Die Welt in Lieferketten

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Die Welt in Lieferketten
April 2008
pwc:
Das Magazin für Vorausdenker
Golf ohne Handicap
Was die Emirate so erfolgreich macht
Karriere ohne Grenzen
Wie Unternehmen von Expatriates profitieren
Bahn ohne Behörde
Wie sich Leipzigs Nahverkehr teilprivatisierte
Die Welt in
Lieferketten
Wegen der Globalisierung boomt die
Logistikbranche. Doch die Risiken wachsen.
Was die Branche gefährden könnte
pwc: Inhalt
Titel
Märkte
Die Welt in Lieferketten
Logistikunternehmen freuen sich über ein
rasantes Wachstum. Neben den Umsätzen
steigen aber auch die Risiken. Drei Szenarien, die aufzeigen, was reibungslose Abläufe
und damit die gesamte Branche gefährden
könnte.
Seite 4
Märkte Mehr als transportfähig
Deutsche Unternehmen setzen weltweit
ausgefeilte Logistikkonzepte um. Dabei
geht es um mehr als nur Transport. Einige
Fallbeispiele. Seite 12
Interview: Detthold Aden
Der Vorstandsvorsitzende der Bremer BLG
Logistics Group spricht über Visionen und
Spinnereien in der Welt der Logistik.Seite 14
Wissen
Seite 16
Wissen Seite 28
Golf ohne Handicap
Warum die Vereinigten Arabischen Emirate
derzeit der dynamischste WirtschaftsstandSeite 18
ort der Welt sind. Besten-Auslese
Hervorragender Managementnachwuchs ist
rar. Das sollte mittlerweile auch die VorstänSeite 30
de beschäftigen.
Das Fernsehduell
Wie das Internetfernsehen den herkömmlichen Sendern Konkurrenz macht. Seite 22
Ein Gehen und Kommen
Firmen schicken immer mehr Expatriates ins
Ausland. Warum Aufenthalt und Rückkehr
Seite 32
gut organisiert sein müssen.
Grünes Licht geben
Was kleine Ökostromanbieter erfolgreich
macht und wie die großen Energiekonzerne
Seite 24
davon profitieren.
Interview: Heiko von Tschischwitz
Der Geschäftsführer des Ökostromanbieters Lichtblick über Spätzünder, UnabhänSeite 27
gigkeit und Denkzettel.
Kolumne: Klaus Kocks
Was modernes Controlling mit der Hinrichtung des Lordsiegelbewahrers Heinrichs
Seite 35
des Achten zu tun hat.
Pendlerin zwischen den Welten
Marna Whittington, Verwaltungsdirektorin
von Allianz Global Investors, erzählt aus ihrem Leben. Seite 36
Bürgen statt Borgen
Dank eines neuen Berechnungsmodells
können Landesbürgschaften als Instrument
der Wirtschaftsförderung wieder eingesetzt
werden.
Seite 40
pwc: | april 2008
pwc: Editorial
Lösungen
Hans Wagener,
Vorstandssprecher der
PricewaterhouseCoopers AG
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!
„Die richtige Menge der richtigen Objekte am richtigen Ort in der richtigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt zu den richtigen Kosten zur Verfügung stellen.“ So beschreibt der deutsche Wissenschaftler Reinhardt
Jünemann die Aufgabe der Logistik, die im Fremdwörterduden einst als
„militärisches Nachschubwesen“ erklärt wurde. Es gibt vermutlich nicht
sehr viele Branchen, die sich so komplett verändert haben wie die Logistik, durch die außerdem die globalisierte Wirtschaft erst möglich wurde. Denn von den reibungslosen Abläufen bei den Logistikunternehmen
sind fast alle anderen Branchen abhängig. Deshalb haben wir uns gefragt: Gibt es Risiken, die diese Reibungslosigkeit gefährden könnten?
Und wir sind durchaus fündig geworden.
Eines der weltweit ehrgeizigsten Logistikprojekte wird mit dem Dubai
World Central im Mittleren Osten realisiert. Dort sollen eine voll integrierte
Lösungen Seite 42
Das Tier in mir
Warum Managementbücher aus der Tierwelt so erfolgreich sind. Seite 44
Logistikplattform und der weltweit größte Flughafen entstehen. Grund genug, die Arabischen Emirate genauer zu beleuchten: Denn sie sind eine
boomende Region, von der auch deutsche Unternehmen profitieren.
Hauptsächlich zwischen den USA und Deutschland pendelt Marna Whittington. Wir freuen uns, dass die Verwaltungsdirektorin von Allianz Global
Was Leipzig bewegt
Weshalb die Liberalisierung des öffentlichen
Nahverkehrs die Leipziger Verkehrsbetriebe
nicht ängstigt.
Seite 50
Investors unseren Lesern einen Einblick in ihr Leben als Weltenwandlerin
Publikationen
Impressum
bewusst in die Zukunft blicken. Ebenso selbstbewusst treten die kleineren
Seite 54
Seite 55
gibt. Einen Blick in ihr Unternehmen haben uns außerdem die Leipziger
Verkehrsbetriebe gestattet, die trotz einer neuen EU-Verordnung, die für
mehr Wettbewerb im öffentlichen Personennahverkehr sorgen soll, selbstAnbieter von erneuerbaren Energien auf, auch weil sie für die großen Versorger immer interessanter werden. Wie sich dieser Markt entwickelt,
bleibt also spannend. Lassen Sie mich zum Schluss auf eine neue Kolumne hinweisen, die wir künftig in jeder Ausgabe veröffentlichen. Dieses Mal
verrät uns Kommunikationsberater Prof. Klaus Kocks, was Heinrich VIII.
und Unternehmenscontrolling miteinander zu tun haben.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!
Hans Wagener
pwc: | april 2008
pwc: Titel
Umsatzstarke Europäer
Weltweite Warenströme
Anteil am Welthandel in Prozent, nur ausgewählte Standorte
regionaler Handel
überregionaler Handel
3.651 Mrd. $
31,4 %
905 Mrd. $
7,8 %
Mittel- und Südamerika
mit Nordamerika
242 Mrd. $
2,1 %
Nordamerika
mit Europa
709 Mrd. $
6,1 %
111 Mrd. $
1,0 %
Afrika mit Europa
268 Mrd. $
2,3 %
GUS mit Europa
388 Mrd. $
3,3 %
72 Mrd. $
0,6 %
80 Mrd. $
0,7 %
Mittlerer Osten
mit Asien
451 Mrd. $
3,9 %
Asien
mit Nordamerika
1.022 Mrd. $
8,8 %
1.638 Mrd. $
14,1 %
33 Mrd. $
0,3 %
Europa mit Asien
970 Mrd. $
8,3 %
Quelle: WTO
pwc: | april 2008
Die Welt in
Lieferketten
Die Logistikunternehmen profitieren vom rasanten
Wachstum. Aber auch die Gefahren nehmen zu.
Von Alexander Heintze
Das Herz der Logistik in Deutschland
20 Tagen sollen die Züge nur halb so lange
schlägt immer schneller. Fast neun Millio­
unterwegs sein wie ein Schiff. „Es wird im­
nen Container erreichen und verlassen je­
mer mehr auf die Schnelligkeit ankommen“,
des Jahr den Hamburger Hafen, in Schiffen,
sagt Klaus-Dieter Ruske, Logistikexperte
per Güterzug und in ungezählten Lastwa­
bei Price­waterhouseCoopers (PwC). Das sei
gen. Vieles davon bleibt in Europa. Fast ein
Drittel des Welthandels machen die euro­
heute schon ein großer Wettbewerbsvorteil.
„Amazon bietet zum Beispiel den 24-Stunden-
päischen Staaten unter sich aus. Nach den
Versand an. Aber brauchen wir das Buch
neuesten Zahlen der Welthandelsorganisa­
wirklich schon morgen auf dem Tisch?“, so
tion WTO waren das 2006 Waren im Wert
Ruske. Selbst wenn das nicht so sein sollte,
von mehr als 3,6 Billionen Dollar. Weltweit
verlangten es die Kunden trotzdem. „Viele
exportierten alle Länder dieser Erde Wa­
Menschen wollen ihre Wünsche schnell be­
ren im Wert von 15 Billionen Dollar. Und
friedigen und sind bereit, dafür mehr Geld
der Austausch wird ­immer intensiver. Der
auszugeben.“
Welthandel legte in den vergangenen Jah­
ren beständig um rund 8 Prozent jährlich
Bei aller Euphorie darf aber nicht verges­
zu. Das Bruttoinlandsprodukt aller Staaten
sen werden: Die Welt ist abhängig vom
kam dabei im Durchschnitt nur um 3,5 Pro­
Funktionieren der Lieferketten. Wenn Las­
zent voran.
ter, Schiffe oder die Bahn stillstehen, steht
auch die Wirtschaft. Als im vergangenen
Seit der Osten Europas seine Isolation auf­
Jahr die Brummifahrer in Italien ihre Laster
gegeben hat und die Schwellenländer Asiens
auf den Autobahnen abstellten, vergam­
und Südamerikas immer aktiver am Welt­
melte das Fleisch auf den Ladeflächen.
handel teilnehmen, gibt es praktisch keine
Als die Lokführer in Deutschland streikten
Grenzen mehr. Davon profitiert die Logistik­
und die Züge in den Depots ließen, war
branche. Rund 70 Prozent aller Stückgut­
die Bahn erst zu Verhandlungen bereit, als
frachten werden weltweit mit dem Schiff
der Güterverkehr drohte, zum Erliegen zu
transportiert, sauber verpackt in Contai­
kommen. Gerät die Lieferkette aus dem
nern, deren Umschlag sich in den nächsten
Takt, ­drohen Engpässe und wirtschaftlicher
zehn Jahren verdoppeln wird – auf fast eine
Schaden für alle. Was die reibungslosen
Milliarde Standardcontainer im Jahr. Ähn­
­logistischen Abläufe ebenso dramatisch
lich beflügelnd sind die Aussichten für die
verändern könnte, das lesen Sie auf den
Luftfracht. Die HSH Nordbank geht von ei­
folgenden Seiten.
nem durchschnittlichen Wachstum von mehr
als 5 Prozent bis zum Jahr 2010 aus. Auf
dem Boden erlebt derweil die Schiene eine
Lesen Sie weiter ...
Wiedergeburt. Angesichts steigender Kos­
Szenario 1:
ten für Treibstoffe und der CO2-Diskussion
Geschmiert läuft es nur mit Öl
ist die Bahn auf dem Weg, wieder wettbe­
Szenario 2:
werbsfähig zu werden. Auch deshalb, weil
die Container nicht alle per Laster aus den
Häfen zu schaffen sind. Die Kapazitäten auf
den Straßen sind schon lange erschöpft.
Zudem steigen die Kosten für Diesel und
pwc: | april 2008
Der rote Riese China holt langsam auf
Szenario 3:
Im Fadenkreuz des Terrors?
Mehr als transportfähig
Fahrer. Die Deutsche Bahn arbeitet an Al­
Ausgefeilte Logistikkonzepte
ternativen, etwa einem durchgehenden Gü­
Interview mit Detthold Aden, Vorstandsvor-
terzug von Hamburg nach Peking. Mit rund
sitzender der BLG Logistics Group
pwc: Titel
„Bei einem Ölpreis von 100 Dollar pro Fass ist der
Lohnkostenvorteil von Asien dahin.“
Bernd Bischoff, Chef von Fujitsu Siemens
Szenario 1
Geschmiert läuft es
nur mit Öl
Ohne Öl läuft nichts in der Branche. Doch die hohen Rohstoffpreise werden Produktion und Handel verändern. Und vielleicht die Globalisierung beenden.
Von Alexander Heintze
pwc: | april 2008
Matthew Simmons ist ein Fantast. Das
Entwicklung der Rohölpreise von 1970 bis 2008
behaupten seine Gegner. Er selbst
$ pro Barrel
sieht sich als Realist. Der Chef der auf
­Energieinvestments spezialisierten Firma
Simmons & Co. aus der amerikanischen
Ölstadt Houston ist einer der am meisten
100
90
80
beachteten Experten der Branche. Sim-
70
mons ist sicher: Der Ölpreis wird in den
60
kommenden Jahren auf 200 bis 250 Dol-
50
lar pro Fass (159 Liter) steigen. „Bei 100
40
Dollar pro Barrel sprechen wir immer noch
30
von bemerkenswert billigem Öl“, sagt der
Öl-Augur. Seiner Einschätzung nach haben die meisten Länder die Spitze ihrer Ölproduktion ­bereits überschritten oder sind
kurz davor. Ab 2010, so seine Prognose,
20
10
0
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
2010
Quelle: www.tecson.de, HSH Nordbank
dürfte es dann in fast allen Ländern mit
der Produktion nach unten und mit den
Preisen deutlich nach oben gehen. Denn
die Nachfrage nach dem schwarzen Gold
Und auch die Just-in-Time-Philosophie
se UPS geben Milliardensummen dafür aus,
bleibt hoch.
hätte ausgedient. Die zeitgenauen Liefe-
die Routen ihrer Fahrzeuge zu optimieren,
rungen würden durch mehr Zwischenlager
um Leerfahrten zu verhindern. Die Spediti-
Das Öl ist der Lebenssaft der Logistik. 70
ersetzt, wenn die Transportpreise über den
onen kaufen neue, spritsparende Lastwa-
Prozent des weltweit geförderten Öls wer-
Lagerkosten lägen.
gen. Schiffe dagegen fahren einfach langsamer oder tanken dort, wo das Bunkeröl
den gebraucht, um Personen und Güter
zu transportieren. Ölpreise weit jenseits
Bei Massenwaren liegt die Grenze höher,
der 200-Dollar-Marke werden dramati-
vielleicht erst bei 300 Dollar. So etwas ent-
noch billiger ist.
sche Auswirkungen auf die globale Logis­
scheiden letztlich die Kunden. „Solange sie
Doch das Ende der Sparmöglichkeiten ist
tik haben. Die Folgen könnten eine Rolle
die Preiserhöhungen schlucken, schlagen
irgendwann einmal erreicht. Deshalb wird
rückwärts einleiten, schreibt die Hambur-
wir die Kosten drauf“, sagt ein Mitarbei-
bereits fieberhaft an neuen Modellen gear-
ger Berenberg Bank in einer Studie. Sie
ter eines großen Speditionsunternehmens.
beitet. Automobilhersteller wie Volvo bas­
befürchtet eine Deglobalisierung statt wei-
Diese Schmerzgrenze ist aber noch nicht
teln beispielsweise an Hybridlastern, die
terer Arbeits­teilung. Die Produktion und
erreicht. „Der Transport eines T-Shirts von
die Dieseltechnik mit einem Elektromotor
der Verkauf der Waren würden im Wesent-
China nach Europa kostet gerade einmal
verbinden. Das Hamburger Unternehmen
Skysails experimentiert mit riesigen Se-
lichen wieder lokal erfolgen. Hohe Prei-
2 Cent“, sagt Klaus-Dieter Ruske, Logis­
se und Wohlstandsverluste wären nicht zu
tikexperte bei PricewaterhouseCoopers
geln, von denen sich Schiffe auf dem Meer
vermeiden. In einigen Branchen hat diese
(PwC). Selbst bei einer Verdopplung dürf-
ziehen lassen können, um ­Energie zu spa-
Bewegung schon begonnen. „Bei einem
ten die Auswirkungen demnach gering
ren. Das erste kommerzielle Frachtschiff
Ölpreis von 100 Dollar pro Fass ist der
sein. Hippe Turnschuhe aus Vietnam und
mit solch einem zusätzlichen Zugdrachen-
Lohnkostenvorteil von Asien dahin“, sagt
eine Flasche südafrikanischer Wein kosten
antrieb ist bereits seit Dezember auf See.
beispielsweise Bernd Bischoff, der Chef
dann eben noch ein paar Cent mehr. In der
Das alles stimmt Ingrid Göpfert, Profes-
des Münchner Computerherstellers Fujit-
Größen­ordnung ist das kein Problem.
sorin für Logistik an der Philipps-Universität Marburg, zunächst einmal optimistisch:
su Siemens. Immerhin wird ein Computer
etwa zweieinhalbmal um den Globus geflo-
Steigende Ölpreise verteuern nicht nur
gen, bevor er auf dem Schreibtisch steht.
den Transport über die Weltmeere, son-
Situationen, die erst geniale Ideen hervor-
Für den Münchner Professor und Logistik-
dern auch den auf den letzten Abschnit-
bringen lassen.“
fachmann Horst Wildemann von der TU
ten der Lieferkette, vom Zielhafen bis zur
München wird ab einem Preis von 200 Dol-
Verkaufsstelle. Die meisten Praktiker se­hen
Trotz der aufziehenden Gefahren reagiert
lar pro Fass ein Umdenken in der Logistik
bei diesen nationalen Verkehren weder
die Industrie bislang aber nur zögerlich
zwingend erforderlich sein. Dann, so sei-
in der Bahn noch im Schiff eine Alterna-
auf die aktuelle Situation und mögliche
ne Einschätzung, werde sich vor allem der
tive zur Straße. Wie sollte die auch aus-
Perspektiven. Nach Einschätzung der Lo-
seit Jahren fortdauernde Trend zu immer
sehen? Andere Transportmittel dürften es
gistikexperten der Berenberg Bank neig-
mehr Kleinsendungen umdrehen. „Globa-
schwer haben, etwa bis zu Abnehmern wie
ten viele Manager einfach dazu, weiter-
le Transporte lassen sich dann nur noch für
Aldi, Lidl und Co. zu gelangen. Die Flexibi-
hin strategische Zickzackkurse zu fahren.
hochwertige Güter rechtfertigen“, pflichtet
lität des Lastwagens sei nach wie vor das
Trotz zweier Ölkrisen, der Golfkriege und
Christopher Jahns, Rektor der European
unschlagbare Argument, um am Transport-
dem absehbaren Ende der Ölförderung
Business School (EBS) in Oestrich-Winkel
weg Straße festzuhalten. Umso wichtiger ist
ließe sich kaum eine Neuausrichtung als
bei. Für den Transport würden die Waren
es deshalb für die Unternehmen, in diesem
Antwort auf wechselnde Energietrends
stärker gebündelt, um eine höhere Aus-
Bereich durch moderne Technik und intelli-
erkennen. Das Fazit der Banker: Die meis­
lastung zu erzielen. Straße ade – Schiene
gente Organisation Energiekosten einzuspa-
ten Manager schauen einfach nur zu und
und Binnenschiff wären die Wirklichkeit.
ren. Transportunternehmen wie der US-Rie-
warten ab.
pwc: | april 2008
„Manchmal sind es schier aussichtslose
pwc: Titel
„Das kommunistische Land wandelt sich von der
billigen Werkbank zur Wirtschaftsnation.“
Klaus-Dieter Ruske, Logistikexperte bei PwC
pwc: | april 2008
Szenario 2
Der rote Riese holt
langsam auf
China ist kein Billiglohnland mehr und lässt selbst in Vietnam, Indonesien oder
Malaysia produzieren. Die Logistikunternehmen profitieren davon.
Von Susanne Osadnik
Nach 10.000 Kilometern und 15 Tagen
le Transport­aufkommen vermutlich deut-
Längst sind deutsche Logistiker auch mit
Fahrzeit erreicht der 700 Meter lange Pe-
lich steigern.“ Und für Logistiker neue und
Chinas neuen Wirtschaftspartnern ver-
king-Hamburg-Container-Express die Han-
mehr Handelsrouten eröffnen. „Früher wur-
traut. Etwa durch Textilunternehmen wie
sestadt. Auf dem Schiff wären die Container
den nur Rohstoffe nach China verfrachtet
S. Oliver, das zwar 80 Prozent seiner Wa-
34 Tage unterwegs gewesen. Die Deut-
und von dort Fertigwaren gen Westeuropa
ren in Asien, dort jedoch vor allem in Indi-
sche Bahn hat gezeigt, dass die Schiene
und Nord­amerika transportiert“, sagt Ruske.
en und Indonesien fertigen lässt. „China
schneller ist als das Schiff. „Zum Ende des
Jetzt müssen Waren aus den chinesischen
ist politisch risikobehaftet“, sagt Hans-Pe-
Jahrzehnts streben wir die Aufnahme ei-
Produktionsstätten in Indonesien, Malaysia,
ter Hiemer, Geschäftsführer Produktion bei
nes regelmäßigen Güterverkehrs auf dieser
den Philippinen, Vietnam und Kambodscha
­S. Oliver. „Wenn wir viele Standorte gleich-
Achse an“, verkündet Bahn-Chef Hartmut
nach China gebracht werden, um sie dann
zeitig nutzen, können wir jederzeit relativ
Mehdorn. Die Öffnung der neuen Logistik-
in alle Welt weiterzuverteilen.
problemlos Produktionen umstellen.“ Und
strecke über die eurasische Landbrücke
die Logistiker sind ohnehin schon überall
schreckt Deutschlands Reeder und Hafen-
Wie drastisch sich die Außenhandelsbilanz
vertreten. Sie ziehen mit der Handelskara-
betreiber nicht. Sie bleiben die dominieren-
des roten Riesen verändert hat, zeigt das
wane weiter, so Thomas Böcher, Geschäfts-
de Macht in der China-Logistik. 89 Contai-
Beispiel der Philippinen: Immer mehr chi-
führer des Schiffsfondsinitiators Norddeut-
ner passen maximal auf einen Zug. 13.000
nesische Unternehmen lassen MP3-Player,
sche Vermögensanlage. Er geht davon aus,
heute schon auf einen Frachter. Die Bahn
Stereoanlagen und Telefone in Fabriken auf
dass auch Malaysia und Vietnam nur vor-
wird nur die letzte Lücke im Angebot fül-
dem Pazifikarchipel fertigen. Von 2000 bis
übergehend billige Werkbankländer sein
len: Güter transportieren, die relativ schnell
2007 stieg das Handelsvolumen zwischen
werden. „Sobald auch in diesen Ländern
nach West­europa kommen müssen, deren
China und dem Inselstaat von 3,14 auf
die Löhne steigen, werden sich neue güns­
Transportkosten aber überschaubar bleiben:
30,62 Milliarden Dollar. In Schanghai ist die
tige Produktions­standorte etablieren – viel-
Aktionswaren der Mode- und der Elektronik­
Port Authority dabei, Chinas größten Hafen
leicht sogar in Afrika.“ Auch wenn das noch
industrie.
zur zentralen Logistikdrehscheibe auszu-
Jahrzehnte dauern wird – den Logistikern
bauen. In den kommenden Jahren werden
ist es nur recht, wenn der Lebensstandard
Die Reeder schlagen längst ein neues Ka-
zusätzlich zu den großen Containerschiffen
in möglichst vielen Ländern steigt. „Bis-
pitel im Handel mit dem Reich der Mitte
jede Menge Feederschiffe, das sind kleine
lang fuhren die Containerfrachter von Eu-
auf: „Das kommunistische Land wandelt
Verteilerfrachter, den Hafen ansteuern – mit
ropa meist leer nach China zurück“, sagt
sich von der billigen Werkbank zur prospe-
Fertigwaren, die chinesische Unternehmen
Hanspeter Stabenau, Logistikexperte der
rierenden Wirtschaftsnation“, sagt Klaus-
produzieren ließen. „In ein bis zwei Jahren
Stadt Bremen. Das werde sich aber ändern,
Dieter Ruske, Logistikexperte bei Price-
wird mehr als die Hälfte der Containerver-
meint Stabenau: „Mit steigendem Konsum
waterhouseCoopers (PwC). „Die Zeit der
ladungen in Schanghai auf Feederschiffe
in Asien sind auch unsere Waren interes-
niedrigen Löhne in China ist vorbei.“ Um
entfallen“, prognostiziert das Shanghai Port
santer. Und dann werden die Louis-Vuitton-
10 Prozent stiegen die Gehälter chinesi-
and Shipping Bureau.
