Praxisbeilage 1 | 07
Transcrição
Praxisbeilage 1 | 07
Praxisbeilage 1 | 07 [email protected] Annahme und Verteidigung - hier entstehen Sie stehen am Anfang eines erfolgreichen Spielzuges - die Annahme und die Verteidigung. Ohne sie geht nichts im Volleyball, sie bestimmen den zukünftigen Ballweg, die Wahl des Zuspielers, die Möglichkeiten des Angreifers. Oberstes Ziel ist, dass der Ball im Spiel bleibt. Und damit dies geschieht, müssen wir über Raum und Zeit nachdenken… Wo wollen wir den Ball nach der Annahme, wo nach einer erfolgreichen Verteidigung? Und wie verhält es sich mit der Zeit? Wann dürfen wir das Spiel beschleunigen, wann müssen wir es beruhigen? In der aktuellen Praxisbeilage gehen wir diesen Fragen auf den Grund. Ebenso beschäftigen wir uns mit den Positionen in Annahme und Verteidigung. Ist es besser, weit hinten im Feld zu beginnen und nach vorne zu laufen? Oder lieber rückwärts mit der Flugbahn des Balles zu verschieben? Und was hat sich seit den Regel- Siege.. änderungen Anfang des neuen Jahrtausends geändert? Fragen über Fragen, auf die wir einige Antworten geben werden. Und dann schliessen wir in dieser Ausgabe die dreiteilige Serie über Spielsysteme ab. Wir präsentieren das 5-1, das System mit einer Zuspielerin und fünf Angreiferinnen. Wir empfehlen, diese Spielform erst für Fortgeschrittene einzusetzen, weil damit eine Spezialisierung der Spielerinnen und Spieler verbunden ist. Und wie wir uns erinnern, ist im Juniorenalter eine zu frühe Spezialisierung nicht sinnvoll. Die Spieler sollen aus unserer Sicht zuerst alle Grundelemente ausreichend kennen lernen. Das Redaktionsteam der Praxisbeilage wünscht euch eine nützliche und ideenreiche Lektüre. Annahme und Verteidigung Die Schlüsselpunkte der Annahme • Auslöser der Annahme-Bewegung ist die Ballflugbahn des gegnerischen Aufschlags. Beim Standservice soll der Annahmespieler das Becken in dem Moment fallen lassen, als der Ball den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreicht hat. Diese Senkung des Beckens erlaubt dem Spieler, sich optimal zu verschieben. Beim Sprungservice erfolgt diese Auslösebewegung im Moment des Schlags. Diese Technik nennt man auch den «AuftaktHopp» und sie wird beispielsweise ebenso im Tennis angewandt. Achtung: Nicht alle Spielertypen sind besser aus einer tiefen Vorbereitungsstellung. Sätze wie «seid alle tief» sind zu überdenken. • Die Vorstellung des kompletten «Stillstehens» in der An- nahme ist veraltet. Je schneller das Spiel wird, desto mehr Annahmen werden in Bewegung ausgeführt. Dabei soll darauf geachtet werden, dass die Flugbahn des Balles mit dem Körperschwerpunkt «geschnitten» wird, eine Drehung des Körpers ist zu vermeiden. Der Ballkontakt geschieht mit einer kurzen Spannung der Arme (keine ruckartige Bewegung), gefolgt von einem Nachlassen. • Für die Informationsverarbeitung ist die Stabilisation des Kopfes erfolgsentscheidend. Drehungen des Kopfes sind möglichst zu vermeiden. Dieses Prinzip ist mit einer Fotokamera zu vergleichen, die im Moment der Bildauslösung bewegt wird. Das Resultat ist ein unscharfes Bild. Werden die Informationen unserer Augen auf dem Weg zur Verarbeitung gestört, entsteht