Für attraktiven Handel und lebendige Städte
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Für attraktiven Handel und lebendige Städte
Für attraktiven Handel und lebendige Städte Eine gemeinsame Aufgabe von Kommunen, Land und Wirtschaft www.saarland.ihk.de Inhalt Vorwort3 Der Einzelhandel: Wirtschaftsfaktor und Aushängeschild 4 Auf die Balance kommt es an 4 Für vitale Städte5 Ansiedlungspolitik interkommunal abstimmen 8 Nahversorgung sichern und ausbauen 9 Leerständen und Trading-down mit Stadtmarketing begegnen 10 Wachstumschance Shoppingtourismus11 Städte sind für alle da - generationenfreundliches Einkaufen 12 Schnelle Wege zum Handel14 Impressum16 1 2 Vorwort Dr. Richard Weber Die IHK Saarland steht für Markt und Wettbewerb. Sie orientiert sich dabei an dem Leitsatz: So viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig. Wir begrüßen deshalb auch im Handel den Wettbewerb der Standorte und Handelsformate. Gleichzeitig setzen wir uns im Gesamtinteresse unseres Landes für funktionsfähige und vitale (Innen)Städte ein. Dem Handel kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Er ist Leitsektor und Frequenzbringer für Gastronomie, Hotellerie, Freizeit, Unterhaltung und Kultur. Nur wenn er f loriert, können unsere Städte aufleben und ihrer traditionellen Rolle als Zentrum des gesellschaftlichen Lebens auch künftig gerecht werden. Dabei ist den unterschiedlichen Handelsformaten angemessen Rechnung zu tragen. Ziel muss es sein, ein ausgewogenes Gleichgewicht und faires Miteinander zwischen dem innerstädtischen Einzelhandel, Nahversorgern und der sogenannten Grünen Wiese herzustellen. Hierzu müssen die vorhandenen politischen Steuerungsinstrumente konsequent eingesetzt und weiterentwickelt werden. Mit dem vorliegenden Leitbild wollen wir aufzeigen, was im Einzelnen zu tun ist. Volker Giersch Dr. Richard Weber Präsident Volker Giersch Hauptgeschäftsführer 3 Der Einzelhandel: Wirtschaftsfaktor und Aushängeschild Der Einzelhandel ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für das Saarland. Er setzt jährlich etwa 5,3 Milliarden Euro um und zählt zu den größten Arbeitgebern im Land. Mit rund 38.000 Mitarbeitern stellt er jeden zwölften Arbeitsplatz an der Saar. Darüber hinaus sichert er mit seinem steten Innovations- und Investitionsdrang zahlreiche Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftszweigen, insbesondere in der Bauwirtschaft, im Ausbaugewerbe, in der Logistik, im IT-Bereich und i n der Werbew i r tscha f t. Rund zwei Drittel der im Handel beschäftigten Mitarbeiter sind Frauen, denen der Handel exzellente Karriereperspektiven bietet. Vergütungsunterschiede zwischen Männern und Frauen sind der Branche fremd. Zudem bietet der Handel gute Chancen, Privatleben und Beruf miteinander zu vereinbaren. Begehrt ist die Branche auch bei jungen Menschen. Die Saar-Handelsgeschäfte bilden derzeit gut 1.000 junge Leute in mehr als 10 Berufen aus. Jeder vierte Ausbildungsplatz im Zuständigkeitsbereich der IHK ist im Handel zu finden. Ganz oben auf der Wunschliste der jungen Leute stehen die Berufsbilder Kaufmann/frau im Einzelhandel sowie Verkäufer/in. Da die Ausbildungswege auf die Bedürfnisse des Handels abge- 4 stimmt sind, bietet er engagierten jungen Menschen hervorragende Aufstiegschancen. Mehr als drei Viertel der F ü h r u ngsk rä f t e i m H a ndel ha b en ihre Karriere im Verkauf begonnen. Eine herausgehobene Rolle mit