­Taschen eben dort verkauft.“
scher Arbeiter 2007, meldet die nationale Statistikbehörde. Nach einer Studie von
Deutsche Bank Research sind die Löhne
einfacher Arbeiter in Schanghai bereits fast
doppelt so hoch wie in Indonesien, Thailand und Vietnam. „Um ihren Kunden weiterhin kostengünstige Waren bieten zu
können, lagern chinesische Unternehmen
deshalb immer mehr Produktionstätigkeiten in andere asiatische Länder aus“, sagt
Wirtschaftswachstum in China
Bruttoinlandsprodukt, Veränderung zum Vorjahr in Prozent
1999
2000
2001
2002
2003
7,6
8,4
8,3
9,1
10
2004
10,1
2005
2006
2007*
2008*
10,4
11,1
11,6
10,9
Steffen Dyck, Economist Emerging Markets bei DB Research. „Der Aufstieg Chinas
* Prognosen
vom Billiglohnland zur Weltwirtschaftsnation
wird in den kommenden Jahren das globapwc: | april 2008
Quelle: Bundesagentur für Außenwirtschaft (BFAI)
pwc: Titel
„Der Ausfall eines Hafens hätte fatale Folgen, da man Millionen Menschen von der Versorgungskette abschneidet.“
Christopher Jahns, European Business School Oestrich-Winkel
Szenario 3
Im Fadenkreuz des Terrors
Wenn Attentäter logistische Brennpunkte wie Häfen, Flughäfen oder Logistik-
zentren lahmlegen, könnte der gesamte Welthandel zum Erliegen kommen.
Von Alexander Heintze
10
pwc: | april 2008
Terroralarm im Rostocker Ostseehafen. Per
setzung die Wirtschaft empfindlich tref­
Zertifizierungs- und Sicherheitsfirma Det
Fähre über Russland und Finnland soll ein
fen könnten. Im Mittelpunkt dabei: Terror­
Norske Veritas (DNV) hat der EU-Kommis­
Lastwagen mit bis zu einer Tonne Spreng­
anschläge, bei denen mit Sprengstoff
sion vorgerechnet, dass auf mittelständi­
stoff auf dem Weg sein. Letztendlich ent­
beladene Schiffe eingesetzt werden. Die
sche Unternehmen Kosten von 130.000
puppte sich diese Meldung, die Mitte
USA gehen bei ihren Gedankenspielen noch
bis 300.000 Euro pro Jahr zukommen. Der
­Januar über die Nachrichtenticker lief, nur
einen Schritt weiter. Nach dem 11. Septem­
Bundesverband des Deutschen Groß- und
als Gerücht. Doch die Angst wächst, dass
ber wurden Szenarien entwickelt, bei denen
Außenhandels (BGA) kritisiert die Maßnah­
Terroristen Containerschiffe oder Tanker
ein mit radio­aktivem Staub beladener Con­
men nicht nur, weil sie teuer, sondern auch,
als Waffen missbrauchen und damit gan­
tainer in einem Hafen explodiert. Da 95 Pro­
weil sie aus seiner Sicht ineffektiv sind. Die
ze Häfen lahmlegen könnten. Angriffe auf
zent aller Importwaren per Container in die
EU erwecke damit den Eindruck, als sei
die Häfen dieser Welt, auf Frachtflughäfen
oder ­Logistikzentren? Christopher Jahns,
Logistik­experte und Rektor der European
Business School (EBS), kann sich so ein
Szenario durchaus vorstellen. „Ein sol­
cher Angriff wäre vergleichbar mit den An­
„Was habe ich davon, wenn mir ein Röntgenmeister
aus Dagestan die Unbedenklichkeit des Containers
bestätigt?“
Christoph Seidelmann, Präsident der International Container Security Organisation
schlägen auf das World Trade Center und
was die wirtschaftlichen Folgen anbelangt
USA eingeführt werden, wäre die Wirkung
eine umfassende Regulierung der Liefer­
vielleicht sogar noch dramatischer“, sagt
verheerend. Noch schlimmer wären die Fol­
kette das wirkungsvollste Mittel der Terror­
Jahns. Der Ausfall eines Hafens oder eines
gen, wenn sich ein solcher Anschlag in Asi­
abwehr, so der BGA. Dabei ließen sich
großen Luftdrehkreuzes hätte fatale Folgen.
en abspielte: Acht der zehn größten Häfen
Fahrer und deren Laster, die ungehindert
liegen in Mittel- und Fernost.
mit Sprengstoff beladen auf Europas Stra­
„Man schneidet Millionen Menschen von der
ßen fahren können, gar nicht aufspüren.
Versorgungskette ab“, so Jahns.
Die Länder Ostasiens sind allesamt stark
Auch die Politik beschäftigt sich weltweit
abhängig vom Ölimport, der Rest der Welt
An den Sicherheitsideen, mit denen die
mit derartigen Horrorszenarien, ­deren Um­
wiederum bezieht einen Großteil der Mas­
Amerikaner dem Warenverkehr zu Lei­
senprodukte von dort. Eine Unterbrechung
be rücken, gibt es ebenfalls erheblichen
durch einen Anschlag würde deshalb den
Zweifel. So sollen nach den Vorstellun­
Welthandel empfindlich einbrechen lassen.
gen der US-Heimatschutzbehörde in na­
Expertenschätzungen zufolge dürfte allein
her Zukunft alle für die USA bestimmten
die Schließung des weltgrößten Hafens in
Container im Herkunftsland durchleuch­
Singapur jährlich über 200 Milliarden Dol­
tet werden. Im Hamburger Hafen steht
lar kosten. So groß die Weltmeere auch
bereits eine mehr als 18 Millionen Euro
sind, die großen Wasserstraßen sind den­
teure Röntgenanlage. Jeder Container
noch vor terroristischen Angriffen ebenfalls
oder Sattelzug, der den Amerikanern ver­
nicht gefeit. Denn die meisten Tanker, Con­
dächtig erscheint, muss da durch. Doch
tainerschiffe und Massengutfrachter zwän­
ob sich die USA damit wirklich schützen
gen sich durch wenige Nadelöhre. Die Stra­
können, ist zweifelhaft. Gerade mal 1 Pro­
ße von Hormus ist die Lebensader für den
zent der Container im Hamburger Hafen
Ölexport nach Japan, in die USA und nach
wird tatsächlich gescannt. Container, die
Westeuropa. Ebenso die Bab-el-Mandab-
aus Schwellenländern kommen, sind ein
Passage, die das Rote Meer mit dem Golf
weiteres Problem. „Was habe ich davon,
von Aden verbindet. Hinzu kommen Sues-
wenn mir ein Röntgenmeister aus Dage­
und Panamakanal, der Bosporus oder die
stan die Unbedenklichkeit des Containers
Straße von Malakka.
bestätigt?“, fragt Christoph Seidelmann,
Um sich zu schützen, haben die Ameri­
Security Organisation (ICSO) mit Sitz in
Präsident der International Container
kaner eine ganze Reihe von Sicherheits­
Brüssel. Korruption und mafiöse Ban­
vorschriften erlassen. Die Datenfülle, die
den, die mit Terroristen zusammenarbei­
die US-Behörden von jedem Einreisenden
ten, machten die Vorkehrungen in solchen
abfordern, hat in vielen Ländern Kritik her­
Ländern hinfällig.
vorgerufen. Deren Nutzen ist ungewiss:
pwc: | april 2008
Bisher sind zwar viele illegale Einwande­
In den Vereinigten Staaten selbst haben
rer dadurch gefasst worden, aber noch
die Maßnahmen die ­Sicherheit in den Hä­
kein Terrorist. Auch die Europäische Union
fen aber zweifellos ­erhöht. Die Zahl der ge­
hat sich vom Sicherheitsfieber anstecken
stohlenen Container ist in der letzten Zeit
lassen. Unternehmen müssen seit Janu­
deutlich zurückgegangen, Mafia­banden und
ar nachweisen, dass Sicherheit für sie an
Schmuggler haben es sehr viel schwerer,
erster Stelle steht. Wer all die Sicherheits­
ihre Geschäfte abzuwickeln. Verbrechens­
vorschriften einhalten will, muss vor allem
bekämpfung als Nebenprodukt der Ter­
eines tun: tief in die Tasche greifen. Die
rorangst.
11
pwc: Titel
Autoterminal in Bremerhaven (oben): Rund zwei Millionen Autos werden von hier aus jährlich verschifft. Bis 2012 will die BLG Logistics
Group das Gelände ausbauen. Auch das Hochregal-Lager von Tchibo in Bremen (unten) ist gigantisch: Es ist so groß wie 22 Fußballfelder.
12
pwc: | april 2008
Mehr als transportfähig
Logistikunternehmen bieten viel mehr als den bloßen Transport. Was sie sonst
noch können, zeigen die Beispiele BLG Logistics und Tchibo.
Von Wolfgang Kiesel
Napoleon gilt als ihr Erfinder, und die Militärs
Distribution der Fertigfahrzeuge, die auch
neue Logistik-Idee: Den frisch geröste-
haben sie kultiviert: die Logistik. Die Armeen
dort ganz wesentlich in den Export gehen.
ten Bohnenkaffee brachte der Briefträger
dieser Welt verfügen allesamt ­inzwischen
Aus Asien kommen die Kabelbäume für den
der Deutschen Bundespost ins Haus. Was
über mehr Nachschubsoldaten als kämp-
Ford Escort in Containern nach Südafrika,
heute in den Regalen von mehr als 60.000
Tchibo-Shops liegt, hat nicht mehr unbe-
fende Truppen. In der Wirtschaft hat Logis-
wo BLG Logistics die komplette Abwick-
tik neben dem Transport eine andere Be-
lung übernimmt. Bis zum Umpacken der
dingt etwas mit Kaffee zu tun. Kosmetik,
deutung: Sie ist oftmals Teil der Produktion.
Kabelbäume in die Produktionsbehälter und
Garten- und Haushaltsgeräte, Textilien und
„Lean Production“ ist das Stichwort, unter
der Einlagerung in ein Pufferlager im Werk.
Spielzeug, die Einzug in die Tchibo-­Filialen
dem Just-in-Time-Komponenten direkt aufs
Ähnlich sieht es in Malaysia aus, wo BLG
gehalten haben, kommen weitgehend aus
Fertigungsband bei Autos, Fernsehern oder
für BMW Bausätze in Empfang nimmt, den
Fernost und tragen jährlich rund 3,5 Milliar-
IT-Produkten gesetzt werden. Die Folge: we-
Transport ins BMW-Werk in Shah Alam orga-
den Euro zum Umsatz bei. Nach Deutsch-
niger Lager- und Personalkosten, weniger
nisiert, von dort die Fertigfahrzeuge verlädt
land kommt die Ware jährlich in etwa 20.000
überflüssige Transporte. Zwei Beispiele.
und sogar für die Auslieferung zuständig ist.
Standardcontainern. 24 Monate dauert es,
BLG Logistics
bis ein Tchibo-Produkt alle Stadien von Pla-
Tchibo
nung, Produktion und Transport durchlaufen
Im Technikzentrum für den Automobil-­­Im-
Eines der komplexesten Logistiksysteme
hat. Dabei setzt der Tchibo­-Cheflogistiker
und Export in Bremerhaven, das gerade
kommt aus dem Hause Tchibo. „Jede Wo-
Kay Middendorf schon seit den 90er-Jahren
eine eigene Teststrecke erhält, baut das
che eine neue Welt“, verspricht der Kaffee­
auf Binnenschiffs- und Schienenkonzepte.
­Logistikunternehmen BLG bei hochwertigen
konzern, der selbst das Ergebnis einer
Der Straßentransport dient nur für die letz-
Mercedes-AMG-Pkw das Soundsystem ein
Logistik­revolution ist. 1949, als Kaffee noch
ten Glieder der Lieferkette.
und entfernt die Geschwindigkeitsbegren-
als Luxusartikel galt, setzte Tchibo auf eine
zung. In Brasilien hat das Unternehmen
Seit einem Jahr hat sich das Unterneh-
die Werkslogistik für die dortige Produkti-
men auch die Reduzierung von CO2-Emis-
on des Mercedes-Coupé vom Typ CL 203
sionen der eigenen Transportketten auf die
übernommen. Damit das Werk überhaupt
montieren kann, sammelt das Logistics
Die Top Ten der Logistik 2007
Rang
Center in Bremen etwa 2.000 unterschied-
1
liche Fahrzeugteile von 250 verschiedenen
2
Zuliefe­rern – jährlich etwa 3.000 Standard-
3
container – und organisiert die Verschif-
4
fung nach Südamerika. Im Mercedes-Werk
5
in Juiz de Fora, in der Nähe von Rio, werden die Container entladen und die Teile
6
in die Montage eingebracht. Die fertigen
7
Fahrzeuge gehen ausschließlich in den Ex-
8
port, vorwiegend nach Europa. Vergleich-
9
bares passiert mit der Mercedes-C-Klasse
10
in Südafrika: Sammeln der Teile in Bremen,
Organisation­ des Transports ins Werk und
Unternehmen
Dt. Post World Net (D)
United Parcel Service (USA)
Fedex (USA)
Maersk A/S (Dänemark)
Deutsche Bahn (D)
(inkl. Schenker und Bax)
Chin. Staatsbahn (China)
RZB (Russland)
NYK Line (Japan)
Union Pacific (USA)
Nippon Express (Japan)
Quelle: Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Technologien der LogistikDienstleistungswirtschaft (ATL)
Logistik ist eine Schlüsselbranche für die
Globalisierung. Im Spannungsfeld zwischen
Kostendruck und Produktionssicherheit
verändern logistische Ideen die Weltwirtschaft.
pwc: | april 2008
Fahne geschrieben und ein gemeinsames
Projekt mit dem Bundesumweltministerium
und der Technischen Universität Hamburg
gestartet: Ziel ist es, von der Warenbeschaffung bis zur Auslieferung der Produkte neue
Lösungen zu entwickeln, die die Umwelt
nachhaltig schonen und Ressourcen sparen.
„Jeder einzelne Prozess in der Beschaffungs- und Transportkette wird hinsichtlich seiner Ressourcen- und Klimarelevanz
überprüft“, so Middendorf. Etwa der Einsatz
neuer Technologien bei Überseetransporten
genauso wie auch die Nutzung alternativer
Antriebsformen wie zum Beispiel Wasserstoff.
Kontakt
[email protected]
Tel. 0211 981-2877
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc273
13
pwc: Titel
„Unterirdische, automatisierte Transportbänder sind
eine reizvolle Vorstellung, aber nicht finanzierbar.“
„Deutsche Logistiker
sind weltweit spitze“
Detthold Aden, der Vorstandsvorsitzende der Bremer BLG Logistics Group,
über Visionen und Spinnereien in der Welt der Logistik.
Von Alexander Heintze
14
pwc: | april 2008
pwc: Dubai, China, Indien – vor allem die arabischen und asiati­
werden. Das lässt Spielraum für Spekulationen. Tatsache ist je­
schen Länder bauen ihre Logistikstrukturen aus. Welche Auswir­
doch, dass relativ sichere politische und gesellschaftliche Verhält­
kungen hat das auf die internationalen Logistikströme?
nisse die wirtschaftliche Entwicklung immer beflügeln. Aktuell auf
Aden: In der Summe bedeutet das immer Wachstum. Die Nach­
gutem Kurs sehe ich Teile Südosteuropas und auch Russland.
frage nach Logistikdienstleistungen leitet sich aus dem Welt­
wirtschaftsgeschehen ab. Überall dort, wo neue Produktions­
Die ökologische Diskussion hat die Logistik erreicht. Wie kann
kapazität und neue Nachfrage entstehen, ist die Logistik gefragt.
die Logistik zum Thema Umweltschutz beitragen?
Globalisierung heißt international zunehmende Arbeitsteilung, da­
Ein wichtiger Schritt ist die Vermeidung von Staus durch den
mit steigendes Welthandelsvolumen und noch mehr Logistik.
zielgerichteten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Mit intelligen­
Kann Deutschland davon profitieren oder ist das eher eine Ge­
würde den Güterverkehr entzerren – zum Beispiel günstigere Sät­
ter Lenkung lassen sich Verkehre verstetigen. Eine Maut­spreizung
fahr?
ze in der Nacht und auf weniger frequentierten Strecken, Anhe­
Wo immer ich hinkomme, treffe ich auf Logistiker aus Deutsch­
bung der Maut zu anderen Zeiten und auf stark belasteten Stre­
land. Gerade auch in China, Indien, Dubai und anderen auf­
cken. Nachdenken muss man über ein generelles Überholverbot
strebenden Ländern der Welt. Unser Know-how ist gefragt. Ein
für Lkw auf zweistreifigen Autobahnen, eventuell verbunden mit
sichtbares Zeichen dafür ist die wachsende Zahl deutscher En­
einer Geschwindigkeitsbegrenzung für Pkw. Erfolgreiche Versu­
gagements auf der Welt – ob mit eigenen Niederlassungen, Joint
che gibt es schon in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen.
Ventures, Kooperationen oder strategischen Allianzen.
Beim Ausbau der Bahninfrastruktur muss der Güterverkehr im
Vordergrund stehen. Dadurch lässt sich der Anteil der Bahn stär­
Welche Veränderungen bei den Transportwegen und Transport­
ken.
mitteln zieht das nach sich?
Rund 99 Prozent der interkontinentalen Warenströme laufen über
Welche Zukunftskonzepte werden diskutiert und welche haben in
die Seewege. Der Container bietet dabei die wesentliche physi­
Ihren Augen wirklich Chancen auf eine Umsetzung?
sche Basis und ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das
Hybridmotoren gehören zu den neuen Antrieben, die auch im Lkw
wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern. Innerhalb der Konti­
Anwendung finden können. Segel für Frachtschiffe sind in der Er­
nente müssen wir Schiene, Straße und Wasser nicht nur ausbau­
probung. Sie können zur Unterstützung in wind­sicheren Regionen
en, sondern auch intelligent miteinander vernetzen, damit unsere
genutzt werden, wenn der Wind aus der richtigen Richtung weht.
Wachstumspotenziale nicht im Verkehrschaos versickern. Aber
Geschwindigkeitsreduzierungen bei Frachtschiffen zeigen bereits
die Prozesse werden immer intelligenter – gestützt auf zukunfts­
überproportionale Wirkung. Gleichmäßige Geschwindigkeiten bei
orientierte IT-Systeme und vor allem auf gut ausgebildete Fach­
Motorfahrzeugen im Teillastbetrieb ebenso.
kräfte in der Logistik.
Nach Meinung des Logistikforschers Hau L. Lee von der Stanford
Was sind die Transportmittel der Zukunft, auf die Unternehmen
University reicht „schnell und billig“ nicht mehr aus. Wie sieht die
setzen müssen?
­Logistik der Zukunft aus?
Es gibt sogenannte Visionäre, die sehen Waren, die von Geister­
Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist immer ein Kriterium. Im Vor­
hand gelenkt durch den Orbit gebeamt werden. „Straßen, Schie­
dergrund steht aber nicht „schnell und billig“, sondern „preisgüns­
nen, Wasser? Alles überflüssig!“ Bleiben wir auf dem Teppich.
tig und zuverlässig“. Zum Beispiel kommt es bei der Bestückung
Straße, Schiene und Wasser werden auch langfristig die Ver­
­einer ­Automobilproduktion mit Tausenden unterschiedlichen Bau­
kehrsträger der Güterströme sein. Unterirdische, automatisierte
teilen nicht darauf an, ob diese Teile Stunden, Tage oder Wochen
Transportbänder oder überirdische Systeme mit Seilbahnen sind
­unterwegs sind, sondern, dass alle Teile in der richtigen Qualität
eine reizvolle Vorstellung, aber nicht finanzierbar. Pipelines eignen
zur richtigen Zeit in der richtigen Zahl am richtigen Arbeitsplatz
sich zurzeit leider nur für flüssige Rohstoffe. Das Flugzeug behält
in der Montage verfügbar sind. Hinsichtlich der Zukunft müssen
seine Stärke im schnellen Personentransport. Noch stärkere
die ­Logistiker im Interesse ihrer Kunden eine noch ausgefeiltere
Bedeutung kommt dem weltumspannenden Datentransfer zu.
Dienstleistungstiefe bieten, die Steuerungsprozesse weiter per­
Aber der Begriff Datenautobahn existiert ja auch heute schon.
fektionieren und noch transparenter gestalten.
Eine logistische Revolution ist nicht zu sehen, wohl aber eine
schnelle Evolution. In der Logistik ist Tempo wichtig. Mit Stan­
Welche Rolle wird Deutschland künftig in der Logistik spielen?
dardleistungen lassen sich keine innovativen Logistikprozesse
Weiterhin eine sehr starke. Als Exportweltmeister und einer der
gestalten.
größten Kunden des Weltmarkts spielen wir im globalen Handel
eine bedeutende Rolle. Unser Außenhandelsvolumen von über
Wo sehen Sie Ihre Zukunftsmärkte?
1,7 Billionen Euro im vergangenen Jahr belegt das eindrucksvoll.
Schauen wir nur mal ein paar Jahre zurück. Vor 2002 hat nie­
Deutschland ist Schrittmacher und Nutznießer der Globalisie­
mand die Entwicklung in China so prognostiziert. Nun zeigt auch
rung. Die deutschen Logistiker sind weltweit spitze. Durch die EU-
Indien eine ähnliche Entwicklung. Das hat ebenfalls so niemand
Osterweiterung sind wir von einer geografischen Randlage ins
vorhergesehen. Wenn wir Aufschluss über die Potenziale haben
Zentrum gerückt. Das hat unsere Drehscheibenfunktion für weite
wollen, dann müssen wir uns die Erdteile oder die Länder anse­
Teile Europas weiter gestärkt. Zudem sorgt die ökonomische Ent­
hen, die heute industriell noch weitgehend brachliegen. Das sind
wicklung in Russland für zunehmende logistische Impulse. China,
vor allem weitere Teile Südostasiens und Südamerikas sowie gro­
Indien, Teile Südost­asiens und Südamerikas sowie auch Afrikas
ße Teile Afrikas. Auch diese werden sich zunehmend in die inter­
sind neue Wachstumsmärkte, die auf den Weltmarkt streben und
nationale ­Arbeitsteilung eingliedern. Die Anfänge sind längst ge­
gleichzeitig Kunden des Weltmarkts sind. Die Grenzen des logisti­
macht. Die Frage ist, wie schnell sich diese Prozesse vollziehen
schen Spielfelds sind noch längst nicht abgesteckt.
pwc: | april 2008
15
pwc: Märkte
Zweigeteiltes Land
Viele Städte und Gemeinden unternehmen zu wenig, um neue Firmen anzusiedeln. Sie vergeben damit die Chance auf mehr Beschäftigung. Besonders in der Mitte Deutschlands gibt es zu wenig Gründungsdynamik. Das
ergab eine Untersuchung des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts
(HWWI) im Auftrag von PwC. Ausgewertet wurden Handelsregisterdaten von vier Millionen Unternehmen. Die auf Basis dieser Daten ermittelte sogenannte Gründerrendite zeigt das regionale Jobwachstum
durch Unternehmensgründungen, bereinigt um Firmenlöschungen.
Das Ergebnis: Deutschland ist zweigeteilt in Nord und Süd. Für junge Unternehmer ist der Süden besonders attraktiv. Dort entstehen
die meisten Arbeitsplätze durch neu angesiedelte Firmen. In den
Landkreisen München und Starnberg stieg die Zahl neuer Jobs 2007
um jeweils 1,46 Prozent. Überraschend
gut schneidet auch Mecklenburg-Vorpommern ab, während die Wachstumslokomo-
Wo das Jobwunder
zu Hause ist
tive Sachsen verliert. Für Wolfgang Wagner, Beschäftigungsentwicklung
2007 in Prozent*
Leiter des Public Sector bei PwC, sind die
hellen Flecken auf der Karte ein Warnsignal:
„Die Städte und Gemeinden müssen sich
fragen, ob sie ein optimales Umfeld für Firmengründer bieten.“
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc274
- 0,51
0,48
0,06
0,71
0,25
1,46
* neue Jobs durch Firmenansiedlungen,
abzüglich des Jobabbaus durch Firmenlöschungen
Quelle: PwC
Stahlharte Deals
Ausverkauf der Stadtwerke
Eine beispiellose Fusionswelle hat den Stahl- und Aluminium­sektor
Die oft desolate Finanzlage
erfasst. Seit Anfang 2007 hat es insgesamt 120 Fusionen und
vieler Kommunen nährt die
Übernahmen gegeben. Grund dafür ist der Boom an den interna-
Diskussion, ob lokale Energie-
tionalen Rohstoffmärkten. Die gute Weltkonjunktur und der kaum
versorger privatisiert werden
zu stillende Bedarf Chinas und Indiens treiben die Nachfrage nach
sollten. Wenn 2009 die Anreiz-
Rohstoffen wie Eisenerz kräftig an. Aber selbst durch den Zusam-
regelung in Kraft tritt, die dazu
menschluss von Arcelor und Mittal oder Tata und Corus schon im
beitragen soll, Ineffizienzen bei
Jahr 2006 kontrollieren die Un-
den Netzbetreibern abzubau-
ternehmen noch nicht die ge-
en und Kosten zu sparen, gibt
samte Branche. Denn „in der
es weitere Argumente für ei-
Stahlbranche verfügen die fünf
größten Produzenten gemeinsam über einen Marktanteil
bei 202 deutschen Kommunen ergab jetzt: 86 Prozent der Städte
von gerade einmal 20 Prozent“,
und Gemeinden erwarten eine Verringerung der Renditen aus den
so Peter Albrecht, Leiter des
Stadtwerkebeteiligungen infolge der Anreizregulierung. Vor diesem
Bereichs Industrielle Produk­
tion bei PwC. Online-Info:
www.pwc.de/de/pwc275
16
nen Verkauf. Denn die Energie­
versorger müssen dringend umstrukturieren. Eine PwC-Umfrage
Hintergrund will mehr als ein Drittel der Befragten seine Anteile an
den Energieversorgern reduzieren. Das gilt vor allem für finanzschwache Kommunen. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc276
pwc: | april 2008
Autos made in Germany
Die Automobilproduktion in Deutschland wächst in den kommenden Jahren stärker als in jedem anderen Land der
Europäischen Union. Laut einer Prognose von PwC im
­Global Automotive Financial Review 2007 werden
2014 in- und ausländische Hersteller hierzulande rund
900.000 Autos mehr fertigen als 2006. „Steigende
Einkommen in Schwellenländern wie China und Indien
führen weltweit zu einer höheren Nachfrage im Premium­
segment. Von diesem Trend kann der Standort Deutschland
überdurchschnittlich profitieren“, sagt Felix Kuhnert, Automotiv­
experte bei PwC. Schon heute könnten deutsche Premium­
hersteller bei manchen Modellen die Nachfrage in China nicht mehr
erwarteten Zuwachses auf Boomstaaten wie China und Indien entfällt, tragen die Industrie-
Drei Fragen an ...
