PDF - Netzkultur
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Berliner Festspiele Bundeszentrale für politische Bildung Netzkultur Freunde des Internets eReader Die stumme Masse 18. Januar 2014 www.berlinerfestspiele.de Netzkultur Freunde des Internets Eine Kooperation der Berliner Festspiele mit der Bundeszentrale für politische Bildung — Konferenzwebseite: netzkultur.berlinerfestspiele.de Live-Stream: Am 18.01.2014 ab 18:00 Uhr auf der Konferenzwebseite Twitter: @_Netzkultur Hashtag: #nk1314 Facebook-Event: http://on.fb.me/KVmSNy Inhalt Programmablauf4 Programm/Kurztexte7 Netzkultur. Freunde des Internets 16 Grußwort Thomas Oberender18 Grußwort Thomas Krüger21 Vorwort Nikola Richter 23 Rachel Coldicutt: On Going To Conferences Ward Al-Assi: A Sign from Deir El-Zor Volker Oppmann: Jenseits von Amazon: Das digitalisierte Buch und der Literaturbetrieb Geert Lovink & Ned Rossiter: Organized Networks: Weak Ties to Strong Links Axel Kistner: LiquidFeedback – mehr als Liquid Democracy Martin Geisler: Medial sozial?! Biografien 27 30 34 36 42 47 54 Berliner Festspiele 77 Bundeszentrale für politische Bildung 78 Impressum79 Programmablauf Die stumme Masse 18:00 – 19:00 Uhr / Seitenbühne Einspruch! Freundschaft zwischen Avantgarde und Nerdtum Gespräch (engl.) — mit Angela Richter, Joseph Farrell und Allegra Searle-LeBel — Moderation: Anjana Shrivastava 18:00 – 18:30 Uhr / Rang Do you click me? E-Kampagnen in der Kultur Vortrag und Gespräch — mit Paula Hannemann — Moderation: Rabea Edel 18:30 – 19:00 Uhr / Rang Nach Facebook – Einführung in neue Web-Gemeinschaften Vortrag und Gespräch (engl.) — mit John Ngo — Moderation: Rabea Edel 19:00 – 19:30 Uhr / Seitenbühne Public Soundcheck – YouTube-Hit: und dann? Gespräch und öffentlicher Kurz-Gig — mit Koenigleopold — Moderation: Stefan Adrian 19:00 – 22:00 Uhr / Oberes Foyer (Hollywoodschaukel) Social-Media-Sprechstunde Sprechstunde — mit Leander Wattig 19:00 – 20:30 Uhr / Oberes Foyer Liquid Feedback Workshop — mit Axel Kistner und Andreas Nitsche – 4 – 19:00 – 19:30 Uhr / Rang Fenster zur Welt Skype-Gespräch mit afghanischer Graffiti-Künstlerin (engl.) — mit Shamsia Hassani — Moderation: Rabea Edel 19:30 – 20:30 Uhr / Seitenbühne Die Macht der Echtzeit: Social Media als künstlerische Intervention Vortrag und Gespräch — mit Geert Lovink 19:30 – 20:00 Uhr / Rang Albtraum Partizipation Skype-Vortrag und Gespräch — mit Markus Miessen — Moderation: Rabea Edel 20:00 – 21:00 Uhr / Rang „Bitcoin – The Documentary“ Skype-Gespräch und Screening — mit Johannes Rösler — Moderation: Rabea Edel 20:30 – 21:30 Uhr / Seitenbühne E-Books, Apps und Nachrichten auf Karton: Wie Systeme gehackt werden Gespräch (engl.) — mit Rachel Coldicutt, Volker Oppmann und Ward Al-Assi — Moderation: Anjana Shrivastava 21:00 – 22:00 Uhr / Bornemannbar Politaoke – Politische Reden als Karaoke Open mike – mit Diana Arce – 5 – 21:30 – 22:00 Uhr / Oberes Foyer Mythos Clans – Einführung in die Welt der Computerspielgemeinschaften Vortrag und Gespräch — mit Martin Geisler und Gamern 22:00 – 23:00 Uhr / Seitenbühne Avantgarde meets Disco meets Elektro-Noise Konzert — mit Koenigleopold Photo Shop – Siebdruck-Station / Oberes Foyer Interaktive Installation — mit Lukas Julius Keijser CLAN-Party / Oberes Foyer Gamestation — mit Martin Geisler Hashtag: #nk1314 / Twitter Netzpublikumsdebatte — mit Maike Hank – 6 – Netzkultur. Freunde des Internets 18. Januar 2014 Die stumme Masse Hauptprogramm / Seitenbühne 18:00 – 19:00 Uhr „Einspruch! Freundschaft zwischen Avantgarde und Nerdtum“ — Die Regisseurin Angela Richter (u. a. „Assassinate Assange“, Schauspiel Köln) im Gespräch mit dem WikiLeaks-Botschafter Joseph Farrell und der Tänzerin und Internetfreiheitsaktivistin Allegra Searle-LeBel. Moderation: Anjana Shrivastava. In englischer Sprache Sind die Nerds und Hacker, die Computerspezialisten, die wahre Avantgarde des 21. Jahrhunderts? Sie stehen an der Speerspitze von weltweiten Bewegungen wie Anonymous und WikiLeaks, sie haben Zugang zu Informationen, die der „Normalbürger“ nicht hat, und sie formen unser Verständnis von Öffentlichkeit und digitaler Gesellschaft aktiv mit. Die Theaterregisseurin Angela Richter arbeitet seit zwei Jahren eng mit WikiLeaks-Aktivisten zusammen und „bringt zwei Welten zusammen“, die Kunst- und die IT-Szene, die sich oft kritisch beäugen. Im Juli 2011 luden der WikiLeaks-Gründer Julian Assange und der slowenische Philosoph Slavoj Žižek acht Personen zu einem exklusiven Lunch ein, deren Plätze man auf Ebay ersteigern konnte. Angela Richter war darunter, filmte alles und verwendete danach in ihrem Stück „Assassinate Assange“ Originalmitschnitte von späteren Treffen mit dem Aktivisten. Seitdem steht sie in engem, auch künstlerischem Kontakt mit einer Reihe von Assange-Mitarbeitern. Ein Gespräch über Selbstzensur und klandestine Arbeitstreffen. Und über das, was man hinter sich lässt und lassen muss, wenn man Aktivist wird – und was man stattdessen dazugewinnt. – 7 – 19:00 – 19:30 Uhr „Public Soundcheck YouTube-Hit: und dann?“ — Gespräch und öffentlicher Kurz-Gig mit der Band Koenigleopold. Moderation: Stefan Adrian Mit ihrem Dialekt-Rap „Kohlhauser“ (380.000 Views), welches vom Aufstieg und Fall eines steirischen Schlachters erzählt, ist die österreichische Band Koenigleopold eine YouTube-Legende. Lukas König und Leo Riegler berichten in einem moderierten Gespräch von der Geschichte ihres Kennenlernens in der Jazz-Werkstatt in Wien, von der Rolle, die Gemeinschaft in ihrer Musik spielt, und davon, was man so erlebt, wenn man fast über Nacht durch das Netz bekannt wird. Plus kurzem Live-Gig. Das Konzert spielen sie um 22:00 Uhr. — homepage: http://www.koenigleopold.at/main.html — http://www.youtube.com/watch?v=Ch74FHD9cPQ 19:30–20:30 Uhr „Die Macht der Echtzeit: Social Media als künstlerische Intervention“ — Vortrag mit Geert Lovink, niederländischer Netzwerk-Theoretiker. In englischer Sprache Geert Lovink ist sich sicher: „Das Internet geht nicht mehr weg, es ist da.“ Der bekannte niederländische Medientheoretiker hat sich ausgiebig mit der Funktion von im Netz organisierten Gruppen beschäftigt. Er sieht Social Media als definierende Bedingung dafür, wie sich heute die Gesellschaft austauscht und wie sie kommuniziert. In seinem Vortrag wird er unser heutiges Verständnis von digitaler Gemeinschaft aus unserer traditionellen Vorstellung von Gemeinschaft und den virtual communities der 1990er Jahre herleiten und erklären, inwiefern das Herstellen von Verbindungen eine künstlerische Intervention sein kann. Weiterhin gibt er Beispiele für künstlerische Reaktionen auf das Echtzeit-Netzwerken. – 8 – 20:30–21:30 Uhr „E-Books, Apps und Nachrichten auf Karton: Wie Systeme gehackt werden“ — Diskussion mit Rachel Coldicutt (Culture Hack, Agentur Caper), Volker Oppmann (Initiator von LOG.OS, einer gemeinnützigen digitalen Universalbibliothek und Alternative zu Amazon) und Ward Al-Assi (syrischer Künstler und Mitbetreiber der Facebookseite „Kartoneh From Deir Eezoar“). — Moderation: Anjana Shrivastava. In englischer Sprache „Das Internet ist kein Medium, sondern eine Vernetzungsmaschine“, hat der US-amerikanische Netzjournalist Jeff Jarvis einmal gesagt. Und es ist mittlerweile zu einem produktiven Nicht-Ort geworden, an dem künstlerische Arbeit organisiert, geplant, umgesetzt und verbreitet wird. Menschen, die nicht zur gleichen Zeit oder am gleichen Ort, jedoch an einer gemeinsamen Aufgabe oder an einem Projekt arbeiten, können sich austauschen, Inhalte bearbeiten, anderen zur Verfügung stellen. Wie verändert die digital-analoge Kollaboration die künstlerischen Beziehungen und Arbeitsprozesse? Welche Chancen und Herausforderungen stecken in der nicht-verorteten, aber vernetzten Kulturarbeit? Eine Diskussion über praktische Erfahrungen der digitalen Zusammenarbeit und die politischen Implikationen: Hack Days in Kulturinstitutionen, bei denen Programmierer und Designer innerhalb von 24 Stunden praktische Apps entwickeln, künstlerisch-politischer Facebook-Aktivismus aus Syrien und die Frage nach anderen Zugangsrechten zu Kulturgütern und Gegenmodellen zu Netz-Monopolisten wie Amazon. 22:00 – 23:00 Uhr „Avantgarde meets Disco meets Elektro-Noise“ — Konzert mit Koenigleopold Koenigleopold spielen ihr erstes Konzert in Deutschland mit ihrem aktuellen Debütalbum „eure armut kotzt mich an“ im Rahmen der Konferenz „Netzkultur“! Die Österreicher Lukas König (Schlagzeug, Synthesizer) und Leo Riegler (Electronics, Turntables, Gesang, – 9 – Klarinette), unterstützt von Karolina Preuschl (Rap, Visuals), machen eine furiose Mischung aus Beats, Jazz und Funk, Schlagzeugrap und Streetwisdom. Dreister Schmäh trifft auf nie gehörte musikalische Befreiungsschläge. Musicaustria schrieb: „Was kann man über eine Band schreiben, die aus musikalischer Sicht nicht und nicht in eine der gängigen Schubladen hineinpassen will. Das famos-schräge Zweiergespann Koenigleopold räumt nämlich ordentlich auf und lässt wirklich keinen Stein auf dem anderen. (Sie) ... brechen mit so ziemlich allen musikalischen Begrifflichkeiten ... Bei Koenigleopold trifft Wahnsinn auf Innovationskraft, spitzer Humor auf Kreativität, Experimentierfreudigkeit auf musikalische Finesse, Musiktheater auf Aktionismus ...und, und, und...“ Academy / Rang Durch das Academy-Programm führt Rabea Edel 18:00 – 18:30 Uhr „Do you klick me? E-Kampagnen in der Kultur“ — Vortrag und Gespräch mit Paula Hannemann von Change.org Paula Hannemann ist Campaigns Director bei Change.org Deutschland. Change.org ist eine der größten E-Campaigning-Plattformen weltweit, die im Dezember 2013 etwa auch den Aufruf „Writers against Surveillance“ von mehr als 500 Schriftstellern aus 82 Ländern, darunter auch Nobelpreisträger, verbreitet hat. Sie gibt Auskunft über Erfolgsstrategien und Chancen für digitale Kultur-Kampagnen. 18:30 – 19:00 Uhr „Nach Facebook – Kurze Einführung in neue Web-Gemeinschaften“ — Vortrag und Gespräch mit dem Webentwickler John Ngo. In englischer Sprache. – 10 – Dunbar’s Number, die Ungleichheit der Partizipation und der Intimitäts-Quotient: Der australische Designer John Ngo stellt verschiedene Begriffe zum Verständnis von Web-Communities und sozialen Netzwerken vor. Wie sind die sozialen Netzwerke der Zukunft aufgebaut? 19:00 – 19:30 Uhr „Fenster zur Welt” — Skype-Gespräch mit der afghanischen Graffiti-Künstlerin Shamsia Hassani. In englischer Sprache „In Kabul ist Graffiti nicht illegal”, sagt Shamsia Hassani, aber es ist – noch – nicht sehr verbreitet. Seit einigen Jahren arbeitet die junge Künstlerin daran, das zu ändern, in Afghanistan und im Ausland. Internationale Kunstinteressierte finden und kontaktieren sie per Facebook und sie gibt das, was sie weiß, an die Studierenden vor Ort weiter. Sie spricht per Skype über das Potential des Internets, Künstlern weltweit zur Selbstermächtigung zu verhelfen. 19:30 – 20:00 Uhr „Albtraum Partizipation“ — Skype-Vortrag und Gespräch mit dem Architekten Markus Miessen Wenn alle mitreden, wie kann da ein Konsens hergestellt werden? Partizipation ist kein Allheilmittel, sondern eine Krux unserer Zeit. Stattdessen fordert der Architekt und Autor Markus Miessen in seiner „Trilogie der Partizipation” mehr Konfliktbereitschaft. Insbesondere und auch im Kulturbetrieb. 