überregionaler Bedeutung spielt die Landeshauptstadt Saarbrücken. Sie ist der mit Abstand umsatzstärkste Standort im Land (1,3 Milliarden Euro). Ein Viertel aller im Handel Beschäftigten haben hier ihren Arbeitsplatz. Als alleiniges Oberzentrum im Saarland profitiert Saarbrücken von Kunden aus dem ganzen Land. Die Landeshauptstadt hat aber nicht nur für Saarländer, sondern auch für unsere Nachbarn in Lothringen und Luxemburg einen besonderen Reiz. Insbesondere Lothringer kommen nicht zuletzt wegen des vergleichsweise preiswerten Angebots zum Einkaufen nach Saarbrücken. Internationale Handelskonzerne wissen das zu schätzen. Bevor sie sich in anderen deutschen Großstädten engagieren, testen sie ihre Handelsformate in Saarbrücken. Neben der Landeshauptstadt profitieren aber noch weitere Kommunen von ihrer Grenznähe. Das gilt insbesondere für Saarlouis, Merzig, Mettlach und Perl. Städte wie Homburg, St. Wendel und Neunkirchen locken zudem Kunden aus Rheinland-Pfalz ins Saarland. Der im saarländischen Einzelhandel erzielte Umsatz übertrifft deshalb die hier im Land vorhandene einzelhandelsrelevante Kaufkraft (Zentralität 111,4). Das unterstreicht die Bedeutung des Einzelhandels für die saarländische Wirtschaft und seine Rolle als Aushängeschild und Visitenkarte für unser Land. Auf die Balance kommt es an Während der Handel früher hauptsächlich in den Zentren der Städte stattfand, konkurrieren heute gewachsene Innenstadtlagen mit stadtnahen Versorgern und Grüne-Wiese-Projekten am Stadtrand. Dabei beschränkt sich das Angebotssortiment an der Peripherie keineswegs nur auf nicht-zentrenrelevante Angebote. Im Saarland findet selbst der größte Teil der Versorgungseinkäufe für den täglichen Bedarf inzwischen außerhalb der Zentren statt. Zudem bieten Fachmärkte hier ein vielfältiges und attraktives Angebot, das von den Kunden auch deshalb gerne angenommen wird, weil sie bequem erreichbar sind sowie in der Regel ausreichenden und kostenlosen Parkraum bieten. Der Erfolg der stadtnahen Versorger und der Grünen Wiese reflektiert das veränderte Verbraucherverhalten und verdeutlicht den Strukturwandel im Handel, der durch den immer weiter zunehmenden Online-Handel noch beschleunigt wird. Experten schätzen, dass der E-Commerce bis zum Jahr 2025 im Non-FoodBereich einen Marktanteil von einem Viertel erreichen wird. In einigen Warensegmenten wie etwa der Unterhaltungselektronik dürfte der Anteil sogar noch deutlich höher ausfallen. Damit kommen auf den stationären Handel dramatische Veränderungen zu, die nicht nur die Händler in den Innenstädten, sondern auch auf der Grünen Wiese treffen. „Es war ein spannender Prozess, dem Handel eine Stimme zu geben. Dabei haben wir uns von dem Anspruch leiten lassen, unseren Kunden ein vielfältiges und in jeder Hinsicht attraktives Angebot zu unterbreiten – in der Innenstadt, in den stadtnahen Bereichen und auf der Grünen Wiese.“ Dr. Michael Karrenbauer, Geschäftsführer der Möbel Martin GmbH & Co KG, Saarbrücken Innenstädte haben ihre eigenen Stärken. Sie sind über Jahrzehnte - mitunter über Jahrhunderte - gewachsen und bilden den Mittelpunkt des wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Lebens einer Stadt. In der Bevölkerung genießen sie bei Jung und Alt als Begegnu ng s-, Kom mu n i k at ion s- u nd Flanierplattformen eine hohe Wertschätzung. Als Einkaufsstandort bieten sie mehr als bloße Versorgung. Das Einkaufen in der Innenstadt