Bericht zur Weiterbildungsveranstaltung Patientenbibliotheken
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Bericht zur Weiterbildungsveranstaltung Patientenbibliotheken
DBV Sektion 8 Patientenbibliotheken Bericht zur Weiterbildungsveranstaltung Patientenbibliotheken Hofgeismar 2013 Vom 12. bis 14. Juni fand in der Evangelischen Akademie Hofgeismar bei Kassel die, aller zwei Jahre durchgeführte Weiterbildungsveranstaltung für Bibliothekarinnen und Bibliothekare sowie für haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Patientenbibliotheken statt. Den 55 Teilnehmern wurde ein umfangreiches Programm geboten, dass im Weiteren detailliert vorgestellt wird. 1. Prof. Dr. Karl-H. Wehkamp: Ethik im Krankenhaus – Erfahrungen und Herausforderungen in Zeiten des Wandels Erst in den letzten 15 Jahren hat die Medizinethik im Krankenhaus an Bedeutung gewonnen. Verschiedene Positionen unterscheiden die Ethik streng von der Moral. Der hippokratische Eid beinhaltet moralische Grundsätze, die als ethische Grundsätze gelten. Moral ist dogmatisch, während die Ethik das Hinterfragen als Grundlage des Handelns beinhaltet. Ethische Herausforderungen im Krankenhaus ergeben sich vor allem in Zeiten des Wandels, neue Sachverhalte offenbaren neue Verhaltensweisen, z. B. durch neue Finanzierungsmodelle, Eigentümerwechsel oder Bankkredite an Gesundheitssysteme. Die klinische Ethik soll eine Kultur der Problemlösung, des Austauschs und der Wertschätzung entwickeln. Die ersten Ethikkommissionen entstanden in Deutschland ab 1970 und sind inzwischen gesetzlich vorgeschrieben. Genetik und Lebenswissenschaften sind Hauptmotor für Ethikkommissionen, da hier die Kombination von Biotechnologie und Computerwissenschaften eine große Datenauswertung möglich macht. Digitalisierte Datenakten sind Datenprodukte, mit denen Handel getrieben werden kann. Eine ethische Begutachtung und Überwachung ist deshalb besonders wichtig. Eine andere Bedeutung haben die Ethikkomitees, die in kleinen und großen Krankenhäusern entstehen. Sie sollen allen, in diesem Bereich Tätigen Hilfestellung bei täglich auftretenden ethischen Fragen leisten und im Konfliktfall zur Problemlösung beitragen. Prof. Wehlkamp konnte seine Ausführungen mit vielen Fakten unterlegen. Praktische Beispiele veranschaulichten die ethische Fragestellungen und deren schwierige Entscheidungsfindung. 2. Buchvorstellung von Teilnehmern für Teilnehmer Teilnehmer Belling, Hannelore Titel Kuhl, Anke : Alle Kinder (Klett-Verl). Bleßmann, Iris Davidts, Jean-Pierre : Der kleine Prinz kehrt zurück Korn : Die Weltreise einer Fleeceweste Twain : Die Tagebücher von Adam und Eva Fillbrandt, Hildegard Hahn, Anna Katharina: Am schwarzen Berg Körner, Wolfgang: der einzig wahre Opernführer Fleischer, Petra Nadolny, Sten : Weitlings Sommerfrische Hayn, Brigitta Otsuka, Julie : Wovon wir träumten Homoet, Christiane Morris, Paula : Rangatira Wolkenwand, Helmut : Der Müllmann Kellner, Angelika Melandri, Francesca : Eva schläft Über Meereshöhe Balzano, Marco : Damals am Meer Hoberg, Annette: Ein Sommer wie dieser Kiesewetter, Brunhilde Loewe, Elisabeth Knödler, Christine : Mal deine Wünsche in den Himmel Meyer, Maria Wenn ich Doktor wär. Worte zur Genesung Rathmann, Anne Wolf, Klaus-Peter : Ostfriesenmoor Skoda, Marlies Schroeter, Udo : Bin am Meer. Eine Erzählung für Männer Joyce, Rachel: Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry Slawidis, Andrea Capus, Alex: Léon und Louise Töpken, Ursula Clayburne, Anna : Die 100 unglaublichsten Dinge der Welt Die 100 ekligsten Dinge der