... Norbert Winkeljohann
länder voraussichtlich gut ein Drittel zum Volumenanstieg bei. Bei den Autoherstellern wird
zur Zukunft von Familienunternehmen
in vollem Umfang befriedigen. Global soll die Autoindustrie laut PwC um 19,1 Prozent auf
rund 77,6 Millionen produzierte Pkw im Jahr 2014 anwachsen. Auch wenn ein Großteil des
Toyota­ weltgrößter Pkw-Hersteller bleiben. 2014 will das Unternehmen weltweit rund 11,5
Millionen Autos fertigen und damit deutlich mehr als General Motors mit 9,8 Millionen Fahr-
pwc: Bleibt das Familienunternehmen ein
zeugen. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc277
Erfolgsmodell?
56 Arbeitstage
von uns befragten Unternehmen ist opti-
Winkeljohann: Unbedingt. Die Mehrheit der
pro Jahr kostet Unternehmen weltweit im Schnitt
die Ermittlung ihrer Abgaben- und Steuerlast, ­ergab
die PwC-Studie „Paying Taxes 2008“. Deutsche Firmen brauchen dafür 196 Stunden, also 24,5 Tage.
Allein die Begleichung der Sozialabgaben erfor-
mistisch. Sie gehen von einem Auftragsplus
in diesem Jahr aus und setzen konsequent
auf Wachstum.
Was unterscheidet deutsche von ausländischen Firmen in Familienhand?
Deutsche Unternehmen sind viel technik­
orientierter und wollen in Forschung und
Entwicklung investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dabei bewerten sie den
Wert ihrer Marke lange nicht so hoch wie
ausländische Firmenbesitzer.
dert 123 Stunden. Die Bearbeitung der Umsatz-
In den kommenden Jahren stehen Eigen­
steuer dauert 43 Stunden. 30 Stunden nimmt die
70 Prozent der Unternehmen streben eine
Körperschaft­steuer in Anspruch.
Verkauf an das Management oder einen
tümerwechsel an. Wer übernimmt da wen?
familieninterne Lösung an. Aber auch der
Wettbewerber ist für die Mehrheit kein Tabu.
Deutsche Küche in Asien
Die deutsche Ernährungsindustrie nimmt
die schnell wachsenden asiatischen Volkswirtschaften kaum als Absatzmärkte wahr.
Mehr als 90 Prozent der Unternehmen
halten Europa auf absehbare Zeit für die
wichtigste Exportregion, während kaum
eines der befragten Unternehmen ein Land
in Asien zu seinen präferierten Zukunftsmärkten zählt. Das geht aus einer aktuellen
PwC-Studie hervor, die unter Mithilfe der
Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie entstanden ist. Grund für die
deutsche Zurückhaltung sind hohe Zölle, Einfuhrbeschränkungen und das Konsumverhalten in China oder Indien. Wer aber künftig dort erfolgreich sein will, müsse jetzt schon Prä-
Norbert Winkeljohann, PwC-Vorstandsmit-
senz zeigen, so ein weiteres Studienergebnis. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc278
glied für den Bereich Mittelstand bei PwC.
pwc: | april 2008
17
pwc: Märkte
In den Vereinigten Arabischen Emiraten treffen Tradition und Moderne aufeinander. Für die Bewohner ist das kein Widerspruch. Trotz Öl­
milliarden und Hightech-Bebauung wie hier in Dubai lieben die Emiratis das Dromedar als Reittier.
18
pwc: | april 2008
Golf ohne Handicap
Die Vereinigten Arabischen Emirate sind der dynamischste Wirtschaftsstandort
der Welt. Auch deutsche Unternehmen profitieren vom Boom in der Wüste.
Von Michael Braun
Wer heute am Dubai International Airport Katalysator für einen beispiellosen Wirt-
sind – Bauarbeiter aus Südasien, Hausper-
aus- oder umsteigt, nimmt an der buntes­
schaftsaufschwung. Seitdem ergießt sich
sonal von den Philippinen, Ärzte aus der Le-
ten Völkerwanderung der Welt teil. Dubai,
ein ungeheurer Geldstrom über die Vereinig-
vante, Banker aus Amerika, Hotelpersonal
die aufstrebende Wirtschaftsmetropole, ist
ten Arabischen Emirate (VAE), in denen Abu
aus Deutschland und der Schweiz. Die Wirt-
ein Melting-Pot: Araber im traditionellen
Dhabi und Dubai den Ton angeben. Vom
schaftsleistung der Emirate liegt pro Kopf
Dish­dash, barfuß in dunklen Sandalen, ei-
Zufluss der Petrodollar­ – aktuell fließen täg-
heute annähernd so hoch wie in Deutsch-
len zum Gate, viele begleitet von schwarz
lich mehr als 1 Milliarde Dollar in die Golfre-
land, wenngleich das Wachstum deutlich
verhüllten Frauen. Westliche Geschäftsleute
gion – profitieren aber auch die fünf kleinen
höher ausfällt. Ein Umfeld, in dem „sich un-
in dunklem Zwirn telefonieren. ­Afghanische
Scheichtümer Adschman, Fudschaira, Ras
wahrscheinliche Möglichkeiten in ganz ver-
Arbeiter mit langen Bärten und staubigem
al-Khaimah, Schardscha und Umm al-Qai-
schiedenen Bereichen ergeben“, sagt der
Säckel um die Schultern hocken auf Mar-
wain. Doch mit dem Geldsegen aus dem
Düsseldorfer Reinhard Schulz, der von Abu
mor- und Granitböden. Inderinnen in Sa-
Energiegeschäft nahm die wirtschaftliche
Dhabi aus seit gut zwei Jahren für Pricewa-
ris, klimpernde Goldreifen am Arm, warten
Entwicklung erst ihren Anfang. Heute ist der
terhouseCoopers (PwC) deutsche Unterneh-
in einer Lounge neben äthiopischen Groß­
Energiesektor nach einer Schätzung des
men in den VAE betreut.
familien und westlichen Urlaubern im Ferien­
Internationalen Währungsfonds nur noch
hemd. Und das ist erst der Anfang des
für rund 26 Prozent der Wirtschaftsleistung
Multi­kulti-Phänomens am Golf. Denn Dubais Stadtflughafen wird in Kürze von einer
verantwortlich. In Dubai sind es inzwischen
Geld spielt dabei eine Rolle, aber keine große. In Dubai wird gerade an Projekten im
deutlich unter 10 Prozent. Die Einwohner-
Volumen von mehreren Hundert Milliarden
noch internationaleren Verkehrskreuzung
zahl liegt zurzeit bei fünf Millionen, von de-
Euro gebaut. Im Mittelpunkt des staatlich
übertroffen: dem neuen Dubai World Cen-
nen etwa 15 Prozent einen VAE-Pass be-
verordneten Aufschwungs steht die Einrich-
tral International Airport, der zurzeit gebaut
sitzen, während die anderen Expatriates
tung von verschiedenen Branchen-Clustern.
wird und in wenigen Jahren 120 Millionen
Reisende jährlich abfertigen soll. Das Attribut „World Central“ ist dabei wörtlich zu
Vereinigte Arabische Emirate: Die wichtigsten Wirtschaftsdaten
nehmen. Der neue Flughafen wird – als
wie Frankfurt und London-Heathrow zu-
Fläche
Einwohner
Bevölkerungsdichte
Bevölkerungswachstum
sammengenommen. Oliver Wirth, der beim
Analphabetenrate
dann größter Airport der Welt – den alten
keineswegs ersetzen, sondern ergänzen
und etwa so viele Passagiere abfertigen
83.600 km²
4,4 Mio, 2007 rd. 78 % Ausländer
Ras al-Khaimah
49 Einw./km²
Adschman
Umm al-Qaiwain
Schardscha
4 % p.a.
Dubai
Fudschaira
22,1 %
Sportartikel­hersteller Puma in Dubai die
Abu Dhabi
Nahostgeschäfte führt, fällt dazu spontan
ein: „Die Emirate sind so eine Art Weltraumbahnhof wie bei ‚Star Wars‘.“
Bruttoinlandsprodukt
Veränderung zum Vorjahr in Prozent
Der kühne Sprung in die Zukunft war kei­
Welt. Man machte in Fischfang und Perlen,
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007*
2008**
handelte mit Gewürzen, Datteln und Pista­
* Schätzung, ** Prognose
nes­wegs abzusehen, als sich sieben arabische Scheichtümer Anfang der 70er-Jahre
zusammenschlossen und ihre Unabhängig­
keit erklärten. Die Gegend war damals öd
und arm mit kaum 200.000 Einwohnern,
die sich auf einer Wüstenei von der Größe
­Österreichs verteilten – eine der unwirtlichs­
ten, heißesten, trockensten Gegenden der
zien. Bis aus dem Sand Öl hervorschoss –
pwc: | april 2008
31
12,4
1,7
2,6
11,9
9,7
8,2
9,4
7,7
6,6
Quelle für alle Grafiken: Bundesagentur für Außenwirtschaft (BFAI)
Inflationsrate
Veränderung zum Vorjahr in Prozent
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007*
2008**
2,7
2,9
3,2
5
6,2
9,3
8
6,4
* Schätzung, ** Prognose
19
pwc: Märkte
Siemens am Golf
Der Münchner Technologiekonzern Siemens, mit 434.000 Mitarbeitern in 190 Ländern global tätig, profitiert erheblich von
den milliardenschweren Infrastruktur- und
Bauprojekten in den Emiraten. Bereits 1856
arbeitete Firmengründer Werner von Siemens selbst im Nahen Osten, die erste
­Repräsentanz in Dubai wurde 1972 gegründet. Siemens’ Geschäft in der Region deckt
ein breites Spektrum ab, das von Kraft-
Schon jetzt nehmen dabei Handel und
Geschäftspotenzial für Produktions- und
werken über Informationstechnologie und
Logis­tik eine Schlüsselstellung ein – zum einen im Luftfrachtgeschäft, zum anderen im
Dienstleistungsunternehmen genauer unter die Lupe genommen. Ergebnis: Kom-
­Automation, Medizintechnik und Wasser­
Freihafen Jebel Ali, dem wichtigsten Trans-
biniert mit 0 Prozent Unternehmenssteuer
port-Hub der Region. Ähnlich wichtig ist der
und einem stabilen politischen Umfeld sind
Dhabi weist weltweit den dritthöchsten Pro-
Tourismus. In den vergangenen Jahren wur-
die VAE der attraktivste Investitionskandi-
Kopf-Trinkwasserverbrauch auf, auch dank
den mehr als hundert Luxus­hotels eröffnet,
dat. Die Regierung in den Emiraten setzt
die in der Regel eine Topauslastung ver-
deshalb nicht umsonst konsequent auf den
zeichnen. Ein Unterwasserhotel ist in Pla-
Auf- und Ausbau weiterer Dienstleistungs-
nung, ein Ferrari-Vergnügungspark in Abu
branchen. „Die finanzielle Freizone ist ein
salzungsanlagen mit – so auch das 2004 in
Betrieb genommene Shuweihat-Projekt in
Dhabi, und in Dubai hat eine überdachte
wesentliches Standbein in Dubai“, sagt
Skihalle ihre Pforten geöffnet, deren gewal-
Schulz. Im Finanzsektor wollen die Dubai-
tige Kühlanlage von Siemens eingerichtet
Börsen Unternehmen aus der Region, aber
wurde – eine denkbar exotische Attrakti-
auch aus Afrika und Asien die Kapitalaufnahme erleichtern. Hinzu kommt, dass die
on in einem Wüstenstaat. Ras al-Khaimah
plant gar – Hollywoods „Star Wars“ lassen
Öl- und Gasmilliarden der Region nach den
grüßen – einen Weltraumflughafen, der in ei-
Anschlägen vom 11. September 2001 heute
nigen Jahren Touristen ins All schießen soll.
Angesichts solcher Planungen verwundert
weniger in New York oder London gemanagt werden, sondern zunehmend am Golf
es nicht, dass die VAE beim PwC-EM20-In-
selbst. Dabei geht es um gewaltige Sum-
dex 2007 auf der Spitzenposition landeten,
men. Allein die Staatsfonds Abu Dhabis um-
als das Land mit den größten Wachstums­
fassen ungefähr 900 Milliarden Dollar – die
chancen für Dienstleistungsunternehmen.
genaue Höhe ist Staats­geheimnis.
aufbereitung reicht: Das Wüsten-Emirat Abu
großflächiger Bewässerungssysteme. Siemens baute verschiedene Meerwasser-Ent-
Abu Dhabi, wo täglich 1,4 Millionen Kubikmeter Trinkwasser erzeugt werden.
In der Studie „Emerging Markets: Balanc­
ing risk & rewards“ hat PwC die Top 20
der Wachstumsmärkte analysiert und das Puma am Golf
Der Herzogenauracher Sportartikel­hersteller
Puma ist seit Mitte 2005 in Dubai präsent.
Das Unternehmen unterhält dort eine Ver-
Im Gesundheitsbereich entsteht die Health-
ternationalem Währungsfonds (IWF) aus der
care City, die die Emirate zum führenden
Bundesrepublik. Ihr Wert lag 2006 nach An-
Anbieter für medizinische Leistungen ma-
gaben des Auswärtigen Amts bei etwa 5,4
chen soll. Ein Medien-Cluster ist bereits Milliarden Euro, sodass Deutschland nach
vorhanden, eine richtige Internet-City, und
den USA, China und Indien das viertwich-
mit ausländischer Hilfe soll ein erstklassi-
tigste Einfuhrland ist. Das schlägt sich auch
ges Hochschulwesen aufgebaut werden. All
bei deutschen Autobauern nieder. Emira-
dies, versteht sich, wäre ohne den Ausbau
tis sind vermögend, und sie frönen der Lei-
von Infrastruktur sowie von Wohn- und Bü-
denschaft des Autofahrens. Ein typisches waltungszentrale, einen Einzelhandel so-
rohäusern unmöglich. „In Abu Dhabi und
Wochenendvergnügen besteht darin, mit
wie ein Warenlager. Die Niederlassung dient
Dubai“, so PwC-Mann Schulz, „wird wie
einem Land­cruiser in die Wüste zu fahren,
als regionales Hauptquartier für die Region
wahnsinnig gebaut.“ Viele Kritiker mei-
den Luftdruck der Reifen abzusenken, um
Nahost und die gesamte arabische Halb­
nen, dass das rasant steigende Immobilien­
nicht im Sand steckenzubleiben und durch
insel sowie die angrenzenden Märkte in Jor-
angebot eine Blase bilden könnte, die Prei-
die Dünen zu brettern. Dieses Faible hat die
se wieder fallen müssten. „Ich bin jetzt seit
deutschen Hersteller von Luxuskarossen
15 Jahren hier“, sagt Oliver Wirth von Puma,
auf den Plan gerufen. Porsche etwa verbucht rasante Zuwächse. Khalifa Al Naboo-
danien, Irak und Pakistan. Das Hauptmotiv
für die Eröffnung einer eigenen Niederlassung vor Ort: die Marken durch die Präsenz
am Markt besser schützen zu können –
ohne Reibungsverluste über Partner. Puma-
„und seit 15 Jahren heißt es, es ist eine Blase. Aber bis heute ist sie nicht geplatzt.“
da, einziger Porsche-Händler in Dubai und
den nördlichen Emiraten, verkaufte 1998
Auch der Konsum der Emiratis wächst gi-
neun Sportwagen aus Zuffenhausen. Heu-
gantisch. Schon jetzt operieren etwa 500
te sind es im Jahr mehr als 1.200. Damit ist
Mitarbeiter, die aus neun Ländern stammen
deutsche Firmen in den VAE. Immerhin 6,2
Al Nabooda der umsatzstärkste Porsche-
und im Durchschnitt Mitte zwanzig sind.
Prozent der VAE-Importe kommen laut In-
Händler der Welt.
Middle-East-Chef Oliver Wirth hat zurzeit 60
20
pwc: | april 2008
Come in and find out in Dubai: Glitzerfassaden im Globalstil (Emirate Towers Hotel, links) werden mit Elementen traditioneller arabischer
Architektur kombiniert (Ibn Batu Shopping Mall, rechts).
Die steigende Konsumlust zieht immer
mehr deutsche Unternehmen an. „Früher
„Hier wird etwas entschieden, und dann
wird es sofort durchgeführt“, sagt Schulz.
Diskurs. Dennoch verkörpern die VAE eine
Variante des relativ weltoffenen, toleran-
wurde der arabische Raum von Vertretern
Es gebe keine Hürden. „Man muss es auf
ten und vor allem wirtschaftlich erfolgrei-
oder Franchisenehmern betreut“, erinnert
den Nenner bringen, der Standort wird sehr
chen Islams. Das Verschmelzen verschie-
sich Wirth. Das funktionierte, sei aber nicht
wirtschaftsfreundlich geführt“, so Wirth.
dener Kulturen, Sprachen und Mentalitäten
immer optimal gewesen. „Die Marke muss
geschützt werden“, so der Puma-Manager –
„Auf Regierungsebene ist das so, als ob das
ganze Land ein Unternehmen ist.“
auch durch Präsenz im Land. „Von hier aus
bewältigt Dubai ganz sicher besser als die
meisten anderen Weltstädte. Die aktuell
größte Sorge ist daher für viele Unterneh-
kann man Märkte kontrollieren, schützen,
Viel Gutes also am Golf – doch längst nicht
mer die hohe Inflation, die durch die Dol-
unterstützen.“ Deutsche Unternehmen pro-
alles läuft optimal. Die Rechte ausländi-
larschwäche – der Dirham ist an den Dol-
fitieren dazu von ihrem guten Ruf. „Der Slo-
scher Arbeitnehmer sind stark beschränkt,
lar gekoppelt – noch verstärkt wird. Wirth
spricht von „einer zweistelligen Inflations-
gan ‚made in Germany‘ bedeutet hier noch
was bei Gastarbeitern aus Asien immer
viel“, weiß Schulz. „Die deutschen Produk-
wieder zu eklatanter Ausbeutung führt: Ih-
rate in den vergangenen 24 Monaten“, die
te sind sehr gefragt.“ Auch Wirth bestä-
nen werden bei Arbeitsantritt die Pässe
vor allem durch exorbitante Mieterhöhun-
tigt, dass die Deutschen mit „überwiegend
abgenommen, sodass sie, wird die ver-
gen bedingt ist. „80 Prozent meiner Mitar-
positiven Eigenschaften“ in Verbindung ge-
einbarte Lohnzahlung verzögert, keiner-
beiter können es sich nicht leisten, in Dubai
bracht werden – „Pünktlichkeit, Zuverläs-
lei Handhabe dem Chef gegenüber haben.
zu leben“, sagt der Puma-Manager. „Die
sigkeit und gute Qualität“. Vor allem aber
Es gibt weder freie Medien noch Partei-
wohnen eher in den Nachbaremiraten.“ An-
sind die Emirate ein Land des Machertums.
en, noch einen freiheitlichen politischen
fahrtszeit zur Arbeit: zwei Stunden.
In den Emiraten ist „made in Germany“ gefragt.
Deutsche Produkte gelten als hochwertig. Und
dank der gigantischen Konsumlust der Emiratis
haben die Unternehmen volle Auftragsbücher.
pwc: | april 2008
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21
pwc: Märkte
22
pwc: | april 2008
Das Fernsehduell
Noch steckt das Internetfernsehen in den Kinderschuhen. Aber schon bald
könnte es den herkömmlichen Kanälen ernsthaft Konkurrenz machen.
Von Sven Schirmer
Es ist Dienstagabend, und Mark setzt sich
was nur rund 0,6 Prozent am Gesamtmarkt
entspannt vor den Fernseher, um seine
entspricht. 2011 sollen es dann schon 5,45
E-Mails zu lesen. Auf dem Bildschirm er-
Prozent sein. Das wären rund zwei Millio-
scheint die Meldung: „Thomas lädt Sie zu
nen Kunden, die Internetfernsehen via DSL
einem Programmtipp ein. Wollen Sie an-
empfangen könnten.
nehmen?“ Mark möchte. Ok gedrückt, und
Zurzeit haben hierzulande die drei Telekom-
schon schaltet sein Fernseher zu Taucher
TV, wo eine Dokumentation über Schatz­
munikationsunternehmen Hansenet (Ali-
sucher in Indonesien läuft. Am oberen Rand
ce), T-Home und Arcor IPTV im Angebot.
seines Fernseh­geräts taucht ein kleineres
Hansenet war der erste Anbieter, der im
Bild auf: Sein Freund Thomas ist in des-
Mai 2006 mit der Übertragung von Fernseh­
sen Wohnzimmer in München zu sehen.
programmen über seine DSL-Leitungen
Gemeinsam planen die beiden gleich den
begann. Bis Ende des Jahres 2007 hatten
nächsten Tauchurlaub – in Indonesien. Al-
sich rund 15.000 Kunden für Alice Home TV
les kein Problem. Denn im Anschluss an die
Werner Ballhaus, Branchenexperte
Dokumentation können sie die Reise direkt
Telekommunikation bei PwC.
60 Free-TV- und 40 Pay-TV-Programmen
zurzeit alle bekannten Sender ab. Miche-
mit der Fern­bedienung buchen – und die
le Novelli, Marketingdirektor bei Hansenet,
Tauchausrüstung der Schatzsucher gleich
mit.
entschieden. Das Senderportfolio deckt mit
für Euphorie ist es nach Ansicht von Werner
kündigte kürzlich an, Alice Home TV würde
Ballhaus, dem Leiter des Bereichs Techno-
bald mit einer Reichweite von bis zu zehn
Nicht mehr lange, und eine solche Szene
logie, Medien und Telekommunikation bei
Millionen Haushalten in 150 Städten und
gehört zu unserem Fernsehalltag. Da­rauf
­PricewaterhouseCoopers (PwC), noch zu
Gemeinden zu einer relevanten Größe am
­jedenfalls hoffen die Anbieter von IPTV, dem
früh. „IPTV steckt in Deutschland noch in
deutschen TV-Markt. Seit Oktober 2006 hat
Internet Protocol Television, kurz gesagt:
den Kinderschuhen“, so Ballhaus. „Gelingt
auch T-Home mit Enter­tain ein IPTV-Paket
dem Internetfernsehen. Medienexperten wie
es den Anbietern aber mithilfe geeigne-
im Portfolio. Mit großem Marketingeinsatz,
Ossi Urchs setzen dabei vor allem auf die
ter Marketingkonzepte, den Konsumenten
stetig sinkenden Preisen und Lockange-
interaktiven Möglichkeiten des neuen Me-
den Mehrwert von IPTV zu erklären und die
boten konnte sich der Branchenführer auf
diums: „Ich kann mir gut vorstellen, dass
Vorteile von Internet und Fernsehen in ei-
Platz eins der hiesigen IPTV-Anbieter hie-
­gerade beim Thema Bundesliga Fußball-
nem Angebot zu verschmelzen, wird es den
ven. Kurz vor Jahresende begrüßte Christi-
fans auch gerne nebenbei mit ihren Freun-
­bisherigen Kanälen Konkurrenz machen.“
an P. Illek, Mitglied des Bereichsvorstands
den chatten. Nach dem Motto: ‚Haste das
Wo die Chancen und Risiken für die Markt-
T-Home für Marketing, den hunderttausends­
ten Entertain­-Kunden. Im Oktober 2007
Ding gesehen?‘“ Wie zuletzt beim „Über-
akteure liegen, untersucht eine PwC-Studie
allfernsehen“ DVB-T (Digital Video Broad­
zum Fernsehen der Zukunft, die Ende März
startete Arcor-Digital TV. Das Eschborner
casting Terrestrial) ist längst eine öffentliche
veröffentlicht wird.