bedeutet Erlebnis – alleine, zu zweit oder mit der Familie. Das Flanieren in der City und durch Einkaufszentren ist Freizeitbeschäftigung und Erholung gleichermaßen. Die moderne Stadt zeichnet sich durch ein attraktives Miteinander der verschiedenen Handelsformate aus. Die Mischung macht´s. Die Kommunen sind deshalb gut beraten, wenn sie dem Handel im Ganzen ein einladendes und ansprechendes Ambiente bieten. Die Bürger empfinden attraktive Städte mit hoher Aufenthaltsqualität, interessanten Geschäften und gemütlicher Gastronomie als ein Stück Heimat. Urbanität stiftet Identität und bedeutet Lebensqualität. Attraktive Städte mit einem vielfältigen Angebot sind darüber hinaus von zentraler Bedeutung für die Zukunftsperspektiven unseres Landes. In Zeiten des demographischen Wandels sind sie ein erheblicher Standortvorteil, mit dem sich Fachkräfte von außerhalb ansprechen und für das Saarland gewinnen lassen. Für vitale Städte In den vergangenen Jahren sind immer mehr saarländische Innenstädte in einen Teufelskreis aus weniger Kauf kraft, Leerständen, Attraktivitätsverlust und weiteren Kaufkraftverlusten geraten. Die Folgen muss nicht nur der Handel tragen: Das Erscheinungsbild ganzer Städte leidet darunter. Öder, dreckiger und leerer – das sind die Konsequenzen, wenn der Handel in der Stadt erlahmt. Ein Grund für diese Entwicklung ist die nicht oder kaum koordinierte Ansiedlung von Verbraucher- und Fachmärkten sowie Einkaufszentren an nicht integrierten Standorten. Selbstverständlich brauchen wir auch ein bedarfsgerechtes Angebot an Einrichtungshäusern, Bau- und Gartenmärkten im Umfeld unserer Städte. Es liegt in der Natur der Sache, dass ihre Standorte aus vielerlei Gründen außerhalb der Zentren liegen - etwa 5 um Innenstädte von Flächenbedarfen zu entlasten. Problematisch ist allerdings, dass in den Fachmärkten am Stadtrand sowohl nicht-zentrenrelevante als auch zentrenrelevante Sortimente angeboten werden. Sollte hier keine sachgerechte Abwägung in den Planungsprozessen erfolgen, ist das sensible Gleichgewicht zwischen Zentrum und Stadtrand gefährdet. Derartigen Entwicklungen darf aus Sicht der IHK nicht tatenlos zugesehen werden. Uns geht es nicht darum, innovative Vertriebsformen zu verhindern oder den Wettbewerb alternativer Absatzkanäle zu unterdrücken. Mit Blick auf das übergeordnete Ziel „Vitalisierung unserer Städte“ wollen wir vielmehr für einen a ngeme s s enen Au s gleich i n dem schwierigen Spannungsfeld zwischen Zentrum und Stadtrand sowie zwischen urbanem Leben und unternehmerischer Freiheit werben. Aus unserer Sicht sollten die saarländischen Städte und Gemeinden deshalb auf der Grundlage eines schlüssigen Gesamtkonzepts eine aktive Einzelhandels- politik betreiben. Dazu sollten sie Einzelhandelskonzepte für die ganze Stadt entwickeln, fortschreiben und anwenden, in denen die zentralen Versorgungsbereiche räumlich abgegrenzt werden. Bestehende und neue Bebauungspläne sind dem Einzelhandelskonzept anzupassen. Dabei sind explizit auch neue Formen des Online-Handels wie Online-Drive-Stationen und Abholstellen vor Ort in Logistik-Centern einzubeziehen. Ein wichtiges Instrument zur Abgrenzung der verschiedenen Handelsformate sind qualifiziert erstellte und nachvollziehbare Sortimentslisten, die explizit innenstadtrelevante Güter und Dienstleistungen auflisten. Sie helfen, die Entwicklung des gesamten Einzelhandels effektiv zu steuern und Perspektiven