Welt Die 100 furchterregendsten Dinge der Welt Gregoire, Delacourt : Alle meine Wünsche Tünnermann, Angelika Utech, Edith Borger, Martina: Lieber Luca Marti, Lorenz: Wie schnürt ein Mystiker seine Schuhe? Wedler, Petra Lauveng, Arnhild : Morgen bin ich ein Löwe Zenglein, Jutta Strätling, Ulrike : Als die Kaffeemühle streikte Hoffsümmer, Willi (Hrsg) : 77 Herzfenster Fährmann, Willi: Als Oma noch mit Kohlen heizte 3. Barbara Gellermann – Teamarbeit im Krankenhausbibliotheken: Das Potential im Team nutzen und die Zusammenarbeit fördern Das Thema von Frau Gellermann wurde in drei Komplexe unterteilt. Zunächst wurde das Potential im Team beleuchtet. Motivation wurde als Teamressource erkannt und deren Nutzung im Team als starker Motor. Durch verschiedene Stärken der Teammitglieder ist ein optimaler Einsatz in unterschiedlichsten Arbeitsbereichen möglich. Dieses Potential muss erkannt werden, damit die Teammitglieder den Arbeitprozess bereichern und sich der jeweiligen Aufgabe mit vollem Einsatz widmen. Zu Rollen und Aufgaben im Team ging es im zweiten Komplex. Rollenklarheit ist Voraussetzung für eine harmonische Zusammenarbeit. Besonders bei gleichzeitig haupt- und ehrenamtlich Tätigen ist es eine Frage der Kultur, hier eine klare Aufgabenverteilung und – abgrenzung festzulegen. Im dritten Komplex ging es um die konkrete Zusammenarbeit im Team. Auf der Basis von Arbeitsgruppen wurden Teamsituationen untersucht. Wichtig im Team ist die Kommunikation. Die Delegation von Arbeitaufgaben wurde ebenfalls als wichtiges Instrument der Mitarbeitermotivation und Teamentwicklung erkannt. 4.Matthias Strähl: Das Krankenhausbibliothekswesen in der Schweiz Herr Strähl ist als Bibliothekar für die Patientenbibliothek in der Psychiatrischen Klinik Waldau zuständig. Waldau gehört zu den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) Bern. Der Kanton Bern ist ein zweisprachiger Kanton. Der westliche Teil ist französisch sprechend. Schon seit Ende des 15. Jahrhunderts befand sich auf dem Gelände der Waldau ein Siechenhaus für Leprakranke und später ein Spital für, an Syphilis erkrankte, Patienten. Die eigentliche „Irren-, Heil- und Pflegeanstalt“ wurde 1850 gegründet. 1861 wurde die Klinik Waldau zu einer universitären Einrichtung. Auch nach der Errichtung eines Neubaus im Jahr 1913 reichte das Platzangebot bald nicht mehr. So versuchte man die Patienten nach der Akutphase in Schwestern- und Armenanstalten oder Pflegefamilien unterzubringen. Auch heute ist dies ein zentraler und tragender Leitgedanke der UPD Bern. Der Patient soll möglichst bald den Weg in ein normales, selbstständiges Leben zurückfinden. Dem dient auch das breit gefächerte kulturelle Angebot. Neben Kunstwerkstätten und Konzertveranstaltungen organisiert das Freizeitzentrum gemeinsame Aktivitäten und Ausflüge. Die Patientenbibliothek, die von Patienten und Personal genutzt wird, gliedert sich hier mit ihrem Angebot ein. Mit einem Bestand von ca. 3000 Medien und etwa 4500 Entleihungen im Jahr wird sie von einem Bibliothekar mit 12 Arbeitstunden pro Woche geführt. Der Bibliothek steht ein Etat von ca. 4500 € pro Jahr zur Verfügung, ein Bücherbasar zum Sommerfest erhöht die Summe. Da die Patientenbibliothek zum Bibliotheksverbund der „Kornhausbibliotheken“ gehört, erfolgt die Einarbeitung der Medien zentral. Auswahl und Erwerbung werden jedoch vom, in der Patientenbibliothek tätigen Mitarbeiter übernommen. Die UPD Waldau stellt die Räumlichkeiten und das Jahresbudget zu Verfügung. Dieses Budget muss jedoch jedes Jahr aufs Neue bestätigt werden, damit