag wird
sie aus dem Krankenhaus entlassen. Die erste Zeit zu Hause war schlimm. Sie fühlte sich
leer und leblos, ohne Energie und Kraft. „Ich fühle mich vom Leben beraubt, verraten und
ausgestoßen“ (75). Ihr scheint es, als ob die ganze Welt nur noch aus Kindern, schwangeren
Frauen und überglücklichen Müttern besteht. Wohin sie auch sieht: Kinder, Kinder und
nochmals Kinder! Sobald die körperlichen Schmerzen nachlassen, werden die seelischen
Schmerzen stärker spürbar. Selbstvorwürfe, das Gefühl, einen schlimmen Fehler gemacht
zu haben. Sie findet keinen Trost. Wäre das Kind normal gestorben, könnte sie sich denken,
Gott habe es so gewollt. Aber so, das war kein natürlicher Tod. Sie weiß auch nicht, an wen
sie sich wenden kann. Das ist ganz klar eine Schattenseite der Medizin und des Fortschritts.
Es gibt Situationen, in denen nur der Verstand mit dem Fortschritt mithalten kann und die
Seele nicht. Aus welchem Blickwinkel soll Caroline die Situation betrachten?
Theologisch: Dann hat sie den Plan Gottes durchkreuzt.
Medizinisch: Es hätte es eine Chance für das Kind gegeben. Sie kannte einige Kinder mit
dieser Krankheit. Heute ist vieles machbar.
Philosophisch: Alles hat einen tieferen Sinn, den wir als Menschen ja nicht unbedingt
erkennen müssen.
Menschlich: Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Menschen mit Behinderung haben
eventuell gerade die Qualitäten, die uns „normalen“ Menschen ein wenig verloren gegangen
sind.
Ethisch: Ihr Handeln war unverantwortlich und unmenschlich.
Alle Antworten, die Caroline findet, sprechen dafür, dass ihre Entscheidung falsch war. Sie
hätten es nicht tun dürfen. Doch es war nicht allein ihre Entscheidung. Ärzte, Verwandte,
Bekannte und e
l tztendlich auch die Gesellschaft stehen hinter ihr und der Entscheidung.
Aber das ist für Caroline in der momentanen Situation kein Trost. „Wir haben entschieden
und es war unser Kind. Ich fühle mich in diesem Moment ganz allein verantwortlich. Ich bin
auch nicht in der Lage oder auch nur gewillt, mich trösten zu lassen“ (81). Dieses Auf und Ab
hält einige Wochen an. Sie fühlt sich, als ob das Leben gegen sie ist. Es ist ein eigenartiger
Abschied von ihrem Kind. Es ist gestorben, aber es gab keine Beerdigung. „Es ist
verschwunden, ins ‚Namenlose’“ (81). Das Abschied- nehmen ist schwierig. Immerzu
müssen sie und ihr Mann daran denken, dass sie den Tod gewollt haben. Wie sollen sie sich
da mit Gott oder dem Schicksal trösten? Sie haben ja selbst Gott gespielt und entschieden.
Nach einem Monat geht Caroline wieder zurück zur Arbeit. Als Krankenschwester versucht
sie sich damit zu trösten, dass andere Eltern auch ihre Kinder verlieren. Wenn es zum
Beispiel mit einem Herzfehler geboren wird und nach ein oder zwei Monaten stirbt. Aber
dennoch neigt sie dazu, zu denken, dass sie das Allerschlimmste erlebt hat. Sie beginnt,
unfair zu werden und erträgt es nicht mehr, zu hören, wenn Mütter sich über ihre Kinder
beschweren und ihre Sorgen beklagen. Sie kann nicht verstehen, wie eine Mutter mit
gesunden Kindern schlecht gelaunt sein kann und sie verhält sich zunehmend subjektiv.
Mutter zu sein und Sorgen zu haben, das ist für Caroline nicht vorstellbar.
Heute, zwei Jahre später, kann sie nicht mit Sicherheit sagen, wie sie sich heute entscheiden
würde. Die Entscheidung ist äußerst situationsabhängig. „Ich bin auf jeden Fall vorsichtiger
geworden mit Urteilen“ (85). Dieses Buch hat Caroline geholfen, die Schuldgefühle
abzubauen, obwohl ein gewisser Schmerz immer bleiben wird. „Ganz vergessen kann man
das nie“ (85).
Der Bericht von Caroline Stoller gibt einen Einblick in den sonst privat ablaufenden
Entscheidungsfindungsprozess und zeigt auf, wie schwierig und belastend die Entscheidung
in ihrem Fall war und immer noch ist (Stoller 1996).
Viele Frauen empfinden in der Zeit nach einer Abtreibung ein Gefühl tiefer Hoffnungslosigkeit
und fühlen sich in einer gewissen Phase schuldig am Tod ihres Kindes. Alle Sichtweisen
(medizinische, theologische, ethische, philosophische und ethische) sprechen für das Leben
eines Kindes mit Behinderung. Viele Frauen zweifeln an der Rechtmäßigkeit ihrer
Entscheidung
Die meisten Frauen erleben einen Schwangerschaftsabbruch als Alptraum. Sie erleben
extreme Schuldgefühle und fühlen sich in der Phase vor, während und nach dem Abbruch
therapiebedürftig.
Deshalb
sollte
die
Phase
der
extremen
Schuldgefühle
durch
therapeutische Betreuung und professionelle Hilfsangebote intensiviert werden (Nippert &
Horst 1994, 101f.).