für Neuansiedlungen aufzuzeigen. Dies alles sollte eingebettet sein in einen Landesentwicklungsplan, der dem heutigen Verbraucherverhalten Rechnung trägt und konsequent angewandt wird. Mindestens ebenso wichtig sind aus unserer Sicht gleiche Wettbewerbsbedingungen in der gesamten Großregion. In Kürze Aktive Einzelhandelspolitik für die gesamte Stadt betreiben Einzelhandelskonzept entwickeln Zentrenrelevante Sortimente definieren Das Einzelhandelskonzept über die kommunale Bauleitplanung umsetzen Landesentwicklungsplan fortschreiben und konsequent anwenden „Der Handel stellt sein Angebot ständig auf den Prüfstand. Investitionen werden strategisch geplant. Ein solches Vorgehen erwarten wir auch von der Kommunalpolitik. Wir Kaufleute erhalten dadurch Planungssicherheit. Die bestehenden Betriebe können sich mit ihrem Angebotssortiment hieran orientieren, mögliche Investoren wissen, was auf sie zukommt." Dipl.- Kaufmann Michael Genth, Geschäftsführender Gesellschafter der Leder Spahn GmbH, Saarbrücken 6 Einzelhandelszentralität Index (D=100), 2014 300 238.1 250 200 225.9 198.4 157.6 152.6 150 111.4 107.9 100 50 0 Homburg Merzig Neunkirchen Saarbrücken Saarland Saarlouis St. Wendel Quelle: GfK-GeoMarketing GmbH 2014, eigene Darstellung Die Einzelhandelszentralität ist ein Indikatior für den Kaufkraftzufluss beziehungsweise -abfluss einer Stadt und eignet sich deshalb als Kennzahl für die Attraktivität eines Einzelhandelsstandorts. Die Sogwirkung im Hinblick auf den Einzelhandel wird dadurch gemessen, dass die Nachfrage der Einwohner am Wohnort - die sogenannte Einzelhandelskaufkraft - den Umsätzen im Einzelhandel (Einzelhandelsumsatz bzw. POS-Umsatz) gegenübergestellt wird. Ein Zentralitätswert von unter 100 bedeutet, dass Kaufkraft abfließt. Bei einer Zentralität über 100 werden dagegen Kaufkraftzuflüsse aus dem Umfeld generiert. EH-relevante Kaufkraft pro Einwohner in Euro 6.200 6.032 6.000 5.800 5.657 5.600 5.582 5.497 5.468 5.370 5.400 5.200 5.044 5.111 5.000 4.800 4.600 4.400 Deutschland Homburg Merzig Neunkirchen Saarbrücken Saarland Saarlouis St. Wendel Quelle: GfK-GeoMarketing GmbH 2014, eigene Darstellung Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft ist der Anteil der Kaufkraft, der innerhalb einer Region für Ausgaben im Einzelhandel zur Verfügung steht. Ausgaben für Mieten, Hypothekenzinsen, Versicherung, Kraftfahrzeuge, für Reisen oder Dienstleistungen werden dafür heraus gerechnet. Die Daten beziehen sich auf den Wohnort der Konsumenten, nicht auf den Einkaufsort. 7 Ansiedlungspolitik interkommunal abstimmen „Bevor ein Investor in die Nachbarstadt geht, nehmen wir ihn doch lieber selber – gegebenenfalls zu jedem Preis“. Diese leider noch in einigen Kommunen vorherrschende Grundhaltung hat ihre Ursache in einer fehlenden Gesamtstrategie der Region. Das heißt: Zwischen den einzelnen Kommunen gibt es kaum Abstimmungen über geplante Neuansiedlungen im Einzelhandel. Dadurch können konkurrierende Standorte gegeneinander ausgespielt werden. Abhilfe bieten hier regionale Einzelhandelskonzepte und Konsultationskreise. Erste Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen, dass mit regionalen Einzelhandelskonzepten solchen Fehlentwicklungen erfolgreich gegengesteuert werden kann. Im Gegensatz zu kommunalen Konzepten treffen sie keine standortbezogenen Aussagen, sondern legen einheitliche Kriterien für unterschiedliche Ansiedlungsvorhaben