KlangReisen im Solitär

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KlangReisen im Solitär
KlangReisen im Solitär
Internationaler Kammermusikzyklus 2014/15
Konzerte jeweils 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum Salzburg
Mirabellplatz 1, 5020 Salzburg
SOLITÄR © Christian Schneider
KONZERTKALENDER
KlangReisen im Solitär 2014/15
OKTOBER 2014
MÄRZ 2015
Fr, 24.10.2014
STREICHERSERENADE
Werke von Nino Rota, Johann Sebastian Bach und Pjotr I. Tschaikowski
Pierre Amoyal, Violine / Camerata de Lausanne
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Do, 26.3.2015
BACH, RHYTHM AND MORE
Groovig, rhythmische Arrangements und Originalwerke
für Percussion solo und Ensemble
Peter Sadlo, Andreas Csok, Claudio Estay, Simone Rubino,
Kiril Stoyanov, Schlagzeug
NOVEMBER 2014
Seite 30
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Fr, 21.11.2014
ERSTER PREISTRÄGER MOZARTWETTBEWERB 2014,
SPARTE STREICHQUARTETT Werke von Wolfgang A. Mozart,
Alban Berg und Felix Mendelssohn Bartholdy
Novus String Quartet
Young-Uk Kim, Violine / Jaeyoung Kim, Violine /
Seungwon Lee, Viola / Woong Whee Moon, Violoncello
Seite 10
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DEZEMBER 2014
APRIL 2015
Fr, 24.4.2015
VOKALSPHÄREN
Klangspuren von Palestrina bis U2 A-cappella-Musik am Puls ihrer Zeit
Vokalensemble „Hohes C“
Leitung: Moritz Guttmann
Seite 36
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MAI 2015
Mi, 10.12.2014 IN DULCI JUBILO
Werke von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy,
Anton Bruckner, Francis Poulenc, Shane Woodborne (UA) u. a.
Kammerchor der Universität Mozarteum Salzburg
Leitung: Herbert Böck
Do, 21.5.2015
EIN FLÖTENFEST
Italienische und deutsche Musik des Barock
Dorothee Oberlinger, Maurice Steger, Blockflöten
Marco Testori, Barockcello, Florian Birsak, Cembalo
Seite 14
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Seite 42
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JÄNNER 2015
JUNI 2015
Fr, 9.1.2015
ROBERT UND CLARA SCHUMANNS WIDMUNG
Lieder von Robert und Clara Schumann nach Gedichten
von Friedrich Rückert und Heinrich Heine
Sophie Mitterhuber, Sopran / Thérèse Lindquist, Klavier /
Niklas Maienschein, Sprecher
Mi, 3.6.2015
CELLOMANIA
Werke von Carlo Gesualdo, Gaetano Donizetti, Maurice Ravel u. a.
Enrico Bronzi, Giovanni Gnocchi, Clemens Hagen sowie
Studierende ihrer Klassen, Violoncello
Seite 48
Seite 20
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KLASSISCHE HARMONIE
Freitag, 24. Oktober 2014, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
STREICHERSERENADE
PIERRE AMOYAL, Violine
CAMERATA DE LAUSANNE
Nino Rota Concerto per archi (1965)
(1911-1979) Preludio. Allegro ben moderato e cantabile
Scherzo. Allegretto comodo
Aria. Andante quasi adagio
Finale. Allegrissimo
Johann Sebastian Bach Konzert für 2 Violinen und Streicher d-Moll,
(1685–1750) BWV 1043 (um 1720)
Vivace
Largo ma non tanto
Allegro
Pierre Amoyal, Violine
Andrey Baranov, Violine
Sinziana Alexandru, Cembalo
--- Pause ---
Pjotr Iljitsch Serenade für Streichorchester C-Dur, op. 48 (1880)
Tschaikowski
Pezzo in forma di sonatina: Andante non troppo (1840–1893)Allegro moderato
Valse: Moderato - Tempo di Valse
Elegia: Larghetto elegiaco
Finale (Tema russo): Andante - Allegro con spirito
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Der Mailänder Nino Rota, eigentlich Giovanni Rota Rinaldi, der Enkel eines berühmten
Pianisten und selber ein Klavier-Wunderkind, studierte unter anderem bei Alfredo Casella,
war später Direktor des Konservatoriums von Bari und Lehrer von Größen wie Riccardo Muti.
Als vielseitiger Komponist von Opern, Orchester- und Kammermusik war er ein feinsinniger
Neoklassizist. Noblesse, Eleganz und eingängige Melodik zeichnen seine Stücke ebenso aus
wie rhythmische Prägnanz und traditionelle, meisterhaft beherrschte Harmonik. Dies sind
alles Eigenschaften, welche in der Blütezeit der seriellen Avantgarde nach 1945 Rotas Ruhm
als „seriöser“ Komponist behinderten, besonders was die Rezeption im Feuilleton betraf.
Neben seinem „klassischen“ Oeuvre hat Rota nicht weniger als rund 150 Filmmusiken, die zu
den besten ihrer Art gehören, geschaffen. Nicht nur für seinen Freund Federico Fellini („La
Strada“, „La dolce vita“ u.v.a.) und für andere bedeutende italienische Regisseure wie Luchino
Visconti („Rocco und seine Brüder“) oder Franco Zeffirelli („Romeo und Julia“), auch für den
Italoamerikaner Francis Ford Coppola hat er gearbeitet – die Partitur zum Mafia-ZelluloidEpos „Der Pate“ brachte Rota einen Oscar ein, der ihm kurioserweise wieder aberkannt
wurde, da das Hauptthema ein Eigenzitat aus „Fortunella“ war. Rotas Meinung dazu hätte
zweifellos auch Bach geteilt: „Es gibt keine Plagiate in der Musik. Das musikalische Material
ist gemeinsamer Besitz. Wenn es jemand nimmt und sich zu Eigen macht, ist er seinem
Vorgänger nichts weiter als Dank schuldig.“
Das „Concerto per archi“ (Konzert für Streicher) folgt klassischen Vorbildern, wie schon die
Satzbezeichnungen verraten. Das barocke Concerto grosso stand ebenfalls Pate für eine
phantasievolle Musik, die zum Beispiel im Mittelteil des Preludios auch aus Strawinskys
neuklassischer Phase stammen könnte. Dieser dissonant gewürzte Abschnitt kontrastiert zu
einer melancholischen Melodie, welche Rota zuvor kunstvoll durch die Stimmen wandern
lässt. Ein geistvolles Scherzo, eine vom romantischen italienischen Opernbelcanto inspirierte,
schwärmerische Aria und ein brillantes Allegrissimo-Finale machen das Concerto auch in der
Folge zu einem sinnesfrohen Hörvergnügen.
Seine Violinkonzerte schrieb Johann Sebastian Bach während seiner weltlichen Tätigkeit
am aufgeklärten Hof zu Köthen in den Jahren 1717 bis 1723. Wie alle Instrumentalkonzerte
des Meisters sind sie gleichsam die Erfüllung und Zusammenfassung des italienischen
Concertos, wie wir es vor allem von Vivaldi kennen, mit der Kunst des strengen Kontrapunkts.
Bach verschiebt aber die Gewichtung etwas von den vorherrschenden Solo-Instrumenten
und der „dienenden“ Begleitung hin zu einem stärkeren Miteinander von Solo und Tutti. So
sind diese Konzerte, abgesehen von ihrer inspirierten Melodik und mitreißenden Rhythmik,
ganz wesentliche Bindeglieder zwischen Barock und Klassik.
Das Konzert für 2 Violinen und Streichorchester in d-Moll ist ungemein dicht gewebt, dabei
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sind aber die Themen plastisch, oft deklamierend und harmonisch faszinierend farbenreich.
Die beiden Solostimmen sind absolut gleichberechtigt und führen mit jeweils eigenen Themen
spannende Dialoge, wobei das begleitende Orchester mitunter bereits zum Partner wird.
Nach dem kunstvollen ersten Satz folgt das berühmte Largo, ein hymnisch wirkender, weit
gesponnener Gesang der Violinen im 12/8tel-Takt, im schwebenden Rhythmus des pastoralen
„Sicilianos“, mitunter spannend ausgewogen zwischen stimmungsvoll sich breitenden Bögen
und lebhaften Verzierungen. Im stürmischen, vitalen Finalsatz zeigt Bach, dass er durchaus
auch über urwüchsigen Humor und echtes Temperament verfügt, freilich immer eingebunden
in streng konzipierte, unverwechselbar in sich ruhende Form. Neu und zwingend ist der Schluss
des Konzerts: die drei Unisono-Takte von Solovioline und 1. Violine im Orchester, welche am
Ende des Ritornells am Beginn stehen, kehren am Ende wieder, ebenso im letzten Takt die
absteigende Treppentonleiter des Anfangs – ein wirkungsvolles, bereits „klassisches“ Finale.
Eines der raren Stücke, die Pjotr Iljitsch Tschaikowski von einer weniger tragischen Seite
zeigen als üblich, ist die Streicherserenade in C-Dur. Romantischer Ausdruck verbindet sich
darin mit virtuos eingesetzten Rokokogesten und mit der klassischen Form einer Serenade
des über alles geliebten Mozart. Die eigenständige, unwiderstehliche Kraft der sofort ins Ohr
gehenden Tschaikowski-Melodie und das slawische Kolorit sind aber ebenso bestimmend wie
in der unmittelbar danach entstandenen 5. Symphonie. An seine Gönnerin Nadeshda von
Meck schrieb Tschaikowski im Oktober 1880, nach der Fertigstellung der Komposition: „Ich
habe die Serenade aus innerem Antrieb geschrieben. Dieses Werk ist erfühlt und darum, wie
ich zu hoffen wage, von innerem Wert.“ Tschaikowski hat wohl kaum jemals Musik ohne
innerste Emotionen geschrieben, doch sollte man darüber die harmonische Meisterschaft
und Kreativität des Komponisten nie übersehen. Die Streicherserenade, wohl die populärste
ihrer Art, wurde noch im Oktober 1880 in einem Privatkonzert im Moskauer Konservatorium
uraufgeführt. Dessen damaligem „Inspektor“, dem aus dem deutschen Elberfeld stammenden
Cellisten und Komponisten Konstantin Karlowitsch Albrecht, ist das Werk gewidmet. Am 30.
Oktober 1881 folgte in St. Petersburg die vom Publikum bejubelte offizielle Uraufführung.
Die Einleitung des ersten Satzes beschwört eine gleichsam in schweren Brokat gehüllte barocke
Lebensfreude, ehe charmantes Geplauder „in forma di sonatina“ den weiteren Verlauf bestimmt.
Der Schluss kehrt zur Einleitung zurück. Der folgende edel parfümierte Walzer erinnert an die
bedeutenden Ballettmusiken Tschaikowskis. Die Elegie ist der emotionale Kern der Serenade;
bewundernswert, wie der Komponist dabei den Charakter des von unstillbarer Sehnsucht
erfüllten Hauptthemas und den im Grunde zarten Serenadenton des Satzes in der Waage halten
kann. Wiederum verhalten, mit einer schwermütigen russischen Volksweise, beginnt das Finale,
ehe ein geradezu übermütiger Volkstanz in hellere Regionen des Empfindens zurückführt, am
Ende das Barockthema des ersten Satzes zitierend und gekrönt von einer feurigen Stretta.
Gottfried Franz Kasparek
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PIERRE AMOYAL
Pierre Amoyal spielte mit den größten Dirigenten und
Orchestern in den wichtigsten Konzertsälen der Welt. Er
ist glücklicher Besitzer einer der schönsten Violinen, die je
gebaut wurden: der berühmten „Kochanski“, einer Stradivari,
die ihm 1987 gestohlen wurde und die vier Jahre später auf
wunderbare Weise durch die italienischen Carabinieri wieder
gefunden wurde.
Geboren 1949 in Paris, beendete Pierre Amoyal mit nur zwölf Jahren seine Studien am
Pariser Conservatoire mit dem ersten Preis. Danach ging er nach Los Angeles, wo er bei dem
legendären Jascha Heifetz studierte. Diese fünf intensiven gemeinsamen Jahre kulminierten
in Kammermusikkonzerten und Schallplattenaufnahmen mit dem Cellisten Gregor Piatigorski.
Im Alter von 22 Jahren machte er sein Europa-Debüt mit Sir Georg Solti und dem Orchestre
de Paris, dem Auftritte in allen großen europäischen Hauptstädten und ebenso in den USA,
in Kanada, Mexiko, Südamerika und im Fernen Osten folgten. Er spielte unter der Leitung der
berühmtesten Dirigenten der letzten Jahrzehnte wie von Karajan, Ozawa, Boulez, Maazel,
Solti, Prêtre, Sanderling, Roshdestvensky, Rattle und Mung Whun Chung.
Seinem ersten Auftritt mit den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan in Berlin
folgten zahlreiche weitere Aufführungen mit diesem Orchester, eingeschlossen die deutsche
Erstaufführung des Violinkonzerts von Henri Dutilleux unter Lorin Maazel. 1985 machte er
sein Recital-Debüt in der New Yorker Carnegie Hall, das außerordentliche Bewunderung der
Kritiker hervorrief.
Für das Label Decca spielte der Künstler zahlreiche CDs ein, darunter Kompositionen von
Fauré, Chausson und Franck sowie die Violinkonzerte von Dutilleux, Saint-Saëns und
Respighi. Jüngere Aufnahmen brachte er bei Harmonia Mundi heraus, z.B. Griegs drei Sonaten
und die Violinsonaten von Brahms mit Frederic Chiu sowie René Koerings Violinkonzert mit
Friedemann Layer.
Pierre Amoyal war der jüngste Musiker, der je zum Professor am Pariser Conservatoire
ernannt wurde. Nach seinem Umzug in die Schweiz unterrichtete er am Konservatorium
Lausanne, wo er eine neue Musikakademie initiierte, die dem Violine-Klavier-Repertoire
gewidmet ist und die er jährlich zusammen mit Pavel Gililov gestaltet.
Seit März 2013 unterrichtet er als Professor für Violine an der Universität Mozarteum
Salzburg.
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CAMERATA DE LAUSANNE
Die Camerata de Lausanne hat mehrere CDs aufgenommen, zuletzt erschien bei Warner
Music eine Einspielung von Tschaikowskis Streicherserenade und „Souvenir de Florence“
sowie Mozarts Sinfonia Concertante und Concertone.
Von Pierre Amoyal gegründet, setzt sich die Camerata de Lausanne aus talentierten jungen
Musikern zusammen, die ohne Dirigenten und im Stehen spielen. Seit 2002 trat das Ensemble
in wichtigen europäischen Musikzentren wie Paris (Théâtre des Champs-Elysées und Palais
des Invalides), Mailand (Sala Verdi), Moskau (Tschaikowski Konzertsaal und International
House of Music) sowie Amsterdam (Concertgebouw) auf. Das Kammerorchester spielte
darüber hinaus in Damas, Beirut, Catania, Pointe à Pitre, Fort de France, Singapur, Macao,
Bangkok sowie Shanghai und unternahm Gastspielreisen durch Russland, Japan, Korea,
Italien und Frankreich.
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit verbindet die Camerata de Lausanne mit der Opéra de
Lausanne: so begleitete das Ensemble die Bühnenwerke „Le petit Ramoneur“ von Benjamin
Britten, „Le Directeur de Théâtre“ von W.A. Mozart, „La Canterina“ von Joseph Haydn und „Le
Chat Botté“ von Xavier Montsalvage unter dem Dirigat von Pierre Amoyal. Neuen Projekten
immer aufgeschlossen gegenüberstehend, vergrößert das Ensemble sein Repertoire stetig.
So gab es wiederholt gemeinsame Produktionen mit anderen Orchestern, Tanzkompanien
und Jugendtheatern.