dasselbe mit unserer Bewegung. Die Koordination wird erschwert. • Bei Anfängern wird nach wie vor verlangt, dass sie ih- ren Körperschwerpunkt möglichst präzise hinter den Ball verschieben. Auf hohem Niveau reicht die Zeit dazu heute oftmals nicht mehr, was eine flexible Anpassung der Schultern und des Oberkörpers verlangt. • Je nach Spielertyp ist die Ausgangsstellung weiter vor- • Bei Jugendlichen ist früh darauf zu achten, dass sie die ne oder weiter hinten im Spielfeld. Rund die Hälfte aller Spieler bevorzugt eine Verschiebung nach vorne, während die andere Hälfte lieber rückwärts verschiebt. Das hängt mit dem Körperschwerpunkt zusammen und ist ebenso selbstverständlich wie Links- und Rechtshänder eine bevorzugte Hand haben. Von Verallgemeinerungen ist bei der Positionierung abzusehen. Energie (Absicht) in die richtige Richtung lenken. Oftmals fliegen Bällen zu nahe ans Netz oder gleich wieder zum Gegner. Der höchste Punkt der Flugbahn soll bei Anfängern auf halber Distanz zum Zuspieler sein. Bei Fortgeschrittenen ist die Flugbahn des Balles flacher, wir sprechen hier von einem Zweidrittel-Verhältnis. Übungssammlung Annahme Übung 1: Bankball Auf der Mittellinie befinden sich zwei aufeinander gestellte Langbänke. Vor die Langbänke werden Matten gelegt, auf die kein Ball fallen darf. 2 Spielerinnen werfen sich den Ball beidhändig zwischen Langbank und Netz zu. Ziel ist es, dass der Ball beim Gegenspieler hinter den Bank auf den Boden fällt. Varianten: • ohne Matten, das ganze Spielfeld zählt. • mit mehreren Spielern, die nach dem Spielen eine Zusatzaufgabe (um Malstab rennen, Platz tauschen, Linie berühren usw.) ausführen. Langbank Matte 1 | 07 Praxisbeilage Swiss Volley 1 | 07 [email protected] Übungssammlung Annahme Übung 2: Kontroll-Manchetten Zwei Spieler stehen sich auf je einer Spielfeldseite gegenüber und versuchen, den Ball so lange wie möglich mit Manchetten im Spiel zu halten. Die Spieler spielen dabei zur besseren Kontrolle immer eine Auto-Manchette. Variante: • Mit Zusatzaufgaben nach Auto-Manchette: Eine halbe Drehung und Ball rückwärts zurückspielen, seitliche Verschiebungen, Verschiebungen vorwärts und rückwärts, Anzahl ausgestreckte Finger des Partners erkennen usw. Ballweg Übung 3: Aufschlag-Annahme Wettkampf Das Spielfeld wird für zwei Fünfergruppen längs in 2 Hälften geteilt. 2 Spielerinnen sind am Aufschlag und versuchen so zu servieren, dass ihre Gegenspielerinnen (2 Annahmespielerinnen, 1 Zuspielerinnen) einen Fehler machen. Ziel der annehmenden Mannschaft ist es, den Ball nach Annahme und Zuspiel mit einem Sprungpass in die gegnerische Spielfeldhälfte zu bringen, ohne dass die Servicespielerin den Ball fangen kann, bevor dieser den Boden berührt. Macht das annehmende Team den Fehler oder schafft die Servicespielerin die Verteidigung, übernimmt die Servicespielerin den Platz der Spielerin im Dreierteam, welche den Fehler gemacht hat. Anschliessend schlägt die zweite Service-Spielerin auf. 3 1 2 4 Ballweg Laufweg Varianten: • Statt Sprungpass mit Angriff beim dritten Ballkontakt. Statt Ball fangen in der Verteidigung mit Auto–Verteidigung. • Mit einer zusätzlichen Blockspielerin, die für eine vom