Hameln-Pyrmont LK
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Beschlussvorlage 136/2014 öffentlich Betreff Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten im Rechtsbereich des SGB II (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) und des SGB XII (Sozialhilfe) Zuständig: Datum Sozialamt 31.10.2014 Beratungsfolge (Zuständigkeit) Sitzungstermin Sozialausschuss (Vorbereitung) Kreisausschuss (Beschluss) 19.11.2014 02.12.2014 Beschluss: Der von der Fa. F + B GmbH erstellte grundsicherungsrelevante Mietspiegel wird ab dem 01.01.2015 bei der Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten im Rechtsbereich des SGB II (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) und des SGB XII (Sozialhilfe) berücksichtigt. Er wird nur für die Leistungsfälle angewendet werden, die nach dem 31.12.2014 erstmalig einen Leistungsantrag stellen oder nach dem 31.12.2014 eine andere Unterkunft beziehen. Sachverhalt/Begründung: Empfänger/-innen von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) und Empfänger/-innen von Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt/Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) haben grundsätzlich einen Anspruch auf Übernahme ihrer tatsächlichen Unterkunftskosten. Auf Dauer besteht allerdings nur ein Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten. Übersteigen die tatsächlichen Kosten das angemessene Maß, so ist die/der Leistungsberechtigte grundsätzlich verpflichtet, diese Kosten innerhalb von sechs Monaten auf das angemessene Maß zu senken. Andernfalls hat sie/er nach Ablauf dieser Frist nur noch Anspruch auf die angemessenen Unterkunftskosten. Falls die tatsächlichen Unterkunftskosten nicht nur geringfügig über der Angemessenheitsgrenze liegen, ist in den meisten Fällen ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung unausweichlich. Die angemessenen Unterkunftskosten werden durch die angemessene Wohnungsgröße in Abhängigkeit von der Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft und -2- durch die Verhältnisse auf dem jeweiligen örtlichen Wohnungsmarkt bestimmt. Zur Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße sind nach gefestigter Rechtsprechung die Wohnungsbauförderrichtlinien des jeweiligen Bundeslandes heranzuziehen. Dagegen ist eine globale Aussage, wie sich das allgemeine Mietniveau auf den jeweiligen örtlichen Wohnungsmärkten darstellt, nicht möglich. Hierzu bedarf es zunächst einer Untersuchung durch den jeweils zuständigen Leistungsträger, um die angemessenen Unterkunftskosten bestimmen zu können. Das Bundessozialgericht hat in seiner Rechtsprechung mehrfach betont, dass zu den Pflichten eines jeden Leistungsträgers gehört, für seinen Zuständigkeitsbereich den Betrag der angemessenen Unterkunftskosten im Rahmen eines sogenannten „schlüssigen Konzeptes“ zu ermitteln. Bisher haben sich das Jobcenter Hameln-Pyrmont im Rechtsbereich des SGB II und der Landkreis Hameln-Pyrmont im Rechtsbereich des SGB XII bei der Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten an der Wohngeldtabelle orientiert. Hierbei handelte es sich um eine langjährige Praxis, die noch aus der Zeit der Geltungsdauer des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) stammt. Die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat diese Praxis als unzulässig verworfen und betont, dass die konkrete Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten anhand eines „schlüssigen Konzeptes“ Vorrang genießt und nur, wenn mit Hilfe dieser Methode eine Feststellung der Angemessenheit nicht getroffen werden kann, ein Rückgriff auf die Wohngeldtabelle in Betracht kommt, dann allerdings auch mit einem Sicherheitszuschlag auf die Werte der Wohngeldtabelle in Höhe von 10 %. Entsprechend ist auch zu verfahren, wenn der Leistungsträger nicht seiner Pflicht zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten in seinem Zuständigkeitsbereich nachkommt. Der Kreisausschuss hat in seiner Sitzung vom 02.10.2012 (Beschlussvorlage Nr. 149/2012) die Verwaltung beauftragt, ein externes Beratungsunternehmen mit der Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels zur Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten nach dem SGB II und dem SGB XII zu