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DISSONANZEN DES LEBENS
Freitag, 21. November 2014, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
ERSTER PREISTRÄGER MOZARTWETTBEWERB 2014
SPARTE STREICHQUARTETT
NOVUS STRING QUARTET
Young-Uk Kim, Violine
Jaeyoung Kim, Violine
Seungwon Lee, Viola
Woong Whee Moon, Violoncello
Wolfgang Amadé Mozart Streichquartett C-Dur, KV 465
(1756–1791)
(„Dissonanzenquartett“, 1785)
Adagio - Allegro
Andante cantabile
Menuetto. Allegro - Trio
Allegro molto
Alban Berg
Lyrische Suite für Streichquartett (1925/26)
(1885–1935) Allegretto gioviale
Andante amoroso
Allegro misterioso - Trio estatico
Adagio appassionato
Presto delirando - Tenebroso
Largo desolato
--- Pause --Felix Mendelssohn
Streichquartett f-Moll, op. 80 (1847)
Bartholdy Allegro vivace assai
(1809-1847) Allegro assai
Adagio
Finale. Allegro molto
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Die Anerkennung, welche Joseph Haydn, vom jüngeren Kollegen zutiefst verehrt, ja als
„zweiter Vater“ bezeichnet, Wolfgang Amadé Mozart zollte, war eine große und selbstlose.
Dem „ersten Vater“ Leopold Mozart gegenüber bezeichnete er 1785 nach einer Wiener
Privat-Aufführung der letzten drei der sechs ihm gewidmeten Quartette den jungen Freund
als „den größten Componisten, den ich von Person und von Namen nach kenne; er hat
Geschmack, und überdieß die größte Compositionswissenschaft.“ Die Reinschrift der letzten
der so genannten „Haydn-Quartette“ Mozarts, des „Dissonanzenquartetts“ in C-Dur, entstand
offenbar in überaus konzentrierter Arbeit. Jedenfalls trug es Mozart am 14. Jänner 1785,
nur wenige Tage nach der Fertigstellung des vorhergegangenen A-Dur-Quartetts, in sein
Verzeichnis ein. Möglich ist allerdings, dass der Komponist sich damit bereits in der Endphase
der Arbeit am Vorläuferstück beschäftigt hat. Gleich in der für Mozart neuen langsamen
Einleitung tauchen kühne, experimentelle Sequenzen auf. Allerdings sind es weniger die
an der Wende zur frühen Romantik durchaus üblichen Dissonanzen, welche die bis heute
wirksame Modernität des Werks ausmachen und Mozarts Zeitgenossen mitunter verstörten,
sondern die intensive Chromatik und die Tatsache, dass der Komponist sich erst zu Beginn des
Allegro-Teils auf die Tonart C-Dur festlegt. Dramatik und Leidenschaft bestimmen den ersten
Satz, die festliche Tonart wird gleichsam „hinterfragt“. Schwermütige Gedanken erfüllen das
folgende Andante - verinnerlichte Klangpoesie, die aber in reiner klassischer Form ruhevoll
dahinströmt. Im Menuett verblüffen radikale Wechsel zwischen Piano und Forte. Der
maßvolle höfische Tanz wird zeitweilig temperamentvoll beschleunigt. Das Rondo-Finale
steckt ebenfalls voller Überraschungen. Die in Schlusssätzen übliche Fröhlichkeit will sich
nicht recht einstellen. Unvermutete Pausen und jäh aufbrechende Dunkelheiten schaffen
ständige Unruhe. Die Emotionalität der Aussage steht in scharfem Kontrast zum eigentlich
fröhlichen C-Dur. Mozart geht hier einen Weg, der direkt in die Moderne führt.
„Und mein Schicksal bist Du“ schrieb Alban Berg im Juli 1925 an Hanna, die Schwester des
Dichters Franz Werfel und Frau des mit Berg befreundeten Prager Industriellen Herbert FuchsRobettin. Die unerfüllte Liebe zwischen zwei Menschen wurde in der „Lyrischen Suite“ in
Musik gefasst, in ebenso radikaler wie zutiefst berührender Weise, anders und doch ähnlich
wie in „Tristan und Isolde“. Eine legalisierte Verbindung schien nicht möglich. Die Liebenden
schrieben einander aber zehn Jahre lang glühende Liebesbriefe, die nicht der Post, sondern
„Postillions d’amour“ anvertraut wurden. Einer davon war Theodor W. Adorno, der die Sache
eher nüchtern betrachtete und an Bergs Frau Helene schrieb, dass Berg Hanna „weit mehr
liebte, um die lyrische Suite schreiben zu können, als dass er die lyrische Suite um der Liebe
willen schrieb.“ Dies trifft jedoch keineswegs den Tonfall der erst 1975 von Constantin Floros
aufgearbeiteten Liebesbriefe. Noch 1934 heißt es da: „Jetzt bin ich wieder so ‚gesund’, dass ich
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weiterhin einsam bleiben kann. Aber am 20. Mai 1935 – am unvergesslichen Jahrestag – musst
Du so stark an mich denken, dass das Gefühl der Einsamkeit für Augenblicke schwindet.“
Die Analyse des am 28. Jänner 1927 in Wien uraufgeführten Werks beweist das Programm
einer Musik, die lange für absolut gehalten wurde. Hannas Initialen H und F umschlingen
sich im musikalischen Material mit A und B, besonders deutlich zu Beginn des dritten
Satzes. Dass das Werk offiziell Alexander Zemlinsky gewidmet wurde, hat weniger mit
der Hochschätzung des Kollegen, sondern mehr mit dessen „Lyrischer Symphonie“ nach
Texten Rabindranath Tagores zu tun – die Zitate „Du bist mein Eigen …“, „Du, die in meinen
endlosen Träumen wohnt“ und „Lass Liebe in Erinn’rung schmelzen und Schmerz in Lieder“
werden in den Sätzen 2 bis 4 über 20 Mal verarbeitet. Natürlich darf der von Berg geliebte
„Tristan“ nicht fehlen, der im abschließenden Largo desolato den Liebestod-Ton angibt.
Die Suite besteht zwar aus Themen und Motiven, die aus einer Zwölftonreihe gewonnen
wurden, doch erlaubte sich Berg, so er selbst an Webern, „zwischendurch Rückfälle“. Die
zwölftönigen und freien Abschnitte werden zu einer vollkommenen Einheit. Der heitere erste
Satz und das Andante amoroso mit einem veritablen Ländler in der Mitte schildern wohl die
schönen Seiten der erwachenden Liebe, ehe das gespenstische, nervöse Allegro misterioso zu
beunruhigend insistierenden Klängen führt, unterbrochen durch ein jähes Trio estatico. Zum
emotionalen Höhepunkt werden das von wilder Sehnsucht erfüllte Adagio appassionato und
das kühn experimentierende, schlaflose Presto delirando. Unter die Skizze der Melodielinie
des Finalsatzes schrieb Berg eine Gedichtzeile von Charles Baudelaire: „Zu Dir, Du einzig
teure, dringt mein Schrei aus tiefster Schlucht, darin mein Herz gefallen.“
Felix Mendelssohns Streichquartett in f-Moll, op. 80 ist ein erschütterndes Requiem
für die am 14. Mai 1847 in Berlin plötzlich verstorbene, hochbegabte Schwester des
Komponisten, Fanny Hensel-Mendelssohn (geb. 1805), mit der ihn eine tiefe innere
Beziehung verbunden hatte. Gemeinsam hatten die Geschwister die Welt der Kunst entdeckt,
ja mitunter sogar gemeinsam komponiert. Fanny war völlig unerwartet in Abwesenheit des
auf einer Konzerttournee in England befindlichen Bruders einem Schlaganfall während einer
Probe seiner Kantate „Die erste Walpurgisnacht“ erlegen. In „unsäglicher Trauer“ konnte der
Bruder zunächst nur „mechanische Arbeiten“ erledigen, doch im Sommer suchte er Trost
in der geliebten Natur, in Interlaken in der Schweiz, wo er sein expressives, in völlig neue
Ausdruckswelten vordringendes letztes Streichquartett schuf. Er konnte es nur mehr im
privaten Kreis hören, denn die Uraufführung mit dem Quartett von Joseph Joachim fand erst
ein Jahr nach seinem Tod am 4. November 1848 in Leipzig statt. Tiefe Trauer und Düsternis
durchziehen den unruhevollen ersten Satz, Lieblingsmotive Fannys werden verarbeitet, wild
zerklüftet, wie ein Aufschrei, ist der zweite, ein Scherzo. Auf den berührenden Klagegesang
des Adagios folgt das hoch emotionale, doch gleichsam formal gebändigte Finale.
Gottfried Franz Kasparek
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NOVUS STRING QUARTET
Seit seiner Gründung im Jahr 2007
an der Korea National University
of Arts zählt das Novus String
Quartet zu einem der bedeutendsten
Kammermusik-ensembles in Korea.
In Europa sorgten die vier Herren
erstmals 2012 für Furore, als sie
sich beim renommierten ARD
Musikwettbewerb den 2. Preis in der
Kategorie Streichquartett erspielten.
Im Februar 2014 krönte sich das
Ensemble dann mit dem 1. Preis beim Internationalen Mozartwettbewerb Salzburg in der
Kategorie Streichquartett unter dem Juryvorsitz von Lukas Hagen.
Seinen ersten Erfolg feierte das Quartett bereits ein Jahr nach seiner Gründung bei der
International Chamber Music Competition Osaka in Japan, wo es den dritten Platz belegte.
Eine weitere internationale Auszeichnung erhielten die jungen Musiker beim KammermusikWettbewerb in Lyon 2009, bei dem sie ebenfalls den dritten Platz belegten. Die internationalen
Preise brachten dem Novus Quartet auch in seiner Heimat große Anerkennung. Seither
füllt das Quartett die internationalen Konzertsäle und begeistert Publikum und Kritiker
gleichermaßen.
Im Jahr 2010 schaffte es das Streichquartett als erstes Kammermusikensemble in die Liste
der vielversprechenden Musiker des Jahres, die jährlich vom Musikmagazin „Auditorium“
veröffentlicht wird.
2011 begannen die Koreaner ihr Quartettstudium an der Hochschule für Musik und Theater
München bei Christoph Poppen und Hariolf Schlichtig. Werke von Dutilleux, Mozart,
Beethoven, Schubert oder Haydn gehören zu ihrem festen Repertoire.
Zu den jüngsten Auftritten des Novus String Quartet zählen unter anderem Konzerte beim
Haydn Musik Festival, im Salle Molière Lyon, im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie
sowie bei den Schwetzinger Festspielen und der Carnegie Hall in New York im Jahr 2013.
Eine Tour durch Lateinamerika im Rahmen des „Credomatic International Music Festival“
mit Konzerten u. a. in El Salvador, Costa Rica und Panama zog große Aufmerksamkeit der
Medien auf sich.
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Mittwoch, 10. Dezember 2014, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
Der Kammerchor wird nun zum zweiten Mal nach Bilbao/Spanien eingeladen. Lassen sich die
Programmvorstellungen des spanischen Konzertveranstalters mit den eigenen Wünschen
überhaupt verbinden?
IN DULCI JUBILO
KAMMERCHOR DER UNIVERSITÄT MOZARTEUM SALZBURG
Leitung: HERBERT BÖCK
Jan Pieters Sweelinck
(1562-1621)
Hodie Christus natus est
Johann Sebastian Bach
(1685-1750)
Lobet den Herrn, alle Heiden
Felix Mendelssohn Bartholdy
(1809–1847)
Magnificat
Anton Bruckner
(1824–1896)
Ave Maria
Virga Jesse
Giuseppe Verdi
(1813–1901)
Ave Maria
Francis Poulenc
Quatre motets pour le temps de Noël
(1899–1963) O magnum mysterium
Quem vidistis pastores dicite
Videntes stellam
Hodie Christus natus est
Shane Woodborne
(* 1963)
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GEDANKEN ZUM KONZERT „IN DULCI JUBILO“
In dulci jubilo
(Uraufführung)
Da sprechen Sie gleich einen wunden Punkt an. Tatsächlich hat Bilbao unser Programm
nicht so angenommen, wie wir es vorgeschlagen haben. Es wollte eine „more popular“
Variante von einem Weihnachtskonzert, weil das Stammpublikum am Ende dieser beliebten
Konzertreihe Werke hören möchte, die es kennt und wo es wirklich mitsingen kann. Daher
werden wir das Konzert in Bilbao nicht wie in Salzburg mit einer Uraufführung beenden,
sondern stattdessen „Stille Nacht“ in baskischer Sprache und als Zugabe das ganz berühmte
baskische Weihnachtslied „Begona’ko Amaren Ereserkia“ singen. Dieses kennt im Baskenland
wirklich jeder, es werden also alle mitsingen..
Zum zweiten Mal hat der Kammerchor einen Kompositionsauftrag für eine Uraufführung
vergeben, diesmal an den Salzburger Komponisten Shane Woodborne. Freuen sich die
Chorsänger über eine solche Herausforderung oder kann man sich damit als Dirigent auch
ein Eigentor schießen?
Das weiß man im Vorhinein nie. Als ehemaliger Solooboist des Radio-Symphonieorchesters
Wien bin ich da ein gebranntes Kind. Die meisten Werke, die wir spielen mussten, spielten
wir mit großem Widerwillen. Vor allem aber haben wir oft überhaupt nicht das gespielt, was
in den Noten stand, sondern uns eine bequemere Fassung zurechtgelegt. Die Komponisten
wurden erst zur Generalprobe zugelassen und wenn sie nach der Generalprobe etwas sagen
wollten, wurden sie vom Orchester „niederapplaudiert“, sodass sie am Ende gar nichts mehr
sagen konnten. Oft bemerkten sie aber auch nicht einmal, dass wir etwas ganz anderes
spielten und so flog der Schwindel nie auf. Heute hat sich das Gott sei Dank geändert.
Ich finde, es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben als Dirigenten, immer eine Sensibilität
dafür zu bewahren, welche zeitgenössischen Komponisten so komponieren, dass die
überwältigende Mehrheit unseres ausführenden Ensembles, sei es nun ein Kammerchor
oder ein Orchester, hinter dem Werk steht. Das ist in meinen Augen das entscheidendste
Kriterium. Und das merkt auch das Publikum. Natürlich kann ein Komponist nie wissen, wie
sein Werk von den Ausführenden aufgenommen wird. Aber es kann wohl auch nicht so sein,
dass die Frage, wie das Werk von den Ausführenden verstanden wird, einem Komponisten
völlig egal ist. Natürlich gibt es auch solche Komponisten, aber die interessieren einen
Dirigenten, für den eine positive Arbeitsatmosphäre lebensnotwendig ist, eben nicht.
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Warum haben Sie für das Konzert des Kammerchores gerade dieses Programm ausgewählt?
Ich bin immer wieder erstaunt zu beobachten, welche Leidenschaft gerade die Kammerchorsänger alter Musik entgegenbringen. In den ersten beiden Werken habe ich dem
Rechnung getragen: wir eröffnen das Konzert mit einer Fanfare, dem berühmten „Hodie
Christus natus est“ von Sweelinck. Auf die Bach Motette „Singet dem Herrn“ des vergangenen
Jahres folgt heuer die Bach Motette „Lobet den Herrn, alle Heiden“, ein Werk, auf das sich
jeder Chorsänger freut. Felix Mendelssohn Bartholdy hat nicht nur Bach wieder aufgeführt,
sondern leitet mit seinem „Magnificat“, einem großartigen Spätwerk, in die Romantik
über. Als österreichischer Chor im Ausland Anton Bruckner zu singen ist geradezu eine
Verpflichtung: sein berühmtes „Ave Maria“ und sein vorweihnachtliches „Virga Jesse“ stellen
wir dem nicht weniger berühmten „Ave Maria“ Giuseppe Verdis gegenüber. Francis Poulencs
„Quatre motets pour le temps de Noël“ gehören wohl zu den eindrucksvollsten A-cappellaWerken der Chorliteratur. Wir beenden das Konzert mit der Uraufführung „In dulci jubilo“ des
Salzburger Komponisten Shane Woodborne.
Welches sind die für Sie wichtigsten Kriterien, um im Kammerchor singen zu können?
Da gibt es eine Reihe von Kriterien, die gegeben sein müssen. Zum Ersten natürlich die
Qualität der Stimme, die in das Klangbild passen muss. Stimmen mit zu großem Vibrato
beispielsweise können die Homogenität des Klanges einer Stimmgruppe völlig zerstören.