fest, auf deren Grundlage die Gemeinden sich interkommunal abstimmen. Sie sind damit auch ein Beitrag zur regionalen Vertrauensbildung. Konsultationskreis Einzelhandel der Landeshauptstadt Saarbrücken Im Saarland sollten Städte und Gemeinden unter Mitwirkung der IHK, des Einzelhandelsverbandes und der Landesbehörden ein verbindliches regionales Einzelhandelskonzept entwickeln. Als erster Schritt dahin wäre vor allem eine A bstimmung einzel ner Kommunen wichtig, die aufgrund ihrer räumlichen Lage im Verdichtungsraum Saar einem steten Ansiedlungsdruck ausgesetzt sind. In Kürze Bei Ansiedlungsvorhaben nicht gegeneinander aus spielen lassen Über ein regionales Einzel handelskonzept Saarland die Ansiedlungspolitik gemeindeübergreifend harmonisieren In einer ersten Phase Teilkonzepte für den Verdichtungsraum Saar entwickeln Zur Umsetzung dieses Beschlusses wurde gleichzeitig ein „Konsultationskreis Einzelhandel“ ins Leben gerufen, der die Stadtverwaltung und städtische Gremien in Fragen der Nahversorgung berät. Neben Vertretern der Stadtratsfraktionen und der Verwaltung gehört diesem Gremium auch ein Vertreter der IHK an. Der Saarbrücker Stadtrat hat im Jahr 2008 „Leitlinien zur Nahversorgung“ beschlossen, die seitdem als Entscheidungsgrundlage bei Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben im Le- Inzwischen hat der „Konsultabensmitteleinzelhandel dienen. tionskreis Einzelhandel“ zahl- 8 reiche Einzelhandelsprojekte unterschiedlicher Größenordnungen geprüft und beurteilt. Dabei hat er wichtige Hinweise für einen frühzeitigen Dialog mit den Investoren geliefert. Rund die Hälfte aller vorgebrachten Planungsvorhaben wurde grundsätzlich positiv beurteilt. „Mit diesem Papier gibt die IHK einen Impuls für die Weiterentwicklung des Handels im Saarland. Dabei wird es besonders darauf ankommen, die unterschiedlichen Handelsformate in die richtige Balance zu bringen. Wir wünschten uns, dass den Herausforderungen des Hauses in einem Landesentwicklungsplan Rechnung getragen wird“ Carl Jakob, Geschäftsführer der Ludwig Pieper GmbH & Co KG, Saarlouis und IHK-Vizepräsident Nahversorgung sichern und ausbauen Die Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs trägt ganz wesentlich zur Lebensqualität bei. Jeder Bürger sollte deshalb die Möglichkeit haben, sich verbrauchernah mit Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs vers o rg e n z u kö n ne n . D ie s e s S t üc k Lebensqualität gerät vor allem in ländlichen Räumen mit sinkenden Einwohnerzahlen zunehmend in Gefahr. Wünschenswert wäre es, wenn jede Kommune im Rahmen ihres Einzelhandelskonzepts auch Leitlinien zur Nahversorgung festlegen würde. Dabei sollten sie unter Umständen mit angrenzenden Kommunen gemeinsame Wege gehen. Zudem können alternative Möglichkeiten der Nahversorgung gefragt sein. Vom bürgerschaftlichen Engagement getragene Nachbarschaftsläden sind dabei ebenso ins Kalkül zu ziehen wie mobile Supermärkte. Schließlich kann auch die landwirtschaftliche Direktvermarktung – ergänzt mit Handelsware – zur Verbesserung der örtlichen Versorgung beitragen. In Kürze Leitlinien zur Nahversor gung entwickeln, unter Umständen auch gemeindeübergreifend Alternative Versorgungs konzepte aufgreifen 9 „Das erste BID im Saarland hat den Stadtteil Saarbrücken-Burbach als Nahversorger – auch für vier angrenzende Stadtteile – in den vergangenen fünf Jahren gestärkt und ein angeschlagenes Image wieder ins rechte Licht gerückt. Der Ortskern wurde insgesamt attraktiver für Einwohner und Besucher, die Hauseigentümer profitieren von dieser neu gewonnen Attraktivität.