Trainer festgelegte Zeitdauer fix am Block bleibt. Übung 4: King of the court Die Mannschaft wird in 3er-Teams eingeteilt. Je nach Anzahl kann zusätzlich ein fixer Zuspieler bestimmt werden. Die aufschlagende Mannschaft versucht, mit möglichst präzisem und druckvollen Service und anschliessender Verteidigung/Gegenangriff den Punkt des annehmenden Teams zu verhindern. Punkte können nur auf der annehmenden Seite erzielt werden. Variante: • Nur Angriffe aus dem Stand, nur 3-Meter-Angriffe, mit oder ohne 3-Meter-Zone, mit Überziehleibchen für Joker-Spieler, deren Punkte doppelt zählen (Servicetaktik beachten) usw. 1 | 07 Laufweg Ballweg 19 Annahme und Verteidigung Die Schlüsselpunkte der Verteidigung • Seit den Regeländerungen 1998 hat sich das Ver- • Die Hände sind in der Ausgangsstellung halbhoch teidigungsverhalten grundsätzlich verändert. Mit der Erlaubnis zu Pass- und Tomahawktechnik haben sich die Positionen in der Defense deutlich nach vorne verschoben. Während früher der Raum vor dem Spieler verteidigt wurde (Rollen, Hechtsprünge), wird heute die Zone hinter dem Spieler abgedeckt (Handball-Torhüter). • Viele Grundsätze der Annahme gelten auch für die Defense. Der Hauptunterschied liegt in der Zielabsicht. Die Annahmespielerin versucht, der Zuspielerin den Ball möglichst perfekt zu spielen. In der Verteidigung hingegen ist es erstes Ziel, den Ball hoch in die Spielfeldmitte (3-Meter-Linie) zu bringen, um dem Zuspieler erst einmal Zeit zu geben. seitlich des Körpers platziert, um ebenso schnell nach unten wie nach oben reagieren zu können. Je näher die Spielerin vom Netz steht, desto aufrechter muss ihre Körperhaltung und die Bereitschaft für Bälle über dem Kopf sein und umgekehrt. • Übungen auf dem Swissball oder auf unstabilen Unterlagen unterstützen die Ausbildung zu erfolgreichen Verteidigungsspielerinnen. Dem «Auftakt–Hopp» kommt auch hier eine entscheidende Bedeutung zu, weil damit das Gewicht auf die vorderen Teile der Füsse gebracht wird und so eine optimale Bereitschaft geschaffen wird. • Man kann nicht alles verteidigen! Darum ist es wichtig, sich in Zusammenarbeit mit dem Block auf eine klar bestimmte Zone zu fixieren. Im Juniorenbereich ist in erster Linie darauf zu achten, dass der zentrale Raum des Spielfelds abgedeckt wird. Viele Bälle im Jugendbereich fallen in einem Radius von 2 Metern ab Feldmitte zu Boden. • Für die eigentliche Verteidigungsaktion soll der Spieler versuchen, seinen ganzen Körper dem Ball hinzugeben. Je mehr Fläche er dabei zur Verfügung stellt, desto grösser ist die Chance auf eine Ballberührung. Das erfordert einiges an Mut und aus diesem Grund soll der Trainer seine Spieler früh an harte Ballberührungen gewöhnen. Übungssammlung Verteidigung Übung 1: Unten oder oben? Zwei Spieler stehen in einem Abstand von 4 Metern zueinander. Der Spieler am Netz wirft den Ball wie ein Fussballeinwurf mit zwei Händen über dem Kopf dem Verteidiger zu. Der Verteidiger muss sich möglichst schnell entscheiden, ob er den Ball mit einer Manchette unten oder einem Pass oben verteidigen soll. Varianten: • Bei Fortgeschrittenen kann die Übung mit einem Schlag aus dem Stand durchgeführt werden. Distanz