20:00 – 21:00 Uhr „Bitcoin – The Documentary“ — Skypegespräch mit Regisseur Johannes Rösler und Screening der Preview des ersten deutschen Bitcoin-Dokumentarfilms Am 3. Januar 2009, inmitten der weltweiten Finanzkrise, errechnete Satoshi Nakamoto den Genesis Block, und mit ihm den Grundstein – 11 – für eine völlig neuartige Währung: Bitcoin, ein virtuelles Zahlungsmittel aus dem Internet, für das Internet. Mithilfe eines schnell wachsenden Netzwerks freiwilliger Entwickler entstand ein dezentrales, anonymes und unreguliertes Bezahlsystem, das bald von Hackern, Cypherpunks und Anarcho-Kapitalisten bevölkert wurde, die dort ihre jeweils ganz eigenen Ziele verfolgen. Was für die einen ein demokratisches Mittel zur Befreiung aus der Abhängigkeit ist, ist für die anderen die Hoffnung auf das ganz große Geld. Der Film „Bitcoin – The Documentary“ ist der erste abendfüllende Dokumentarfilm über das Phänomen Bitcoin. Er versammelt Interviews mit herausragenden Vertretern der weltweit verstreuten avantgardistischen Bewegung und beleuchtet ihre Hintergründe und Motivationen. Gedreht wurde er von einer Gruppe von Studierenden um Johannes Rösler (Produktion, Regie), die das Projekt komplett per Crowdfunding in Bitcoins finanzieren. Noch bevor er im Frühjahr 2014 frei verfügbar im Netz veröffentlicht wird, zeigen wir exklusiv Szenen aus dem Rohschnitt und sprechen mit dem Regisseur Johannes Rösler. Aktionen / Oberes Foyer 19:00–20:30 Uhr „Liquid Feedback“ — Theorie und Praxis mit den Programmierern Axel Kistner und Andreas Nitsche LiquidFeedback ist eine Open-Source-Software zur politischen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung. Sie schafft fließende Grenzen zwischen direkter und repräsentativer demokratischer Teilhabe und ermöglicht, auch komplexe Entscheidungsprozesse zwischen gleichberechtigten Teilnehmern einfach zu strukturieren und durchzuführen. Entwickler Axel Kistner und Vorstandsmitglied Andreas Nitsche vom Interactive Democracy e.V. sprechen über die Bedeutung dieser neuen Möglichkeiten für die Organisation von Gemeinschaft und geben eine praktische Einführung in die Software. – 12 – ACHTUNG Teilnehmerbegrenzung, bitte am Konferenztag am Infocounter anmelden. Für den praktischen Teil des Workshops ist ein eigener Laptop erforderlich. 19:00 – 22:00 Uhr / Hollywoodschaukel „Social Media-Sprechstunde“ — Mit dem Blogger und Kulturbranchenberater Leander Wattig Leander Wattig, Blogger, Berater und Vernetzungsprofi gibt Tipps für Einsteiger und Fortgeschrittene für den erfolgreichen Umgang mit den sozialen Medien im Kulturbereich. Anmeldung zu den 15-Minuten-Terminen über diesen Doodle-Link. Aber auch spontanes Vorbeischauen am Tag der Veranstaltung ist möglich. 21:00–22:00 Uhr / Bornemannbar „Open mike Politaoke: Politische Reden als Karaoke“ — Open mike mit Diana Arce Rede wie ein Politiker – oder anstelle eines Politikers! Aus einem Menü von echten Reden, kannst du dir eine aussuchen und diese bühnenreif nachsprechen. Unterhalte dein Publikum mit lustigen, informativen und vergessenen Reden von Politkern aller Parteien zum Thema Internet, Überwachung und Datenschutz. Wie echtes Karaoke, aber viel einfacher, denn bei Politaoke reicht es, zu sprechen. Aber wenn du singen, rappen, kommentieren oder verbessern willst: gerne. Such dir eine Rede aus und greif zum Mikrofon! — www.politaoke.com — www.facebook.com/politaoke — @politaoke (Twitter/Instagram) — www.visualosmosis.com — [email protected] – 13 – 21:30–22:00 Uhr „Mythos Clans – Einführung in die Welt der Computerspielgemeinschaften“ — Vortrag und Gespräch mit Prof. Dr. Martin Geisler und Gamern Computerspielgemeinschaften verbinden Menschen, oft über alle geografischen und demografischen Grenzen hinweg. Leidenschaftliche Spieler organisieren sich in Clans und Gilden und bringen eine Kultur der Gemeinschaft hervor, die nach ihren ganz eigenen Regeln funktioniert und in vielen Fällen über die virtuelle hinauswirkt. Prof Dr. Geisler (medienpädagogisches Institut für Computerspiel – Spawnpoint) gibt einen Einblick in die Welt der Computerspielegemeinschaften und spricht mit Gamern über ihre unterschiedlichen Erfahrungen in verschiedenen Gilden und Clans. „Photo Shop“ — Interaktive Installation, Siebdruck-Station des niederländischen Künstlers Lukas Julius Keijser Die interaktive Installation „Photo Shop“ von Lukas Julius Keijser ist ein Ort der Begegnung: ein Umschlagplatz von Menschen, Medien und Materialien, von analog zu digital und wieder zurück. Hochladen, runterladen, drucken, kopieren und spiegeln: So entsteht probeweise eine temporäre ästhetische Gemeinschaft – im digitalen Raum und als einmaliges Werkstück zum Mitnehmen. CLAN-Party — Gamestation mit Prof. Dr. Martin Geisler Die Gamestation, betreut von Prof. Dr. Martin Geisler (medienpädagogisches Institut für Computerspiel – Spawnpoint) und Studierenden der Medienpädagogik an der FH Jena, bringt erfahrene Gamer und interessierte Besucher zusammen. Ein Racing Game und ein Shooter eröffnen einen – im wahrsten Sinne des Wortes – spielerischen Zugang zur Welt der Computerspielgemeinschaften. – 14 – Netzpublikumsdebatte Hashtag #nk1314 Maike Hank twittert als @ruhepuls und verfolgt die Geschehnisse unter dem Netzkultur-Hashtag #nk1314. Als Twitter-Ombudsfrau liest sie ausgewählte Tweets vor, fasst Tendenzen zusammen und spielt die Netzdebatte in die Publikumsgespräche vor Ort zurück. – 15 – Netzkultur. Freunde des Internets „Netzkultur. Freunde des Internets“ ist ein neues diskursives Veranstaltungsformat der Berliner Festspiele in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung. Es trägt den Untertitel „Freunde des Internets“, um den Blick der Konferenz auf positive Auswirkungen des Netzes auf die Kultur zu verdeutlichen und um dem Pessimismus, der den Webentwicklungen aus dem Netz häufig entgegenschlägt, etwas entgegenzusetzen. Jede der drei Ausgaben der Netzkultur widmet sich einem spezifischen Thema: „Technologie-Evolution“ am 30. November 2013, „Die stumme Masse“ am 18. Januar 2014, „Digitale Identitäten“ am 22. Februar 2014. Alle Veranstaltungen werden live gestreamt auf netzkultur.berlinerfestspiele.de. Auf Twitter wird unter dem Hashtag #nk1314 diskutiert. Der erste Teil der Netzkultur widmet sich der Frage, inwieweit digitale Technologien Teil unseres kulturellen Selbstverständnisses geworden sind, wie sich Kulturschaffende und Künstler zu ihnen stellen, wo sie sich abgrenzen, wo sie ihr schöpferisches Potenzial nutzen. Im zweiten Teil soll es um die stumme Masse gehen, um Kollaboration, Partizipation und die Rolle von Gruppen. Der dritte stellt digitale Identitäten in den Mittelpunkt, die Selbstinszenierung des Ichs, künstliche Intelligenz, digitales Performen. Die Netzkultur schaut auf die Produktions- und Nutzungsbedingungen von Kultur im Netz und beleuchtet die dezidiert kulturellen Entwicklungen der Netzevolution. Die politische Dimension des Themas mit Fragen wie Datensicherheit, Überwachung, Anonymität, Schutz der Privatsphäre, aber auch neuen Formen der schnellen Information, der journalistischen Recherche oder der Verabredung von politischen Aktionen, haben die Ereignisse um die Demonstrationen des Arabischen Frühlings und die Unruhen in der Türkei, aber auch Figuren wie Julian Assange und Edward Snowden bewiesen. – 16 – Die Bundeszentrale für politische Bildung setzt schon seit vielen Jahren auf die digitale Vernetzung von Information und Bürgern und verwendet das Netz als einen wichtigen Schnittpunkt zur Kommunikation eigener Inhalte. Ebenso klärt sie über netzpolitische Themen und Fragestellungen auf und arbeitet mit innovativen Konferenzveranstaltern zusammen. Die bewusste Nutzung digitaler Werkzeuge muss daher heute Teil von politischer Bildung sein, politische Mündigkeit geht mit Internet-Mündigkeit einher. In der Zusammenarbeit mit den Berliner Festspielen soll nun der kulturelle Aspekt der digitalen politischen Welten herausgearbeitet werden, Fragestellungen, mit denen jeder Bürger, jede Bürgerin im Alltag in Berührung kommt. Dieser Reader zur Netzkultur versammelt Artikel, Interviews, Statements von Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmern, die sich ebenfalls mit der stummen Masse beschäftigen, dem Thema des zweiten Konferenztages. Den Reader zur ersten Ausgabe von Netzkultur „Technologie-Evolution – Wo wir herkommen“ finden Sie als Download im ePub- oder PDF-Format unter: http://www.netzkultur. berliner-festspiele.de/programm-30-november-2013. Ein weiterer Reader erscheint zum nächsten Konferenztag zu „Digitaler Identität“ am 22. Februar 2014. Leiten Sie ihn weiter! – 17 – Grußwort Thomas Oberender Das Internet verändert alles! Ich kann noch immer staunen übers Internet. Über diesen parallelen Kontinent, den wir inzwischen so selbstverständlich bereisen und bewohnen wie die fünf anderen. Eine geschlossene Festlandmasse ist das Netz natürlich nicht, sondern eher ein immaterielles und dynamisches Gefüge aus Energie, eigentlich etwas, in das die Menschheit von Urgedenken an umziehen wollte, dematerialisiert, vermittels von Meditationen oder Drogen oder Bestattungsriten. Übers Netz kann man nur in Metaphern sprechen, die schon veraltet sind. Zumindest geht es mir so, Veteran der Walkmanzeit, einer der ersten Geldkartenbesitzer damals in Ostberlin. Und weil inzwischen das Internet scheinbar selbst bedroht ist, wollen wir uns als Freunde des Internets verhalten. Lasst es uns retten vor der dunklen Seite der Macht. Die drei sehr komplexen, happeningartigen Veranstaltungen, deren Entstehen auf eine Initiative der Bundeszentrale für politische Bildung zurück geht, sollen am Haus der Berliner Festspiele nach folgendem Muster ablaufen: Zunächst soll zu Wort kommen, wer auf qualifizierte Weise sagen kann, warum das Internet nicht mehr zu retten ist. Das ist der Einspruch, mit dem der Tag beginnt. Und dann folgt ein öffentliches Nachdenken, Experimentieren und Feiern von Ideen, politischen und künstlerischen Praktiken, die das Internet als Medium als einen Kontinent mit liberaler Zukunft erscheinen lassen. Wie viele Szenen, Sekten, Geheimwissenschaftler es in diesem Zwischennetz gibt. Aber wir möchten doch mitverstehen, mitdenken, mitreden können. Wir, die wir Experten brauchen und sehr klare, schöne Benutzeroberflächen. Wir brauchen in technischen Dingen Vermittlung. Wir brauchen Kultur. „Netzkultur. Freunde des Internets“ will verschiedene Milieus von Netzaktivisten und Theoretikern – 18 – zusammenbringen, mit einer freundlichen Einladung auch an die, die keine Experten sind. Netzkultur – das ist im Grunde der vage Titel für unsere zentrale Frage: Wie verändert sich die Kultur durch das Netz? Explizit nicht geht es um eine Form kultureller Netzbotanik – um das Studium der kulturellen Artenvielfalt im Netz. Sondern uns interessiert die Frage, ob es einen Konflikt zwischen Kultur und Technologie gibt? Ob disruptive Innovationen auf Seiten der Technologie auf unsere Kultur nur zerstörerisch einwirken? Oder ob es eine Chance gibt, wie etwa Frank Schirrmacher meint, alte europäische Visionen und Werte mit der neuen Technologie zu verbinden? Wir sprechen vom kommenden „Netz der Dinge“, „perforierter Aufmerksamkeit“, dem „On-Off-Verhältnis“ des neuen Alltags, aus Worten wie diesen kristallisieren sich neue Grundfragen an die Gesellschaft: Was bedeutet die Entscheidungshilfe von Algorithmen für den Einzelnen? Entscheiden diese nicht längst autonom, unter Umgehung des Menschen und jenseits demokratischer Kontrolle? Welche Konsequenzen hat das menschliche Tun noch im Netz? „Wir bezahlen mit unserem Verhalten!