Zweitens ist es wichtig, dass die Studierenden stimmtechnisch schon so weit ausgebildet
sind, dass sie die stimmlichen Herausforderungen bewältigen können. Daher muss jeder
Kammerchorsänger eine solide gesangliche Ausbildung hinter sich haben und auch noch
aktiv bei einem Gesangslehrer unterrichtet werden. Anders gesagt: wenn jemand gerade
mit gravierenden technischen Grundproblemen kämpft, so sollte er diese zuerst mit seinem
Gesangslehrer im Einzelunterricht lösen, bevor er im Kammerchor singt.
Drittens ist ganz entscheidend, dass jeder einzelne Sänger absolut selbstständig und sicher
nicht nur die richtigen Töne singt, sondern auch fähig und bereit ist, diese in Klangfarbe,
Intonation, Dynamik, Phrasierung, Artikulation etc. in die Stimmgruppe und in den gesamten
Chor zu integrieren. Solisten, die nie in einem ausgezeichneten Kammerchor oder Ensemble
gesungen haben, können das sehr oft nicht einmal innerhalb eines Quartetts, was – um ein
berühmtes Beispiel zu nennen – im Solistenquartett des Finalsatzes der 9. Symphonie von
Beethoven immer wieder zu unfreiwilliger Komik führt.
Viertens sollte jeder Sänger gut und sicher vom Blatt lesen, weil die Proben ja nicht dazu
da sind, allen die Töne einzupauken, sondern es wichtig ist, dass von der ersten Probe weg
musikalisch gearbeitet werden kann.
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Last but not least ist es auch eine charakterliche Auslese insofern, als man vor allem jene
Sängerinnen und Sänger auswählt, denen man zutraut, dass sie ihr ganzes Können zu
hundert Prozent in der Probe einsetzen und sich selbst ganz in den Dienst dieser Aufgabe
stellen. Eitle Selbstverwirklicher sind nicht unbedingt gefragt.
Was lernen die Studierenden, wenn sie im Kammerchor des Mozarteums singen?
Wir halten die Zahl der Sängerinen und Sänger im Kammerchor deshalb ganz bewusst klein,
damit jeder maximale Verantwortung spürt und trägt. Jeder lernt also, einerseits selbstständig
und sicher zu singen, andererseits aber gleichzeitig immer zuzuhören, wie denn die eigene
Stimmgruppe gerade klingt und seine eigene Stimme in dieses Klangbild so zu integrieren,
dass ein homogener Gesamtklang daraus resultiert. Agieren und reagieren müssen also in
eine gute Balance gebracht werden. Dieses Integrieren der eigenen Stimme passiert aber
nicht nur im klanglichen Bereich, sondern auch in der eng damit zusammenhängenden
Intonation, in der gemeinsamen Dynamik, Phrasierung, Artikulation, Rhythmik, ja in allen
Parametern einer lebendig gestalteten Interpretation.
Warum legt der Kammerchor seinen Schwerpunkt auf das A-cappella-Singen?
Es gibt keine bessere Schulung für einen Kammerchor als das A-cappella-Singen. Nur hier
können die wichtigsten Qualitätskriterien in optimaler Weise trainiert werden. Singt ein Chor
längere Zeit mit Orchester, so ist es unumgänglich, mit ihm wieder das A-cappella-Singen zu
trainieren. Das ist so etwas wie ein regelmäßig notwendiger Gesundheitstest, deshalb ist ja
auch die Intonationsstabilität so etwas wie das Fieberthermometer eines Chores.
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HERBERT BÖCK
Herbert Böck erhielt seine erste musikalische Ausbildung
als Wiener Sängerknabe unter den Professoren Großmann
und Gillesberger, im Anschluss studierte er an der Wiener
Musikuniversität Dirigieren, Oboe, Tonsatz und Musikerziehung.
1982 erhielt er den Würdigungspreis des Bundesministeriums
für Unterricht, Kunst und Kultur und 1985 den Förderungspreis
des Landes Niederösterreich. Von 1985 bis 1989 wirkte er als
Solooboist des RSO Wien.
Als künstlerischer Leiter des Concentus Vocalis erlangte er sehr
früh Bekanntheit und Auszeichnungen bei internationalen
Wettbewerben, darunter den 1. Preis in der Kategorie Kammerchor und – als bisher einziger
österreichischer Chor – den Gesamtsieg im Wettbewerb der European Broadcasting Union
in Helsinki 1987. Von 1989 bis 1998 war er künstlerischer Leiter der Wiener Singakademie
mit Dirigierverpflichtung am Wiener Konzerthaus, wo er u.a. Bachs „Johannespassion“, einen
Zyklus mit Oratorien von Händel, Martins „Golgotha“, Honeggers „Le Roi David“, Orffs „Carmina
Burana“ sowie Kagels „St. Bach-Passion“ leitete. Seit 1989 hat er die Chefdirigentenposition
des Wiener Jeunesse Orchesters inne. Mit diesem Klangkörper gewann er 1998 in Moskau
den 1. Preis beim Wettbewerb Internationaler Jugendorchester im Rahmen des „World Youth
Music Forum“.
Seit 1995 ist Herbert Böck Professor für Chor- und Ensembledirigieren an der Universität
Mozarteum Salzburg. Seine Dirigententätigkeit führte zur Zusammenarbeit u.a. mit
dem Bläserensemble der Wiener Philharmoniker, dem Mozarteumorchester Salzburg,
Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester, Orchestra Santa Cecilia di Roma, Orchestre
Philharmonique de Radio France, Rundfunkorchester Budapest, RIAS-Kammerchor Berlin,
Berliner Rundfunkchor, MDR-Chor Leipzig und WDR-Chor Köln. 1997 erhielt er eine
Einladung der Den Norske Opera Oslo und 1998 des Oslo Philharmonic Orchestra. Mit beiden
Orchestern verbindet ihn eine regelmäßige Zusammenarbeit, die u.a. zu einer Produktion
von Mozarts „Zauberflöte“ an der Den Norske Opera Oslo und zu Aufführungen von Bachs
h-Moll-Messe mit dem Oslo Philharmonic Orchestra führte. 2001 Debut beim Göteborg
Symphony Orchestra und beim Malmö Symphony Orchestra, 2002 beim Trondheim
Symphony Orchestra, 2004 beim Stavanger Symphony Orchestra. 2007 Einladung des
Orchestra Sinfonica Giuseppe Verdi di Milano, 2009, 2010, 2012, 2013, 2015 und 2016 des
Tromso Symphony Orchestra Norwegen. Neben regelmäßigen Konzerten mit dem Wiener
Jeunesse Orchester im Großen Musikvereinssaal und im Großen Konzerthaussaal in Wien
dirigierte er im Konzerthaus am Gendarmenmarkt Berlin und 2013 im Atheneum Bukarest.
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2007 gründete Herbert Böck den Kammerchor der Universität Mozarteum, der alljährlich
ein Konzert im Zyklus „KlangReisen“ im Solitär gestaltet und 2013 und 2014 zu A-cappellaKonzerten nach Bilbao/Spanien eingeladen wurde.
KAMMERCHOR DER UNIVERSITÄT MOZARTEUM SALZBURG
Der Kammerchor der Universität Mozarteum wurde 2007 gegründet, um die attraktivsten
A-cappella-Werke in kleiner Besetzung auf höchstmöglichem künstlerischen Niveau zu
erarbeiten. Seither gestaltet der Kammerchor regelmäßig Konzerte im Solitär des Mozarteums
(„Webern pur“ mit dem Hagen Quartett, „Mendelssohn-Nacht“, „Barock-Nacht“ etc.). 2010
führte eine Einladung den Kammerchor nach Slovenj Gradec, den Geburtsort Hugo Wolfs
in Slowenien, wo anlässlich dessen 150. Geburtstags ein Gedenkkonzert veranstaltet wurde,
das im Slowenischen Fernsehen übertragen wurde.
2012 wurde der Kammerchor von Lukas Hagen eingeladen, erstmals in dem neu gegründeten
Zyklus „KlangReisen“ im Solitär aufzutreten, was von Publikum und Presse begeistert
aufgenommen wurde und zu einer Wiedereinladung im selben Zyklus im Dezember 2013
und 2014 führte. Im März 2013 trat der Chor seine erste Konzertreise nach Bilbao/Spanien
an, wo er in der bis zum letzten Platz gefüllten „Iglesia de la encarnacion“ ein umjubeltes
A-cappella-Konzert sang (Mendelssohn, Bruckner, Wolf, Mahler, Verdi, Busto, Nystedt). Eine
weitere Konzertreise nach Bilbao folgt im Dezember 2014.
Studierende aller Abteilungen können sich durch Vorsingen für die Aufnahme qualifizieren.
Die Plätze sind begehrt: pro Stimmgruppe werden nur sechs bis sieben Sängerinnen und
Sänger aufgenommen, um maximales Verantwortungsgefühl des Einzelnen zu fördern. Für
Herbert Böck sind Hauptkriterien für die Aufnahme: Qualität der Stimme, Mischfähigkeit
mit anderen Stimmen, Intonationssicherheit, Fähigkeit des prima-vista-Singens, sowie eine
mehrjährige Erfahrung in sehr guten Kammerchören.
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Freitag, 9. Jänner 2015, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
ROBERT UND CLARA SCHUMANNS WIDMUNG
SOPHIE MITTERHUBER, Sopran
THÉRÈSE LNDQUIST, Klavier
NIKLAS MAIENSCHEIN, Sprecher
Robert Schumann (1810-1856) und Clara Schumann (1819-1896)
Gedichte von Friedrich Rückert (1788-1866) und Heinrich Heine (1797-1856)
Robert Schumann
Aus „Myrten“, op. 25
Widmung (Rückert)
Lesung I:
Brief von Robert an Clara, 11. Februar 1838
Robert Schumann
Aus „Liederkreis“, op. 24 (Heine)
Morgens steh ich auf und frage
Ich wandelte unter den Bäumen
Lieb Liebchen, leg‘s Händchen aufs Herze mein
Schöne Wiege meiner Leiden
Berg‘ und Burgen schaun herunter
Anfangs wollt ich fast verzagen
Mit Myrten und Rosen
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Lesung II:
Brief von Robert an Clara, 2. Januar 1838
Brief von Clara an Robert, 18. Januar 1838
Robert Schumann
Aus „Myrten“, op. 25
Aus den östlichen Rosen (Rückert)
Die Lotosblume (Heine)
Was will die einsame Träne? (Heine)
Lieder der Braut I „Mutter, Mutter!“ (Rückert)
Lieder der Braut II „Lass mich ihm am Busen hangen“ (Rückert)
Lesung III:
Brief von Robert an Clara, 14. April 1838
Brief von Clara an Robert, 1. Januar 1840
Robert und Aus „Liebesfrühling“, op. 37 (Rückert)
Clara Schumann
Er ist gekommen in Sturm und Regen (Clara)
O ihr Herren (Robert)
Liebst du um Schönheit (Clara)
Ich hab in mich gesogen (Robert)
Warum willst du andre fragen (Clara)
Lesung IV:
Tagebucheinträge von Clara aus dem Zeitraum
vom 10. Februar bis 12. September 1854
Clara Schumann
Aus „Sechs Lieder“, op. 13
Ich stand in dunklen Träumen (Heine)
Sie liebten sich beide (Heine)
Ich hab in deinem Auge (Rückert)
Lesung V:
Brief von Robert an Clara, 14. September 1854
Robert Schumann
Requiem, op. 90 Nr. 7 (Altes katholisches Gedicht)
Der Himmel hat eine Träne geweint, op. 37 Nr. 1 (Rückert)
Zum Schluss, op. 25 Nr. 26 (Rückert)
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LIEBE, EHE, RESIGNATION
Clara und Robert Schumann bilden das berühmteste Künstler-Liebespaar der Romantik.
Der Kampf mit Claras Vater, dem tyrannischen Klavierlehrer Friedrich Wieck, die in Briefen
und Tagebüchern dokumentierte Ehe, die nicht frei von Misshelligkeiten, aber von tiefer
Liebe erfüllt war, Roberts tragisches Ende in der Nervenheilanstalt und Claras Weiterleben
als Pianistin, Mutter und Lebens-Freundin des Johannes Brahms – all dies bewirkt bis zum
heutigen Tag eine mannigfaltige Rezeption in Büchern und Theaterstücken. Es liegt nahe,
Lieder von Robert und Clara mit deren Texten zu verknüpfen. Robert Schumanns Bedeutung
als Komponist, Musikschriftsteller und wesentlicher Meister des Lieds nach Schubert steht
außer Zweifel. Weniger bekannt ist, dass Clara Schumann, eine Starpianistin ihrer Zeit und
eine Vorkämpferin weiblicher Musikausübung in der Öffentlichkeit, als Komponistin ein
schmales, qualitätsvolles Werk hinterlassen hat. Neben einem Klavierkonzert und Kammermusik beinhaltet dieses Gesänge, welche zum Teil in Zyklen des Gatten eingeflossen sind.
Die Auswahl der Lieder dieses Abends gilt zwei literarischen Hausgöttern der Schumanns. Der oft
unterschätzte, jedoch von Komponisten bis hin zu Gustav Mahler geliebte Franke Friedrich Rückert
war nicht nur ein Autor gut sangbarer Liebes- und Naturlyrik, sondern auch der Begründer der
deutschen Orientalistik und ein wesentlicher Übersetzer aus dem Persischen und Arabischen.
Der aus jüdischer Kaufmannsfamilie stammende Düsseldorfer Heinrich Heine, der in seinen
Lebensdaten das Geburtsjahr Schuberts mit dem Todesjahr Schumanns verbindet, zählt zu den
wirkungsmächtigsten Autoren der deutschen Dichtung, als Poet des oft ironisch gebrochenen
Schmerzes an Liebe und Gesellschaft, als revolutionärer Geist und Emigrant in Paris.
Fast alle Lieder dieses Programms stammen aus Robert Schumanns „Liederjahr“ 1840. Er
komponierte ja meist in Blöcken, zunächst nur für Klavier, dann für Gesang, später gab es
Perioden der Kammermusik oder Symphonie. Am 12. September 1840 konnten Clara und Robert
in der Dorfkirche von Schönefeld bei Leipzig endlich den Bund der Ehe schließen. Der Zyklus
„Myrten“ lag da schon ein halbes Jahr vor, war der „geliebten Braut“ gewidmet und wurde dieser
am Hochzeitstag feierlich übergeben. Das emphatische Lied „Widmung“ hatte schon Rückert
1821 seiner Braut dediziert. Dass die Endungen der Verse des Dichters in einem bestimmten
Rhythmus abwechselnd männlich und weiblich sind, ist kein Zufall. Schon vor den „Myrten“
war der Liederkreis op. 24 entstanden. Die Texte aus Heines „Junge Leiden“ stellte Schumann so
zusammen, dass sich eine kleine Liebesgeschichte ergibt. Auf das „Liebchen“ wird sehnsüchtig
gewartet, Einsamkeit und Abschied erscheinen in poetischer Verklärung. Details wie der
melodische Stoßseufzer am Ende des latent hoffnungslosen Lieds von der Vergeblichkeit des
Wartens, „Morgens steh ich auf und frage“, die von pathetischen Klaviertönen umkreiste sanfte
Trauer beim Wandeln unter den Bäumen, die beklemmend nachgezeichneten Herzschläge
in „Lieb Liebchen“ und die in der „schönen Wiege“ der Liebesleiden völlig gleichberechtigte
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Klavierstimme zeigen frühe Meisterschaft. Der Volksliedton der Rheinfahrt „Berg’ und Burgen
schaun herunter“ bringt Resignation und Trost, gefolgt vom lapidaren Schlussstrich „Anfangs
wollt ich fast verzagen“ und dem versöhnlichem Epilog „Mit Myrten und Rosen“. Das Thema
der hoffenden Liebe kehrt in den „Myrten“ wieder. Spielerisch wird Rückerts Orient in den
„östlichen Rosen“ variiert. In Heines „Lotosblume“ trägt die Gesanglichkeit den Sieg über die
Wortdeklamation davon wie der Traum den über das Bewusstsein. Eine „einsame Träne“ Heines
führt zu den innigen Liedern der Braut.