5.2.2 Einleitung von Therapiemaßnahmen
Die Schere zwischen der Diagnostizierbarkeit von angeborenen Fehlbildungen oder auch
Chromosomenanomalien und den tatsächlichen Möglichkeiten von Therapiemaßnahmen zur
Heilung ist sehr groß. Dies trifft für die pränatale Diagnostik, aber auch für einige im Laufe
des weiteren Lebens diagnostizierte Krankheiten oder Behinderungen zu. Entwicklungen
neuer Therapieformen erstrecken sich meist über viele Jahre. Humangenetiker stehen vor
der Frage, ob es nicht problematisch ist, eine Krankheit zu diagnostizieren, die man nicht
therapieren kann. In diesem Punkt stehen Medizin und Forschung vor einem „ethischen
Dilemma“, das schwer zu lösen ist (Hennen, Petermann & Schmitt 1993, Maier 2000, 146ff.).
Die Bundesärztekammer (1998) hält pränatale Diagnostik für sinnvoll und angebracht, wenn
dadurch eine intra-uterine Behandlung des Kindes eingeleitet oder eine prä- oder postnatale
Therapie vorbereitet wird.
„Ziel jeder fetalen Therapie ist, durch eine Behandlung in utero einen normalerweise bis zur
irreversiblen
Schädigung
außerhalb
des
Mutterleibs
fortschreitenden
fetalen
Krankheitsprozeß so weit aufzuhalten oder zu beheben, daß die Entbindung eines gesunden
bzw. noch nicht bleibend geschädigten Kindes ohne Risiko eines schweren kindlichen
Atemnotsyndroms möglich ist“ (Holzgreve & Tercanli 2000, 381). Therapeutische
Konsequenzen diagnostischer Ergebnisse sind im weiteren Sinne Geburtsplanung und management mit möglichst geringem Risiko, Vorbereitung auf das kommende Kind mit Hilfe
von interdisziplinären Fachkräften sowie die Verringerung von Ängsten der schwangeren
Frau und ihrem Partner, so dass die Schwangerschaft im Großen und Ganzen ein positives
Erlebnis für sie ist (Maier 2000, 147).
Für fetale Erkrankungen bzw. Fehlbildungen, die intra-uterin, während bzw. nach der Geburt
chirurgisch ganz oder zumindest in gewissem Maße ausgeglichen werden können, spielt die
pränatale Diagnose eine große Rolle. Hepp (1999) listet sechs unterschiedliche
Krankheitsgruppen auf, die intra-uterin behandelt werden können.
1. Blutgruppenunverträglichkeit
Besteht eine Blutgruppenunverträglichkeit zwischen der Mutter und ihrem Fetus, führt dies
zu einem großen Risiko für das Kind. Es ist sehr wahrscheinlich, dass BlutgruppenAntikörper der Mutter durch die Plazenta dringen und sich an das entsprechende
Blutgruppen-Antigen im Blutkreislauf des Fetus binden. Dadurch kommt es zu einer
Zerstörung der Erythrozyten – Hämolyse –, die eine Blutarmut des Kindes nach sich zieht.
Dies ist der Fall, wenn die schwangere Frau und ihr Fetus im Rhesussystem, AB0-System
oder in seltenen Blutgruppenfaktoren nicht kompatibel sind. Am häufigsten tritt eine
Inkompatibilität des Rhesussystems auf, die im Folgenden erläutert werden soll. Eine
Rhesus-negative Frau kann entweder durch eine Rhesus-positive Bluttransfusion oder durch
eine vorherige Schwangerschaft mit einem Rhesus-positiven Kind vor oder während der
Geburt sensibilisiert worden sein, das heißt, sie hat das Antigen gebildet, das in einer
weiteren Schwangerschaft zur Hämolyse beim Embryo führt. Das erste Rhesus-positive Kind
einer Rhesus-negativen Mutter wird in den meisten Fällen gesund geboren, da die
Sensibilisierung der Mutter meist während der Geburt geschieht. Bei einer weiteren
Schwangerschaft ist es nötig, den Schweregrad der fetalen Hämolyse zu bestimmen. Neben
der Bestimmung des Antikörper-Titers wird das Fruchtwasser auf die Konzentration an
Bilirubinfarbstoffen untersucht. Weicht die Extinktionskurve vom Normalverlauf ab, kann
anhand des Ergebnisses und einer zusätzlichen Ultraschalluntersuchung der Schweregrad
der
Hämolyse
bestimmt
werden
(Holzgreve
&
Tercanli
2000).
Anstelle
der
Fruchtwasseruntersuchung kann auch direkt mit der Kordozentese die Blutgruppe bestimmt
werden; laut Holzgreve und Tercanli (2000) besteht dabei kaum ein höheres Risiko für den
Embryo. Erkennt man eine fetale Blutarmut bereits auf dem Ultraschallbild, so ist das HerzKreislauf-System des Embryos angegriffen. Als Therapieformen bieten sich, je nach
Schwangerschaftswoche, zwei Möglichkeiten an. Wenn bereits alle Organe bis zu einem
gewissen Grad ausgereift sind und der Embryo sich in einem guten Gesamtzustand befindet,
kann das Kind frühzeitig entbunden werden. Ist dies nicht der Fall, muss eine intra-uterine
Bluttransfusion eingeleitet werden. Die Bluttransfusion wird heute in den meisten Fällen unter
Ultraschallansicht in die Nabelschnurvene gelegt. Transfundiert wird Blut, das mit dem Blut
des Kindes und der Mutter kompatibel ist – Rhesus-negatives Blut der Blutgruppe 0, das
möglichst frisch und frei von Viren ist. Die erfolgreiche intra-uterine Therapie ist stark von der
Erfahrung und Routine des behandelnden Arztes abhängig (Arias 1994; Hepp 1999;
Holzgreve & Tercanli 2000; Pfleiderer 2000; Schneider 2000).
Arias (1994) und Hepp (1999) gehen davon aus, dass circa 80% der intra-uterin behandelten
Embryonen gesund zur Welt kommen. Arias (1994) und Schneider (2000) gehen von einer
95% Erfolgsquote aus, wenn die Behandlung von Spezialisten durchgeführt wird.
