FAQs MRSA (Methicillin resistenter Staphyloccoccus aureus)

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FAQs MRSA (Methicillin resistenter Staphyloccoccus aureus)
FAQs MRSA (Methicillin resistenter Staphyloccoccus aureus)
Vergütungsvereinbarung zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie von
MRSA-Trägern in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß §87 Abs. 2a SGB V
Teil 2 Screening, Sanierung
Stand: 20. März 2013
1. Was genau ist ein MRSA-Screening?
Hierzu werden bei Patienten mit klar definierten Risikokriterien für MRSA gezielt mikrobiologische
Untersuchungen auf MRSA - mittels Abstrich der Nasen-Vorhöfe (beidseits mit gleichem Tupfer),
Rachen und gegebenenfalls Wunde/n - durchgeführt.
2. Was ist unter dem Begriff MRSA-Sanierung zu verstehen?
Auch Dekolonisierung oder Therapie zur Eradikation (vollständige Eliminierung eines Krankheitserregers) genannt. Die Sanierung von MRSA-positiven Personen erfolgt durch Anwendung von
antiseptischen Lösungen (Mundpflege/Duschen/Ganzkörper- und Haar-Waschung) und (lokaler)
Antibiotika-Applikation in die Nasen-Vorhöfe über fünf (bis sieben) Tage.
3. Was bedeutet Eradikationstherapie?
Vollständige Eliminierung eines Krankheitserregers durch gezielte Maßnahmen (MRSA-Nachweis
bleibt dauerhaft negativ als Ziel einer Dekolonisierung mit Langzeitwirkung).
4. Eradikationstherapie, Dekolonisierung, Sanierungsbehandlung: was ist der Unterschied
zwischen diesen Begriffen?
Nach der MRSA-Vergütungsvereinbarung ist unter diesen Begriffen Folgendes zu verstehen:
Eradikationstherapie = Zyklus von 5 (-7) Tagen, an denen die notwendigen Maßnahmen zur Dekolonisierung bei einem nachgewiesen MRSA-positiven Träger durchgeführt werden.
Dekolonisierung = Durchführung einer Eradikationstherapie mit erfolgreichem Verlauf
Sanierungsbehandlung = beginnt mit der Eradikationstherapie und umfasst den Zeitraum, in dem
die Kontrollabstrich-Entnahmen durchgeführt werden (also maximal 11-13 Monate nach Abschluss einer Eradikationstherapie), also bis zum dritten negativen oder einem positiven Kontrollabstrich; wird bei einem Patienten die Eradikationstherapie nach einem erfolglosen Zyklus wiederholt, beginnt die Sanierungsbehandlung im Sinne der Abrechnung von Neuem.
5. Ist bei einem Patienten, bei dem nach der ersten Dekolonisierung noch "vereinzelt"
MRSA in der Nase nachweisbar ist, eine erneute Eradikationstherapie durchzuführen?
Prinzipiell: Ja. Allerdings stellt eine Eradikationstherapie immer eine Einzelfallentscheidung dar.
6. Wie viele Sanierungsversuche sollten bei einem Risikopatienten durchgeführt werden?
Erfahrungsgemäß sind mehr als zwei gut durchgeführte Sanierungsbehandlungen nicht sinnvoll
oder erfolgversprechend hinsichtlich einer dauerhaften MRSA-Eradikation.
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MRSA FAQs Screening, Sanierung
Stand: 20.03.2013
7. Nach Eradikationstherapie bleibt der MRSA-Nachweis positiv: was dann?
Zunächst soll der behandelnde Arzt prüfen, ob die durchgeführte Eradikationstherapie wegen
Mängeln in der praktischen Durchführung (z.B. Unterstützung des MRSA-Trägers war nicht ausreichend) nicht erfolgreich war und ob/wie solche Mängel ggf. bei einer Wiederholung der Eradikationstherapie vermieden werden können. Dann ist über die Abklärungsdiagnostik auf MRSA bei
Kontaktperson/en des zunächst erfolglos dekolonisierten MRSA-Trägers (siehe GOP 86776 mit
den genannten Voraussetzungen) zu entscheiden. Zum Dritten muss der behandelnde Arzt des
MRSA-Trägers dessen sog. sanierungshemmende Faktoren bewerten und entscheiden, ob/wie
solche vor Wiederholung der Eradikationstherapie optimierbar sind.