die Kornhausbibliotheken die Patientenbibliothek weiter führen können. Im Bestand der Bibliothek nimmt die Belletristik einen breiten Raum ein, der Sachbuchbereich soll aber ausgebaut werden. Fremdsprachige Literatur wird ebenfalls angeboten. Herr Strähl hat jedoch nicht nur über seine Patientenbibliothek berichtet, sondern auch einen Überblick über die Situation der Patientenbibliotheken in der Schweiz gegeben. Da es keine überbetriebliche Organisation oder einen Dachverband gibt, war es schwierig, an Informationen zur gegenwärtigen Situation der Bibliotheken zu kommen. Herr Strähl erarbeitete deshalb einen Fragebogen, den er an die Spitäler schickte. Er konnte ca. 40 Institutionen ermitteln, von denen ca. 30 eine Rückmeldung gaben. Es wurde nach verschiedenen Kriterien gefragt und es ergab sich ein eher nüchternes Bild. Alle in den Patientenbibliotheken Tätige kommen sich etwas verloren vor, man kämpft mit einem schwindenden Budget und fehlendem Personal. Es fehlt an einer Lobby und der Rückhalt aus der Spitalleitung wird oft als zu schwach empfunden. Die Zukunft der Patientenbibliotheken ist nicht gesichert und wird von den Beteiligten eher negativ gesehen. Es wäre also besonders wichtig eine Vernetzung herzustellen, um die Akzeptanz der Patientenbibliotheken in den Kliniken zu erhöhen und die Klinikleitungen zu mehr Engagement zu bewegen. Der Bericht von Herrn Strähl war äußerst informativ und er hatte diesen Überblick mit nicht geringem Aufwand erarbeitet. 5. Eckhard Kummrow eBooks Co. Grundlagen und Marktübersicht Herr Kummrow vermittelte den Tagungsteilnehmern Basiswissen zu Definitionen, Urheberschutz, DRM-Systeme und Adobe – ID (Unwiderrufliche Verknüpfung von Werk und Adobe – ID). Urheberechtsfreie Werke sind unkompliziert zu installieren, z.B. über das Projekt Guttenberg, Zeno.org, Europeana und Google Books. Es ist eine unbegrenzte Parallelnutzung möglich, Leihfristen sind nicht einzuhalten. Ein Nachteil ist das beschränkte Medienangebot (vorwiegend ältere Ausgaben, Urheberschutz abgelaufen). Der Referent gab eine Marktübersicht der eReader, den Verleih von eReadern, bzw. welche technische Infrastruktur vorhanden sein muss, um dem Nutzer eBooks zugänglich zu machen. Leihsysteme wurden vorgestellt (Onleihe, Ciando) und es wurde erläutert, was beim Verleih von Inhalten zu beachten ist. Wie schon erwähnt, ist bei gemeinfreien Werken eine unbegrenzte Parallelnutzung und eine Zusammenstellung von Sammlungen möglich. Auch Patienten-Reader sind nutzbar (Austausch über Micro-SD-Karten), es gibt keine Leihfristen und keine Vormerkungen. Für alle anderen Werke ist eine Bibliothekslizenz erforderlich, der Kauf von eBooks erfolgt über Aggregatoren (DiViBib, Ciando) oder über eine Kooperation mit den Stadtbibliotheken. Vor dem Einsatz von eBooks in der Ausleihe an Patienten ist also gründlich zu prüfen, ob alle technischen, inhaltlichen und urheberrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Herr Kummrow beantwortete im Anschluss an seine Erläuterungen zahlreiche Fragen der Tagungsteilnehmer. In vielen Punkten besteht noch Klärungsbedarf und es wird schwierig sein, das Verleihen von eBooks den Gegebenheiten des Krankenhauses anzupassen. Im Fazit der Teilnehmer konnte die Veranstaltung wieder als sehr gelungen bezeichnet werden, die Themen wurden als aktuell und von großem Interesse empfunden. Leider wird uns die Tagungsstätte 2015 wegen Renovierung voraussichtlich nicht zur Verfügung stehen. Hier besteht Klärungsbedarf. Brigitta Hayn Vorsitzende der Sektion 8 Berlin, d. 31.7.2013