“, dieser Satz, von einem hochverantwortlichen Facebook-Mitarbeiter hat mir unlängst einen Spalt im Vorhang vor der Bühne dieser neuen Kultur geöffnet. Es gibt viele solcher Sätze und sie haben alle eines gemeinsam: Das Internet bewirkt die größte soziale und politische Umwälzung in meiner Lebenszeit. Das Netz verändert alles. Wie einst die Erfindung des Automobils alles verändert hat: die Infrastruktur, die Siedlungsformen, Lebensweisen, das Weltbild, Landschaften, usw. Diese Erfindung hat die Welt verändert wie keine Idee oder Bewegung zuvor. Und so ist es mit dem Internet. – 19 – Deshalb soll die Netzkultur, kuratiert von Nikola Richter, für ein paar Tage in unserem Haus eine Zwischenposition zwischen Kultur und Technologie etablieren und das Gespräch zwischen den Extrempositionen und Lagern fördern. Wir sind Freunde des Internets. Thomas Oberender — Intendant der Berliner Festspiele – 20 – Grußwort Thomas Krüger Internetopia ist zerplatzt – Es lebe das Internet! Was ist nur mit dem Internet los? Diesem gegenwärtig größten aller amerikanischen Träume, der gerade dabei ist, sich – golemgleich – durch seine eigenen Erschaffer in einen Klumpen Lehm aufzulösen. Der Hoffnung auf den herrschaftsfreien Diskurs, den geschützten unzensierten Raum, in dem alle alles sagen können und allen alle Türen offen stehen. Dem Versprechen von wahrer Freundschaft und erfüllter Liebe, der Begegnung über Grenzen und Klassen hinweg. Dem Ort des Austauschs – geistiger, aber auch materieller Güter – jenseits der kapitalistischen Verwertungslogik. Der neuen grenzenlosen Agora, in der nunmehr echte Partizipation aller möglich ist. Ein Ort, den sich Ernest Callenbach nicht bunter hätte ausmalen können. All das soll nicht real sein, sondern nur eine Fassbinder‘sche „Welt am Draht“? Zuerst waren es noch kleine Störungen, die uns aufhorchen ließen. Im scheinbar kostenlosen Raum waren unsere Daten auf einmal die Währung, Diskurse in Chats und Foren manipuliert. Schließlich ist es jeder Kontakt, jede Bewegung, jeder noch so intime Austausch, der gesehen, überwacht und in riesigen Serverfarmen im ewigen Eis Orwellscher Arsenale für die Ewigkeit gespeichert wird. Aber bei allem Wehklagen über den „Untergang des Netzes“, wie wir meinten, es gekannt zu haben: Sind wir nicht im Netz nunmehr dort angekommen, wo wir in der realen Welt schon lange sind? Anders als Fred Stiller in Fassbinders Film fehlt uns die Möglichkeit, am Ende in die dann hoffentlich endgültige reale und perfekte Welt „aufzusteigen“. Im Offline- wie im Online-Modus haben wir offenbar nur diese eine Welt. Und das, was wir beobachten, ist die – nunmehr auch mental nachvollzogene – Zusammenlegung zweier Welten: hier – 21 – wie dort wird Geld verdient, ausgebeutet, betrogen, überwacht, ausgegrenzt, gemobbt, begrenzt. Und hier wie dort werden Menschen von der Teilhabe an politischen Prozessen ausgeschlossen. Aber hier wie dort gab und gibt es eben auch das Gegenteil: Gemeinschaft, Beteiligung, Wissensvermehrung, Kreativität und Ermöglichung, Privatheit und Öffentlichkeit, kurz Freiheit. Internetopia zerplatzt. Aber es ist nicht das Netz, das seit einigen Monaten nicht mehr das zu sein scheint, was es einmal zu sein schien. Es ist unsere Vorstellung vom Netz. Über Netzkultur zu sprechen heißt also, über unsere Welt zu sprechen, innerhalb und außerhalb des Netzes. Über unsere Gesellschaft, unsere Politik, die Möglichkeiten sich zu beteiligen und die Möglichkeiten, als Privatperson vor dem Zugriff von wem auch immer – und wo auch immer – geschützt zu sein. Es geht um nicht weniger als um die Rückeroberung und Wiederbelebung grundlegender Rechte und die Selbstbestimmung durch mündige Bürger: hier wie da! Mit diesem realistischen – sicher auch kritischen – Blick lassen sich die Chancen des Internets vielleicht entspannter neu austarieren. Und dass diese Chancen erheblich sind, das werden Sie in den kommenden Wochen und in zahlreichen Diskussionen bei unserer Veranstaltungsreihe sehen: online wie offline! Oder mit Friedrich Hölderlin: „Komm! ins Offene, Freund!“ Thomas Krüger — Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung – 22 – Vorwort Nikola Richter Die Seeräuberjenny in meiner Timeline „Und schon hängen alle an ihren Handys.“ „Man darf ja auch den Kontakt zur Realität nicht verlieren.“ Seeräuberjenny, @LaVieVagabonde, 25.11.2013 Ich habe diesen Tweet in einer Nacht der ziellosen Recherche gefunden. Ich war lost in googelation, bin wirr zwischen geöffneten Browserfenstern hin- und hergesprungen, habe hier eine Zeile gelesen, dann wieder da, und auf einmal ploppte die Seeräuberjenny in meiner Timeline auf. Ich hakte mich bei ihrem Tweet unter, den sie mitten in der Nacht versendet hatte, wahrscheinlich an einige Freundinnen gerichtet, mit denen sie gerade Wodka trank. Das ist das, was ich am Internet am meisten mag. Dass es überraschen kann, dass es mir erlaubt, anders und plötzlich wahrzunehmen, dass es Text, Bild und Ton ist, also die Sinne anspricht, dass es neue Perspektiven zeigt. Das Internet ist ein heterotoper Raum, in welchem Kreativität – trotz allem Mainstreamunsinn – möglich ist. Neue Literatur- und Sprachformen entstehen, Youtube- und Soundcloudstars werden geboren, die Verbreitung von digitalen Artefakten ist über die Grenzen hinweg möglich, Gleichgesinnte arbeiten zusammen, ohne dass sie an einem gemeinsamen Ort sind. Aktionen werden koordiniert und ausgeführt. Unliebsame Daten vielfach kopiert und damit nicht zensierbar. Aufklärung, Demokratie, Gemeinschaftlichkeit pur. Der chinesische Künstler Ai Wei Wei hat auf seinem Blog, dessen Posts unter dem Titel „Macht euch keine Illusionen“ erschienen ist, geschrieben, dass er nie von Kreativität spreche, stattdessen von „Fantasie“, „Ahnung“, „Entdeckungsfreude“, „Subversion“ oder „Kritik“. Aber dann definiert er trotzdem „Kreativität“ und diese Definition passt exakt dazu, was das Netz möglich machen kann, wenn man ihm sein utopisches Potenzial lässt: – 23 – „Kreativität ist die Kraft, die Vergangenheit abzulehnen, den gegenwärtigen Zustand zu verändern und nach neuen Möglichkeiten zu suchen. ... Nur durch unser Handeln können ersehnte Veränderungen Wirklichkeit werden.“ Der graue Alltag: Heute verbringt jeder Deutsche durchschnittlich 3,2 Stunden Zeit am Bildschirm, wie eine aktuelle Studie der Techniker-Krankenkasse herausfand. Der Bildschirm ist Vermittler von Welterfahrung geworden. Er ist Gerät für Innovations- und Arbeitsprozesse, für Überwachung und Zerstreuung, auf ihm bewegen wir uns meist auf vorgegebenen Trampelpfaden. Das sieht alles gar nicht nach Handlung aus, was wir da machen, wir sitzen still, mehrere Stunden, vielleicht tippen wir etwas. Der Bildschirm und damit auch der Rechner sind neutral. Die Hardware hat keine Meinung und begehrt nicht auf. Aber das, was Handlung ermöglicht, die Software, steht zur Debatte. Und das Verhalten derjenigen, die die Software verwenden. Unser Verhalten. Die Veranstaltungsreihe „Netzkultur. Freunde des Internets“ will dazu anregen, alltägliche digitale Handlungen zu hinterfragen, Neues zu lernen, sei es in praktischen Workshop oder in theoretischen Vorträgen. Gleichzeitig dient sie der Sichtbarmachung einer Debatte, die bisher in Deutschland weniger geführt wurde, nämlich der Frage, wie sich eigentlich die Kulturschaffenden zum digital turn stellen. Nun ist das Internet zwar noch nicht so alt, einige Dekaden. Wenn es ein Mensch wäre, wäre es in seinen besten Jahren, aber eben auch nicht mehr so jung. Es hätte seine Unschuld verloren, seine Tiefschläge erlitten. Und derzeit wäre es in seiner Midlife-Crisis. Außerdem wäre es arg betrogen worden, und müsste jetzt erst wieder Vertrauen in sich aufbauen. Darüber hätte es vergessen, dass es etwas erreicht hat: 30 Millionen haben in Deutschland einen Netzanschluss, weltweit sind mehr als 2 Milliarden Menschen online, davon etwa die Hälfte in Asien. Die junge Journalistin Wallis Azadian hat sich gerade für das Vice-Magazin für eine Woche in das Jahr 1996 zurückversetzen wollen, in der es die ihr bekannten Geräte und die mit ihnen verknüpften – 24 – technologischen Möglichkeiten nicht gab. Für sie ein Luxusspielchen (für viele auf der anderen Seite des digitalen Grabens, die, die einfach vom Netz abgeschnitten sind, eine bittere Realität). Sie stellte ihr Handy aus, sie stellte das Netz ab. Ihr Experiment endete in Hilflosigkeit und Langeweile. Sie wusste nicht mehr, wie sie sich ohne Mobiltelefon und Internet verabreden sollte, einfachste Informationen wie die Adresse des nächsten mexikanischen Restaurants waren ihr nicht zugänglich. Die Kommentare unter dem Artikel, die ihr Dummheit vorwarfen, taten ihr dennoch Unrecht. Natürlich hatte sie es verlernt, einfach bei jemandem zu klingeln. Ebenso hatte sie noch nie die telefonische Auskunft angerufen. Ihre Realität war eine andere, die neue Kompetenzen erlernen und alte in Vergessenheit geraten lässt. Das selbstauferlegte „Technologievakuum“ hatte ihr nichts offenbart, sie wollte zurück in die „Modernität“. Darüber könnte man traurig sein. Was kann diese junge Frau alles nicht mehr! Unsere Zivilisation, am Abgrund! Das Jammern darüber, dass Geräte und ihre Verwendungsmöglichkeiten uns zum Schlechteren verändern, dass sie kulturelle Werte und Traditionen zerstören, sind Zwillinge des technologischen Fortschritts – aber auch des menschlichen Wesen. Der Mensch weiß, dass früher eben alles besser war. Dabei sollten wir einfach akzeptieren, dass wir fehlerhaft sind. Schon Sigmund Freud schrieb in seiner kulturtheoretischen Studie „Das Unbehagen in der Kultur“ davon, dass der Mensch von sich aus eigentlich gar nichts könne. Um aber aber seine Schwächen zu überwinden und das Ideal, das er von sich habe, zu erreichen, entwickele er Werkzeuge: „Der Mensch ist sozusagen eine Art Prothesengott.