verändern • Der Trainer oder ein Spieler steht auf einem Schwedenkasten auf der anderen Seite des Netzes und schlägt die Bälle von dort aus 20 Ballweg 1 | 07 Praxisbeilage Swiss Volley 1 | 07 [email protected] Übungssammlung Verteidigung Übung 2: Kurz oder lang? Der Trainer (Position 3) wirft einer Angreiferin hohe Bälle zu. Die Angreiferin spielt mit Sprungpass kurze oder lange Bälle in eine markierte Zone des gegnerischen Feldes. Die Verteidigungsspielerin versucht die Körperhaltung der Angreiferin zu lesen, um die Ballflugbahn möglichst früh zu erkennen. T Varianten: • Bei Fortgeschrittenen mit Angriff oder Finte • Mit einer Zuspielerin und anschliessendem Gegenangriff nach erfolgreicher Verteidigung Ballweg Übung 3: Zusammenarbeit Block/Verteidigung Ein Block- und ein Verteidigungsspieler sind zusammen für eine festgelegte Spielfläche verantwortlich. Zu Beginn wird die Übung so vereinfacht, dass die Angriffe von einer erhöhten Zone (Mattenberg) aus dem Stand erfolgen. Je nach Position des Angriffsspielers müssen sich der Block- und Verteidigungsspielers entsprechend verschieben. Mit Zeichen wie im Beachvolleyball (1 Finger für Linienblock, 2 Finger für Diagonalblock) können sie sich die Kommunikation erleichtern. Bei Fortgeschrittenen mit normalen Angriffen. Variante: • Verteidigungszonen (Linie, Diagonale usw.) und Anzahl Verteidigungsspieler verändern Ballweg Mattenberg Team A Team B Übung 4: Big Points 1 4 T 3 1 2 4 Phase 2 5 6 T 1 Variante: • Anforderungen verändern z.B. Angriffs- und Gratisball erst nach zwei oder drei erfolgreichen Side-Outs usw. 2 3 4 1 | 07 Phase 1 2 Phase 3 Zwei Teams spielen auf einem vom Trainer festgelegten Spielfeld gegeneinander. Team A serviert, Team B nimmt an. Gelingt Team B das Side-Out (gewinnen sie den ersten Punkt), wirft der Trainer der Zuspielerin vom Team A einen hohen Ball zu, den ihre Angreiferinnen zu verwerten versuchen. Schafft Team B die Verteidigung und punktet im anschliessenden Gegenangriff erneut, erhalten sie vom Trainer einen Gratisball. Punktet Team B erneut, gewinnen sie den Big Point und dürfen eine Position rotieren. Sobald Team A eine der drei Spielphasen gewinnt, wird der Aufschlag gewechselt. Das erste Team, das seine sechs Rotationen schafft, ist Sieger. Achtung: Je nach Spielniveau kann die Übung sehr lange dauern! 21 Annahme und Verteidigung Spielsystem 5-1 (Dreierriegel) Annahme mit beiden Aussenangreifern und Libero Zuspieler auf Position 1 Zuspieler auf Position 4 D M2 A1 P M1 A2 A2 M1 P A1 M2 D M2 D A2 P M1 A1 Zuspieler auf Position 6 L A2 P L Legende P = Passeur A = Aussen-/Nebenangreifer M = Mittel-/Hauptangreifer D = Diagonalangreifer L = Libero A1 D Verteidigung (Libero verteidigt auf Pos.5) Zuspieler auf Position 3 A2 D M2 Linie offen A1 P M1 D M1 P A1 P M2 D A2 Linie zu P M2 P/D M M1 M A A2 A1 A1 L P/D A2 L D Zuspieler auf Position 5 Zuspieler auf Position 2 M1 A2 D M2 A1 P P A1 M2 M1 D P L A2 A1 P/D L A1 D A2 P/D L A M P/D L A A Impressum Redaktion Übungssammlung Lehrmittel Layout und Fotos Email 22 A P/D M2 P M A D A2 M1 P/D L A L P/D A Philipp Schütz Bertrand Théraulaz Philipp Schütz Volleyball für Kinder Philipp Reinmann [email protected] 1 | 07