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Stiftungsaktivitäten 2001-2002 Hamburg, im April 2003 INHALT Wissenschaft und Forschung/Ingmar Ahl Vorwort 6 Der Stifter 44 Rechtswissenschaften 46 Geschichtswissenschaften 48 Philosophie 58 8 Kunst und Kultur/Philipp Adlung Leitbild 10 Die Fördertätigkeit der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius in den Jahren 2001 und 2002/Michael Göring Nachruf Tyll Necker 12 68 Kunst- und Museumsförderung 70 Musikförderung 76 Literaturförderung 80 Kulturerhalt 82 14 Bildung und Erziehung/Albrecht Graf von Kalnein Nachruf Marion Gräfin Dönhoff 16 Die eigenen Einrichtungen der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Die Bucerius Law School – die erste private Hochschule für Rechtswissenschaft in Deutschland/Karsten Schmidt Kunst im Herzen der Stadt – das Bucerius Kunst Forum/Philipp Adlung Die internationalen Aktivitäten der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius/Michael Göring 18 18 90 Initiativen im Bildungsbereich 92 Forum Buch 98 100 Wandel in Osteuropa Evaluierung und ihre wachsende Bedeutung für die Stiftungsarbeit/Hannah Jacobmeyer 108 English Summary 110 22 24 Anhang Projekte in Israel/Manfred Lahnstein 28 Die ZEIT-Stiftung 2001 und 2002 in Zahlen 114 Stiftungsengagement für Mittel- und Osteuropa/Klaus Asche 32 Förderbedingungen 116 Hoher Stellenwert der Internationalisierung an der Bucerius Law School/Andrea Leuck-Baumanns 36 Organe der Stiftung 117 Impressum 118 Bildnachweis 119 Die Bucerius Summer School on Global Governance/Bernhard Lorentz [ 4] 40 [ 5] VORWORT Vorjahren hat die Stiftung bei den von ihr selbst entwickelten Vorhaben und bei der Auswahl der an sie herangetragenen Projekte Dritter besonderen Wert darauf gelegt, dass in ihren Förderbereichen Wissenschaft, Kultur und Bildung nachhaltig wirksame Innovationen realisiert und besonders begabte Nachwuchskräfte unterstützt wurden. Die Stiftung versteht ihre Tätigkeit als Beitrag zu einer engagierten Bürgergesellschaft, die Defizite aufgreift, Lösungsmöglichkeiten entwickelt, Neuerungen selbst gestaltet und verwirklicht, aber auch kulturelle Traditionen pflegt und erhält. Der vorliegende Bericht erläutert die wichtigsten Fördervorhaben und gibt exemplarisch Einblick in das nationale und internationale Förderprogramm der Stiftung. Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius legt ihren dritten Tätigkeitsbericht vor, der die Jahre 2001 und 2002 umfasst. Die zurückliegenden Monate waren insbesondere durch den Aufbau einer zweiten eigenen Tochtergesellschaft der Stiftung geprägt: Das Bucerius Kunst Forum am Hamburger Rathausmarkt öffnete im Herbst 2002 erstmalig seine Tore. Das Kuratorium hat mit Dr. Tyll Necker (29. März 2001) und Dr. Marion Gräfin Dönhoff (11. März 2002) zwei sehr bedeutende Mitglieder verloren, deren Wirken für die PROFESSOR MANFRED LAHNSTEIN Vorsitzender des Kuratoriums DR. KLAUS ASCHE Mitglied des Vorstands PROF. DR. KARSTEN SCHMIDT Mitglied des Vorstands PROF. DR. MICHAEL GÖRING Mitglied des Vorstands Stiftung unvergessen bleibt. Dr. Martin Kohlhaussen und Professor Jobst Plog sind im Berichtszeitraum neu in das Kuratorium gewählt worden. Die Stiftung hat die Erträge des von Dr. Gerd Bucerius und seiner Frau der Stiftung hinterlassenen Vermögens erheblich steigern können. Nach 21,9 Mio. Euro im Jahr 2001 erreichten die Erträge aus dem Stiftungsvermögen mit 27,8 Mio. Euro für das Jahr 2002 ihren bisherigen Höchstwert. Die ZEIT-Stiftung gehört damit zu den acht größten von privater Hand in Deutschland errichteten Stiftungen. Mehr als 340 Fördervorhaben hat das Team der Stiftung in den vergangenen 24 Monaten entwickelt, begutachtet, bearbeitet, durchgeführt, kontrolliert oder begleitet. Über 220 Vorhaben sind neu in das Förderprogramm aufgenommen worden. Rund 75 Prozent der Fördermittel 2001 und 2002 hat die Stiftung für Vorhaben in der Stadt Hamburg aufgewendet, 17 Prozent galten Fördervorhaben im Ausland. Wie in den [6] [ 7] DER STIFTER Lizenzträger, Verleger, bald Eigentümer, und er blieb die Unruhe in ihrem filigranen Uhrwerk, solange er lebte. »DIE ZEIT« war indes bald nur Teil eines grösseren verlegerischen Imperiums, aus dem am Ende zudem eine Stiftung hervorging, die ihrerseits neue Gründungen – Innovationen nannte man diese mittlerweile – beförderte. Bucerius war aber auch ein Gründer des deutschen Nachkriegsgemeinwesens, also jenes neuen Deutschland, das als Bundesrepublik in die Geschichte eingegangen ist. Er vertrat an wichtiger Stelle und in durchaus praktischer Weise ihre Gründungsphilosophie, in der Westorientierung und Marktwirtschaft sich vereinten. Beide blieben in charakteristischer Weise temperiert, die Westorientierung durch den Sinn für die deutsche Nation sowie die Marktwirtschaft durch ein Element der sozialen Verpflichtung. Bucerius gehörte zu den ziemlich seltenen öffentlichen Figuren, die sich gleichermassen für Konrad Adenauer und für Ludwig Erhard erwärmen konnten. Mehr noch, mit der Zeit fand er den Weg zu den Veränderungen der sechziger Jahre. Er war ein rechter Liberaler, zeitweise sogar ein rechter Sozialliberaler. Gerd Bucerius wandte sein beträchtliches Talent daran, sein Werk durch oft umständ- Gerd Bucerius (1906-1995) liche rechtliche und geschäftliche Konstruktionen vor neuen Untergängen zu schützen, und gab ihm zugleich seine explosive Mischung von aufsässigem Freiheitssinn und Instinkt für wirtschaftliche Erfordernisse auf den Weg. Nicht dass für ihn das Sein »Dies ist die Geschichte eines ungewöhnlichen Mannes. Ständig von Visionen des nahenden Unterganges geplagt, ließ er sich durch diese weder ins Bockshorn jagen noch gar lähmen. Vielmehr wendete er seinen Witz und Wagemut daran, Bastionen zu bauen, als Schutzburgen gewiss, vor allem aber als trotzige Zeugen des Glaubens an eine bessere Welt. Der Mann hieß Gerd Bucerius. Als der Untergang wirklich wurde – als nämlich Nazi-Deutschland 1945 zusammenbrach –, geriet er beinahe unversehens an öffentliche Ämter und an die Lizenz für eine Wochenzeitung, die zu seinem Lebensinhalt werden sollte und die entstehende Bundesrepublik des westlichen Deutschland lebhaft kommentierend begleitete, ja zuweilen ein bisschen prägte. Bucerius sprudelte von Ideen und wurde nie müde, von diesen zu reden; er verband das kleine und das grosse Gespräch, die Unterhaltung und die Debatte in unnachahmlicher Weise. Frauen mochten ihn, den stets hellwachen Geist mit ganz ungezwungenem Charme, und er erwiderte ihre Zuneigung mit Anhänglichkeit. Männern gegenüber war er befangener, einige bewunderte er fast grenzenlos, anderen misstraute er, auch wenn er sich zu gemeinsamen Unternehmungen mit ihnen zusammentat. Als Mitglied des Bizonen-Wirtschaftsrates und des Deutschen Bundestages wurde er zum selten erreichten Modell des Abgeordneten: Er blieb unabhängig im besten Sinne, nicht ämterversessen und stets bereit, seine Meinung auch dann zu sagen, wenn die Oberen in Partei und Regierung sie das Bewusstsein bestimmte, ganz gewiss nicht, aber ohne habhaftes Sein ist es doch schwer, das rechte Bewusstsein unter die Leute zu bringen. Bucerius wusste, prosaischer und unmarxistischer gesprochen, dass Geld zwar nicht glücklich macht, aber doch beruhigt. Dabei redete Bucerius nicht nur, sondern schrieb auch unaufhörlich, weniger um sich selbst ins rechte Licht zu rücken, was ihm vergleichsweise fern lag, sondern weil die Gedanken sich nicht aufhalten liessen und er zudem die Gabe des immer deutlichen, manchmal drastischen Ausdrucks hatte. Als er kurz vor dem fünfzigsten Geburtstag der »ZEIT« im Alter von 89 Jahren starb, war er ein reicher Mann geworden, der seinen ursprünglichen Einsatz von 7.500 Mark vielfach vertausendfacht hatte. Die ursprüngliche Auflage der »ZEIT« von 20 000 Exemplaren fand er immerhin mehr als verzwanzigfacht. Und auch die Bundesrepublik Deutschland hatte er blühen und gedeihen sehen, ja mehr, er erlebte noch die deutsche Vereinigung und den Beschluss, die Hauptstadt von Bonn zurück in das von ihm so beharrlich verteidigte Berlin zu verlegen. Am Ende ging jede der beiden Gründungen in einen größeren Verbund ein: die alte Bundesrepublik in das vereinigte Deutschland und vielleicht bald in die Europäische Union, die Zeitung in ein weitläufiges, grosszügig geführtes Verlagshaus. Vor Untergängen gesichert? Der Mann, der so selbstverständlich auf eigenen Füssen stand und seine Dinge selbst in die Hand nahm, suchte doch Sicherheit für sein Werk stets im Anschluss an andere.« nicht gerne hörten. aus: Ralf Dahrendorf: Liberal und unabhängig. Gerd Bucerius und seine Zeit München (C.H. Beck Verlag) 2000 Dieser Mann wurde zu einem der grossen Gründer der Nachkriegsjahre. Die ihm Weitere Literatur zu Gerd Bucerius: Karsten Schmidt: Gerd Bucerius, in: Recht und Juristen in Hamburg, II, Hrsg.: Jan Albers u.a., Köln (Heymanns Verlag) 1999, S. 339-408 wichtigste Gründung hiess und heisst passenderweise »DIE ZEIT«. Er wurde ihr [8] [ 9] LEITBILD Wissen fördern – Kultur bereichern – Chancen eröffnen Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius unterstützt die Entwicklung der Zivilgesellschaft. Als unabhängige gemeinnützige Stiftung stärkt sie privates Engagement, das verantwortungsbewusst Aufgaben für die Gemeinschaft wahrnimmt. Sie fördert in ihren Satzungsgebieten »Wissenschaft und Forschung«, »Kunst und Kultur« Offen für Ideen – das Haus der Stiftung sowie »Bildung und Erziehung« durch selbstinitiierte Vorhaben und unterstützt Projekte qualifizierter Antragsteller. Als eine der größten privat errichteten deutschen Kapitalstiftungen gründet sie auch eigene Einrichtungen und übernimmt damit nachhaltig und langfristig Verantwortung für die von ihnen wahrgenommenen Förderaufgaben. Daneben stellt sie für befristete Vorhaben, für Stipendienprogramme und für kurz- und mittelfristige Anschubleistungen Mittel bereit, um Innovationen zu realisieren, besonders begabte Nachwuchskräfte zu fördern, kreative Energien zu wecken, aber auch schützenswerte kulturelle Güter zu erhalten. Ermuntert durch die schöpferische Unruhe ihres Stifters Gerd Bucerius unterstützt sie Projekte, die mutig Neues versuchen und zu den dringend benötigten Veränderungen in Wissenschaft, Kultur und Bildung beitragen. Sie fördert – konzentriert auf ihre Schwerpunkte – Initiatoren, die durch tatkräftiges bürgerschaftliches Engagement eigenverantwortlich in die Gesellschaft hineinwirken. [10] [11] DIE FÖRDERTÄTIGKEIT DER ZEIT-STIFTUNG EBELIN UND GERD BUCERIUS IN DEN JAHREN 2001 UND 2002 Michael Göring Doktoranden widmet sich osteuropäischen Geschichtsthemen, Timothy Garton Ash, Die Aktivitäten der Stiftung im Berichtszeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2002 seit 2002 Gerd Bucerius-Stiftungsprofessor für Contemporary History am St. Antony’s waren vor allem geprägt durch die Gründung und den Start des Bucerius Kunst College in Oxford, ist Spezialist auf diesem Gebiet. Eine eigene Sommerakademie für Forums, einer zweiten eigenen Einrichtung der Stiftung, durch die planmäßige fortgeschrittene Studierende und Doktoranden der Geschichtswissenschaften ist Weiterentwicklung der Bucerius Law School, die Einrichtung einer eigenen Bucerius konzipiert und startet im Sommer 2003. Das Deutsche Historische Institut in Moskau, Summer School on Global Governance und den weiteren Ausbau der Begabten- ein seit 2002 intensiv vorbereitetes Großprojekt der Stiftung in Zusammenarbeit mit förderung im Bereich der Geschichtswissenschaften durch ein eigenes Doktoranden- der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, eröffnet im Jahr 2003. programm. Hinzu kamen zahlreiche weitere neue Initiativen: Die Stiftung finanzierte gemeinsam mit drei anderen Trägern die Restaurierung von 37 besonders wertvollen Neu hinzugekommen ist das Gebiet der Global Governance, das sich zu einem sehr Orgeln in Mecklenburg-Vorpommern, sie entwickelte SCHREIBMAL, einen Schreib- attraktiven Schwerpunkt der Wissenschaftsförderung der Stiftung entwickelt hat. Die wettbewerb für Jugendliche in Hamburg, sie begründete die Gerd Bucerius Lecture in Bucerius Summer School on Global Governance startete im Sommer 2001 und Washington und – ab 2003 – in London und Jerusalem, sie ermöglichte ein Bucerius versammelte auch 2002 wiederum 55 Teilnehmer zwischen 28 und 35 Jahren aus über Center for Research of Contemporary German History and Society an der Universität 20 Nationen, die von rund 40 international ausgewählten Referenten unterrichtet Haifa und half der Max-Planck-Gesellschaft bei der Einrichtung einer Max Planck wurden. Parlamentarische Abende in Berlin zu Governance-Themen gehören zu Research School on Earth System Modelling an der Universität Hamburg. Die Stiftung diesem Schwerpunkt ebenso wie die Unterstützung einschlägiger Tagungen. setzte die besten ihrer vor 2001 gestarteten Programme fort und baute sie aus: Das LERN-WERK Hamburg umfasst nunmehr acht Haupt- und Realschulen in Hamburg, Den Schwerpunkt in der Kunst- und Kulturförderung der Stiftung bildet seit dem deren Schülerinnen und Schüler so praxisnah gefördert werden, dass sie auf den 25. Oktober 2002 das Bucerius Kunst Forum. An jenem Tag begann das Ausstellungs- Übergang ins Berufsleben in besonderer Weise vorbereitet sind. Acht weitere programm des Forums mit einer Vorpremiere, die 41 Meisterwerke aus Dresden Zeitungen und Journalisten aus osteuropäischen Ländern erhielten 2001 und 2002 zeigte. Die Gemälde von Tizian, Tintoretto, Mantegna, Rubens, van Dyck und den Gerd Bucerius-Förderpreis Junge Presse Osteuropas, jeweils mit bis zu 50.000 Canaletto wichen am 12. Dezember 2002 der nächsten Ausstellung, der eigentlichen Euro dotiert. Sowohl 2001 als auch 2002 ermöglichte die Stiftung in Kooperation mit großen Eröffnungsschau »Picasso und die Mythen«. Der Besucherandrang übertraf der Hamburger Kulturbehörde erneut das »Musikfest Hamburg«, das der Musik des alle Erwartungen. Das neue Format des konzentrierten Blicks, einer Ausstellung von 20. Jahrhunderts gewidmet ist. ausgewählten Spitzenwerken auf 600 Quadratmetern im Zentrum der Stadt, geöffnet an allen sieben Tagen der Woche von 11 bis 19 Uhr, findet täglich neue Anhänger. Die folgenden Seiten informieren über die hier genannten Stiftungsprojekte und über viele weitere, die das breite Spektrum der Stiftungsarbeit zeigen. Bei aller Mit der Bucerius Law School, dem Bucerius Kunst Forum, der Bucerius Summer Vielfalt waren die Förderentscheidungen von Vorstand und Kuratorium dadurch School, dem LERN-WERK, dem Musikfest und vielen weiteren Vorhaben konnte die geleitet, innerhalb der drei Satzungsbereiche inhaltliche Schwerpunkte zu bilden. Stiftung in den vergangenen Jahren der Stadt Hamburg neue Impulse geben und die Ausstrahlung der Hansestadt, vor allem als Standort der Wissenschaft und der Kultur, Im Wissenschaftsbereich steht die Bucerius Law School, das Flaggschiff der Stiftung, erhöhen. Nachfolgend werden einige Beiträge erläutern, wie die Stiftung darüber an der Spitze des Schwerpunktes »Förderung der Rechtswissenschaften«. Dazu hinaus ihre internationale Tätigkeit erheblich ausgebaut hat. gehören auch die rechtswissenschaftlichen Stiftungsprofessuren in Rostock, Greifswald und Jena, das Bucerius-Juraprogramm für hochbegabte Doktoranden, die Die Stiftung wird auch in den bevorstehenden Jahren die eigenen Einrichtungen Unterstützung für rechtswissenschaftliche Tagungen und die Hilfe für studentische Bucerius Law School und Bucerius Kunst Forum weiter stärken, in Hamburg, in Teilnehmer an den nationalen und internationalen Moot-Court-Wettbewerben. Deutschland und an ausgewählten Orten des Auslands innovative Projekte auf den Auf dem Gebiet der Geschichtswissenschaften hat die Stiftung ein ähnliches Netz von Weg bringen, besonders begabte Nachwuchskräfte fördern und ihren Beitrag zu einer unterschiedlichen Fördermaßnahmen aufgebaut. Das Stipendienprogramm für von privater Initiative bestimmten Bürgergesellschaft leisten. [12] [13] NACHRUF Tyll Necker Mitglied im Kuratorium der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius seit 1996 IDEALTYPUS DES UNTERNEHMERS ZUM TODE VON TYLL NECKER/ VON HELMUT SCHMIDT Necker kannte sich aus im internationalen Geschäft und in der Weltwirtschaft. Dabei blieb er ein deutscher Patriot. Er hat sich von Anfang an solidarisch um den Osten gekümmert. Er hat in den Jahren nach 1989 die teils illusionistischen, teils opportunis- Die Nachricht vom plötzlichen Tode Tyll Neckers, gerade erst 71 Jahre alt, hat viele wie ein Tiefschlag getroffen, so auch die ZEIT-Stiftung. Denn er war einer der seltenen Beispiele für den Idealtypus eines Unternehmers: durchaus erfolgreich, zugleich gekennzeichnet durch bescheidene Lebensführung und durch Gerechtigkeitsstreben für die Arbeitnehmer. Er verband einen ausgeprägten Sinn für das Wohl der res publica mit einem weit herausragenden Verantwortungsbewusstsein. Er hatte sozialökonomisch-politische Urteilskraft – jenseits von Branchen- und Verbandsinteressen, jenseits von Parteipolitik oder ideologischen Präferenzen. tischen Versprechungen an die Adresse der Ostdeutschen verurteilt. Wenn damals die Regierenden seine vernünftigen Vorschläge befolgt hätten, so wäre manches sehr viel besser verlaufen. Denn für Necker standen Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen im Vordergrund, nicht die Lohnangleichung. Er hatte Recht. Er hat Anfang der neunziger Jahre Kanzler Kohl drastische Vorwürfe gemacht, damals aber auch vor einer rot-grünen Koalition gewarnt, weil sie Arbeitsplätze kosten würde. Diese letztere Warnung hat sich bisher nicht als gerechtfertigt erwiesen. Wohl aber hatte Necker im Jahre 2000 Recht, als er über die neuen Bundesländer sagte: Ihm waren innere Unabhängigkeit und die Kardinaltugend der Tapferkeit eigen. Er hat seine Ratschläge an die Unternehmer, an die Gewerkschaften und die Politiker laut und deutlich ausgesprochen, das Gegenteil eines Opportunisten, ob an der Spitze des Verbandes der Maschinenbau-Anstalten oder in den Kanzlerrunden. [14] »Die Frage lautet, mit welcher Strategie wir zu mehr Arbeitsplätzen und zu einer verbesserten Situation der Menschen und ihrer Motivation kommen. Die Reifeprüfung haben Ost und West noch zu bestehen.