Unternehmen ist vom Erfolg von IPTV über-
Diskussion über die Zukunft des Fernsehens und seine vielfältige Nutzung ent-
zeugt. „IPTV benötigt zwar noch einiges an
Bislang ist das aber noch Zukunftsmusik.
Kommunikationsleistung,“ so Arcor-Presse-
brannt. Das DVB-T fristet zwar eher ein Ni-
Der German Entertainment & Media Outlook
sprecher Michael Peter, „doch die Vorteile
schendasein, das Internetfernsehen aber
von PwC prognostiziert bis Ende 2008 eine
gegenüber den bisherigen Verbreitungswe-
soll sich als feste Größe etablieren. Doch
IPTV-Verbreitung in 250.000 Haushalten,
gen werden sich durchsetzen.“
Der Mehrwert von Internetfernsehen ist noch
lange nicht beim Nutzer angekommen. Bis 2011
sollen aber immerhin zwei Millionen Menschen
hierzulande IPTV empfangen.
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23
pwc: Märkte
Noch teilen sich E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall mehr als drei Viertel des Markts. Doch der Wettbewerb kommt in Fahrt. Dafür verantwortlich ist nicht zuletzt das schlechte Image der Etablierten. Denen geht jetzt langsam ein Licht auf: Ökostrom rechnet sich.
24
pwc: | april 2008
Grünes Licht geben
Die kleinen Ökostromanbieter sind erfolgreich wie nie. Davon wollen auch die
Energiekonzerne profitieren – und wachsen. Auch durch Firmenzukäufe.
Von Ingmar Höhmann
Der französische Romanautor Alexandre
nicht zuletzt das schlechte Image der Eta-
peace Energy ist eine Erfolgsgeschichte,
Dumas wäre erstaunt: Seine „Kamelienda-
blierten. Trotz aller Werbeausgaben gelten
aber nicht die einzige. Neben den Hambur-
me“, die wohl berühmteste Mätresse von
sie als Umweltsünder. Nach Einschätzung
gern haben sich auch die Elektrizitätswerke
Paris, kann seit Neuestem mit gutem Ge-
von Heiko Stohlmeyer, Experte für erneuer-
Schönau und die Naturstrom AG als unab-
wissen zur Arbeit gehen – zumindest, was
bare Ener­gien bei PricewaterhouseCoopers
hängige Anbieter etabliert. Für Furore sorgt
ihr Umweltbewusstsein betrifft. Denn am
(PwC), ist das einer der Hauptgründe für den
derzeit aber vor allem ein Unternehmen:
Deutschen Schauspielhaus in Hamburg
scheint ökologisch sauberes Licht auf ihren Arbeitsplatz, die Bühne. Um die selbst
auferlegte Verpflichtung zum Umweltschutz
zu erfüllen, ist das größte Sprechtheater
„Der Markt ist derzeit so dynamisch, dass sich die
Marktanteile schnell verschieben können.“
Prof. Dr. Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
Deutschlands vom Atomkraftwerksbetreiber Vattenfall zum Ökostromanbieter Green-
Umbruch am Energiemarkt. „Die Kunden
peace Energy gewechselt. Jack Kurfess,
haben mittlerweile ein hohes Klimaschutz-
Lichtblick, ein lange Zeit mit Verlust wirtschaftender Nischenanbieter, hat sich im
kaufmännischer Direktor des Theaters, will
bewusstsein entwickelt, da spielt das Image
vergangenen Jahr zum ernst zu nehmenden
so jährlich 1.500 Tonnen CO2-Emissionen
des Stromversorgers eine große Rolle. Vie-
Konkurrenten für die etablierten Konzerne
vermeiden. Trotz teurem Ökostrom liegt der
le energie­intensive Betriebe suchen zudem
aufgeschwungen. Bis Jahresende konn-
Preis nur 5 Prozent über dem des bishe-
nach Möglichkeiten, ihre Umweltbilanz zu
te Gründer und Geschäftsführer Heiko von
rigen Vertrags. „Die Angebote waren weit
verbessern“, sagt Stohlmeyer. Bislang be-
Tschischwitz mehr als 400.000 Kunden ver-
günstiger, als wir erwartet hatten“, sagt Kur-
schränkten sich die großen Energiekonzer-
melden, weit mehr als geplant.
fess.
ne darauf, über Tochtergesellschaften wie ­E
wie Einfach, Eprimo und Yello den Kunden-
Lichtblick ist so etwas wie der Shootingstar
Wie das Hamburger Theater wechseln im-
schwund aufzufangen. Die eigenen Billig­
der Branche. Ob der Erotikkonzern Beate
mer mehr Unternehmen und Haushalte den
anbieter verkaufen den Strom über das Inter-
Uhse, die Kosmetikkette Body Shop oder
Stromversorger – allein in der Hansestadt
net und sparen damit Vertriebskosten. Viele
die Drogeriemärkte von Budni­kowsky: Eine
ganze Reihe von prominenten Geschäfts-
kehrten im Jahr 2007 mehr als 100.000 Kun-
der abgewanderten Kunden finden sich so
den dem Exmonopolisten Vattenfall den
im gleichen Konzern wieder. Die Strategie
kunden hat sich inzwischen für den bun-
Rücken. Mehr als jeder zweite der rund 40
dahinter: Die eingängigen Namen bringen
desweit agierenden Hamburger Versor-
Millionen Haushalte in Deutschland hat nach
die Verbraucher kaum mit den Branchenrie-
ger entschieden. Doch im Gegensatz zum
Angaben des Bundesverbands der Energie-
sen in Verbindung.
Deutschen Schauspielhaus ist dabei in der
und Wasserwirtschaft (BDEW) mindestens
Regel weniger die Sorge um die Umwelt
einmal den Tarif oder den Stromanbieter ge-
Anders hingegen sieht es bei Ökostrom aus.
als der Gedanke an den eigenen Geldbeu-
wechselt. Dabei entschied sich 2007 bereits
Wer sich für erneuerbare Energien entschei-
tel entscheidend. Befragungen des BDEW
jeder fünfte Wechsler für einen Ökostrom­
det, schaut beim Anbieter lieber zweimal
haben ergeben, dass in neun von zehn Fäl-
tarif. BDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard
hin. Auch Greenpeace Energy profitiert da-
len Preisunterschiede der ausschlaggeben-
Meller sieht neben wachsendem Umwelt-
von. Der Umsatz lag 2004 noch bei 12 Mil-
de Grund für einen Wechsel waren. Das
bewusstsein und steigenden Energieprei-
lionen Euro und soll in diesem Jahr bereits
Erstaunliche dabei: Ökostromtarife sind
sen auch im Einstieg neuer Stromanbieter
50 Millionen Euro erreichen. Die Kunden-
derzeit in vielen Fällen sogar billiger als die
den Grund für die neue Wechselleidenschaft
zahl ist im gleichen Zeitraum von knapp
Angebote der Konkurrenz. Nach einer Un-
der Deutschen. Zwar teilen die vier großen
20.000 auf heute 65.000 gestiegen. Wäh-
tersuchung des Verbraucherzentrale Bun-
Ener­giekonzerne E.ON, RWE, Energie Ba-
rend andere Anbieter Preiserhöhungen an-
desverbands (VZBV) ist der Wechsel zu
den-Württemberg (EnBW) und Vattenfall im-
kündigen mussten, konnte Vorstand Robert
einem Ökostromprodukt im Vergleich zum
mer noch mehr als drei Viertel des Markts
Werner Mitte 2006 die Strompreise im
ortsüblichen Grundversorgungspreis in zwei
unter sich auf. Doch der Wettbewerb kommt
Durchschnitt um 2 Prozent senken. Green-
langsam in Fahrt. Dafür verantwortlich ist
pwc: | april 2008
25
pwc: Märkte
Sauberer Strom
Wechselquote von 1999 bis 2007,
kumulierte Quote der Versorgerwechsel bei
privaten Haushalten (ohne umzugsbedingten Wechsel) in Prozent
7,3
6,0
4,3
4,6
4,8 5,0
3,7
2,1
Dritteln aller Fälle die günstigere Alternati-
1,6
en, von denen vor allem Windkraftanlagen
ve. Ralf Thiemann, Umweltexperte bei der
auf See den Sprung in die Wirtschaftlich-
Unternehmensberatung IBM Global Busi-
keit schaffen sollen. Andererseits glaubt er
ness Services, überrascht das nicht: „Kaum
ein Kunde will freiwillig mehr zahlen, nur
weil das die Umwelt schont. Umweltschutz
1999
2001
2003
2005
2007
Quelle: VDEW, Promit
sehen die meisten als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Ökostrom ist hip und trotzdem gar nicht
nicht an ein grünes Gewissen der großen
vier – sondern eher an einen klassischen
Verdrängungswettbewerb.
Den kleinen Wettbewerbern könnte der
Doch es gibt eine gute Nachricht: Die er-
Strategiewechsel der Konzerne in der Tat
neuerbaren Energien sollen bald wirt-
zu schaffen machen. „Es besteht die Gefahr, dass die großen Energiekonzerne die
mal so teuer. Lange Zeit war das nicht so.
schaftlich werden. Ironischerweise könn-
Trotz der Liberalisierung des deutschen
ten dies die großen Stromkonzerne selbst
mittelständischen Ökostromanbieter wie
Strommarkts im Jahr 1998 blieb ein funk-
möglich machen. Marktführer E.ON hat
beispielsweise Lichtblick aufkaufen“, sagt
tionierender Wettbewerb zunächst aus. Der
angekündigt, seine Investitionen in erneu-
Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin der Ener­
Grund: Die etablierten Versorger stellten
erbare Ener­gien auf rund 6 Milliarden Euro
gie- und Umweltabteilung am Deutschen
ihre Netze nur zu weit überhöhten Gebüh-
zu verdoppeln. Auch Vattenfall Europe, das
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
ren zur Verfügung – das machte das Ge-
bislang 80 Prozent des Stroms aus Braun-
schäft für Neueinsteiger unrentabel. Seit
kohle herstellt, und EnBW werden mehr
Nach dem Aufbau der Direktvertriebstöchter versuchen die Konzerne mit dem Ein-
2007 sorgt nun die eigens geschaffene
Geld in die alternative Energieerzeugung
tritt in den Ökostrommarkt nun unabhän-
Bundesnetzagentur dafür, dass überteu-
stecken. Sogar Schlusslicht RWE, des-
gigen Anbietern das Wasser abzugraben.
erte Zugangsentgelte der Vergangenheit
sen Ökostrom­anteil bislang bei mageren 5
Zwar haben die meisten Versorger längst
angehören. Erst das hat es auch den Öko-
Prozent liegt, hat sich dem Strategiewech-
eigene Tarife für umweltbewusste Kun-
strom-anbietern ermöglicht, mit wettbe-
sel angeschlossen. „Die Erneuerbaren sind
den, doch sind sie oft überteuert und kaum
werbsfähigen Preisen anzutreten. Gleich-
gemessen an ihrer gesellschaftlichen Be-
konkurrenzfähig. „RWE und Co. haben
zeitig mussten die großen Stromversorger
deutung, ihrem ökologischen Potenzial und
ihre bisherigen Ökostrom­
angebote noch nie offensiv
durch höhere Preise zurückholen, was sie
ihren Wachstumschancen in der Vergan-
durch die niedrigeren Netzentgelte verlo-
genheit klar zu kurz gekommen. Das wird
beworben. Wenn sie jetzt
ren hatten. Angesichts der sinkenden Ko-
sich nun ändern – und zwar tief greifend
in großem Stil investieren,
sten für unabhängige Anbieter ist es umso
und schnell“, kündigt Konzernchef Jürgen
können sie die kleineren
erstaunlicher, dass gerade das Ökostrom-
Großmann an. Mindestens 1 Milliarde Euro
Vorzeigeunternehmen Lichtblick Anfang
soll von nun an jährlich in die neue Gesellschaft RWE ­Innogy fließen und bis 2020
Unternehmen leicht unterbieten. Der Markt ist so
dynamisch, dass sich die
den Anteil an erneuerbaren Energien auf
Marktanteile schnell verschieben
des Jahres seine Preise erhöhen musste.
Aber es zeigt das Dilemma kleinerer Anbieter. Sie erzeugen in der Regel ihren Strom
20 Prozent steigern. Milan Nitzschke, Ge-
können“, sagt Kemfert. Noch sind
nicht selbst, sondern kaufen ihn bei den
schäftsführer des Bundesverbands Erneu-
die kleinen Anbieter selbstbewusst.
Erzeugern ein. Für ­Energie aus Wind, Bio-
erbare Energie, sieht dem Engagement der
Ob sie sich behaupten, hängt aber
masse oder Sonne müssen sie aber deut-
etablierten Versorger mit gemischten Ge-
davon ab, ob ihre Kunden ihnen
lich mehr bezahlen als für Atom- oder Koh-
fühlen entgegen. Einerseits begrüßt er die
auch bei steigenden Preisen die
lestrom.
massiven Investitionen in neue Technologi-
Treue halten.
Die großen Energieversorger haben erkannt, dass
sich mit Ökostrom Geld verdienen lässt. Deshalb
setzen sie auf erneuerbare Energien. Das könnte
kleine Wettbewerber gefährden.
26
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pwc: | april 2008
Unabhängig bleiben
Der Geschäftsführer des Ökostromanbieters Lichtblick,
Heiko von Tschischwitz, über Spätzünder, Unabhängigkeit und Denkzettel.
Von Ingmar Höhmann
pwc: Herr von Tschischwitz, als Sie 1998 Lichtblick gründeten,
wollten Sie innerhalb von anderthalb Jahren 200.000 Kunden ha­
ben. Das schafften Sie erst 2006. Jetzt melden sich neue Kunden
massenweise an. Warum kommt der Erfolg so spät?
von Tschischwitz: Wir haben zu ambitioniert angefangen. Der Markt
war noch nicht so weit. Im vergangenen Jahr ist enorm viel pas­
siert: Die Klimastudie der Vereinten Nationen, die omnipräsente
Klima­debatte, die Preiserhöhungen der etablierten Stromversorger
und die Störfälle bei Vattenfall. 2007 war das erste Jahr, in dem wir
deutlich über dem Planwert lagen. Schon im Juli hatten wir die für
das Gesamtjahr geplanten 300.000 Kunden. Jetzt sind wir bei mehr
als 400.000.
Viele neue Anbieter haben ihr Geschäft aufgeben müssen. Wie
­haben Sie sich so lange über Wasser halten können?
Anders als auf dem Telekommunikationsmarkt kann ein Strom­
anbieter keine großen Preisunterschiede erreichen, weil die Festkos­
ten sehr hoch sind. Viele Billiganbieter sind daran gescheitert. Es
gab auch andere Ökostromanbieter, aber die waren oft deutlich zu
teuer. Wir dagegen haben von Anfang an den Spagat geschafft, ein
glaubwürdig ökologisches Stromprodukt zu wettbewerbs­fähigen
Preisen anzubieten. Dazu kommt, dass wir jahrelang rote Zahlen
schreiben konnten, ohne dass unsere Gesellschafter un­ruhig wur­
den. Erst seit 2006 machen wir operativen Gewinn. Anderen Wett­
bewerbern ist die Puste ausgegangen, als der Neue Markt einbrach
und das Risikokapital ausging.
wollen bei keinem Anbieter einen Vertrag abschließen, der nur fünf
Wie können Sie überhaupt wettbewerbsfähige Preise verlangen?
Minuten in der Mittagspause über Ökostrom nachdenkt und den
Sie müssen Ihren Ökostrom doch teuer einkaufen.
Rest des Tages über Atom- und Kohlestrom.
Das stimmt. Wir müssen bei der Strombeschaffung mehr Geld
ausgeben als konventionelle Anbieter. Doch wir können die Mehr­
Die großen Versorger haben angekündigt, auch über Zukäufe bei
ausgaben über schlankere Unternehmensstrukturen ausgleichen.
erneuerbaren Energien wachsen zu wollen. Wie lange bleibt Licht­
­Außerdem arbeiten wir wohl mit geringeren Margen.
blick unabhängig?
Lichtblick wird unabhängig bleiben. Wir brauchen keinen Partner und
RWE, E.ON und Co. investieren nun selbst massiv in erneuerbare
haben auch keinen zusätzlichen Investitionsbedarf. Unsere Kunden
­Energien. Hat die großen Versorger das grüne Gewissen gepackt?
würden es gar nicht mitmachen, wenn uns ein großer Stromanbie­
Das hat nichts mit grünem Gewissen zu tun. Die Konzerne haben
ter aufkaufen würde. Viele Privatkunden sind zu uns gewechselt, um
endlich verstanden, dass sie mit regenerativen Energien Geld ver­
den etablierten Konzernen einen Denkzettel zu verpassen. Das ist
dienen können.
wie eine Protestwahl: Viele wollen einem Atomkraftwerksbetreiber
kein Geld mehr zahlen.
Könnte das kleinere Wettbewerber wie Lichtblick nicht aus dem
Geschäft drängen?
Warum wechseln Unternehmen zu einem Ökostrom­anbieter?
Die Ambitionen der großen Konzerne nehme ich sehr ernst. Sie
Vor drei Jahren ging es vor allem um den Preis. Das hat sich aber
wollen Geld machen und nicht mehr nur den Deckmantel des
2007 total gedreht. Die Unternehmen kommen jetzt ganz klar
­Umweltschutzes aufrechterhalten. Aber das ist keine Bedrohung für
­wegen des Themas Klimaschutz auf uns zu. Dazu kommt eine ge­
uns. Viele Versorger bieten bereits günstige Ökostromtarife an, aber
wisse Verdrossenheit mit den etablierten Versorgern. Es passt vie­
die Kunden machen das nicht mit. Die Leute sind aufgeklärt und
len Firmen nicht, wie unflexibel diese bei den Abrechnungen sind.
pwc: | april 2008
27
pwc: Wissen
Gedämpfter Optimismus
Die weltweite Kreditkrise lässt die Sorge
vor einem Wirtschaftsabschwung anwach­
sen. Negative Auswirkungen auf die Umsatz­
Kurzfristig hoch, langfristig niedrig
Vertrauen der CEOs in steigenden Umsatz
entwicklung des Jahres 2008 erwarten vor
sehr zuversichtlich
etwas zuversichtlich
allem Unternehmen in den USA und West­
überhaupt nicht zuversichtlich
weiß nicht/keine Antwort
europa, während der Konjunkturoptimis­
mus insbesondere in Asien weiter steigt.
Das geht aus dem „11th Annual Global
CEO Survey 2008“ von Pricewaterhouse­
Coopers (PwC) hervor. Rund 50 Prozent
der 1.150 im Rahmen der Studie befragten
CEOs sehen die Geschäftsentwicklung für
das Jahr 2008 dennoch „sehr zuversicht­
lich“. Trotz eines Rückgangs um 2 Prozent­
50 %
1%
2%
7%
40 %
kommende
12 Monate
nicht sehr zuversichtlich
42 %
2%
1%
6%
kommende
3 Jahre
49 %
PwC befragte 1.150 CEOs, wie zuversichtlich sie sind, dass ihr Unternehmen in den
kommenden 12 Monaten/3 Jahren steigende Umsätze erzielt.
Quelle: PwC, 11th Annual Global CEO Survey 2008
punkte im Vergleich zum Vorjahresergebnis
ist der Anteil der positiv gestimmten Chefs
ten wie Asien, Pazifik, Lateinamerika sowie
starten deutsche Unternehmenschefs mit
damit immer noch fast doppelt so hoch wie
Zentral- und Osteuropa glauben hingegen
57 Prozent positiver Geschäftserwartung
2003. Regional ist die Stimmungslage je­
doch sehr unterschiedlich: In den USA sind
fest an weitere Erlöszuwächse. Besonders
erstaunlich optimistisch ins neue Jahr. Auch
ausgeprägt ist der Optimismus in Indien mit
mittelfristig erwartet eine Mehrheit stei­
gende Erlöse – im Gegensatz zu den euro­
nur 35 Prozent der CEOs „sehr zuversicht­
lich“, in Westeuropa sind es 44 Prozent.
fast 90 Prozent, gefolgt von China/Hong­
kong mit 73 Prozent sowie Mexiko (77 Pro­
Unternehmenschefs aus Wachstumsmärk­
zent). Entgegen des Trends in Westeuropa
Anhangszwang
päischen CEOs. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc282
Bitte jetzt auf Mandarin!
In vielen Unternehmen ist
Oft fällt es Unternehmen schwer, sich selbst oder ihre Produkte er­
die Erstellung der Anhang­
folgreich auf dem chinesischen Markt zu präsentieren. Denn häufig
angaben nach den Interna­
wollen nicht nur Geschäftspartner und Kunden von dem Angebot
tional Financial Reporting
überzeugt werden. Auch politische Entscheidungsträger sind an der
Standards (IFRS) mit gro­ßem
Qualität deutscher Produkte interessiert. Aktuelle und verständliche
Aufwand verbunden. Eine
Informationen sind daher wichtig. Dabei kommt es unter anderem
PwC-Studie untersucht, auf
auf die richtige Sprache an. Darauf reagierte jetzt ein deutsches
welche Weise diese Daten in
Unternehmen und publizierte seinen Geschäftsbericht auch in chi­
nesischer Sprache. Ein ge­
Unternehmen ermittelt werden,
an welchen Stellen Probleme
schickter Coup, denn für Chi­
auftreten und wie mögliche Lösungsansätze aus­sehen könnten:
nesen hat so etwas eine hohe
kurz, wie dieser Prozess optimiert werden kann. Die im Zusammen­
hang mit der Studie durchgeführte Erhebung zeigt, dass die Mehr­
Wertigkeit. „Sie sind marken­
heit der Unternehmen die Anforderungen bei der Anhang­erstellung
von der Marktposition eines
als sehr hoch empfindet. So wurden besonders die Anhanganga­
Unternehmens überzeugen“,
ben zu latenten Steuern, Finanzinstrumenten, zur Kapitalflussrech­
nung und zu Pensionen als explizite Problemfelder identifiziert. so Harald Kayser, Leiter Chi­
na Business bei PwC. Online-
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc283
Info: www.pwc.de/de/pwc284
28
bewusst und lassen sich gern
pwc: | april 2008
Börsenjahr mit Höhen und Tiefen
Europas Aktienmärkte haben im Schlussquartal 2007 weniger Börsen­
gänge und 17 Prozent weniger Emissionsvolumen verzeichnet. So gab es
nur 227 Erstemissionen (IPOs) und damit 61 weniger als im Vergleichszeitraum 2006. Das ergab der jüngste „IPO Watch Europe“ von PwC. Im Gesamtjahr 2007 gab es an Europas Börsen insgesamt 801 IPOs, 2006 brachte
nur 18 mehr. Die US-Börsen verzeichneten dagegen im vierten Quartal 2007
sogar mehr IPOs als im Vorjahreszeitraum (96 gegenüber 90 im Jahr 2006), das
Emissionsvolumen sank jedoch um 14 Prozent auf rund 13,49 Milliarden Euro.
Im Gesamtjahr 2007 gab es in den USA 275 Erstemissionen im Volumen von 46,68
Milliarden Euro. Damit lagen die US-Märkte nicht nur deutlich hinter den Europäern
(29,07 Milliarden Euro), sondern auch hinter den Chinesen. Allein in Hongkong gab es 2007
insgesamt 86 IPOs im Gesamtwert von 31 Milliarden Euro. Die Deutsche Börse brachte es
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc285
Drei Fragen an ...
... Andreas Borcherding
Gründerzeit für Banken
zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
mit 15 IPOs gerade einmal auf einen Gesamterlös von knapp 1,4 Milliarden Euro.