Für den „Liebesfrühling“ op. 37 übernahm Robert zur Jahreswende 1840/41 Rückerts Originaltitel
für eine Sammlung, zu der Clara drei Kompositionen beisteuerte, welche an die lyrische Eleganz
des Freundes Mendelssohn erinnern, allerdings möglicherweise von Robert überarbeitet wurden.
Claras „Liebst du um Schönheit“ bietet eine feine Alternative zu Mahlers spätromantischer
Vertonung des wundersamen Textes. In Roberts „Ich hab in mich gesogen“ wird das innige
Klanggewebe der Begleitung aus einem einzigen ostinaten Motiv gewonnen. „Oh ihr Herren“,
die Bitte des armen Sängers an die Wohlhabenden, überrascht mit verinnerlichter Prägnanz.
Insgesamt erscheint der Zyklus, den man als Metapher einer glücklichen jungen Ehe bezeichnet
hat, als subtiler, kunstvoller Kontrast zu den leidenschaftlicher formulierten Gefühlen der „Myrten“.
Etwa in derselben Zeit, zu Weihnachten 1840, entstanden die vier Jahre später überarbeiteten
„Sechs Lieder op. 13“ Claras, von denen nun drei zu hören sind. Der kleine Zyklus fand zwar
die Anerkennung Roberts, doch wenig später schrieb er: „Clara hat eine Reihe von kleineren
Stücken geschrieben, in der Erfindung so zart und musikreich, wie es ihr früher noch nicht
gelungen. Aber Kinder haben und einen immer fantasierenden Mann und komponieren, geht
nicht zusammen (…).“ Die Probleme des Künstlerpaars werden hier offen angesprochen.
Immerhin förderte der Gatte die Herausgabe der Stücke. Clara komponierte danach zwar
noch ein bedeutendes Klaviertrio, aber sonst nur mehr Gelegenheitsstücke. Auch nach
Roberts Tod schrieb sie kaum noch etwas. Sie sah ihre Berufung in der „Reproduktion schöner
Werke“ und resümierte: „Ich glaubte einmal, das Talent des Schaffens zu besitzen, doch von
dieser Idee bin ich zurückgekommen. Ein Frauenzimmer muss nicht componieren wollen
- es konnte noch keine, sollte ich dazu bestimmt sein?“ Hört man heute die poesievolle
Melodik der Heine-Lieder „Ich stand in dunkeln Träumen“ und „Sie liebten sich beide“ sowie
der Rückert-Vertonung „Ich hab in deinem Auge“, bedauert man diese Resignation.
Im Finale dieses Konzerts erklingen nach dem späten „Requiem“ von 1850, in dem Robert
Schumann ein „altkatholisches Lied, als dessen Verfasserin Abälards Geliebte, Heloise, genannt
wird“ vertonte, ein Flehen um Ruhe vor den Stürmen der Leidenschaft, noch zwei RückertGesänge des „Liederjahrs“ 1840: „Der Himmel hat eine Träne geweint“, eine schlichte Meditation,
und „Zum Schluss“, ein verhaltener, leiser Ausklang dieser Reise in die Welt innersten Gefühls.
Gottfried Franz Kasparek
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SOPHIE MITTERHUBER
Die Salzburgerin Sophie Mitterhuber studierte an der Universität
Mozarteum Salzburg Gesang bei Horiana Branisteanu sowie Lied
und Oratorium bei Wolfgang Holzmair und schloss ihre Studien
2011 mit Auszeichnung ab. Weitere künstlerische Anregungen
erhielt sie u.a. von Kurt Widmer und KS Brigitte Fassbaender.
Neben dem Musiktheater widmet sich die Sopranistin mit
Leidenschaft dem Kunstlied, der Kammermusik sowie dem
Oratorium. Sie ist Solistin zahlreicher Ensembles und trat bereits
mit dem Mozarteumorchester Salzburg, der Camerata Salzburg
und beim Kammermusikfestival „Hagen Open“ auf Schloss Feistritz auf. Weiters musizierte
sie u.a. mit dem Ensemble Tobi Reiser sowie mit Herbert Schuch, Ernst Kovacic, Lukas Hagen
und Stefan Vladar.
Ihre bisherige Laufbahn als Opernsängerin führte sie an das Salzburger Landestheater, das
Stadttheater Regensburg, das Strauss-Festival in Garmisch Partenkirchen sowie an das
Tiroler Landestheater Innsbruck, wo sie seit der Saison 2010/2011 festes Ensemblemitglied
ist. Sie verkörperte u.a. Ilia in „Idomeneo“ von W.A. Mozart, Nanetta in G. Verdis „Falstaff“,
Constance in F. Poulencs „Dialogues des Carmélites“, Valencienne in F. Lehárs Operette „Die
lustige Witwe“, Beppi in „Stallerhof“ von G. Kühr und Norina in Donizettis „Don Pasquale“.
THÉRÈSE LINDQUIST
Thérèse Lindquist studierte Klavier und Kammermusik in ihrem
Heimatland Schweden und setzte ihr Liedstudium bei Dorothy
Irving und Paul Schilhawsky fort. Die mehrfach ausgezeichnete
Liedbegleiterin (u.a. 1. Preis beim Jenny-Lind-Wettbewerb) wirkte
bei zahlreichen Meisterkursen u.a. von Elisabeth Schwarzkopf,
Sena Jurinac, Helena Lazarska, Robert Holl und Silvia McNair
sowie bei internationalen Wettbewerben, wie dem Internationalen
Robert Schumann Wettbewerb und dem Internationalen
Mozartwettbewerb Salzburg als offizielle Klavierbegleiterin
mit. Sie konzertierte mit namhaften Künstlern wie Christian Altenburger, Camilla Nylund,
Christiane Karg und Wolfgang Holzmair. Diese Auftritte führten sie zu internationalen
Festivals, wie dem Heidelberger Frühling, dem Carinthischen Sommer, Allegro Vivo, Musik
vid Siljan und The Florida Festival of Fine Arts. In Zusammenarbeit mit dem Countertenor
Paul Esswood befasste sie sich intensiv mit der Aufführungspraxis Alter Musik.
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Thérèse Lindquist ist Professorin für Lied und Oratorium an der Universität Mozarteum
Salzburg und leitet Meisterkurse in Europa, Japan, Korea und den USA. Die National
Association of Teachers of Singing hat sie mehrmals eingeladen, Vorträge und Meisterkurse
an verschiedenen Universitäten der USA (Florida International University, Columbus State
University u. a.) zu geben.
Ihre preisgekrönte CD-Aufnahme mit Liedern von Josephine Lang mit Dana McKay, Sopran,
(Deutsche Schallplatten) wurde in Dieter Kühns Clara-Schumann-Biografie als „kleines
Meisterwerk“ gepriesen. Thérèse Lindquist begleitete Wolfgang Holzmair auf der CDAufnahme „Webern pur“ mit Liedern von Anton Webern (Institut für Neue Musik Salzburg)
sowie einer Aufnahme mit Kowalski-Liedern (Bridge Records) und Wunderhorn-Liedern (Col
legno). Für ihr Spiel wurde sie mit zahlreichem Kritikerlob bedacht.
NIKLAS MAIENSCHEIN
Niklas Maienschein, geboren 1992 in Frankfurt am Main, begann
seine Schauspielkarriere schon früh mit verschiedenen Rollen
im Frankfurter Papageno Musiktheater, so war er beispielsweise
als „Shanty“ in der szenischen Uraufführung des „Liverpool
Oratoriums“ von Paul McCartney zu sehen.
Nach seinem Abitur begann er im Frühjahr 2013 sein
Schauspielstudium an der Universität Mozarteum Salzburg
(Thomas Bernhard Institut). Während seines Studiums wirkte
er in verschiedenen Produktionen der Universität mit, u.a.
übernahm er eine Rolle in dem selbsterarbeiteten Stück „Put down this wild track, would
you?“, das auch im Rahmen des „Körber Studio Junge Regie“ am Thalia Theater Gaußstraße
in Hamburg aufgeführt wurde. Zuletzt stand er bei den Salzburger Festspielen in dem Stück
„36566 Tage“ unter der Leitung von Hans-Werner Krösinger auf der Bühne.
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Widmung
Du meine Seele, du mein Herz,
du meine Wonn‘, o du mein Schmerz,
Du meine Welt, in der ich lebe,
Mein Himmel du, darein ich schwebe,
o du mein Grab, in das hinab
Ich ewig meinen Kummer gab.
Du bist die Ruh, du bist der Frieden,
Du bist vom Himmel mir beschieden,
Dass du mich liebst, macht mich mir wert,
Dein Blick hat mich vor mir verklärt,
Du hebst dich liebend über mich,
mein guter Geist, mein bessres Ich!
Morgens steh’ ich auf und frage
Morgens steh’ ich auf und frage:
Kommt feins Liebchen heut?
Abends sink’ ich hin und klage:
Aus blieb sie auch heut.
In der Nacht mit meinem Kummer
Lieg’ ich schlaflos, wach;
Träumend, wie im halben Schlummer,
Träumend wandle ich bei Tag.
Ich wandelte unter den Bäumen
Ich wandelte unter den Bäumen
Mit meinem Gram allein;
Da kam das alte Träumen
Und schlich mir ins Herz hinein.
Wer hat euch dies Wörtlein gelehret,
Ihr Vöglein in luftiger Höh’?
Schweigt still! wenn mein Herz es höret,
Dann tut es noch einmal so weh.
„Es kam ein Jungfräulein gegangen,
Die sang es immerfort,
Da haben wir Vöglein gefangen
Das hübsche, goldne Wort.”
Das sollt ihr mir nicht mehr erzählen,
Ihr Vöglein wunderschlau;
Ihr wollt meinem Kummer mir stehlen,
Ich aber niemandem trau’.
Lieb’ Liebchen, leg’s Händchen aufs Herze mein
Lieb’ Liebchen, leg’s Händchen aufs Herze mein;
Ach, hörst du, wie’s pochet im Kämmerlein?
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Da hauset ein Zimmermann schlimm und arg,
Der zimmert mir einen Totensarg.
Es hämmert und klopfet bei Tag und bei Nacht;
Es hat mich schon längst um den Schlaf gebracht.
Ach! sputet euch, Meister Zimmermann,
Damit ich balde schlafen kann.
Schöne Wiege meiner Leiden
Schöne Wiege meiner Leiden,
Schönes Grabmal meiner Ruh’,
Schöne Stadt, wir müssen scheiden, Lebe wohl! ruf’ ich dir zu.
Oben Lust, im Busen Tücken,
Strom, du bist der Liebsten Bild!
Die kann auch so freundlich nicken,
Lächelt auch so fromm und mild.
Anfangs wollt’ ich fast verzagen
Anfangs wollt’ ich fast verzagen,
Und ich glaubt’, ich trüg’ es nie;
Und ich hab’ es doch getragen Aber fragt mich nur nicht, wie?
Mit Myrten und Rosen, lieblich und hold
Lebe wohl, du heil’ge Schwelle,
Wo da wandelt Liebchen traut;
Lebe wohl! du heil’ge Stelle,
Wo ich sie zuerst geschaut.
Mit Myrten und Rosen, lieblich und hold,
Mit duft’gen Zypressen und Flittergold,
Möcht’ ich zieren dies Buch wie ‘nen Totenschrein,
Und sargen meine Lieder hinein.
Hätt’ ich dich doch nie geseh’n,
Schöne Herzenskönigin!
Nimmer wär’ es dann geschehen,
Dass ich jetzt so elend bin.
O könnt’ ich die Liebe sargen hinzu!
Auf dem Grabe der Liebe wächst Blümlein der Ruh’
Da blüht es hervor, da pflückt man es ab, Doch mir blüht’s nur, wenn ich selber im Grab.
Nie wollt’ ich dein Herze rühren,
Liebe hab’ ich nie erfleht;
Nur ein stilles Leben führen
Wollt’ ich, wo dein Odem weht.
Hier sind nun die Lieder, die einst so wild,
Wie ein Lavastrom, der dem Ätna entquillt,
Hervorgestürtzt aus dem tiefsten Gemüt,
Und rings viel blitzende Funken versprüht!
Doch du drängst mich selbst von hinnen,
Bittre Worte spricht dein Mund;
Wahnsinn wühlt in meinen Sinnen,
Und mein Herz ist krank und wund.
Nun liegen sie stumm und totengleich,
Nun starren sie kalt und nebelbleich,
Doch aufs neu die alte Glut sie belebt,
Wenn der Liebe Geist einst über sie schwebt.
Und die Glieder matt und träge
Schlepp’ ich fort am Wanderstab,
Bis mein müdes Haupt ich lege
Ferne in ein kühles Grab.
Und es wird mir im Herzen viel Ahnung laut:
Der Liebe Geist einst über sie taut;
Einst kommt dies Buch in deine Hand,
Du süßes Lieb im fernen Land.
Berg’ und Burgen schaun herunter
Berg’ und Burgen schaun herunter
In den spiegelhellen Rhein,
Und mein Schiffchen segelt munter,
Rings umglänzt von Sonnenschein.
Dann löst sich des Liedes Zauberbann,
Die blassen Buchstaben schaun dich an,
Sie schauen dir flehend ins schöne Aug’,
Und flüstern mit Wehmut und Liebeshauch.
Aus den östlichen Rosen
Ruhig seh’ ich zu dem Spiele
Goldner Wellen, kraus bewegt;
Still erwachen die Gefühle,
Die ich tief im Busen hegt’.
Ich sende einen Gruß wie Duft der Rosen,
Ich send‘ ihn an ein Rosenangesicht.
Ich sende einen Gruß wie Frühlingskosen,
Ich send‘ ihn an ein Aug voll Frühlingslicht.
Freundlich grüßend und verheißend
Lockt hinab des Stromes Pracht;
Doch ich kenn’ ihn, oben gleißend,
Birgt sein Innres Tod und Nacht.
Aus Schmerzensstürmen, die mein Herz durchtosen,
Send‘ ich den Hauch, dich unsanft rühr‘ er nicht!
Wenn du gedenkest an den Freudelosen,
So wird der Himmel meiner Nächte licht.
Die Lotusblume
Die Lotusblume ängstigt
Sich vor der Sonne Pracht
Und mit gesenktem Haupte
Erwartet sie träumend die Nacht.
Der Mond, der ist ihr Buhle
Er weckt sie mit seinem Licht,
Und ihm entschleiert sie freundlich
Ihr frommes Blumengesicht,
Sie blüht und glüht und leuchtet
Und starret stumm in die Höh‘;
Sie duftet und weinet und zittert
Vor Liebe und Liebesweh.
Was will die einsame Träne
Was will die einsame Träne?
Sie trübt mir ja den Blick.
Sie blieb aus alten Zeiten
In meinem Auge zurück.
Sie hatte viel leuchtende Schwestern,
Die alle zerflossen sind,
Mit meinen Qualen und Freuden
Zerflossen in Nacht und Wind.
Wie Nebel sind auch zerflossen
Die blauen Sternelein,
Die mir jene Freuden und Qualen
Gelächelt ins Herz hinein.
Ach, meine Liebe selber
Zerfloss wie eitel Hauch!
Du alte, einsame Träne,
Zerfließe jetzunder auch!
Lied der Braut I
Mutter, Mutter glaube nicht,
weil ich ihn lieb‘ all so sehr,
dass nun Liebe mir gebricht,
dich zu lieben, wie vorher.
Mutter, Mutter! seit ich ihn liebe
lieb‘ ich erst dich sehr.
Lass mich an mein Herz dich zieh‘n,
und dich küssen, wie mich er!
Mutter, Mutter! seit ich ihn liebe,
lieb‘ ich erst dich ganz,
dass du mir das Sein verlieh‘n,
dass mir ward zu solchem Glanz.
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Lied der Braut II
Lass mich ihm am Busen hangen,
Mutter, Mutter! lass das Bangen.
Frage nicht: wie soll sich‘s wenden?
Frage nicht: wie soll das enden?
Enden? Enden soll sich‘s nie,
wenden? noch nicht weiß ich, wie!
Lass mich ihm am Busen hangen, lass mich!
Er ist gekommen in Sturm und Regen
Er ist gekommen
In Sturm und Regen,
Ihm schlug beklommen
Mein Herz entgegen.
Wie konnt‘ ich ahnen,
Daß seine Bahnen
Sich einen sollten meinen Wegen?