« Erschienen in: DIE ZEIT, Nr. 15, 5. April 2001 [15] NACHRUF Marion Gräfin Dönhoff Ein wichtigeres Beispiel für ihren Klarblick und ihre Zivilcourage war Marion Dönhoffs Eintreten für die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige Ostgrenze Deutschlands. Wer ihre sechs Essays über die Menschen und die Geschichte Ostpreußens gelesen hat, zusammengefasst unter dem Titel »Namen, die keiner mehr nennt«, wer dieses bewegende Buch und die Liebe der Autorin zu ihrer ostpreußischen Heimat wie ebenso zum wohlverstandenen Preußentum auf sich wirken lässt, der kann die moralische Leistung Marion Dönhoffs ermessen, die im Willen zur Anerkennung der neuen Grenze begründet war. Heute ist es leicht einzuräumen, die bisherige Geschichte habe ihr Recht gegeben. Damals jedoch war die Mehrheit der Deutschen dagegen. Ihre innere Unabhängigkeit hat ihr kluge Einsichten ermöglicht, die sie mit Tapferkeit Mitglied im Kuratorium der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius seit 1971 vertreten hat. Unter dem Primat des Grundwertes der Würde und der Freiheit der einzelnen Person hat sie ihre Leser in jeder Streitfrage auf die anderen Grundwerte der Brüderlichkeit und der Gerechtigkeit orientiert – ob sie über Europa schrieb oder über die Lage der Schwarzen zur Zeit der Apartheid, über die Lage der Dissidenten in der Sowjetunion, über deutsche Innenpolitik – zum Beispiel über die Notwendigkeit der Versöhnung unter den Deutschen – oder über die andere Notwendigkeit, den »Kapitalismus zu zivilisieren«. IN MEMORIAM ZUM TODE VON MARION GRÄFIN DÖNHOFF/VON HELMUT SCHMIDT Marion Dönhoff hielt konservativ an ihren Werten fest, zugleich war sie liberal und tolerant. Aber sie hat immer gewusst: »Ob jemand Muslim, Christ oder Hindu ist – Als junge Frau hatte Marion Dönhoff teil an dem patriotischen Entschluss zu Hochverrat und Tyrannenmord. Mit dem Fehlschlag, mit der Entwürdigung und der Hinrichtung der meisten ihrer Freunde ist ihr erstes Leben zu Ende gegangen. Als eine der letzten Überlebenden des Widerstandes gegen den Verderber Hitler ist sie bis zuletzt für viele Menschen, draußen in der Welt und ebenso bei uns zu Hause, ein Symbol des aufgeklärten, anständigen Deutschlands gewesen. Jedoch die große Verehrung, die ihr als einer unanfechtbaren moralischen Instanz entgegengebracht worden ist, hatte einen zweiten Grund in ihrer stupenden journalistischen Leistung im Laufe ihres zweiten Lebens, nämlich des halben Jahrhunderts bei der ZEIT in Hamburg. Mein erster Brief an Marion Dönhoff stammt aus dem Jahre 1957. Sie hatte in der ZEIT den Sozialdemokraten Herbert Wehner gegen üble Verunglimpfungen verteidigt; ich hatte ihren Artikel gelesen und dankte ihr: für »Klarblick, Herz und Zivilcourage«. Jene kleine Episode ist typisch: Weil sie die Verletzung der Würde eines Mitmenschen erkannte, trat sie für ihn ein – obschon das damals bei vielen auf Widerspruch stoßen musste. vielleicht auch Atheist – wichtig ist: da gibt es etwas Höheres. Der Mensch ist nicht die letzte Instanz.« Marion Dönhoff hat festgehalten an ihrer Einsicht, dass wir uns moralisch nicht auf uns selbst verlassen dürfen, sondern dass Würde und Freiheit des Menschen der Bindung nach oben bedürfen. Sie hat immer wieder ein gutes Beispiel gegeben, in ihrem privaten wie im öffentlichen Leben. Sie hat – ganz anspruchslos – Führung ausgeübt wie selten ein politischer Journalist und Autor in Deutschland. Und dies, um den Amerikaner Fritz Stern zu zitieren, »… zugleich mit preußischer Strenge und zugleich mit menschlicher Wärme.« Richard von Weizsäcker hat über sie gesagt: »Ihre moralischen Grundsätze sind ebenso menschlich wie eindeutig. Ihr politisches Urteil hat den langen Atem der Geschichte. Die Bescheidenheit stammt aus dem alten Preußen, die Bildung aus Europa, der Common Sense aus der Erfahrung in der Welt.« Beide Freunde haben Recht. Für die ZEIT war sie ein großes Vorbild. Die Deutschen haben eine wegweisende Mitbürgerin verloren. Erschienen in: DIE ZEIT, Nr. 11, 14. März 2002 [16] [17] DIE EIGENEN EINRICHTUNGEN DER ZEITSTIFTUNG EBELIN UND GERD BUCERIUS Die Gründung der Hochschule wurde begleitet von einer mit Persönlichkeiten aus dem öffentlichen und juristischen Leben besetzten Gründungskommission unter Zentral gelegen – das historische Kuppelgebäude der Bucerius Law School dem Vorsitz von Dr. Henning Voscherau, Notar in Hamburg und vormals Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Der dauerhafte Bestand der Hochschule wird durch die ZEIT-Stiftung gewährleistet. Seit 2002 existiert die Stiftung zur Förderung der Bucerius Law School. Zahlreiche Unternehmen, Stiftungen und Sozietäten unterstützen die Bucerius Law School durch materielle Zuwendungen, durch Die Bucerius Law School – die erste private Hochschule für Rechtswissenschaft in Deutschland Einbringung ihrer Erfahrungen in die Lehre und durch Betreuung von Praktikanten. Sitz der Bucerius Law School ist ein aus dem Jahr 1908 stammendes, denkmalgeschütztes, mit großem Aufwand für die Belange der Hochschule umgebautes Gebäude nahe dem Hamburger Dammtorbahnhof und in der Nachbarschaft des Parks »Planten un Blomen« – in zentraler, doch landschaftlich eingebundener Lage Karsten Schmidt auf einem baumbestandenen Grundstück. Die deutsches und ausländisches Recht Die Bucerius Law School ist die erste und bisher einzige staatlich anerkannte private umfassende Hengeler Mueller-Bibliothek schafft zusammen mit dem hohem EDV- Hochschule für Rechtswissenschaft in Deutschland. Dieses von der ZEIT-Stiftung Standard die Voraussetzungen für rechtswissenschaftliche Forschung. Für die Lehre Ebelin und Gerd Bucerius initiierte Projekt will ein für heute und morgen tragfähiges stehen moderne Hörsäle und Arbeitsräume zur Verfügung – darunter der mit High Konzept für die juristische Ausbildung und Forschung verwirklichen – mit den Zielen Tech-Ausstattung versehene Nixdorf-Hörsaal. Der Bau eines Auditorium maximum Internationalität, Praxisnähe, Leistungsorientierung und Persönlichkeitsbildung. hat begonnen. Trägerin der Hochschule ist die Bucerius Law School gGmbH als gemeinnützige Der Lehrkörper der Bucerius Law School setzt sich Ende 2002 aus 12 hauptberuflich Körperschaft mit dem Geschäftsführer, Dr. Markus Baumanns, und einem Aufsichtsrat tätigen Professoren zusammen, darunter eine Frau. Die Besetzung eines 13. Lehrstuhls unter Vorsitz von Professor Dr. Michael Göring. Alleinige Gesellschafterin dieser ist in die Wege geleitet. Mit seinem geringen Durchschnittsalter, mit seiner interna- Körperschaft ist die ZEIT-Stiftung. Die wissenschaftliche Leitung der Hochschule liegt tionalen Qualifikation und mit entsprechenden Forschungsschwerpunkten setzt in den Händen des Präsidenten, Professor Dr. Dr. h.c. mult. Hein Kötz, Vizepräsident dieser Lehrkörper Akzente in der deutschen Hochschullandschaft. Jeder Lehrstuhl ist der Verfasser. berichtet jährlich über seine wissenschaftlichen Erträge (siehe auch Seite 108). [18] [19] Blick in die Hengeler Mueller-Bibliothek Für die Vertiefung der Ausbildung in Sondermaterien und für die Berufsorientierung des Lehrprogramms sorgt ein Kreis von Lehrbeauftragten aus Wirtschaftswissenschaft, Rechtswissenschaft und Praxis. Der gezielten Vorbereitung auf das 1. Staatsexamen widmet sich ein eigenständiges Examensvorbereitungsprogramm, das vom hochschuleigenen »Zentrum für juristische Didaktik« für die Studierenden ab dem 8. Trimester entwickelt wurde. Zum wissenschaftlichen Profil der Hochschule trägt das hochschuleigene Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen bei, das neben eigener Forschung externes Expertenwissen auf Fachtagungen auswertet und die Erträge in Jahrbüchern publiziert. Die Hochschule nimmt jährlich etwa hundert Studierende auf. Diese werden ohne Ansehung finanzieller Voraussetzungen in einem mehrteiligen Aufnahmeverfahren ausgesucht und in einem konzentrierten und anspruchsvollen Studium in dreieinhalb Jahren zum Ersten Juristischen Staatsexamen und zu einem hochschuleigenen Bachelor-Grad (LL.B) geführt. Wirtschaftswissenschaftliche Lehrveranstaltungen gehören ebenso zum Lehrangebot wie fachbezogene Ausbildungsgänge in Fremdsprachen und ein integriertes Studium generale-Programm. Die Bucerius Law School hat ein weltweites Netzwerk von Partnerhochschulen entwickelt, das allen Studierenden zu Beginn des dritten Studienjahrs den Zugang zu einem obligatorischen Gasttrimester an einer ausländischen Hochschule eröffnet. Im Gegenzug haben im Herbst 2002 erstmalig Studierende aus aller Welt ein Trimester an der Bucerius Law School verbracht. Die Bucerius Law School hat sich zum Ziel gesetzt, das gesamte Spektrum der Lehr-, Forschungs- und Weiterbildungsaufgaben rechtswissenschaftlicher Hochschulen zukunftsweisend abzubilden. In Weiterentwicklung des Vorhandenen wird sie erstmals ab Sommer 2003 Executive-Programme anbieten, im Aufbau befindet sich zudem ein Master-Programm, das voraussichtlich ab Sommer 2004 junge Juristen vor allem aus Osteuropa, Asien und den USA in die Theorie und Praxis des europäischen Rechts einführen soll. [20] [21] DIE EIGENEN EINRICHTUNGEN DER ZEITSTIFTUNG EBELIN UND GERD BUCERIUS aus der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden präsentiert werden konnte. Für die künstlerische Leitung wurde Prof. Dr. Heinz Spielmann gewonnen, vormals Landesmuseumsdirektor von Schleswig-Holstein. Die Geschäftsführung liegt in den Händen des Verfassers. Kuratorin ist Dr. Ortrud Westheider, Kristina Schilling leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Das Bucerius Kunst Forum befindet sich an einem besonders zentralen und exponierten Ort der Hansestadt, der »Piazetta« mit Alsterarkaden, Alster und Kanälen – einst von Gottfried Semper mit Venedig verglichen. Der Rathausmarkt, durch Politik und Wirtschaft dominiert, erhält nun den ersten gewichtigen kulturellen Akzent. Damit spricht das Kunst Forum zugleich auch die vielen Touristen und Besucher der City an. Bereits mit den ersten beiden Ausstellungen ist es gelungen, das Bucerius Kunst Forum als neue kulturelle Attraktion in Hamburg zu etablieren. Viele Menschen, die Einladung ins Bucerius Kunst Forum am Hamburger Rathausmarkt vormals eher selten Museen besucht haben, schätzen die besonderen, didaktisch aufbereiteten Ausstellungen, genießen die intime Atmosphäre im Café Canaletto oder finden im Museumsshop interessante Angebote jenseits des Mainstreams. Führungen zur Mittags- oder Abendzeit wenden sich insbesondere an die vielen Menschen, die in der City arbeiten und nur über wenig Zeit verfügen. Der Förderverein Bucerius Kunst Club unterstützt die Arbeit des Bucerius Kunst Forums und trägt aktiv dazu bei, dass hier ein spartenübergreifender Diskurs seinen Kunst im Herzen der Stadt das Bucerius Kunst Forum festen Platz hat. Die Vorbereitungen für das Ausstellungsprogramm reichen bis in das Jahr 2006. Schwerpunkte liegen in der Klassischen Moderne, Kunst und Kulturen der Seiden- Philipp Adlung straße, aber auch den Alten Meistern. Nach der Ausstellung »Picasso und die Mythen« Am 25. Oktober 2002 eröffnete das Bucerius Kunst Forum am Hamburger Rathaus- werden unter anderem zu sehen sein: »Lukas Cranach: Glaube, Mythologie und markt – auf rund 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind fortan im ehemaligen Moderne«, »Faszination Buddha«, »Max Beckmann: Menschen am Meer«, »Etruskische Gebäude der Deutschen Reichsbank jährlich bis zu vier Ausstellungen bildender Malerei«, »Auguste Rodin: die Porträts«, »Wolkenbilder«, »Oskar Kokoschka: Aqua- Kunst von der Antike bis zur Moderne zu sehen. Mit der Etablierung des Kunst Forums relle« sowie »Das goldene Zeitalter der russischen Ikone«. Verbindendes Element der will die ZEIT-Stiftung Kunst verschiedener Epochen als lebendige konzentrierte Ausstellungen ist, die Beziehungen zwischen alter und neuer Kunst darzustellen. So Gegenwart dem Betrachter im Zentrum der Stadt erfahrbar machen. Nach der im stehen Picassos Plastiken neben etruskischen, seine Keramik ist neben griechischen Jahre 2000 eröffneten Bucerius Law School ist das Bucerius Kunst Forum die zweite Vorbildern zu sehen. Im Falle Cranachs wird die Rezeption durch Kirchner, Giacometti eigene Einrichtung der Stiftung. und Picasso gezeigt. Die folgende Aussage Pablo Picassos kann deshalb programmatisch über der Arbeit des Bucerius Kunst Forums stehen: Die Initiative zur Gründung des Bucerius Kunst Forums mündete nach der Entscheidung des Kuratoriums im April 2001 in erhebliche Umbauarbeiten, um die ehemalige »Für mich gibt es in der Kunst weder Vergangenheit noch Zukunft. Die Kunst der Kassenhalle und das Souterrain zu hochmodernen Ausstellungsräumen herzurichten. Griechen, der Ägypter und der großen Maler, die zu anderen Zeiten lebten, ist keine Die vom Architekten Jan Störmer geleiteten Maßnahmen wurden früher als geplant Kunst der Vergangenheit; vielleicht ist sie heute lebendiger denn je. Kunst entwickelt abgeschlossen, so dass vor der eigentlichen Eröffnung am 12. Dezember 2002 mit sich nicht aus sich selbst, sondern die Vorstellungen des Menschen ändern sich und der Ausstellung »Picasso und die Mythen« eine Auswahl von Meisterwerken mit ihnen die Ausdrucksform.« [22] [23] DIE INTERNATIONALEN AKTIVITÄTEN DER ZEIT-STIFTUNG EBELIN UND GERD BUCERIUS Mit dem seit 2001 geförderten »Petersburger Dialog« unterstützt die Stiftung eine Michael Göring deutsch-russische Einrichtung, die jährlich bedeutende Vertreter aus den Bereichen In den vergangenen beiden Jahren hat die Stiftung verstärkt bereits bestehende Wirtschaft, Politik, Kultur, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Medien aus beiden Förderungen im Ausland intensiviert und in zahlreichen Ländern neue Projekte Ländern zusammenbringt. Nach dem Modell der Königswinterer Gespräche soll ein begonnen. Innovative Wissenschafts-, Kultur- und Bildungsförderung erfordert dichtes deutsch-russisches Netzwerk enstehen, aus dessen Kontakten binationale Erfahrungen über die Landesgrenzen hinaus. Das nunmehr entstandene Netzwerk, Vorhaben erwachsen. das allein im Wissenschaftsbereich Universitäten an so unterschiedlichen Orten wie Kaliningrad, Oxford, Paris, Cambridge/Mass., Haifa und Shanghai erreicht, kommt In Israel hat die Stiftung ihre Hilfe für die Universität Haifa verstärkt. Das dort 2001 auch der internationalen Arbeit der Bucerius Law School zugute, die mittlerweile gegründete, von Yfaat Weiss geleitete Bucerius Center for Research of Contemporary zu 58 Partneruniversitäten in vier Kontinenten Verbindungen unterhält. Die German History and Society trägt den Namen unseres Stifters nunmehr auch zu den Stiftung sieht ihre Auslandstätigkeit auch in der Tradition ihres Gründers, der als Studierenden und Lehrenden an der renommierten Universität im Norden Israels Politiker und Herausgeber früh seinen Blick auf das Ausland richtete. (siehe auch Seite 28). In diesem Jahr wird in Jerusalem erstmalig eine Gerd Bucerius Lecture stattfinden. Damit greift die Stiftung eine Veranstaltungsform auf, die in War die Förderung in Russland zunächst auf das frühere Königsberg konzentriert, so Washington im Jahr 2001 und 2002 mit großem Erfolg stattgefunden hat. Auch in unterhält die Stiftung heute Förderprojekte in Königsberg, St. Petersburg und in London wird im Jahr 2003 eine Bucerius Lecture angeboten. Hier wie in Washington Moskau. Die Planungen für die Errichtung eines Deutschen Historischen Instituts in organisiert das jeweilige Deutsche Historische Institut vor Ort die Lecture. Mit der Moskau sind weit vorangeschritten. Mit der Eröffnung ist im Herbst 2003 zu rechnen. Finanzierung des Lehrstuhls von Timothy Garton Ash, der zu den profiliertesten Dieses jüngste Auslandsvorhaben ist ein Gemeinschaftsprojekt der ZEIT-Stiftung und Kennern der jüngsten Geschichte Osteuropas gehört und dessen Bücher auch in der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die das Deutsche Historische Deutschland großes Echo finden, hat die Stiftung 2002 das Förderinstrument der Institut in Moskau die ersten fünf Jahre tragen werden. Danach übernimmt die Stiftungsprofessur erstmalig im Ausland eingesetzt. Diese Professur am St. Antony’s Bundesregierung die weitere Finanzierung. Einer der nachfolgenden Artikel gibt College in Oxford hat ihr Pendant am Londoner International Institute for Strategic einen Überblick über das mittlerweile umfangreiche Engagement der ZEIT-Stiftung Studies, wo die Stiftung 2001 ein Helmut Schmidt Fellowship einrichtete. Dort in Osteuropa, das in besonderer Weise auch durch den bereits vier Mal verliehenen arbeitet gegenwärtig mit Kurt Becher ein deutscher Wissenschaftler an aktuellen Gerd Bucerius-Förderpreis Junge Presse Osteuropas geprägt ist. Sicherheitsfragen. [24] [25] An der Harvard University ließ die Stiftung 2001 ein Förderprogramm wieder aufleben, das Gerd Bucerius bereits in den 1970er Jahren begründet hatte: Jährlich können zwei deutsche Nachwuchsjournalisten am Center for European Studies der Harvard