(BilMoG)
Trotz Konsolidierungsdruck wächst der pri-
Lieber gründen als übernehmen
vate Bankensektor in Deutschland munter
Bankgründungen und -übernahmen
in Deutschland
weiter. Mittelfristig rechnet PwC mit rund
20 Neugründungen pro Jahr. „Triebfeder
Anzahl der
Bankgründungen
dieser Entwicklung ist die Spezialisierung
des Bankgeschäfts. Institute gründen ein1995
zelne Geschäftsfelder wie das Online-Bank­ 1996
ing oder Servicebereiche wie das Depot­
1997
geschäft aus und positionieren diese als
1998
eigene Bank“, sagt Rainer Wilken, Banken-
1999
experte bei PwC im Bereich Unternehmens- 2000
beratung. Übernahmen werden hingegen in 2001
Zukunft eine geringere Rolle spielen. „Ent2002
gegen der verbreiteten Ansicht vieler Inves- 2003
toren ist der Aufwand bei der Übernahme
2004
einer bestehenden Bank oftmals höher als
2005
bei der Beantragung einer neuen Bankli2006
zenz und der nachfolgenden Gründung“,
erklärt PwC-Steuerfachmann Herbert Zer-
11
15
9
27
29
23
57
22
3
23
25
3
Anzahl der
Übernahmen
pwc: Warum sollen Unternehmen sich
schon jetzt mit einem noch nicht verabschiedeten Gesetz beschäftigen?
Borcherding: Weil die geplanten Ände-
3
rungen große Auswirkungen auf Bilanz-
4
6
5
5
3
6
5
struktur, Kennzahlen und Besteuerungs-
8
6
6
7
Quelle: PwC
was. Zudem müssten bei einer Neugründung weder verschiedene Unternehmenskulturen
grundlage haben. Das sollte man frühzeitig
analysieren.
Wie kann PwC die Unternehmen unterstützen?
Umfangreiche Informationen findet man
unter www.pwc.de/de/bilmog. Seit Ende
Februar bieten wir Seminare zum BilMoG
an. Für Einzelgespräche steht ein Expertenteam zur Verfügung, das bereits eine Umsetzungsmethodik, die auch die notwendigen Prozessanpassungen berücksichtigt,
erstellt hat.
zusammen­geführt noch IT-Systeme integriert werden. 2006 gab es in Deutschland 2.110
Kreditinstitute. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc286
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Bei den latenten Steuern müssen konzernweit Prozesse aufgesetzt werden, die
Gieriger Staat
die entsprechenden Differenzen zwischen
Steuer- und Handelsbilanz dokumentieren
Der Fiskus schlägt zu: Ab 1. Januar gilt für
und fortschreiben. Hierfür wird ein entspre-
alle Kapitaleinkünfte ein einheitlicher Steu-
chendes EDV-Tool notwendig sein.
ersatz von 25 Prozent plus Solidaritäts­
zuschlag und Kirchensteuer. Wer Glück hat,
kann aber von Ausnahmeregeln erfasst sein
und der Steuer ein Schnippchen schlagen.
Etwa mit Renten- und Geldmarktfonds. Die
Zinserträge daraus sind zwar dem direkt zu
entrichtenden Abgeltungssatz unterworfen, damit sinkt aber auch die Progression,
weil die Zinserträge aus der Steuererklärung
verschwinden. Zu den Gewinnern gehören
auch Anleger in offene Immobilienfonds. Ihnen bleibt die Spekulationsfrist erhalten. Immobilien in Deutschland können weiterhin nach
der Zehnjahresfrist steuerfrei veräußert werden. Der steuerfreie Verkauf von Zertifikaten en-
Andreas Borcherding leitet bei PwC das
det hingegen schon am 30. Juni 2009. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc287
BilMoG-Expertenteam.
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29
pwc: Wissen
Besten-Auslese
Die Kunst des Hochschulmarketings
beherrschen viele Unternehmen gut.
Das Recruiting von Managementnachwuchs
allerdings nicht.
Von Anja Dilk und Heike Littger
Bereits 1998 hat Ed Michael, der ameri-
aufwerten: Sie müssen Talentschmie-
kanische Direktor der Beratung McKinsey,
den werden statt Verwaltungsstellen.“
­Unternehmen eindrücklich gewarnt: „In
70 Prozent der Dax-Unternehmen hät-
order to keep the pipeline full of talented
ten da noch Entwicklungsbedarf. Den
people, almost all of the companies have
größten Schwachpunkt sieht Michael
to take nontraditional approaches to re­
Proft, Partner bei der Personal­beratung
cruiting.“ Geändert hat sich daran nichts.
Ray & Berndtson, darin, dass ­Personaler
Im Gegenteil. „Die Situation hat sich sogar
den Markt erst scannen, wenn eine
verschlimmert“, so Holger Leckebusch,
Stelle neu zu besetzen ist. Nur gegen-
Experte für People and Change bei Price-
über Studenten beherrschen Unterneh-
waterhouseCoopers (PwC). „Aufgrund der
men die Kunst der frühen Balz recht
Fachmann zu gewinnen, sondern Persön-
demografischen Entwicklung und einer
gut. Sie schicken Talentscouts auf Mes-
lichkeiten, die sozial und kreativ sind –
verfehlten Bildungs- und Einwanderungs-
sen der Universitäten, vergeben Diplom­
gerade­ beim ­Managementnachwuchs.
politik gibt es zu wenig Topleute. Und die
arbeiten und Stipendien. Oder gründen
Solche Skills kommen an den meisten
wenigen Topleute wollen nur das Allerbe-
Partnerschaften mit Hochschulen. Wie
Unis viel zu kurz.“
ste für sich.“
der Drogerie­gigant dm. Seit 2006 arbeitet das Unternehmen mit der priva-
Aber was ist mit den Potentials, den
Sie wollen ein gutes Gehalt. Sie wollen
ten „Alanus Hochschule für Kunst und
wechselwilligen Mitarbeitern, die jedes
eine interessante Tätigkeit mit Entwick-
Gesellschaft“ im rheinischen Alfter zu-
­Unternehmen bereichern? „Die muss
lungspotenzial bei flexibler Zeiteinteilung,
sammen. Dort stehen neben BWL-Know-
man finden“, so der Headhunter, „deren
die auch Platz für Privates lässt. Auch Un-
how Kunst, Kultur und Philosophie auf
Inte­resse wecken und Karrieren beglei-
ternehmenskultur und Standort sind wich-
dem Stundenplan. Erich Harsch, stell-
ten – um sie dann zum richtigen Zeitpunkt für sich zu gewinnen.“ Hier sieht
„Die Menschen sind Herz und Hirn unseres
Unternehmens, unsere wichtigste Ressource.“
Erich Harsch, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung von dm
Proft die Stärke seiner Zunft: „Personalberatungen verfügen über eine gut sortierte Kartei mit top ausgebildeten, engagierten, wechselwilligen Leuten aus dem
In- und Ausland.“ Tim Ackermann etwa,
tig. „Unternehmen müssen ihr Profil schär-
vertretender Vorsitzender der Geschäfts­
fen – wer bin ich und was kann nur ich dir
führung der dm-Drogeriemarktkette,
land, greift immer dann auf Personal­
bieten?“, so Leckebusch. „Vor allem aber
unter anderem verantwortlich für das
berater mit einem hervorragenden Kon-
müssen sie ihre Personalabteilungen effi-
Ressort Mitarbeiter: „Heute kommt es im
taktnetzwerk zurück, wenn er Topjobs
zienter gestalten und in der Organisation­
Handel weniger darauf an, den besten
wie einen Direktorenposten zu vergeben
30
Personalmanager bei Microsoft Deutsch-
pwc: | april 2008
hat oder gewiefte Spezialisten sucht. „Auf
„Wo der Markt leer ist, müssen wir selbst
richtigen Mitarbeiter zu finden, zu ge-
anderem Weg hat man kaum eine Chan-
den internen Talentpool noch intensiver
ce, solche Leute zu finden.“ Generell sei
nutzen und optimieren.“ Ackermann ist
kette dm ist das selbstverständlich. „Die
es schwieriger geworden, gutes Personal
deshalb sicher: Der Stellenwert von Re-
Menschen sind Herz und Hirn unseres
zu finden, die demografische Entwicklung
cruitern und Personalentwicklern wird in
Unternehmens, unsere wichtigste interne
werde spürbar. Die Lösung à la Microsoft:
den kommenden Jahren steigen. Das Be-
Ressource“, so dm-Mann Erich Harsch.
Sie suchen Mitarbeiter über den Bran-
wusstsein, wie wichtig gute Personalab-
Der Konzern verzichtet auf eine Personal-
chenrand hinaus, etwa auch in sozialen
teilungen sind, scheint bei vielen Vorstän-
Online-Netzwerken. „Über Businessplatt-
den anzukommen.
formen wie Xing kommt man viel leichter
winnen und zu halten. Für die Drogerie-
abteilung, die Mitarbeiter sucht. Harsch:
„Das ist die wichtigste Aufgabe der Führungskräfte selbst. Und wenn die Men-
an passive Sucher, gute Leute, die ihre
Die PwC-Studie „The People Agenda. Tal-
schen spüren, dass dm ein Unternehmen
Daten eingestellt haben, aber sich eigent-
ent Management – Energising the Orga-
ist, das entgegen der ‚Geiz ist geil‘-Mentalität nachhaltig etwas für die Gesell-
lich gar nicht nach einem neuen Job um-
nisation Through the Power of Peo­ple“
sehen“, so Ackermann. Zugleich wird die
zeigt: 70 Prozent der CEOs weltweit be-
schaft tun will, müssen wir uns um guten
interne Personalentwicklung wichtiger.
trachten es als ihre primäre Aufgabe, die
Nachwuchs keine Sorgen machen.“
Topnachwuchs kann sich die Jobs längst wieder
selbst aussuchen. Unternehmen müssen deshalb
schneller sein als die Konkurrenz und effizienter
suchen. Und dabei neue Strategien entwickeln.
pwc: | april 2008
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31
pwc: Wissen
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pwc: | april 2008
Ein Gehen und
Kommen
Mitarbeiterentsendungen ins Ausland kosten Unternehmen eine Menge Geld.
Deshalb sollte man sich im Vorhinein Gedanken über den Mehrwert machen.
Von Martin Reischke
Sie verlassen Deutschland, um in der Frem-
Vorbereitung mit mehrtägigem interkultu-
de zu arbeiten – und bleiben der einhei-
rellem Training und Orientierungsreise mit
mischen Wirtschaft trotzdem erhalten:
dem Partner nach Asien kann man schnell
Mit dem wachsenden Einfluss von Export
auf ein paar 10.000 Euro kommen“, rechnet
und Globalisierung auf die wirtschaftliche
Andreas Bittner, Geschäftsführer des Insti-
Entwicklung wird es für viele Unterneh-
tuts für Interkulturelles Management (IFIM).
men immer wichtiger, eigene Fach- und
„Und im Vergleich zu den Gesamtkosten der
Entsendung ist das noch wenig.“
Führungs­kräfte ins Ausland zu senden. Für
­kapitalintensive Branchen wie etwa die
­ utomobilindustrie geht es zunächst um
A
die Erschließung neuer Märkte. Aber auch
Mit dem Zentrum für Europäische Wirt-
um firmenspezifisches Wissen, das weiter­
PwC im Jahr 2005 die Entsendungskosten
schaftsforschung in Mannheim (ZEW) hat
gegeben werden muss – etwa nach Fusio-
für Expatriates in 20 Ländern untersucht.
nen oder Firmenzukäufen im Ausland. „Das
Unter der Annahme eines verfügbaren
fördert das Zusammenwachsen der beiden
Jahreseinkommens von 75.000 Euro und
Unternehmen und zahlt sich langfristig aus“,
zusätzlichen Aufwendungen in Höhe von
ist Monika Gläser überzeugt. Sie muss es
30.000 Euro kamen durchschnittliche Ent-
wissen, sie ist beim Optik-Konzern Carl
Dieter Endres ist Vorstandsmitglied bei
sendungskosten von rund 167.000 Euro
Zeiss für internationale Transfers zuständig.
Pricewaterhouse­Coopers und Leiter des
zusammen – für einen alleinstehenden
Steuer­bereichs.
­Arbeitnehmer. Dabei waren die länderspe-
Aber Mitarbeiter im Ausland kosten eine
zifischen Unterschiede durchaus eklatant:
Menge Geld. Brechen sie den Aufenthalt
In Belgien kostete ein Mitarbeiter knapp
in der Ferne vorzeitig ab, kommt das die
Die Entlohnung des Expatriates orientiert
­Unternehmen teuer zu stehen. Deshalb
sich an seinem Gehalt in Deutschland, hö-
Euro. In Russland und in der Schweiz hin-
sollte ein solcher Schritt gut vorbereitet
here Lebenshaltungskosten werden durch
gegen beliefen sich die Kosten nur auf
werden. Carl Zeiss hat ein Programm ent-
Extrazahlungen ausgeglichen. Für die Fir-
rund 147.000 Euro – bei gleichem Netto-
wickelt, das den Umgang mit Expatriates
men wird es fast immer teurer, denn die
lohn. „Die Entsendung eines Mitarbeiters
konzernweit vereinheitlichen soll. 70 Mitar-
Steuerniveauunterschiede in den einzel-
ins Ausland ist unter Umständen sogar bil-
194.000 Euro, in Slowenien rund 215.000
beiter sind derzeit in 18 Ländern ­unterwegs,
nen Ländern werden in die Gehaltsver-
liger als seine Beschäftigung in Deutsch-
vor allem in Asien und den USA. Bevor der
handlungen mit einbezogen. „Da der Ver-
land“, so Dieter Endres.
Mitarbeiter sich für oder gegen einen Aus-
gütung von Expatriates typischerweise
landsaufenthalt entscheidet, kann er auf
Nettolohnvereinbarungen zugrunde liegen,
einer Orientierungsreise gemeinsam mit
ist die zusätzliche Steuerbelastung von
mit Steueranreizen zu locken: So stellen
seiner Familie seinen potenziellen neuen
den ­Unternehmen zu tragen“, sagt Prof.
etwa die Schweiz und Frankreich zusätz-
Arbeitsort kennenlernen. Beschließt er, ins
Dr. Dieter Endres, Vorstandsmitglied bei
liche Aufwendungen für die Expatriates
Ausland zu gehen, wird er auf sein neues
Pricewaterhouse­Coopers (PwC) und Leiter
steuerfrei, in Ländern wie den Niederlan-
Viele Länder versuchen, Expatriates auch
Umfeld vorbereitet. „Selbst in vermeintlich
des Steuer­bereichs. In diesem Fall wird das
den oder Schweden bleibt ein Teil des Ge-
vertrauten Ländern wie den USA kann der
deutsche Nettogehalt als Grundlage zur
halts unbesteuert. In Finnland und Spanien
kulturelle Umgang im Arbeitsalltag schwie-
Berechnung des ausländischen Bruttolohns
hingegen sind die Steuersätze­ für Expatri­
rig sein“, sagt Carl-Zeiss-Personalreferen-
herangezogen. Der Mitarbeiter verdient da-
ates ab einer bestimmten Einkommens­
tin Gläser. „Deshalb bieten wir das Training
her netto so viel wie in Deutschland – auch
höhe günstiger als für einheimische Arbeit-
für jedes Land an und legen Wert darauf,
wenn die Steuern im Ausland höher sind.
nehmer. Dennoch waren die Kosten für die
dass der Mitarbeiter daran teilnimmt.“ Um
Was die Kosten für die Unternehmen in die
Auslandsentsendung laut PwC-Studie im
auch dem Rest der Familie den Weggang
Höhe treibt, sind die zusätzlichen Aufwen-
Durchschnitt deutlich höher als bei einer
schmackhaft zu machen, finanziert Carl
dungen: Umzugs- und Mietkosten, regel-
vergleichbaren Beschäftigung in Deutsch-
Zeiss etwa die berufliche Weiterbildung des
mäßige Heimflüge oder das Schulgeld für
land – vor allem aufgrund der zusätzlichen
mitreisenden Partners im Ausland.
die mitreisenden Kinder. „Schon für die
Aufwendungen, die die Mitarbeiter erhalten.
pwc: | april 2008
33
pwc: Wissen
Mehr wert
Die Studie „Der Mehrwert internationaler
Mitarbeitereinsätze“ untersucht detailliert, ob und wann es sich lohnt, Mitarbeiter ins Ausland zu schicken. Dafür hat
PwC Kosten und Nutzen für verschiedene Formen von internationalen Einsätzen bewertet – und auch untersucht, was
aus den ­Karrieren der Mitarbeiter nach
ihrer Rückkehr wurde. Dadurch ergibt
sich erstmals ein vollständiges Bild über
die Möglichkeit, Mitarbeitern mit Aus-
Deshalb wägen die Unternehmen die Vorund Nachteile genau gegeneinander ab.
landserfahrung auch Weiterentwicklungsmöglichkeiten zu bieten.
„Das Kostenbewusstsein ist stärker gewor-
Mitarbeiter ihre Auslands­erfahrungen
an neue Expatriates weitergeben“, sagt
den“, sagt Bittner. „Deshalb fragen sich die
Bosch-Bildungsreferentin Andrea Güsewell. Und werden damit auch reintegriert.
Firmen heute auch viel kritischer, ob eine
Auslandsentsendung wirklich sinnvoll ist.“
trainings mitwirken. „So können unsere
sendungskosten von neun bewerteten
Das ist ein nicht zu unterschätzender
Großunternehmen mit rund 212.000 Euro
Faktor. Denn 15 Prozent der Rückkehrer
An der internationalen Ausrichtung der Un-
mittlerweile deutlich höher als noch in der
verlassen laut PwC-Studie innerhalb des
ternehmen ändert das jedoch nichts. „Die
Modellrechnung von 2005. Aber ein Zu-
nächsten Jahres das Unternehmen. Wer
Anzahl der Standorte deutscher Firmen
sammenhang zwischen der individuellen
aber bleibt, ist später dem Unternehmen
Höhe der entsendungsbezogenen Zulagen
und der Leistung des Mitarbeiters lässt
gegenüber meist loyaler als der Durchschnitt der nicht entsandten Mitarbeiter.
erberater Thomas Kausch beobachtet, der
sich nicht nachweisen. „Viele Unternehmen stellen die finanziellen Aspekte zu
wichtig, um heimgekehrte Mitarbeiter hal-
Unternehmen bei Mitarbeiterentsendungen
sehr in den Vordergrund, während sich
ten und von ihren Erfahrungen im Ausland
berät: „Es gibt viele Funktionen, bei denen
die Mitarbeiter stärker für die eigene beruf­
profitieren zu können.
man früher dachte, das muss jemand aus
der Zentrale machen. Das ist heute nicht
liche Entwicklung interessieren“, sagt Thomas Kausch. Doch Karriereversprechen für
Weitaus schwerer haben es mittelstän-
mehr so, denn auch lokale Mitarbeiter sind
die Zeit nach dem Auslandseinsatz geben
dische Unternehmen, die Auslands­
oft gut ausgebildet.“ Trotzdem wächst die
immer weniger Unternehmen. Schließlich
entsendung der Mitarbeiter professionell
Zahl der Expatriates weiter – wenn auch
ist Auslandserfahrung heute nichts Besonderes mehr. Auch deshalb ist die Rückkehr
zu begleiten. „Hier ist der Expatriate eher
nicht so stark wie noch vor einigen Jahren.
Dafür sind die Mitarbeiter heute deutlich
nach Deutschland für die Expatriates nicht
Bittner. Denn eine umfangreiche Vor- und
kürzer vor Ort, maximal zwölf Monate. Hat
leicht: „Da ist der Kulturschock mitunter
sich das Unternehmen entschieden, einen
größer als beim Wegflug“, sagt Kausch.
Nachbereitung übersteigt oft deren finanzielle Möglichkeiten. Trotzdem kom-
Mit­arbeiter ins Ausland zu schicken, sollten
Damit sich der Mitarbeiter nicht zu sehr
men natürlich auch dort berufliche Aus-
klare Ziele für dessen Arbeit im Ausland vereinbart werden. Den Kontakt zur Firmenzen-
von seiner Heimatkultur entfremdet, sollte
landsaufenthalte vor. Am Erfurter Standort
man die Dauer des Aufenthalts begrenzen.
des belgischen Automobilzulieferers Me-
im Ausland wächst weiterhin“, sagt Bittner.
„Aber pro Standort gibt es weniger Expatriates als früher.“ Das hat auch PwC-Steu-
trale dürfe er dabei aber auch nicht verlieren. Regelmäßige Heimflüge helfen ebenso
„Fünf Jahre sind sicher die Schallgrenze“,
meint der Steuerexperte.
Eine gezielte Reintegration ist deshalb
das Versuchskaninchen“, sagt Andreas
lexis etwa ist vor einigen Wochen erst ein
deutscher Ingenieur von einem neunmonatigen Aufenthalt in Detroit zurückge-
wie ein Mentor aus der eigenen Abteilung in
Deutschland, der den Expatriate über unter-
Bei Bosch in Stuttgart hat man jetzt ein
kehrt. „Melexis hat ihn dort gebraucht“,
nehmensinterne Entwicklungen in Deutsch-
Konzept entwickelt, das die Rückkehr er-
sagt die Melexis-Personalchefin Stef-
land auf dem Laufenden hält und Interesse
leichtern und unter anderem den Aus-
fi Pfeiffer. „Und seine primäre Motivation
an dessen Arbeit zeigt.
tausch interkulturellen Wissens im Un-
war dabei nicht finanzieller Natur, sondern
ternehmen fördern soll: Mitarbeiter, die
die Chance auf berufliche und persönliche
Denn Geld ist nicht alles. Zu diesem
aus dem Ausland zurückkommen, kön-
Schluss kommt auch PwC: Zwar liegen
nen sich zum Länderreferenten ausbil-
Entwicklung.“ Manche Mitarbeiter kommen eben damit zurecht, Versuchskanin-
die tatsächlichen durchschnittlichen Ent-
den lassen – und selbst an Vorbereitungs-
chen zu sein.
Mitarbeiter im Ausland verdienen netto so viel
wie zu Hause. Fallen höhere Steuern an, muss
das Unternehmen sie tragen. Dazu kommen noch
Kosten für Umzug, Heimflüge und Seminare.
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pwc: | april 2008
pwc: Kolumne
Professor Klaus Kocks, Jahrgang 1952, ist
unabhängiger Meinungsforscher und Kom­
munikationsberater. Bis Ende 2001 war
der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler
Kommunikationsvorstand bei VW.
Trau nie dem Controlling
Was modernes Controlling mit einem Freier namens Heinrich VIII. zu tun hat.
Von Klaus Kocks
Kontrollieren Controller das Unternehmen? Ich kenne Unternehmen,
zehn Power-Point-Charts passt. Und alles ist wieder gut. Ein Preis
in denen die Vielgescholtenen weitreichende Macht haben. Was
der Globalisierung ist, dass man sich aufs Hörensagen verlassen
sich nicht fürs Controlling rechnet, also über der Mindestrendite
muss. Jedenfalls meistens.
liegt, wird nicht gemacht. Egal, was die Sparte sagt. Und ich kenne
Aktiengesellschaften, da haben die Herren des Berichts­wesens so
Heinrich VIII. von England (1491 bis 1547) hat es auf sechs Ehe­
gut wie nichts zu sagen und sind vor allem gegen Jahresende im
frauen gebracht. Der betriebswirtschaftlich interessante Teil han­
Creative Accounting gefordert. Aber man darf nicht im Holzschnitt­
delt von seiner vierten Frau Anna aus dem niederrheinischen Kleve,
artigen stecken bleiben. Die Frage ist eigentlich nicht, was Con­
aufgewachsen im Bergischen, die als die „flämische Mähre“ in die
trolling bringt oder nicht bringt. Wirkliches Missmanagement findet
Geschichtsbücher eingegangen ist. Anna war die erste englische
auf einer anderen Etage statt. Der Fisch stinkt immer vom Kopf.
