Volltext - Bundesministerium für Inneres
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.SIAK-Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis Rottenberger, Nikolaus (2010): Die Südafrikanische Polizei. Transformation unter einem schlechten Stern? SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 59-67. doi: 10.7396/2010_3_F Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen, verwenden Sie bitte folgende Angaben: Rottenberger, Nikolaus (2010). Die Südafrikanische Polizei. Transformation unter einem schlechten Stern?, SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 59-67, Online: http://dx.doi.org/10.7396/2010_3_F. © Bundesministerium für Inneres – Sicherheitsakademie / Verlag NWV, 2010 Hinweis: Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im Verlag NWV (http://nwv.at) erschienen. Online publiziert: 3/2013 3/2010 . SIAK-JOURNAL Die Südafrikanische Polizei Transformation unter einem schlechten Stern? Die südafrikanische Polizei wurde von einem zentralen Ordnungsinstrument des Apart heidsregimes in den letzten 15 Jahren grundlegend in eine moderne Polizeiorganisation transformiert. Dabei wurde insbesondere der tatsächlichen ethnischen Verteilung der südafrikanischen Gesellschaft Rechnung getragen, die Polizei spiegelt diese in ihrer Zu sammensetzung wider. Nicht erfüllt haben sich die politischen Vorstellungen von der friedlichen Regenbogennation, wie sie vom südafrikanischen Bischof Desmond Tutu herbeigesehnt wurde. Die Kriminalitätssituation ist bei gleichzeitig hoher Arbeitslosig keit weiterhin besorgniserregend. Die südafrikanische Polizei erhält Konkurrenz durch private Sicherheitsfirmen und ist darüber hinaus mit weiteren Aufgaben wie der Grenz überwachung belastet. Die Fußballweltmeisterschaft 2010 bedeutete einen erheblichen zusätzlichen Aufwand, wenn dem auch eine personelle Aufstockung der Polizeikräfte vorausging. Die Konsequenzen daraus müssen in einer angemessenen Strategie und einer Neustrukturierung zugunsten einer höheren Effizienz für die Verbrechensbekämpfung liegen. ENTWICKLUNG Der South African Police Service (SAPS) entstand 1995 aus der South African Police (SAP). Zum Verständnis der Rolle und Herausforderungen des SAPS ist es notwendig, auf die Besonderheiten der Vorgängerorganisation einzugehen. Während der Apartheid ab 1948 war die südafrikanische Polizei ein wesentlicher Pfeiler der autoritären Ordnung und des rassistischen Gesellschaftssystems. Seit dem 1. Weltkrieg bestand eine enge Beziehung zwischen den südafrikanischen Streitkräften und der Polizei. Die Armee wurde häufig von der SAP zur Assistenz gerufen. 1958 wurden die gesetzlichen Grundlagen für die polizeiliche Arbeit u.a. auf Aufstandsbekämpfung ausgeweitet. Seit 1965 konn- NIKOLAUS ROTTENBERGER, Berater für Sicherheitspolitik im BMLVS und Adjunct Professor an der Webster University Vienna. ten südafrikanische Polizisten ohne richterliche Genehmigung jede Art von Durchsuchung innerhalb einer Ein-Mei len-Zone der Staatsgrenzen durchführen. Darüber hinaus wurden zur personellen Verstärkung ab 1973 Polizeireservekräfte aufgestellt. Die Polizei war zeitweise einer paramilitärischen Einrichtung ähnlich, da nur 6 % der uniformierten Polizisten tat sächlich in der Verbrechensbekämpfung tätig waren (Ross 2008, 161). In