“ Das war 1930 genauso wahr wie 2013. Und so sitzen wir vor den hell erleuchteten Fenstern, hören das Summen der Lüftung, sehen die Anzeige der Batteriefülle und den Ausschlag des Netzempfangs wie Lebenszeichen eines guten Bekannten. Die neuen Technologien sind bei uns, sie prägen uns. – 25 – Wir sollten sie genauso prägen. Damit sie auch unsere Werte kennenlernen. Gerade legte die Unesco erste digitale „Universal-Regeln“ vor. Sie fordern, dass die Menschenrechte die Basis aller Netzregeln, jeder Anwendung und jedes Dienstes bilden. Nikola Richter — Kuratorin Netzkultur – 26 – Rachel Coldicutt On Going To Conferences I really like white men who are aged between 35 and 45. In fact, I like them so much that I live with one and number many of them among my best friends. They’re great, some of them are brilliant, visionary practitioners, and I don’t want it to sound like I’m having a downer on them. But – and this may come as a shock to some of you – they aren’t the only people in the world, and they certainly aren’t the only people who work in design or technology. I know – right? There are young people, women, people from different ethnic backgrounds – all sorts of crazy stuff is going on in work places all over the country and, more shockingly, all around the Old Street area that either doesn’t include or isn’t the sole preserve of this fairly small group of people. And the thing is that everyone knows that except for some people who organise conferences. Now, I’ve organised quite a few events and I know how easy it is to ask your friends to do stuff. For a start, your friends are your friends because they’re brilliant. They’re your friends because they’re the best people you know. So it seems quite tempting to think, “I’m going to organise an event and just ask my friends, or people like my friends, to speak, because they are all totally awesome and everyone else will think so too.” Right? Well, no. Not right. Or at least, not for me. I’ve stopped buying tickets to things that are just talks by long lists of guys with one-syllable names. And that’s a shame, because lots of these guys with one-syllable names are completely brilliant, and I want to hear what they have to say. But I don’t only want to hear what they have to say. Obviously I could deal with this myself by go– 27 – ing to a wide range of events, but – frankly – who has the time? I say “hurray for established practitioners who happen to be men, but they aren’t everyone in the world who’s doing interesting stuff, so please can we stop pretending that they are.” Lots of stuff is changing, and I feel that technology events are, slowly, becoming more equal. Or at least, I feel that people in my bit of Twitter who talk about them are aware of the need for equality – but then, of course, I’m friends with people like me, so they would think that. So it’s quite a shock when I see a brilliant looking conference* that I really want to go to and I scroll down the list of speakers and there they are, one after another, man man man man, and then I think – no. I’m not going to go to that. Obviously sexism is only one part of the equality jigsaw, but it’s the part I’m most interested in and affected by. And one of the reasons I won’t go is because it feels as if the vision of the event as a whole will be limited. Clearly I don’t think that all men in the same age bracket think the same thing (I mean, duh) but it may very well mean that whoever has organised the event hasn’t fished very far outside of their immediate pool, and – in my experience – that will make it, in totality, an ultimately less interesting event. This post is a knee-jerk reaction to seeing it happen again – and again. I’ve been having this debate for so long now that I actually find it quite boring, and can’t really believe I’m having to say the same things again. And lots of other people are saying them as well. At Caper, we’re working with some partners to do something longer-term about this, which we’ll be announcing later in the year (and please, get in touch if you’re interested in partnering or funding something in this area), and after Playful last year, Greg Povey started a directory of women speakers that people can add their names to if they’re interested in speaking. But in the meantime, I’m going to continue being baffled and confused by this sort of thing, but – more powerfully, I hope – I’m also going to vote with my money and my attention, and stop attending events that don’t even attempt some level of diversity. – 28 – *Updated: I was linking to a specific event, but I’ve taken that out, for the sake of even-handedness, as this applies to a lot of events and singling one out seemed unfair. — ©http://fabricofthings.wordpress.com/2012/09/13/on-going-to-conferences – 29 – Ward Al-Assi A Sign from Deir El-Zor “Here lies the Deir of Hearts: Angels carry the sorrow of Syria.” This sentence, written on one of many Facebook pages dedicated to the Syrian revolution, caught my attention a few days ago while I was looking for news of my home city of Deir El-Zor. My curiosity pushed me to seek out the young activists behind the page, called Kartouna min Deir El-Zor (A Sign from Deir El-Zor). A “Freedom Card” for a woman detained by the regime – the Facebook page features a collection of cardboard signs painted black with white lettering that said things like “What is happening is not a crisis… it’s been happening for 40 years” and “Oh glorious Kafranbil, your banners downed their planes”. The young men and women of Kartouna say they are dedicated to defending their city and their love of freedom. They chose the colours black and white because they evoke the schoolyard aesthetic of blackboard and chalk. “Black is usually the colour of sadness but despite that we made it a space for imagination, love and joy,” one of the activists told me. “We started the page to lift, even just a little, the darkness that has descended on this marginalized city.” The youth of Deir El-Zor say their city has suffered from neglect since long before the outbreak of the revolution and it continues to be marginalized by the Syrian National Council and many other international players. There are almost no news reports about Deir El-Zor compared to other Syrian cities, despite continued efforts by activists to send videos and news daily. I got in touch with the administrators of the page and asked them about my city and its people, and about my family and my friends – 30 – who are still there. I was told that “the city is completely destroyed, but we’re not leaving.” The activists of Kartouna are all civilians; they have never carried weapons despite the constant shelling and the siege that has been strangling the city since mid-June last summer. “Everything is destroyed – the maqabi market, the schools, the shops, the main and side streets, the personal status registry, the Baath party headquarters, mosques, police stations and tens of thousands of homes,” says Kareem, one of the activists who works on the page. “There are just a few buildings in a few neighbourhoods that have not been destroyed, and that is where the few thousand residents left take refuge.” The administrators of Kartouna are young people from the heart of the city who want to protect it through their signs and volunteer work. They are a group comprised of 16 activists living in the city, with more than 31 others who have left Deir El-Zor but continue to work with those on the ground to provide aid. “Our lives are virtually non-existent; we don’t get to perform our normal activities as civilians,” said Ruba, one of the founders of Kartouna. “All we do is distribute medical supplies and aid, visit the wounded, teach some of the children and play with them if we can.” The volunteers of Kartouna are also working on documenting the remaining families of the besieged city, who do not number more than 640. “During the rare periods of calm we go around with cameras and papers,” says Ruba. The goal behind this documentation project is to create a database to assist activists in supplying the population with aid and ensuring their safety. – 31 – “We are not heroes or role models,” says Ruba. “We work because we have faith in a better future, even if we will not live to see it, others will.” Abdel Nasser, another activist, remembers some of his fellow volunteers who were killed in the line of duty. “One of our dearest friends and Kartouna volunteers was martyred by mortal shrapnel while covering one of the affected areas. He and some other civilians from the neighbourhood were killed,” he says. “Another young man who volunteered with us also died – he was shot by a sniper in the Jabeela quarter.” There are seven people responsible for writing the slogans and designing the signs. “We don’t rely on techniques in our work; rather insist on staying true to its nature,” says one of the Kartouna activists. “We write by hand and without expensive materials, just chalk. We choose our phrases carefully and after consulting each other. We avoid any religious, sectarian or militaristic slogans and write our signs based on what is happening in Syria. Our signs are a revolutionary act, and we know they are part of a series of such acts.” Recent signs include one titled ”Freedom Card” a play on ‘identity card’, which listed the names of Syrian detainees. Another, titled “New Syrian Traffic Signs” uses the language of traffic signs to make a statement about the importance of combating sectarianism and respecting the rights and beliefs of others. “We reject sectarianism and are absolutely convinced that the regime is fuelling these ideas and trying to spread them among the public,” says one of the activists in charge of writing signs. – 32 – “Before the siege, we held hundreds of signs in the street,” says Walid, another activist. “Today, we are still committed to raising them, even in rooms and other closed places, and of course online.” — ©„A Sign from Deir El-Zor”, erschienen am 17. Januar 2013, 12:19 Uhr in „Through My Eyes” auf http://www.damascusbureau.org/?p=4649 – 33 – Volker Oppmann Die Folgen der Digitalisierung für Buch und Gesellschaft oder: Warum wir ein gemeinnütziges System für den Literaturbetrieb brauchen Die Digitalisierung verändert alle Rollen und Funktionen innerhalb des Literaturbetriebs. Dem Menschen als Leser und Nutzer von Literatur stehen Unternehmen gegenüber, die digitale Buchinhalte vertreiben und schon längst keine Buchhändler mehr sind: die Betreiber von Online-Bibliotheken. Aufgrund der mittlerweile etablierten Cloud-Angebote stehen unsere Bücher nämlich nicht mehr im heimischen Bücherregal, im lokalen Buchhandel oder in öffentlichen Bibliotheken, sondern in sogenannten „Serverfarmen“. Dort wird, völlig unabhängig vom Willen und den Interessen ihrer Nutzer, der Zugriff auf die dort gesammelten Inhalte geregelt und die Daten gespeichert und weiter verwertet bzw. vermarktet. Gesellschaftlich gesehen überantworten wir damit sowohl unser digitalisiertes Kulturerbe als auch unsere persönlichen Daten Institutionen, die bekanntermaßen einen sehr fragwürdigen Umgang mit Persönlichkeitsrechten, Urheberrechten und Daten- und Verbraucherschutz pflegen. Als Gegenentwurf bauen wir mit LOG.OS eine digitale Universalbibliothek auf, die eine direkte Interaktion zwischen Privatpersonen (Autoren und Lesern), Branchenteilnehmern (Buchhandlungen und Verlagen) und öffentlichen Institutionen (Schulen, Universitäten und Bibliotheken) über eine gemeinsame technische Infrastruktur ermöglicht. Über die gemeinnützige Trägerschaft in Form einer Stiftung kann LOG.OS sämtlichen Nutzergruppen neben Transparenz, Daten– 34 – souveränität und der Wahrung ihrer Privatsphäre eine demokratische Beteiligung an den Prozessen der Generierung, Sammlung und Nutzung von Wissen zusichern. Diese gemeinnützige Universalbibliothek fördert damit einerseits eine offene Wissens- und Informationsgesellschaft und wahrt gleichzeitig die persönlichen und ökonomischen Interessen aller Beteiligten. — ©LOG.OS / Volker Oppmann – 35 – Geert Lovink & Ned Rossiter Organized Networks: Weak Ties to Strong Links Sloganism for late 2013: “I feel protected by unpublished Suite A algorithms.” (J. Sjerpstra) – “I am on an angry squirrel’s shitlist.” – Join the Object Oriented People – “When philosophy sucks, but you don’t.” – “See you in the Sinkhole of Stupid, at 5 pm.” – “I got my dating site profile rewritten by a ghost writer.” – “Meet the co-editor of the Idiocracy Constitution” – The Military-Entrepreneurial Complex: “They are bad enough to do it, but are they mad enough?” – “There really should be something like Anti-Kickstarter for the things you’d be willing to pay to have not happen.” (Gerry Canavan) – Waning of the Social Media: Ruin Aesthetics in Peer-to-Peer