Königin aus Deutschland; noch heute ist sie auf einem Gemälde
Die notwendige wie hinreichende Frage heißt: Was weiß der Vor­
des damals berühmtesten Porträtmalers Hans Holbein dem Jünge­
stand überhaupt von seinem Laden? Aus einer hässlichen Antwort
ren zu bewundern, das im Louvre hängt. Heinrich VIII. hatte gerade
auf diese harmlos klingenden Worte erklären sich fast alle Überra­
seine dritte Gattin verloren und ließ von seinem Lordsiegel­bewahrer
schungen, die die Verantwortlichen zum Entsetzen ihrer Aktionäre
Thomas Cromwell den europäischen Kontinent nach einer heirats­
trotz anfänglich massiver Dementis dann doch immer wieder erei­
willigen Adligen absuchen. Die Situation wurde dadurch ein wenig
len. Wie Blitze aus heiterem Himmel.
erschwert, dass Heinrich VIII. an Depressionen litt, die er durch un­
Gestandene Fahrensleute aus Industrie und Handel sind demütiger
war er zu einem bewegungsunfähigen Koloss angewachsen. So
mäßiges Fressen und Saufen zu behandeln suchte. Im Zuge dessen
als die Heißsporne in Analystenkreisen. Reife Manager fragen: Was
ließ sich schlecht an Europas Höfen um Prinzessinnen freien. Die
kann ein Vorstand überhaupt wissen? Die Antwort darauf wird nur
Botschafter des Königshauses ließen die Aspirantinnen an Europas
geraunt. Alles war besser in inhabergeführten Unternehmen, hört
Höfen porträtieren. Bilder waren leichter zu transportieren als seine
man die alten Männer bei Rotary sagen. Die noch älteren Herren
Hoheit. Damit wurde Holbein beauftragt, der bei Hofe in höchsten
im Club träumen von Manufakturen, Handwerksbetrieben, in de­
Gnaden stand. Heinrich VIII. erwählte sich durch Betrachten der
nen die Aufsichtsdichte bis in die Seele der Beschäftigten und die
Bilder schließlich Anna aus Flamen und war sie noch vor Jahres­
Börsen der Kunden reichte. Und das Eigenkapital so beschaffen
frist leid. Der Hofstaat wusste davon zu berichten, dass die Dame in
war, dass man einen Banker einen jämmerlichen Wucherer nennen
völliger Unkenntnis einschlägiger bei Korpulenz angezeigter Prak­
konnte. Shakespeares Shylock wurde verachtet, wo große Kapi­
tiken gewesen sei, sodass sie das Nachtlager auch nach den ein
talien sich selbst gehörten. Tempi passati. Heute kaufst du einen
Dreivierteljahr währenden Versuchen als intakte Jungfrau verlassen
Laden, dessen Topmanagement in London sitzt, die Fertigung in
habe. Heinrich VIII. ließ Cromwell prüfen, wie er aus dem vermale­
Indien und dort in einem Bundesstaat, der klingt wie eine Gin-Mar­
deiten Ehevertrag wieder herauskäme, was Cromwell nicht bewerk­
ke, von der man aber gar nicht weiß, ob es sie überhaupt gibt. Was
stelligen konnte und mit dem Tod durch Köpfen zu bezahlen hatte.
aber auch egal ist, wenn man die Equity Story und die dazugehöri­
ge vermeintliche Fertigung zum x-Fachen nach vier Jahren weiter­
verkaufen kann.
Was lehrt uns das? Man hüte sich vor dem Hörensagen. Die wirk­
lich wichtigen Dinge im Leben lässt man sich nicht nur reporten.
Man probiert sie vor Vertragsschluss aus. Und zwar selbst. Hands
Da man in globalen Unternehmen nicht an allen Orten sein kann,
on. Wenn Sie das einem der Bubis bei Morton Glenfiddich Brothers
hat man ein Controlling, das das Wissen, die Daten und Fakten der
in der City erklären müssen, fragen Sie ihn einfach nach Henry VIII.
riesigen Unternehmenswelt akkumuliert, sodass die ganze Welt auf
Oder sagen Sie nur: The proof of the pudding is in the eating.
pwc: | april 2008
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pwc: Wissen
Die Ostküsten-Amerikanerin und Mathematikerin Marna Whittington ist seit 2002 bei Allianz Global Investors und pendelt regelmäßig zwischen den Kontinenten und Kulturen hin und her.
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pwc: | april 2008
Pendlerin
zwischen den Welten
Marna Whittington, Verwaltungsdirektorin von Allianz Global Investors, über
multikulturelle Synergien, notwendige Freiräume und harte Entscheidungen.
Von Beatrix Boutonnet
pwc: Frau Whittington, welche Vorteile bringt der Allianz die Tat­
­natürlich auch nicht ab. Oft muss man sich wirklich sagen: „Durch­
sache, dass Sie Amerikanerin sind?
atmen, nicht ärgerlich werden!“, wenn etwas schiefläuft.
Whittington: Da sind mehrere Dinge von Bedeutung. Es gibt nur
sehr wenige Unternehmen, die wirklich global aufgestellt sind und
Was läuft denn manchmal schief?
in allen wichtigen Märkten Investmentkompetenzen vorweisen kön­
Meist liegen die Ursachen für Missverständnisse in Kommunikati­
nen. Es ist daher wichtig, erfahrene Leute zu haben, die sich global
onsproblemen. Hier im Haus ist die Geschäftssprache oft Englisch.
und in den Teilmärkten auskennen. Der andere Punkt, warum aus­
Manchmal vergessen meine US-Kollegen, dass wir dadurch einen
gerechnet eine Amerikanerin ausgesucht wurde, ist meines Erach­
enormen Vorteil haben. Englisch wird überall gesprochen. Wir füh­
tens recht einfach. In den angelsächsischen Ländern haben wir die
len uns natürlich in unserer Muttersprache völlig zu Hause, kennen
längste Tradition im Bereich Investment Management. Wir haben
alle Feinheiten. Aber die anderen Kollegen sprechen noch zwei, drei
gut entwickelte Regulatorien, Baukastensysteme und Strukturen.
oder vier andere Sprachen. Für sie ist Englisch eine Fremdsprache.
Ich spreche daher nicht so schnell. Die Sprachhürde haben wir als
Wo sehen Sie Unterschiede zwischen Amerikanern und Deutschen?
Muttersprachler zu beachten. Das ist schon etwas, worauf man in
Wissen Sie, Amerikaner finden bei Problemen immer rasch
einem interkulturellen Team sehr achten muss.
­Lösungen. Deutsche dagegen gehen sehr analytisch vor und sind
sehr zielorientiert. Ich sage immer, wenn es uns gelingt, die Ergeb­
Sie pendeln scheinbar mühelos zwischen mehreren Nationalitäten,
nisorientierung der Amerikaner mit den analytischen und prozess­
Kontinenten und Kulturen. Können Sie einige Ihrer geheimen Tricks
technischen Fähigkeiten der Deutschen zu kombinieren, haben wir
verraten, wie Ihnen das gelingt?
die ideale Mischung.
Ich glaube, der wichtigste Punkt ist der: Ich will hier sein. Ich habe
es mir so ausgesucht. Ich liebe München. Es ist eine tolle Stadt
War es das, was Sie an diesem Job reizte?
mit einer idealen Größe, einer herrlichen Oper und einer wunderba­
Es war einfach eine tolle Chance. Die Allianz hatte als Konzern
ren Umgebung. Und beruflich gesehen haben wir bei der Allianz G I
­damals einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Sie suchten
eine große Aufgabe vor uns. Es gibt noch viel zu tun. Wir kommen
jemanden, der das Asset-Management-Geschäft auf- und ausbaut.
aber gut voran.
Die Allianz war dabei sehr fortschrittlich in ihrer Denkweise. Sie gab
für die Tochterunternehmen nur die Richtlinien vor und ließ ihnen
ansonsten möglichst viel Autonomie. Das hat mich gereizt.
Und wie funktioniert so ein globales Unternehmen?
Die Firma ist sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag aktiv.
Stellen Sie sich nur mal eine Konferenzschaltung zwischen Hong­
Welche Rolle hat multikulturelles Management für Sie?
kong, München, New York und Kalifornien vor – eine Konstellation,
Lassen Sie mich es mit einem Versuch erklären. Bei einem Test
die wir häufig haben. Da ist – übertragen gesprochen – immer einer
mussten Europäer, Amerikaner und Asiaten ein Aquarium mit drei
Fischen beschreiben. Während die Europäer und Amerikaner sich
auf die Fische konzentrierten, beschrieben die Asiaten die Pflanzen
und die Umgebung im Aquarium. Am besten wäre doch, wenn wir
Die (Be-)Herrscherin der Zahlen
die Fische und das Aquarium beschreiben würden, denn das eine
Marna Whittington kam im Januar 2002 als Verwaltungsdirekto­
nützt ohne das andere nichts. Die Synergien eines multikulturellen
rin (COO) zu Allianz Global Investors (Allianz G I). Parallel dazu
Teams sind meist sehr hoch.
ist sie seitdem auch CEO von Nicholas-Applegate. Das Tochter­
In der Theorie ist es einfach, unterschiedliche Kulturen zu einem
Team zu verschmelzen. In der Praxis ist das erheblich schwieriger ...
Das ist schon richtig. Aktuelle Studien belegen, dass rund 30 Pro­
zent der Auslandseinsätze gerade an diesen kulturellen Barrieren
scheitern. Doch viele der Schwierigkeiten sind durchaus lösbar,
unternehmen der Allianz SE gehört zu den fünf wichtigsten AssetManagern weltweit. Derzeit wird dort Anlagekapital in Höhe von
rund 1,3 Milliarden Euro betreut. Zuvor war die studierte Mathema­
tikerin im Asset-Management-Bereich bei Morgan Stanley Asset
Management und Miller, Anderson & Sherrerd, Executive-Vice-Prä­
wenn man dazu bereit ist. Ein wichtiger Punkt ist sicherlich, dass
sidentin und Finanzdirektorin (CFO) der Universität von Pennsyl­
all unsere Leute verstehen: Gerade diese Multinationalität ist unse­
vania und Finanzstaatssekretärin des Bundesstaats Delaware. Die
re Stärke. Außerdem macht es einfach Spaß, in einem internationa­
­gebürtige Amerikanerin aus Pennsylvania ist Mutter von zwei Töch­
len Team zu arbeiten. Es erweitert den Horizont. Konfliktfrei geht es
tern und Großmutter zweier Enkelinnen.
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37
pwc: Wissen
„Mitarbeiter sind für den Unternehmenserfolg inzwischen der entscheidende Faktor.“
im Schlafanzug. Diese Art zu arbeiten muss man schon mögen. Sie
klar. Am Anfang hatten sie sicherlich auch nicht alle Antworten pa-
müssen den Wunsch, alles zu kontrollieren, reduzieren können. Das
rat. Aber sie wollten in diesem Bereich wirklich gut werden. Und wir
ist für einige Kollegen hart. Viele sind es gewohnt, alles zu über-
in den Tochterunternehmen haben versucht, dieses Vertrauen nicht
wachen. Bei einem globalen Geschäft ist das nicht möglich. Sie
zu enttäuschen. Wir antworteten immer schnell und genau auf alle
müssen dennoch entspannt dabei bleiben, wenn Sie nicht mehr
Fragen, haben unsere Strategien, Ausführungen und Ergebnisse
alles bis ins Detail kontrollieren können. Sie benötigen eine gute
­offengelegt. Oft sind es ja die kleinen Dinge, die alles vorantreiben.
Prozessplanung, müssen zielorientiert arbeiten und ab und zu tief
Atem holen. Das Schlüsselwort dabei ist sicher „Vertrauen“. Man
Wie integrieren Sie diese internationale Mitarbeiterorientierung in
muss einfach lernen, Menschen zu vertrauen. Ein Beispiel: Ich spreche kein Chinesisch. Ich verstehe die chinesischen Verträge nicht.
den Geschäftsalltag? Ich muss daher meinen Mitarbeitern vor Ort vertrauen. In einem
uns müssen auch nicht alle gleich arbeiten. Das Asiengeschäft
Unsere Philosophie ist eigentlich die unseres Mutterkonzerns. Bei
­Inlandsgeschäft können Sie alle Dokumente lesen. In einem inter-
­unterscheidet sich sehr vom US-Geschäft und ebenso von Europa.
nationalen Geschäft ist das nicht immer der Fall. Natürlich müssen
In vielen Bereichen machen Freiräume mehr Sinn. Manchmal aber
Sie genau wissen, was Sie wollen, und die Richtlinien kennen, aber
muss eine Linie gefahren werden, wie beispielsweise im Financial
letztendlich müssen Sie sich auf die Mitarbeiter verlassen.
Reporting System. Als Konzern gibt es ja auch viele Vorteile, etwa
Sie sagten einmal, die Allianz ist eine sehr kluge Mutter. Was mein-
System für Lohnabrechnungen und für Unternehmensleistungen.
ten Sie mit dieser Aussage?
Ein Konzern ist mit einer Familie vergleichbar. Die Allianz hat schnell
So muss nicht jedes Unternehmen mit den Krankenkassen verhandeln. Unsere Tochterunternehmen wollen auch immer mehr gemein-
verstanden, dass der einzige Weg, einen multinationalen Konzern
sam arrangieren. Das ist ein Prozess des Verstehens und des Ver-
das Thema Einkaufsmacht: In den USA haben wir ein gemeinsames
erfolgreich zu führen, der ist, den Tochterunternehmen so viel Frei-
trauens. Es darf nicht vergessen werden: Was die Unternehmen so
heit wie möglich zu lassen. Viele Dachkonzerne haben damit Pro-
einsparen, können Sie im Analysebereich mehr ausgeben. Das wird
bleme. Sie glauben, alles muss bis ins Detail geregelt und vorge-
wirtschaftlich schnell eine einfache Entscheidung.
geben werden. Zudem ist der Bereich Asset-Management ein ganz
anderes Geschäft als Versicherungen. Das war der Allianz immer
Hatten Sie je Probleme in Ihren Führungspositionen, weil Sie eine
Frau sind?
In vielen Dingen macht das den Job herausfordernder. In der ers­
ten Zeit wurde ich hier immer als „die amerikanische Frau“ bezeichnet. Ich bin mir nicht sicher, ob das immer nur positiv gemeint war ...
Aber die Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Führungsverhalten bereichern ebenso wie die Vorteile unterschiedlicher Nationalitäten. Es bringt einen anderen Blick mit sich. Diese
Verschiedenartigkeit ist immer ein Plus. Manchmal dauern Prozesse
­dadurch ein bisschen länger, aber das Endergebnis ist besser.
Würden Sie sich als Teamplayer bezeichnen oder eher als Solistin?
Natürlich müssen Sie ergebnisorientiert arbeiten. Am Ende des
­Tages interessiert nur, was herauskommt. Da muss man schon hartnäckig sein. Das heißt natürlich nicht, dass Sie alles selbst machen
müssen. Jeder will Teil eines erfolgreichen Teams sein. Wenn alles
sehr gut läuft, vergessen alle schnell, wie hart es zwischendurch war.
Man muss Mitarbeiter immer für ihre Aufgabe begeistern im Hinblick
auf ein gemeinsames Ziel. Das ist ein Teil meines Jobs.
Und was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?
Mitarbeiter sind für den Unternehmenserfolg inzwischen der entscheidende Faktor. Als Führungskraft hat man die Aufgabe, auch
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pwc: | april 2008
zu sehen, dass die Mitarbeiter alle Werkzeuge zur Verfügung haben,
dass sie ihre Arbeit optimal erledigen können. Ist das nicht der Fall,
kommt es schnell zu Frustrationen.
Sie arbeiten in einem sensiblen Umfeld. Wie steht es mit „ethischen
Standards“ in Ihrem Unternehmen?
Wir nehmen diesen Punkt sehr, sehr ernst. Erstens vertrauen uns
die Menschen ihre Ersparnisse an. Oft sind das Gelder für ihre Pension, gewissermaßen für ihre Träume. Wir müssen daher sicherstel-
grieren. Kreativität und ein richtiges Werteverständnis sind dabei
len, dass das Kundeninteresse immer vor den eigenen Interessen
wichtig. Gerade bei Übernahmen entscheiden persönliche Verlet-
kommt. Zweitens müssen wir Manager sicherstellen, dass die An-
zungen, Emotionen, die ganze Bandbreite menschlicher Faktoren
gestellten diese Standards erfüllen können. Wir sind verantwortlich.
oft darüber, ob es klappt oder nicht. Da ist viel Fingerspitzengefühl
Wenn es nicht klappt, ist es unser Verschulden und nicht das unse-
vonnöten.
rer Angestellten.
Das ist sicher nicht so schwer, wenn die Unternehmenszahlen nach
Sie unterstützen seit Langem soziale Einrichtungen und leiten Mit­
oben klettern. Was ist, wenn das mal nicht so klappt?
arbeiter zu sozialem Engagement an ...
Dann müssen Sie harte Entscheidungen treffen. Das ist besonders
In den USA ist soziales Engagement in den Firmen üblich. Es gibt
schwer hier in Deutschland, durch die anders geprägte Unterneh-
eigene Budgets dafür. Da wird in der lokalen Suppenküche gekocht,
menskultur. Harte Schnitte sind nie einfach. Sie bereiten den meis­
für Waisen gesammelt oder der Strand gesäubert. Untersuchungen
ten Managern Kopfzerbrechen. Doch sie müssen gemacht werden.
zeigen, dass Firmen, die sich gemeinsam sozial engagieren, deut-
Das ist man den Mitarbeitern schuldig. Und seien wir ehrlich: Wenn
lich erfolgreicher sind. In Deutschland fehlt diese Tradition. Das liegt
etwas schiefläuft, wissen es die Betreffenden sowieso meist selbst.
vielleicht daran, dass sich der Staat um alles kümmert. Dafür zahlen
Sie hohe Steuern. In den USA ist das anders. Aber auch hier ändert
Der Preis für Macht ist häufig ein deutlicher Mangel an Lebensquali-
sich einiges. Bei der Allianz machen wir schon vieles, unterstützen
tät, sagen viele Manager. Können Sie dem zustimmen?
beispielsweise ­Kinderhospitäler oder Waisenhäuser.
Nein, nicht wirklich. Ich glaube, es ist eine Frage der inneren Ein-
Motivation ist eine der wichtigsten Schlüsselqualifikationen für
qualität in Verbindung bringen. Ich sitze viel im Flugzeug, meine
­Manager. Woran liegt es, dass viele daran scheitern?
Abende verbringe ich oft im Büro, und an Wochenenden arbeite ich
stellung. Viele Menschen würden mein Leben nicht mit viel Lebens-
Sie müssen sich für die Mitarbeiter interessieren und ihnen ver-
häufig. Für mich aber ist dieser Job eine große Herausforderung.
ständlich machen, warum sie etwas machen, was ihre Rolle in dem
Ich mag die Leute, mit denen ich arbeite. Genau so kann ich aber
Ganzen ist. Das meinte ich eingangs mit den guten Fähigkeiten
meine Familie genießen, wenn ich freihabe. Ich denke wirklich, man
der Deutschen, Prozesse organisieren zu können. Die Mitarbeiter
hat im Leben Wahlmöglichkeiten. Wenn ich mein Leben so nicht
müssen verstehen, wie die Dinge ablaufen. Das ist oft schwierig
mögen würde, dann hätte ich eine andere Wahl treffen müssen. Ich
in die Realität umzusetzen. Auch wir arbeiten ständig daran. Man
bin der Meinung, wenn jemand seinen Job nicht mag, dann hat er
darf ja nicht vergessen, wir sind ein neues Unternehmen. Die darin
sich selbst, aber auch der Firma gegenüber, die Verpflichtung, sich
verschmolzenen Firmen wurden zugekauft. Da prallen schnell un-
etwas Passenderes zu suchen. Es gibt keine einheitliche Lösung.
terschiedliche Vorstellungen und Kulturen aufeinander. Wir versu-
Für unterschiedliche Menschen gelten einfach unterschiedliche Mo-
chen, diese Unterschiede in unserem Unternehmen gut zu inte-
delle – wie in multikulturellen Konzernen auch.
Die Amerikanerin in Allianz-Diensten möchte das Po- Kontakt
sitive aus zwei Kulturen kombinieren: die Ergebniswww.allianzglobalinvestors.de
orientierung ihrer Landsleute mit den analytischen
und prozesstechnischen Fähigkeiten der Deutschen.
pwc: | april 2008
39
pwc: Wissen
40
Wie hoch der Geldsegen durch Landesbürgschaften
sein darf, kann man exakt berechnen.
pwc: | april 2008
Bürgen statt borgen
Die EU-Kommission hatte sie abgeschafft. Jetzt sind Landesbürgschaften zur
Wirtschaftsförderung wieder möglich – dank eines neuen EU-Beihilferechners.
Von Michael Gneuss
Der Weg zur Bürgschaft
Kommission in puncto Transparenz von öf-
Schalke 04, gekostet. Für 87 Millionen Euro
Landesbürgschaften werden für Kredite frei
kann. Abhängig ist der Beihilfewert von der
baute Borussia Mönchengladbach sei-
wählbarer Banken zu maximal 80 Prozent
Ausfallwahrscheinlichkeit, der Laufzeit, den
Rund 183 Millionen Euro hat der Bau der
Veltins-Arena, der Sportstätte des FC
fentlichen Fördermaßnahmen erfüllt werden
nen Borussia-Park. Das ist viel Geld, aber
übernommen. Voraussetzung dafür ist ein
verfügbaren Sicherheiten sowie der vom
die modernen Stadien sind auch mehr als
Förderinteresse der Bürgen: Es muss einen
Kreditnehmer zu zahlenden Bürgschafts­
Fußballplätze – sie werden für Veranstal-
volkswirtschaftlichen Nutzen geben. Zu-
tungen vielfältiger Art genutzt, schaffen
Arbeits­plätze und machen die Region attraktiver. Auf den Weg gebracht wurden diese ­Projekte mithilfe von Landesbürgschaften. ­„Diese Möglichkeit hat sehr geholfen,
dem müssen die Vorhaben nachhaltig trag­
fähig erscheinen, die Rückzahlungsfähigkeit
muss gewährleistet sein. PwC prüft dann
die Solidität des Vorhabens mithilfe des
provision. Im September 2007 wurde der
Beihilferechner von der EU-Kommission
für die Bürgschaften zu Investitionskrediten
­genehmigt. Die Erweiterung auf Betriebsmittelkredite folgte im November. „Damit
waren die öffentlichen Bürgschaften geret-
auf dem Weg des Strukturwandels große
Beihilferechners. Unternehmen, die sich für
Investitionen auch im Bereich Freizeit und
eine Landesbürgschaft interessieren, sollten
öffentlichen Bürgschaften, die in Deutsch-
Sport zu realisieren“, sagt Bernd Papen-
sich zunächst an ihre Bank wenden.
land genehmigt werden, angewandt wer-
stein, bei PricewaterhouseCoopers (PwC)
tet. Das Rechenmodell muss jetzt für alle
den“, sagt PwC-Mitarbeiterin Annika Schatz,
die Anfragen aus ganz Deutschland zu
in der ­Beratung für Kunden der öffentlichen
Hand tätig. Und die Banken waren auf der
1.000 Projekte mit einem Volumen von etwa
­Methode und Rechner beantwortet. „Seit-
­sicheren Seite – im Falle einer Insolvenz
2 Milliarden Euro. Aus Sicht der Landesregie-
dem gibt es auch wieder Projekte, die über
wäre das Land eingesprungen.
rung sind die Landesbürgschaften günstiger
Bürgschaften finanziert werden.“
und wirkungsvoller als Zuschüsse. „AndeNeben Sportstadien wurden in Nordrhein-
re Verfahren zur Förderung sind viel aufwen-
Westfalen auf diese Weise auch komplett
diger oder inzwischen nicht mehr zulässig“,
schaften für Sanierungsmaßnahmen und
neue Fabriken für Lasertechnik sowie Flug-
sagt Joachim Neuser, Sprecher des Ministe-
Wachstumsfinanzierungen eingesetzt. „Hier
simulatoren für das Training von A380-Be-
riums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie
wären viele Firmen ohne Landesbürgschaf-
satzungen finanziert. Unternehmen konnten
in NRW.
so investieren, Technologieprojekte anschie-
In den neuen Bundesländern werden Bürg-
ten gar nicht entstanden. Oder längst wieder verschwunden“, sagt Peter Koch, der
ben oder einfach nur Betriebsmittel beschaf-
Mitte vergangenen Jahres aber stoppte die
das Bürgschaftsgeschäft von PwC in Mag-
fen. Auch Rungis Express in Meckenheim hat
EU-Kommission die Förderung: Die Bürg-
deburg betreut. Auch außerhalb Deutsch-
eine Bürgschaft vom Land Nordrhein-Westfa-
schaften seien zu intransparent, so das
lands zeigen immer mehr Länder Interes-
len (NRW) erhalten. Der Feinkost-Großhänd-
­Argument. Bis dahin wurde der Beihilfewert
se – etwa Italien und Portugal. „Lösungen
ler für Topgastronomen, Hotels und Restau-
pauschal mit 0,5 Prozent des Bürgschafts-
für EU-beihilferechtliche Probleme werden
rants sichert damit Kredite ab, die für neue
betrags angesetzt. „Das alte Verfahren traf
künftig eher noch mehr nachgefragt wer-
Kühlaggregate und Maschinen ­nötig wurden.