Er ist gekommen
In Sturm und Regen,
Er hat genommen
Mein Herz verwegen.
Nahm er das meine?
Nahm ich das seine?
Die beiden kamen sich entgegen.
Er ist gekommen
In Sturm und Regen.
Nun ist [entglommen]
Des Frühlings Segen.
Der Freund zieht weiter,
Ich seh‘ es heiter,
Denn [er bleibt mein] auf allen Wegen.
O ihr Herren
O ihr Herren, o ihr werten
großen reichen Herren all!
Braucht in euren schönen Gärten
ihr denn keine Nachtigall?
Hier ist eine, die ein stilles
Plätzchen sucht die Welt entlang.
Räumt mir eines ein, ich will es
euch bezahlen mit Gesang.
Liebst du um Schönheit
Liebst du um Schönheit,
O nicht mich liebe!
Liebe die Sonne,
Sie trägt ein gold‘nes Haar!
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Liebst du um Jugend,
O nicht mich liebe!
Liebe den Frühling,
Der jung ist jedes Jahr!
Liebst du um Schätze,
O nicht mich liebe.
Liebe die Meerfrau,
[Die] hat viel Perlen klar.
Liebst du um Liebe,
O ja, mich liebe!
Liebe mich immer,
Dich lieb‘ ich immerdar.
Ich hab‘ in mich gesogen
Ich hab‘ in mich gesogen,
Den Frühling treu und lieb,
Daß er, der Welt entflogen,
Hier in der Brust mir blieb.
Hier sind die blauen Lüfte,
Hier sind die grünen Au‘n,
Die Blumen hier, die Düfte,
Der blühende Rosenzaun.
Und hier am Busen lehnet
Mit süßem Liebes-Ach,
Die Liebste, die sich sehnet
Den Frühlingswonnen nach.
Sie lehnt sich an zu lauschen
Und hört in stiller Lust
Die Frühlingsströme rauschen
In ihres Dichters Brust.
Da quellen auf die Lieder
Und strömen über sie
Den vollsten Frühling nieder,
Den mir der Gott verlieh.
Und wie sie, davon trunken,
Umblicket rings im Raum,
Blüht auch von ihren Funken
Die Welt, ein Frühlingstraum.
Warum willst du and‘re fragen
Warum willst du and‘re fragen,
Die‘s nicht meinen treu mit dir?
Glaube nicht, als was dir sagen
Diese beiden Augen hier!
Glaube nicht den fremden Leuten,
Glaube nicht dem eignen Wahn;
Nicht mein Tun auch sollst du deuten,
Sondern sieh die Augen an!
Schweigt die Lippe deinen Fragen,
Oder zeugt sie gegen mich?
Was auch meine Lippen sagen,
Sieh mein Aug‘, ich liebe dich!
Ich stand in dunkeln Träumen
Ich stand in dunkeln Träumen
und starrte ihr Bildnis an,
und das geliebte Antlitz
Heimlich zu leben begann.
Um ihre Lippen zog sich
Ein Lächeln wunderbar,
Und wie von Wehmutstränen
Erglänzte ihr Augenpaar.
Auch meine Tränen flossen
Mir von den Wangen herab Und ach, ich kann‘s nicht glauben,
Daß ich dich verloren hab!
Sie liebten sich beide
Sie liebten sich beide, doch keiner
wollt‘ es dem andern gestehn;
sie sahen sich an so feindlich,
und wollten vor Liebe vergehn.
Sie trennten sich endlich und sah‘n sich
nur noch zuweilen im Traum;
sie waren längst gestorben
und wußten es selber kaum.
Ich hab‘ in deinem Auge
Ich hab‘ in deinem Auge den Strahl
Der ewigen Liebe gesehen,
Ich sah auf deinen Wangen einmal
Die Rosen des Himmels [stehen].
Und wie der Strahl im Aug‘ erlischt,
Und wie die Rosen zerstieben,
Ihr Abglanz, ewig neu erfrischt,
Ist mir im Herzen geblieben.
Und niemals werd‘ ich die Wangen sehn
Und nie in‘s Auge dir blicken,
So werden sie mir in Rosen stehn
Und es den Strahl mir schicken.
Requiem
Ruh‘ von schmerzensreichen Mühen
Aus und heißem Liebesglühen;
Der nach seligem Verein
Trug Verlangen,
Ist gegangen
Zu des Heilands Wohnung ein.
Dem Gerechten leuchten helle
Sterne in des Grabes Zelle,
Ihm, der selbst als Stern der Nacht
Wird erscheinen,
Wenn er seinen
Herrn erschaut im Himmelspracht.
Seid Fürsprecher, heil‘ge Seelen,
Heil‘ger Geist, laß Trost nicht fehlen;
Hörst du? Jubelsang erklingt,
Feiertöne,
[Drein] die schöne
Engelsharfe [also singt]:
Ruh‘ von schmerzenreichen Mühen
Aus und heißem Liebesglühen;
Der nach seligem Verein
Trug Verlangen,
Ist gegangen
Zu des Heilands Wohnung ein.
Der Himmel hat eine Thräne geweint
Der Himmel hat eine Thräne geweint,
Die hat sich in‘s Meer zu verlieren gemeint.
Die Muschel kam und schloss sie ein:
Du sollst nun meine Perle sein.
Du sollst nicht vor den Wogen zagen,
Ich will hindurch dich ruhig tragen.
O du mein Schmerz, du meine Lust,
Du Himmelsträn‘ in meiner Brust!
Gieb, Himmel, daß ich in reinem Gemüthe
Den reinsten deiner Tropfen hüte.
Zum Schluss
Hier in diesen erdbeklomm‘nen
Lüften, wo die Wehmut taut,
Hab‘ ich dir den unvollkomm‘nen
Kranz geflochten, Schwester, Braut!
Wenn uns droben Aufgenomm‘nen
Gottes Sohn‘ entgegenschaut,
Wird die Liebe den vollkomm‘nen
Kranz uns flechten, Schwester, Braut.
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Donnerstag, 26. März 2015, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
BACH, RHYTHM AND MORE
Schlagzeug: PETER SADLO,
ANDREAS CSOK, CLAUDIO ESTAY,
SIMONE RUBINO, KIRIL STOYANOV
Johann Sebastian Bach
(1685-1750)
Preludio aus der Partita E-Dur für Violine, BWV 1006
Bearbeitung für Percussionensemble (Arr.: P. Laurence)
Johann Sebastian Bach 1. Satz aus dem Italienischen Konzert F-Dur, BWV 971
Bearbeitung für Percussionensemble (Arr.: P. Sadlo/C. Vera)
Mark Glentworth (*1960)
Blues for Gilbert
Percussionensemble (Arr.: C. Vera)
Kiril Stoyanov (*1985)
Madrigal and Bulgarian Dance
Marimba solo und Percussionensemble
Peter Sadlo Variations on Fuga C2
(*1962)Set-up solo
Libor Sima The blues thing
(*1967)Marimbaquartett
Didier Benetti
(*1960)
Johann Sebastian Bach
Piazzolino-1
Vibraphon solo und Percussionensemble (Arr.: K. Stoyanov)
Johann Sebastian Bach Präludium c-Moll, BWV 847
aus dem Wohltemperierten Klavier I
Bearbeitung für Percussionensemble (Arr.: P. Laurence)
3. Satz aus dem Italienischen Konzert F-Dur, BWV 971
Bearbeitung für Percussionensemble (Arr.: P. Sadlo/C. Vera)
Chick Corea Spain
(*1941)Percussionensemble
--- Pause ---
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PETER SADLO
einer der bekanntesten Schlagzeuger seiner Generation, trat bereits mit Klangkörpern wie
dem RSO Berlin, dem SWR Orchester, den Nürnberger Philharmonikern, der Staatskapelle
Rheinland-Pfalz, der Staatskapelle Weimar, dem Sinfonieorchester Basel, dem Orchestra
RAI und den Sinfonieorchestern von Peking, Nagoya und Tokio auf. Er arbeitete dabei mit
den Komponisten Luciano Berio, Sofia Gubaidulina, Hans Werner Henze, Luigi Nono, Ferran
Cruixan und Moritz Eggert zusammen, die auch Stücke für Peter Sadlo schrieben. Auf der
Bühne stand er bereits mit Musikern wie Martha Argerich, Gábor Bodoczki, Gidon Kremer
und Alice Sara Ott. CDs erschienen mehrfach unter den Labeln Deutsche Grammophon, EMI,
Teldec, Thorofon, Koch-Schwann und Cavalli. Einen ECHO Klassik erhielt Sadlo für seine CD
Percussion in Concert. Darüber hinaus gewann er bei internationalen Wettbewerben 1. Preise
wie z.B. beim Concours International in Genf und beim ARD Musikwettbewerb in München.
Bereits als 20jähriger wurde er Solopauker bei den Münchner Philharmonikern. In dieser
Position, die er 15 Jahre ausübte, beeinflusste Sergio Celibidache den jungen Schlagzeuger
nachhaltig. Peter Sadlo unterrichtet als Professor an der Hochschule für Musik und Theater
München und am Mozarteum Salzburg.
ANDREAS CSOK
trat bereits mit zahlreichen Ensembles und Orchestern in Deutschland, Luxemburg, Ungarn,
Italien und Österreich auf. Er nahm zudem mehrfach an Meisterklassen bei Peter Sadlo in
Lichtenberg und München teil und studierte Jazz Schlagzeug an der Hochschule für Musik
und Theater München. Csok gewann mehrere Preise in Deutschland, unter anderem bei
Jugend musiziert. Darüber hinaus war er Mitglied des Bayerischen Jugend Jazzorchesters.
Workshops führten ihn zu Randy Brecker, Robby Armeen, Billy Cobham, Dave Weckl, Carola
Grey und Jiggs Whigham.
CLAUDIO ESTAY
geboren in Santiago de Chile, studierte Schlagzeug am Konservatorium an der „Universidad
de Chile“ und an der Hochschule für Musik und Theater München bei Franz Bach, Raymond
Curfs und Peter Sadlo. 1996-1999 spielte er im Philharmonischen Orchester von Santiago, im
Sinfonieorchester und im Kammerorchester von Chile sowie dem Sinfonieorchester „Simon
Bolivar“ in Caracas, Venezuela. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit der volkstümlichen
lateinamerikanischen Musik und vertiefte bei einem einjährigen Aufenthalt in Brasilien seine
Kenntnisse in Samba, Bossa nova und den landestypischen Instrumenten.
Als Schlagzeuger im Mahler Chamber Orchestra konzertierte er in Deutschland, Frankreich,
Italien und Spanien. In Deutschland spielt er u.a. beim Symphonieorchester des Bayerischen
Rundfunks, der Bayerischen Staatsoper München, dem SWR Symphonieorchester Stuttgart
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und dem Luzern Festival Orchestra unter Dirigenten wie Zubin Mehta, Kent Nagano, Lorin
Maazel und Heinz Holliger. Er ist festes Mitglied in Peter Sadlos Schlagzeugensemble „Sadlo
and friends“. Solistische und kammermusikalische Projekte führen ihn zusammen mit Li Biao
regelmäßig in den asiatischen Raum. Neben der klassischen Musik ist er auch im Jazzsektor
zu Hause und war bereits mehrfach beim Burghausener Jazz-Festival zu hören.
2004-2011 war er Solopauker der Hofer Symphoniker, seit September 2010 ist er
Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik und Theater München.
SIMONE RUBINO
studierte in seiner Heimatstadt Turin am Konservatorium Giuseppe Verdi. Er setzte seine
Studien bei Peter Sadlo in München fort und gewann einige internationale Preise wie z.B. den
internationalen Marimba-Wettbewerb in Salzburg und den Universal Marimba Wettbewerb
in Belgien. Als Solist trat er bereits mit dem Orchester RAI in Turin und mit dem Orchester
der Accademia di Pinerolo auf. Im kammermusikalischen Bereich arbeitete Rubino mit dem
Percussion Quartett Out of time zusammen. Er war darüber hinaus Stipendiat von DE SONO
und CRT Music Talent Masters und arbeitete bereits im Studio mit Elektromantic Music und
Naïve zusammen.
KIRIL STOYANOV
Solo-Schlagzeuger und zweiter Pauker der Salzburger Philharmonie, ist einer der bekanntesten
bulgarischen Percussionisten. Er gewann mehrere Wettbewerbe und Preise (u.a. 1. Preis beim
internationalen Wettbewerb junger Solisten und 3. Preis beim internationalen MarimbaWettbewerb in Salzburg). Als Solist trat er bereits mit dem Slowakischen Radio Orchester und
dem FM Klassik Radio Orchester Sofia auf. Er studierte Schlagzeug in der Klasse von Peter
Sadlo am Mozarteum Salzburg und an der Pancho Vladigerov Musikakademie in Bulgarien.
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DIE LUST AM ARRANGEMENT
Die Musikgeschichte kennt viele Beispiele für Originale, die in Bearbeitungen oder
Arrangements, in Paraphrasen oder Variationen Furore gemacht haben. Ein Programm,
welches Stücke der Gegenwart für Percussionsensemble mit solchen Johann Sebastian
Bachs verbindet, bezieht seine Legitimation von einem Großmeister der Neufassung. In der
Zeit Bachs war es völlig normal, Werke anderer Komponisten in einen anderen textlichen
oder harmonischen Kontext zu stellen, von eigenen ganz zu schweigen. Ohne Kontrafaktur
und Parodieverfahren wäre die Musik um viele Farben ärmer. Die Vivaldi-Aneignungen des
Thomaskantors sind dafür überzeugende Beispiele. Doch auch in der Neuen Musik unserer
Zeit, im Jazz und im Musical gibt es überzeugende Arrangements, wobei die Grenzen zwischen
Zitat, Uminstrumentierung und Übermalung oft fließend sind. Den Klischees romantischen
Geniekults konnten nicht einmal dessen Protagonisten entsprechen. Nie war jede Melodie,
war jedes Motiv von einem Komponisten, ausgedacht im stillen Kämmerlein oder von der
Muse auf der Blumenwiese inspiriert. Sogar ein Richard Wagner stellte das alte „Dresdener
Amen“ in das Zentrum seiner „Parsifal“-Partitur, wie es vor ihm schon Felix Mendelssohn
Bartholdy in seiner Reformationssymphonie getan hatte. Die „fremden Federn“ führten in
beiden Fällen zu unverwechselbar eigenen Klängen.
Wenn die Schlagzeugsolisten dieses Abends Bach für ihr Instrumentarium arrangieren, dann
wandeln sie in den Spuren eines Mozart oder Max Reger, eines Ferruccio Busoni oder Jacques
Loussier – die Grenzen zwischen so genannter „ernster“ und „unterhaltsamer“ Musik werden
gerade durch Bearbeitungen immer wieder und erfreulicher Weise aufgehoben. Was zählt,
ist weniger die perfekte Treue zum Original, die ja auch im Falle der bloßen notengetreuen
Wiedergabe eines solchen nur in Annäherungswerten möglich ist. Was zählt, ist der gute
Geschmack, mit dem dies geschieht, was letztlich wiederum im Ermessen des jeweiligen
Publikums liegt. Eine „Verjazzung“ der dies geradezu provozierenden barocken Rhythmik
kann großes Vergnügen bereiten, aber ebenso in seichte Untiefen führen. Die Simplifizierung
von Schubert-Liedern ergibt schöne, im besten Sinne volkstümliche Chorsätze, sollte jedoch
nicht den Blick auf die diffizilen Originale verstellen. Ein Abenteuer bleibt es allemal, große
Musik neu zu fassen. Auch in diesem Fall urteilt die Zeit. Was kennen wir heute noch von
den Dutzenden Bearbeitungen populärer Meisterwerke, welche diese in der Vergangenheit
für die Hausmusik oder für virtuose Zwecke spielbar, erfahrbar machten? Kann es sein, dass
manch pfiffige, einfühlsame, mitunter sogar Strukturen offen legende Version zu Unrecht
vergessen wurde, weil sie nicht gerade von Mozart, Mahler oder Schönberg stammt? Die
Welt der Musik ist kein abgegrenztes, in sich geschlossenes System, sondern ein offenes
Experimentierfeld, womit nicht plumpen Plagiaten Tür und Tor geöffnet sein sollte, sehr
wohl aber lustvollen Neudeutungen und sinnreichen Varianten.