der Apartheid übernahm die Polizei zahlreiche weitere Aufgaben. Insbesondere in den ländlichen Gebieten übernahm sie teilweise z.B. Funktionen von Gerich ten oder Steuerbehörden. Die Übergriffe der südafrikanischen Polizei, insbesondere von weniger gut ausgebildeten Hilfspolizis 59 . SIAK-JOURNAL 3/2010 Quelle: Internet Polizeikräfte Unterstützung aus Simbabwe, Großbritannien und Kanada angenommen. Als neue Schwergewichte der Polizeiaus bildung wurden ethnische Toleranz und Respekt der Menschenrechte festgelegt. Abb. 1: Selbstschutz auch auf Streife – in Johannesburg unabdingbar ten, den sogenannten „kitskonstabels“, in den 1980er Jahren verstärkten die Kluft zwischen der überwiegend schwarzen Öf fentlichkeit und der SAP. Nachdem Präsi dent de Klerk 1990 das Verbot von schwarzen politischen Organisationen auf hob und politische Dissidenten aus den Gefängnissen entließ, traf er mit der Poli zeiführung des Landes zusammen und wies sie an, bei der Abschaffung der Apartheid unterstützend mitzuwirken. Die Polizei war jedoch in der Umsetzung zu rückhaltender als die südafrikanischen Streitkräfte. In den frühen 1990er Jahren waren einige Polizeiabteilungen bereits in tegriert1, aber die Ausbildung war weitge hend nach Ethnien getrennt. Die Integrati on von schwarzen Polizisten war erst 1995 weitgehend vollzogen. Ein Eckpunkt des Neubeginns war die Umbenennung von South African Police in South African Police Service. Ebenso wurde das Ministerium für Recht und Ordnung in Ministerium für Sicherheit (Ministry of Safety and Security) umbe nannt. Diese Umbenennungen haben ei nen inhärenten symbolischen Charakter, der einen Bruch mit der alten Ordnung symbolisieren soll. Der zuständige Minis ter Sydney Mufamadi, von 2000–2009 im Amt, hatte für die Transformation der 60 GLIEDERUNG UND STÄRKE DES SAPS Auf nationaler Ebene besteht das Haupt quartier der SAPS in Pretoria, das vom National Commissioner geleitet wird. Der National Commissioner wird durch Deputy National Commissioners unterstützt, diese leiten die Direktorate des SAPS-Haupt quartiers. Das SAPS gliedert sich in rund 20 Direktorate und nachgeordnete Abtei lungen. Eine zentrale Funktion kommt dem Crime Intelligence and Crime Detection Directorate zu. Das Direktorat koordiniert die kriminalistische Arbeit der südafrika nischen Polizei. Die meisten Abteilungen bestanden in einer ähnlichen Form bereits in der Vorgängerorganisation SAP. Die Visible Policing Division beispielsweise ist für Polizeiaufgaben mit hoher Öffent lichkeitswirksamkeit zuständig, dazu zählt u.a. der Schutz von Regierungsmitgliedern. Die meisten Regierungsgebäude werden durch die Special Guard Unit der Abtei lung bewacht. Die Special Task Force führt Spezialeinsätze, wie Lösung von Geiselnahmen, durch. Ende 1995 wurden im SAPS insgesamt zehn Polizeikommanden aus den früheren Homelands inkorporiert. Dies erforderte eine Reorganisation der Polizeistruktur, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Ebene der neun südafrikanischen Provin zen. Auf Provinzebene wird die Polizei von Provincial Commissioners geleitet, diese sind direkt dem National Commis sioner verantwortlich. In den neun Provin zen wurden insgesamt 43 Polizeidistrikte mit insgesamt 1.115 Polizeistationen ein geführt.2 3/2010 . SIAK-JOURNAL Quelle: Internet Über die aktiven Polizeikräfte hinaus verfügt das SAPS über Reservekräfte, den sogenannten South African Reserve Ser vice. Diese Reservekräfte stehen im Be darfsfall zur Verstärkung lokaler Kräfte zur Verfügung. Der Größe und den Gege benheiten des Landes entsprechend ist im SAPS ein Luftunterstützungselement ein gerichtet. Der Air Wing ist mit über zehn Flächenflugzeugen und rund 40 Hub schraubern ausgestattet. Die südafrikanische Polizei hatte im Mai 2010 150.982 Polizisten und rund 35.000 zivile Mitarbeiter (SAPS 2010). Eine weitere Aufstockung auf bis zu 205.000 Personen ist geplant. Seit dem Ende der Apartheid wurde insbesondere bei der Polizei auf eine Personalzusam mensetzung Wert gelegt, die der Realität der ethnischen Verteilung der südafrikani schen Bevölkerung entspricht. Diese soge nannte „affirmative action“, die im öffent lichen Dienst konsequent durchgesetzt wurde, führte dazu, dass überwiegend Weiße durch Schwarze ersetzt wurden, die nur selten über eine entsprechende Ausbil dung und Berufserfahrung verfügten. So bestanden rund 70 % aller leitenden Ange stellten des Sicherheitsministeriums im Jahr 2008 einen Eignungstest nicht, durf ten aber auch nicht entlassen werden (Pabst/Ropp 2009). HOHE KRIMINALITÄT Die Kriminalitätssituation in Südafrika wird allgemein als außerordentlich ernst eingestuft. Das Thema dominiert die Tagesordnung der Regierung, der Zivil gesellschaft und ist permanent in Medienberichten präsent. Dementsprechend pola risiert es den öffentlichen Diskurs hinsichtlich Ursache und Konsequenzen. Die Statistiken sind unterschiedlich, zei gen aber einen eindeutigen Trend. Gemäß den Veröffentlichungen des SAPS für das Budgetjahr 2008/09 ist die Zahl der Ge- Abb. 2: SAPS-Beamte beim Schießtraining waltverbrechen angestiegen. Die Crime Information Analysis, ein Büro des SAPS, unterteilt Schwerverbrechen in fünf Kate gorien. Innerhalb dieser Kategorien sind die Anteile der Verbrechen wie folgt zuge ordnet: 32,7 % „contact crime“, 6,7 % „contact related crime“, 8,9 % „crimes de pendent on police action“, 25,4 % Eigen tumsverbrechen und 26,3 % sonstige Ver brechen. Insgesamt ist die Anzahl der gemeldeten Straftaten mit 2.098.229 Fäl len um 0,2 % im Verhältnis zum Zeitraum 2007/08 gestiegen. Nach Aussage von Di rektor Seimala von Crime Information Analysis wirken sich die Verbrechensfälle der Kategorie „contact crime“, die einen direkten Kontakt zwischen Täter und Opfer beschreiben, insbesondere Raub, Vergewaltigung und Angriff, besonders negativ auf das Sicherheitsgefühl der Be völkerung aus. Während in drei Katego rien von Schwerverbrechen die Anzahl der Straftaten tendenziell sinkt, steigen sie in den Bereichen crimes dependent on police action und „sonstige Verbrechen“. Unter „crimes dependent on police action“ wer den Straftaten verstanden, die durch Poli zeiarbeit, z.B. Verkehrskontrollen, aufge deckt werden. Ein Anstieg der gemeldeten sexuellen Delikte um 10,1 % wird durch eine größere Anzahl von Fällen gegenüber Kindern und Jugendlichen in der ersten Jahreshälfte 2010 verstärkt (ISS 2009). Die Befürchtungen, dass Gewaltverbre chen weiterhin nicht stark abnehmen, sind 61 . SIAK-JOURNAL 3/2010 Quelle: Internet berechtigt. Das hat zur Folge, dass das Vertrauen der Bevölkerung in den SAPS und