“ Frank Lorenz, Inhaber FRESSNAPF, Neunkirchen Leerständen und Trading-down mit Stadtmarketing begegnen Keine Stadt gleicht der anderen. Städte unterscheiden sich und stellen sich mit ihrem eigenen Profil dem Wettbewerb um Kunden. Stadtmarketing-Initiativen greifen diese Differenzierungen auf und entwickeln aus den vorhandenen Stärken Alleinstellungsmerkmale. Indem sie so zur Imagebildung beitragen, machen sie die Stadt für neue Zielgruppen interessant und stärken die Verbundenheit der Bevölkerung mit ihrer Stadt. Stadtmarketing geht aber auch ganz praktische Probleme an: Verbesserung des Branchenmixes, Beseitigung von Leerständen, gestalterische Aufwertung des öffentlichen und privaten Raums, Sauberkeit, Sicherheit und Service, gemeinsame Werbung, Vereinheitlichung der Öffnungszeiten – das sind die alltäglichen Handlungsfelder, für die sich Stadtmarketinginitiativen und Gewerbevereine engagieren. Die IHK Saarland 10 unterstützt solche Initiativen mit Rat und Tat und wirbt für eine engere Zusammenarbeit zwischen Gewerbevereinen und Stadtmarketinginitiativen. Das Saarland hat 2007 auf Anregung der IHK ein Gesetz zur Schaffung von Bündnissen für Investition und Dienstleistung erlassen. Nach dem Vorbild der in Nordamerika etablierten BIDs (Business Improvement Districts) können sich I m mobi l ieneigentümer gemei nsa m mit Gewerbetreibenden zusammenschließen, um auf Grundlage eines A rbeitsprogrammes und eines verpflichtenden finanziellen Beitrags die Instandhaltung und Attraktivierung ihres Quartiers voranzutreiben. Das Problem des Trittbrettfahrens kann so ausgesch lossen werden. M it dem BI D Burbach hat sich eine Initiative gegründet, die erfolgreich den Verfall des Stadtteils stoppen konnte. Weitere BIDs sind in Vorbereitung. Die IHK setzt sich dafür ein, dass das saarländische BID-Gesetz nach 2015 verlängert wird. In Kürze Initiierung, Wiederbele bung und Fortführung von Stadtmarketingprozessen in allen Städten und Gemeinden Kräfte bündeln: Gewerbe vereine und Stadtmarketing initiativen sollten Gemein samkeiten ausloten und gemeinsame Initiativen ergreifen BIDs als vielversprechendes Instrument von Public Private Partnerships (PPP) zur Attraktivitätssteigerung, Stärkung und Revitalisierung von Innenstädten und Stadtteilzentren stärker nutzen BID-Gesetz verlängern Wachstumschance Shoppingtourismus Einkaufen findet heutzutage nicht mehr nur in der Nähe des eigenen Wohnortes statt. Es ist für viele Menschen zur Freizeitbeschäftigung geworden, die gerne mit Reisen verbunden wird. Für den Handel verspricht dieser Trend neue Impulse. Experten schätzen, dass der Shoppingtourismus in den kommenden Jahren deutlich stärker wachsen wird als der herkömmliche Einzelhandelsumsatz. Das Saarland hat gute Voraussetzungen, um von dieser Entwicklung profitieren zu können. Kulturelle Sehenswürdigkeit en u nd Vera n s t a lt u ngen w ie da s Max-Ophüls-Festival, hervorragende Wander- und Radwege sowie die hohe Anzahl an Sterneköchen locken schon heute zahlreiche Besucher ins Land. Mit dem neuen Saarland-Marketing bestehen zudem gute Chancen, den Bekanntheitsgrad unseres Landes noch weiter zu steigern. Um die Potenziale des Shoppingtourismus stärker nutzen zu können, bedarf es einer engen Zusammenarbeit der relevanten