2. Kardinale Erkrankungen
Laut Hepp (1999) sind einzelne Erkrankungen des Kinderherzens über die Plazenta der
Mutter
medikamentös
zu
behandeln.
Treten
zum
Beispiel
bei
dem
Embryo
Herzrhythmusstörungen auf, hat sich mittlerweile die Behandlung mit „Antiarrhythmika über
die Mutter und in therapiefraktären Fällen über die Nabelschnur durch Kordozentese unter
Ultraschallsicht etabliert“ (Holzgreve & Tercanli 2000, 387).
3. Ringel-Rötelinfektion (Parvovirus B19)
Circa 50% der Frauen im gebärfähigen Alter sind nicht immun gegen den Ringel-Rötelvirus
und können sich, hauptsächlich durch Kontakt mit infizierten Personen, anstecken. Die
Infektion weist, je nach Person, unterschiedliche Symptome auf und es gibt noch keinen
Schnelltest, der die Infektion sicher bestätigen kann. Man muss abschätzen, wie groß die
Wahrscheinlichkeit ist, dass die Frau sich angesteckt hat – abhängig von den Personen, mit
denen sie in Kontakt tritt. Bei Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen und Frauen, die in ähnlichen
Berufen beschäftig sind, schätzt man das Infektionsrisiko erhöht ein – circa 20%. Merkt man
durch
den
Einsatz
von
Ultraschall
und
anschließend
durch
invasive
pränatale
Untersuchungen, dass sichere Anzeichen für eine fetale Anämie vorhanden sind, ist die
Einleitung intra-uteriner Transfusionen nötig, damit der Embryo überleben kann und keine
weiteren gesundheitlichen Schäden aufweist (Arias 1994, Kap. 18; Holzgreve & Tercanli
2000; Martius 2000).
4. Obstruktive Uropathie
„Therapierbar sind vor allem Abflussbehinderungen des Urogenitaltraktes, die unbehandelt in
etwa 80% der Fälle zum Tod des Föten führen“ (Hepp 1999). Wenn man mit Hilfe des
Ultraschalls eine obstruktive Uropathie – „Schlüsselloch-Blase“ – feststellt, müssen zunächst
Chromosomen-Aberrationen oder andere Begleitfehlbildungen ausgeschlossen werden,
bevor man eine direkte Behandlung des Fetus anbahnen kann. Ein Karyogramm kann in
diesem Fall auch mit dem zur Nierenfunktionsdiagnostik ohnehin schon entnommenen
fetalen
Urin
durchgeführt
werden.
Können
Chromosomenanomalien
und
etwaige
Fehlbildungen ausgeschlossen werden, so entscheidet die Menge des Fruchtwassers das
weitere Vorgehen. Ist die Schwangerschaft schon bis zur etwa 32. Schwangerschaftswoche
fortgeschritten, sollte auch eine frühzeitige Einleitung der Entbindung in Erwägung gezogen
werden, mit Korrektur der Harnwegsobstruktion. Wird eine obstruktive Uropathie allerdings
schon frühzeitig festgestellt, so kann ein temporärer Blasenkatheter gelegt werden
(Holzgreve & Tercanli 2000).
5. Zysten und Tumore
Laut Hepp (1999) sind bei der intra-uterinen Behandlung von Zysten und Tumoren erste
endoskopische Verfahren in Erprobung. Die Behandlung richtet sich nach der Art des
Tumors, der Symptomatik und des Fortschreitens (Pfleiderer 2000).
Mittlerweile ist es auch möglich, Tumore durch den Einsatz von Lasergeräten abzutragen.
Operative Eingriffe erregen nach wie vor viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Neu
entwickelte
Eingriffsmethoden
versuchen
die
Grenzen
des
bisher
Möglichen
zu
überschreiten und werfen auch immer wieder Fragen nach Risiko, Sinn und Zumutbarkeit,
sowohl für das ungeborene Kind als auch für die Mutter, in der Gesellschaft und unter
Fachkräften auf (Maier, 148).
6. Feto-fetale Transfusion
Das feto-fetale Transfusionssyndrom kann bei Zwillingsschwangerschaften auftreten, wenn
es sich um monoamniotische Zwillinge handelt, das heißt eineiige Zwillinge, die in einer
Aminonhöhle heranwachsen (Pfleiderer & Martius 2000). Der spendende Zwilling leidet unter
Blutarmut und ist wachstumsretardiert, während der empfangende Zwilling unter zu viel Blut
leidet. Stirbt einer der beiden Feten ab, sind bei dem überlebenden Fetus Komplikationen –
zum Beispiel Nieren- oder Gehirnveränderungen – sehr wahrscheinlich. Zur Therapie dienen
hier, wie auch bei anderen Formen der kindlichen Blutarmut, intra-uterine Bluttransfusionen,
damit der Blutkreislauf wieder in ein Gleichgewicht versetzt werden kann. Ohne Einleitung
von Therapiemaßnahmen kommt es in 90% der Fälle zum intra-uterinen Tod mindestens
eines Fetus (Holzgreve & Tercanli 2000).
Sobald die Schwangerschaft bis zur 32. Woche oder weiter fortgeschritten ist, wird in den
meisten Fällen, wenn möglich, eine Therapie außerhalb des Mutterleibs einer intra-uterinen
Behandlung vorgezogen (Holzgreve & Tercanli 2000).