die Regierung sinkt, da diese die Kri minalität nicht bewältigen. So zeigt eine frühere Erhebung des Institute for Security Studies (ISS), dass 58 % der Befragten Angst haben, nach der Dunkelheit allein auf die Straße zu gehen. In der Erhebung von 1998 waren es nur 25 % (Burger 2007). Die quantitativen Rückgänge in einigen Bereichen der Kriminalität sind als relativ zu betrachten, da sie von einem hohen Stand aus erfolgten. Die Mordrate ist zwar von 1994/95 von 66,9 % auf 39,5 % im Beobachtungszeitraum 2005/06 gesunken; sie ist aber immer noch achtmal höher als der Weltdurchschnitt und lag damit vor vier Jahren zwanzigmal höher als die Mordrate in Großbritannien. Dies bedeu tet, dass, wenn der positive Trend anhält, es noch zehn Jahre braucht, bis der Weltdurchschnitt erreicht ist. Bezieht man die Zahlen nur auf Südafrika, dann bedeutet dies in einem Jahr 50 Morde pro Tag (ISS 2007). Der Höhepunkt der Kriminalitäts statistik für schwere und Gewaltverbre chen lag nach einem Anstieg seit 1994 im Jahr 2001, in der Zwischenzeit sank die Mordrate seit dem Jahr 2000 von 62,7:100.000 auf 37,5:100.000 (ISS 2009). Insgesamt sind die sogenannten TRIO crimes (Raubüberfälle auf Privathäuser und Geschäfte sowie Hijacking) angestiegen. Im Zeitraum von 2004/05 bis 2008/09 sind TRIO-crimes jährlich um 15,3 % gestie gen (SAPS 2009, 6 f). Die Kriminalität zeigt erhebliche regio nale Unterschiede. Die Provinz Gauteng (mit der Millionenstadt Johannesburg und der Hauptstadt Pretoria) führt die Statistik im Bereich Raub an. Im Zeitraum 2008/09 wurden 50.886 Fälle gemeldet, das ent spricht einem Durchschnitt von 140 Raub überfällen pro Tag. Gauteng verzeichnet 42 % aller gemeldeten Fälle von Raub in Südafrika (SAPS 2009, 6 f). Dazu kommt, 62 Abb. 3: SAPS-Beamte bei einer Personenkontrolle in einem Zug dass die Mehrheit dieser Fälle im Zusam menhang mit Bandenwesen und Organisier ter Kriminalität zu sehen sind (Wannenburg 2009, 246). Raub und die Gewalttätigkeit, die damit oft einhergeht, haben den stärks ten psychologischen Einfluss auf die Durch schnittsperson und senken so weiter das Unsicherheitsgefühl in der südafrikanischen Gesellschaft. Der SAPS steht dabei unter dem Druck einer hohen Erwartungshaltung der Öf fentlichkeit. Hinsichtlich einer veränder ten Strategie in der Verbrechensbekämp fung und in der Struktur des SAPS werden von Experten u.a. folgende Verbesserun gen vorgeschlagen:3 Stärkung der crime intelligence and ana lysis, Aufstellung von speziellen Untersu chungsteams, Verstärkung der forensischen Unterstüt zung für Ermittler, rasche Reaktion auf Raubüberfälle, Einrichtung eines Crime Management Center zur Koordinierung und techni schen Unterstützung. Die Umsetzung dieser Forderungen er folgt langsam. Die Fähigkeiten des SAPS müssten allerdings langfristig und nach haltig gesteigert werden, um die Krimina lität zu senken. Eine wesentliche Ursache für die hohe Kriminalitätsrate liegt in der weit verbreiteten Arbeitslosigkeit und der starken Kluft zwischen Vermögenden und 3/2010 . SIAK-JOURNAL Quelle: Internet Abb. 4: Das Logo des SAPS ist die südafrikanische Aloe, eine ausdauernde Pflanzenart, deren Eigen schaften charakteristisch für die Polizei sein sollen Armen, die in den 16 Jahren seit Ende des Apartheidregimes nicht reduziert