Enterprises (dissertation) – “Forget the Data Scientist, I need a Data Janitor.” (Big Data Borat) If we look back at the upheavals from the past years (2011-2013) we see bursts of ‘social media’ activity. From Tahrir to Taksim, from TelAviv to Madrid, from Sofia to São Paulo, what they have in common is communication peaks, which fade away soon after the initial excitement, much in line with the festival economy that drives the Society of the Event. Corporate social networking platforms such as Twitter and Facebook are considered useful to spread rumors, forward pictures, file reports and comment on established media (including the Web). But no matter how intense the street events may have been, they often do not go beyond ‘short ties’. As temporary autonomous spaces they feel like carnivalesque ruptures of everyday life and are perhaps best understood as revolts without consequences. There is growing discontent over event-centred movements. The question of how to reach a critical mass that goes beyond the celebration of temporary euphoria is essential here. How can we get over the obvious statements about the weather and other meta fluctuations (from Zeitgeist to astrology)? Instead of contrasting the Leninist party model with the anarcho-horizontalist celebration of – 36 – the general assembly, we propose to integrate the general network intellect into the organisation debate. We’ve moved on a good 150 years since the Marx-Bakunin debates. It is time to integrate technology into the social tissue and no longer reduce computers and smart phones to broadcasting devices. As so many know, either tacitly or explicitly, technologies are agents of change. To understand social transformation, therefore, requires an understanding of technology. Innis and McLuhan both knew this well. It is thus not unreasonable to say that media theory provides a reservoir of diagnostic concepts and methods to assist those making interventions against regimes of control and exploitation. We would even go one step further: don’t just rehash concepts on file, but invent your own by deducing the correspondence between concepts and problems as they manifest within your own media universe of expression. Find sites of conflict, passion and tension, and you’ll soon get a rush of thought to the brain. The organised networks model that we propose is first and foremost a communication tool to get things done. We are aware that this proposal runs into trouble when tens of thousands of users start getting involved. Once you hit that kind of scale the Event takes over. The orgnet concept (short for organised networks) is clear and simple: instead of further exploiting the weak ties of the dominant social networking sites, orgnets emphasise intensive collaborations within a limited group of engaged users. Orgnets are neither avant-garde nor inward-looking cells. What’s emphasised is the word ‘organ’. With this we do not mean a New Age-gesture of a return to nature or a regression into the (societal) body. Neither is it a reference to Aristotle’s six volume work called the “Organon”. Even less does it refer to the tired notion of the ‘body without organs’ (or Žižek’s reversal, for that matter). The organ of orgnets is a social-technical device through which projects are developed, relations built and interventions made. Here, we are speaking of the conjunction between software cultures and social desires. Crucial to this relation is the question of algorithmic – 37 – architectures – something largely overlooked by many activist movements who adopt, in what seems a carefree manner, commercially motivated and politically compromised social media software such as Facebook, Twitter and Google+. Today’s uprisings no longer result from extensive organisational preparations in the background, neither do they produce new networks of ‘long ties’. They do, however, often emerge from a collective unconscious of accumulated discontent. Think of the public protests in São Paulo; initially a response to an increase in the costs of public transport, the underlying motivation behind such demonstrations was a longstanding malaise stemming from social inequalities and economic privileges bestowed upon a corrupt elite. What’s left is a shared feeling: the birth of yet another generation, though one not limited to age or even necessarily class or political persuasions. Even though small groups have often worked on the issues for many years, their efforts are usually focused on advocacy work, designing campaigns, doing traditional media work or being focused on those who are immediately affected by the crisis on the ground. Important work, but not precisely about preparing for the Big Riot. Is it wishing for too much to want sustainable forms of organisation when the world seems to be in perpetual flux? Very little stability defines labour and life as we know it. Ideologies have been on the run for decades. So too are political networks amongst activists. At best we can speak of a blossoming of unexpected temporary coalitions. What we need to focus on in the years to come is time-in-between, the long intervals when there is time to build sustainable networks, exchange ideas, set up working groups and realise the impossible, on the spot. How might such a long-term strategy be conceived and orchestrated within the logic of networks? We can complain about social media causing loneliness but without a thorough re-examination of social media architectures, such sociological observations can easily turn into forms of resentment. What presents itself as social media critique these days often leaves users with a feeling of guilt, with nowhere to go, except to return to – 38 – the same old ‘friends’ on Facebook or ‘followers’ on Twitter. As much as mainstream social media platforms come with an almost guaranteed capacity to scale as mass networking devices, they are not without serious problems that many are now familiar with: security of communication (infiltration, surveillance and a wilful disregard of privacy), logic or structure of communication (micro-chatting among friends coupled with broadcasting notices for the many subscribed to the cloud), and an economy of ‘free labour’ (user generated data, or ‘the social production of value’). While there has been some blossoming of social media alternatives such as Lorea, which is widely used among activists in Spain, other efforts such as Diaspora ended quite disastrously. After successfully raising $200,641 in development funds through Kickstarter it failed to gain widespread traction among activists, until an overall implosion of the project after one of its founders committed suicide. The increasing migration of youngsters to Instagram (a subsidiary of Facebook) and Snapchat was probably inevitable (irrespective of whether the NSA leak happened or not). But as April Glaser and Libby Reinish note in a recent Slate column, these social media alternatives “all use centralised servers that are incredibly easy to spy on.” Current social media architectures have a tendency to incite passive-aggressive behavior. Users monitor, at a safe distance, what others are doing while constantly fine-tuning their envy levels. All we’re able to do easily is to update our profile and tell the world what we’re doing. In this ‘sharing’ culture all we can do is display our virtual empathy. “She really ain’t all that. Why does all the great stuff happen to her and not me?” Organised networks radically break with the updating and monitoring logic and shift attention away from watching and following diffuse networks to getting things done, together. There is more in this world than self-improvement and empowerment. Network architectures need to move away from the user-centered approach and instead develop a task-related design undertaken in protected mode. – 39 – Three months into the Edward Snowden/NSA scandal, Slavoj Žižek wrote in “The Guardian”: “we need a new international network to organise the protection of whistleblowers and the dissemination of their message.” Note that the two central concepts of our argument are utilised here: a network that organises. Once we have all agreed on this task it is important to push the discussion further and zoom in on the organisational dimension of this timely effort. It can be an easy rhetorical move to emphasise what has already been tried, but we nonetheless need to do that. One of the first observations we need to make is how Anonymous is the missing element in Žižek’s list of Assange, Manning and Snowden. Despite several setbacks, Anonymous remains an effective distributed effort to uncover secrets and publicise them, breaking with the neo-liberal assumption of the individual as hero who operates out of a subjective impulse to crack the code in order to make sensitive material public. The big advance of anonymous networks is that they depart from the old school logic of print and broadcasting media that needs to personalise their stories, thereby creating one celebrity after the other. Anonymous is many, not just Lulzsec. We also need to look into the many (failed) clones of WikiLeaks and how specific ones, such as Balkan Leaks, manage to survive. There is GlobaLeaks and the outstanding technical debate about how to build functioning anonymous submission gateways. It has already sufficiently been noted that WikiLeaks itself is a disastrous model because of the personality cult of its founder and editor-in-chief, Julian Assange, whose track record of failed collaborations and falling-outs is impressive. Apart from this ‘governance’ debate, we need to look further into the question of what the ‘network’ model, in this context, precisely entails. A step that WikiLeaks never dared to take is the one of national branches, based either in nation states or linguistic territories. To run a virtual global advocacy network, as Žižek suggests, looks sexy because of its cost-effective, flexible nature. But the small scale of these Single Person organisations (SPOs) also makes it hard to – 40 – lobby in various directions and create new coalitions. Existing networks of national digital civil rights organisations should play a role here, yet haven’t so far. And it is important to discuss first why the US-organisation Electronic Frontier Foundation, the European Digital Rights network or the Chaos Computer Club for that matter have not yet created an appealing campaign that makes it possible for artists, intellectuals, writers, journalists, designers, hackers and other irregulars to coordinate efforts, despite their differences. The same can be said of Transparency International and Journalist trade unions. The IT nature of the proponents seems to make it hard for existing bodies to take up the task to protect this new form of activism. Networks are not goals in themselves and are made subordinate to the organisational purpose. Internet and smart-phone based communication was once new and exciting. This caused some distraction but that’s soon going to be over. Distraction itself is becoming boring. The positive side of networks – in comparison to the group – remains its open architecture. However, what networks need to ‘learn’ is how to split-off or ‘fork’ once they start getting too big. At this point networks typically enter the danger-zone of