In diesen Fällen hat sich die Pränatalmedizin zu einer „Methode des Lebensschutzes
entwickelt“ (Hepp 1999, 28). Beispielhaft hierfür sieht Hepp (1999) eine Rötelinfektion der
Mutter. Bei Verdacht auf Rötelinfektion wurde früher meist die Schwangerschaft
abgebrochen. Holzgreve berichtet in einem Interview, dass Eltern zu ihm gekommen sind,
die sich bereits für einen Schwangerschaftsabbruch wegen einer Rötelinfektion und einem
deutlich erhöhten Risiko für die Geburt eines behinderten Kindes entschieden haben. Bei
einer weiteren Ultraschalluntersuchung konnten keine kindlichen Auffälligkeiten festgestellt
werden. Des Weiteren gibt es heute die Möglichkeit, durch die Untersuchung von fetalem
Blut sicherzustellen, ob der Fetus überhaupt infiziert ist. In diesem Fall lieferte die
Untersuchung keinen Hinweis auf eine Infektion und führte dazu, dass die Eltern sich doch
zur Fortsetzung der Schwangerschaft entschieden, da das Risiko, ein behindertes Kind zur
Welt zubringen, auf Grund des Untersuchungsergebnisses erheblich gemindert wurde.
Heute können Abbrüche, die früher auf Grund eines erhöhten Risikos durchgeführt wurden,
in einigen Fällen deutlicher eingeschränkt und abgesichert werden (Holzgreve 1990). Im
Gegensatz dazu steigt das Spektrum der diagnostizierbaren Krankheiten. Des Weiteren
drohen Ärzten Klagen, so dass Aussagen wie „die Wahrscheinlichkeit ist äußerst gering!“ für
sie kaum mehr zu machen sind (siehe 4.2.4).
Die jeweilige Therapiemaßnahme muss ganz konkret von der Situation abhängig gemacht
werden. Ärzte müssen, in Rücksprache mit den werdenden Eltern, abwägen, was an
Erkrankungen und Fehlbildungen „zu schlimm, zu leidvoll und zu chancenlos für ein
gelungenes Therapieergebnis sein wird“ (Maier 2000, 159). Hier sind Ärzte einer Problematik
ausgesetzt, dass die Auswirkungen der Beeinträchtigung subjektiv unterschiedlich gewertet
werden und es immer öfter geschieht, dass Ärzte verklagt werden. Daher muss, laut Maier
(2000, 159), ein Arzt unter Ausschöpfung aller Beratungs- und Begleitungsmöglichkeiten
möglichst zurückhaltend handeln.
Sowohl
ein
genetischer
Defekt,
als
auch
eine
erworbene
Erkrankung
fordern
Pränataldiagnostik zur Diagnose. Kann man auf Grund nicht ausgereifter pränataler
Untersuchungen eine Therapie nicht anwenden, da die Diagnose fehlt, so werden die
diagnostischen Fähigkeiten der Pränatalmediziner beklagt. Stellt man allerdings mit Hilfe von
Pränataldiagnostik einen genetischen Defekt fest und die Eltern entscheiden sich für einen
Abbruch der Schwangerschaft, so mangelt es an „Therapiemaßnahmen“ im wörtlichen
Sinne, und Pränataldiagnostik wird als eugenisch bezeichnet (Maier 2000, 154).
Das ethische Dilemma beginnt, wenn nach diagnostizierter Krankheit als einzige
„Therapieform“ die Tötung des Embryo anwendbar ist. „Die Fehlbildung eines Kindes ist
intrauterin ursächlich nicht behandelbar, vor allem dann nicht, wenn sie genetisch bedingt ist“
(Pfleiderer 2000, 311). Bei Chromosomen-Aberrationen ist die einzige anwendbare
„Therapieform“ der Schwangerschaftsabbruch. Laut Hepp (1999) ist der größte pränataltherapeutische Erfolg das Verhindern einer „Therapie“ durch einen Schwangerschafts-
abbruch. Wenn das wirklich das Ziel ist, dann wird mir an dieser Stelle wieder bewusst, wie
wichtig es ist, dass Frauen, die Pränataldiagnostik anwenden, genügend über die geringen
im eigentlichen Sinne therapeutischen Maßnahmen im Falle eines positiven Befundes
aufgeklärt werden. Auch wenn Pränataldiagnostik in den meisten Fällen zur Absicherung
eines „gesunden Kindes“ dient, ist die Auseinandersetzung mit einem unerwünschten Befund
und dessen Folgen von Beginn an im Auge zu behalten und die „Therapiemaßnahme
Schwangerschaftsabbruch“ kritisch zu reflektieren.
5.2.3 Austragen der Schwangerschaft
Stengel-Rutkowski (1997) sieht die Möglichkeit, dass die erste Phase nach der unerwarteten
Diagnoseeröffnung, die meist von negativen Gefühlen geprägt ist und oft von einer
Ablehnung des Kindes bis hin zum Tötungswunsch begleitet ist, zu einer allmählichen
Akzeptanz übergehen kann. Unterstützend kann hier die humangenetische Elternberatung
wirken. „Sie hat das Ziel, die Eltern bei ihrer Entscheidungsfindung m
i Hinblick auf die
Wahlfreiheiten
Abbruch
oder
Fortsetzung
der
Schwangerschaft
nicht-direktiv
zu
unterstützen“ (Stengel-Rutkowski 1997, 76).
Damit es in der heutigen Zeit möglich ist, sich gezielt für das Austragen einer
Schwangerschaft nach positivem Befund zu entscheiden, bedarf es meiner Ansicht nach
großen Selbstbewusstseins und Unterstützung von Seiten enger Angehöriger. Tamm (1994,
66) bewertet den Druck, dem Eltern von der Gesellschaft und auch von den Ärzten
ausgesetzt sind, wenn sie sich bewusst für ein behindertes Kind entscheiden, als enorm
groß. Die bewusste Entscheidung für das Leben mit einem behinderten Kind unterscheidet
sich meiner Ansicht nach von der vorher nicht bekannten, „zufälligen“, Geburt eines
behinderten Kindes. Ab Diagnoseeröffnung ist der Frau klar, dass ihr Kind anders ist, als sie
es sich vorgestellt hat. Das heißt, die ganze Schwangerschaft ist geprägt von dem Wissen,
ein behindertes Kind auszutragen. Das Kind wird bereits intra-uterin stigmatisiert. Die Frau,
die überraschend ein behindertes Kind zur Welt bringt, erlebt den „Schock“ erst bei Geburt
des Kindes und muss das Kind jetzt so annehmen, wie es ist. Ich denke, Frauen, die sich
bewusst für das Leben mit einem behinderten Kind entscheiden, müssen sich öfter
rechtfertigen. Aussagen wie: „Du wolltest es ja so!“ oder „Es hätte ja nicht sein müssen!“
können eventuell gerade in schwierigen Situationen auftreten.