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Werfen wir kurze Blicke auf die Stücke dieses Programms, so finden wir zwischen den BachPreziosen, über deren verschiedene Arrangements man Bände schreiben könnte, eine Reihe
von Komponisten unserer Zeit, die allesamt auch bedeutende Interpreten sind. Der englische
Percussionist Mark Glentworth war Mitglied etlicher britischer Symphonieorchester und des
von Sir Peter Maxwell Davies geleiteten Ensembles „The Fires of London“, dirigierte selbst aber
auch die Aufnahme der Rockoper „Resurrection“ im Jahre 1994. Mark Glentworth schrieb
den „Blues for Gilbert“ ursprünglich für Vibraphon solo und widmete ihn seinem plötzlich
verstorbenen Lehrer Gilbert Webster. Anfangs spiegelt sich die Betroffenheit über diese
Nachricht wider. Im Mittelteil beschreibt er gemeinsame Erlebnisse, die bei weitem nicht immer
traurig waren. Am Ende jedoch spürt man die Resignation darüber, dass etwas geschehen
ist, was man nicht mehr rückgängig machen kann. Der „Blues“ wurde zum Weltschlager der
Schlagzeuger. Viele andere Kompositionen von Glentworth, darunter ein Operneinakter nach
Oscar Wilde, „The Nighntingale And The Rose“, harren ihrer kontinentalen Entdeckung – ein
Schicksal, das sie mit einer Menge spannender britischer Musik des 20. Jahrhunderts teilen.
Peter Sadlo braucht hier wohl nicht näher vorgestellt zu werden, er zeigt sich mit einem
eigenen „Set-up Solo“ als grandioser Herr der Schlägel. Mit dem heutzutage oft allzu sehr
verachteten Zauber der Wiederholung spielt das folgende Stück des 1960 geborenen Didier
Benetti. Er ist Solopauker des Orchestre Nationale de France und als Dirigent und Spezialist
der französischen Paukenschule international tätig. Piazzolino ist ein sehr kleiner Platz, aber
auch eine Fläche für den Abschlag beim Golfen. Im Kyrill Stoyanovs Arrangement ersetzt das
Percussionsensemble das Klavier, welches in Benettis Original das Vibraphon begleitet.
Ensemble-Mitglied und Arrangeur Kyrill Stoyanov zeigt sich nach den nächsten BachExzerpten gleich auch als Komponist, der Jüngste des Abends, mit einem Stück, welches
Themen seiner bulgarischen Heimat aufgreift. Ohne Volksmusik und deren Spiegelung in der
Kunstmusik ist die Entwicklung der Letzteren nicht denkbar – auch darüber könnte man Bände
schreiben. Und war das erste menschliche Instrument nicht doch ein Schlaginstrument? Ein
Stück geformtes Holz, ein behauener Stein vielleicht? Der Schreiber dieser Zeilen vertritt
diese These, bei aller Liebe zur Flöte, die meist als Urinstrument gedacht wird.
Der aus Tschechien stammende Solofagottist des RSO Stuttgart, Libor Šíma, vertritt in
diesem Programm mit seinem den unsterblichen Blues huldigendem Marimbaquartett das
unbearbeitete Original. Gleiches gilt für Chick Corea, der wie Šíma und alle Komponisten
und Spieler dieses Konzerts zu den Grenzgängern zwischen „E“- und „U“-Musik zählt. Denn
der amerikanische Miterfinder des Jazzrock spielt auch gern hin und wieder ein MozartKonzert. Sein dem Flamenco naher Jazzstandard „Spain“ liegt in etlichen eigenhändigen
Versionen vor. Und Bach? Zu dessen Lebzeiten wäre kein Mensch auf die Idee gekommen,
ernste und unterhaltsame Musik zu trennen. Ist dies bloß schöne Vergangenheit oder nicht
viel mehr erstrebenswerte Zukunft?
Gottfried Franz Kasparek
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MORITZ GUTTMANN IM INTERVIEW MIT HENNING PANKOW
Freitag, 24. April 2015, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
VOKALSPHÄREN
Klangspuren von Palestrina bis U2 A-cappella-Musik am Puls ihrer Zeit
VOKALENSEMBLE „HOHES C“
Leitung: MORITZ GUTTMANN
Johannes Forster, Tenor
Johannes Schmidhuber, Tenor
Bernhard Ainz, Bariton
Tobias Widhalm, Bariton
Tobias Kremshuber, Bariton
Benjamin Sattlecker, Bass
Florian Schneider, Bass
Herr Guttmann, zunächst noch einmal nachträglich herzlichen Glückwunsch zum Gewinn
des World Choir Champion 2014. Was bedeutet so ein Erfolg für Sie persönlich, welche Folgen
beschert der Triumph dem Vokalensemble?
Es ist vor allem eine unglaublich positive Rückmeldung und eine Art Belohnung für intensive
Probenarbeit und einen doch sehr hohen Zeitaufwand, den jeder neben seiner Ausbildung oder
dem Beruf erbringen muss. Da erreicht man schon manchmal die Grenzen des Machbaren.
Einer der besten Chöre im internationalen Vergleich zu sein, erfüllt einen doch mit ein
wenig Stolz, wenngleich Wettbewerbe in der Musik auch immer kritisch zu betrachten
sind. Dennoch gibt es durchaus objektiv vergleichbare Kategorien, und da muss ein Chor in
dieser Momentaufnahme Leistung bringen. Wenn die Musik dann auch noch die Herzen der
Zuhörer erreicht, ist es umso erfüllender. Nur zweimal konnte dieser Titel nach Österreich
geholt werden und dann gleich zweimal nach Salzburg („Voices Unlimited“ 2006, „Hohes C“
2014).
Doch zurück zu den Anfängen: Was oder wer hat Sie zur Chormusik gebracht, woher kommt
Ihre Begeisterung dafür und wie kam es zur Gründung des Vokalensembles „Hohes C“?
Die Stimme ist jenes Instrument, das jeder mit sich trägt. Es war eigentlich meine musikpädagogische Aufgabe im Schulbereich, die mir den Wert des chorischen Singens vor Augen
führte. Theoretisch erarbeitete Themenbereiche in die Praxis umzusetzen, die Musik also
erlebbar zu machen, führt an der Stimme in der Arbeit mit Jugendlichen kaum vorbei.
Schon Georg Philipp Telemann meinte:
„Singen ist das Fundament zur Musik in allen Dingen.
Wer die Composition ergreifft, muß in seinen Sätzen singen.
Wer auf Instrumenten spielt, muß des Singens kündig seyn.
Also präge man das Singen jungen Leuten fleißig ein.“
Die Sänger des „Hohen C“ haben sich bereits in ihrer Schulzeit im Borromäum als Ensemble
formiert und konzertieren nun, erweitert mit Kollegen, in dieser Besetzung seit etwa zwei
Jahren. Das Singen in der Kleingruppe ist im Borromäum ein Grundpfeiler der Chorausbildung.
Im Vokalensemble kann jeder Sänger individueller betreut werden, vor allem in der Zeit des
Stimmwechsels. Stimmtechnische Hinweise, Klangästhetik, Intonation und Interpretation, all
diese Bereiche sind im Großchor nicht immer ausreichend individualisierbar, da verschwindet
der einzelne Sänger doch stellenweise in der Anonymität der Sängerschar.
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Der Großchor profitiert letztendlich ungemein von den routinierteren Sängern der Vokalensembles. Im Fall des „Hohen C“ haben sich die Sänger entschlossen, nach ihrer Schulzeit
das Ensemblesingen weiterzuführen und zu perfektionieren.
Auf der „Hohes C“ Homepage ist zu lesen, dass Sie ein „Cocktailmischer, der versucht, die
verschiedenen hochwertigen Zutaten und Bestandteile zusammenzufügen und aufeinander
abzustimmen“, sind. Ist das Ganze also mehr als die Summe seiner Teile?
Der Vergleich mit einem Cocktail ist durchaus bewusst gewählt. Wenn verschiedene
Bestandteile geschickt zusammengemischt werden, kommt oftmals ein noch interessanteres
Ergebnis zu Stande. Auch stehen viele der Sänger im Musikstudium und bringen mittlerweile
bereits große Erfahrung und musikalisches Fachwissen mit in die Proben. Das alles geschickt
zu verbinden ist nicht immer nur eine musikalische Aufgabe. Sich als Leiter zurückzunehmen
und das Ensemble mit seinen verschieden Fähigkeiten wachsen zu lassen und dann
stellenweise wieder eine Richtung vorzugeben, ist eine wichtige Eigenschaft eines Chorleiters
im Vokalensemble.
Im Konzert, das Sie für den Kammermusikzyklus „KlangReisen“ programmiert haben, „reisen“
Sie durch die Musikgeschichte von der Renaissance bis in die Moderne. Sehen Sie einen
Brückenschlag zwischen den unterschiedlichen Musikstilen?
„Musik ist der direkteste Weg zur Seele“ – wenn dieser Gedanke die Probenarbeit begleitet,
entdeckt man diese Gemeinsamkeit in allen Stilen. Jede Epoche, ja jeder Komponist und
auch jeder Kulturkreis jedoch spricht mit seiner eigenen Stilsprache. Diese Klangrede gilt
es zu entdecken und zu verstehen und in der Interpretation zu erlernen. Nahe an der Musik
zu sein ist ein unerreichbares Ziel, aber dennoch ist dieses Ziel ständig vor Augen zu halten.
Spreche niemals in der Musik mit einer anderen Klangsprache, als mit jener sie der Komponist
komponierte. U2 braucht einen anderen Klang, andere Vokalfärbungen und beschreitet einen
gänzlich anderen Weg, Emotionen auszudrücken. Genauso intensiv muss sich ein Sänger
mit Popularmusik auseinandersetzen, wie es etwa in der Aufführungspraxis Alter Musik seit
Jahren selbstverständlich ist. Es ist ein langer Weg, einen Ensembleklang für die Literatur
der Popularmusik zu entwickeln, wie es genauso schwer ist, zwischen einem Palestrina und
einem Mendelssohn zu differenzieren.
Ihr Konzertprogramm vermischt auf kongeniale Weise E- und U-Musik. Brauchen wir
heutzutage diese Einteilung überhaupt noch? Gibt es Unterschiede bei der Erarbeitung der
stilistisch verschiedenen Werke in den Chorproben?
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Eine Einteilung in E- und U-Musik ist in terminologischer Hinsicht sehr fragwürdig. Eine
gewisse Unterscheidung in stilistischer Hinsicht gibt es natürlich. Man rettet sich immer
wieder in die Begriffe „klassische Chormusik“, fern des Epochenbegriffs, und „Popularmusik“.
Eine Unterscheidung der Musik bezüglich Epochen und deren stilistische Merkmale in
Verbindung mit der Denkweise jener Zeit ist aber für die Interpretation hilfreich und
zielführend.
Was heißt es gesangstechnisch für die einzelnen Stimmen im Chor, erst ein PalestrinaMadrigal aufzuführen und wenig später nah an den Klang einer Rockband zu kommen?
Es ist immer eine Herausforderung, so konträre Stile in einem Konzert zu präsentieren.
Dennoch erlernt das Ensemble eine gewünschte Klangfarbe und damit verbunden die
jeweilige Gesangstechnik gleichzeitig mit der Erarbeitung anderer musikalischer Parameter
des Stücks. Dieses „Stimmsetting“ ist in weiterer Folge dann untrennbar mit dem Stück
verbunden und ist fast automatisiert abrufbar, wie etwa ein Registerzug einer Orgel.
Die größte Herausforderung ist jedoch die Entwicklung dieser Klangfarbe in der Probenarbeit.
Den gewünschten Klang in Verbindung mit „gesunder“ Gesangstechnik und den persönlichen
ästhetischen Vorstellungen jedes einzelnen Sängers, der ja in der Regel von verschiedenen
Gesangspädagogen im Sologesang betreut wird, führt wieder zurück zum Begriff „Cocktailmischer“. Ist ein Klangkonsens aber erst gefunden, ist diese Klangvorstellung dann dem
betreffenden Stück zugeordnet, und dann kann ein Beatles Arrangement durchaus einem
Distler folgen.
Einer Ihrer Kollegen, der Chorleiter Florian Helgath, äußerte einmal in einem Interview, dass es
für einen Chorsänger nicht wichtig sei, ausgebildeter Gesangsprofi zu sein, sondern intelligent
zu singen. Sehen Sie das ähnlich?
Das ist wohl wahr. „Aus der Not eine Tugend zu machen“ schwingt dabei aber auch mit. In der
Regel hat kein Chor nur ausgebildete Sänger. Das wäre in der Entwicklung eines homogenen
Gesamtklangs auch vermutlich kontraproduktiv. „Alpha-Tiere“ gibt es auch im Gesang. Ein
Chor, bestehend nur aus Alpha-Tieren, wird nicht befriedigend klingen – jeder hat Recht,
ein Gezerre und Gerangel in klanglicher und musikalischer Hinsicht. Die fast „unschuldige“
Naturstimme wird dann wohl den „Schmettertenor“ zu neutralisieren haben.
Für das Singen im Ensemble ist ohnehin eine eigene, spezielle Gesangstechnik von Nöten.
Hier passt oftmals „geschickt“ besser als „intelligent“.
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VOKALENSEMBLE „HOHES C“
Leitung: MORITZ GUTTMANN
Sieben junge Sänger aus Salzburg, haben sich zusammengetan, um der A-cappella-Welt eine
neue Geschmacksrichtung zu präsentieren: „Hohes C“. Und diese reagierte schon beinahe mit
Verzückung auf die Neuvorstellung!
Konzertreisen führten das Ensemble in den vergangenen Jahren nach Südafrika, Sizilien,
Lettland und nach Kanada.
Das Ensemble wurde kürzlich bei den internationalen World Choir Games 2014 in Lettland
unter 470 Chören und 27.000 Sängern als bestes Männervokalensemble zum World Choir
Champion gekürt.
Wundern Sie sich also nicht, sollte Sie dieses Energiebündel bei seinem Auftritt manchmal
von den Sitzen reißen – „Türen schließen, los geht die KlangReise.“
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Die Sänger haben sich bereits in ihrer Schulzeit im Borromäum als Ensemble formiert
und sind nun, erweitert mit Kollegen, in dieser Besetzung seit etwa zwei Jahren ein fixer
Bestandteil des Salzburger Konzertlebens.
Für das Ensemble ist die gesamte Bandbreite der Vokalmusik Programm. Sie beschäftigen
sich mit der Aufführungspraxis früher, mehrstimmiger Vokalmusik der Renaissance, genauso
wie mit modernen Pop Arrangements, wo eine gänzlich andere ästhetische Annäherung
an die Musik im Vordergrund steht. Interessant scheint auch die Differenzierung durch
verschiedene Klangfarben im Vokalsatz, wo strahlende Tenorstimmen stellenweise dem
feinen Klang der Countertenorstimmen weichen.