8. Muss (sollte) ein Arzt sich selbst und sein Personal regelmäßig auf MRSA untersuchen?
Bei korrekter Einhaltung der Basishygienemaßnahmen ist das Risiko für eine MRSA-Übertragung
auf gesundes medizinisches Personal und eine längerfristige MRSA-Besiedelung sehr gering.
Somit sind regelmäßige MRSA-Untersuchungen weder sinnvoll noch notwendig. MRSA-Tests bei
medizinischem Personal können nicht über die GKV abgerechnet werden.
9. Ist bei einem Patienten, der mit gesicherter MRSA-Diagnose aus dem Krankenhaus entlassen wird, ein erneuter Abstrich erforderlich?
Nein, bei einem Patienten mit gesicherter MRSA-Diagnose (Nachweis positiv, Sanierungsbehandlung wurde noch nicht begonnen) ist kein erneuter Abstrich erforderlich. Nach der Erhebung des
MRSA-Status (GOP 86770) folgt direkt die Sanierungsbehandlung (GOP 86772, 86774) mit den
nachfolgenden Kontrollabstrichen.
10. Wann liegt das Untersuchungsergebnis einer konventionellen MRSA-Kultur vor?
Das Endergebnis einer kulturellen MRSA-Isolierung liegt in der Regel nach 2-3 Tagen vor.
11. Infektionen der oberen Atemwege - wo findet man Informationen zur "Rationalen Verordnung von Antibiotika"?
Auf den Seiten der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (www.akdae.de) unter dem
Suchbegriff „Antibiotika“ und auf den MRSA-Webseiten der KBV (www.kbv.de/mrsa-ebm.html)
unter dem Suchbegriff „Umgang mit Antibiotika“.
12. Wie führt man die Sanierungsbehandlung in Mundhöhle/Rachenraum bei Patienten
durch, die nicht selbst gurgeln oder den Mund spülen können?
Mundhöhle und Rachenraum wird vom Pflegepersonal bzw. der Bezugsperson des Patienten mit
der Rachenspül-Lösung (Wirkstoff: Chlorhexidin) im Rahmen der Mund/Zahnpflege mit Tupfern
bzw. geeigneten Wattestäbchen o.ä. ausgepinselt oder ausgewischt.
13.. Wie werden Wundbehandlungen/Spülungen bei MRSA-Wunden durchgeführt, wenn
der Patient es nicht selbst machen kann?
Wundbehandlungen, insbesondere Wundspülungen sollen immer von erfahrenem „Fachpersonal“
(z.B. ambulanter Pflegedienst, „Wundmanager“) durchgeführt werden.
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Stand: 20.03.2013
14. Wie gehe ich weiter vor, wenn ich als behandelnder Arzt bei einem Landwirt mit eigenem Schweinemast-Betrieb MRSA nachweise?
Diese Frage betrifft das besondere Problem um sog. „livestock-associated (LA-)MRSA (ST 398).
Dieser MRSA-Subtyp wird zunehmend insbesondere in der landwirtschaftlichen Tierzucht und
Mastbetrieben und bei entsprechenden Kontaktpersonen und Berufsgruppen nachgewiesen. In
einem solchen Fall ist der MRSA-Träger nicht nur „standardmäßig“ zu dekolonisieren. Vorab sollten der nachgewiesene MRSA weiter differenziert und molekular typisiert werden, sowie weitere
Kontaktpersonen und auch Tiere aus dem Mastbetrieb auf MRSA untersucht werden. Dies ist im
Rahmen der MRSA-Vergütungsvereinbarung nicht vorgesehen und möglich. Unter Einverständnis
des MRSA-Trägers ist das zuständige Gesundheitsamt zu informieren und einzubinden.