werden konnte.4 PRIVATE SICHERHEITSFIRMEN Eine Konsequenz der hohen Kriminalitäts rate und des erhöhten Schutzbedürfnisses ist der ausufernde Markt für private Si cherheitsfirmen (PSF) in Südafrika. Der Markt ist durch Unübersichtlichkeit ge kennzeichnet, da die Firmen unterschiedli che Dienstleistungen anbieten und häufig den staatlichen Registrierungsvorausset zungen nicht entsprechen. Die Regierung versucht u.a. mit dem Private Security In dustry Act aus 2001 das Gewerbe zu regu lieren (Baker 2008, 190; Burger 2007, 1 f). Die Anzahl der Beschäftigten in PSF wird mit rund 300.000 geschätzt und ist damit erheblich größer als die Anzahl der Polizis ten im Land. Südafrika, gefolgt von Nige ria, ist damit der größte Markt am Konti nent. Jährlich werden für private Sicherheitsleistungen rund sechs Milliar den Euro ausgegeben (Editors Inc. 2009, 53), wobei die Qualität der Dienstleistung stark divergiert. Die Befugnisse von be waffneten privaten Sicherheitskräften sind prinzipiell geregelt, Missbräuche sind je doch häufig. Die schlechte Bezahlung durch die meisten Firmen führte 2006 zu gewalttätigen Unruhen durch Angestellte von PSF, die das Land schockierten. In den ärmeren Townships Südafrikas jedoch, wo die Bewohner sich die Dienste von PSF nicht leisten können, kommt es häufi ger zu lokalen freiwilligen Nachbarschafts diensten, die meist unbewaffnet in der Nacht in den Stadtvierteln patrouillieren (Møller 2009, 33). In anderen Bereichen findet eine Kooperation zwischen SAPS, PSF und freiwilligen Nachbarschaftsdiens ten statt (Backer 2008, 96; Steinberg 2010a, 172 ff). Letztendlich erschwert dieses Umfeld jedoch die Arbeit des SAPS. GRENZÜBERWACHUNG Eine weitere Herausforderung für das SAPS ist die Überwachung der südafrika nischen Staatsgrenzen. Als ökonomisch fortschrittlichstes Land in der Region war Südafrika seit Ende der Arpartheid ein be sonderer Anziehungspunkt für Menschen aus den Nachbarstaaten. Die Grenzüber wachung war lange eine Aufgabe der Poli zei. Ab 1990 wurden die südafrikanischen Streitkräfte aufgrund der damaligen Ge fahr von Grenzübertritten von in Südafrika verbotenen, bewaffneten Gruppierungen für die Grenzsicherung verantwortlich. Nach einer Interimszeit zwischen 1993– 1998 und 2003–2008 hat nunmehr wieder das SAPS diese Aufgabe übernommen (Hennop 2001, 1). Die Einschätzung der Effektivität des SAPS bei dieser Aufgabe durch das Revisionsorgan des Border Control and Police Advisory Council im letzten Jahr fiel negativ aus. Untersuchun gen des ISS hatten ergeben, dass das SAPS dieser Aufgabe nicht in ausreichen dem Ausmaß gewachsen ist. Neben dem Fehlen interministerieller Zusammenar beit in der Ausbildung gab es auch keine spezifische Grenzüberwachungsausbil dung. Die zuständigen Polizeieinheiten verfügten nur über 29 % der vorgesehenen Personalstärke. Von 970 vorgesehenen Pos ten waren 2009 nur 283 besetzt. Grenzver stärkungen, wie Zäune, waren unzurei 63 . SIAK-JOURNAL 3/2010 chend oder nicht vorhanden. Weder die Grenzverstärkungen noch die Lücken da zwischen wurden ausreichend durch Pa trouillen überwacht (Engelbrecht 2010). Eine Sorge des SAPS ist neben illegaler Migration der Fluss von (automatischen) Waffen und Drogen über die wenig kon trollierte Grenze nach Südafrika, insbe sondere aus Zimbabwe. KONTROVERSEN