Frauen, die einen positiven Befund erhalten, entscheiden sich oft nur nach genauer
Information
über
das
Krankheitsbild
und
nach
eventuellem
Aufsuchen
von
Selbsthilfegruppen für das Kind (Schindele 1999).
Renate S. schildert ihre Konfrontation mit dem positiven Befund in Tolmein (1993, 26f.) wie
folgt:
– Ich erhielt unerwartet alarmierende Informationen über mein Kind und musste mich, woran
ich nie gedacht hatte, nicht mehr entscheiden, ob ich ein Kind will, sondern ob ich dieses,
höchst wahrscheinlich behinderte Kind, haben möchte. Ich habe mit vielen Freundinnen
geredet, und ich hatte das Gefühl, ich kann nicht so tun, als ob es die Möglichkeit der
Entscheidung nicht gibt, denn dann hätte ich konsequenter Weise bereits die Untersuchung
verweigern müssen. Darauf bin ich aber nicht gekommen, da ich nie in Erwägung gezogen
habe, dass mein Kind eine Behinderung haben könnte. Ich spreche auch mit Eltern
behinderter Kinder, die mir Mut machen, die aber auch die Tragweite der eher
ungewöhnlichen Entscheidung für das Kind kennen. Sie machten mir bewusst, dass ich mich
persönlich total hinter meine Entscheidung stellen muss. Nach tagelangen Diskussionen und
reflektierten Überlegungen entschied ich mich bewusst für das Kind. Letztendlich konnte ich
diese Entscheidung aber nur fällen, da meine Freunde mich, unabhängig von meiner
Entscheidung, voll und ganz unterstützt haben. Auf Grund dieser Unterstützung konnte ich
mir vorstellen, das Kind zu bekommen! Auch die psychischen Folgen, die eine Abtreibung in
dem recht weit fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft nach sich ziehen würde,
halfen mir persönlich bei der Entscheidung.–
Ich denke, dieses Beispiel zeigt exemplarisch, wie wichtig das Umfeld bei solch
einschneidenden Erlebnissen ist. Auch braucht man meiner Meinung nach für eine wirklich
reflektierte Entscheidung ein paar Tage Zeit, um sich nötige Informationen zu beschaffen
und nicht vorschnell zu entscheiden.
Dennoch ist der Fall einer bewussten Entscheidung für ein behindertes Kind wohl eher eine
Ausnahme, und auch in der Literatur habe ich nicht viele Fälle gefunden, in denen sich
Frauen bewusst für ihr Kind, bei dem eine Behinderung diagnostiziert wurde, entschieden
haben.
Ein Oberarzt für Frauenheilkunde berichtet über einen nach seinem Wissen einmaligen Fall
einer 43 Jahre alten Frau, die sich während der geplanten Vorbereitung auf die Abtreibung in
der 26. Schwangerschaftswoche schließlich doch noch für ihr Kind mit Down-Syndrom
entschied (Denger 1994).
Wohlfahrt verfasste 2002 ihre Dissertation, in der sie Gründe und beeinflussende Faktoren
für die Fortsetzung einer Schwangerschaft nach der Diagnose eines Down-Syndroms
untersuchte. Zunächst drohte ihre Studie zu scheitern, da es äußerst schwierig war, Frauen
ausfindig zu machen, die sich bewusst für ein Kind mit Down-Syndrom entschieden haben.
Letztendlich wurden fünf Frauen, die sich alle nach einer positiven Diagnose für das
Austragen ihres Kindes entschieden haben, interviewt. Alle Frauen hatten eine ähnliche
Ausgangssituation: Vier Frauen waren während der Schwangerschaft bereits über 40 und
eine Frau war 35 Jahre alt – auf Grund des Alters bereits Risikoschwangerschaften – , alle
fünf Frauen hatten bereist zwei oder drei Kinder. Die befragten Frauen hatten während der
Schwangerschaft oder bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kontakt zu Menschen mit
Behinderung. Vier von ihnen hatten bereits ein traumatisches Erlebnis während einer
vorherigen Schwangerschaft – Fehlgeburt, Totgeburt, Abtreibung, bzw. die fünfte Frau galt
als steril.
Diese Gegebenheiten und die Unterstützung enger Angehöriger führte letztendlich zu
Entscheidung für das Kind mit Down-Syndrom.
Ein äußerst seltene Gegebenheit, dass Eltern zweieiige Zwillinge erwarten und bei einem der
beiden Feten eine Krankheit bzw. Behinderung pränatal festgestellt wird, kann Eltern vor die
Entscheidung stellen, Leben im direkten Vergleich auf Grund ärztlicher Befunde zu
beurteilen. Denger (1994) führt das Beispiel einer Zwillingsschwangerschaft an, in der in der
18. Woche bei einem der beiden Feten eine schwere Stoffwechselkrankheit diagnostiziert
wurde. Die Mutter möchte den kranken Zwilling in keinem Fall zur Welt bringen, sondern nur
das „gesunde Kind“. Der Arzt entschließt sich zu einem bis dahin noch nie durchgeführten
Eingriff, und tötet unter Ultraschallkontrolle in der 24. Schwangerschaftswoche den kranken
Zwilling mit einer Spritze ins Herz. In der 33. Woche wird dann zuerst der tote Zwilling
geboren. Der Zweite wird, wegen Querlage, mit Kaiserschnitt entbunden.