losing focus. Intelligent software can assist us to dissolve connections, close conversations and delete groups once their task is over. We should never be afraid to end the party. — ©The Occupied Times #23, 18. November 2013 – 41 – Axel Kistner LiquidFeedback – mehr als Liquid Democracy LiquidFeedback ist eine Open-Source-Software, mit der Internet-Plattformen zur demokratischen Willensbildung und Entscheidungsfindung betrieben werden. LiquidFeedback wird von unabhängigen Freiwilligen entwickelt und von Public Software Group e. V. kostenfrei unter der liberalen MIT-Lizenz zur Verfügung gestellt. Die Entwickler von LiquidFeedback haben sich im Interaktive Demokratie e. V. zusammengeschlossen, um den Einsatz von elektronischen Medien für demokratische Prozesse zu fördern. Dieser Text stellt eine kurze Einführung in die Konzepte und Anwendungsbereiche von LiquidFeedback dar. Er wurde anlässlich des Workshops zu LiquidFeedback beim Kongress „Netzkultur“ der Berliner Festspiele und der Bundeszentrale für Politische Bildung am 18.01.2014 erstellt. Weiterführende Informationen zu LiquidFeedback sind im Internet auf liquidfeedback.org abrufbar. Konzepte 1. Liquid Democracy „Flüssige Demokratie” ist keine neue Erfindung. Die Idee geht zurück auf Lewis Carrol, der 1884 in seinem Werk „The Principles of Parliamentary Representation“ die Idee des „Delegated Voting” beschrieb. Er erweiterte das bereits bekannte Prinzip der Übertragung der eigenen Stimme bei einer Entscheidung an eine_n andere_n Stimmberechtigte_n (Proxy Voting) insofern, dass Stimmen auch über mehrere Stufen (transitiv) weitergegeben werden können (Delegated Voting). Das bedeutet, dass sich Teilnehmer_innen dort direkt beteiligen können, wo sie sich auskennen und wofür sie sich interessieren, wenn es ihnen wichtig ist, in allen übrigen Fällen ihre Stimme aber an andere Teilnehmer_innen übertragen können. Diese weisungsfreie übertragbare Stimmvollmacht (Delegation) kann frei nach Sympa– 42 – thie, Vertrauen, Reputation und Expertise erteilt werden. Die Delegation gilt bis auf Widerruf oder Verfall und wird (bei LiquidFeedback) bei direkter Beteiligung ausgesetzt. Innerhalb von LiquidFeedback wird dieses Prinzip genutzt, um eine skalierbare Arbeitsteilung zu gewährleisten. Da nicht jeder Zeit hat, sich in alle anstehenden Themen einzuarbeiten, kann die eigene Stimme dynamisch an andere delegiert werden. Diese transitiven Delegationen (s. o.) können jederzeit widerrufen und die Stimme selbst genutzt werden. Insofern ist der Übergang fließend: Manches wird direkt (selbst abgestimmt), anderes delegiert. Dieses Prinzip heißt deshalb „Liquid Democracy”. 2. Gemeinschaftliche Moderation LiquidFeedback verzichtet bewusst auf eine (Antrags-)Kommission und braucht auch keine Moderator_innen. Stattdessen haben alle Teilnehmer_innen gleiche Rechte in einem skalierbaren strukturierten Diskussionsprozess. Es ist durch mathematische Verfahren sicher gestellt, dass Minderheiten innerhalb des Systems auf fairer Basis repräsentiert werden und dass selbst einzelne Personen ihren Vorschlägen Gehör in Diskussionen verschaffen können. Dennoch werden laute Minderheiten aufgrund dieser Verfahren nicht übermäßig stark repräsentiert, wie dies zum Beispiel in Foren immer wieder zu beobachten ist. Dieser speziell für LiquidFeedback entwickelte moderationsfreie Antragsprozess erlaubt allen Teilnehmer_innen konstruktives Feedback. In einem nutzergesteuerten, selbstorganisierenden Prozess werden (konkurrierende) Anträge zunächst verbessert und schließlich abgestimmt. Hinsichtlich Fristen, Quoren und erforderliche Mehrheiten gelten vorher festgelegte Regeln. 3. Vollständig transparenter Entscheidungsprozess Offene Prozesse sind der beste Schutz gegen intransparente Lobbyarbeit. In LiquidFeedback sorgen vordefinierte Verfahrensregeln und Zeitabläufe dafür, dass Entscheidungsprozesse gut geplant werden müssen und immer rechtzeitig öffentlich werden. Entscheidungen werden ausschließlich in namentlicher Abstimmung vorgenommen und alle abstimmungsrelevanten Daten werden innerhalb von LiquidFeedback allen Teilnehmer_innen auch in maschinenlesbarer Form zur Verfügung gestellt. Das stellt einen transparenten Ent– 43 – scheidungsprozess in der Weise sicher, dass alle Teilnehmer_innen den ganzen Prozess von der Antragsentwicklung bis zur Abstimmung überprüfen können. 4. Präferenzwahl Bei Abstimmungen besteht oft das Problem, dass sich ähnliche Anträge (Klone) gegenseitig die Stimmen wegnehmen. 1969 wurde in Ontario darüber abgestimmt, ob die Stadt Lakehead, The Lakehead oder Thunder Bay heißen soll. Erwartungsgemäß teilten sich die Stimmen für Lakehead und The Lakehead mit 15.302 und 8.377 Stimmen auf, für Thunder Bay stimmten 15.870 Personen. Zusammengenommen hatten also Lakehead und The Lakehead die Mehrheit der Stimmen, aber Thunder Bay gewann. Nur durch vorherige Absprachen und taktisches Wählen hätte eine Mehrheit für Lakehead zustande kommen können. Dieses Problem gibt es auch bei Bundestagswahlen in Deutschland: Viele Menschen wählen eine Partei deshalb nicht, weil sie befürchten, dass diese nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kommt und damit die Stimme „wertlos” wird. Aus taktischen Überlegungen wählen sie deshalb eine andere Partei. Niemand sollte gezwungen sein, zur Schaffung von Mehrheiten schon im Vorfeld faule Kompromisse einzugehen. LiquidFeedback benutzt deshalb mit der Schulze-Methode eine klonresistente Präferenzwahl. Dadurch können neben der Zustimmung und Ablehnung der zur Abstimmung stehenden Alternativen Präferenzen zum Ausdruck gebracht werden (Favorit, erste Ersatzwunsch, zweiter Ersatzwunsch, usw). Ähnliche Anträge werden nicht prinzipbedingt benachteiligt. Anwendungsbereiche 1. Politische Parteien Politische Parteien sind das ursprüngliche Anwendungsgebiet für das LiquidFeedback entwickelt wurde. Durch Liquid Democracy kann den Mitgliedern unmittelbarer Einfluss verschafft werden, wodurch Parteien attraktiver für die Bürger_innen werden. Die derzeitigen Einsatzszenarien reichen von Empfehlungen/Orientierung für Amtsinhaber_innen und Mandatsträger_innen bis zum eigenständigen Organ. – 44 – 2. Vereine, NGO Neben dem Einsatz in politischen Parteien gehört der Einsatz in Vereinen zu den ursprünglichen Entwicklungszielen. Der Wille der Mitglieder, unabhängig von Zeit und physischer Präsenz, kann als Empfehlung in die Arbeit des Vorstands einfließen oder auch unmittelbar für verbindliche Beschlüsse genutzt werden. 3. Regierung, Bürgerbeteiligung LiquidFeedback kann als direkter zusätzlicher Kanal für die Bürgebeteiligung genutzt werden. Der Landkreis Friesland ist in Deutschland hier ein großes Vorbild. Politik und Verwaltung können die Bürger_innen zu Themen, die zur Entscheidung anstehen, befragen. Dabei ist die Fragestellung nicht auf Ja-Nein-Entscheidungen begrenzt. Durch den besonderen Diskussionsprozess in LiquidFeedback können Bürger_innen die Fragestellung umgestalten und völlig überraschende Vorschläge entwickeln. Dieser kreative Prozess ist gewollt und sehr nützlich. Wichtig bei der Bürgerbeteiligung ist natürlich, dass die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses tatsächlich Einfluss auf die Politik haben. Im Kreistag von Friesland, werden deshalb die Ergebnisse aus LiquidFeedback zumindest behandelt und diskutiert. Die Bürger_innen erhalten somit direkten Einfluss auf die Tagesordnung. Seitens der Politik besteht die freiwillige Selbstverpflichtung, Gewinnerinitiativen in den Kreistagsgremien zu behandeln. Abweichende Entscheidungen werden den Bürgerinnen und Bürgern erläutert. Es entsteht ein zusätzlicher Kommunikationskanal, der in beide Richtungen wirkt. 4. Unternehmen Der Einsatz von LiquidFeedback in Unternehmen stellt einen Sonderfall dar, da es hier nicht um demokratische Entscheidungen geht. Dennoch kann LiquidFeedback als innerbetriebliches Vorschlagswesen genutzt werden, um kreative Prozesse innerhalb der Belegschaft freizusetzen. Unternehmen, die der Belegschaft gehören, könnten auf diese Weise sogar verbindliche Entscheidungen treffen – 45 – Politische Auswirkungen LiquidFeedback hat seit seiner Geburtsstunde im Jahr 2009 bis heute eine interessante Entwicklung genommen: Neben dem Einsatz innerhalb politischer Parteien und Vereinen wurde die Software seit 2012 auch für die Bürgerbeteiligung eingesetzt. Für alle Beteiligten, d. h. nicht nur für die LiquidFeedback-Entwickler, ist dieser Prozess etwas völlig Neues. Bedienten sich demokratische Organisationen und Gebietskörperschaften ab einer bestimmten Größe gewählter Repräsentanten, die ihrerseits wieder einen Vorstand oder eine Regierung wählen, sind jetzt direkte Beteiligungsformen gefragt. Viele Mitglieder bzw. Wähler fühlen sich von Entscheidungsträger_innen nur ungenügend vertreten, Mandatsträger sind vom Willen ihrer Wähler_innen entkoppelt und werden zugleich Ziel intensiver Lobbyarbeit. Diese Lücke kann LiquidFeedback bei richtig konzipiertem Einsatz wieder schließen. Selbst wenn Entscheidungen, die im LiquidFeedback-System getroffen wurden, nur unverbindlich in das übergeordnete System (etwa eine Partei) eingebettet werden, wäre schon viel gewonnen, weil erkennbar wird, ob ein_e Repräsentant_in sich dem Willen der Basis verpflichtet fühlt. Andererseits könnte dies aber auch Repräsentanten dabei helfen, die „Einsamkeit” der Führungsposition wenigsten teilweise zu überwinden. Dabei bietet LiquidFeedback die Vorteile der Liquid Democracy, so dass sich auch neue unbekannte Experten in bestimmten Bereichen herausbilden können. Transparente Prozesse verhindern die intransparente Einflussnahme von Lobbyisten und Spin-Doktoren. Die mathematischen Verfahren gewährleisten eine gleichberechtigte Teilnahme aller Zugangsberechtigten, inbesondere das Abstimmungsverfahren ermöglicht klare unstrittige Ergebnisse. Berlin, Januar 2014 — ©Axel Kistner – 46 – Martin Geisler Medial sozial?! Formen und soziale Prozesse in Computerspielgemeinschaften (Von der Redaktion gekürzte Fassung) Einleitung Soziales in Computerspielen mag für Nicht-Spieler und Kritiker wie ein Oxymoron klingen. Gleichsam sind die sozialen Aspekte des Computerspiels weit weniger überraschend als es an Anschein erwecken mag. So finden sich mehrere Aspekte in Games, in denen sich Sozialität entfaltet. Einerseits erleben sich die Spieler im Computerspiel als sozial agierend und werden durch das vorprogrammierte Spiel aufgerufen, zu handeln, sanktioniert oder belohnt. Andererseits vollziehen sich vielzählige Prozesse im Miteinander der Mehrspielerspiele, die am Rand des eigentlichen Computerspiels stattfinden. Die Frage, ob oder inwieweit Computerspiele soziales Potenzial besitzen, ist im Grunde die Frage, welche Möglichkeiten Spiele allgemein und aktuelle Kommunikationsmedien beinhalten. Sie spielen im Prozess einer „Retribalisierung moderner Daseinsverhältnisse“ (Maffesoli 1988) eine wichtige Rolle. Sie tragen, wie andere Medien zuvor, zur Bildung spezifischer jugendkultureller Lebens- und Erlebensformen bei. Dass sich innerhalb eines solchen Prozesses Fähigkeiten verändern, Dominanzen verschieben und neue Kompetenzen herausbilden, ist weniger ein Indiz für Verlust oder Gewinn intellektueller, sozialer und kultureller Fähigkeiten, sondern entspricht vielmehr einer ständigen kulturellen Entwicklung. Eine soziologisch begriffliche Klassifizierung von netzbasierten