Das Thema Korruption innerhalb des SAPS ist wiederholt ein Thema in süd afrikanischen Medien (Steinberg 2010b, 182). Ein Rückschlag für die internatio nale Anerkennung des SAPS, aber auch das Ansehen innerhalb Südafrikas, war die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Korruption durch die National Prosecution Authority gegen den National Police Commissioner und Präsidenten von Inter pol Jackie Selebi im September 2007. Dieser wurde im Juli 2009 von Präsident Mbeki suspendiert. Der Leiter der Natio nal Prosecution Authority, Vusi Pikoli, wurde kurz darauf von Präsident Mbeki wegen seines energischen Vorgehens gegen Korruption suspendiert (Lelliott 2009). Zu einer heftigen Diskussion und zum Vorwurf der „Militarisierung“ der Polizei kam es 2009. Im Zuge der laufenden Neu gliederung der Polizei sprach sich der stellvertretende Minister für Polizeiange legenheiten, Fikile Malula, dafür aus, die Polizei in eine paramilitärische Organisa tion umzuwandeln, deren Ränge denen der südafrikanischen Streitkräfte ähneln soll ten (Trewhela 2009). Im April 2010 wurde schließlich das neue Rangsystem einge führt, das unter anderem den Dienstgrad „Oberst“ brachte. FUSSBALLWELTMEISTER SCHAFT 2010 Von Juni bis Anfang Juli 2010 wurde in Südafrika die Fußballweltmeisterschaft 64 ausgetragen. Im Vorfeld wurden etwa 450.000 Zuschauer aus dem Ausland er wartet (Burger 2007, 1 f). Die Diskussion um das Thema „Kriminalität“ erhöhte den Druck auf den Gastgeber Südafrika. Vor weg wurde beteuert, dass für die Spiele ein hoher Sicherheitsstandard garantiert werden kann, für die Mannschaften, die Zuschauer und deren Eigentum. Gleich zeitig dürfen in dieser Zeit die „normalen“ polizeilichen Aufgaben nicht vernachläs sigt werden.5 In den internationalen Medien wurde wiederholt in Frage gestellt, ob das SAPS überhaupt in der Lage ist, ein solches Er eignis zu bewältigen. Neben den Infra strukturproblemen bezogen sich die Be denken vornehmlich auf die Sicherheit. Das SAPS hat jedoch bereits eine ganze Reihe von Großereignissen positiv unter stützt, darunter die Rugby-Weltmeister schaft 1995, die All Africa Games 1999, die Spiele um den Kricket-Weltpokal 2003, dazu eine Reihe von internationalen Kon ferenzen. In dieser Zeit hat das SAPS ef fektive Sicherheitskonzepte entwickelt, es hat auch keine ernsthaften Vorfälle gegeben. Ab 2006 begannen die Vorbereitungen für die Fußballweltmeisterschaft 2010. Dazu wurden 41.000 zusätzliche Polizis ten ausgebildet und Gerät und Ausrüstung im Wert von 70 Millionen Euro ange schafft (Burger 2007). Im Vorfeld wurde eine enge Kooperation der südafrikani schen Streitkräfte mit dem SAPS be schlossen. Dazu wurde ein Joint Operation Command auf einem südafrikanischen Militärflughafen eingerichtet, das neben Polizei und Militär weitere Ministerien und Behörden einschließt. Ähnliche Joint Operations Centers gibt es auf Ebene der Provinzen und in den Orten der Sportaus tragung wurden Local Operations Centers eingerichtet. Die südafrikanischen Streit kräfte stellten Kasernen für das SAPS und haben die Polizeikräfte an der Grenze 3/2010 durch Verstärkung entlastet (Hennop 2001, 1). Eine enge internationale Koope ration u.a. mit Interpol wurde eingeleitet.6 Nach der Massenpanik mit 16 Verletzten beim Testspiel zwischen