Auch wenn dies ein äußerst seltener Fall ist, zeigt es sehr deutlich, welche Situationen sich
auf Grund der Pränataldiagnostik ergeben können und zu welchen Taten Menschen fähig
sind. Die immer größer werdende Routine, mit der pränatale Untersuchungen durchgeführt
werden, und die große Akzeptanz, die sie in der Gesellschaft haben, fördert eher nicht den
Mut, auch nach einem positiven Befund die Schwangerschaft auszutragen.
Das folgende Gedicht spiegelt, so Petersen (1986, 177), die Gedanken und Gefühle einer
Frau, die sich trotz einer Konfliktschwangerschaft für das Austragen ihres Kindes
entscheidet, besser wider als jede wissenschaftliche Analyse:
„Warum kommst du auf mich zu?
Ich kann dein Kommen nicht brauchen –
es stört meinen Lebenswandel.
Es ist unnütz.
Spürst du den Ernst?
Er ist jenseits von Trieb und Sehnsucht:
Schritt für Schritt
unerbittlich – es kommt.
Ich möchte nicht entgegenkommen.
Aber ich tue es.
Es ist eine Kraft,
die mich dir zuspielt,
die stärker ist
als Ich und Du.
Fürchtest du nicht,
meine Hände
und mein Gesicht
könnten zerbrechen unter der Wucht –
der Wucht deines Kommens?
Die Liebe ist viel zu mächtig,
als daß sie nur meine Seele ergreifen könnte.
Sie ist leibhaftig,
sie packt mich,
sie macht mich zittern.
Warum –
Warum kommst du auf mich zu?
Warum entgegne ich dir“
Frau, 20 Jahre (Petersen 1986, 177)?
5.3 Reflexion – Möglichkeiten und Grenzen der pränatalen Diagnostik
Das Bild, das die Medien heute oft vermitteln, dass „der Traum vom perfekten Kind“ wahr
wird, indem sich die schwangeren Frauen in der vorgeburtlichen Phase der pränatalen
Diagnostik bedienen, ist eine nicht umfassende Betrachtung der Sachlage.
Merz (1999) sieht es als Erfolg der pränatalen Diagnostik an, die sich in den letzten 25
Jahren enorm weiterentwickelt hat, dass eine Vielzahl von fetalen und auch anatomischen
sowie chromosomalen Störungen frühzeitig aufgedeckt oder ausgeschlossen werden
können.
Beck (1994, 122) stellt die Möglichkeiten, die durch Pränataldiagnostik angepriesen werden
könnten, provokant dar: „Gentechnik statt Bildung?“ Die Entfaltung der vorgeburtlichen
Untersuchungen bedeutet für die Eltern, dass sie ihren Vorstellungen des „Wunschkindes“
bereits im präembryonalen Stadium näher kommen können. Was man vor einigen Jahren
noch mit Babynahrung, Stillzeit und Nachhilfe zu erreichen versuchte, wird in Zukunft durch
genetische Screenings bereits vorgeburtlich möglich?
Merz (1999) geht davon aus, dass bei über 90% der werdenden Eltern, die
Pränataldiagnostik für sich nutzen, nicht der Nachweis einer fetalen Auffälligkeit sondern der
Ausschluss im Vordergrund steht.
Hauptaufgabe der pränatalen Diagnostik ist demnach, die Angst vor einem kranken bzw.
behinderten Kind zu nehmen.
Diese „Sicherheit“, ein nicht behindertes Kind zu bekommen, wie sie oft in der
Schwangerschaft prophezeit wird, erweist sich als äußerst gering, wenn man folgende
Statistik betrachtet.
3% aller Kinder kommen behindert auf die Welt
2% werden während der Schwangerschaft oder im Verlaufe der Geburt geschädigt
1% aller Kinder haben genetisch bedingte Behinderungen
90% aller Behinderungen entstehen im Verlauf des späteren Lebens
(Kurmann & Wegener 1999, 65)
Aus dieser Sicht betrachtet erscheint die pränatale Diagnostik eher irrelevant, da theoretisch
nur die genetisch bedingten Behinderungen frühzeitig aufgedeckt werden können. Der
medizinische Sinn der Pränataldiagnostik als Routineangebot ist daher äußerst fragwürdig
(Hennen, Petermann, Sauter 2001, 80).
Die folgende Darstellung von Pro- und Contra-Argumenten der Pränataldiagnostik (Tab. 16)
zeigt unterschiedliche, meist bereits diskutierte Aspekte und soll auch zusammen-fassend
und abschließend zu einer Reflexion und eventuellen individuellen Meinungs-bildung über
den „Nutzen der Pränataldiagnostik“ beitragen.
PRO
CONTRA
Einem schwer behinderten Kind kann ein
Leben voll Leid und Schmerz erspart
bleiben.
Wie ein behindertes Kind Leid und
Schmerz empfindet, wissen wir nicht
genau. Wir wissen aber, dass viele
Menschen mit Behinderung an ihrem
Leben genauso hängen und Freude
haben, wie wir selber und den Gedanken,
man hätte sie aus Mitleid getötet, als
unmenschlich bewerten.
Wenn festgestellt wird, dass ein Kind
behindert zur Welt kommt, können der Frau
die restliche Schwangerschaft und die
Geburt erspart bleiben.
Ein Schwangerschaftsabbruch im 5. Monat
ist eine schwere körperliche und seelische
Belastung für die Frau.
Durch Pränataldiagnostik kann Eltern, die
erblich belastet sind, die Geburt eines
gesunden Kindes ermöglicht werden.
Der Preis für ein gesundes Kind bei einer
solchen „Schwangerschaft auf Probe“ ist
der Abbruch, wenn das Kind den
Hoffnungen nicht entspricht.
Die Pflege eines behinderten Kindes kann
eine unzumutbare Belastung für die Mutter,
Geschwisterkinder oder auch die
Partnerschaft darstellen.