University für jeweils vier Monate forschend tätig sein. Die Stiftung gibt mit diesem Stipendienprogramm jungen, besonders qualifizierten Journalisten die Gelegenheit, losgelöst vom Tagesbetrieb in ihren heimischen Redaktionen, ungestört und ausdauernd für größere Projekte zu recherchieren und sich mit dem neuesten Stand der Forschung vertraut zu machen. Über Fördervorhaben im Ausland hinaus hat die Stiftung die internationale Komponente bei ihrer inländischen Arbeit verstärkt. Das wird besonders augenfällig bei der jüngsten Entwicklung der Bucerius Law School, die einer der nachstehenden Beiträge ausführlicher darlegt, und bei der Bucerius Summer School on Global Governance, die Sonja Lahnstein-Kandel, Lord Ralf Dahrendorf und Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt bei der Eröffnung der Bucerius Summer School on Global Governance 2002 2001 erstmalig stattfand und sowohl 2001 wie 2002 Teilnehmer und Referenten aus 25 Ländern versammelte. Die Summer School-Teilnehmer bleiben auch nach Ende der zweiwöchigen Veranstaltung durch das Internet verbunden, so dass die Stiftung hier auf ein schnell wachsendes und weit gespanntes internationales Netzwerk zurückgreifen kann (siehe auch Seite 40). Die Auslandsförderung der Stiftung erreichte 2001 mit 2,1 Mio. Euro 9,6 Prozent der Gesamterträge, 2002 mit 3,6 Mio. Euro 12,8 Prozent. Die Stiftung wird ihr internationales Engagement auch in den kommenden Jahren fortsetzen und vor allem die Verbindung zu verschiedenen inländischen Fördervorhaben, zur Bucerius Summer School und zu den Tochtergesellschaften Bucerius Law School und Bucerius Kunst Forum stärken. [26] [27] INTERNATIONALE AKTIVITÄTEN ISRAEL Projekte in Israel Manfred Lahnstein Seit dem Jahre 1996 hat sich die Stiftung in Israel engagiert. Von Anbeginn an haben dabei drei Aspekte im Vordergrund der Arbeit gestanden: • Förderung herausragender wissenschaftlicher Vorhaben im Grenzbereich zwischen Geistes- und Naturwissenschaften • Förderung eines fruchtbaren Zusammenlebens von jüdischen und arabischen Studierenden • Förderung des israelischen Verständnisses für Deutschlands jüngere Geschichte und Gegenwart Die Stiftung konzentriert sich auf die Universität Haifa, weil dort an allen drei Schwerpunkten über lange Jahre hinweg erfolgreich gearbeitet wird. Diese Arbeit steht in der Tradition einer Hochschule, die ebenso wie Haifa selbst durch unersetzbare Beiträge von Juden aus Deutschland geprägt worden ist. Sie anerkennt aber auch die zwingende Notwendigkeit, jenseits aller aktuellen Fährnisse immer wieder Wege zu Auf dem Campus der Universität Haifa Frieden, Toleranz und Zusammenarbeit zu bahnen. Einige Projekte seien besonders erwähnt: • Das Laboratorium für neuro-kognitive Forschung (Professor Zvia Breznitz) Frau Breznitz betreibt in enger internationaler Kooperation und mit erheblichem Erfolg Forschungsarbeiten zu Ursachen, Diagnose und Therapie verschiedener Lernbehinderungen. Nachdem die Stiftung zunächst ihre Studien auf dem Gebiet der Dyslexie begleitet hat, fördert sie derzeit die Forschung zu Gehirnaktivitäten leseschwacher Kinder. Diese Forschung beruht auf einem Großversuch mit insgesamt 5.000 Kindern und Jugendlichen. • Das Jewish Arab Center (Dr. Faisal Azaiza) Das Zentrum widmet sich seit vielen Jahren der wissenschaftlichen Begleitung und Durchführung von Projekten, die Dialog und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen in Israel lebenden Völkern befördern. Hier nimmt die Universität Haifa eine Sonderrolle ein, da rund 20 Prozent der Studierenden der arabischen, drusischen oder einer anderen Minorität entstammen. [28] [29] Wissensgemeinschaft in einem zerrissenen Land Derzeit fördert die Stiftung in Haifa und in Galiläa ein breit angelegtes Dialogprogramm für Lehrer aus den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Es sollen Wege gefunden werden, die den interkulturellen Kontakt in einem möglichst frühen Lebensalter erleichtern. • Das Projekt Social Leadership for Arab Students (Professor Ron Robin) Die Universität Haifa steht vor der Herausforderung, auch arabischen Studierenden dabei zu helfen, zivilgesellschaftliches Engagement zu wecken und zu vertiefen. Hierbei steht die wissenschaftlich begleitete Arbeit in kommunalen Problemgebieten im Vordergrund. Mit der Hilfe der Stiftung können derzeit rund 110 Studierende gefördert werden, ein erheblicher Teil davon sind Studentinnen, die vor ihrem besonderen kulturellen Hintergrund mit zusätzlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. • Das Bucerius Center for Research of Contemporary German History and Society (Dr. Yfaat Weiss) Dieses längerfristig angelegte Projekt startete im Herbst 2001. Inzwischen sind die ersten Gastprofessoren aus Deutschland tätig geworden; mehrere Stipendiaten arbeiten an ihren Dissertationen und anderen akademischen Graden. Einige Tagungen und eine Vortragsreihe runden die Arbeit des Zentrums ab. Erste Im engagierten Gespräch Veröffentlichungen sind in Vorbereitung. Es bleibt zu hoffen, dass eine veränderte Sicherheitslage in Israel es deutschen Wissenschaftlern leichter machen wird, sich zu einem auch längeren Aufenthalt im Lande zu entschließen. Außerhalb der Universität unterstützt die Stiftung das Bemühen der Stadt Haifa, die historisch außerordentlich bedeutsame Restaurierung der »German Colony«, einer Siedlung deutscher Templer aus dem 19. Jahrhundert, abzuschließen. Hierbei geht es insbesondere um die ehemalige Schule der Templergemeinde, die zusammen mit dem bereits hergestellten Gemeindehaus das Stadtmuseum Haifa aufnehmen wird. [30] [31] INTERNATIONALE AKTIVITÄTEN MITTEL- UND OSTEUROPA Der Königsberger Dom vor … … und nach der Restaurierung Stiftungsengagement für Mittel- und Osteuropa Klaus Asche Fast zeitgleich mit dem Erscheinen dieses Tätigkeitsberichts begeht St. Petersburg die Dreihundertjahrfeier seiner Gründung durch Peter den Großen. Bei dessen Suche nach geeigneten Modellen für Reformen in Russland vor allem in Wirtschaft und Technik spielte auch Hamburg eine Rolle. Die zweite Hauptstadt Russlands schickt sich nun an, mit ihrem Jubiläum im Sommer 2003 den gesellschaftlichen und staatlichen Aufbruch des Landes zu feiern - nach Jahrzehnten der Trennung und allenfalls frostiger Begegnungen auf offizieller Ebene stehen wir endlich vor einer Neubelebung der deutschrussischen Beziehungen in Europa. St. Petersburg 2003 ist als Symbol auch für die ZEIT-Stiftung wichtig: Es steht für den Beginn der Neuzeit in der Geschichte Russlands und für dessen »Fenster nach Europa« und damit für die außenpolitische Öffnung nach Zeiten drohender Stagnation. Ebenso verkörpert es den kühnen Versuch, eine Hauptstadt zu planen und zu errichten – ein guter Bezugspunkt auch für uns Deutsche bei dem Unterfangen, unsere eigene Kapitale des 21. Jahrhunderts auf den Trümmern von Krieg und Diktaturen neu einzurichten. Bei aller Konzentration auf die deutsch-russischen Beziehungen verliert die Stiftung die anderen Staaten Osteuropas keineswegs aus den Augen. [32] [33] Der aufmerksame Gang durch die Stadt an der Newa, dieses »Laboratorium der Moderne« (Karl Schlögel), zeigt noch heute, wie intensiv das Verhältnis zwischen Deutschen und Russen in allen Bereichen seit dem 18. Jahrhundert war – am Zarenhof, in Bibliothek und Kabinett, in Armee und Flotte, Kontor und Werkstatt. Monarchen wie Philosophen war indes klar, dass jeder Aufbruch und Neuansatz eine tragfähige Verankerung in der Gesellschaft benötigt, um wirken zu können. Die Fundamente der Petersburger Paläste, deren Schauräume bei der Dreihundertjahrfeier St. Petersburgs im Licht stehen, ruhen auf den Pfählen des 18. Jahrhunderts. Marion Gräfin Dönhoff, die uns bis zu ihrem Tode im Jahr 2002 eng verbunden war, Sie verkörpern die Anziehungskraft von Überzeugungen, die sicherlich auch aus hat diese Überzeugung verkörpert und weitergetragen. Vorhaben wie das Kant- russischer Sicht in dem Werk Immanuel Kants gipfelten, dessen 200. Todestag Stipendienprogramm, der Einsatz für die Junge Presse Osteuropas oder das deutsch- mehrere Vorhaben der Stiftung in Königsberg, St. Petersburg und Berlin gelten. polnische Lyceum Marion Dönhoff in Nikolajken/Masuren tragen dazu bei, die ihr wichtigen Werte zu bewahren. Die von der Gräfin gelebte Maxime, dass die Förder- Der historischen Betrachtung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Das Doktoran- initiativen der Stiftung in Russland und den weiteren Ländern Osteuropas nur in denprogramm der Stiftung »Deutschland und seine östlichen Nachbarn – Beiträge aufrichtiger Zusammenarbeit gedeihen, begleitet uns auch in Zukunft. zur europäischen Geschichte« sowie das in Kürze zu eröffnende Deutsche Historische Institut in Moskau, das die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung sowie die Russland hat seit jeher führende Köpfe in Europa mit seinen schier grenzenlosen Per- ZEIT-Stiftung gemeinsam initiierten und tragen, unterstreichen diese Zielsetzung. spektiven, der Tatkraft und der Bereitschaft zu radikaler Überprüfung von Traditionen immer wieder angezogen. Ein Streifzug durch die Geschichte dieser Faszination, die Die Stiftung setzt sich als Erbin eines erfolgreichen Journalisten, Unternehmers und spätestens bei den Herzögen von Holstein-Gottorf im frühen 17. Jahrhundert ansetz- Politikers aus Hamburg in Osteuropa dafür ein, die Menschen – insbesondere die te, würde zu neuen Begegnungen mit Leibniz, Voltaire, Schlözer, Clausewitz, Weber, Nachwuchskräfte – zu stärken und an Wissenschaft, Bildung und Kunst heran- Benjamin und vielen anderen führen. Kaum ein Land erscheint daher geeigneter, die zuführen. Von ihnen wird es abhängen, ob die Neubelebung der deutsch-russischen Chance der Begegnung und des Dialoges wahrzunehmen. Deutschland steht nach Beziehungen gelingt und welches Leitbild sie dabei verfolgen. Sie schließt auch die einem Jahrhundert beispielloser Umbrüche hinsichtlich seiner Institutionen und Presse ein, die – wie der Blick auf die Geschichte der Demokratie in Europa seit dem Lebensformen vor großen Aufgaben; liebgewonnene Traditionen und Besitzstände 18. Jahrhundert lehrt – zugleich Ausdruck und Motor von Bürgersinn und Gedanken- müssen auf ihre Zukunftsfähigkeit hin überprüft werden. Wie könnten wir da auf die freiheit ist. Der von Präsident Wladimir Putin und Kanzler Gerhard Schröder initiierte Erfahrungen, die die Menschen im Osten in den letzten Jahren in Staat und Gesell- »Petersburger Dialog«, der von der Stiftung gefördert wird, soll den Prozess der schaft gesammelt haben, verzichten? Die Zeit erscheint günstig für »Erweiterung und Annäherung in diesem Sinn unterstützen. Vertiefung« auf diesem weiten Feld. [34] [35] INTERNATIONALE AKTIVITÄTEN BUCERIUS LAW SCHOOL Hoher Stellenwert der Internationalisierung an der Bucerius Law School Andrea Leuck-Baumanns Es gab viele Motive, die die ersten hundert Studierenden im Oktober 2000 nach einem anspruchsvollen Auswahlverfahren bewogen, ihr Studium an der soeben eröffneten Bucerius Law School in Hamburg aufzunehmen. Für die meisten gab die internationale Ausrichtung der Hochschule den Ausschlag – und die Erwartung, an der Bucerius Law School optimal auf ein durch starke internationale Vernetzung geprägtes Berufsleben vorbereitet zu werden. Das Beherrschen möglichst mehrerer Fremdsprachen, die Kenntnis anderer Rechtssysteme und eine gewisse Auslandserfahrung sind heute für die Tätigkeit in Anwaltskanzleien, Unternehmen und Verbänden unverzichtbar. Die Bucerius Law School widmet sich deshalb gerade auch der Einführung in andere Rechtsordnungen, der Rechtsvergleichung und der Vermittlung der erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse, insbesondere in der Rechtssprache. Ein Pflichttrimester im Ausland und Praktika an internationalen Standorten von Kanzleien, Unternehmen und Institutionen vermitteln die nötige Auslandserfahrung. Studierende der Bucerius Law School werden nicht nur intensiv auf das 1. StaatsDie Kraft der Argumente examen vorbereitet, sondern können zugleich den international anerkannten Bachelor auf Laws (LL.B.) erwerben. Neben den deutschsprachigen Lehrveranstaltungen gehören deshalb auch Vorlesungen, Vorträge und Kleingruppenarbeit in englischer Sprache zum Lehrangebot der Bucerius Law School. Über die Kurse in englischer Rechtsterminologie und Konversation hinaus werden nachfrageorientiert Französisch- und Spanischkurse angeboten. Jegliche Leistung der Studierenden der Bucerius Law School wird nach einem europaweit anerkannten Credit Point System beurteilt. [36] [37] Im Herbst 2002 wurde erstmalig eines der wesentlichen Elemente des Ausbildungskonzepts der Bucerius Law School Realität: Die Studierenden des ersten Jahrgangs verbrachten ein Pflichttrimester im Ausland. Sie hatten die Wahl unter 58 Partnerhochschulen im englisch-, französisch- und spanischsprachigen Ausland, darunter 27 in den USA, 21 in Europa und 10 in Afrika, Asien und Südamerika. Von September bis Dezember 2002 waren 66 Studierende aus 9 Ländern zum Austausch in Hamburg zu Gast. Sie belegten Lehrveranstaltungen im Rahmen eines Programms zum »International and Comparative Law«, das von ausländischen Gastprofessoren in englischer Sprache unterrichtet wurde. Darüber hinaus konnten die Gaststudierenden deutsche Sprachkurse und zahlreiche Veranstaltungen und Exkursionen wahrnehmen, die ihnen deutsche Kultur und Geschichte näher brachten. Mit diesem internationalen Profil stößt die Bucerius Law School nicht nur in Deutschland und Europa auf Interesse. In einem bis dahin einmaligen Vorgang haben 22 amerikanische Partner Law Schools die Anerkennung ihres Austauschprogramms mit »Bucerius« bei der American Bar Association (ABA) beantragt. Die ABA hat die Anerkennung für das Programm 2002 ausgesprochen, Ende 2002 entsandte sie eine Inspektion, um die Grundlagen für eine mögliche Akkreditierung des Programms für weitere fünf Jahre zu ermitteln. Die Bucerius Law School - weithin vernetzt Die Leitung der Bucerius Law School wurde im Berichtszeitraum zu mehreren internationalen Konferenzen, vor allem im amerikanischen Raum, eingeladen, um das Auswahlverfahren und das Austauschprogramm vorzustellen. Aspekte wie die Auswahl der Studierenden, ständige Leistungskontrollen, Kleingruppenarbeit, Betonung der social skills in der Ausbildung, Evaluation von Lehre und Management der Hochschule, obligatorischer Auslandsaufenthalt, Unterricht in fremdländischen Rechtssprachen und rechtsvergleichende Inhalte des Curriculums lösten auf den Konferenzen Diskussionen aus und gaben Denkanstöße. Die Bucerius Law School wirkt damit bereits jetzt nicht nur auf der nationalen Ebene, sondern auch international als Impulsgeberin für neue Entwicklungen im Hochschulbereich. Das gegenwärtig geplante Master-Programm insbesondere auch für ausländische graduierte Studierende wird die Internationalisierung der Bucerius Law School noch weiter verstärken. [38] [39] INTERNATIONALE AKTIVITÄTEN BUCERIUS SUMMER SCHOOL Die Bucerius Summer School on Global Governance – Globalisierung steuern, Netzwerke zwischen Akteuren stärken Bernhard Lorentz Die ZEIT-Stiftung setzt mit Global Governance einen neuen Schwerpunkt innerhalb ihrer internationalen Förderaktivitäten. Im Zentrum der Projekte steht die Aus- und Weiterbildung sowie die Vernetzung von Akteuren aus den drei für den Globalisierungsprozess entscheidenden Sektoren Politik, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen. Die abnehmende Bedeutung staatlicher Souveränität und die geringere Handlungsfähigkeit des Nationalstaats gehören zu den entscheidenden Erfahrungen des Globalisierungsprozesses, daher haben internationale Organisationen und nationale Regierungen damit begonnen, neue Formen des Regierens jenseits des Nationalstaats zu entwickeln. Die Stiftung möchte die Diskussion um innovative Steuerungsmodelle im Zusammenhang mit der Globalisierung anstoßen. Verantwortlich für die Bucerius Summer School on Global Governance – Theo Sommer und Bernhard Lorentz Governance umfasst mehr als staatliches Regieren, es verknüpft die Interaktion von Verfassungsinstitutionen und Institutionen der Zivilgesellschaft sowie der Wirtschaft. Der Begriff zielt auf den Prozess, in dem verschiedene staatliche Instanzen, politische Organisationen und zivilgesellschaftliche Gruppen innerhalb des Gemeinwesens Macht, Autorität und Einfluss ausüben, um Entscheidungen über öffentliche Angelegenheiten und gesellschaftliche Fortentwicklung herbeizuführen. Der Begriff Governance bezieht sich auf Regime und Netzwerke, auf Normen und Regeln, Prozeduren und Praktiken, die den Entscheidungen zugrunde liegen. Bei Global Governance geht es also um Regelwerke für den politischen, ökonomischen und kulturellen Verkehr auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene. Global Governance ist zugleich ein heuristisches Werkzeug, eine analytische Methode, eine normative Vision und ein politisches Projekt. Die Bucerius Summer School on Global Governance bildet den Mittelpunkt der Stiftungsprojekte in diesem Bereich. Sie findet 2003 bereits zum dritten Mal statt. Besonders begabten young professionals im Alter zwischen 28 und 35 Jahren ermöglicht die englischsprachige Bucerius Summer School die Diskussion mit hochrangigen Vertretern der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aus aller Welt, zugleich schafft sie bleibende internationale Kontakte. [40] [41] Zu den beiden ersten Bucerius Summer Schools hat die ZEIT-Stiftung je 55 Nachwuchsführungskräfte aus mehr als 20 verschiedenen Ländern eingeladen. Beyond the Nation State – Governance in a Globalized World – der Titel der Bucerius Summer School 2003 knüpft an das Programm der vergangenen Jahre an. Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft debattieren aktuelle Fragen der Global Governance mit den Teilnehmern, vertiefen sie in Workshops und Gruppendiskussionen. Unter den Referenten der Jahre 2001 und 2002 waren Helmut Schmidt (Bundeskanzler a.D.), Dr. Hans Tietmeyer (Bundesbankpräsident a.D.), Lord Ralf Dahrendorf, Professor Dr. Rudi Dornbusch (MIT), Professor Dr. John Ruggie (Harvard), Professor Dr. Anne-Marie Slaughter (Princeton), die lettische Staatspräsidentin Waches Interesse an der Bucerius Summer School on Global Governance Professor Dr. Vaira Vike-Freiberga und die Staatssekretäre Dr. Gunter Pleuger und Caio Koch-Weser. Dean und Moderator der Summer School ist Dr. Theo Sommer, das Programm verantwortet der Verfasser. Zu den Global Governance-Aktivitäten der Stiftung gehört über die Bucerius Summer School hinaus die Unterstützung wissenschaftlicher Tagungen und die Veranstaltung Parlamentarischer Abende zu Governance-Themen, zusammen mit der EnqueteKommission »Globalisierung der Weltwirtschaft: Herausforderungen und Antworten« des Deutschen Bundestages. Damit stärkt die Stiftung die konzeptionelle Agenda des Global Governance-Diskurses. Die positiven Erfahrungen der Bucerius Summer School zeigen den großen Bedarf für die Aus- und Weiterbildung von internationalem Führungsnachwuchs angesichts der globalen Herausforderungen. Die aktuellen und kommenden globalen Probleme können weder allein von nationalen Regierungen noch von klassischen zwischenstaatlichen Institutionen, sondern nur durch das Zusammenwirken zivilgesellschaftlicher und wirtschaftlicher Akteure gelöst werden. Deshalb entwickelt die ZEIT-Stiftung mit dem Schwerpunkt Global Governance innovative und dynamische Vorhaben – und treibt damit das Projekt Global Governance selbst voran. In den Jahren 2003 und 2004 wird die Stiftung den Governance-Schwerpunkt ausbauen – mit »The Future of Europe«, einem gemeinsam mit der Dräger-Stiftung, Lübeck, und dem American Council on Germany, New York, vorbereiteten Konferenzprojekt, sowie mit der Reihe Bucerius Governance Gespräche. [42] [43] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG Ingmar Ahl Die Freiheit von Wissenschaft und Forschung bildet eine wesentliche Voraussetzung einer lebendigen Zivilgesellschaft. Gemeinnützige Stiftungen als eigentliche Instrumente der Bürgergesellschaft spielen daher in der Wissenschaftsförderung eine gewichtige Rolle. Sie ermöglichen mit stetig wachsender Bedeutung die Bewahrung und Schaffung von Freiräumen abseits ökonomischer, administrativer oder politi- Dem schon von Gerd Bucerius initiierten und von der Studienstiftung des deutschen scher Zwänge. Dies erscheint in der modernen Wissensgesellschaft notwendiger Volkes durchgeführten Juraprogramm, das jungen Juristen einen Auslandsaufenthalt denn je, denn Wissenschaft und Forschung eröffnen gerade im 21. Jahrhundert ermöglicht, folgte die Bucerius Law School - die erste private Rechtshochschule in persönliche Bildungschancen, ermöglichen Innovationen und gesellschaftliche Deutschland mit ihrem in Struktur, Curriculum und Finanzierung neuartigen Hoch- Entwicklung. Die Förderung von Wissenschaft und Forschung ist der ZEIT-Stiftung schulmodell. Sechs Stiftungsprofessuren, vor allem in den östlichen Bundesländern, daher besonders wichtig. Die Zukunftsfähigkeit wissenschaftlicher Debatten und suchen über neue Fragestellungen die Erschließung innovativer Lehr- und Erkenntnisse ist ein entscheidender Faktor zur verantwortungsvollen Gestaltung der Forschungsfelder in ihren jeweiligen Disziplinen und tragen somit zur Stärkung des Gesellschaft von morgen. Dies gilt für das wiedervereinigte Deutschland, in einem Wissenschaftsstandortes Ostdeutschland bei. Im Stipendienprogramm »Deutschland sich nach Osten erweiternden Europa, im Dialog von Juden, Christen und dem Islam und seine östlichen Nachbarn« fördert die Stiftung Dissertationen zur Geschichte sowie in einer globalisierten Welt - womit die wesentlichen Motive und Arbeitsfelder Mittel- und Osteuropas und stärkt damit die Zusammenarbeit und Vernetzung der Wissenschaftsförderung der ZEIT-Stiftung benannt sind. gerade junger Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland und Osteuropa in den Geschichtswissenschaften. Gemeinsam mit der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach- Die Stiftung engagiert sich besonders für innovative und internationale Stiftung betreibt die ZEIT-Stiftung die Gründung eines Deutschen Historischen Ausbildungs-, Lehr- und Forschungsstrukturen, unterstützt innovative, zukunftsträch- Instituts in Moskau, das sich besonders der Erforschung der deutsch-russischen tige Wissenschaftsfelder und fördert den besonders begabten internationalen wis- Geschichte in europäischem Rahmen widmen wird. An der Universität Haifa hat senschaftlichen Nachwuchs. Im Vordergrund der Arbeit stehen dabei eigene und von sie das Bucerius Center for Research of Contemporary German History and Society der Stiftung angeregte Vorhaben. Sie konzentriert sich auf die Rechtswissenschaften, gegründet. Hinzu treten Fördervorhaben in der Philosophie – vor allem im Rahmen die Geschichtswissenschaften und benachbarte Geistes- und Kulturwissenschaften, der Werkausgabe des Philosophen Ernst Cassirer und in der Kant-Forschung. Im vor allem die Philosophie und Kunstgeschichte sowie die Politikwissenschaften. Kontext des Bucerius Kunst Forums engagiert sie sich auch für die kunsthistorische Besonderes Interesse gilt dem Standort Hamburg, der deutschen Wissenschafts- Forschung und unterstützt durch Stipendien die Forschungsarbeit und den Dialog landschaft und ihrer Internationalisierung, einem nach Osten erweiterten europä- junger deutscher und französischer Kunsthistoriker am Deutschen Forum für ischen Wissenschaftsraum und Israel. Kunstgeschichte in Paris. [44] [45] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG RECHTSWISSENSCHAFTEN Gerd Bucerius-Stiftungsprofessuren in Rostock, Greifswald und Jena etablieren neuartige Lehr- und Forschungsgebiete Gerd Bucerius, dessen Karriere als Politiker, Publizist und Verleger ihren Ausgang in einer juristischen Ausbildung nahm, hat durch eigene Förderaktivitäten einen Arbeitsschwerpunkt Rechtswissenschaften initiiert. Dessen Flaggschiff, die Bucerius Law School, sieht sich der Ausbildung eines international ausgerichteten, gesellschaftlich verantwortungsbewussten Juristennachwuchses verpflichtet (siehe Seite 18 und Seite 36). Die Förderung des besonders begabten deutschen juristischen Nachwuchses und seiner Internationalität steht im Zentrum eines gemeinsam mit der Studienstiftung des Deutschen Volkes verwirklichten Auslandsstipendienprogramms. Drei juristische Stiftungsprofessuren in den neuen Bundesländern stärken mit neuartigen Widmungen in der Forschung und Lehre auch den Wissenschaftsstandort Ostdeutschland. Von sechs Stiftungsprofessuren, die die ZEIT-Stiftung eingerichtet und nach ihrem Die traditionsreiche Friedrich-Schiller-Universität Jena Stifter benannt hat, sind drei den Rechtswissenschaften gewidmet. Die behandelten Lehrgebiete wurden vorher an den Universitäten nicht vertreten. Da die ZEIT-Stiftung die Stiftungsprofessuren für fünf Jahre finanziert und die anschließende Fortführung durch die jeweilige Universität sichergestellt ist, können wichtige innovative Aspekte der Rechtswissenschaften auch perspektivisch erforscht und gelehrt werden. An der Universität Rostock hat Professor Hubertus Gersdorf seit 1999 die Gerd Bucerius-Stiftungsprofessur für Kommunikationsrecht inne. Professor Dr. Helmut Heiss, Gerd Bucerius-Stiftungsprofessor für Bürgerliches Recht, Rechtsvergleichung und Rechtsharmonisierung im Ostseeraum an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald, hat im Berichtszeitraum mehrere Tagungen zu aktuellen Rechtsfragen des baltischen Raums mit international renommierten Rechtswissenschaftlern durchgeführt. Der Inhaber des Gerd Bucerius-Lehrstuhls für Bürgerliches Recht mit deutschem und internationalem Gewerblichen Rechtsschutz an der FriedrichSchiller-Universität Jena, Professor Dr. Volker Michael Jänich, veranstaltet mit dem Deutschen Patent- und Markenamt die »Jenaer Vorträge zum Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht«. [46] [47] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN Stipendienprogramm »Deutschland und seine östlichen Nachbarn – Beiträge zur europäischen Geschichte« Deutschland und seine östlichen Nachbarn verbindet eine mehr als tausendjährige gemeinsame Geschichte in Europa, die mit dem Ende der Teilung neue Bedeutung gewonnen hat. Das Wissen um die Entstehungsgründe unterschiedlicher kultureller und politischer Identitäten, aber auch ihrer Gemeinsamkeiten muss kennen, wer die europäische Zukunft wie auch die der Nationen Mittelund Osteuropas gestalten will. Nur im Wissen um seine ganze Vergangenheit wird das neue Europa mehr sein können, als es das alte war. Das seit 2001 jährlich ausgeschriebene Stipendienprogramm »Deutschland und seine Das ist hier die Frage: »Europa auf dem Stier, auf der Mauer balancierend. Vorwärts oder rückwärts?« von Johannes Grützke östlichen Nachbarn – Beiträge zur europäischen Geschichte« möchte angesichts der bevorstehenden Osterweiterung der Europäischen Union die Beschäftigung mit der Geschichte des mitteleuropäischen Raumes befördern. Es zielt auf Nachwuchshistoriker aus Deutschland und den mittel- und osteuropäischen Staaten – die Förderung des Wissenschaftstransfers von und nach Mittel- und Osteuropa und die nationenübergreifende Zusammenarbeit gerade junger Wissenschaftler. Die Arbeiten sollen das östliche Europa in seinen vielfältigen historischen Bezügen zur deutschen und europäischen Geschichte aufzeigen. [48] [49] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG Timothy Garton Ash hat die Bucerius-Stiftungsprofessur in Oxford inne GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN Gerd Bucerius-Stiftungsprofessur für Contemporary History am St. Antony´s College, Oxford Die ZEIT-Stiftung trägt seit 2002 Timothy Garton Ashs Senior Research Fellowship in Contemporary History am European Studies Centre des St. Antony´s College in Oxford – eine der wichtigen europäischen und internationalen Ausbildungs- und Forschungsstätten für die jüngere und jüngste Zeitgeschichte. Ash wirkt mit seinen Büchern, Untersuchungen und Essays zur »Geschichte der Gegenwart« Europas, den Neubegründungen, Revolutionen und Demokratisierungsbewegungen in Mittelund Osteuropa weit über die Fachgrenzen hinaus. Auch angesichts der Herausforderungen des Endes der Teilung und der bevorstehenden EU-Osterweiterung erforscht Ash den historischen, politisch-ideellen Gehalt des neuen Europa. Kaum ein anderer europäischer Wissenschaftler und Intellektueller der jüngeren Generation hat sich vergleichbar um eine wissenschaftliche Integration und öffentliche Vermittlung der osteuropäischen Zeitgeschichte verdient gemacht – Anliegen, die auch die ZEIT-Stiftung in ihrer Arbeit leiten. [50] [51] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN Gerd Bucerius-Stiftungsprofessur »Geschichte und Theorie der Kulturtechniken« an der Bauhaus-Universität Weimar Die Bauhaus-Universität Weimar Der an der Bauhaus-Universität Weimar eingerichtete Stiftungslehrstuhl »Geschichte und Theorie der Kulturtechniken« will die Etablierung der Kulturgeschichte in Forschung und Lehre fördern und gleichermaßen die junge Bauhaus-Universität und damit auch die ostdeutsche Hochschullandschaft in ihrem Profil und Innovationspotenzial stärken. Der Kulturwissenschaftler Bernhard Siegert forscht und lehrt vor allem zur Geschichte der klassischen Kulturtechniken des »gelehrigen Körpers« der Schrift bzw. des Schreibens, des Lesens und Rechnens sowie operationaler Beschreibungssysteme wie Karten, Katalogen und Kalküle. Auch Bildtechniken der Moderne – von der Fotografie bis zum Film, vom Fernsehen bis zum Internet – werden berücksichtigt. [52] [53] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN Deutsches Forum für Kunstgeschichte in Paris Das Deutsche Forum für Kunstgeschichte an der Place des Victoires, Paris Soll das Zusammenwachsen der europäischen Wissenschaftslandschaften keine Utopie der Wissenschaftsbürokratie bleiben, sind – gerade in den Geisteswissenschaften – Räume vonnöten, in denen gemeinsame Debatten und Forschungsvorhaben stattfinden können. Das 1997 von dem Berliner Kunsthistoriker Thomas W. Gaehtgens gegründete Deutsche Forum für Kunstgeschichte in Paris gibt der traditionsreichen deutschen Frankreichforschung ein Forum und bietet jungen französischen Kunsthistorikern die Möglichkeit, mehr über die deutsche Kunsttopographie zu erfahren. Ziel des Forums ist die wechselseitige Vermittlung der jeweiligen Geistes- und Kunstgeschichte, die Erforschung ihrer gegenseitigen Rezeption und Schnittfelder, der fachliche und personelle Transfer kunsthistorischer Forschung zwischen Deutschland und Frankreich. Dabei steht der wissenschaftliche Nachwuchs im Vordergrund. Zu jährlich wechselnden Forschungsschwerpunkten – 2002 Bauhaus in Frankreich – vergibt das Deutsche Forum Kunstgeschichte Stipendien, es organisiert hierauf abgestimmte Kolloquien und Vortragsveranstaltungen. Die ZEIT-Stiftung trägt auch hier dazu bei, Brücken für eine Begegnung und Orte des Austausches für junge Wissenschaftler aus Deutschland und dem französischen Nachbarland zu bauen. Sie finanziert am Deutschen Forum für Kunstgeschichte Stipendien bzw. Forschungsvorhaben, die sich mit Frankreich und den deutschfranzösischen Beziehungen im Rahmen der europäischen Kunstgeschichte auseinander setzen. Im Mittelpunkt der Förderarbeit stehen die Erprobung methodisch innovativer Ansätze und die Bearbeitung neuer Themen in der Kunstgeschichte. [54] [55] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG GESCHICHTSWISSENSCHAFTEN Geschichte des Hamburger Stiftungswesens – »Für Gotteslohn und Vaterstadt« Der 1. Hamburger Stiftungstag stößt auf reges Interesse »Nicht Potentaten haben der Stadt große Prachtstraßen und Paläste, weder Staatsopern noch große Gemäldegalerien, kein Fürst hat eine Universität oder eine Kathedrale errichtet. Hamburg ist eine bedeutende Stadt geworden wegen der opferwilligen Tatkraft seiner Bürger. Hier gibt es achthundert gemeinnützige Stiftungen. Hinter manchen stehen große Namen wie Laeizs, Siemers, Sieveking, Warburg, Toepfer, Körber, Otto, Greve oder Bucerius. Andere Stifter sind bescheiden im Hintergrund geblieben, und wieder andere sind mühsam aus Arbeitergroschen finanziert worden« (Helmut Schmidt). Nur wenige deutsche Städte haben eine vergleichbar lange und breite, lebendige, jedoch in ihrer Bedeutung kaum erforschte Stiftungsgeschichte. Der Blick in die Geschichte des Hamburger Stiftungswesens macht die historische Wirkungsmacht und die Bedeutung stifterischen und mäzenatischen Handelns für die Gesellschaft deutlich. Die ZEIT-Stiftung leistet mit ihrem mehrteiligen Publikations- und Forschungsvorhaben einen exemplarischen Beitrag zur Geschichte der Bürgergesellschaft in Deutschland. [56] [57] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG PHILOSOPHIE Ernst Cassirers Gesammelte Werke Ernst Cassirer (1874 bis 1945), der von 1919 bis 1933 an der Universität Hamburg lehrte, war einer der bedeutendsten deutschen Philosophen des 20. Jahrhunderts – und wohl wie kaum ein anderer von internationalem Rang. Sein Versuch einer kulturalistischen Einung der Wissenschaften, seine Kultur- und Sprachphilosophie fanden schon in den 1920er Jahren breite Wirkung. Gerade seine jüngste internationale Wirkungsgeschichte spiegelt Cassirers Aktualität, seine Bedeutung für die sich zu Kulturwissenschaften transformierenden Geisteswissenschaften. Seine Arbeiten zu Leibniz, Kant und zum deutschen Idealismus – ebenfalls viel beachtet – suchen eine Rückbettung der deutschen Geistesgeschichte in die republikanische Tradition Europas. Er folgerte in seiner berühmten Rede zum Weimarer Verfassungstag 1928, »dass die Idee der republikanischen Verfassung als solche in der deutschen Geistesgeschichte keineswegs ein Eindringling ist, dass sie vielmehr auf deren eigenem Boden erwachsen und durch ihre ureigensten Kräfte der idealistischen Philosophie genährt worden ist.« Der Vernunftrepublikaner Cassirer war ein entschiedener Streiter für die Weimarer Republik. Wie viele andere jüdische Gelehrte, die deren geistiges, wissenschaftliches Leben prägten, wurde er 1933 aus Deutschland vertrieben, sein Werk verfemt und seine Wirkung verhindert. Die von der ZEIT-Stiftung getragene Cassirer-Werkausgabe begreift sich daher auch als Wiedergutmachung an diesem großen deutschen Philosophen. Ernst Cassirer, 1929/1930 Rektor der Hamburger Universität Die auf 25 Bände angelegte, seit 1997 erscheinende Cassirer-Werkausgabe sichert das breite und verstreut erschienene Gesamtwerk Cassirers, gewährt eine verlässliche Textbasis und ermöglicht über die Entschlüsselung seiner Quellen die Beschäftigung mit seinem Denken. Sie wird von der Hamburger Philosophin Birgit Recki ediert, erscheint im Verlag Felix Meiner und enthält alle zu Lebzeiten Cassirers veröffentlichten Werke und Schriften in chronologischer Reihenfolge. 