Armut und Überschuldung - Schuldnerberatung Berlin
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Armut und Überschuldung - Schuldnerberatung Berlin
Armut und Überschuldung Schulden grenzen aus und führen in die Armut! Armut treibt immer mehr Menschen in die Schulden! Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Berlin e.V. (LAG) ist der Zusammenschluss der für das Verbraucherinsolvenzverfahren anerkannten Berliner Beratungsstellen in gemeinnütziger oder öffentlicher Trägerschaft. I. Armut trifft die Schwächsten: Familien besonders von Überschuldung betroffen Die Überschuldungsstatistik zeigt: Kinder sind ein Armutsrisiko! Die Zahl der Haushalte mit 3 Personen sowie derjenigen mit 4 und mehr Personen ist unter den Ratsuchenden in der Berliner Schuldnerberatung gegenüber dem Durchschnittswert der Gesamtbevölkerung Berlins deutlich überrepräsentiert: 12,1 % der Klientinnen und Klienten leben in Haushalten mit 4 und mehr Personen (Quelle: Offizielle Statistik der Berliner Beratungsstellen InsOStat vom 31.12.2009). Der Berliner Durchschnitt liegt bei 7,72 % (Angabe nach Stat. Landesamt Berlin Brandenburg, Mikrozensus 2007). Ähnliches gilt für die Haushalte mit 3 Personen (13,6 % gegenüber 10,07 % im Landesdurchschnitt). Entsprechend geringer ist der Anteil der Singles (47,7 % gegenüber 52,72 %). Besonders gravierend ist die Situation oft für Alleinerziehende: Existenzbedrohende Primärschulden nach Haushaltstypen 100% 10,3 5,8 9,9 12,1 87,1 90,6 86,4 85,1 80% 60% 40% 20% 0% h ie rz tm e nd Ki lt nd Ki it hn a sh al sh au H nde en al sh au to au -H al sh au n ne so h er tn h er tn r Pe e in le Al r Pa r Pa nEi t Existenzbedr. Primärschulden vhd. Haushaltstypen Quelle: Statistik InsO Stat, Stand 30.06.2009 Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 1 Von allen Klientengruppen sind sie besonders häufig von existenzbedrohenden Primärschulden betroffen – es droht also beispielsweise der Verlust der Wohnung! Nicht weniger als 12,1 % der alleinerziehenden KlientInnen in der Berliner Schuldnerberatung fallen unter diese Kategorie (demgegenüber bspw. nur 5,8 % der Partnerhaushalte ohne Kind). Vergleichbares gilt im Hinblick auf den Anteil der Alleinerziehenden-Haushalte, die die eidesstattliche Versicherung abgeben mussten: Eidesstattliche Versicherungen nach Haushaltstypen 100% 80% 60% 40% 20% 0% 40,8 35,4 56,9 61,1 41,2 44,2 55,0 53,4 rtn .. a. H nde en nd ih Ki ze it er m in lt le ha Al .. us e. ha hn er to rtn al t Pa sh al sh au -H Pa u ha on rs er Pe nEi en Eidesst.Vers. abgegeben Quelle: Statistik InsO Stat, Stand 30.06.2009 Im Hinblick auf das Alter der Betroffenen ist über die letzten Jahre hinweg eine ansteigende Tendenz bei der Überschuldung Jugendlicher und junger Erwachsener zu beobachten. Die Altersgruppe der bis 29-jährigen umfasste zum Stichtag 31.12.2009 18,8 % der Klientinnen und Klienten. 50,1 % der Klientinnen und Klienten waren zwischen 30 und 49 Jahre alt. Der Anteil der 50 bis 59-jährigen lag bei 19,3 %. II. Verbraucherinsolvenzverfahren – oft der einzige Ausweg! In vielen Fällen ist das Verbraucherinsolvenzverfahren die einzige Möglichkeit einer Situation zu entrinnen, die vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung als lebenslanger Schuldturm bezeichnet wurde: Zinsen und Kosten sind höher, als die Schuldner zur Tilgung aufbringen können. Auch bei äußerster Anstrengung wird die Schuldenlast nicht geringer, sondern im Gegenteil immer größer. Die durchschnittliche Überschuldung der Klientinnen und Klienten in den Berliner Schuldnerberatungsstellen liegt bei über 33.100 Euro (Stand 31.12.2009). Der Anteil der Klienten in der Schuldnerberatung mit Insolvenzverfahren steigt demzufolge seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung ständig an. Die Möglichkeit der Restschuldbefreiung über das Insolvenzverfahren für Verbraucher ist daher mittlerweile aus der Beratungsarbeit nicht mehr wegzudenken: Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 2 Anteil der Verbraucherinsolvenzverfahren 100% Gesamt 80% 60% Anteil VerbraucherInsO 40% 20% 0% 09 20 9 HJ 00 2. J 2 08 H 0 1. J 2 08 H 0 2. 