15.. Wann mache ich bei Heimbewohnern nach der Dekolonisierung Kontrollabstriche?
Wie in der MRSA-Vergütungsvereinbarung für den ambulanten Bereich vorgesehen: 1. Kontrollabstriche: frühestens am 4. Tag nach Abschluss der Dekolonisierung („vorläufiger Sanierungserfolg“); 2. Kontrollabstriche: nach 3-6 Monaten; 3. Kontrollabstriche: nach 11-13 Monaten („Langzeit-Sanierungserfolg“). Abstrichkontrollen im Pflegeheim folgen also nicht dem „KrankenhausModell“ (3x kurzfristig gestaffelte Kontrollabstriche, um eine räumliche Isolierung zu beenden).
16. Lt. den allgemeinen Infos zur MRSA-Vergütungsvereinbarung ist ein sog. "Schnelltest"
(PCR-Verfahren) im niedergelassenen Bereich nicht sinnvoll und auch nicht abrechnungsfähig. Wann ist eine MRSA-Untersuchung mittels PCR indiziert?
Patient mit Risikokriterien für MRSA muss notfallmäßig stationär ins Krankenhaus aufgenommen
werden (z.B. Oberschenkelhalsfraktur im Pflegeheim). Hier ist eine möglichst schnelle MRSADiagnose (PCR-Befund innerhalb weniger Stunden) wichtig, um bei dem Patienten ggf. eine
MRSA-wirksame perioperative Antibiotika-Prophylaxe durchführen und die im Krankenhaus erforderlichen Hygienemaßnahmen (inkl. räumliche Isolierung) dort umsetzen zu können.
17. Wo entnehme ich den Abstrich im Rachen?
Rachen-Seitenwände, Tonsillenbereich.
18. Was ist ein „kombinierter Nasen-Rachen-Abstrich“?
Für den Bereich der KVB ist festgelegt: Abstrich aus den Nasen-Vorhöfen beidseits mit einem
Tupfer, Abstrich aus dem Rachenbereich mit einem zweiten Tupfer.
19. Mit welchem Medium entnehme ich den Abstrich?
Verwenden Sie nur die Abstrichtupfer und Transport-Röhrchen (ggf. mit dem darin enthaltenen
Konservierungsmedium), die Ihnen Ihr mikrobiologisch-diagnostisches Labor für bakteriologische
Abstriche zur Verfügung stellt. Tupfer und Transport-Medium sind auf die Kultur-Verfahren im jeweiligen Labor abgestimmt. Beachten Sie bitte die Hinweise Ihres Labors zur Materialentnahme
und zum Probentransport. Vermerken Sie nach den Vorgaben Ihres Labors „Untersuchung nur
auf MRSA!“ bzw. „Untersuchung nach MRSA-Vergütungsvereinbarung!“.
20. Ist eine „Rückbildung“ der Antibiotikaresistenz bei einem MRSA möglich?
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Die genetische Information für die ß-Laktam-Antibiotikaresistenz eines MRSA ist auf dem mecAGen lokalisiert, das bei horizontalem Gentransfer z.B. via Resistenzplasmid auf einen bisher nicht
resistenten Bakterienstamm übertragen werden kann. Das mecA-Gen wird dann in das bakterielle
Chromosom eingebaut und kann nach molekularer Ablesung die ß-Laktam-Antibiotikaresistenz
bewirken. So entstehen bei Staphylococcus aureus neue MRSA-Stämme. Theoretisch ist es vorstellbar, dass das mecA-Gen eines MRSA auch wieder „verloren gehen“ oder durch Mutation unwirksam werden kann. Praktisch wesentlich relevanter (und wissenschaftlich nachgewiesen) ist
die Negativ-Regulation der Ablesung des mecA-Gens bei MRSA, was die ß-Laktam-Antibiotikaresistenz in den Grenzwertbereich verschieben kann. Bei solchen MRSA-Stämmen kann es aber
unter der Gabe von ß-Laktam-Antibiotika wieder zur vollständigen Resistenzausbildung und somit
zum antimikrobiellen Therapieversagen bei einer Infektion kommen.