tatsächlich nicht die wirkliche Höhe der Bei-
den“, ist Papenstein überzeugt. „Die EU-
„Mit einem Teil der Gelder können wir auch
hilfe und war daher nicht haltbar“, sagt Pa-
Kommission wird auch in Zukunft da­rauf
unsere Umlaufmittel erhöhen“, sagt Daniel
penstein. So entwickelten er und sein Team
drängen, dass Fördermaßnahmen in ihrer
A. Witt, der bei Rungis Express für das Busi-
ein neues Rechenverfahren, mit dem eine
Wirkungsweise transparent sind, und die
ness Development zuständig ist. Insgesamt
realistische Größenordnung für den Beihilfe­
Anwendung der Instrumente andernfalls un-
bürgt das Bundesland NRW aktuell für rund
wert ermittelt und die Anforderung der EU-
terbinden.“
Landesbürgschaften sind wirkungsvoller und
günstiger als Zuschüsse. Unternehmen können
sie für jede Art von Vorhaben nutzen, auch für
­Investitionen oder zusätzliche Betriebsmittel.
pwc: | april 2008
Kontakt
[email protected]
Tel. 0211 981-2639
Online-Info:
www.pwc.de/de/beihilfewertrechner
41
pwc: Lösungen
Wo der Mitarbeiter König wird
Berufseinsteiger wollten natürlich schon
umfassendere Gegenleistungen von den Ar-
immer ein gutes Gehalt bekommen und
beitgebern als bislang üblich“, kommentiert
Karriere machen. Heute kommt allerdings
Louis de Vries, Leiter Human Resources bei
ein wichtiger Punkt hinzu: Neun von zehn
PwC, das Studien­ergebnis. Personalabtei-
Nachwuchskräften erwarten von ihren potenziellen Arbeitgebern, dass die Firmen-
Talente zu binden, sollten sie sich entwe-
philosophie ihrem eigenen Wertekanon
der um viele Aspekte des täglichen Lebens
entspricht. Das ergab die jüngste Studie
kümmern: Gesundheitsversorgung, Kinder-
lungen müssen sich folglich umstellen. Um
von PwC zur Personalentwicklung, „Ma-
betreuung und die Wohnung ihrer Mitarbei-
naging Tomorrow’s People: The Future of
ter. Oder aber den Kontakt auf ein Minimum
Work to 2020“. Für rund 90 Prozent der
beschränken: Angestellte arbeiten individu-
amerikanischen und etwa 87 Prozent der
ell und auf Projektbasis, sodass für ein klas-
chinesischen Hochschulabsolventen ist die
sisches Human-Resources-Management
Unternehmensethik ein wichtiges Auswahlkriterium künftiger Arbeitgeber. Die Briten
wurden knapp 3.000 Absolventen aus Chi-
kaum noch Bedarf besteht. Für die Studie
sehen das gelassener: Nur sieben von zehn
na, Großbritannien und den USA befragt.
erachten diesen Aspekt als wichtig. „Die
Die Arbeitswelt-Szenarien entwickelte PwC
befragten Absolventen wissen, dass ihre
gemeinsam mit dem James Martin Institute
Arbeitswelt eine andere ist als die ihrer Eltern. Flexibilität und Internationalität sind für
for Science and Civilization der Saïd Business School in Oxford. ­
sie selbstverständlich, sie erwarten jedoch
Online-Info: www.pwc.de/de/futureofwork
For Members Only
Die Oscar-Geheimnisträger
Auch PwC hat ihn nun – einen
Nichts bleibt geheim in Hollywood. Außer der wich-
Alumniclub. Seit Januar kön-
tigsten aller Nachrichten für die Metropole der Stars
nen ehemalige Mitarbeiter dem
„PwC XChange-Club Deutschland“ beitreten. Das Ziel: Beziehungspflege zum „Ex“, auch
nach dem Ausscheiden aus
und des Klatsches: die Namen der Oscar-Preisträger. Niemals in der 80-jährigen Geschichte der
Academy Awards sickerte im Vorfeld der Name
eines Gewinners durch. Und seit 74 Jahren ist
dafür PwC verantwortlich. Zwei PwC-Mitarbeiter,
dem Unternehmen. Damit sol-
Brad Oltmanns und Rick Rosas, sind die einzigen
len die Chancen auf ein firmen-
Menschen, die vor der Preisverleihung die Gewinner kennen. Sie leiten das Auszählungsverfahren,
übergreifendes Netzwerk erhöht
werden. Eingeladen sind alle Ehemaligen, die länger als zwei Jah-
das komplett ohne maschinelle Hilfe durchgeführt
re im Unternehmen waren. Der Club profitiert von der technischen
wird, und sie transportieren die Umschläge mit den
Sieger­namen zum Ort der Preisverleihung. Vernetzung zweier Plattformen: Auf der professionellen NetworkingPlattform Xing wurde eine PwC Alumnigruppe eingerichtet. Zudem
In den vergangenen 74 Jahren waren ins-
wurde der Zugang zu einem geschützten Alumnibereich im PwC-Internetportal geschaffen, wo Informationen von PwC, Seminarhin-
gesamt erst zwölf PwC-Mitarbeiter für die Oscars zuständig. Oltmanns ist im vierten
weise und vieles mehr zu finden sind. Jahr dabei, für Rosas war es die siebte
Online-Info: www.pwc.de/de/alumni
Auszählung.
42
pwc: | april 2008
Meldepflichtige Toaster
Die Hersteller und Vertreiber von Elektro- und Elektronikgeräten müssen Arten und Mengen der von
ihnen erstmals in den Verkehr gebrachten Geräte
sowie der von ihnen gesammelten, wiederverwendeten und ausgeführten Altgeräte an die Stiftung EAR
(Elektro-Altgeräte Register) melden. Egal, ob Fernseher oder Toaster, Staubsauger oder Handy. Dazu
verpflichtet sie der Gesetzgeber. Die EAR-Stiftung
kann jederzeit die Bestätigung der Nachweise zu den
Meldungen durch einen unabhängigen Sachverständigen verlangen. Dadurch fühlt sich so mancher überfordert.
Denn die bereits bestehenden IT-Systeme und Prozesse verfügen
mer wieder tauchen Fragen auf: Wer unterliegt der Meldepflicht? Welche Pflichten haben
Drei Fragen an ...
... Claudia Nestler
die Hersteller genau zu erfüllen? Welche Geräte müssen gemeldet werden? Wie können die
zur außergerichtlichen Konfliktbearbeitung
nicht über ausreichende Funktionen, um die Ermittlung und Meldung effizient durchführen
zu können. Der Kostendruck ist hoch, die Unsicherheit der Meldeverpflichteten ist groß. Im-
Mengen gesetzeskonform ermittelt werden? Die Experten von PwC haben Antworten auf
all diese Fragen und unterstützen Hersteller wie Vertreiber, indem sie deren IT-Systeme hin-
pwc: Wie tragen Unternehmen hierzulande
sichtlich der Ordnungsmäßigkeit, der Systemsicherheit und der gesetzeskonformen Abbil-
ihre Konflikte untereinander aus?
dung prüfen. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc288
Nestler: In Deutschland überwiegend durch
Verhandlung. Scheitert sie, werden Differenzen vor Gericht ausgetragen. Leider. Dabei werden alternative Verfahren ausgeblen-
0211 981-7319
det, obwohl sie zahlreiche Vorteile bieten.
Und warum werden andere Möglichkeiten
der Konfliktbeilegung so selten genutzt?
ist die Telefonnummer der India Business Group in Deutschland, die von Hansjoachim
Unkenntnis über alternative Verfahren und
­Köhler geleitet wird. Indien ist zurzeit in aller Munde, nicht nur als Herkunftsland des bil-
deren Ablauf sowie geringe Praxiserfahrung
ligsten Autos der Welt, sondern ebenso als Automobilabsatzmarkt sowie als IT- und Stahl-
sind dafür verantwortlich. Oft sind es aber
Standort. Es lockt als Zukunftsmarkt aufgrund seines starken Wachstums, steigender
auch mangelnde interne Kommunikation
Einkommen und damit einer kaufwilligen Mittelschicht. Seit 2003 wächst die indische
oder der Widerstand der Geschäftsleitung.
Wirtschaft im Durchschnitt jährlich um 8 bis 9 Prozent, Tendenz steigend. Ausländischen
Unternehmen eröffnen sich neue Marktchancen. Es erwarten sie ein freundliches Investi­
Was muss sich ändern, damit Unternehmen
tionsklima sowie Steuervergünstigungen, etwa für Exporttätigkeiten. Andererseits ist die
sich außergerichtlich einigen können?
Infrastruktur noch in der Entwicklung. Die India Business Group unterstützt Geschäftsleute
Die Unternehmensjuristen müssen künftig
dabei, gemeinsam mit indischen PwC-Kollegen den richtigen Weg zum guten Geschäft zu
auch Konfliktmanager sein und darin zu-
finden. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc289
sätzlich geschult werden. Nur dann können
sie maßgeschneiderte Informationen zur außergerichtlichen Konfliktbearbeitung liefern.
Europas Top-Arbeitgeber
Die Favoriten der BWLer
Europa-Ranking: Die beliebtesten Arbeitgeber der Wirtschaftswissenschaftler
Rang 2007 (2006)
1
(1)
2
(6)
3
(5)
4
5
6
7
8
9
10
(7)
(2)
(12)
(8)
(3)
(13)
(21)
Quelle: Trendence-Institut 2007
pwc: | april 2008
Unternehmen
L´Oréal
PwC
Coca-Cola
Ernst & Young
Adidas
Apple
Nokia
BMW
Deloitte
Microsoft
Im Wettstreit um die größten Talente müssen sich deutsche Konzerne künftig noch
mehr ins Zeug legen. Denn sie rutschen in
der Gunst europäischer Wirtschafts- und
Technikstudenten ab. Nur BMW, Porsche
und Adidas halten sich noch wacker im
Kampf um den Nachwuchs. Dennoch sind
auch sie lange nicht mehr so beliebt wie
früher. Das zeigt das fünfte European Student Barometer des Berliner Trendence-Instituts. Platz eins hat bei BWL­ern L´Oréal
inne. Der französische Kosmetikkonzern lag
schon 2006 vorne. An zweiter Stelle folgt
gleich PwC als beliebtester Arbeitgeber.
Stark gewonnen haben auch Coca-Cola,
Microsoft und Apple. Sie sind in der Gunst
Claudia Nestler ist Expertin für Forensic
der Absolventen deutlich gestiegen.
Accounting Services bei PwC.
43
pwc: Lösungen
Steppenwölfe heulen nicht mit den Wölfen, doch wenn im Kapitalismus das Wolfsgesetz herrschte, müssten alle Unternehmen von Paaren geführt werden, wie das Rudel von Leitwolf und -wölfin. Aber die tapfersten Pärchen der Welt sind natürlich die Königspinguin-
Eltern (Foto: Alexander von Reiswitz).
44
pwc: | april 2008
Das Tier in mir
Die Wölfe-Strategie, das Pinguin-Prinzip, der Mäuse-Faktor: Tierbilder in Büchern
haben zwar wenig mit Management zu tun, aber viel mit Marketing.
Von Johanna Lutteroth und Susanne Osadnik
pwc: | april 2008
45
pwc: Lösungen
Böse Zungen könnten behaupten, die Ma-
dieser sogenannten Parabelbücher haben es
wenn, dann müsse es unterhaltsam sein.
nagementliteratur ginge vor die Hunde. Aber
sogar bis ganz oben auf die Bestsellerlisten
Ob sie diese Bücher, die „die Länge einer
des Menschen bester Freund, der Hund,
geschafft. Dazu zählen etwa „Das Pinguin-
Zugfahrt“ haben, auch wirklich immer ­lesen,
scheint der Einzige zu sein, der nicht für Stra-
Prinzip“ von John Kotter oder „Die Mäuse-
wagt Hagen zu bezweifeln. „Aber sie reden
tegien, Verhaltensweisen und Entspannungs-
Strategie für Manager“ von Spencer Johnson,
darüber.“ Auch in seinen Seminaren. „Die
übungen herhalten muss: als gefiederter,
die schon vor fünf Jahren allein in den USA
geschuppter, gehörnter oder pelziger Krück-
über zwölf Millionen Mal verkauft wurde. Was
tierischen Metaphern sind plakativ und berühren sehr stark“, so Hagen. „Und sie er-
stock, auf den sich gestresste oder Hilfe su-
ist also dran an dieser Literatur?
chende Manager stützen können. In den Re-
reichen die zahlengetriebenen Manager
offenbar – trotz sonstiger Reizüberflutung.“
galen der Buchhandlungen wimmelt es seit
Für Martin Hagen, Managementtrainer und
Jahren nur so von Mäusen, Adlern, Frö­schen,
Geschäftsführer der Augsburger Unter-
Fisch, Maus und Kakerlake demnächst ein
Spinnen, Bären und Pinguinen, die teils mit
nehmensberatung Hauserconsulting, liegt
Binsenweisheiten und Analogien aus der
das Erfolgsgeheimnis in der Verständlich-
weiteres Tier in den Regalen der Buchhandlungen auftauchte: das Pferd. „Es ist ein
Tierwelt aufwarten und die komplexe globalisierte Wirtschaftswelt in Form von Ratgebern
keit dieser Bücher. „Sie erklären schwie-
archaisches Symbol, lebt schon ewig mit
rige Sachverhalte sehr einfach, und die
uns Menschen und ist deshalb eine starke
Botschaft bleibt sofort hängen“, so Hagen.
Metapher“, erklärt Hagen. Managerseminare, in denen Pferde gekuschelt, damit soge-
zu erklären versuchen. Und den Damen und
Herren mit Führungsauftrag helfen sollen, die
richtigen Entscheidungen zu treffen. Einige
„Manager mögen das, weil es so praktisch
ist und sie ohnehin nicht gerne lesen.“ Und
Ihn würde es nicht überraschen, wenn nach
nannte vertrauensbildende Verhaltensweisen erlernt werden können, sind ohnehin
gerade en vogue.
Tierische Büchertipps
Bis das Pferd auch als Ratgeber dient,
Das wohl berühmteste
Vermutlich hatte es Erich Kästner 1949
müssen zunächst andere Mehrbeiner und
Zitat dieser Allegorie
satt: Zwei Weltkriege waren das Ergebnis
auch Wirbellose als Stichwortgeber her-
auf die russische Ok-
­menschlichen Unvermögens ­gewesen. In
halten. Johannes Voss etwa ist auf den
toberrevolution 1918
seiner „Konferenz der Tiere“ sind es Elefant,
Wolf gekommen. Wer das Verhalten von
und die Machtüber-
Löwe, Giraffe & Co., die endgültig die Ge-
Wölfen beobachtet, kann auch Projekte er-
nahme Russlands
duld mit den Menschen verlieren, weil die nur
durch die Kommunis­
Schlechtes zustande bringen: Krieg, Hungers-
ten von George Orwell
nöte, Krankheiten – und ergebnislose Kon-
aus dem Jahr 1945
ferenzen veranstalten. So laden die Tiere zur
folgreich managen, so die Botschaft seines
Buchs „Von Wölfen lernen“. Denn Wölfe
streiten sich im Rudel um zu wenig Beute,
fechten Revierkämpfe aus, und am Ende
des Tages heulen sie mit den Kumpels dann
lautet: „Alle Tiere sind gleich.“ Im Verlauf der
allerersten Konferenz der Tiere, parallel zur
Handlung wird daraus: „Alle Tiere sind gleich,
87. Konferenz der Menschen, und fordern von
aber manche Tiere sind gleicher.“ Wenn
ihnen, sich zu verpflichten, nie wieder Kriege
Grenzen der Angst“ bedient sich der am
Schweine, Hühner, Schafe, Gänse und Kühe
zu führen. Die Menschen lehnen anfangs ab –
meisten gefürchteten, aber auch beeindru­
den Farmer und seine Frau vom Land ver-
doch die Tiere lassen sich auf keinerlei Kom-
ckendsten Meeresbewohner, der Haie, als
treiben, um ihr Schicksal selbst in die Hand
promisse ein. Als die Friedensverhandlungen
zu nehmen, sind sie voller Hoffnung auf ein
zur scheitern drohen, entführen sie weltweit
selbstbestimmtes Leben. Aber schon bald
alle Menschenkinder.
übernehmen die Schweine das Regiment
Das bringt den ge-
und installieren ein Terrorregime. Am Ende
wünschten Erfolg, und
geht es allen noch viel schlechter als zuvor.
die Menschen lenken
gemeinen Küchenschabe das ultimative
doch wieder gemeinsam. Sonja Buholzers
„Shark Leadership. Management hinter den
Demonstrationsobjekt. Als ambitionierte
Taucherin habe sie deren Verhaltensweisen
hautnah erleben können – und ist der Ansicht, dass Führungskräfte aus Wirtschaft
und Politik von den Raubfischen lernen
können. Craig Hovey hingegen sieht in der
Und die unter­geordneten Tiere sehen keinen
ein. Leider ist diese tie-
Unterschied mehr zwischen Menschen und
rische Utopie Kästners
Lernvorbild. „Die Kakerlaken-Strategie“ beschreibt die zehn Gebote der Schabe, mit
Schweinen.
eine solche geblieben.
denen auch wir überleben können. Schließ-
46
pwc: | april 2008
Die Katze lässt das Mausen nicht, und die Maus nicht das Käsen. Sie ist der treuste Gefährte des Menschen und in seinem Gefolge ein Global Player. Ihre Wachstumsdynamik lässt jeden Konzern vor Neid erblassen: 3.000 Prozent Bevölkerungszunahme pro Jahr sind locker drin.
pwc: | april 2008
47
pwc: Lösungen
Mit Adleraugen könnte man bestimmt auch noch das kleinste Loch in der Bilanz erkennen. Doch obwohl er Wappentier der USA ist: Zum
König der Tiere hat es für den Adler nie gereicht, nur zum König der Lüfte (Foto: Alexander von Reiswitz).
48
pwc: | april 2008
lich sind die Kakerlaken die wahren Über-
schicht’: Gib’ keine Befehle, die man nicht
zum Lösungsfinder wird, weiß indes Arde­
lebenskünstler, die angeblich sogar einen
vollbringen kann und tadle andere nicht für
schyr­ Hagmaier, Autor von „Ente oder Ad-
Atomkrieg überstehen würden. Wer durch-
Fehler, die Du selbst begehst.“
kommt, überlebt und dadurch gewinnt,
ler“. Während die Ente, der Problemsucher,
auf dem See herumpaddelt und nur eine
macht laut Hovey doch etwas richtig. Zwei
Inhaltlich hat sich in den vergangenen 2.500
begrenzte Sicht hat, schwebt der Adler in
seiner wichtigsten Regeln: „Lass Dir Au-
Jahren sicher kaum etwas an den Botschaf-
der Luft und hat den Überblick. Und weil es
ten solcher Fabeln geändert. Die Welt ist
so einfach ist, zeigt Hagmaier auch gleich,
„Mach Dich aus dem Staub, bevor das Licht
zwar komplizierter geworden, die zwischen-
wie man diesen Adler in sich selbst findet.
angeht“. Und auch die letzthin viel geschol-
menschlichen Beziehungen scheitern aber
gen am Hinterkopf wachsen“ und vor allem
tene Heuschrecke hat es auf den Titel ge-
meist an denselben Ursachen wie einst.
schafft. In ihrem Buch „Der Heuschrecken-
Also im Grunde nichts Neues. Damals wie
in „Der Seestern und die Spinne“ weniger
Faktor“ geht Angela Maier der Frage nach:
heute werden einfache Rezepte für kom-
um das Individuum. Sie haben Größeres
Sind Private-Equity-Gesellschaften tatsäch-
plizierte Lebens- und Arbeitsumstände ge-
im Sinn: Was haben die Musiktauschbörse
lich Räuber oder doch eher Robin Hoods?
sucht. Heutzutage sind sie als leicht verdau-
Napster, die freie Enzyklopädie Wikipedia
liche Buchkost verpackt, die so manchem
und das Terrornetzwerk Al Kaida gemein?
Über den geistigen Nährwert vieler dieser
schwer im Magen liegt. „Im Alltag scheitert
Und warum sind sie so erfolgreich? Die Er-
Bücher lässt sich sicherlich streiten, über
die Umsetzung der Ratschläge in der Regel,
klärung: Alle drei haben weder eine formale
deren wirtschaftlichen Erfolg nicht. Sie
weil das Leben weitaus komplexer ist, als
Organisation noch eine erkennbare Hierarchie. Je chaotischer und dezentraler eine
Ori Brafman und Rod Beckstrom geht es
werden gekauft. Und ab und zu gelesen.
es in diesen Büchern suggeriert wird“, mo-
Auch wenn sie eigentlich nur von Stereo-
niert etwa Günther Schackmann, Chef des
Institution, desto widerstandsfähiger sei sie
typen und Zuschreibungen menschlicher
österreichischen Beratungshauses Key-
auch, so die Autoren. Sie gleiche dann ei-
Eigenschaften leben: der dumme Esel, der
train. Und Zoologen wie Ralf Wanker von
nem Seestern, der über ein hervorragendes
schlaue Fuchs, der mutige Löwe oder der
der Universität Hamburg sparen nicht mit
Reproduktionsprinzip verfüge: Reißt man
weise Rabe. Sie verkörpern Menschen im
grundsätzlicher Kritik an den tierischen Ver-
ihm ein Bein aus, wächst ein neues nach,
Büroalltag, erleiden ein gedachtes Schick-
gleichen. „Ich bin sicher, dass wir von den
und aus dem abgerissenen Bein entsteht
sal oder sind erfolgreich. Damit zeigen sie:
Tieren etwas lernen können. Das gilt vor
ein neuer Stern. Entfernt man hingegen der
Das könntest auch Du sein. Und genau das
allem für die Prinzipien, die bei mehreren
Spinne den Kopf, stirbt sie. „Spinnen-Un-
haben die Autoren erkannt. „Sie nutzen die-
Tierarten auftauchen“, sagt Wanker. „Die
ternehmen“ sollten folglich schnell die See-
se Bilder, die wir alle kennen und die zum
Autoren beziehen sich aber meist nur auf
sternorganisation einführen.
Teil sogar im aktiven Sprachgebrauch sind,
Teilaspekte des tierischen Verhaltens, ohne
ganz bewusst“, sagt Eberhard von Rund-
dabei in die Tiefe zu gehen.“ Die Kritik von
Die Moral solcher Geschichten ist meist so
stedt, Chef und ­Inhaber der Personalbera-
Ulrich Sollmann, Coach und Berater aus
simpel, dass sie ein Festmahl für jeden Ka-
tung von Rundstedt. „Dabei geht es ihnen
Bochum, ist ebenfalls deutlich. Vor allem,
rikaturisten ist. „Die Mäuse-Strategie“, der
nicht darum, gemäß der ursprünglichen
wenn es um Buchtitel zur Selbstmotivation­
Klassiker unter den tierischen Ratgebern,
Funktion der Parabel gesellschaftliche, po-
und Selbstorganisation geht. „Es ist naiv
litische und religiöse Zustände zu kritisie-
und töricht, aus diesen tierischen Analogien­
inspirierte zahlreiche Autoren zu Titeln wie
„Who Stole My Cheese?!!“ von Ilene Hoch-
ren. Sie wollen vielmehr ihre oft komplexen
Methoden abzuleiten“, so Sollmann. „Da
berg – ein Erfahrungsbericht von Mitarbei-
Ideen­ einem breiten Publikum vermitteln.“
wird dem Manager vorgegaukelt: Wenn Du
tern in der Ära nach Enron. Oder auch zu
nur richtig systematisierst, kannst Du Dei-
„Who Cut the Cheese?“ von Mason Brown,
Der Urvater der Fabeldichtung hatte da
ne Aufgaben besser erfüllen.“ Für Sollmann
erschienen unter dem Pseudonym Dr. med.
noch anderes im Sinn. Äsop, ein griechi-
ist das eine Illusion, „weil Manager ständig
Stilton Jarlsberg, oder „Nobody Moved
scher Sklave, der um 600 vor Christus ge-
neue Prioritäten setzen, auch mehrmals am
Your Cheese“ von Ross Shafer. Schon der
lebt haben soll, gilt als Schöpfer der ersten
Tag“. Da reicht eine Binsenweisheit von Au-
Text auf dem Buchumschlag lässt erkennen,
tierischen Geschichten, die den Menschen
toren wie Lothar Seiwert nicht aus. „In der
was der Autor eigentlich von Tierfabeln hält:
mit Witz und Heiterkeit weise Ratschläge
Ruhe liegt die Kraft“, heißt es etwa in „Die
„Ross Shafer war ein unglücklicher Manager
erteilen sollten. Bei ihm hört sich das so
Bären-Strategie“. Bären haben ein dickes
einer Kleintierhandlung, bevor er beschloss,
an: „‚Geh’ doch geradeaus und vorwärts!‘,
Fell und sind gelassen. Mit dieser Einstel-
die Karriere- und Erfolgsexperten zu igno-
rief einem jungen Krebs seine Mutter zu.
lung ließen sich Zeitnot und Hektik aus
rieren. Er wurde Comedian, TV-Produzent
‚Von Herzen gerne, liebe Mutter‘, antworte-
dem Leben verbannen. In Seiwerts Parabel
und sechsfacher Emmy-Gewinner.“
te dieser. ‚Nur möchte ich es Dich ebenso
bringt der Bär der pflichtbewussten Eule,
machen sehen.‘ Jedoch vergeblich war der
dem hektischen Hasen und der emsigen
Mutter Anstrengung und sichtbar ihre Klü-
Biene bei, wie sie delegieren und so Zeit
gelei und Tadelsucht. Die Moral von der Ge-
gewinnen. Wie man vom Problemsucher
Tierische Managementbücher landen heute sogar
auf den Bestenlisten bekannter Magazine. Fachleute stufen diese Literatur aber nur als Spaßlektüre ein: als ernsthafter Ratgeber nicht geeignet.
pwc: | april 2008
Weitere Informationen
www.managementbuch.de
www.managementbuecher.de
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pwc: Lösungen
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pwc: | april 2008
Was Leipzig bewegt
Über die Liberalisierung des öffentlichen Nahverkehrs diskutiert
die EU seit Jahren. Die Leipziger Verkehrsbetriebe fühlen sich fit dafür –
mit oder ohne Wettbewerb.