Akteure. Stadtmarketinginitiativen und Gewerbevereine kennen die Gegebenheiten vor Ort am besten. Sie sollten touristische Angebotspakete schnüren, die in Verbindung mit Shopping einen echten Mehrwert über den reinen Städtebesuch hinaus generieren. Immer öfter besuchen ausländische Gäste das Saarland. Das stellt hohe Anforderungen an die Sprachkompetenz des Handels. Angesichts der hohen Frequenz französischer Kunden ist Englisch allein aber nicht ausreichend. Jedes einzelne Unternehmen ist deshalb angehalten, die Französischkompetenz seiner Mitarbeiter zu stärken, unter anderem auch im Rahmen der Berufsausbildung. Dies kann auch in Form von Kooperationen mit anderen Unternehmen geschehen. Wünschenswert wäre es zudem, wenn das Land derartige Sprachprogramme im Rahmen seiner Frankreichstrategie unterstützen würde. In Kürze Potenziale des Shopping tourismus durch Kooperation der relevanten Akteure besser ausschöpfen Touristische Angebots pakete schnüren Zweisprachigkeit des Landes vorantreiben „Shoppingtourismus ist ein weiterer Baustein, um die Wertigkeit des Einzelhandels hervorzuheben und die Frequenz im ganzen Land zu erhöhen mit dem Ziel unsere Stärken zu unseren Kunden zu bringen. Wie ginge das besser als mit der Verbindung des Handels zur Gastronomie und dem Tourismus. Das sind Stärken, die aus einem kleinen Land ein großes Erleben machen können!“ Hans E. Agostini, Inhaber der Firma Hans E. Agostini e.K. und Präsident des Landesverbandes Einzelhandel und Dienstleistung Saarland e.V. 11 „Der demografische Wandel fordert auch vom Handel ein Umdenken. Er trägt dem Rechnung durch generationenfreundliche Ladengestaltung, angepasste Sortimente und kundenorientierte Parkmöglichkeiten." Stephan Köhler MEC METRO-ECE Centermanagement GmbH & Co. KG, Saarbasar Saarbrücken Städte sind für alle da generationenfreundliches Einkaufen Ob für Eltern mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer oder ältere Mitbürger – Einkaufen sollte für jeden bequem und barrierefrei möglich sein. Diese Erfordernisse sind künftig noch stärker zu berücksichtigen – bei der Ladengestaltung, aber auch im öffentlichen Raum vor der Ladentür. Eine zukunftsfähige Innenstadt muss multifunktional sein. Sie bietet Kleinkindern Spielecken, Jugendlichen Ch i l l-out-Zonen u nd Ä lt eren Ruheräume. In Zeiten des demografischen Wandels kann es sich keine Stadt mehr leisten, auch nur eine Generation „zu vernachlässigen“. 12 Städtebauliche Anpassungen im öffentlichen Raum sollten im Einklang mit einer angemessenen und zukunftsgerichteten Entwicklung der verschiedenen Handelsformate stehen. Dabei sind dem Einzelhandel weiterhin passende Entwicklungsperspektiven zu bieten. Qualität statt Quantität heißt hier die Devise. Top-Lagen sind zu stärken, für Nebenlagen neue Verwendungen zu suchen. Und wo nötig, müssen Rückbaukonzepte konzipiert und umgesetzt werden. In Kürze Generationenfreundliche Gestaltung von Laden flächen und öffentlichen Räumen Qualität geht vor Quantität bei der Entwicklung von Handelsflächen in der Stadtplanung Top-Lagen ausbauen und neue Nutzungen für Neben lagen suchen Rückbaukonzepte entwi ckeln und neue Gestal tungsspielräume schaffen Ausgezeichnet Generationenfreundlich Gütezeichen „Generationenfreundliches Einkaufen“ Das Qualitätskennzeichen „Generationenfreundliches Einkaufen“, das gemeinsam vom Handelsverband Deutschland (HDE), DIHK, der Initiative „Wirtschaftsfaktor