Durch ein behindertes Kind können die
Mutter und Familienmitglieder erfahren,
dass sie dieser Aufgabe gewachsen sind
und es neben aller Last, auch Freude
bereitet.
Eltern können nicht ein Leben lang
Verantwortung für ein behindertes Kind
übernehmen. Wenn die Eltern alt sind oder
sterben, muss ihr Kind in ein Heim.
Erwachsene Menschen mit Behinderung
können in vielen Fällen in Wohngemeinschaften oder Einrichtungen für behinderte
Menschen oft am ehesten ein eigenständiges und erfülltes Leben führen – das
Ablösen vom Elternhaus gehört dazu.
Eltern, die durch vorgeburtliche
Untersuchungen von einer Schädigung ihres
Kindes erfahren, können sich bewusst für
dieses Kind entscheiden und sich besser
vorbereiten.
Die Zahlen sprechen gegen das „ProArgument“. Es ist oft nicht leicht, sich
gegen die Empfehlung eines Arztes, gegen
die Erwartung der Umwelt und gegen
eigene Befürchtungen und Ängste für die
Geburt eines behinderten Kindes zu
entscheiden.
Die große Mehrheit der Frauen erfährt bei
der pränatalen Untersuchung, dass ihr Kind
vermutlich gesund ist und kann den Rest der
Schwangerschaft angstfrei genießen.
Die Frau erspart sich und dem Kind eine
meist risikoreiche Untersuchung, die oft die
erste Hälfte der Schwangerschaft
überschattet.
Früher konnten behinderte Menschen in der
Dorfgemeinschaft und Großfamilie ein
beschütztes Leben führen und waren sozial
integriert. In der heutigen Gesellschaft, ihrer
Vereinzelung und ihren komplizierten
technischen Lebens- und Arbeitsbedingungen haben behinderte Menschen kaum eine
Chance.
Die moderne Gesellschaft ist nicht nur
behindertenfeindlich, sondern auch kinderund altenfeindlich – überhaupt menschenfeindlich. Die Bemühung, dass Menschen
mit Behinderung soweit wie möglich am
gesellschaftlichen Leben teilhaben, hilft
allen. Diese Bemühungen werden aber
nicht vorangetrieben, wenn man weiter
versucht, behindertes Leben zu
vermeiden.
In der heutigen Kleinfamilie, in der die
Mutter nach kurzer Kinderpause wieder
berufstätig sein möchte oder aus finanziellen
Gründen sein muss, bedeutet die Geburt
eines behinderten Kindes viel größere
Einschränkungen als früher.
Kinder zu bekommen bringt heute für die
meisten Frauen sowieso Einschränkungen
mit sich. Die Mutter eines behinderten
Kindes müsste aber keine besonders
benachteiligte Mutter sein. Auch Kinder mit
einer Behinderung finden eine Tages-
mutter, gehen in den Kindergarten und in
die Schule.
Durch Unfälle und Umweltschäden
entstehen heute schon genug
Behinderungen, daher sollten zumindest
vorgeburtlich erkennbare Schäden
vermieden werden.
Zahlenmäßig fallen die vorgeburtlich
erkennbaren Schädigungen gegenüber
den Behinderungen insgesamt kaum ins
Gewicht.
Pflege, Betreuung und Förderung kosten die
Gesellschaft viel Geld. Dieses Geld sollte
sinnvoller in Pränataldiagnostik investiert
werden.
Kosten-Nutzen-Rechnungen in Bezug auf
Menschen sind zutiefst inhuman. Ergebnis
wäre die eugenisch motivierte selektive
Abtreibung auf breiter Basis, eine
Verschärfung der Diskriminierung von
Menschen mit Behinderung und
letztendlich die Gefährdung aller
Menschen, die eine kostspielige Therapie
brauchen – das kann jeden von uns
treffen.
Wir nutzen den medizinischen Fortschritt in
der Bekämpfung und Vorbeugung von
Krankheiten, in der Empfängnisverhütung
und in der Schwangerenvorsorge, warum
sollen wir ihn dann nicht auch zur
Vermeidung von geschädigten Feten
einsetzen?
Durch vorgeburtliche Diagnosen werden
Feten nicht vermieden, sondern
abgetrieben, das heißt, alle ethischen
Argumente gegen einen
Schwangerschaftsabbruch greifen auch
hier. Außerdem wird in diesem Fall das
Lebensrecht von Menschen mit
Behinderung in Frage gestellt.
Alles, was erforscht werden kann, wird man
auch erforschen. Der medizinische
Fortschritt lässt sich nicht aufhalten oder
zurück drehen, und das ist auch gut so. In
vielen Fällen verhilft er auch zur Heilung
vorgeburtlich feststellbarer Krankheiten. Die
Gesellschaft muss allerdings verantwortlich
mit diesem Fortschritt umgehen.
Wie kann der Mensch verantwortlich mit
dem medizinischen Fortschritt umgehen,
wenn er die biologischen und sozialen
Folgen, die sich aus Forschung und
Manipulierung des menschlichen Genoms
ergeben, gar nicht abschätzen kann?
Ein missbräuchlicher Einsatz der neuen
Techniken kann durch die ärztliche
Beratung, in die pränatale Verfahren
Pränataldiagnostik wird längst nicht mehr
nur bei sogenannten Risikoschwangerschaften angewendet. Jede schwangere
eingebunden sind, ausgeschlossen werden. Frau hat ein gewisses Risiko, dass ihr Kind
eine Behinderung hat und könnte dies so
weit es geht ausschließen.
Tab. 16: Pro- und Contra-Argumente der Pränataldiagnostik.
(Kurmann & Wegener 1999, 61f.)