Von Corinna Freudig
„Belächelt? Das ist viel zu freundlich aus-
ÖPNV-Anbieter auch. Das ist notwendig,
gedrückt.“ Dabei ist Wilhelm Georg Hanss
weil unsere Leistungen in Deutschland zur
nicht besonders empfindlich. Das sollte
Daseinsvorsorge gehören. Deshalb müssen
man auch nicht sein, wenn man – wie er –
wir unprofitable Bereiche mittragen. Wenn
viele Jahre ÖTV-Vorstandsmitglied war. Bei
wir ausschließlich gewinnorientiert agieren
der Gewerkschaft geht es oft hart und nicht
würden, müssten wir Stadtteile und damit
immer herzlich zu. Aber die Anfeindungen
Bevölkerungsgruppen, die sich nicht rech-
seien schon heftig gewesen, als er Mitte der
nen, vom ÖPNV abnabeln. Aber so sind wir
90er, als frischgebackener Vorsitzender der
Garanten und Gestalter einer Gesell­schaft,
Geschäftsführung der Leipziger Verkehrs-
die Mobilität und Nachhaltigkeit vereint“,
betriebe (LVB), einen Radikalumbau der LVB
so Hanss, der die Zuschüsse für die LVB
startete. Seine Vision: aus einem schwer-
in den letzten zehn Jahren immerhin von
fälligen Monolithen einen privatwirtschaft-
70 Millionen Euro auf 54 Millionen Euro pro
lich orientierten Konzern zu machen; ein
Jahr senken konnte, bei gleichzeitigem An-
ÖPNV-Modell der Zukunft mit einer Holding
stieg der Fahrgastzahl von 86,9 auf 125,3
als Mutter und kleinen, flexiblen Töchtern,
Millionen, einem Ausbau der Linienlänge
die Beziehungen mit privaten Unternehmen
von 837,7 auf 1422,5 Kilometer und einer
eingehen. „Dabei ging es uns immer nur
Erweiterung der Bus- und Straßenbahn-
um Teilprivatisierungen“, sagt Hanss. „Wir
Wilhelm Georg Hanss (rechts),
wollten moderne Ehen stiften, in denen bei-
LVB-Vorsitzender, und Ronald Juhrs,
de Seiten gleichberechtigt Entscheidungen
technischer Geschäftsführer der LVB.
linien von 54 auf 74.
Früher waren die Kunden der LVB „Beförderungsfälle“. Heute sind sie Partner. „Keine
treffen.“
Könige, denn wir sind nicht ihre Untertanen“,
Der von ihm zielstrebig vorangetriebene
kam“, wie Hanss zugibt. Denn die erwar-
sagt Hanss selbstbewusst. „Wir schließen
Konzernumbau brachte Hanss rasch den
tete Liberalisierung des ÖPNV – nach der
mit den Kunden einen Mobilitätsvertrag,
Ruf eines Enfant terrible der Verkehrsbe-
im Telekommunikations- und Stromsek-
und der hat seinen Preis.“ Dafür verbessert
triebe ein. Doch nicht nur die eigene Bran-
tor – kam nicht so richtig in die Gänge: Zu
die LVB ihr Produkt „Mobilität“ stetig, und
che beäugte seine Aktivitäten mit Skepsis:
unterschiedlich waren die Vorstellungen der
die Motoren laufen nicht nur in Bussen und
Auch die Stadt, über ihre Tochter Leipziger
EU-Mitgliedsländer. Bis heute gilt die Devi-
Straßenbahnen, sondern auch in der Kon-
Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft LVV
se: „Ein bisschen Wettbewerb, aber nicht
zernzentrale. Künftige Generationen stehen
quasi die Großmutter der LVB, teilte die ver-
zu viel“. Daran wird sich frühestens 2009
etwa im Fokus eines Bundesforschungspro-
meintlich separatistischen Tendenzen ihres
etwas ändern, wenn eine neue EU-Verord-
jekts, bei dem die LVB mit der Fraun­hofer-
Geschäftsführers nicht uneingeschränkt.
nung in Kraft tritt (siehe Seite 53).
Gesell­schaft kooperiert: Mit „Easy Go“ soll
Doch der ließ sich nicht beirren: 1996 grün-
via UMTS-Technologie eine Alleskönner-
dete er die erste Tochter, das Beratungs­
Was auch immer kommt – die LVB fühlt
Plattform für Handys entwickelt werden, die
unternehmen Verkehrs-Consult Leipzig, mit
sich gut gerüstet. „Wir haben durch die Zu-
dem Nutzer ein Nahverkehrs-Sorglos­paket
Beteiligung eines privaten Partners, 2004
sammenarbeit mit privaten Partnern viel
bietet. Auf Tastendruck erfährt der Kun-
die vorläufig letzte – die Leoliner-Fahrzeug-
gelernt: Effizienz, Profitabilität, Prozess-
de, wie, wann und zu welchem Preis er von
bau GmbH. Dazwischen wurden etliche
optimierung, Zielorientierung“, sagt Peter
A zum gewünschten Film in Kino B kommt,
weitere Töchter in die Welt gesetzt, von de-
Nebe, Marketingchef der LVB. „Aber auch
Fahr- wie Kinokarte zahlt er gleich mit.
nen nur zwei im alleinigen Besitz der LVB
wir haben ihnen etwas beigebracht: sozi-
geblieben sind: die Leobus GmbH und die
ale Verantwortung und regionale Verwur-
Hochtourig laufen die LVB-Motoren außer-
Leipziger Stadtverkehrsbetriebe, die deut-
zelung.“ Fuchsteufelswild wird Geschäfts-
dem bei der technischen Geschäftsführung,
sche Nummer drei der Straßenbahnbetriebe.
führer Hanss, wenn man die LVB oder den
für die Ronald Juhrs verantwortlich ist. Zwei
Die LVB ist froh, den Umbildungsprozess
ÖPNV insgesamt als „defizitär“ oder „Sor-
Themen bestimmen seine Arbeit. Eines da-
so früh begonnen zu haben. „Obwohl der
genkind“ bezeichnet: „Natürlich erhalten
von heißt Umweltfreundlichkeit. Wer heute
eigentliche Grund dafür nicht zum Tragen
wir Zuschüsse – wie übrigens jeder private
Leipzig besucht, kann in einem ersten Bus
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mit Hybridantrieb fahren. Noch fährt der
unter strenger Beobachtung – durch das
Europäischer ÖPNV
wo das desolate Straßenbahnnetz modernisiert werden soll. Für das ukrainische Lem-
Fraunhofer-Institut, das eine Wirtschaft-
Die neue EU-Verordnung 1370/2007, die
berg entwickelt die Iftec ein städtisches
lichkeits- und Umweltbetrachtung anstellt.
2009 in Kraft tritt, lässt den Auftraggebern für
ÖPNV-Konzept. Ein Glücksfall: Die Ukraine
Danach wird über den Einsatz weiterer
ÖPNV-Leistungen zwei Optionen: Die bisher
und Polen richten die Fußball-EM 2012 aus.
­Hybridbusse entschieden. Juhrs zweites
übliche Direktvergabe an interne Betreiber ist
Wer jetzt schon im Boot ist, bleibt vielleicht
Thema ist ein ÖPP-Projekt, in dem öffent-
weiterhin möglich. „Sie unterliegt künftig al-
sitzen. Zumal der oberste Iftec-Verkehrs­
liche Hand und private Wirtschaft zusam-
lerdings wesentlich strengeren Regeln“, weiß
berater das WM-Büro Leipzig geleitet hat.
menarbeiten. Eigentlich ist das nichts Neues. Wenn es aber darum geht, ein Projekt
zu stemmen, bei dem Fördergelder und privatwirtschaftliche Finanzierungen aufein-
PwC-Verkehrsexperte Dieter Marszalek. „So
dürfen die beauftragten Firmen nicht mehr
außerhalb ihrer Region Leistungen anbieten,
Das wohl aufregendste Projekt der Leipziger ist jedoch ein Deal am Nil. „Über den
Sohn des ehemaligen ägyptischen Premier-
andertreffen, fehlt die Erfahrung. So wie im
und sie müssen ihr Angebot vor Vergabe­
Fall eines von der LVB geplanten techni-
beginn im EU-Amtsblatt veröffentlichen, wo-
ratet ist, kam der Kontakt mit dem Gouver-
schen Zentrums auf firmeneigenem Gelän-
mit es Wettbewerbern ermö­glicht wird, Ein-
neur von Alexandria zustande, bei dem es
de. Kos­tenpunkt für einen neuen Betriebs-
spruch einzulegen.“ Die zweite Option ist ein
anfangs nur um den möglichen Kauf von
hof und Werkstätten: rund 80 Millionen
kontrollierter Wettbewerb mit Ausschreibung,
Leoliner-Straßenbahnen ging“, erinnert sich
Euro. Davon sollen 50 Millionen Euro durch
der dem Gewinner für den ­definierten Zeit-
Bleck. Um es kurz zu machen: Mittlerwei-
Fördergelder des Freistaats Sachsen gesi-
raum eine Art Gebietsmonopol verschafft.
chert werden. Als die LVB darüber mit dem
Verkehrsminis­terium von Wolfgang Tiefensee, ehemals Oberbürgermeister in Leipzig,
sprach, wurde das Zentrum wegen seiner
Besonderheit kurzerhand zum Bundes­
pilotprojekt ernannt. „Da es bei Fördermit-
„Es bleibt festzuhalten“, so Marszalek, „dass
der Wettbewerb deutlich zunehmen wird und
interne Strukturen, Effizienz und Angebotswie Erlösstruktur auf den Prüfstand gestellt
werden müssen.“
teln strenge Vorschriften und Nachweis-
ministers, der mit einer Leipzigerin verhei-
le haben LVB und Iftec mit dem ägyptischen Premierminister über die Umwandlung der alexandrinischen Verkehrsbehörde
in ein modernes Unternehmen nach dem
LVB-Konzernmodell verhandelt. Und der
Herr Premierminister zeigte sich höchst angetan, erste konkrete Vereinbarungen sind
getroffen. Aber noch wird viel Wasser den
pflichten zu deren Mittelverwendung gibt,
Nil entlang fließen, bis Hanss endgültig „im
sind die rechtlichen Fragestellungen, wenn
weit größter Hersteller von Straßenbahnen.
ein privater Investor ins Boot kommt, sehr
Bisher war Siemens ausschließlich für den
kompliziert“, so Juhrs, dem dieses Projekt
Bau und Verkauf der Schienenfahrzeuge zu-
Und sonst? Welche Pläne gibt es für die
nicht nur Freude bereitet. „Es geht zu lang-
ständig. Eine konsequente Betrachtung der
nahe und fernere Zukunft? Verschmitzt
sam voran.“ Ihm sitzt die Zeit im Nacken:
Produkte über deren Lebenszyklus gab es
lächelt der kugelrunde vorsitzende Ge-
Spätestens 2012 muss das technische Zen-
nicht. Denn Service und Instandsetzung er-
schäftsführer. Dazu will er nichts sagen. Nur
trum stehen. Denn dann steht für die Stadt-
folgen traditionell bei den Verkehrsbetrieben
so viel: Ja, natürlich könne er weitere Teil-
bahnen neueren Datums eine planmäßige
selbst. Über die Iftec bietet Siemens seinen
privatisierungen nicht ausschließen, für kei-
Hauptuntersuchung an.
Kunden diese Leistung nun an. Vor allem
ne der LVB-Töchter. Ja, eine Direktvergabe
im Ausland wird das dankbar angenommen.
durch die Stadt, das würde er auch weiter-
Glück“ ist.
Das größte Drehmoment hat allerdings
Zum Beispiel von der chinesischen Stadt
hin sehr begrüßen, und darauf arbeite er hin.
der Hochleistungsmotor von Bernd Bleck.
Guangzhou, die neben 30 Neufahrzeugen
Und ja, es sei durchaus richtig, dass die
Wettbewerbsmöglichkeiten im S-Bahn-Be-
Bleck ist Chef der Iftec, eines Joint Ven­
gleich Wartung und Instandsetzung für den
tures, an dem die LVB und Siemens jeweils
alten Fahrzeugpark mitbestellte. „Die Iftec­
reich nach der neuen EU-Verordnung nicht
50 Prozent halten. Die aus drei LVB-Töch-
hat den Vorteil, dass sie zwei Gesichter
so eingeschränkt seien wie die bei Bussen
tern hervorgegangene Servicegesellschaft
hat“, sagt Bleck, „einerseits das des Global
und Straßenbahnen. Hanss aufs Herz: Ist
wartet, modernisiert und repariert Fahr-
Player Siemens, andererseits das der regio-
das ein Wachstumsbereich, in den die LVB
wege und Straßenbahnen und bietet Be-
nal verwurzelten Verkehrsgesellschaft.“ Das
eventuell einsteigen möchte? „Bis 2009
dürfen wir noch fast alles“, sagt der sonst
ratungsleistungen für Verkehrskonzepte.
kommt vor allem in Osteuropa gut an: „Die-
Bleck ist bis heute der einzige „Siemensia-
se Länder haben eine hohe Affinität zu Ost-
so eloquente Hanss kurz angebunden und
ner“ unter 490 Ex-LVBlern. Seine Aufgabe
deutschland, weil hier der Wandel von ei-
ausweichend. Dann ist das Gespräch be-
heißt: Vertrieb, Vertrieb, Vertrieb. Zwar ist
nem kommunistischen System in eine freie
endet: „Mehr sage ich nicht. Denn ande-
die LVB-Gruppe der größte Kunde, aber der
Marktwirtschaft und Demokratie erfolgreich
re Unternehmen können unsere Strategien
Umsatzanteil mit Fremdfirmen soll steigen.
geschafft wurde.“­ Über den Weltverband
gerne im Nachhinein kopieren. Aber die LVB
Ein wichtiger Kunde ist heute schon Sie-
des öffentlichen Nahverkehrs bekam Bleck
soll das erste Unternehmen sein, das sie
mens, neben Alstom und Bombardier welt-
zum Beispiel Kontakt ins serbische Belgrad,
umsetzt.“
Die Leipziger Verkehrsbetriebe haben sich selbst
einer Radikalkur unterzogen. Entstanden ist ein
Konzern mit flexiblen Töchtern, die neue Projekte
anschieben, selbst wenn sie am Nil stattfinden.
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Kontakt
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Publikationen
Unternehmen-
steuerreform 2008
Enforcement Planner
Die im Sommer
Familienunternehmen
2008
Die Neuauflage des
Der Großteil der
2007 verabschiede­
Enforcement Plan-
deutschen Fami-
te Unternehmen­
ner ist die Basis
lienunternehmen
steuerreform soll
für das Enforce-
geht optimistisch
die internationale
Wettbewerbsfähig-
ment-Verfahren der
ins Jahr 2008. Wie
Deutschen Prüfstel-
keit des deutschen
le für Rechnungs-
aus der Studie hervorgeht, erwarten
Steuerrechts sicher-
legung (DPR). Seit
sieben von zehn
stellen. Die neuen
der Erstausgabe
befragten Un-
Regelungen sind
im April 2006 hat
ternehmen eine
steigende Nachfrage für die kommenden
Zweifelsfragen Stellung und zeigen, wie auf
die DPR ihr Vorgehen weiter professionalisiert. Sie stellt immer mehr Fehler in der
die Gesetzesänderungen planerisch reagiert
Rechnungslegung von Unternehmen fest,
mentan konsequent auf einen Wachstums-
werden kann. Der Band enthält zudem viele
die publiziert werden müssen – mit Folgen
kurs und konzentrieren sich dabei auf ihre
Praxishinweise. Die übersichtliche Darstellung erleichtert das Arbeiten mit dem Buch.
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Quo Vadis GKV?
Paying Taxes 2008
Anhangerstellung nach IFRS
beratungsorientiert dargestellt, nehmen zu
Monate. Die befragten Firmen setzen mo-
Wettbewerbsvorteil. Befragt wurden welt-
Die Gesundheits-
Die Studie analy-
Kapitalmarktorien-
reform bringt tief
siert die Steuer-
tierte Unternehmen
greifende Verände-
systeme von 178
müssen ihren Kon-
rungen für die deut-
Ländern. Zur Be-
zernabschluss nach
schen Krankenkas-
rechnung der „Total
International Finan-
sen mit sich. PwC
Tax Rate“ wurden
cial Reporting Stan-
und das Institut für
alle Steuern und
dards (IFRS) auf-
Versicherungsbe-
Abgaben erfasst,
stellen. Dazu gehört
triebslehre der Gott-
die von Unternehmen zu zahlen
auch ein Anhang,
fried-Wilhelm-Leib-
der etwa Unterneh-
niz-Universität Hannover haben gemeinsam
sind. Zudem wurde erhoben, wie viel Zeit
menskennzahlen, Geschäftsvorfälle oder
Entscheider deutscher Krankenkassen zur
­Unternehmen für die Steuererklärung be-
das Risikomanagement erläutert. Die neue
Gesundheitsreform und zu den künftigen
nötigen und wie viele Einzelsteuern sie ent-
PwC-Studie untersucht, wie Unternehmen
Strategien der Krankenkassen befragt und
richten. In den meisten Ländern zahlen sie
Daten ermitteln, wo Probleme auftreten und
die Ergebnisse zusammengefasst. Ihr Ansprechpartner:
mehr, als sich aus den Sätzen ablesen lässt.
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wie Lösungsansätze aussehen können.
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Impressum
Herausgeber:
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt am Main
www.pwc.de
Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):
Oliver Heieck (PricewaterhouseCoopers AG)
Tel.: 069 9585-1577
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
die Meinung der Autoren wieder.
Adressänderungen: [email protected]
11th Annual
Global CEO Survey 2008
Die Subprime-Krise treibt die Sorge, dass
sich die Konjunktur empfindlich abkühlen könnte. Negative Auswirkungen auf die
Umsatzentwicklung des Jahres 2008 erwarten vor allem nordamerikanische und westeuropäische Unternehmen. In Asien hingegen ist der Konjunkturoptimismus nach wie
vor ungebrochen. Besonders zuversichtlich
sind die Inder. 90 Prozent der befragten indischen Entscheider gehen von einer positiven Geschäftsentwicklung aus. Die Chinesen zeigen sich etwas
verhaltener. 73 Prozent der Befragten schätzen die Lage ihres Unternehmen günstig ein. Für den „11th Annual Global CEO Survey
2008“ wurden 1.150 CEOs aus 50 Ländern befragt. Rund 40 Prozent der Unternehmen erzielen einen Jahresumsatz von mehr als 1
Milliarde Dollar, immerhin gut die Hälfte der Vorstandsvorsitzenden
führt eine börsennotierte Gesellschaft.
Ihr Ansprechpartner:
[email protected]
Tel.: 069 9585-2431
www.pwc.de/de/pwc282
Power Deals
2007
Jedes Jahr erfasst PwC die nationalen und
internationalen Fusionen in der Energieversorgungsbranche und fasst sie in einem Untersuchungsbericht zusammen. Das Gute
daran: Die Entwicklungen der vergangenen
Jahre lassen sich vergleichen. Das diesjährige Ergebnis: Die Dynamik der Konsolidierung in der Strom- und Gasindustrie ist nicht
zu übersehen. Nahezu unbeeinträchtigt von
der internationalen Kreditkrise ist das Volumen der M&A-Transaktionen in der Branche gegenüber Vorjahr um
ein Viertel gestiegen. Ihre Zahl stieg fast in gleichem Maße um 23
Prozent von 623 auf 768 Transaktionen. Gegenüber den 43 Milliarden
Dollar des Jahres 2003 hat sich das Transaktionsvolumen 2007 mit
insgesamt 372,5 Milliarden Dollar nahezu verneunfacht.
Ihr Ansprechpartner:
[email protected]
Chefredaktion:
Corinna Freudig (PricewaterhouseCoopers AG),
Susanne Osadnik (Facts & Figures)
E-Mail an die Redaktion: [email protected]
CvD: Nikolaus von Raggamby
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Bildredaktion: José A. Blanco
Infografik: Katharina Erfurth (Golden Section Graphics)
Verlagsleitung: Frank Parlow
Verlag:
Facts & Figures GmbH
Ein Unternehmen der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
Stubbenhuk 3, 20459 Hamburg
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Facts&Figures-Montage Seite 12: BLG Logistics; Laif/Stern/Herzau
Seite 14: Visum/Daniel Pilar
Seite 16/17: Getty Images/Stone/Greg Pease; Corbis/James W.
Porter; Alamy/Steven May; Laif/China Foto Press; PwC
Seite 18: Agentur Focus/Arabianeye/Matilde Gattoni
Seite 20/21: Siemens; Gulliver Theis; Marcus Koppen
Seite 22/23: Laif/Peter Granser; PwC
Seite 24/25: Corbis/Larry Hirshowitz
Seite 26/27: Laif/Redux/The New York Times; Corbis/Larry Hirshowitz; Facts&Figures-Montage; Marcus Höhn
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Puddy; Getty Images/Dorling Kindersley/Andy Crawford; Corbis/
Zefa/Michael Porsche; PwC
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Seite 40/41: BPK Berlin Seite 42/43: Deepol/Rui Camilo; Barandales; Picture-Alliance/dpa; Plainpicture/Johnér; PwC
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Reiswitz Seite 47: Deepol/Markus Tollhopf
Seite 48/49: Alexander von Reiswitz; Getty Images/National Geographic/Georg Grall Seite 50/51: Jörg Gläscher
Seite 52: Jörg Gläscher Seite 55: ccvision
Druck:
Druckhaus Berlin-Mitte GmbH
Schützenstraße 18, 10117 Berlin
pwc: erscheint viermal im Jahr in einer Auflage von
12.000 Exemplaren.
© Januar 2008. PricewaterhouseCoopers AG
PricewaterhouseCoopers bezeichnet die ­PricewaterhouseCoopers
AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbst­
ständigen und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der
PricewaterhouseCoopers International Limited.
Tel.: 0201 438-1509
www.pwc.de/de/pwc294
pwc: | april 2008
PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.
55
www.pwc.de
Erfolgsformeln
v2
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P Nutz =½·p·A·v 3·[½·(1+ _
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1-(
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v ) )]
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1
Das ist die Formel für den nutzbaren Anteil an der Windleistung, die auf einen Rotor trifft –
den sogenannten Erntefaktor. Für die Produzenten von Energie aus Wind und anderen erneuerbaren
Quellen ist jetzt die Zeit der Ernte gekommen – oder setzen sich doch die großen Konzerne durch?
Siehe Seite 26

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