beauftragen. Anschließend wurde der Hamburger Firma F + B GmbH ein entsprechender Auftrag erteilt, die im Vergleich zu den Mitbewerbern das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet hat. Seit Anfang Oktober 2014 liegt dem Landkreis Hameln-Pyrmont nunmehr das endgültige Ergebnis der Untersuchung vor. Vorab ist zu bemerken, dass der grundsicherungsrelevante Mietspiegel nicht mit einem Mietspiegel im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches vergleichbar ist. Der grundsicherungsrelevante Mietspiegel gibt also keinen Aufschluss über das allgemeine Mietniveau im Landkreis HamelnPyrmont und bildet daher auch nicht die ortsübliche Miete ab. Er gibt allein Auskunft darüber, in welcher Höhe Unterkunftskosten als angemessen im Sinne des SGB II und des SGB XII gelten. Zum 01.01.2015 sollen die in dem grundsicherungsrelevanten Mietspiegel ermittelten Werte bei der Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Der Mietspiegel soll nur für die Leistungsfälle angewendet werden, die nach dem 31.12.2014 erstmals einen Leistungsantrag stellen oder nach dem 31.12.2014 eine andere Unterkunft beziehen. Sofern die tatsächlichen Unterkunftskosten bislang als angemessen anerkannt wurden, sich aber nach dem Mietspiegel als unangemes- -3- sen darstellen, soll den Leistungsberechtigten Bestandsschutz in bisher anerkannter Höhe gewährt werden, solange diese Unterkunft bewohnt wird. Dadurch soll verhindert werden, dass durch die Umsetzung des Mietspiegels in größerer Zahl Umzüge anstehen. Zum Mietspiegel selbst ist auszuführen, dass er für den Landkreis Hameln-Pyrmont zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen geführt hat. Eine Übersicht über die Veränderungen ist aus der Anlage ersichtlich. Im Wesentlichen hat der Mietspiegel die Einschätzung der Verwaltung bestätigt, dass für Wohnungen, die den Unterkunftsbedarf von zwei und mehr Personen decken, bisher fast durchweg höhere Kosten anerkannt werden als es eigentlich notwendig wäre, d.h. die im Mietspiegel ermittelten Werte liegen unterhalb der Werte der zurzeit angewendeten Wohngeldtabelle. Mit zunehmender Wohnungsgröße steigt der betragsmäßige Unterschied zwischen den bisher anerkannten und den nunmehr ermittelten Werten. Nur in einigen Gemeinden sind bei bestimmten Wohnungsgrößen diese Höchstwerte nach oben zu korrigieren, d. h. der Mietspiegel hat höhere Werte ergeben als die, die zurzeit als angemessen anerkannt werden. Bei Wohnungen für Einzelpersonen wiederum werden hingegen aktuell zu geringe Unterkunftskosten als angemessen anerkannt. Die Kosten für diese Wohnungen liegen fast durchgängig oberhalb der Werte der Wohngeldtabelle, allerdings immer noch unterhalb der Werte, die sich unter Berücksichtigung eines Aufschlages von 10 % auf die Werte der Wohngeldtabelle ergeben würden. Die Umsetzung des vorliegenden grundsicherungsrelevanten Mietspiegels ist ohne Alternative. Es ist bereits dargelegt worden, dass der Landkreis Hameln-Pyrmont als Sozialhilfeträger und als Träger der kommunalen Leistungen für Unterkunftskosten im Rechtsbereich des SGB II im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht gehalten ist, eigene Ermittlungen zu den angemessenen Unterkunftskosten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt anzustellen. Nur so kann eine rechtskonforme Bewilligung von Leistungen erfolgen. Sollte sich der Landkreis Hameln-Pyrmont dennoch dazu entschließen, den Mietspiegel nicht anzuwenden, wäre er sofort gehalten, die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlages von 10 % als angemessene Unterkunftskosten anzunehmen. Dadurch würden durchgängig höhere Unterkunftskosten als angemessen anerkannt, als es nach den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt eigentlich notwendig wäre. Dies wiederum würde zu einer erheblichen Ausgabensteigerung führen. Allein im Rechtsbereich des SGB II belaufen sich die Ausgaben für Unterkunft und Heizung schon jetzt auf jährlich 27,7 Mio. €. Welche konkreten Auswirkungen die Einführung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels langfristig auf die Ausgaben für Unterkunft und Heizung haben wird, lässt sich nur schwer abschätzen. Die Entwicklung der Ausgaben in diesem Bereich wird maßgeblich davon beeinflusst, wie