Die relative Ausgewogenheit der Pro- und Contra-Argumente spiegelt die schwierigen und
individuell unterschiedlichen Entscheidungsmöglichkeiten im komplexen Prozess der
Pränataldiagnostik wider. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was für ihn gut und richtig
ist – tragbar für sein Leben erscheint. Man darf nicht vorschnell urteilen oder andere für ihre
Entscheidung verurteilen. Je gezielter und reflektierter die Entscheidung ausfällt, desto
leichter kann man sie auch selbstbewusst vertreten. Dazu müssen umfassende
Informationsmöglichkeiten gegeben sein.
6. Schluss
Nachdem pränataldiagnostische Verfahren und verschiedene Entscheidungsmöglichkeiten,
die nach der Diagnoseeröffnung gefällt werden müssen, dargestellt worden sind, möchte ich
am Ende meiner Arbeit noch auf mögliche Perspektiven der Pränataldiagnostik sowie den
Standpunkt, den die Sonderpädagogik einnehmen könnte, eingehen.
Durch die Beschäftigung mit dem Thema Pränataldiagnostik wurde mir klar, dass es auf
diesem Gebiet in unserer Gesellschaft besonders, unter schwangeren Frauen, an Aufklärung
und Informationen mangelt. Nach Reflexion der Vor- und Nachteile pränataldiagnostischer
Verfahren stellt sich für mich persönlich die Frage, welchen Nutzen sie wirklich haben und
was wir uns davon erhoffen? Wollen wir in einer Gesellschaft leben, die nur noch den
„Idealtyp-Mensch“ akzeptiert? Was ist der „Idealtyp-Mensch“? Können wir wirklich über
lebenswert oder nicht-lebenswert entscheiden? Behindert nicht der medizinische und
technische Fortschritt unsere emotionale Sichtweise des Menschen?
1994 wurden in einer Umfrage von Nippert und Horst (164f.) Humangenetiker und
Frauenärzte zu ihrer Zukunftsperspektive in Hinsicht auf pränatale Untersuchungen befragt.
Auf Grund intensiver Forschung und den daraus folgenden Forschungs-ergebnissen wird
eine größere Anzahl an Krankheiten pränatal diagnostizierbar sein und die Anzahl der
durchgeführten Untersuchungen zunehmen. Schon damals sah man die Tendenz, dass
zukünftig
jede
Schwangerschaft
mit
Hilfe
von
Sreening-Verfahren
auf
Chromosomenstörungen hin geprüft wird. Der sich immer weiter verbreitende Triple-Test ist
ein Beispiel hierfür. Dennoch sehen die Ärzte und Humangenetiker ein erhebliches
Informationsdefizit und nehmen sich selbst hierbei nicht aus. Die Ärzte, die den direkten
Kontakt zu den betroffenen Frauen haben, müssen besser aufgeklärt sein, damit die
werdenden Eltern gut informiert sind und fachgerecht beraten werden können.
Dem rasanten Fortschritt und dem Druck in unserer von Leistung geprägten Gesellschaft
Stand zu halten, ist im Allgemeinen und besonders im Hinblick auf die zunehmenden
pränataldiagnostischen Verfahren und Screenings beängstigend. Dennoch bleibt zu hoffen,
dass durch den medizinischen Fortschritt zukünftig die intra-uterinen Therapiemaßnahmen
zunehmen und die Pränataldiagnostik damit häufiger ihren eigentlichen Zweck erfüllen kann.
Wünschenswert ist außerdem, dass Personen aus verschiedenen Bereichen enger
zusammenarbeiten. Aus dem Blickwinkel der Sonderpädagogik betrachtet wäre eine
verstärkte Kooperation mit Medizinern in Zukunft wünschenswert und meiner Ansicht nach
auch dringend nötig. Gerade dann, wenn Frauen vor einem positiven Befund stehen, eine
grundlegende Entscheidung treffen müssen oder auch „zufällig“ mit der Geburt eines
behinderten Kindes konfrontiert werden. Sonderpädagogen könnten zum Beispiel in der
Beratung Alternativen zum Schwangerschaftsabbruch aufzeigen und Hilfsangebote nennen
– konkret Partei für das ungeborene Leben ergreifen.
In diesen Situationen reichen die Fachbegriffe und Kenntnisse der Medizin zur Aufklärung
und
Problemlösung
nicht
aus.
Ich
denke,
dazu
müssen
sich
Mediziner
und
Sonderpädagogen schrittweise näher kommen und sich und den betroffenen Personen
durch Informationsaustausch weiterhelfen.
Im Fachgebiet der Pränataldiagnostik sollte interdisziplinär zusammengearbeitet werden.
Zum Beispiel sollten Ärzte, Juristen und Sonderpädagogen ihre jeweiligen Sichtweisen offen
legen und erkennen, dass nur durch eine vielschichtige und umfassende Zusammen-arbeit
aller hier zugehörigen Berufsgruppen eine möglichst effektive und umfangreiche Betreuung
der betroffenen Frau ermöglicht werden kann. Zusammen sollte man sich für das Leben des
ungeborenen Kindes einsetzen und nicht die Verantwortung in die Hände der jeweils
Anderen legen.
Dazu ist es auch nötig, dass der Sonderpädagoge sein momentan übliches Berufsbild
aufgibt – weg von aussondernden Einrichtungen – und es mitten hinein in die Gesellschaft
verlagert, wo Menschen mit Behinderung zum Gesamtbild dazugehören: „Es ist normal,
verschieden zu sein“, wie bereits Richard von Weizsäcker am 1. Juli 1993 in einer Rede
anmerkte.
„Behindertes Leben“ sollte als eine Form des menschlichen Soseins aufgefasst werden und
nicht als „ein zu verhinderndes Übel“. In dieser vielfältigen Gesellschaft findet jedes
neugeborene Kind seinen Platz.
Daher wünsche ich mir, dass in Zukunft immer mehr Frauen wieder den Mut haben, einfach
guter Hoffnung zu sein.
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