21. Wie sinnvoll ist ein Leisten- oder Achselhöhlen-Abstrich auf MRSA?
Der primäre Besiedelungsort für MRSA ist der Haut-Schleimhaut-Übergang der Nasenvorhöfe. Es
gibt aber auch eine solitäre Besiedelung der Rachen-Schleimhaut. Von den Nasenvorhöfen und
von Rachen/Mundhöhle aus kommt es zur Kontamination und nachfolgend ggf. zur Besiedelung
von intertriginösen Hautarealen. Studien haben gezeigt, dass mit Nasen- und Rachen-Abstrich
(und ggf. zusätzlich von Wunden) der weitaus größte Anteil der MRSA-Träger erkannt wird. Somit
sind auch bei den Kontrollen nach Dekolonisierung zusätzliche Abstriche nicht erforderlich, so
lange die Haut in solchen Arealen nicht selbst (im Sinne einer „Wunde“) verändert/erkrankt ist.
22. Wann soll der erste MRSA-Abstrich nach einem Krankenhausaufenthalt erfolgen?
Bei unbekanntem MRSA-Status (Patient wurde im Krankenhaus nicht auf MRSA untersucht bzw.
der MRSA-Befund aus dem Krankenhaus ist nicht einholbar) und gegebenem Risikoprofil: möglichst zeitnah nach der Entlassung. Erste Kontrollabstriche nach einer MRSA-Dekolonisierung:
frühestens am 4. Tag und innerhalb 4 Wochen nach Abschluss der Maßnahmen.
23. Was ist mit „Dingen“ und Wäsche/Textilien die nicht bei 60 Grad waschbar sind?
Während der MRSA-Dekolonisierung sollten ausschließlich Stoffe am Körper verwendet werden,
die bei mindestens 60 Grad gewaschen werden können. Alternativ können Wäschestücke chemisch gereinigt werden. Desinfektionsmittelhersteller bieten auch sog. „Waschverstärker“ für
30/40 Grad-Wäsche an. Hierzu sollte eine Bestätigung der MRSA-Wirksamkeit eingeholt werden.
24. Was soll in den „MRSA-Konferenzen“ vorgestellt und besprochen werden?
Die MRSA-Vergütungsvereinbarung macht im Anhang § 3 Nr. 3 Angaben zum Kreis der regelmäßigen Teilnehmer und zur Thematik der MRSA-Fallkonferenz und/oder Regionalen Netzwerkkonferenz. Diese Konferenzen sollen einen „runden Tisch“ darstellen für einen sektorenübergreifenden Austausch und die Reduktion/Vermeidung von Problemen auf dem Gebiet „MRSA/andere
multiresistente Erreger/nosokomiale Problemkeime“ insgesamt. Insbesondere sollen diese Sitzungen aber für die Vertragsärzte die Möglichkeit zur Beratung sowie zur Vorstellung und Besprechung von „Problemfällen“ bieten. Darüber hinaus sollen vorgestellt und diskutiert werden:
die aktuelle Resistenzlage in der Region, die zahlenmäßige Entwicklung der MRSA-Infektionen/Nachweise und regionale Besonderheiten. Teilnehmer aus den Laboren, die in der Region die
mikrobiologische Diagnostik für die Vertragsärzte durchführen, sollen im Rahmen der Konferenz
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Informationen zum Nachweis von S. aureus und MRSA aus den eigenen Laborleistungen präsentieren. Zusätzlich soll eine Übersicht der aktuellen bundesweiten sowie (soweit vorhanden) regionalen Resistenzlage entsprechend etablierter Antibiotikaresistenz-Surveillance (z.B. KISS, ARS,
ARMIN) angeboten werden.