2002 konnte Cassirers Schlüsselwerk Philosophie der symbolischen Formen (Bd. 11, 12 und 13 der Werkausgabe) vollständig vorgelegt werden. [58] [59] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG PHILOSOPHIE Kant-Aktivitäten Der große Aufklärer Immanuel Kant (1724 bis 1804) wirkte weit über Königsberg hinaus, machte die Stadt und ihre Universität Albertina im 18. Jahrhundert zu einem Zentrum des geistigen Lebens Europas. Die Erforschung seines Werks und Lebens gerade durch Nachwuchswissenschaftler in seiner Stadt Königsberg – dem heutigen Kaliningrad – und in Russland ist der ZEIT-Stiftung wichtig. Sie erinnert damit auch an das Geschichte und Gegenwart verknüpfende Versöhnungswerk ihres 2002 verstorbenen Kuratoriumsmitglieds Marion Gräfin Dönhoff, die, aus Ostpreußen stammend, als Journalistin dem philosophischen Programm Kants und seinen politischen Konsequenzen in besonderer Weise verbunden war. Das Kant-Stipendium gewährt seit 1997 jährlich bis zu fünf jungen Philosophiehistorikern einen einsemestrigen Forschungs- und Studienaufenthalt an einer deutschen oder westeuropäischen Universität. Es ermöglicht das Kennenlernen der Quellen des Königsberger Philosophen sowie der deutschen und internationalen Kant-Forschung und regt den Austausch gerade junger Philosophiehistoriker und ihrer Universitäten zwischen Russland und Deutschland bzw. Europa an. Die Strahlkraft des Philosophen und die Bedeutung dieser Wissenschaft für das europäische Selbstverständnis legten schon bald die Ausweitung des Stipendienprogramms nahe. Es umfasst nun auch die Staatliche Universität sowie die Herzen-Staatsuniversität von St. Petersburg – der Stadt, in der sich heute aufklärerische Tradition und administrative Kraft treffen. Der Kant-Arbeitskreis an der Universität Kaliningrad bemüht sich um die Erforschung von Kant in Kaliningrad und Russland, vor allem um die Erarbeitung zeitgemäßer Denker der Aufklärung russischer Ausgaben der Werke des Philosophen. Seit 2001 unterstützt die ZEITStiftung die von der Universität Osnabrück koordinierten Forschungsarbeiten zur Rekonstruktion und Auffindung der seit 1945 in Russland und den Nachbarländern verschollenen Bestände der alten Königsberger Universität Albertina, insbesondere ihrer Handschriften, von Kant-Autographen und Vorlesungsmitschriften. [60] [61] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG PHILOSOPHIE Immanuel Kants Opus postumum Gemeinsam mit der Kulturstiftung der Länder und der Bundesregierung ermöglichte die ZEIT-Stiftung der Staatsbibliothek zu Berlin den Erwerb von Immanuel Kants letztem Werk, dem sogenannten Opus postumum. Kant selbst betrachtete das Opus postumum als »Chef d’oeuvre«, als Schlussstein seines Gesamtwerks. Er wollte hierin die Frage beantworten, wie Natur objektiv verfasst sein muss, das heißt welche Verknüpfungen in ihr angenommen werden müssen, um sie überhaupt erst zum Gegenstand empirischer Naturwissenschaft machen zu können. Sein Versuch einer materialen Naturerkenntnis, des »Übergangs von den metaphysischen AnfangsKants Schriftzüge im Opus postumum gründen der Naturwissenschaft zur Physik«, galt der Forschung als krudes Alterswerk und wurde wissenschaftlich kaum beachtet. Die Handschrift, im Zweiten Weltkrieg verschollen geglaubt, blieb unzureichend ediert. Mit Unterstützung der ZEIT-Stiftung richteten der Berliner Philosoph Volker Gerhardt und die Kant-Gesellschaft an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eine Arbeitsgruppe ein, die eine wissenschaftliche Edition des Werks vorbereitet. Mit der konservatorischen Sicherung, der Transkription des Manuskripts und dem Verfilmen bzw. Scannen konnten die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen werden. Die Edition verantwortet der renommierte Kant-Forscher Eckehard Förster (Stanford/München). Die historisch-kritische Edition des Opus postumum, die 2007 vorliegen wird, schließt zugleich die vor über hundert Jahren begonnene AkademieAusgabe der Werke Kants ab – »ein nicht nur philosophisches, sondern auch kulturelles und politisches Ereignis ersten Ranges« (Volker Gerhardt). [62] [63] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG PHILOSOPHIE Hamburg Lectures Jürgen Habermas als Gastredner der Hamburg Lectures Die Hamburg Lectures, gemeinsam getragen vom Ersten Bürgermeister, den Hamburger Universitäten und der ZEIT-Stiftung, wirken in die Hansestadt – mit kontroversen Debatten zu aktuellen Zeitfragen. Prominente Gastredner treffen auf Hamburger Wissenschaftler, die den Hauptvortrag mit einer Replik kommentieren und so die anschließende Diskussion befördern. Seit 1999 gibt es die Hamburg Lectures, seither waren Saskia Sassen und Franz Vranitzky, Hans-Joachim Schellnhuber, André Rosenthal und andere zu Gast an den Universitäten Hamburgs. Die Molekularbiologin Regine Kollek sprach über die Risiken der Genforschung, der französische Soziologe Alain Touraine über das alte und neue europäische Sozialmodell. Jürgen Habermas Reflexionen über die Notwendigkeit einer europäischen Verfassung zogen mehr als tausend Zuhörer an. Die zehnte Lecture mit General a.D. Klaus Reinhardt fand im Oktober 2002 an der Universität der Bundeswehr Hamburg statt. Mit dem Thema »Das Leitbild vom ›Bürger in Uniform‹ auf dem Prüfstand« traf sie ins Zentrum der Diskussion über einen drohenden Krieg. Die Bildungsforscher Jürgen Baumert und Wilfried Bos diskutierten bei der elften Hamburg Lecture Anfang Dezember 2002 »Bildungsnotstand Deutschland: Hat die Schule versagt?« Die Hamburg Lectures 2001 und 2002 fanden großen Publikumszuspruch und überzeugten durch thematischen Aktualitätsbezug und rege Debattenbeiträge. [64] [65] WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG PHILOSOPHIE Hamburger Köpfe – lesenwerte Porträts von Persönlichkeiten aus Musik … Hamburger Köpfe »Geschichte wird von Menschen gemacht. Und die Geschichte meiner Vaterstadt haben Menschen aller Schichten gemacht. Einige wohnten großartig an der Elbchaussee oder an der Alster, andere wohnten bescheiden in Barmbek, Eimsbüttel oder Hammerbrook. Im Laufe der Generationen haben sich immer wieder einige der Hamburger Bürger große Verdienste um ihre Stadt erworben. Die jetzigen Generationen an jene Leistungen zu erinnern, auch an die Fehlschläge, erscheint mir … Theater und Politik wünschenswert, um den heute lebenden Nachfahren ihre mitbürgerliche Verantwortung ins Bewusstsein zu heben« (Helmut Schmidt). Die ZEIT-Stiftung gibt – angeregt von Ihrem Kuratoriumsmitglied Helmut Schmidt – seit 1999 die Biographien-Reihe Hamburger Köpfe heraus. In knappen, anschaulich geschriebenen Einzelbiographien erzählen sie die Lebensgeschichten von Menschen – Frauen und Männern, Politikern, Unternehmern, Künstlern und Wissenschaftlern, die Hamburgs Geschichte geprägt haben. Bislang sind Bände über Albert Ballin, Carl Petersen, Konrad Hansen, Otto Stolten, Justus Brinckmann, Ida Ehre, Max Brauer, Friedrich Klopstock, Barthold Hinrich Brockes und Alfred Lichtwark erschienen. Ihre Biographien handeln von Hamburger Stadtgeschichte – und zugleich auch von deutscher Geschichte aus Hamburger Perspektive. [66] [67] KUNST UND KULTUR Betrachtet man die Arbeit der ZEIT-Stiftung in den beiden vergangenen Jahren, so könnte man den Eindruck gewinnen, sie sei unabhängig von tages- und kulturpolitischen Diskussionen. Das trifft zwar weitgehend, aber nicht generell zu: Natürlich hat die Entwicklung auf den Finanzmärkten auch Konsequenzen für Stiftungen, die ja mit den Erträgen ihres Stiftungskapitals arbeiten. Neue Projekte müssen sorgfältig ausgewählt, die laufenden Vorhaben ruhig und adäquat abgeschlossen werden. Die Zusammenarbeit der Stiftung mit der Hamburger Kunsthalle zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Bestände des Kupferstichkabinetts beispielsweise verläuft planmäßig bis 2005/2006. Das Hamburger Musikfest findet auch 2003 statt, die wieder entdeckte Prussia-Archäologie-Sammlung ist im Stadtmuseum von Königs- Philipp Adlung berg in einer Dauerausstellung von europäischem Rang zu sehen. Besonders nach- Kultur hat es schwer in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation oder gar Rezession. Sinken- haltige Akzente setzt das Orgelrestaurierungsprojekt für Mecklenburg-Vorpommern. de Steuereinnahmen stellen Bund, Länder und Kommunen vor besondere Probleme, 37 Orgeln konnten berücksichtigt werden, mehr als die Hälfte ist bereits restauriert. sie, die über 90 Prozent der kulturellen Aufgaben in der Bundesrepublik abdecken Die strukturell gebeutelte und kulturell eher benachteiligte Region erfährt dadurch und finanzieren. Zur Sanierung der öffentlichen Finanzen werden Einschnitte häufig Impulse quer durch alle Bevölkerungskreise. Menschen, die bislang kaum einmal eine da vorgenommen, wo eigentlich kaum etwas zu holen ist – in den Kulturetats: Kirche von innen gesehen haben, lassen sich die faszinierende Welt des Orgelbaus Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht von der geplanten Zusammenlegung von zeigen. Der Schreibwettbewerb der Stiftung zum Thema »Hamburg_Underground« Orchestern, Theatern oder gar deren Schließung zu lesen ist. beweist mit mehr als 700 eingesandten Beiträgen, welche Kreativität und Fantasie Kinder und Jugendliche auch – oder vielleicht gerade – im Computerzeitalter Auch private Einrichtungen, Mäzene, Sponsoren oder kulturfördernde Stiftungen aufzubringen in der Lage sind. sind von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Amerikanische Museen, die sich vorwiegend aus privaten Mitteln finanzieren, berichten von Zuwendungskürzungen »Die Kunst wäscht den Staub des Alltags von unserer Seele« – dieses Zitat des von über 50 Prozent. Wissenschaftliches Personal wird entlassen, geplante Aus- berühmten spanischen Malers Pablo Picasso könnte als Motto über dem sicherlich stellungen werden abgesagt. Es mag vermessen klingen, aber steht die deutsche anspruchvollsten Kulturprojekt der ZEIT-Stiftung stehen, dem Bucerius Kunst Forum Kulturlandschaft nicht vergleichsweise gut da? Wo gibt es diese Dichte an Theatern, am Hamburger Rathausmarkt. In diesem neuen Kulturzentrum werden jährlich bis zu Opernhäusern oder Orchestern? Wenn wir ehrlich sind: wohl nirgendwo. Welche vier Kunstausstellungen gezeigt, ergänzt von Lesungen, Kammerkonzerten und Fach- Folgerungen lassen sich nun aus diesem Umstand ziehen? Lethargie auf der einen seminaren. Noch vor der eigentlichen Eröffnung am 12. Dezember 2002 mit der oder Politikerschelte auf der anderen Seite helfen wenig. Die Kulturschaffenden und Ausstellung »Picasso und die Mythen« wurde ein Auswahl von Meisterwerken aus der die kulturermöglichenden Einrichtungen in Deutschland dürfen sich ihrer Stärken Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden präsentiert. Mantegna, Rubens und Tizian auf bewusst sein. Ihre Sammlungen werden auch künftige Generationen von Wissen- der einen, Picasso auf der anderen Seite verdeutlichen, welche Bandbreite an Kunst schaftlern und Kunstfreunden herausfordern und anregen. Theater und Opernhäuser, und Kulturen die Besucher in den nächsten Jahren hier erwartet. Nach zwölf Wochen die an sieben Tagen der Woche sieben verschiedene Stücke spielen – das gibt es nur bestätigt der Zustrom von 70.000 Menschen die Idee des Bucerius Kunst Forums: in Deutschland. Kunst auf höchstem Niveau im Herzen der Stadt zu etablieren und zu vermitteln. [68] [69] KUNST UND KULTUR KUNST- UND MUSEUMSFÖRDERUNG Kupferstichkabinett in der Hamburger Kunsthalle In Hamburg gegründet und ansässig, fühlt sich die ZEIT-Stiftung besonders den hamburgischen Kunstmuseen verpflichtet. Neben dem Museum für Kunst und Gewerbe wird insbesondere die Hamburger Kunsthalle gefördert. Das Kupferstichkabinett in der Hamburger Kunsthalle gehört zu den bedeutendsten Sammlungen ihrer Art in Deutschland. Die Bestände – über 100.000 Blätter von hoher, teilweise sehr hoher Qualität – wurden von den Direktoren der Hamburger Kunsthalle seit den Anfängen der Sammlung 1835 ausgebaut. Heute umfasst sie Werke von Lippi, Leonardo, Raffael, Brueghel, van Dyck, Altdorfer, Dürer, Elsheimer, Lorrain, Goya, Runge, Friedrich, Liebermann, Nolde u.a. Bislang gibt es keine vollständige Katalogisierung und wissenschaftliche Bearbeitung der Sammlung, dies geschieht jetzt. Die in die verschiedenen europäischen Malschulen unterteilten Bestände werden von ausgewiesenen Wissenschaftlern im Hinblick auf Inhalte, Interpretation, Zuschreibungen sowie Einordnung ins Gesamtwerk des jeweiligen Künstlers bearbeitet und systematisch erfasst. Darüber hinaus erscheinen kritische Bestandskataloge, eine Gesamtpublikation sowie eine über das Eva (1519) von Hans Baldung, gen. Grien Internet abrufbare Datenbank. Nach dem Auftakt des Großprojektes im Frühjahr 2000 mit einer Übersichtsausstellung konnte die Sammlung »Alte Niederländer« vollständig bearbeitet werden, Mitte 2004 werden die Sammlungen italienischer und deutscher Kupferstiche vorliegen. Mit der Erschließung der spanischen Sammlung endet das auf sechs Jahre angelegte Projekt. Wissenschaftliche Symposien und regelmäßige Ausstellungen begleiten es. [70] [71] KUNST UND KULTUR KUNST- UND MUSEUMSFÖRDERUNG Panorama eines Jahrhunderts Hamburg im 20. Jahrhundert Ein Jahrhundert und seine Wirkungen in der eigenen Stadt erfassen – das Museum für Hamburgische Geschichte stellt fortan hundert Jahre Vergangenheit aus, die für viele noch jüngst erlebte, selbst erfahrene Gegenwart ist. Hamburg im 20. Jahrhundert heißt die in vier zentrale Themenbereiche gegliederte neue Dauerausstellung: Mitbestimmungsrecht der Bürger, Veränderungen der Lebensbedingungen, Entwicklungen des Wirtschaftsstandortes Hamburg und Wandel im Stadtbild. So kommen zahlreiche Facetten des großstädtischen Lebens in den Blick – politische und wirtschaftliche, soziale, kulturelle und städtebauliche Aspekte. Kernstück der neuen Abteilung des Museums für Hamburgische Geschichte ist ein dreigeschossiger Mitteltrakt, in dem sechs Räume aus sechs Jahrzehnten nachgebaut wurden. Zusammen mit der Stadt Hamburg hat die ZEIT-Stiftung das Vorhaben unterstützt. So konnte das Museum erheblich umgebaut und erweitert werden – ein Beispiel für gelungenes Hand-in-Hand öffentlicher und privater Förderung. [72] [73] KUNST UND KULTUR KUNST- UND MUSEUMSFÖRDERUNG 2. Triennale der Photographie Hamburg 2002 Zwischen April und September 2002 wurde Hamburg zur Hauptstadt der Fotografie – insgesamt 101 Ausstellungen und Veranstaltungen in allen großen Museen und mehr als sechzig Galerien widmeten sich diesem Medium unter André Lützen, Safari dem Motto »reality check«. Die Triennale zeigte in unterschiedlichsten Bildern, wie Fotografie die Wirklichkeit vermittelt und welche Wirklichkeiten vermittelt werden. Neben historischem Bildmaterial – im Museum für Völkerkunde wurden frühe Indianeraufnahmen gezeigt, Ergebnis eines mehrjährigen, von der ZEIT-Stiftung geförderten Erschließungsprojektes – stellte die Triennale auch zeitgenössische Fotokunst vor: »Mythos St. Pauli«, »Das zweite Gesicht« (Walter Schels), »famous eyes« oder eine Retrospektive zum Werk Jürgen Klaukes waren Höhepunkte. Die 2. Triennale der Photographie Hamburg 2002 prägte das Kulturangebot der Hansestadt, zugleich verband sie die Hamburger Kultureinrichtungen durch das gemeinsame Thema. Zahlreiche Fachvorträge und drei Symposien mit nationalen und internationalen Referenten rundeten das Programm ab. Die Stiftung ermöglichte die umfangreichen organisatorischen Vorarbeiten und die Internet-Präsenz der Triennale. [74] [75] KUNST UND KULTUR MUSIKFÖRDERUNG Hamburger Musikfest Im Rahmen der Kunst- und Kulturförderung der ZEIT-Stiftung nimmt die Musikförderung einen bedeutenden Platz ein. Die Stiftung möchte mit ihrem Engagement Foren für die Aufführungen der zeitgenössischen klassischen Musik sowie benachbarter Disziplinen schaffen. In unmittelbarem ZusammenIm Mittelpunkt: die neue Musik hang dazu steht die Unterstützung besonders begabter Nachwuchsmusiker. Die Tradition der Hamburger Musikfeste reicht bis in das 19. Jahrhundert zurück. Die Uraufführung der »Fest- und Gedenksprüche« von Johannes Brahms etwa fand 1889 im Rahmen eines solchen Musikfestes statt. Die Hamburger Musikfeste, bald ein überregional bekanntes Forum für die Musik der Avantgarde, wurden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten eingestellt. In einer Public Private Partnership der Stadt Hamburg und der ZEIT-Stiftung gibt es das Hamburger Musikfest seit dem Jahre 2000 wieder. Künstlerischer Leiter ist der Hamburgische Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher, einer der prononciertesten Anwälte der neuen Musik. Im Mittelpunkt des Konzepts steht die klassische Musik des 20. Jahrhunderts, Jazz und Gesprächskonzerte erweitern das Angebot. Seit 2002 ist auch eine Opernpremiere der Hamburgischen Staatsoper integraler Bestandteil des Hamburger Musikfestes. Besonders beliebt sind die zahlreichen Konzerteinführungen sowie Angebote für Schüler und Jugendliche; zugleich wird damit der Anspruch des Musikfestes erfüllt, junge Menschen an die Musik der Gegenwart heranzuführen. Zu den Akteuren in der Musikhalle gehören neben den drei großen Orchestern (Philharmonisches Staatsorchester, NDR-Sinfonieorchester und Hamburger Symphoniker) internationale Gastensembles und Gastorchester. [76] [77] KUNST UND KULTUR MUSIKFÖRDERUNG Meisterkursprogramm des Schleswig-Holstein Musikfestivals Meister-Erfahrungen Die Meisterkurse gehören seit Anbeginn zu den prägenden Elementen des Schleswig-Holstein Musikfestivals (SHMF), gleichberechtigt neben den Konzertreihen oder der Orchesterakademie. Die ZEIT-Stiftung unterstützt besonders begabte Nachwuchsmusiker und fördert deshalb seit 1999 das Meisterkursprogramm des SHMF. Gemeinsam mit der Lübecker Possehl-Stiftung hat sie Mittel bereitgestellt, damit diese in Deutschland einmalige Talentschmiede erfolgreich arbeiten kann. International renommierte Dozenten lehren in den Sommermonaten