2 7 HJ 00 1. J 2 07 H 0 2. J 2 06 H 0 1. J 2 06 H 0 2. 2 5 HJ 00 1. J 2 05 H 0 2. J 2 04 H 0 1. 2 4 HJ 00 2. J 2 03 H 0 1. J 2 03 H 0 2. 2 2 HJ 00 1. J 2 02 H 0 2. J 2 01 H 0 1. 2 HJ 01 2. J 20 00 0 1.H J 2 00 H 0 2. J 2 99 H 9 1. 1 9 HJ 99 2. J 1 H 1. Quelle: Statistik InsO-Stat, Stand 31.12.2009. Die nachfolgende Grafik zeigt die Höhe der Schulden nach Schuldenart je Klient. Die höchste Pro-Kopf-Verschuldung ergibt sich dabei im Falle von Immobiliarkrediten sowie bei Verbindlichkeiten aus Selbstständigkeit. Schulden in Euro je Klient 1.050 € Energieschulden 1.630 € Versicherungen 1.883 € Freie Berufe 2.087 € Telefongesellschaften 2.273 € Gewerbetreibende 2.603 € Versandhandel 2.801 € Behörden 4.316 € Mietschulden 4.378 € Unerlaubte Handlungen 4.503 € Inkasso (gekaufte Fdgen) 7.630 € bei Privaten 8.403 € Bank Kredit 8.609 € Sonstiges Unterhalt 8.970 € 14.148 € Finanzamt 22.938 € Bank Ratenkredit Aus Selbstständigkeit Bank Hypothek Quelle: Statistik InsO-Stat, Stand 31.12.2009. 65.305 € 144.192 € III. Ständig steigender Ansturm auf die Beratungsstellen Gleichzeitig geraten die Berlinerinnen und Berliner immer häufiger in existenzgefährdenden Situationen, in denen bspw. der Verlust von Wohnung oder Arbeitsplatz unmittelbar droht. Die Anzahl der Kurz- und Krisenberatungen in den Berliner Beratungsstellen steigt daher seit Jahren kontinuierlich: Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 3 Kurz- und Krisenberatungen in Sprechstunden 50.000 45.788 45.000 40080 40.000 34.825 35.000 37.287 31.239 30.000 26.302 25.000 20.000 41.910 18.429 16.263 28.454 20.926 15.000 10.000 5.000 0 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 9 19 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 9 * Schätzung anhand der Zahlen für das 1. Halbjahr Quelle: Statistik der Berliner Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen InsO-Stat Die Klientenzahlen haben sich seit 2007 auf einem sehr hohen Niveau stabilisiert. Klienten in den Berliner Beratungsstelen (laufende Beratung) 16.000 13945 14.513 14.684 13.532 14.000 14.125 13.833 11.961 12.000 13.806 13.764 11.281 10.000 10.744 8.000 10.381 9.157 6.000 9.091 4.000 2.000 0 1. HJ 2. HJ 1. HJ 2. HJ 1. HJ 2. HJ 1. HJ 2. HJ 1. HJ 2. HJ 1. HJ 2. HJ 1. HJ 2. HJ 2003 2003 2004 2004 2005 2005 2006 2006 2007 2007 2008 2008 2009 2009 Quelle: Offizielle Statistik der Berliner Beratungsstellen „InsOStat“ Zu den Klienten in fester Beratung sowie denjenigen in Kurz- und Krisenberatung kommen noch Beratungen im Rahmen von Informationsveranstaltungen oder Gruppenberatungsterminen. Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 4 IV. Armutsrisiko Mietschulden Besonderes Augenmerk gilt in der Schuldnerberatung den Mietschulden: Hier ist in vielen Fällen die sofortige Intervention unumgänglich, um Zwangsräumungen und weitere Folgen bis hin zur Obdachlosigkeit zu verhindern. Dabei ist besorgniserregend, dass die Höhe der durchschnittlichen Mietschulden in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist und jetzt auf einem hohen Niveau stagniert, ebenso der Anteil der betroffenen Klienten (zum 31.12.2009 wiesen 29,7 % aller Klienten Mietschulden auf). Im Durchschnitt betrugen die Miet- und sonstigen Wohnschulden bei den betroffenen Klienten 4.088 €. Die Gesamtsumme der Miet- und sonstigen Wohnschulden bei allen Klienten zusammengenommen stieg nochmals an und zwar auf 17.584.046 €. 