den Turnierteil nehmern Nordkorea und Nigeria Anfang Juni geriet das Thema Sicherheit erneut in den Fokus. Wie schon nach dem Anschlag auf die Nationalmannschaft Togos beim Afrika-Cup in Angolas Exklave Cabinda im Januar 2010 wurden wieder Zweifel geäußert, ob der störungsfreie Ablauf der Fußballweltmeisterschaft gewährleistet werden kann. Neben der Sorge vor Exzes sen europäischer Hooligans galten vor al lem die Fanfeiern und Public-ViewingAreas als gefährdet.7 Zusätzlich wurde die Gefahr des internationalen Terrorismus akut, als im Mai 2010 durch irakische Si cherheitskräfte ein saudischer Offizier verhaftet wurde, der einen Anschlag wäh rend der Spiele geplant haben soll. Dem Offizier wurden Kontakte zum Terrornetz werk al-Qaida nachgesagt. Nach iraki schen Angaben war er bereits in erfolgte Anschläge im Irak verwickelt.8 Im Vorfeld wurden die Sicherheits maßnahmen für die Fußballweltmeister schaft durch das SAPS bekannt gegeben. Details, die die Sicherheitsmaßnahmen gefährden könnten, wurden nicht veröf fentlicht. Im Wesentlichen beruhen die Sicherheitsmaßnahmen auf folgenden Elementen: Integrierte operationale Koordinierung, wobei dem SAPS die führende Rolle in der sogenannten Joints (Joint Operatio nal and Intelligence Structure) zukommt, die dem Ministerium für Sicherheit un terstellt ist. Integrierte Sicherheitsstrategie für alle Bereiche der Sportveranstaltung und des öffentlichen Lebens. Verstärktes und spezielles Training und Ausbildung für das SAPS, auch für die Polizeireserve. . SIAK-JOURNAL Überprüfung von teilnehmenden PSF, wobei es im Vorfeld bei einigen Praxis tests bereits zu einigen sicherheitsge fährdenden Vorkommnissen kam. Andere Großereignisse vor 2010, etwa die Wahlen in Südafrika 2009, wurden als Praxistest genutzt. Verbesserte Kommunikation mit Me dien, dadurch sollen die Besucher und die Bevölkerung mit Sicherheitshinwei sen vertraut gemacht werden. „Lessons learned“-Prozess durch Beob achtung und intensive Auswertung an derer internationaler Großveranstaltun gen, wohin Beamte des SAPS entsandt wurden. So wurden die letzten drei olympischen Spiele und die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland beobachtet (Burger 2007, 4 f). AUSBLICK Die Kriminalität in Südafrika bleibt wei terhin quantitativ auf hohem Niveau und diese Situation verstärkt den Druck auf die Regierung. Vor der Fußballweltmeis terschaft 2010 wurde vermehrt die Sorge geäußert, dass die hohe Kriminalität viele ausländische Besucher abhalten würde, zu den Spielen anzureisen. Hinsichtlich des politischen Willens seitens der Regierung, sich des Kriminalitätsproblems anzuneh men, besteht wenig Zweifel. Dazu gehört jedoch ein ganzheitlicher und umfassen derer Ansatz der Kriminalitätsbekämp fung, sowohl was die Erscheinungsform betrifft, aber auch seiner ökonomischen und sozialpolitischen Wurzeln. In den strategischen Plänen des SAPS für 2005–2010 und 2010–2014 wurden neue Strategien der Verbrechensbekämp fung angekündigt. Die Verbrechensbe kämpfungsstrategien bieten jedoch keine grundsätzlichen Innovationen, sondern stellen eine Weiterentwicklung zur be 65 . SIAK-JOURNAL 3/2010 stehenden National Crime Combating Strategy aus 2000 dar. Für die kommen den Jahre legt der „Strategic Plan 2010 to 2014“ fest, dass vermehrt Augenmerk