in den Räumen der Lübecker Musikhochschule und geben ihre Erfahrungen an junge Musiker weiter. In Anspruch und Niveau sind die Meisterkurse den entsprechenden Programmen des Festivals in Salzburg oder Luzern vergleichbar. Zu den Lehrenden der letzten Jahre gehören u.a. die Sopranistin Montserrat Caballé, der Bariton Thomas Quasthoff, der Cellist Stephen Isserlis, die Pianistin Alicia de Larrocha oder das Alban Berg Quartett. [78] [79] LITERATURFÖRDERUNG KUNST UND KULTUR SCHREIBMAL – ein Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler Die Schwächen deutscher Schülerinnen und Schüler im Lesen haben die PISAErgebnisse dokumentiert. Über das Schreiben jedoch, die unmittelbar verwandte Kulturtechnik und ebenso zentrale Fähigkeit für Bildung und Beruf, wird in der Studie nichts gesagt. Dabei leuchtet ein: Wer nicht gut liest, schreibt auch nicht gut. Deshalb rief die ZEIT-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Abendblatt im August 2002 zu einem Schreibwettbewerb für Schülerinnen und Schüler aus Hamburg und Umgebung auf. Der Titel SCHREIBMAL (im Jahr 2002 SCHREIBZEIT) soll Schreiblust bei den Jugendlichen der Klassen 7 bis 13 wecken und mit einer außerschulischen Initiative kreative Fähigkeiten fördern. Das Thema des ersten Wettbewerbs, »Hamburg_Underground«, In Schreibgedanken öffnete einen breiten Interpretationsraum: von der Fantasiegeschichte, die in U-Bahn oder Kanalisation spielt, über nacherzählte Hexenprozesse bis zur Science-FictionProjektion Hamburgs im 22. Jahrhundert und dem Gedicht über Drogengefahren. Eingereicht werden konnten Geschichten, Gedichte und szenische Texte, maximal 5 Seiten lang. Mehrere Workshops im Oktober 2002, an denen rund 200 Schülerinnen und Schüler teilnahmen, motivierten zum Schreiben. Mit über 700 Einsendungen aus Gymnasien, Gesamtschulen, Real- und Hauptschulen bewiesen die Jugendlichen zum Einsendeschluss im Dezember 2002 eindrucksvoll ihre Leistungsbereitschaft und Spaß am kreativen Schreiben. Der große Zuspruch ebenso wie das bunte inhaltliche und formale Spektrum der Beiträge bezeugen, dass Schülerinnen und Schüler sich auch im Zeitalter multimedialen Konsums gern engagieren, viel Fantasie besitzen und Freude an der eigenen Textproduktion haben. Wenn die 15köpfige Jury im April 2003 die besten Einsendungen in drei Altersgruppen prämiert hat, finden die Gewinner ihre Geschichte im Hamburger Abendblatt abgedruckt, können an einem weiteren Schreibworkshop teilnehmen oder Reisen im In- und Ausland machen. Der Wettbewerb wird im Schuljahr 2003/2004 fortgesetzt. [80] [81] KUNST UND KULTUR KULTURERHALT Orgelrestaurierungen in Mecklenburg-Vorpommern Noch zu Lebzeiten von Gerd Bucerius hat sich die ZEIT-Stiftung für die Erhaltung wertvoller historischer Orgeln eingesetzt. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die berühmte Arp Schnitger-Orgel in St. Jacobi, Hamburg, seit 1993 wieder zu einem Magnet für Orgelfreunde aus aller Welt geworden ist. Das aktuelle Stiftungsengagement für die Orgellandschaft in MecklenburgVorpommern ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Das nördliche Bundesland Mecklenburg-Vorpommern besitzt rund 800 Instrumente aus der barocken und vor allem der romantischen Zeit, und so gehört diese Orgellandschaft zu den interessantesten und vielseitigsten in ganz Europa. Es war weniger Kriegseinfluss als natürlicher Verschleiß, der den Instrumenten übel mitgespielt hat: Während der DDR-Zeit war die finanzielle Ausstattung der Kirchen zu knapp, um die wertvollen Instrumente zu erhalten. Aber auch nach der Wende stehen die Instrumente von Orgelbauern wie Friese, Lütkemüller, Grüneberg oder Sauer – zu unrecht – im Schatten derjenigen von Silbermann oder Schnitger. Durch die Initiative der ZEIT-Stiftung werden bis 2004 im Rahmen einer Public Private Partnership 2,5 Mio. Euro aufgebracht, um die wichtigsten und zugleich Die Orgel in Neustrelitz, 1893 von der Firma Grüneberg erbaut gefährdetsten Instrumente der Region zu retten. Beteiligt sind außer der ZEITStiftung die Hermann Reemtsma Stiftung, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die beiden Landeskirchen Mecklenburg und Pommern sowie das Landesamt für Denkmalpflege. Im Jahre 2000 ging eine Ausschreibung an alle Kirchengemeinden des Landes, eine Fachjury wählte dann 37 besonders wertvolle Instrumente aus, die seitdem restauriert werden, rund die Hälfte ist inzwischen wieder geweiht. Besonders ragen dabei die Grüneberg-Orgel in Neustrelitz, die Friese-Orgeln in Malchin und Parchim sowie die Buchholz-Orgel in Barth heraus, die zu den wertvollsten Instrumenten der ersten Hälfe des 19. Jahrhunderts gezählt wird. [82] [83] KUNST UND KULTUR KULTURERHALT Prussia-Sammlung Königsberg/Kaliningrad Bis Januar 1945 beherbergten zwei Flügel des Königsberger Schlosses eine der berühmten archäologischen Sammlungen Europas: die so genannte »PrussiaSammlung«. Umfassend dokumentiert sie Wurzeln und Kultur der Pruzzen und ihrer Nachfahren, der Preußen. Ursprünglich als Sammlung von Hobby-Archäologen Mitte des 19. Jahrhunderts begründet, erlangte sie schnell legendäre Bedeutung und wurde Gegenstand zahlloser wissenschaftlicher Publikationen. Kaliningrader Prussia-Fund Im Januar 1945 bemühte man sich, die Sammlung vor der heranrückenden russischen Armee Richtung Westen zu sichern. Während die Magazinbestände und Archivalien nach Berlin gelangten, war die Schausammlung des Museums verschollen und galt Präsentation der wieder entdeckten Prussia-Sammlung als Kriegsverlust. Umso erstaunlicher war es, als in den Kasematten einer bis 1999 von der russischen Armee genutzten Befestigungsanlage am Stadtrand Kaliningrads mehr als 30.000 Stücke der Prussia-Schausammlung wieder entdeckt wurden. Was die westliche Presse als Sensation feierte, stellte die russischen Behörden allerdings vor Probleme: Es fehlte sowohl an Know-how als auch an finanziellen Mitteln, um die Stücke aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit zu restaurieren. Die ZEIT-Stiftung hat in Kooperation mit dem Archäologischen Landesmuseum Schleswig eine Arbeitsstelle im Museum für Geschichte und Kunst Kaliningrad aufgebaut. Seit dem Herbst 2000 restaurieren und katalogisieren russische Archäologen die Funde sorgfältig. Im Dezember 2001 konnte unter lebhafter Anteilnahme von Politik, Presse und Öffentlichkeit die erste Prussia-Ausstellung seit 1945 eröffnet werden. Das Projekt wird im Frühjahr 2003 mit einer umfassenden Retrospektive der Prussia-Sammlung seinen Abschluss und zugleich Höhepunkt finden. Die Ausstellung wird fortan im Museum für Geschichte und Kunst Kaliningrad zu sehen sein. [84] [85] KUNST UND KULTUR KULTURERHALT Staatliche Eremitage St. Petersburg Eingang zur Neuen Eremitage Zarin Katharina die Große gründete 1764 in St. Petersburg die Eremitage, heute eines der fünf bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Ihre reichhaltigen Sammlungen von der Antike bis zur Malerei der klassischen Moderne gelten als einzigartig. Mit dem rasanten Wachstum der Sammlung konnten die räumlichen Gegebenheiten des Hauses schon bald nicht mehr mithalten. 1851 wurde deshalb auf Befehl des Zaren Nikolaus I. die so genannte Neue Eremitage unter der Leitung des deutschen Architekten Leo von Klenze erbaut. In diesen Räumen ist seit 1852 die Sammlung griechisch-römische Antike ausgestellt. Die Neue Eremitage gilt aufgrund ihrer Einheit von Architektur und Sammlung als Kleinod im gewaltigen Museumskomplex, ihre Erhaltung stellt deshalb eine besondere Verpflichtung dar. Die ZEIT-Stiftung ermöglichte die dringend erforderliche Restaurierung des Eingangssaales, der rechtzeitig zum 300-jährigen Jubiläum der Stadt 2003 fertig gestellt wurde. [86] [87] KUNST UND KULTUR KULTURERHALT Rekonstruktion des Barockgartens von Schloss Gottorf Die ZEIT-Stiftung widmet sich seit ihrer Gründung 1971 den verschiedensten Bereichen der Denkmalpflege: Ob es sich um die Erhaltung von Baudenkmälern, Orgeln oder wertvollen Handschriften und Autographen handelt, stets steht das Bewahren von elementarem Kulturgut für zukünftige Generationen im Mittelpunkt – wie beim Engagement für die Restitution des Barockgartens von Schloss Gottorf in Schleswig. Nahe dem prachtvollen Renaissance- und Barockschloss Gottorf in Schleswig befindet sich der letzte erhaltene von ursprünglich drei fürstlichen Lustgärten – der barocke so genannte Neuwerk-Garten. Er ist heute stark verwildert und größtenteils unzugänglich. Schloss Gottorf – Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Schleswig Angelegt ab 1637 unter Herzog Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf und von seinem Sohn und Nachfolger Herzog Christian Albrecht erweitert, wurde der Neuwerk-Garten (»Neues Werck«) im 17. und 18. Jahrhundert in ganz Europa und bis nach Russland hin bekannt. Seine Attraktion war ein Riesenglobus, den Herzog Friedrich III. ab 1650 bauen ließ. Der Globus, das eigens für ihn geschaffene Lusthaus, der Herkulesteich, ein Irrgarten und eine vielteilige Terrassenanlage sind durch eine reiche archivalische Quellenlage und zahlreiche erhaltene Gartenpläne rekonstruierbar. Neben der ZEIT-Stiftung beteiligen sich die Hermann Reemtsma Stiftung und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt an der Rekonstruktion, die im Frühjahr 2003 nach einer gründlichen Analyse der hydrologischen Bedingungen des Geländes begonnen hat. [88] [89] BILDUNG UND ERZIEHUNG Der Bildungsbereich ist hierzulande aufgrund der jahrhundertelangen Verbindung von Fürst und Schulwesen, Staat und Bildung nach wie vor national geprägt. Entsprechend dem Selbstverständnis der Stiftung als Erfinderin, Erkunderin und Erproberin drängt sie auf Ausweitung des Horizonts – bei den geförderten Schülern Albrecht Graf von Kalnein oder Stipendiaten sowie bei den Institutionen selbst. Im einen Fall ermöglicht sie Bildung geht uns alle an. Die bemerkenswerte Reaktion in Deutschland auf die PISA- begabten Schülern aus Hamburg Auslandsschuljahre in St. Petersburg, Osaka oder Studie hat erneut verdeutlicht, welchen Stellenwert die Menschen ihr zumessen. Dem Shanghai, im anderen bezieht sie Fachleute aus Finnland und Dänemark ein bei der Einzelnen ist seine Lehr- und Wanderzeit, den Eltern der Schul- und Bildungsweg Bewertung des LERN-WERK zur Förderung Hamburger Hauptschüler. Bildung sollte ihrer Kinder besonders wichtig, und die »hohe Politik« betont die Bedeutung des keine Grenzen achten, gleich ob sozialer, finanzieller oder auch sprachlicher Art; und Kultusbereichs. Die ambitionierten Politiker stehen dabei in einer achtbaren Tradition. wo herkömmliche Unterschiede hochgehalten werden, sollten wir es uns und Seit der Reformation bemüht sich in Deutschland die Obrigkeit darum, das Gut anderen abverlangen und ermöglichen, auf deren Überwindung hinzuwirken. Bildung zu pflegen, zu mehren, zu kontrollieren. Dies bedeutet Fürsorge und Verlässlichkeit, aber auch Gängelung und Abhängigkeit. Doch wie das Verhältnis Zögling - Der Internationalisierung der Bildung in Hamburg und in Deutschland entspricht auf Erzieher auch Spielräume und Freiheit braucht, benötigt das Feld der Bildung das der auswärtigen Seite die fördernde und zunehmend operative Tätigkeit der Stiftung richtige Maß an Staatsferne, um Früchte zu tragen. im Ausland selbst. Nach dem dramatischen Ende des »kurzen 20. Jahrhunderts« (Eric Hobsbawm) durch den Zerfall des so genannten Ostblocks und der Sowjetunion 1989 Die ZEIT-Stiftung möchte Beiträge zum rechten Verhältnis zwischen den Akteuren – bis 1991 erscheint es angemessen, sich innerhalb Europas auf dessen östliche Völker Politik und Gesellschaft, Individuum und Gemeinwesen – leisten. Sie setzt sich in und Kulturen zu konzentrieren. Diese lange abgeschottete Region kann durch ihre eigenen operativen Vorhaben sowie in ihren Förderprojekten dafür ein, Denk- Bereitschaft zur und Erfahrung mit Traditionskritik und Reform ein Muster für anstöße umzusetzen und modellartige Lösungen durch die Praxis zu prüfen. Den Deutschland und die »alten Länder« der Europäischen Union werden. Derzeit erfah- Programm- und Projektpartnern ermöglicht dies auf eine bestimmte Zeit zusätzliche ren wir die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grenzen des früher scheinbar Maßnahmen, die den Horizont erweitern und die Erfahrung bereichern. Zugleich soll allmächtigen nationalen Anstaltsstaates, tiefgreifende Reformen sind notwendig – das Maßnahmenspektrum im überwiegend staatlich bestimmten Bildungsbereich der Zahl wie den Strukturen nach –, die den Menschen in Westeuropa einiges ergänzt oder erweitert werden. Es wäre blauäugig, eine ganz neue Schule konzi- abverlangen werden. Da mag der EU-Beitritt von Deutschland nahen Ländern, die pieren und errichten zu wollen, die allen alles böte – am besten noch kostenfrei. leidvoll-intensive Erfahrungen mit Reform und Transformation einbringen, gerade Dagegen ist uns wichtig, beispielsweise die herkömmlichen Fördermöglichkeiten für zur rechten Zeit kommen. Die Überprüfung sozialer Besitzstände und staatlicher lernschwächere Jugendliche um neue, im Feldversuch bewährte Komponenten zu Strukturen wirft im Übrigen neues Licht auf andere Akteure des Gemeinwesens, die erweitern – wie beim LERN-WERK Hamburg – oder eine Bibliothek in Deutschland wie etwa Stiftungen bereitstehen, im Bewusstsein der jahrhundertealten Tradition herauszustellen, die sich durch besondere Maßnahmen und Angebote zusätzliche des Stiftungswesens mehr Verantwortung in Form von tragfähigen, bewährten und Spielräume und Attraktivität erworben hat. neuartigen Lösungsmodellen für die anstehenden Probleme zu übernehmen. [90] [91] BILDUNG UND ERZIEHUNG INITIATIVEN IM BILDUNGSBEREICH LERN-WERK Hamburg Das 2000 initiierte LERN-WERK Hamburg zur Förderung von Hauptschülern ermöglicht es mittlerweile acht Hauptschulen bzw. Haupt- und Realschulen, konkrete Reformmodelle einzuführen und in der Praxis zu erproben. Die Institution, die 1964 als »Hauptschule« konzipiert und deutschlandweit eingeführt wurde, gilt mittlerweile als Reste-Schule, als Sammelbecken für lernschwächere Jugendliche, mit entsprechend schlechtem Ansehen und bedrohter Funktionalität. Auf der anderen Seite sind die Anforderungen im Berufsleben weiter angestiegen, während das schulische und oft auch soziale Umfeld dieser Jugendlichen gelitten hat. Beide Missstände belasten die Anschlussquote dieser Schüler; in den etwa 65 Hamburger Schulen dieses Typs erlangen im Durchschnitt nur rund zehn Prozent der Absolventen nach dem Schulabschluss einen Ausbildungsplatz. Den meisten aber droht ein Karussell an öffentlich geförderten »Maßnahmen« der Vorbereitung oder Qualifikation, aus dem es oft kein Fortkommen gibt. Die ZEIT-Stiftung ermöglicht folgenden Schulen, eigenständige Wege aus diesem Dilemma aufzuzeigen: Schule Altonaer Straße, Schule Hermannstal, Schule Königstraße, Schule Tieloh, Schule Am Falkenberg, Schule Friedrichstraße, Schule Richard-LindeEngagement für den Schülerbetrieb Tieloh-Fahrrad Weg, Produktionsschule Altona. Übergreifend geht es darum, praktische Arbeitssituationen mit hohem Ernstcharakter unter Einbezug externer Fachkräfte zu schaffen, die Eltern und die direkte Umgebung der Schulen stärker einzubeziehen und den Lehrern dieser Schulen übergreifenden Austausch und Anregungen zu vermitteln. Die Verantwortung für die Projekte und Fördermittel liegt bei den Schulen. Ihre Arbeit wird koordiniert und flankiert von einer Steuerungsgruppe mit Professor Dr. Reiner Lehberger (wiss. Leitung) und der ZEIT-Stiftung sowie einer unabhängigen Jury. Hierbei wie bei der für 2003 geplanten Evaluation bezieht die Stiftung Experten aus Finnland und Dänemark ein. Die Verbesserung des Lernklimas und die Einbindung der Schule in ihren Stadtteil erfordern auch angemessene Bauten. Die Grundlast hierfür trägt die öffentliche Hand, doch reicht dies nicht immer aus. Die katholische Bonifatiusschule in Hamburg-Wilhelmsburg hat es mit einem überzeugenden Konzept und erfolgreicher Einwerbung von Drittmitteln – darunter rund 225.000 Euro der ZEIT-Stiftung – vermocht, eine Mehrzweckhalle zu errichten: Vormittags dient sie dem Sport und nachmittags den Wahlpflichtfächern der Schüler; abends schließlich finden dort Kurse der Bildungs- und Kulturarbeit für den ganzen Stadtteil statt. Die Schule wird hier zum Entwicklungsmotor für ihr Quartier – ein beispielhafter Fall für die Hamburger Schullandschaft. [92] [93] BILDUNG UND ERZIEHUNG INITIATIVEN IM BILDUNGSBEREICH Globale Partnerschaften Hamburgs Schulen und überhaupt Institutionen tut der Blick über politische und sprachliche Grenzen hinaus gut; dies gilt umso mehr für die einzelnen Schüler – Aufenthalte im Ausland bedeuten für sie bleibende Bereicherung und Erfahrung. Die Stiftung hat zusammen mit dem Verein AFS Interkulturelle Begegnungen, Hamburg, ein Austauschprogramm eingerichtet, das Schülern aus Hamburg bzw. dessen östlichen Partnerstädten St. Petersburg, Osaka und Shanghai jeweils ein Austauschjahr mit Einbindung in eine Gastfamilie und eine Schule am Ort ermöglicht. Schülertreffen auf der Alster Die ersten Gäste aus St. Petersburg trafen mit dem Schuljahr 2002/2003 in Hamburg ein; die ersten hiesigen Schüler brachen im Frühjahr 2003 nach Osaka auf. Das Vorhaben fördert zugleich die Idee der politisch begründeten Städtepartnerschaften: Sie können sich nur entfalten, wenn die Bürger gleich welcher Generation sie mit Leben erfüllen. Erwähnung verdient hier ein kleineres Programm mit dem Internat Schule Schloss Salem. Das Internat hat mit Unterstützung der Stiftung erstmals Stipendiatenplätze für Schüler aus Osteuropa