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Donnerstag, 21. Mai 2015, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
EIN FLÖTENFEST
DOROTHEE OBERLINGER, Blockflöte
MAURICE STEGER, Blockflöte
MARCO TESTORI, Barockcello
FLORIAN BIRSAK, Cembalo
Dario Castello (ca. 1590-ca. 1658)
Sonata quarta à 2 Soprani
für 2 Blockflöten und Basso continuo
Giovanni Battista Spadi Ancor che co’l partire
(† ca. 1630)
für Blockflöte und Basso continuo
Salomone Rossi (ca. 1570-ca. 1630)
Sinfonia 11 „in Eco“
für 2 Blockflöten und Basso continuo
Francesco Turini (ca. 1598-1656)
Sonate per due canti e basso „Il Corisino“
für 2 Blockflöten und Basso continuo
Johann Adolph Hasse (1699-1783)
Cantata per flauto e basso B-Dur
(Allegro) – Adagio – Allegro
Wilhelm Friedemann Bach Duo für 2 Flöten G-Dur, F. 59
(1710-1784) Allegro ma non troppo – Cantabile –
Allabreve – Gigue. Allegro
Johann Sebastian Bach Adagio G-Dur, BWV 968 nach dem
1. Satz der Violinsonate, BWV 1005
für Cembalo solo
Georg Philipp Telemann Sonate D-Dur, TWV 41:D6
(1681-1767)
für Violoncello und Basso continuo
Lento – Allegro – Largo – Allegro
Antonio Vivaldi (1678-1741)
Sonata XII g-Moll „La Follia“, RV 63
für 2 Blockflöten, Bass und Basso continuo
Thema und Variationen über die Sarabande „La Follia“
Johann Sebastian Bach Sonate G-Dur, BWV 1039
(1685-1750)
für 2 Blockflöten und Basso continuo
Adagio – Allegro ma non presto –
Adagio e piano – Presto
--- Pause ---
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FÜR BAROCKE FESTE
Die Grenzen zwischen Renaissance und Barock sind wie alle Grenzen in der Geschichte der
Künste fließend. Der Venezianer Dario Castello, der aus der Keramik-Stadt Faenza gebürtige
Giovanni Battista Spadi, der Mantovaner Salomone Rossi und der in Prag zur Welt gekommene
Francesco Turini standen an der Schwelle einer neuen Zeit. Alle vier waren phantasievolle Musiker
und liebten wirkungsvolle Kontraste, Virtuosität und südliche Melodik. Über ihr Leben weiß man
wenig. Dario Castello bekleidete offizielle Ämter im Musikleben Venedigs und veröffentlichte
unter anderem anno 1621 zwölf „Sonate concertate in stile moderno“, neue Musik von damals.
Die Stücke sind flexibel besetzbar, so spielte die 4. Sonate offenbar eine Posaune oder Viola
mit einem Sopraninstrument. Zweifellos wurden die Sonaten auch von Blockflöten gespielt,
erlebte die „Flauto dolce“ doch eben eine besondere Blütezeit. Castellos wahrscheinlich ein
wenig älterer Kollege Giovanni Battista Spadi war gleichfalls in der Lagunenstadt tätig, wo
1624 sein Sammelwerk „Libro de passaggi ascendenti et descendenti“ erschien. In diesem
Lehrwerk des vom Gesang bestimmten Registerwechsels findet sich als besondere Kostbarkeit
eine Bearbeitung eines Madrigals des aus Flandern stammenden Hofkapellmeisters der Este in
Ferrara und später der Farnese in Parma, Cipriano de Rore (um 1515–1565), der 1563 auch
für ein Jahr Maestro von San Marco in Venedig war. „Ancor che co’l partire“, erschienen 1547,
diente Spadi als Vorlage für einen wundersamen „Gesang“ der Flöte über den drei weiteren, im
Continuo verdichteten Stimmen. Hier die Übersetzung des italienischen Originals: „Obwohl ich
beim Scheiden spüren sollte, dass ich sterbe, möchte ich jederzeit, jeden Augenblick scheiden,
so groß ist die Freude, die ich fühle am neuen Leben, das ich in der Wiederkehr erhalte. Und so
möchte ich tausende Male am Tag von Euch scheiden, so süß sind meine Wiederkehren.“
Salomone Rossi war ein gefeierter Geiger am Hof der Gonzaga zu Mantua, wo auch seine
Schwester mit dem schönen Namen Europa als erfolgreiche Sängerin auftrat. Er entstammte
einer jüdischen Familie, die seit der Zeit des römischen Kaisers Titus in Italien ihre Heimat hatte.
Rossi darf als einer der ersten namentlich bekannten Komponisten jüdischer Herkunft in der
westlichen Musik gelten. Sein tragisches Ende – wahrscheinlich kam er bei der Zerstörung des
Ghettos von Mantua durch österreichische Truppen ums Leben – mutet wie ein Menetekel der
Geschichte an. Rossi schrieb Musik für die Synagoge ebenso wie solche für höfische Feste und
zählt zu den wesentlichen Pionieren der barocken Triosonate für zwei Melodieinstrumente und
Continuo, was seiner Sinfonie in Eco – „mit Echo“ – anzumerken ist. Francesco Turini war
schon als etwa 12jähriger Knabe Hoforganist Kaiser Rudolfs II. in Prag, ehe er nach dessen
Tod nach Italien übersiedelte und 1620 in der Heimatstadt seines Vaters, Brescia, Domorganist
wurde. Der hoch geachtete Kirchenmusiker und Madrigalist schrieb nur wenige weltliche
Instrumentalwerke, die allerdings wie die Rossis zu den allerersten Triosonaten gehören.
„Corisino“ ist eine wohl dialektale Form von „Coricino“ (Herzchen), das Thema der kunstvollen
Folge von Variationen beruht auf dem tradierten Tanzlied „La bella Pedrina“.
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Mit Johann Adolph Hasse oder, wie der „divino Sassone“, der „göttliche Sachse“ in Italien,
dem Land seiner größten Erfolge, genannt wurde, Giovanni Adolfo Hasse springen wir ein
Jahrhundert nach vor in das hohe, ja späte Barock. Der einer Organistendynastie entstammende
Hasse erlebte noch Mozart und soll nach dessen Mailänder „Ascanio in Alba“ 1771 gemeint
haben: „Der Knabe wird uns alle vergessen machen.“ So geschah es denn auch für lange
Zeit. Mittlerweile ist Hasse, der als Tenor in Hamburg begonnen und in Neapel Komposition
studiert hatte, als Gatte der Primadonna Faustina Bordoni Operntriumphe feierte, 30 Jahr lang
als Hofkapellmeister das Musikleben in Dresden prägte und seinen Lebensabend in Venedig
verbrachte, als beachtlicher Meister der Opera seria an der Schwelle zur Klassik wieder entdeckt
worden. Weniger bekannt sind seine hübschen Instrumentalwerke wie die als „Cantata“
bezeichnete, virtuos-kantable Sonate „per flauto e basso“. Hasse war für Voltaire ein „Held des
Jahrhunderts“, für Johann Sebastian Bach jedoch ein Komponist von „hübschen Liederchen“,
die der Thomaskantor sich freilich bei Besuchen in Dresden mit Vergnügen anhörte. Die
ausgefeilten Meisterstücke der Triosonate aus der Feder Bachs wie die wahrscheinlich um
1715 in Weimar schon für Traversflöten geschaffene G-Dur-Sonate waren mitunter freilich
Werkstatt-Kompositionen. Die motivisch nicht verbundene Continuostimme dürfte von einem
Schüler aus späterer, Leipziger Zeit stammen. Möglich, dass der Schüler Bachs ältester, in
Weimar geborener Sohn Wilhelm Friedemann Bach war. Dieser war ebenso hochbegabt wie
seine bekannteren Brüder Carl Philipp Emanuel und Johann Christian, aber ein sprunghafter,
labiler Charakter. Die brillanten Sonaten für zwei Flöten dürften aus der Zeit um 1740 stammen,
als Friedemann Organist an der Dresdener Sophienkirche war. Vater Bachs Adagio für Cembalo
solo zählt zu dessen vielen, kunstfertigen Arrangements eigener Werke, handelt es sich doch
um den ersten Satz einer Violinsonate.
Der Magdeburger Georg Philipp Telemann, ab 1721 Musikdirektor in Hamburg, war bis ins
hohe Alter einer der fruchtbarsten und innovativsten Komponisten des Barock. Seine einzige,
überaus facettenreiche Cellosonate, eines der ersten Beispiele der Gattung außerhalb Italiens,
erschien 1728/29 im Rahmen der Sammlung „Der getreue Music-Meister“.
Antonio Vivaldi hatte 1705, am Höhepunkt des italienischen Barock, eine Sammlung von
Triosonaten op. 1 veröffentlicht, unter denen sich die als „Variationen über La Follia“ berühmt
gewordene in d-Moll befindet. „La Follia“ (ital. Torheit, Scherz, aber auch Folla, span. Menge
und Folia, ital. Blatt stecken da drin) war ursprünglich ein portugiesischer Tanz, der wegen
seines wilden Charakters immer wieder verboten wurde. Die Basslinie einer „Follia“ hat größere
Bedeutung als die Melodie, woraus sich eine archaische Rhythmik ergibt. Komponisten von
Marais bis Stockhausen variierten die „Follia“.
Gottfried Franz Kasparek
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DOROTHEE OBERLINGER
MARCO TESTORI
1969 in Aachen geboren, studierte Dorothee Oberlinger Blockflöte
in Köln, Amsterdam und Mailand. Als „Instrumentalistin des
Jahres“ wurde sie 2008 mit dem renommierten Musikpreis ECHO
Klassik für ihre CD Italian Sonatas ausgezeichnet.
Ihr Debüt gelang ihr 1997 mit dem 1. Preis des internationalen
Wettbewerbes SRP/Moeck U.K. London und einem anschließenden
Konzert in der Wigmore Hall. Seitdem ist sie regelmäßig zu Gast bei
den großen Festivals und Konzertreihen in ganz Europa, Amerika
und Asien und spielt als Solistin mit dem von ihr 2002 gegründeten Ensemble 1700 sowie
mit renommierten Barockensembles und Orchestern wie den Sonatori de la Gioiosa Marca,
Musica Antiqua Köln, der Akademie für Alte Musik Berlin, London Baroque, der Academy of
Ancient Music oder Zefiro. Neben ihrer intensiven Beschäftigung mit der Musik des 17. und
18. Jahrhunderts widmet sie sich immer wieder auch der zeitgenössischen Musik.
Seit 2009 ist sie Intendantin der Arolser Barockfestspiele und seit 2004 Professorin an der
Universität Mozarteum Salzburg, wo sie das dortige Institut für Alte Musik leitet.
1970 in Como geboren, studierte Marco Testori Klavier, Orgel und Cello
am Konservatorium „G. Verdi“ in Mailand. Nach Fortbildungskursen
mit J. Goritzky, M. Flaksmann und E. Bronzi vertiefte er das Studium
der Alten Musik an der Schola Cantorum Basilensis mit C. Coin.
Er arbeitete mit Ensembles wie I Barocchisti, Il Gardellino, Forma
Antiqua, Ensemble 1700, La Divina Armonia und Il Suonar Parlante mit
welchen er Aufnahmen u.a. für Decca, Naxos, Stradivarius, Passacaille,
Hyperion und Amadeus machte. Von 1994 bis 2004 war er erster Cellist
des Ensembles Il Giardino Armonico, mit dem er an Festivals, wie Styriarte, Pfingstfestspiele
Salzburg, OsterKlang Wien, Schleswig-Holstein Musik Festival und Settimane Musicali
Luzern teilnahm und in renommierten Sälen, wie Teatro San Carlo Neapel, Concertgebouw
Amsterdam, Wigmore Hall London, Musikverein Wien und Carnegie Hall New York auftrat.
Mit Il Giardino Armonico erschienen für Teldec zahlreiche Aufnahmen, als erster Cellist des
Ensembles Atalanta Fugiens machte er Einspielungen für Sony.
Im Bereich der Chormusik ist Marco Testori Komponist und Leiter des Chores Convivia
Musica. Er hielt Meisterkurse für Barockcello und Kammermusik, seit Oktober 2013 lehrt er
als Professor für Barockcello an der Universität Mozarteum Salzburg.
MAURICE STEGER
Der Schweizer Maurice Steger erhielt seine musikalische Ausbildung
in Zürich, es folgten ein Studium der Aufführungspraxis Alter Musik
sowie die Ausbildung zum Dirigenten, wobei er besondere Impulse
von Marcus Creed und Reinhard Goebel erhielt.
Konzerttourneen führten ihn mit den Violons du Roy durch die USA
und Kanada, eine regelmäßige Zusammenarbeit verbindet ihn u.a. mit
The English Concert, den Barocchisti, dem Barockorchester Europa
Galante und dem Venice Baroque Orchestra. Hinzu kommen Auftritte
als Dirigent und Solist moderner Orchester wie dem Zürcher Kammerorchester, den Berliner
Barock Solisten und dem Taipei Symphony Orchestra. Dabei arbeitete er mit renommierten
Künstlern wie Cecilia Bartoli, Hilary Hahn, Fabio Biondi, Diego Fasolis oder Thomas Quasthoff.
Einen weiteren Teil seiner künstlerischer Tätigkeit bilden Kammerkonzerte sowie Solorezitale.
Gemeinsam mit Spezialisten Alter Musik wie Hille Perl, Naoki Kitaya oder Mauro Valli, aber auch
mit seinem eigenen Ensemble erarbeitet er immer wieder neue Programme. Konzerte führten
ihn u.a. in den Herkulessaal München, in die Wigmore Hall London, den Musikverein Wien
sowie die Suntory Hall Tokyo. Darüberhinaus widmet er sich der zeitgenössischen Musik und
brachte 2009 zwei Konzerte für Blockflöte und Orchester zur Uraufführung.
Maurice Steger leitet regelmäßig internationale Meisterklassen.
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FLORIAN BIRSAK
Florian Birsak spielt Clavichord, historische Kiel- und Hammerflügel.
Seine musikalische Ausbildung erhielt er in Salzburg und München
bei L. U. Mortensen, L. Brändle, K. Gilbert, N. Harnoncourt und
A. Spiri. Preise gewann er u.a. beim Flandernfestival in Brügge,
beim Internationalen Mozartwettbewerb in Salzburg sowie bei der
Konzertgesellschaft München (August-Everding Preis 2003).
Er widmet sich insbesondere der adäquaten Ausführung des
Generalbasses in all seinen Stilfacetten und tritt als Continuospieler in
Klangkörpern wie dem Chamber Orchestra of Europe, dem Balthasar Neumann Ensemble, den
Münchner Philharmonikern oder dem Concentus Musicus Wien unter Dirigenten wie Nikolaus
Harnoncourt, Roger Norrington, Christopher Hogwood und Thomas Hengelbrock auf. Er
konzentriert sich in letzter Zeit auf solistische Aufgaben sowie eigene Kammermusikprojekte.
Als Solist war er zuletzt bei den Haydnfestspielen Eisenstadt sowie bei der Styriarte zu Gast.
Weiters gestaltet er Konzerte in Sammlungen alter Musikinstrumente. Aufnahmen sind u.a. bei
OehmsClassics, Hänssler und Laska Records erschienen.
Florian Birsak ist seit Herbst 2013 Cembaloprofessor an der Universität Mozarteum Salzburg.
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SINGENDE UND TANZENDE CELLI
Mittwoch, 3. Juni 2015, 19.30 Uhr
Solitär, Universität Mozarteum
CELLOMANIA
ENRICO BRONZI
GIOVANNI GNOCCHI
CLEMENS HAGEN
Studierende ihrer Klassen
Violoncello
Gesualdo da Venosa (1563-1613)
Tribulationem et dolorem
(XVII dal I Libro delle Sacrae Cantiones a 5 voci, 1603)
Alfonso Ferrabosco der Jüngere
(1575-1628)
Lamentazione, Lachrimae
Gaetano Donizetti (1797-1848)
Una furtiva lagrima
Aus: L’elisir d’amore (1832)
Axel Seidelmann Der bestechliche Hofrat
(*1954)Blues (1999)
Geoffrey Keating
(*1937)
Dance Hall Suite (1993)
Maurice Ravel (1875-1937)
Boléro (1928)
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Don Carlo Gesualdo, Principe di Venosa ist der berühmteste Mörder der Musikgeschichte.
Der Neffe des heiligen Kardinals von Mailand, Carlo Borromeo, erwischte seine Frau Maria
d’Avalos in flagranti und tötete sie, deren Liebhaber und deren kleine Tochter von zweifelhafter
Vaterschaft. Als Adeliger stand er über der Gerichtsbarkeit, was so genannte „Ehrenmorde“
betraf. Familiärer Rache entzog er sich durch Flucht. Die Legende, Gesualdo habe sein ferneres
Leben damit zugebracht, von tiefer Trauer erfüllte Madrigale zu komponieren, basiert auf
einer sehr romantischen Sichtweise. Gesualdo heiratete nämlich ein zweites Mal, sogar eine
Prinzessin d’Este – und gerade in seiner Zeit am Hof zu Ferrara um 1594 entstand ein Großteil
seiner Kompositionen. Sein Lebensabend war freilich von Depressionen erfüllt, woran der
frühe Tod seiner Tochter aus zweiter Ehe wohl ebenso Anteil hatte wie die Last eines maßlosen
Lebens, die er zu tragen hatte. Als Komponist steht Gesualdo zwischen der Vokalpolyphonie
der Renaissance und dem frühen Barock. Kühne Stimmführung, jähe Tonartwechsel,
expressive Textdeutung und erstaunliche Chromatik machen verständlich, dass er im 20.