17.584.046 € 16.465.446 € 20.000.000 16.181.564 € 29,7 18.000.000 28,7 16.055.673 € 30,0 15.170.823 € 16.000.000 14.511.981 € 25,0 14.000.000 13.349.506 € 29,0 12.000.000 28,4 20,010.263.437 € Betroffene Klienten in % 35,0 15,0 22,6 18,0 25,2 € € € € € 10.000.000 € 8.000.000 € 6.000.000 € 4.000.000 € 2.000.000 € -€ 26,4 10,0 5,0 0,0 1. HJ 2006 2. HJ 2006 1. HJ 2007 2. HJ 2007 1. HJ 2008 2. HJ 2008 Anteil Klieten mit Mietschulden in % 1. HJ 2009 Mietschulden Gesamt - Alle Betroffenen Mietschulden 2. HJ 2009 Höhe Mietschulden gesamt Quelle: Offizielle Statistik der Berliner Beratungsstellen „InsOStat“ Die gestiegenen Energiepreise haben die Situation der Betroffenen ebenfalls verschlechtert. Dementsprechend weist die Statistik durchschnittlich nunmehr 1.000 € Energieschulden je Klient bei 2.501 Betroffenen aus (30.06.: 961 €; 2424 Betroffene). Auch die Gesamthöhe der Energieschulden steigt stetig an: Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 5 3.001.691 € 3.500.000 € 2.742.081 € 2.500.689 € 2.329.374 € 3.000.000 € 2.133.517 € 2.844 2.134.084 € 2.621 Betroffene KlientInnen 3000 2500 2000 1500 1000 1.796.176 € 2.424 2.130 1.309.123 € 2.500.000 € 2.501 2.000.000 € 2.266 1.500.000 € 1.764 1329 1.000.000 € 500 500.000 € 0 Energieschulden insges. Energieschulden Berlin -€ 1. HJ. 2. HJ 2006 2006 1. HJ 2007 2. HJ 2007 1. HJ 2008 2. HJ 2008 Betroffene KlientInnen 1. HJ 2009 2. HJ 2009 Energieschulden insgesamt Quelle: Offizielle Statistik der Berliner Beratungsstellen „InsOStat“ V. Migranten: Schulden grenzen aus! Der Anteil der Klienten mit Migrationshintergrund steigt stetig. Anteil an den Klienten in Prozent Berlin: Anteil der Klienten mit deutscher Staatsangehörigkeit / Nicht-EU-Staatsangehörigkeit 100,0 95,0 90,0 85,0 80,0 75,0 70,0 65,0 60,0 55,0 50,0 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 87,7 87,4 87,9 87,1 86,7 86,3 86,0 86,2 85,4 85,3 deutsche Staatsangehörigkeit Nicht-EUStaatsangehörigkeit 8,1 1. HJ. 2004 8,2 2. HJ 2004 8,5 1. HJ. 2005 8,7 2. HJ 2005 8,9 1. HJ. 2006 9,6 2. HJ 2006 10,0 1. HJ. 2007 9,7 2. HJ 2007 10,2 1. HJ. 2008 10,2 2. HJ 2008 Quelle: Offizielle Statistik der Insolvenzberatungsstellen InsOStat MigrantInnen aus Nicht-EU-Staaten sind besonders häufig von existenzbedrohenden Primärschulden betroffen: Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 6 Be rlin: Anteil Klienten mit dem Merkmal "Existenzbedrohende Primärschulden" nach Staatsangehörigkeit 100% 95% 90% 85% 80% 75% 70% 65% 60% 55% 50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 1,64 1,86 1,77 87,35 86,41 85,10 nicht ausgefüllt nicht vorhanden vorhanden 11,0 11,7 13,1 deutsche Staatsangehörigkeit EUStaatsangehörigkeit Nicht-EUStaatsangehörigkeit Quelle: Offizielle Statistik der Berliner Insolvenzberatungsstellen InsOStat, Stand 31.12.2008 MigrantInnen haben meist ein geringeres Haushaltseinkommen zur Verfügung: Haushalte mit deutscher Bezugsperson 2,17 19,78 unter 500 € 37,86 500-1300 € 1300-2000 € 14,36 2000-2600 € 2600 € und mehr 25,83 Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 7 Haushalte mit ausländischer Bezugsperson 8,88 3,79 10,19 50,58 26,55 Migrantinnen und Migranten aus Nicht-EU-Staaten sind häufiger auf staatliche Transferzahlungen angewiesen: Haushaltseinkommen bei Klienten mit dt. Staatsangehörigkeit in % 1,7 24,1 29,7 keine Einkünfte Erwerbstätigkeit AlG I AlG II Sonstiges 6,3 38,2 Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 8 Nicht-EU-Ausländer, Haushaltseinkommen in % 4,3 18,6 20,5 5,6 51 Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerund Insolvenzberatung Berlin e.V. Genter Straße 53 13353 Berlin Tel: 030 453 00 1 – 17 / - 18 Fax: 030 453 00 1 - 14 www.schuldnerberatung-berlin.de [email protected] Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner –und Insolvenzberatung Berlin e.V. 9