eingerichtet. Zwischen 2002 und 2004 haben Schüler aus dem früheren Jugoslawien und aus Estland die Möglichkeit, auf Salem zu leben und zu lernen. [94] [95] BILDUNG UND ERZIEHUNG INITIATIVEN IM BILDUNGSBEREICH Lyceum Marion Dönhoff, Nikolajken (Polen) Neubau des Lyceums Marion Dönhoff Das Vorbild Marion Gräfin Dönhoffs, die Gerd Bucerius und seiner Stiftung bis zu ihrem Tode tätig verbunden war, bewog die einst staatliche Schule im strukturschwachen Masuren, der Heimat der Dönhoffs, ihren Namen anzunehmen als Symbol für grenzüberwindende Verständigung und aufrichtigen Umgang mit der Geschichte. Die Einrichtung der Schule nach neuem pädagogischen Leitbild und die Errichtung eines neuen Gebäudes, das im Frühjahr 2002 eingeweiht wurde, ermöglichte die Zusammenarbeit von öffentlicher und privater Hand (darunter die ZEIT-Stiftung), Polen und Deutschen. Dem Lyceum Marion Dönhoff ist es in kurzer Zeit gelungen, den oft geforderten Dialog zwischen Polen und Deutschen vor Ort mit jungen Menschen zu praktizieren sowie ein seiner Umgebung angepasstes Schulprogramm zu entwickeln. Die Schule und ihr engagierter Förderverein arbeiten nun an deren weiterer Profilierung und an dem Vorhaben, sie zu einem Internat auszubauen. [96] [97] BILDUNG UND ERZIEHUNG FORUM BUCH Bibliothek des Jahres Wie Schulen befinden sich auch Bibliotheken in Deutschland im Spannungsfeld zwischen der grundgesetzlich verankerten »Gleichheit der Lebensverhältnisse« und dem Wunsch nach eigenständigem Profil, zwischen wachsenden fachlichen Anforderungen und stagnierenden oder rückläufigen staatlichen Zuschüssen. Der von der Stiftung in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv), Berlin, eingerichtete Preis der Bibliothek des Jahres setzt hier seit 2000 Zeichen. In Würdigung des generell hohen Leistungsniveaus im deutschen Bibliothekswesen wird jährlich ein Haus geehrt und gefördert, das durch besondere Leistungen aufgefallen ist. Im Jahr 2000 wurde die Stadtbibliothek »Heinrich Heine« Bibliotheksneubau am Rande der Göttinger Altstadt in Halberstadt ausgezeichnet für das gelungene Wagnis, trotz klammer öffentlicher Kassen einen mittelalterlichen Klosterbau im Herzen der Stadt umzubauen und als neuen Sitz der Bibliothek einzurichten. Der Preis 2001 wurde der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden verliehen, die dank der umsichtigen, fundierten Erschließung ihres einzigartigen Buchbestandes aus der Zeit von Humanismus und Reformation ungeachtet der peripheren Lage zu einem weithin wirksamen Zentrum für Wissen, Kultur und Bildung geworden ist. Die Niedersächsische Staats- und Universitäts- Blick in die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen bibliothek Göttingen errang den Preis für 2002 dank der beispielhaften Verbindung von altem Buch und neuen Medien sowie für die überregional wirksame bibliothekarische Arbeit zum Wohl der Wissenschaft und der Leser. Beide beispielhaft herausgegriffenen Aspekte sind unmittelbar nachzuvollziehen durch den Schule machenden Bibliotheksneubau am Rande der Göttinger Altstadt, der die Funktionen des Altbaus in der Paulinerkirche im Stadtzentrum ergänzt und fortführt. Der Preis von 25.000 Euro wird auf der Grundlage eines Vorschlagsverfahrens zuerkannt durch eine unabhängige Jury von Fachleuten mit Vertretern des dbv, des Deutschen Städtetages, der Kultusministerkonferenz, des Bundesforschungsministeriums, der Bertelsmann Stiftung sowie der ZEIT-Stiftung. [98] [99] BILDUNG UND ERZIEHUNG WANDEL IN OSTEUROPA Deutsches Historisches Institut in Moskau Bücher und Akten gehören zum täglich Brot der Historiker. Gerade dieser wissenschaftlichen Zunft kommt durch den Aufbruch verkrusteter ideologischer Systeme und den Umbruch eines ganzen Staatensystems in Osteuropa eine besondere Orientierungsfunktion zu. Es kann kaum verwundern, dass die Menschen etwa in Russland nach dem ernüchternden Ende des Kommunismus mit neuem Blick auf die überaus vielfältige Geschichte ihres Landes und des »russländischen« Imperiums blicken. Auch die erstrebte Neudefinition des Verhältnisses zum politischen Europa (EU) und im Besonderen zu Deutschland benötigen Tiefenschärfe und Weitblick. Auf Impuls der ZEIT-Stiftung, den die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung mit aufgegriffen hat, soll das Deutsche Historische Institut (DHI) dafür in Moskau ein eigenes Forschungszentrum und Forum sein. Mit Blick auf die vergleichbaren Institute in Rom, Paris, London, Washington und insbesondere Warschau soll das 2003 einzurichtende DHI in Moskau die Erforschung der russischen bzw. sowjetischen und der deutschen Geschichte im internationalen Kontext fördern, Zugänge zu den reichen Quellenbeständen vor Ort erschließen, die wechselseitige Vermittlung der Geschichtsschreibung in beiden Ländern unterstützen und speziell den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern. Das DHI in Moskau erscheint als die logische Fortsetzung und Verstetigung mehrerer bilateraler Forschungsvorhaben und -gremien seit den späten 1980er Jahren wie beispielsweise der deutsch-russischen Historikerkommission. Moskau-Ansicht: Das Deutsche Historische Institut in Moskau – Forschungszentrum und Forum für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Das Jahr 2003 steht im Zeichen des dreihundertsten Jahrestages der Gründung St. Petersburgs, der Öffnung des so genannten russischen Fensters nach Europa und gerade auch nach Deutschland. Bei der Errichtung dieser Hauptstadt, besonders aber der Begründung der großen Institutionen der russischen Wissenschaft in St. Petersburg und (später) Moskau spielten die deutsche Frühaufklärung (G. W. Leibniz, C. Wolff u.a.) und der Pietismus (A. H. Francke u.a.) eine wichtige Rolle. Das Jahr 2003 ist der ideale Zeitpunkt für die Errichtung des Deutschen Historischen Institutes, das einen nachhaltigen Beitrag zu einem fundierten Dialog beider Völker leisten kann. Mit Blick auf die Struktur solcher Institute in den genannten Hauptstädten wird das DHI in Moskau mittels der öffentlich-rechtlichen Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland, Bonn, errichtet und betrieben. Die Trägerstiftungen achten darauf, dass das Institut, dessen Direktor und der Beirat nach den bewährten Regeln des Fachs ausgewählt werden und frei arbeiten können. Das Institut soll über den deutsch-russischen Dialog hinaus das Profil der Deutschen Historischen Institute durch den frühen, auch strukturellen Einbezug russischer Fachleute und durch eine nach St. Petersburg und in die Regionen des Gastlandes verstrebte Arbeitsweise erweitern. [100] [101] BILDUNG UND ERZIEHUNG WANDEL IN OSTEUROPA Gerd Bucerius-Förderpreis Junge Presse Osteuropas Mit diesem 1999 eingerichteten Programm zieht die Stiftung im Geist ihres Gründers eine Parallele zu dessen eigenem Leben. Für den politisch begabten Juristen und Verleger zählte es nach dem Ende der braunen Diktatur zu den Ausgezeichnet mit dem Gerd Bucerius-Förderpreis Junge Presse Osteuropas 2002 vorrangigen Zielen, am Wiederaufbau eines freien Pressewesens mitzuwirken. Blätter wie seine im Februar 1946 gegründete ZEIT, wie Der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Zeitung erwiesen sich letztlich als beachtliche Faktoren für die geistige Öffnung und die Hinführung der Menschen zur Demokratie, zu deren Pfeilern die Meinungsfreiheit gehört. Der Gedanke, diese Überzeugung auch in den osteuropäischen Ländern nach dem Ende der roten Diktatur durch Pressepreise zu stärken, scheint sich zu bewähren. Die Auszeichnung wendet sich an Zeitungen, da eine solche Unternehmung zugleich für Beständigkeit, Zivilcourage und unternehmerischen Mut spricht. Bislang konnte die Stiftung dreizehn Bucerius-Pressepreise mit einem Fördervolumen von insgesamt rund 330.000 Euro verleihen, 2001 und 2002 u.a. an Obschtsaja Gazeta, Moskau, Zerkalo Nedeli, Kiew, Belarusskaya Delavaya Gazeta, Minsk; an Nowaja Gazeta, Moskau, Vysokiy Zamok, Lemberg, und Sega, Sofia. Das weit gespannte Programm lebt von der Zusammenarbeit mit ausgewiesenen, unabhängigen Institutionen vor Ort und der fachlichen Kompetenz der Jury, der Christoph Bertram, Jo Groebel, Hermann Meyn, Thomas Roth, Theo Sommer, Michael Thumann, Markus Wehner und Hans-Georg Wieck angehören (Stand April 2003). Die Stiftung übergibt die Auszeichnungen jeweils am Geburtstag des Stifters, dem 19. Mai, in Hamburg. [102] [103] BILDUNG UND ERZIEHUNG WANDEL IN OSTEUROPA Kant-Stipendienprogramm Die nach dem politischen Aufbruch von 1989/1991 in Osteuropa erforderlichen Neuanfänge in Gesellschaft und Wissenschaft werden nur mit der jungen Generation gelingen. Den Universitäten kommt dabei eine besondere Verantwortung und Bedeutung zu. Auf Anregung Marion Gräfin Dönhoffs richtete die Stiftung 1997 zusammen mit zunächst der Staatlichen Universität Kaliningrad und nun auch den beiden staatlichen Universitäten St. Petersburgs das KantStipendienprogramm zur Förderung von wissenschaftlichen Nachwuchskräften der Philosophie ein. Dieses Programm hat bislang rund zwanzig Stipendiaten einen je einsemestrigen akademischen Aufenthalt an einer deutschen oder westeuropäischen Hochschule ihrer Wahl ermöglicht, um sich dort einer selbstgewählten Forschungsarbeit zum Themenfeld »Kant und die Philosophie des Idealismus« zu widmen. Der Respekt vor dem Königsberger Denker verbindet noch heute Deutsche und Russen, Alt und Jung, Fachmann und Zaungast. Das Stipendienprogramm möchte sein Andenken auch im europäischen Verständnis fruchtbar machen, den Universitäten zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten erschließen und dazu beitragen, das Ansehen der Geisteswissenschaften in Russland zu fördern angesichts der Gefahr, dass der talentierte russische Forschungsnachwuchs dieses Themenfeld aus wirtschaftlicher Drangsal wider Willen verlässt. Beispielhaft seien Themen von Stipendiaten der Jahre 2001 und 2002 benannt: »Die philosophische Grundlegung der Anthropologie bei J. G. Fichte« (Anton Ivanenko, St. Petersburg), »Immanuel Kant-Denkmal vor der Universität Kaliningrad Kants Amtstätigkeit« (Julija Makarova, Königsberg); »Patriotismus als Begriff der persönlichen Kultur in Deutschland und Russland um 1800« (Maxim Tchernobrovyi, St. Petersburg). Weitere Maßnahmen flankieren dieses Engagement, etwa die Mitwirkung (bis Dezember 2001) bei dem Herder-Programm Emeriti für Hochschulen Mittel- und Osteuropas, das dank eines Konsortiums aus fünf privaten Stiftungen der Deutsche Akademische Austausch Dienst und die Hochschulrektorenkonferenz unterhalten, oder die Mithilfe bei der virtuellen Rekonstruktion der Buchbestände der großen Bibliotheken des untergegangenen Königsbergs. [104] [105] BILDUNG UND ERZIEHUNG WANDEL IN OSTEUROPA Detail des Hauptgebäudes in Kalvarija Herkunft und Zukunft – Bauten jüdischen Lebens in Osteuropa »Osteuropa« übt auf viele Menschen an der Wende zum 21. Jahrhundert eine eigentümliche Faszination aus – vielleicht, weil die Geschichte seiner Menschen eine eigene, mit westeuropäischen Mustern wenig konforme Haltung zum hehren Begriff des »Nationalstaats« zeigt. Der Blick auf Entwicklungslinien heutiger Politik zumindest im Rahmen der EU lehrt, dass solche Relativität in einer Zeit zunehmender überstaatlicher Zusammenarbeit und schwindenden Zugriffs auf die Gesellschaft durch den Nationalstaat selbst neuen Stellenwert gewinnt. Der tragischen Geschichte der Juden im polnischrussischen Raum, die lange Zeit als Vermittler zwischen Ständen, Städten und Staaten wirkten, kommt hier besondere Bedeutung zu. Die ZEIT-Stiftung ruft mit dem Programm Herkunft und Zukunft dazu auf, sich der wenigen Baukomplexe, die Krieg, Diktaturen und Mangel überstanden haben, mit Engagement und kreativem Zugang anzunehmen. Die Pilotphase des Projektes gilt in enger Zusammenarbeit mit dem litauischen Kulturministerium der Restaurierung des Synagogenbereichs von Kalvarija/Marijampole. Das Vorhaben gibt zudem den Anstoß zur Entwicklung zeitgemäßer Nutzungsformen im Bereich Kultur und Bildung, die allein imstande erscheinen, den Gebäuden in der heute rein christlich geprägten (wenn überhaupt religiös bestimmten) Region im Westen Litauens Perspektive und Pflege zu sichern. Die Stiftung prüft derzeit mit den Projektpartnern in Wilna und Leipzig die Ergebnisse dieses Ansatzes und dessen Übertragbarkeit. Auch die Fördermaßnahmen der Stiftung zugunsten der Jüdischen Museen in Riga und Wilna weisen auf das grenzüberwindende Potenzial der Beschäftigung mit der Geschichte der Juden in den Gesellschaften und Staaten Osteuropas – auch als historischer Faktor eines europäischen Selbstverständnisses. [106] [107] EVALUIERUNG UND IHRE WACHSENDE BEDEUTUNG FÜR DIE STIFTUNGSARBEIT vergeben, so muss überprüft werden, wie sich die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Staaten verändern und wo die Preisvergabe besonders sinnvoll ist. Werden Hauptschüler in Hamburg gefördert, muss nach einer gewissen Laufzeit gemessen werden, welchen Erfolg die Einzelmaßnahmen hatten. Die Stiftung informiert ihre Projektpartner jeweils frühzeitig von der geplanten Evaluierung. Diese sind in der Regel selbst an einer kritischen Begutach- Hannah Jacobmeyer tung interessiert. Das Thema der Evaluierung - zunächst einzelner Projekte, dann der Stiftungsarbeit insgesamt, hat in den letzten Jahren neue Aktualität gewonnen. Die zunehmende Für die ZEIT-Stiftung gilt, wie für alle Stiftungen, dass ein auf sie zugeschnittenes Bedeutung von Stiftungen wie die große Zahl der Organisationen belebt auch die Evaluierungs-»Handbuch« entwickelt werden muss. Die Unterschiedlichkeit der Frage nach best practice im Stiftungswesen. Zum einen entspringt diese Frage Projekte bedingt die unterschiedliche Ausrichtung der Evaluierung. Auch gelten von dem Wunsch der Stiftungen nach Optimierung ihrer Aktivitäten und Schärfung des Fall zu Fall verschiedene Erkenntnisinteressen: Ist die Evaluierung ergebnis- oder eigenen Profils, denn im Zuge wachsender Professionalisierung von Stiftungsarbeit prozessorientiert? Hängt von ihr die Entscheidung über eine Fortsetzung ab? Worauf und wachsenden Wettbewerbs der Stiftungen werden verlässliche Aussagen über richtet sich das primäre Interesse – Projektkosten, Projektergebnisse, Innovations- die Qualität von Projekten immer wichtiger. Zum anderen fragt eine zunehmend grad, zeitliche oder personelle Zusammenhänge? An wen richtet sich die Evaluierung aktive Zivilgesellschaft kundiger und kritischer als zuvor nach der Arbeits- und – Mitarbeiter, Gremien, Partner, die Öffentlichkeit? Wie sollen ihre Ergebnisse Wirkungsweise von Stiftungen. Auch vor dem Hintergrund, dass Stiftungsmittel präsentiert werden? steuerlich privilegiert sind, muss es geradezu selbstverständlich sein, dass die Förderergebnisse bewertet werden. Stiftungen sollten daher Evaluierung als inhärenten Obgleich die ZEIT-Stiftung den Aufwand maßgeschneiderter Evaluierungen für Bestandteil ihrer Arbeit begreifen. herausragende Projekte nicht scheut, nutzt sie auch die Vorteile von ClusterEvaluierungen. Beispielsweise können juristische Projekte auf einen vorhandenen Die ZEIT-Stiftung hat begonnen, Projekte aus ihren drei Satzungsbereichen zu eva- Pool von Gutachtern zurückgreifen; auch Methoden sind hier bereits erprobt. Ähnlich luieren. Dabei haben profilbildende Projekte Priorität, also in erster Linie operative, lässt sich auf Grund vorhandener Mitarbeitererfahrung die interne Beurteilung, etwa finanziell umfangreiche und besonders innovative Vorhaben. So findet an der im Monitoring, für ein unaufwändiges Verfahren nutzbar machen. Nur in seltenen Bucerius Law School ab 2003 eine differenzierte Evaluierung der Lehre durch die Fällen geht es tatsächlich um »bilanzierende« Evaluierungen; besonderen Gewinn für Studierenden statt. Die Einschätzungen und Anregungen fließen in die Gestaltung die Stiftungsarbeit bringen Zwischengutachten im Sinne gestaltungsorientierter des Studiums und seiner Rahmenbedingungen ein, Lehrende, Studierende und Evaluierungen. Selbst Gutachten, die nach Abschluss eines Projekts erstellt werden, Management sind im regelmäßigen, kritischen und konstruktiven Dialog. Eine wirken auf die weitere Zusammenarbeit mit entsprechenden Institutionen ein und externe Beurteilung der Lehrstühle und des Hochschulmanagements durch eine stellen insofern ein wesentliches Steuerungsinstrument dar. Entscheidend ist stets, mehrköpfige Expertenkommission erfolgt 2003. Die Bucerius Summer School on dass das gewonnene Wissen klar erkennbar ist und konsequent angewandt wird. Global Governance lässt ihr Programm durch die Teilnehmenden evaluieren und reagiert von Jahr zu Jahr in ihrer Planung auf die Ergebnisse der Befragung. Zugleich Soweit die Evaluierungen der ersten größeren ZEIT-Stiftungsprojekte abgeschlossen fängt sie dadurch seismographisch aktuelle Kristallisationspunkte des brisanten sind, haben ihre Erkenntnisse die Stiftungsarbeit konstruktiv beeinflusst. Sie haben und sich wandelnden Themas Global Governance ein. Im Wissenschaftsbereich weit überwiegend positive Resultate gezeitigt und bestätigen die ZEIT-Stiftung in beginnt 2003 die Evaluierung der drei juristischen Stiftungslehrstühle an ost- ihrer Arbeit. Dort, wo im Einzelfall die Ergebnisse den Erwartungen nicht ganz deutschen Hochschulen. gerecht geworden sind, war der Lernprozess und damit der Gewinn für die künftige Stiftungsarbeit besonders groß. Leitfragen im Satzungsbereich Wissenschaft und Forschung – erreichen die Projekte die vorgesehenen Ziele? Müssen Kurskorrekturen vorgenommen werden? Ist eine Zum Nutzen der Stiftungsarbeit und der Gesellschaft, für mehr Transparenz und