sich die Anzahl der Leistungsberechtigten im Rechtsbereich des SGB II zukünftig entwickeln wird. Bleibt diese Zahl konstant, so werden die Ausgaben durch die Umsetzung des Mietspiegels voraussichtlich zumindest auf dem derzeitigen Stand gehalten werden können. Ob sich bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen in Zukunft sogar eine Verringerung der Ausgaben einstellen wird, weil gerade die Höchstwerte für die größeren Wohnungen erheblich abge- -4- senkt werden, muss bezweifelt werden, weil dem auf der anderen Seite höhere Aufwendungen für kleinere Wohnungen gegenüber stehen und die Anzahl der Einzelhaushalte steigt. Allerdings sind auch die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt Veränderungen unterworfen und haben somit auch unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten. Dies wiederum verpflichtet den Landkreis HamelnPyrmont, in regelmäßigen Abständen die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt erneut zu überprüfen und den grundsicherungsrelevanten Mietspiegel fortzuschreiben. Das erstellte Konzept der Firma F + B GmbH ist bereits darauf ausgerichtet, dass eine laufende Wohnungsmarktbeobachtung und eine Anpassung an geänderte Verhältnisse jederzeit erfolgen kann. Seitens der Firma F + B GmbH wird eine Fortschreibung des Mietspiegels in einem regelmäßigen Abstand von 2 Jahren empfohlen. Finanzielle Auswirkungen: Keine Auswirkungen. Demografischer Wandel: Keine Auswirkungen. Inklusion: Keine Auswirkungen. In Vertretung Carsten Vetter Erster Kreisrat Anlagen: Übersicht über die Veränderung der angemessenen Unterkunftskosten nach Wohnungsgröße und Gemeinden Übersicht über die Veränderung der angemessenen Unterkunftskosten nach Wohnungsgröße und Gemeinden Wohnfläche der Wohnung und angemessene Größe für eine Bedarfsgemeinschaft von x Personen Gemeinde Aerzen Bad Münder Bad Pyrmont Coppenbrügge Hameln Hess. Oldendorf Salzhemmendorf > 50 m² bis ≤ 60 m² = 2 Pers. BG > 60 m² bis ≤ 75 m² = 3 Pers. BG > 75 m² bis ≤ 85 m² = 4 Pers. BG > 85 m² bis ≤ 95 m² = 5 Pers. BG jede weitere 15 m² pro weiterer Person bisher 292,00 € 352,00 € 424,00 € 490,00 € 561,00 € 66,00 € neu 320,00 € 332,00 € 439,00 € 447,00 € 467,00 € 49,00 € Wohngeld + 10 % 321,20 € 387,20 € 466,40 € 539,00 € 617,10 € 72,60 € bisher 308,00 € 380,00 € 451,00 € 523,00 € 600,00 € 72,00 € neu 305,00 € 346,00 € 423,00 € 479,00 € 479,00 € 50,00 € Wohngeld + 10 % 338,80 € 418,00 € 496,10 € 575,30 € 660,00 € 79,20 € bisher 308,00 € 380,00 € 451,00 € 523,00 € 600,00 € 72,00 € neu 308,00 € 336,00 € 426,00 € 468,00 € 538,00 € 57,00 € Wohngeld + 10 % 338,80 € 418,00 € 496,10 € 575,30 € 660,00 € 79,20 € bisher 292,00 € 352,00 € 424,00 € 490,00 € 561,00 € 66,00 € neu 300,00 € 339,00 € 417,00 € 472,00 € 528,00 € 56,00 € Wohngeld + 10 % 321,20 € 387,20 € 466,40 € 539,00 € 617,10 € 72,60 € bisher 292,00 € 352,00 € 424,00 € 490,00 € 561,00 € 66,00 € neu 305,00 € 352,00 € 432,00 € 498,00 € 499,00 € 53,00 € Wohngeld + 10 % 321,20 € 387,20 € 466,40 € 539,00 € 617,10 € 72,60 € bisher 308,00 € 380,00 € 451,00 € 523,00 € 600,00 € 72,00 € neu 325,00 € 380,00 € 456,00 € 499,00 € 548,00 € 58,00 € Wohngeld + 10 % 338,80 € 418,00 € 496,10 € 575,30 € 660,00 € 79,20 € bisher 292,00 € 352,00 € 424,00 € 490,00 € 561,00 € 66,00 € neu 305,00 € 370,00 € 377,00 € 452,00 € 471,00 € 50,00 € Wohngeld + 10 % 321,20 € 387,20 € 466,40 € 539,00 € 617,10 € 72,60 € bisher 292,00 € 352,00 € 424,00 € 490,00 € 561,00 € 66,00 € neu 375,00 € 393,00 € 414,00 € 495,00 € 495,00 € 45,00 € Wohngeld + 10 % 321,20 € 387,20 € 466,40 € 539,00 € 617,10 € 72,60 € Erläuterung der Bezeichnungen: bisher: bislang geltender Höchstbetrag für die im Rechtsbereich nach dem SGB II und dem SGB XII als angemessen anerkannten Unterkunftskosten neu: neuer Höchstbetrag für die angemessenen Unterkunftskosten bei Umsetzung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels Wohngeld + 10%: Höchstbetrag nach Rechtsprechung Bundessozialgericht, falls kein Mietspiegel vorliegt (nachrichtlich) Erhöhung des Höchstbetrages für angemessene Unterkunftskosten Verringerung des Höchstbetrages für angemessene Unterkunftskosten keine Veränderung Stand: 17.11.2014 Anlage zur Vorlage 136/2014-1 Emmerthal ≤ 50 m² = 1 Pers. BG