Jahrhundert unter anderem von Strawinsky zu einem „Urvater“ der Moderne stilisiert wurde.
Komponisten wie Alfred Schnittke, Salvatore Sciarrino und Marc-André Dalbavie erkannten
das musikdramatische Potential von Gesualdos schillernder Persönlichkeit in Verbindung mit
der visionären Kraft seiner Musik, für welche die diesmal gewählten, vierstimmigen Beispiele
aus einer 1603 erschienenen Sammlung klingend-beredtes Zeugnis ablegen.
Alfonso Ferrabosco der Jüngere, unehelicher Sohn eines italienischen Madrigalisten am
Londoner Hof und einer Engländerin, erblickte in Greenwich das Licht der Welt. Der Senior
wurde nicht nur als Geheimagent der Queen Eilzabeth I verdächtigt, sondern auch kapitaler
Verbrechen bezichtigt, konnte seinen Ruf jedoch stets wieder herstellen. Der Junior lehnte es
ab, mit seinen Eltern – der Vater hatte die Mutter mittlerweile geehelicht – nach Italien zu
ziehen. Er wurde Lehrer des Prinzen Henry und Mitarbeiter des Dramatikers Ben Jonson. Sein
Ruf als Komponist gründete auf seinen im frühen italienischen Barockstil geschriebenen
Stücken für Gambenconsort. Diese notierte er als einer der ersten in Tabulatur. Die
phantasievollen Stücke wirken originell und zeigen einen ausgeprägt virtuosen Stil. Nach der
Klagemusik und den„Lachrimae“ (Tränen) des jüngeren Ferrabosco weint der Bauernbursch
Nemorino eine „heimliche Träne“. Die schmachtende Arie des unglücklich verliebten
Bauernburschen Nemorino aus Gaetano Donizettis Opera buffa „L’elisir d’amore“ von 1832,
einem der Welterfolge der Belcantoära, steht in der Tradition der italienischen Kantabilität.
Donizettis großer melodischer Einfall von zeitlos poetischer Qualität und die atmosphärische
Verbindung tenoralen Glanzes mit dem vibrierenden Pulsschlag des Lebens im Orchester
machen diese Arie zu einem der beliebtesten „Opern-Schlager“. Die Arrangements sind
zahllos. Jenes für gleichsam „singende“ Celli hat eigenen Reiz.
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Im zweiten Teil dieses Programms beginnen die Celli zu tanzen. Zunächst nach Noten
zweier Zeitgenossen. Der Linzer Axel Seidelmann ist Geiger, Komponist, Lehrer und Dirigent
sowie seit 2000 Professor an der Wiener Musikuniversität, wo er auch die Studienrichtung
„Tonmeister“ begründete. Sein Oeuvre reicht von der Kirchenoper „Hiob“ bis zur Kammermusik.
„Natürlich spielt Konstruktion in meinem Schaffen eine große Rolle, aber diese ist eben nur
Mittel zum Zweck“, so Seidelmann in einem ORF-Interview, „sie dient lediglich dazu, eine
bestimmte klangliche Idee umzusetzen. Mir ist aber am wichtigsten, dass meine Musik die
Menschen berührt.“ Musik darf natürlich auch unterhaltsam und satirisch sein – so tragen
Seidelmanns „Liederliche Stücke“ für drei bis fünf Celli den Übertitel „Der bestechliche Hofrat“.
Der mit dem echten Wiener Lied urverwandte Blues wird im „gemütlichen Kanzleitempo“
abgehandelt. In die „Dance Hall“ führt dagegen die Suite von Geoffrey Keating, der nicht
nur Musikerziehung in Glasgow unterrichtet, sondern auch ein begeisterter Photograph,
Seefahrer und Fischer ist. Seine Musik bedient sich pfiffig der Tradition und soll einfach
Freude bereiten. Charleston, Foxtrott, eine Tango-Habanera und ein Walzer sorgen in der
„Dance Hall Suite“ für swingenden Flair. Wer Mendelssohns „Hochzeitsmarsch“, Bizets
„Carmen“, den Boogie „Swanee River“ und noch allerlei Bekanntes heraus hört, täuscht sich
nicht. Für Keating ist das Stück lustvolles „Entertaining“, original übrigens für vier Fagotte.
ENRICO BRONZI
Enrico Bronzi wurde 1973 in Parma geboren. Seit 1990 ist er Cellist
des Trio di Parma, ein Ensemble, mit dem er in den bedeutendsten
Konzertsälen Europas, der USA, Südamerikas und Australiens
auftritt. Er gewann internationale Wettbewerbe in Florenz,
Melbourne und München und erhielt den „Premio Abbiati“ der
italienischen Musikkritiker. Darüberhinaus ist er Preisträger des
Rostropovich Wettbewerbes in Paris und wurde 2002 mit dem 1.
Preis sowie einem Sonderpreis für die beste Darbietung mit dem
Helsinki Philharmonic Orchestra bei der Paulo Cello Competition in Helsinki ausgezeichnet.
Zwei Jahre hindurch war er erster Cellist im Orchestra del Teatro alla Scala. Als Solist wurde
er zu den wichtigsten Festivals Nordeuropas eingeladen.
Enrico Bronzi unterrichtet an mehreren Institutionen in Italien und Finnland, zum Teil in
Zusammenarbeit mit dem Trio di Trieste und M. Jones. Seit Oktober 2007 ist er Professor für
Violoncello an der Universität Mozarteum Salzburg. Seit November 2008 ist er künstlerischer
Direktor der „Fondazione Musicale Santa Cecilia“ von Portogruaro.
Die russische Tänzerin Ida Rubinstein war eine schöne Frau und eine moderne Künstlerin im
Paris der 20er-Jahre. Sie gilt als Urahnin der modernen Performance, tanzte bereits zu einer
Zeit nackt, in der dies noch ein riesiger Skandal war, und lebte gleichzeitig mit einer Frau
und mit einem verheirateten Mann. Für diese faszinierend schillernde Frau schrieben viele
große Komponisten Musik, so auch der mit ihr befreundete Maurice Ravel. „Ich habe nur ein
Meisterwerk geschrieben, das ist der Boléro, aber da ist keine Musik drin“ schrieb er später
mit Lust an der Pointe. Wir wissen längst, dass Ravel viele Meisterstücke geschrieben hat
und dass im „Boléro“ viel Musik drin ist. Vielleicht nicht die klassische Musik, die er ironisch
meinte, aber dafür etwas von der Musik der Urzeit, von der Musik der ersten Menschen, die
auf Steine trommelten und der gewaltigen Macht des Rhythmus innewurden. Seit 1928
gibt es für diese Macht ein Wort - Boléro. Der alte spanische Nationaltanz im 3/4tel-Takt
wurde durch Ravels Komposition noch dazu zur Chiffre für eine sinnliche Ekstase, deren
bedeutendste Interpretin wohl doch nicht die ansehnliche Bo Derek, die sich zum Boléro
verführerisch räkelnde „Traumfrau“ aus dem gleichnamigen Kultfilm von 1979, sondern die
feingliedrige Ida Rubinstein gewesen ist. Sie tanzte die Uraufführung in der Pariser Oper,
am 22. November 1928, in der Choreographie von Bronislava Nijinska. Vom ersten Einsatz
der Flöte über dem pulsierenden Trommelrhythmus bis zum orgiastisch kollabierenden
Orchester-Finale kann man der Urgewalt dieses Werks seit damals nicht widerstehen – auch
dann nicht, wenn dies alles von Celli gespielt wird.
Gottfried Franz Kasparek
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GIOVANNI GNOCCHI
CLEMENS HAGEN
Giovanni Gnocchi, von 2003 bis 2010 Solo-Cellist der Camerata
Salzburg und 2011 bis 2012 Guest Principal Cellist im Royal
Philharmonic Orchestra in London, ist Preisträger der Prague
Spring International Cello Competition und der Antonio Janigro
Competition Zagreb. Im Duo gewann er außerdem den Parkhouse
Award in der Wigmore Hall sowie im Trio den Haydn Wettbewerb in
Wien. Im dortigen Konzerthaus debütierte er an der Seite von Yo-Yo
Ma. Wenig später trat er mit Gustavo Dudamel in Salzburg auf und
es folgten Konzerte an der Seite von Christopher Hogwood, Carlo Rizzi, Daniele Giorgi, Pavle
Despalj in Hong Kong, Salzburg (Mozartwoche), Wien, Essen, Mannheim und Stuttgart. Dabei
arbeitete er mit Orchestern wie Zagreb Philharmonic Orchestra, Orchestra della Toscana und
mehrfach mit der Camerata Salzburg zusammen.
Giovanni Gnocchi war außerdem Gründungsmitglied des David Piano Trio, mit dem er zwei
1. Preise in internationalen Kammermusikwettbewerben in den USA gewann. Außerdem
gewann dieses Trio den „Vittorio Gui“ Wettbewerb in Florenz. Er konzertierte bereits mit
Persönlichkeiten wie den Mitgliedern des Hagen Quartetts, Leonidas Kavakos, Diemut Poppen,
Patrick Demenga, Hariolf Schlichtig, Howard Shelley, Barbara Bonney, Christine Schäfer,
Vladimir Mendelssohn, Marco Rizzi, Nabil Shehata, Danilo Rossi, Eliot Fisk, Andrea Lucchesini
und Herbert Schuch. Darüberhinaus trat er bei bedeutenden Festivals wie Festival Casals
Prado, Lugano Festival, Concerti del Quirinale Rom, Festival Radio-France-Montepellier,
Schubertiade Schwarzenberg und Haydn Festspiele Eisenstadt auf.
In jüngster Zeit arbeitet er im Kammermusikbereich verstärkt mit Alexander Lonquich, Lukas
Hagen, Pierre Amoyal und Thomas Riebl zusammen. Aber auch als Orchestermusiker ist er
gern gesehener Gast bei Klangkörpern wie Philharmonia Orchestra London, Mahler Chamber
Orchestra, Mozart Orchestra Bologna, Münchner Philharmoniker und Sydney Symphony
Orchestra. Seit 2008 ist er Mitglied im Lucerne Festival Orchestra.
1977 in Cremona geboren, studierte Giovanni Gnocchi bei Rocco Filippini, Mario Brunello
und Enrico Bronzi. Anschließend wechselte er an die Universität Mozarteum Salzburg, wo
er bei Clemens Hagen seine Studien vervollkommnete. Masterclasses führten ihn u.a. zu
Heinrich Schiff, Steven Isserlis, Natalia Gutman, David Geringas, Gary Hoffman, András
Schiff, Erich Höbarth und Hatto Beyerle. Als Lehrer war er an der Scuola di Musica di Fiesole,
der Accademia di Portogruaro und beim Festival Cameralia in Santiago de Compostela tätig.
2013 wurde er als Professor für Violoncello an die Universität Mozarteum Salzburg berufen.
Der aus einer Salzburger Musikerfamilie stammende Cellist
Clemens Hagen studierte am Mozarteum Salzburg sowie am
Basler Konservatorium. Zu seinen Lehrern zählen Wilfried Tachezi
und Heinrich Schiff. Er erhielt 1983 den Spezialpreis der Wiener
Philharmoniker sowie den Dr. Karl Böhm Preis.
Als Solist konzertierte er mit international renommierten
Orchestern wie dem Berliner Philharmonischen Orchester,
den Wiener Philharmonikern, dem Concertgebouw Orchester
Amsterdam, der Camerata Salzburg, der deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem
Chamber Orchester of Europe, dem Cleveland Orchestra sowie dem NHK Orchester Tokyo
unter Dirigenten wie N. Harnoncourt, C. Abbado, F. Welser-Möst, I. Metzmacher, S. Végh,
H. Stein, D. Harding, Z. Kocsis, und S. Cambreling.
Live-CD-Aufnahmen erschienen von Brahms´ Doppelkonzert mit G. Kremer, N. Harnoncourt
und dem Concertgebouw Amsterdam sowie von Beethovens Tripelkonzert mit Zehetmair,
Aimard, Harnoncourt und dem Chamberorchester of Europe. Mit Paul Gulda spielte er
sämtliche Werke von Beethoven für Violoncello und Klavier ein.
Als wesentliche Ergänzung seiner solistischen Tätigkeit betrachtet Clemens Hagen die
Kammermusik, wobei an erster Stelle das Hagen Quartett zu nennen ist, mit dem er nun
seit 30 Jahren konzertiert und mit welchem er für die Deutsche Grammophon über 45 CDs
eingespielt hat. Weitere Kammermusikpartner sind G. Kremer, L. Kavakos, M. Vengerov, C.
Tetzlaff, E. Kissin, M. Uchida, M. Argerich, H. Grimaud, K. Gerstein, S. Vladar und S. Meyer.
Von Claudio Abbado wurde Clemens Hagen 2003 in sein neugegründetes Festival Orchester
Luzern eingeladen, wo er bis heute Mitglied ist.
Clemens Hagen unterrichtet seit 1988 an der Universität Mozarteum Salzburg Violoncello
und Kammermusik, zunächst als Assistent von Heinrich Schiff. 2003 erhielt er die Professur
an dieser Institution. Er spielt ein Violoncello von Antonius Stradivari von 1698.
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GOTTFRIED FRANZ KASPAREK
Geboren 1955 in Wien. Seit Kindertagen intensive Beschäftigung
mit Musik und Theater. Nach Tätigkeiten im Musikverlag Doblinger
und im Salzburger Musikalienhandel ist Kasparek seit 1998 freier
Dramaturg, Essayist und Moderator, u. a. für die Stiftung Mozarteum,
das Mozarteumorchester Salzburg, die Camerata Salzburg, die
Universität Mozarteum, die Salzburger Kulturvereinigung, das
oenm, die Philharmonie Essen, das Berner Sinfonieorchester, das
Festspielhaus St. Pölten, das Gürzenich Orchester und die Oper Köln
sowie die Wiener Staatsoper.
Kasparek ist Lehrbeauftragter für Musikgeschichte am American Institute for Foreign Study
an der Universität Salzburg und Musikjournalist bei www.drehpunktkultur.at. Dazu kamen
von 2005 bis 2012 Verpflichtungen als Dramaturg internationaler Jugendprojekte beim Lehár
Festival Bad Ischl und von 2006 bis 2011 bei avantgarde tirol, wo er mit Komponisten wie
Kurt Schwertsik und Boguslav Schaeffer zusammenarbeitete. 2007 bis 2011 war Kasparek
Vorstandsmitglied der Salzburg Biennale, seit 2009 ist er Künstlerischer Leiter des Festivals
Mattseer Diabelli Sommer.
2007 erschien im Salzburger Kulturverlag Polzer eine von Kasparek betreute Neuausgabe der
Violinschule von Leopold Mozart. Als Librettist trat Kasparek mit „Prince Mozart“ (Rockhouse
Salzburg 1998, Musik von Franz Pillinger), „Zwist in Ischl“ (Lehár Festival Bad Ischl 2011,
Musik von Oliver Ostermann) und mit „Harisliz - die Fahnenflucht Tassilos“ (Kirchenoper für
Mattsee 2013, Musik von Herbert Grassl) in Erscheinung.
Einer unserer Clubräume.
Ö1 Club-Mitglieder erhalten bei Veranstaltungen der
Universität Mozarteum Salzburg 10 % Ermäßigung.
Sämtliche Ö1 Club-Vorteile
finden Sie in oe1.ORF.at
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SOLITÄR © Christian Schneider
Impressum
Künstlerische Leitung:
O.Univ.Prof. Lukas Hagen
Eigentümer und Herausgeber:
Universität Mozarteum Salzburg
Redaktion:
Henning Pankow M.A., Mag. Elisabeth Nutzenberger
Gestaltung:
Mag. Elisabeth Nutzenberger
Druck:
Offset 5020 Druckerei & Verlag Ges.m.b.H.
Redaktionsschluss: 15. September 2014
Änderungen vorbehalten
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