auf die Bekämpfung von „contact“ und „TRI crimes“ gelegt werden soll. Auch der Kor ruptionsbekämpfung und der Effizienz steigerung bzw. der Organisation der Grenzüberwachung kommt eine Priorität zu. Trotz allem bleiben Bedenken hin sichtlich der Umsetzung. Nicht die Inten tionen der Führung des SAPS, die Um setzbarkeit wirft Zweifel auf. Polizeireformen sind immer vielschich tig, ressourcenintensiv und politisch sensi tiv (Van der Spuy 2009, 37 ff). Im Falle Südafrikas kann von einer permanenten Umstrukturierung der Polizei in den letzen 16 Jahren mit langfristig möglicherweise negativen Konsequenzen gesprochen wer Gemeint ist die Integration von Schwar zen in die Polizei. 2 Eine Übersicht über alle Polizeistationen ist auf http://saferplaces.org/dir.html ab rufbar. 3 Dabei handelt es sich um eine Sammlung von unterschiedlichen Expertenmeinun gen aus den südafrikanischen Medien. 4 Die offizielle Arbeitslosenquote wird für das 4. Quartal 2009 mit 24,3 % ange geben, doch die tatsächliche Zahl ist wohl um die 40 %. Siehe dazu http://www.kas. de/proj/home/pub/32/1/-/dokument_id-19 293/index.html (22.05.2010). 5 Der vorliegende Artikel wurde vor der Austragung der Fußballweltmeisterschaft 2010 fertig gestellt. 1 66 den. In diversen Medien und Internetforen lässt sich wachsender Unmut innerhalb der Polizei über diese Prozesse herausle sen. Der Grund dafür ist nicht immer klar, jedoch werden meistens unzureichende Kommunikation und mangelnde Beteili gung an der Umsetzung bemängelt. Die Folge davon ist ein negativer Einfluss auf die Moral innerhalb des SAPS. Auch wenn die Polizeidichte Südafrikas von einem Polizisten auf 316 Einwohner im interna tionalen Durchschnitt beachtlich ist, liegt die Lösung der Probleme nicht alleine in der Zahl, sondern in der Frage der Führung (SAPS 2010). In den letzten Jahren haben viele erfahrene Polizisten das SAPS verlas sen. Dieser personelle und qualitative Ab gang macht sich spürbar und wird sich auf die weitere Entwicklung auswirken. Aus einem Gespräch des Autors mit Commissioner van der Westhuizen vom SAPS am 23. April 2010: Das SAPS wird mit 144 Mitarbeitern der Interpol und bis 1.000 ausländischen Polizisten verstärkt. 7 Aus einem Gespräch des Autors mit Commissioner van der Westhuizen vom SAPS am 23. April 2010: Ernsthaft wurde auch im SAPS das Verbot von Public Viewing-Areas aus Sicherheitsgründen er wogen. 8 Die Presse, 18. Mai 2010, 8. 6 Quellenangaben Baker, B. (2008). Multi-Choice Policing in Africa, Uppsala. Burger, J. (2007). A Golden Goal for South Africa. Security arrangements for the 2010 FIFA Soccer World Cup, SA Crime Quarterly (19), March 2007, 1–6. Editors Inc. (2009). South Africa at a Glance 2009–10, Greenside. Engelbrecht, L. (2010). Border Manage ment Authority: Can structure precede po licy?, (URL) http://www.defenceweb.co. za/index.php?option=com_content&view= article&id=7187:bma-can-structure precede-policy&catid=55:SANDF& Itemid=108 (30.04.2010). Hennop, E. (2001). SANDF Control of the Northern and Eastern Border Areas of South Africa. Arms Management Pro gramme, Institute for Security Studies, 3/2010 Occasional Paper No. 52 – August 2001, (URL) http://www.iss.co.za/Pubs/Papers/52/Paper52.html (20.03.2010). ISS (2009). 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