ein Fortsetzung sinnvoll? Kann die Umsetzung verbessert werden und wenn ja, wie? wachsendes Vertrauen in ihre Aktivitäten wird die ZEIT-Stiftung weiterhin Evaluierun- Stehen die eingesetzten Fördermittel in vernünftiger Relation zum Ertrag? – beschäf- gen durchführen. Zur Stärkung einer Evaluationskultur in deutschen und europäi- tigen auch die Evaluierung im Satzungsbereich Bildung und Erziehung. Wird alljähr- schen Stiftungen begrüßt sie Austausch und Initiativen zu diesem wichtigen lich ein Preis für unabhängige Presseberichterstattung in osteuropäischen Ländern Aspekt ihrer Arbeit. [108] [109] ENGLISH SUMMARY The Ebelin and Gerd Bucerius ZEIT Foundation Report on Major Funding Activities in 2001 and 2002 Gerd Bucerius established the Ebelin and Gerd Bucerius ZEIT Foundation in 1971. The Foundation pursues objectives intended to benefit society as a whole. In One of the highlights of the past two years was the opening of the art forum accordance with its statutes it provides funding in the areas of science, research and Bucerius Kunst Forum in October 2002. This exhibition hall in the centre of the education, as well as for the arts and for cultural activities. The Foundation aims at city of Hamburg (at Rathausmarkt) already proved to be a cultural attraction in strengthening civil society by supporting the development of innovation, creativity the first few months. Information on current exhibitions is available under and responsibility. www.buceriuskunstforum.de. After the death of Gerd Bucerius in 1995 and of his wife, Ebelin, in 1997, the ZEIT International Projects Foundation grew quickly and is meanwhile one of Germany’s five largest private foundations. During the past two years returns on Foundation capital came to a total The Foundation has intensified its foreign activities, beginning new projects in a of 49.7 million euros. Financial assistance was granted for 300 projects. Project large number of countries. The net now stretches from Kaliningrad to Oxford, from expenses for 2001 and 2002 amounted to 32.5 million euros, 58.2% of which was Paris to Cambridge/Mass., from Haifa to Shanghai, and from London to Jerusalem. devoted to scientific and research projects, 31.2% to the arts and to cultural activities, The Bucerius Law School, the first private university for law in Germany, has a and 10.6% to education and training. strong international orientation. It has partnerships with 58 universities and higher On 31st December 2002, the ZEIT Foundation Board of Trustees was comprised of the educational establishments throughout the world. The students spend their following members: Manfred Lahnstein (Chairman), Klaus Asche, Roman Herzog compulsory trimester abroad, while the Bucerius Law School for its part welcomes (Former German President), Georg Dieter von Holtzbrinck, Martin Kohlhaussen guest students from around the globe to Hamburg. Siegfried Luther, Hubert Markl, Jobst Plog, Helmut Schmidt (Former German Chancellor), Karsten Schmidt, Theo Sommer, Henning Voscherau, and Bernd Wrede. And speaking of »globes«, it is clear – from its name – where the focus of the The members of the Board of Directors were Klaus Asche, Michael Göring (Managing Bucerius Summer School on Global Governance lies. Politicians, businessmen and Director), and Karsten Schmidt. On 31st December 2002, the Foundation had 25 representatives of Non-governmental Organisations gather here to discuss innova- permanent employees. tive models for regulating globalization. Following an increase in financial volume the ZEIT Foundation was able to expand its The German Historical Institute in Moscow – a joint project of the Alfried Krupp von funding activities in 2001 and 2002 along existing lines and to enlarge its range of Bohlen und Halbach Foundation and the ZEIT Foundation, – will be opened in the projects, both nationally and internationally. About 7% of project funding in 2001 and autumn of 2003 with the aim of promoting interest in the common European history 2002 went into projects abroad. of Germany and Russia. The more recent history of each of these countries should be researched in an international context, source archives identified, German-Russian Due to the great number of projects supported in 2001 and 2002, the following pages research cooperation strengthened, the historiographies of both countries mediated can present only a few of the Foundation’s major activities: and a variety of lectures and conferences held. [110] [111] ENGLISH SUMMARY The Bucerius Center for Research of Contemporary German History and Society has established itself as a window of the University of Haifa to Europe. It promotes Israeli understanding of Germany’s most recent history right up to the present time. With its commitment to Israel, the ZEIT Foundation stands for fruitful coexistence between Jewish and Arabic students. The ZEIT Foundation supports the Petersburg Dialogue established by President Vladimir Putin and German Chancellor Gerhard Schröder. As a forum for open The Gerd Bucerius Doctorand Scholarships »Germany and its Eastern Neighbours – discussion on contemporary social issues between the prominent representatives Contributions to European History« are aimed at young Central and Eastern and young elite of both countries, the Dialogue can fertilize German-Russian relations European historians who address, in the theses, topics exploring the relationship of and extend them considerably. the Germans to their eastern neighbours. With its Gerd Bucerius Lectures in Washington, London and Jerusalem, the Founda- The German Forum for Art History in Paris aims at a mutual exchange on German- tion heralds the liberal spirit of its founder – a publisher, lawyer and politician – far French art history and the humanities; the ZEIT Foundation finances scholarships and beyond the boundaries of the city of Hamburg. research in these areas. Science and Scholarship Few German cities have a history of foundations as long and lively as that of Hamburg, yet scarcely researched with regard to their significance. With a multi-part Science and scholarship are at the heart of the Foundation’s activities. The ZEIT publication and research project into the nature of foundations in the Hanseatic city, Foundation supports innovative international teaching and research structures, as the ZEIT Foundation is making an exemplary contribution to the history of bourgeois well as innovative fields of research. It promotes talented young scholars who are society in Germany. active at an international and inter-disciplinary level, concentrating on jurisprudence and history, as well as on the related fields of the arts and cultural studies, and espe- The editing of the Collected Works »Gesammelte Werke« of the major philosopher cially on the history of art and philosophy, political science and governance research. Ernst Cassirer will be borne by the ZEIT Foundation; his key work, Philosophie der symbolischen Formen (The Philosophy of Symbolic Forms), has already been Three ZEIT Foundation chairs in jurisprudence at the universities of Rostock, completed. Greifswald and Jena, all in the new German federal states, have established new areas of teaching and research. At the European Studies Centre, St. Antony’s College, The works Hamburger Köpfe (Heads of Hamburg), a vivid series of biographies on Oxford the Foundation has created its first foreign chair in Contemporary History, Hamburg's personalities from the fields of politics, cultural activities, commerce and which has been eminently filled by Timothy Garton Ash. science, has meanwhile been extended to 11 volumes. [112] [113] ENGLISH SUMMARY Art and Culture With the excavation campaign for the Prussia Collection and the establishment of a With the opening of its own exhibition hall – the Bucerius Kunst Forum – in 2002, the »Prussia-Arbeitsstelle«, the foundation has been contributing, since the year 2000, ZEIT Foundation has completed yet another large project of its own. Other art towards uncovering and reviving the deep and independent roots of the exhibitions continue to be organized in cooperation with museums in Hamburg, but Kaliningrad/Königsberg region. The extensive collections will be put on permanent also beyond the city’s boundaries. In the field of music the focus is on contemporary display in the Kaliningrad History and Art Museum. music and on promoting young musicians. There are also measures to preserve and maintain our cultural heritage, such as the safeguarding of valuable monuments and Education and Training the restoration of historical organs, or precious handwritten works and manuscripts. The ZEIT Foundation promotes innovative schooling concepts and international The Copper Engravings Cabinet Kupferstichkabinett in the arts centre Hamburg school exchanges; and with a National Library Prize it underlines the importance of Kunsthalle can now catalogue and research its entire collection, thanks to the support the book as a medium for education, cultural concepts, knowledge transfer, recording of the ZEIT Foundation. These unique artefacts will be systematically ordered for traditions and safeguarding content for future reference. The ZEIT Foundation also display in three synoptical exhibitions. has a commitment to the press and journalists of the nations of Eastern Europe. »Reality check« – the motto under which the 2nd triennial festival of Photographie Eight five-form secondary modern schools meanwhile belong to LERN-WERK Hamburg 2002, with a total of 101 exhibitions and organized events, succeeded in Hamburg – these schools are both encouraged and enabled, with the support of the drawing the city's attention to, and attracting its interest in, the field of photography. Foundation, to test concrete models for reform in practice. Whether this involves training for job applications, a bicycle workshop, a school kitchen or active parent A new writing competition with annually changing topics is encouraging young participation, the pupils learn to enjoy learning. people to write their own texts, enhancing their creative abilities. Hamburg Underground was the motivating topic in the first competition year, 2002, and drew a A guest year for pupils in one of Hamburg’s partner cities – whether St. Petersburg, resounding response. Osaka or Shanghai – can open up new horizons. The pupil-exchange initiative »Globale Partnerschaften« is a living example of international understanding. The Hamburg Music Festival, which was held for the third time in 2002, was again a great success, presenting the audience with an attractive range of contemporary Every year an institution is awarded the title Library of the Year. The winner is classical music. As a means of promoting especially talented young musicians, the selected on the basis of outstanding performance, quality and innovation, and ZEIT Foundation has been supporting the Meisterkurs programme of the Schleswig- exemplary library work. Holstein Music Festival since 1999. The Foundation annually awards the Gerd Bucerius Promotional Prize »Eastern The restoration of 37 particularly valuable instruments in the »organ landscape« of Europe’s Young Press« – a signal for freedom of speech and free journalism. The Mecklenburg Western-Pomerania will be completed by 2004. This is a joint endeavour award is intended to encourage individual media and journalists in their informative by the ZEIT Foundation, the Hermann Reemtsma Foundation and the German work, and to support and strengthen the democratic press in the young, reformed Foundation for Monument Protection aimed at restoring baroque instruments, and countries of Eastern Europe, thereby contributing towards the creation of a free particularly those from the romantic period, to a playable state. media landscape. [114] [115] DIE ZEIT-STIFTUNG 2001 UND 2002 IN ZAHLEN Jährliche Bewilligungen seit 1995 (in Mio. Euro) Im Berichtszeitraum erfolgten insgesamt 300 Bewilligungen mit einem Volumen von Michael Berndt 32,5 Mio. Euro. Regionaler Schwerpunkt der Förderungen war mit einem Anteil von Vermögensverwaltung etwa 75 Prozent der Fördersumme Hamburg. Auf Projekte im Ausland entfielen gut Das Vermögen der ZEIT-Stiftung ist überwiegend in festverzinslichen Wertpapieren 17 Prozent des Fördervolumens. und zu einem kleineren Teil in Dividendenwerten angelegt. Außerdem befinden sich drei Liegenschaften in Hamburg im Eigentum der Stiftung: Feldbrunnenstraße 56, 10,6 % Sitz der Stiftung, Ecke Marseiller Straße 7/Jungiusstraße 6/8, Gebäude der Bucerius Law School, und Schwanenwik 38, Standort des Literaturhauses. 31,2 % Wissenschaft und Forschung Kunst und Kultur Bildung und Erziehung 58,2 % Verteilung der Bewilligungen auf die Förderbereiche Ordentliche Erträge (in Mio. Euro) Verwaltung und Mitarbeiter Die Verwaltungskosten der Stiftung beliefen sich im Berichtszeitraum auf insgesamt Fördermittel 5 Mio. Euro, davon entfallen auf die Personalkosten 3 Mio. Euro und auf die Sach- Seit ihrer Gründung hat die Stiftung Mittel für Förderungen in Höhe von knapp 90 kosten 1,7 Mio. Euro. Die Personalkosten entsprechen damit etwa 6 Prozent der Mio. Euro bewilligt; hiervon wurden bisher 74 Mio. Euro ausgezahlt. Auf Vorhaben in ordentlichen Erträge. Hamburg entfallen etwa 60 Prozent des Fördervolumens. Insgesamt wurden bisher Die Stiftung beschäftigte Ende 2002 insgesamt 25 festangestellte Mitarbeiter, davon 900 Bewilligungen ausgesprochen, die sich auf rund 640 Einzelprojekte verteilen. 4 Mitarbeiter mit Teilzeit-Verträgen. [116] [117] FÖRDERBEDINGUNGEN ORGANE DER STIFTUNG Vorstand Dr. Klaus Asche Professor Dr. Michael Göring (geschäftsführend) Professor Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt Kuratorium Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius konzentriert ihre Förderungen auf von ihr selbst initiierte Vorhaben. Sie nimmt darüber hinaus Anträge auf Projektförderung entgegen, sofern die Vorhaben ihrer Satzung und ihren Förderschwerpunkten entsprechen. Dabei sind die Innovationsfähigkeit, Nachhaltigkeit, Vernetzung des Vorhabens zur Schaffung von Synergieeffekten – gerne über Landesgrenzen hinaus – sowie die Originalität des Projektes entscheidend. Die Stiftung misst ferner dem Professor Manfred Lahnstein (Vorsitzender) Dr. Klaus Asche Bundespräsident a.D. Professor Dr. Roman Herzog Georg Dieter von Holtzbrinck Dr. h.c. Martin Kohlhaussen Dr. Siegfried Luther Professor Dr. Dr. h.c. mult. Hubert Markl Professor Jobst Plog Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt Professor Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt Dr. Theo Sommer Dr. Henning Voscherau Dipl.-Kfm. Bernd Wrede Eigenanteil des Antragstellers sowie seinem Bemühen um die Gewinnung von Förderpartnern große Bedeutung zu. Sie vergibt keine Mittel zur Schließung von allgemeinen Haushaltslücken. Stipendien, auch Forschungsstipendien, werden nur im Rahmen von Programmen und Druckkostenzuschüsse nur für Stiftungsprojekte vergeben. Die Stiftung empfiehlt, eine schriftliche Voranfrage zu stellen. Anträge können formlos an die Stiftung gerichtet werden. Der Antrag muss in knapper Form Auskunft über Ziele, geplante Durchführung und beantragte Förderhöhe des Vorhabens geben. Bestandteil des Antrags sollte ferner neben einem Zeitplan ein differenzierter Kosten- und Finanzierungsplan sein. Berater des Kuratoriums sind: Dr. F. Wilhelm Christians Hilde von Lang Anschrift ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Feldbrunnenstraße 56 20148 Hamburg Telefon: 040/ 41 33 66 Telefax: 040/ 41 33 67 00 E-Mail: [email protected] Internet: www.zeit-stiftung.de Je nach Förderhöhe entscheiden Vorstand oder Kuratorium über die Bewilligung. In fachlich erforderlichen Fällen werden externe Gutachter einbezogen und um qualifizierte Voten gebeten. [118] Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius ist Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen e.V. und des European Foundation Centre, Brüssel. [119] IMPRESSUM BILDNACHWEIS Titel Sitz der ZEIT-Stiftung, Feldbrunnenstr. 56, Hamburg, Bodo Dretzke 60 AKG Images 62 Staatsbibliothek zu Berlin 6 Bodo Dretzke 64 Bertram Solcher 8 Wolfgang Wiese 66 Büro Brückner und Partner, Bremen 10 Bodo Dretzke 68 Bodo Dretzke 14 Hako Holding GmbH 70 Elke Walford 16 Ingrid von Kruse 72 Museum für Hamburgische Geschichte 18 ZEIT-Stiftung Herausgeber: 21 Bernd Solcher ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius 22 Ulrich Perrey 74 André Lützen 76 Hamburger Musikfest 78 Robert Bittner 24 Bodo Dretzke Verantwortlich: 80 Frederika Hoffmann 27 Stefan Wolf Lucks Professor Dr. Michael Göring 82 Matthias Gretzschel 28 Universität Haifa Redaktion: 84 Thoralf Plath 31 Universität Haifa Frauke Hamann 86 Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz 32 ZEIT-Stiftung Textredaktion: 36 Stefan Wolf Lucks Frauke Hamann 39 Ronald Frommann 88 Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf 90 Bodo Dretzke 40 Stefanie Brinkkötter Bildredaktion: 92 Frederika Hoffmann 43 Stefanie Brinkkötter Kirsten Drees 94 AFS Interkulturelle Begegnungen e.V. 44 Bodo Dretzke Design: 96 ZEIT-Stiftung 46 Universität Jena achtung! werbeagentur 98 Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen 48 Johannes Grützke Druck: 50 Wolfgang Volz 100 Otto Kirchner Brandt Offset 52 Falko Behr 102 Frank Scymanska 54 Deutsches Forum Kunstgeschichte, Paris 104 ZEIT-Stiftung 56 ZEIT-Stiftung 106 Thoralf Plath 58 Universität Hamburg 114 Bodo Dretzke ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg, im April 2003 [120] [121]