Alter“ und weiteren Partnern entwickelt wurde, bietet Einzelhändlern konkrete Ansatzpunkte, sich durch Generationenfreundlichkeit von Mitbewerbern abzuheben. Interessierte Einzelhändler können sich prüfen und auszeichnen lassen. So soll Generationenfreundlichkeit mittelfristig zu einem Markenzeichen de s de ut s che n E i n z e lhandels werden. Wie wird zertifiziert? Das Qualitätszeichen „Generationenfreundliches Einkaufen“ wird anhand festgelegter und nachvollziehbarer Beurteilungskriterien vergeben. Die Bewertung der ein- zelnen Kriterien erfolgt anhand einer festgelegten Wertigkeit und einem vorgegeb enen B eu r t ei lu ng s schlüssel, der nicht verändert werden kann und so die Einheitlichkeit der Prüfung sicherstellt. Der vollständige Kriterienkatalog und weitere Informationen stehen zum Download auf der Internetseite des Qualitätszeichens www.generationenfreundliches-einkaufen.de zur Verfügung. Dort ist auch ein Schnelltest hinterlegt, der Einzelhändlern einen ersten Eindruck gibt, ob sie bereits generationenfreundlich sind. 13 Schnelle Wege zum Handel Der Kunde kommt heute mit dem eigenen PKW zum Einkaufen. Im Saarland, das über die höchste PKW-Dichte aller Bundesländer verfügt, benutzen zwei Drittel aller Stadtkunden ihr Auto für den Einkauf. Im ländlichen Raum ist die Quote noch höher. Die hohe Mobilität kommt vor allem der Grünen Wiese entgegen. Sie bietet in der Regel kostenloses Parken und ist zudem gut erreichbar. Die Innenstadt, die dies auf Grund der topografischen Situation nicht bieten kann, muss diesen Nachteil durch Parkleitsysteme, ein ausreichendes und preiswertes Angebot an Parkplätzen sowie durch Park-and-ride-Offerten ausgleichen. Für Dauerparker, darunter auch die Beschäftigten des Einzelhandels, sollten Parkflächen außerhalb der City bereit „Gute Erreichbarkeit spielt für den Handel eine zentrale Rolle. Deshalb appellieren wir an die Kommunen, kostengünstige und innenstadtnahe Parkplätze in ansprechender Qualität und ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen." Jörg Hohlwein (links), Geschäftsführer der HoWaTech Vertriebs GmbH, Völklingen 14 stehen. Innerstädtische Arbeitgeber sind aufgerufen, ihre Mitarbeiter bei der Suche nach A lternativen zum I nnenstadt-Parken zu unterstützen. Erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen, dass der ÖPNV immer dann gut angenommen wird, wenn lokale Arbeitgeber sich über eine Vereinbarung mit dem regionalen Verkehrsverbund an der Finanzierung von Job-Tickets beteiligen. In Kürze Motorisierten Individual verkehr nicht verteufeln, sondern durch intelligente Verkehrsführung steuern Preiswerte Parkmöglich keiten in der Stadt anbieten Alternativen zum Innen stadt-Parken für Beschäf tigte schaffen ÖPNV verbessern und über Jobticket für Mitarbeiter des Handels attraktiv machen 15 Impressum Herausgeber Industrie- und Handelskammer des Saarlandes Verfasser Arbeitskreis Leitbild des IHK-Handelsausschusses Franz-Josef-Röder-Straße 9, 66119 Saarbrücken Telefon (0681) 95 20-0 www.saarland.ihk.de Fotos: Natalie Platz, Wolfgang Klauke, Erwin Wodicka/bilderbox.com, pressmaker/Fotolia.com Layout & Produktion: ACN Werbeagentur, Saarbrücken Druck: repa druck gmbh, Saarbrücken November 2014 16 saarland.innovation&standort e. V., Franz-Josef-Röder-Straße 9, 66119 Saarbrücken, Email: [email protected] Wir waren schon deutsch, französisch und unabhängig. Und sind es immer noch! willkommen.saarland