Beziehungsformen, wie wir sie insbesondere in den Spielgemeinschaften der Clans und Gilden finden, ist schwer zu fassen. Ob es sich hierbei um Gesellschaften, Gemeinschaften oder Gruppen handelt und inwieweit die häufig verwendete Bezeichnung „virtuelle Gruppe“ oder „virtuelle Gemeinschaft“ Geltung hat, muss sich vor allem an der Bedeutung der Gemeinschaft für ihre Mitglieder orientieren. In den Spiel- und Erlebnisräumen agieren – 47 – die Clanspieler als Architekten ihrer eigenen Sozialwelt, welche sich deutlich an den Werten und Normen ihrer Alltagswelt orientiert. Auf der sozialen Bühne zwischen Selbstdarstellung, Aufgabenerfüllung und Alltag finden die Teilnehmer Möglichkeiten, um Beziehungen aufzubauen, Gefühle auszutauschen, an der Erfüllung eines gemeinsamen Ziels zu arbeiten und eine eigene Kultur zu konstituieren. Clans und Gilden als selbsterschaffene Erlebnisräume Menschen und insbesondere die Jugend haben schon immer nach Möglichkeiten gesucht, Erfahrungen über die reale Welt hinaus zu sammeln (vgl. Schmid 2004: 400). Und schon immer sehnen wir uns danach, zu wirken. Wir wollen teilhaben an der Gestaltung unserer Welt und möchten die Macht der Möglichkeiten haben. Scheinbar losgelöst von vielen Kontrollorganen und in ihrer eigenen Welt wird das Netz zu einem sozialen Spielfeld, auf dem der Wunsch des Anders-sein-Wollens ausgelebt werden kann. Auf ganz unterschiedlichen Ebenen und zu verschiedenen Thematiken bieten Computerspiele und Computerspielgemeinschaften an, die Frage nach Macht, Herrschaft und Kontrolle zu erörtern (Fritz 1997b: 183). Das Spiel ist dabei stets auch der Versuch, sich zu beweisen sowie sieg- und erfolgreich zu bestehen. Die hauptsächliche Botschaft der Computerspiele, also die Frage „Kannst du dich bewähren?“, ist gleichzeitig die wirkungsvollste Frage realer Wirklichkeit. Computerspiele und insbesondere netzbasierte Spielgemeinschaften sind deshalb so faszinierend, weil sie etwas mit der Lebenswelt der Spieler zu tun haben. Sie finden sich in den von ihnen bevorzugten Spielwelten wieder und Teile dieser Spielwelten tangieren ihre Interessen, Hobbys, Lebenssituationen oder charakterlichen Eigenschaften. Sie können im Spiel an wichtige Lebenskontexte anknüpfen und sie (bei-)spielhaft fortführen, ohne sich festlegen zu müssen bzw. andere Möglichkeiten auszuschließen. Dies entspricht dem Wunsch, Identitätsentwicklung als einen offenen Prozess zu erfahren. – 48 – Das Internet, der Wunsch nach Gemeinsamkeit und somit die Spieler haben die Computerspiele längst um einen bedeutenden Faktor der Gemeinsamkeit erweitert. Im Spiel gegen den Computer (singleplayer) ist der Sieger eine Einstellungsoption. Wie aber, stellt sich die Frage, kann bei diesem „Selbstbetrug“ echter Spielspaß entstehen? Die Spieler versuchen nicht etwa gegen die Rechenleistung des Computers zu gewinnen. Vielmehr erfahren sie hier die Grenzen ihres Spielvermögens und erhöhen diese durch Wiederholung. Der Spielspaß erzeugt sich durch das gute Gefühl, sich selbst verändert und verbessert zu haben. Im Mehrspielermodus (multiplayer) der Online-Spiele und Konsolen oder in lokalen Netzwerken steht der Sieger nie zu Beginn fest. Im Wettstreit mit anderen Spielern zählt die eigene Spielstärke, und so erwächst ein ganz besonderer Reiz daraus zu beweisen, wer der bessere Spieler ist. Im Onlinespiel Mensch-gegen-Mensch vollzieht sich eine genussvolle Widersprüchlichkeit. Hier wird ein technologischer Spielraum, der Region, Herkunft, Geschlecht und Aussehen weitgehend ignoriert, zur Arena grundlegender menschlicher Bedürfnisse, welche teils außerhalb der Spielwelt als nicht mehr akzeptabel gelten, uns jedoch nach wie vor inne wohnen. In den Mehrspielerspielen entsteht schnell ein sportlicher Gedanke. Hier sind sich die Spieler bewusst, dass ihre menschlichen Gegner, anders als die computergesteuerten Figuren, versuchen werden, mit „vollem Einsatz“ ihr Spiel zu bestreiten. Im gegenseitigen Messen werden somit klassische Aspekte der Identitätsentwicklung deutlich, in der ein Mensch versucht, durch Auseinandersetzung mit seiner Umwelt seinen Platz zu finden und möglichst viel Einfluss auf sein Umfeld ausüben zu können. Inwieweit dabei Spiel, Spaß und Sport miteinander verbunden sind bzw. sich ausschließen, hängt maßgeblich von der Intensität des Spiels und der persönlichen Bedeutung für den Spieler ab. Allerdings zeigt sich, dass Spielgemeinschaften sich nicht zuerst über sportliche Ziele oder Erfolge definieren, sondern maßgeblich durch Entspannung und Unterhaltung (vgl. Geisler 2009: 155). – 49 – Clans und Gilden als Peergroups Clans und Gilden beschreiben sich als eine dichte Form von Gemeinschaften, die eingebettet sind in ein Konstrukt verschiedenen Gemeinschaftsebenen. Vereinfacht lässt sich die Spieler-Szene als die größte Gemeinschaftsform, die community als spielspezifische Gemeinschaft und die Clans als engste und kleinste Gemeinschaftsform beschreiben. Einer der ersten, der sich mit Gruppierungen im Internet befasst hatte, war Howard Rheingold. Er schrieb: „Virtuelle Gemeinschaften sind soziale Zusammenschlüsse, die dann im Netz entstehen, wenn genug Leute diese öffentlichen Diskussionen lange genug führen und dabei ihre Gefühle einbringen, so dass im Cyberspace ein Geflecht von sozialen Gefühlen entsteht.“ (Rheingold 1994: 14.) Er betont in seiner Beschreibung der computerbasierten Gemeinschaften die öffentliche Diskussion und deutet damit insbesondere auf die Gemeinschaften hin, die durch schriftliche, netzbasierte Kommunikationen wie Chats oder Foren entstehen. Neben diesen, teils kurzfristigen, Vergemeinschaftungen stellen sich Clans und Gilden als eine enge Form der Spielgemeinschaften dar (vgl. Fritz 2004: 240). Clanaktivitäten Wie andere Gruppen kennzeichnen sich Computerspielgemeinschaften durch ihre engen Bindungen, ihre dichten Verknüpfungen und ihre Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen (vgl. Wellman 2000: 135). Keineswegs sind die Clans auf ihre mediale Basis begrenzt. Vielmehr wirken sie mit voranschreitendem Bestehen über die virtuelle Spielwelt in die Alltagswelt, entnehmen dieser die Muster für eine gelingende Gemeinschaft und übertragen sie wiederrum auf ihre Online-Strukturen. Es zeigen sich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zu anderen (Offline-)Gemeinschaften. Die Spieler verbindet ein Verhaltenskodex, den sie im reallife gelernt haben und den sie in die computerunterstützte Spielgemeinschaft übertragen. Wie für das Spiel typisch, bewegen sich die Gemeinschaften auf diese Weise in einem Spannungsfeld zwischen Spaß, Unterhaltung und Freiheit – 50 – auf der einen Seite und Regeln (aufgestellt durch das Spiel und das Regelwerk der Gemeinschaft) auf der anderen Seite. Die teilweise sehr detaillierten und mitunter strengen Regeln zeugen vom Wunsch nach Kohärenz der Gruppe und langfristigen Bindungen. Es sind die Vereinbarungen über soziale Praxis und die immer wieder thematisierten Bestätigungen des Wir-Gefühls, die der Fragilität einer medialen und somit mittelbaren Gemeinschaft entgegenwirken. Diese Bestätigungen gelten auch der Versicherung des Vertrauens in die Integrität der Mitglieder. Die Spieler von Clans verbindet nicht nur ihr Interesse am Spiel, sondern auch der Wunsch nach einer bestehenden Größe innerhalb fragiler Patchworkprozesse. Gefühle sind das Steuerungsmedium der Computerspielgemeinschaften. Die Mehrheit der Clan-Mitglieder betreibt ihr Spiel überwiegend aus Gründen eines gemeinsamen sozialen Erlebens. So ist die Frage nach der sozialen Bedeutung der Computerspielgemeinschaften oftmals verbunden mit der Frage nach der Bedeutung zwischenmenschlicher Prozesse und guter Freundschaften. Soziales Handeln, Gefühlsbekundungen, gemeinsame Erlebnisse, Eifer und Freundschaftsbande kennzeichnen einen in sich erfolgreichen Clan. Indiz hierfür ist auch, dass sich viele Clans nicht auf ein einzelnes Computerspiel konzentrieren, sondern als Mehrspiele-Clans bestehen. Das Spiel der Clans kann als soziales Experimentierfeld, informeller Lernort und Sozialisationsumgebung angesehen werden, in dem spielerisch erprobt wird, wie man mit sich selbst, seinem Umfeld und einer zunehmend medial geprägten Welt zurechtkommt (vgl. Fritz 2004: 256). Die Spieler haben die Gelegenheit, sich untereinander auf drei verschiedenen Identitätsebenen auszutauschen: die personale Identität der Alltagswelt, die Statusrolle innerhalb einer Gemeinschaft und die selbsterstellte Wunschrolle der Spielwelt (die Avatare). Wie angesprochen, laufen langfristige Bindungen einer Computerspielgruppe, so ihre Mitglieder nicht bereits aus Alltagskontexten entstanden sind, zumeist auf persönliche Begegnungen (Clan- und Gildentreffen) hinaus. Hier haben die Spieler die Möglichkeit, sich mit ihrer personalen Identität der Alltagswelt auszutauschen. Diese Identitätsrolle – 51 – ist mit verhältnismäßig unveränderbaren Äußerlichkeiten verbunden. Derartige Treffen steigern die Kohärenz und sind Basis für langfristige Freundschaften. Die Persönlichkeiten des Alltags werden dabei oftmals mit den Spielrollen verglichen. Eine zweite Ebene kann offenbar werden, wenn Spieler innerhalb der Gemeinschaft bestimmte Aufgaben und somit Statusrollen einnehmen. Die erfolgreiche oder misslungene Erfüllung solcher Aufgaben wird durch die Gemeinschaft honoriert oder sanktioniert. Letztlich finden sich in den Avataren Hinweise auf persönliche Wünsche, Neigungen, Sehnsüchte, Fantasien und eventuelle Korrekturen von als defizitär erlebten Attributen der personalen Identität. Die Summe der Interaktionsformen beinhalten die Potenziale, einander auf verschiedene Weisen kennenzulernen und somit ein umfassenderes Bild einer Person zu erlangen. So kennen sich viele Mitglieder von Spielgemeinschaften sowohl als ihre Selbstentwürfe (Spielrollen), ihre Statusrollen innerhalb der Gemeinschaft und als ihre „realen“ Identitäten. Die Spieler können erleben, welche Identitätswünsche ihr Gegenüber hat, wie er mit einer ihm anvertrauten Verantwortung umgeht und auf andere Spieler reagiert sowie welche Anteile bzw. Veränderungen im Zusammenhang mit seiner Alltagsidentität existieren. Spieler, die sich im Clan in enge, emotionale Beziehungen setzen, die Freundschaften pflegen, die die Gruppe als soziale Ressourcen begreifen und einander unterstützen, können diese Prozesse als wechselseitiges Sozialkapital oder Bonding Social Capital (vgl. Putnam 2000 / Williams 2006) nutzen. Trotz ihrer im Gründungsprozess latenten Fragilität erweisen sich Clans als Gruppen mit hoher Kohärenz und für ihre Mitglieder häufig als wichtige soziale Aggregate. Dies gilt sowohl für Computerspielgemeinschaften, die sich eher nach dem sportlichen Leistungsgedanken ausrichten, als auch für Clans, die ihre Hauptziele in einer freundschaftlichen und primär am Spielspaß orientierten Gemeinschaft suchen. Im Miteinander des Clans kann erfahren werden, wie man sich in eine Gemeinschaft integriert, wie man als Gruppe zu Konsens findet, wie man sich in hierarchischen und demokratischen Strukturen eingliedert, welches Verhalten als akzeptabel und als – 52 – nicht akzeptabel gilt, wie man mit Einflussmöglichkeiten und Frustration umgeht und welche Bedingungen ein Aufstieg in der Gemeinschaft voraussetzt. Eine wichtige Rolle nehmen dabei implizite wie explizite Regeln und Normen der Gemeinschaft ein. Auch Rituale (wie beispielsweise Aufnahmerituale oder Clantreffen) und die Identifikation der Mitglieder mit ihrer Gemeinschaft, die gleichzeitig mit einer Abgrenzung gegenüber anderen Gemeinschaften verbunden ist, sind wichtige Funktionen das Individuum in ein gemeinschaftliches Gefüge einzugliedern. Die Exklusivität, mit der die Mitglieder ihre Beteiligung an der jeweiligen Spielgemeinschaft ansehen, verstärkt das Gefühl, Teil eines besonderen Ganzen zu sein und sich für die Gruppe zu engagieren bzw. in ihrem Sinne zu handeln. Literatur Fritz, Jürgen (2004): Das Spiel verstehen. Eine Einführung in Theorie und Bedeutung. Weinheim / München: Juventa. Geisler, Martin (2009): Clans, Gilden und Gamefamilies: Soziale Prozesse in Computerspielgemeinschaften. Weinheim /München: Juventa. Maffesoli, Michel (1988): Le temps des tribus. Paris: Table ronde. Robert D. Putnam (2000): Bowling Alone: The Collapse and Revival of American Community. New York: Simon & Schuster. Rheingold, Howard (1994): Virtuelle Gemeinschaft. Soziale Beziehungen im Zeitalter des Computers. Addison-Wesley, Bonn. Schmid, Wilhelm (2004): Mit sich selbst befreundet sein. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Williams, Dmitri (2006): On and off the ‚net: Scales for social capital in an online era. Journal of Computer-Mediated Communication, 11(2), article 11. — Aus: Wilfred Kaminski / Martin Lorber (Hg.) „Clash of Realities 2010: Computerspiele: Medien und mehr…“ Kopead, München 2010 – 53 – Biografien Stefan Adrian wurde 1975 in Eisenstadt, Österreich, geboren und wuchs im Burgenland auf. Seit 2002 lebt er als Journalist (u. a. „Galore“) und freier Autor („Tim Raue – Ich weiß, was Hunger ist“) in Berlin, wo er – frei nach Karl Kraus – immer wieder feststellt, dass der Unterschied zwischen Deutschen und Österreichern die gemeinsame Sprache ist. Aber nicht sein muss. Von Koenigleopold hat er zum ersten Mal via YouTube gehört. – 54 – Ward Al-Assi, geboren 1980 in Deir ez-Zor im Osten Syriens, studier- te Journalismus und Film in Damaskus. Er arbeitet als unabhängiger Filmemacher in Syrien, unter anderem produzierte er das dokumentarische Cartoon mit der Katze Abu Eskander, die durch eine zerstörte Stadt streunt und die politische Lage kommentiert. Außerdem betreut er die oppositionelle Internet-Informationsplattform „Kartoneh From Deir Eezoar“, die eine künstlerische Form des politischen Aktivismus betreibt. Mit der immer gleichen Ästhetik von bunter Kreide auf schwarzem Karton schicken die Aktivisten aus der syrischen Stadt Deir ez-Zor Nachrichten von vor Ort oder kommentieren Dinge, die im Land passieren. Deir ez-Zor ist zwar eine der größten Städte Syriens, da sie weit im Osten, am Ufer des Euphrats liegt, medial allerdings kaum abgedeckt. Die Stadt wurde bereits stark zerstört. — https://www.facebook.com/kartoneh.from.deir.ezour — http://www.youtube.com/watch?v=okmrnP71RZ0 – 55 – Diana Arce, geboren 1981 in Anchorage, Alaska, lebt seit 2004 in Berlin. Sie hat Kulturwissenschaften und Experimentellen Film am Hampshire College in Amherst, Massachusetts studiert und einen M.A. vom Institut für Kunst im Kontext an der Universität der Künste Berlin. Mit ihrem Projekt Politaoke tourte sie bei der US-Wahl 2008 quer durch die USA und Kanada. Innerhalb von 60 Tagen veranstaltete sie 24 Karaoke-Shows vor 30 bis 500 Teilnehmern. 2012 war sie mit ihrem Projekt beim Under the Mountain Festival (Jerusalem Season of Culture) in Israel zu Gast. Derzeit plant sie eine Crowdsourcing-Kampagne für Politaoke, damit die Idee und Technik jedem, der sie benutzen will, zugänglich gemacht werden können. – 56 – Rachel Coldicutt leitet die Digitalagentur Caper, für die sie Web- content- und Innovationsprojekte für Kulturorganisationen entwickelt. 2010 initiierte sie etwa das Programm „Culture Hack“, bei dem Kulturorganisationen mehr über das kreative Potenzial von Technologie und Datenauswertung erfahren. Seitdem haben mehr als 100 Institutionen und 300 Künstler, Technologie-Experten und Designer an Culture-Hack-Veranstaltungen teilgenommen und dabei digitale und physische Prototypen entwickelt. — Twitter: @rachelcoldicutt — blog: http://fabricofthings.wordpress.com – 57 – Rabea Edel, geboren 1982, moderiert und kuratiert regelmäßig Lesungen und Kulturveranstaltungen für Verlage, Kulturinstitutionen und Festivals. Seit 2013 ist Rabea Edel außerdem Chefredakteurin des Magazins „REVUE – Magazine for the Next Society“. Sie arbeitet in spartenübergreifenden Projekten mit Musikern und bildenden Künstlern zusammen, und lebt als freie Autorin von bisher zwei Romanen, Journalistin und Moderatorin in Berlin. — www.revue-magazine.net — www.rabeaedel.com – 58 – Joseph Farrell ist der offizielle Botschafter von WikiLeaks und Mitarbeiter von Julian Assange. Er war zuvor am Centre for Investigative Journalism in London tätig. – 59 – Prof. Dr. Martin Geisler ist Absolvent der Walter-Gropius-Schule für Kunst und Gestaltung und studierte an der Fachhochschule Erfurt Sozialpädagogik. Nach seiner Promotion an der Universität Erfurt mit dem Titel „Mythos Clans – Dimensionen und Strukturen von Computerspielgemeinschaften“ war er als Referent und Dozent für Medienpädagogik und eLearning Mitarbeiter der Fachhochschule Erfurt. Seit 2007 leitet er das medienpädagogische Institut für Computerspiel – Spawnpoint. Seit Oktober 2011 ist er an der FH Jena am Fachbereich Sozialwesen Professor für Medien- und Kulturpädagogik. — https://twitter.com/search?q=martin%20geisler&src=typd – 60 – Maike Hank ist Redakteurin und schreibt seit 2002 ins Netz, was in „Blogs! – Text und Form im Internet” gewürdigt wird, einer der ersten Buchveröffentlichungen über die deutsche Blogosphäre. Sie ist Autorin des Blogs kleinerdrei, ihr dort veröffentlichter Text „Normal ist das nicht!“ war mitverantwortlich für die Entstehung des Hashtags #aufschrei, unter dem über Erfahrungen mit Sexismus getwittert wurde, und der später den Grimme-Online-Award gewann. Zuletzt hat sie mehrere Jahre für die Wochenzeitung „Der Freitag” gearbeitet und diverse Online-Projekte betreut. Auf Twitter ist zu finden unter @ruhepuls, ihre Lieblingszeit dort ist 22:22 Uhr. – 61 – Paula Hannemann ist Deutschlandchefin der Kampagnenplatt- form Change.org. Zuvor verantwortete sie die Bereiche Social Media und Online-Campaigning beim World Wildlife Fund for Nature (WWF), der größten Umweltorganisation weltweit. Hannemann studierte Kommunikationswissenschaften, Betriebswirtschaft und Chinesisch in Berlin und Peking, lehrte als Gastdozentin am Institut für Marketing und Kommunikation (IMK) und beriet Internet-StartUps zu Markenkommunikation und Innovationsmanagement. Paula Hannemann spricht regelmäßig auf Konferenzen zu den Themen Social Media-Strategie, Online-Aktivismus und Krisenkommunikation. – 62 – Ommolbanin Shamsia Hassani, geboren 1988 im Iran, ist eine afghanische Graffiti-Künstlerin und unterrichtet an der Fakultät für Bildende Künste an der Kabul-Universität. Sie wurde 2009 unter die Top 10 des zweiten Afghan Contemporary Art Prize gewählt und hat seitdem an vielen Einzel- und Gruppenausstellungen in Afghanistan und anderen Ländern teilgenommen (etwa in Deutschland, Australien, dem Iran, Indien, Vietnam, der Schweiz und Dänemark). Sie ist auch eine der Gründerinnen der Berang Arts Organization. Als afghanische Künstlerin wird sie mit Reaktionen aus einer traditionellen Perspektive konfrontiert, so dass sie ihre Graffiti anders herstellen muss, als es in anderen Ländern der Fall ist. Manchmal bringt sie ihre Graffiti-Konzepte als Zeichnungen oder Malereien auf Fotodrucke auf, die sie in verschiedenen Stadtteilen Kabuls gemacht hat. – 63 – Lukas Julius Keijser wurde 1973 in Nijmegen in den Niederlanden geboren. Er studierte niederländische Sprach- und Literaturwissenschaften sowie Kunst in Amsterdam. 2006 zog er nach Berlin und schloss sein Studium an der Universität der Künste ab. Keijsers künstlerische Arbeit umfasst Performance, Video, Fotografie, Zeichnung und Druckgrafik. Insbesondere widmet er sich hierbei dem Siebdruck. Im Jahr 2011 hat er in seinem Atelier in Berlin-Friedrichshain eine Siebdruckwerkstatt errichtet, wo er seitdem mit dem Printverfahren experimentiert. Seine Arbeiten thematisieren die Schnittstelle zwischen privater und öffentlicher Sphäre, Individuum und Gesellschaft und hinterfragen dabei Subjektivierungsformen wie Identität und Authentizität im Hinblick auf Medien und deren Kommunikationsformen. Keijsers Ausstellungen und Performances wurden in Holland, China, Deutschland und der Schweiz gezeigt, in Galerien und Museen, aber auch in Bars, Clubs, auf Festivals und auf der Straße. — http://www.lukasjulius.nl – 64 – Axel Kistner ist Mitentwickler von LiquidFeedback, einer Open-Source-Software zur demokratischen Entscheidungsfindung, die in politischen Parteien sowie zur Bürgerbeteiligung eingesetzt wird. Er ist Mitgründer und Vorstandsmitglied von Public Software Group e. V., eines Vereins, der Open Source Software unter liberaler Lizenz veröffentlicht. Er ist ebenso Mitgründer und Vorstandsmitglied von Interaktive Demokratie e. V., einem Verein zur Förderung des Einsatzes elektronischer Medien für demokratische Prozesse. Schon 1990 begann er, mit sogenannten “neuronalen Netzen” zu arbeiten, Software, die die Eigenschaften des menschlichen Gehirns simuliert (parallele Prozesse). Hauptsächlich hat er sich bei seiner Arbeit mit Korrelations- und Clusteranalyse, Chaostheorie, Prognose von Zeitreihen und Bewertungsanalyse beschäftigt. Seit 2005 ist er geschäftsführender Gesellschafter eines IT-Unternehmens mit den Spezialgebieten Datenmodellierung, Datenbankoptimierung und Prozessmanagement. — http://liquidfeedback.org – 65 – Koenigleopold sind Lukas König (Schlagzeug, Synthesizer) und Leo Riegler (Electronics, Turntables, Gesang, Klarinette), unterstützt von Karolina Preuschl (Rap, Visuals). Zu Netzkultur im Januar 2014 reist die österreichische Band direkt aus den Niederlanden an, wo sie vorher beim großen europäischen Musikfestival eurosonic in Groningen auftreten. — http://www.miooow.com/artists/live-artists/koenigleopold.html — https://blankton.wordpress.com/koenigleopold — homepage: http://www.koenigleopold.at/main.html — facebook: https://www.facebook.com/heatthewater?fref=ts — soundcloud: https://soundcloud.com/koenigleopold — youtube: https://www.youtube.com/channel/UCS7DwkG0nm5u5BJ5YSC-fpg – 66 – Geert Lovink ist Medientheoretiker, Internetkritiker und Autor von „Zero Comments“ (2008) und „Das halbwegs Soziale“ (2012). Seit 2004 forscht er an der School for Communication and Media Design an der Amsterdam University of Applied Sciences (HvA). Von 2004 bis 2013 unterrichtete er im Studiengang New Media an der Fakultät für Medienforschung der Universität Amsterdam. Das von ihm gegründete und geleitete Institute of Network Cultures organisiert Konferenzen und initiiert Forschungsverbunde zu Politik und Ästhetik von Online-Videos, urbanen Screens, Wikipedia, der Kultur der Online-Suche, zu Verdienstmöglichkeiten im Netz, digitalen Publikationsstrategien und Alternativen zu den bekannten Social Media-Services. Er ist Professor für Medientheorie an der European Graduate School (SaasFee) und außerordentliches Mitglied des Centre for Digital Cultures an der Leuphana University (Lüneburg). — http://networkcultures.org/wpmu/geert – 67 – Markus Miessen, 1978 geboren, ist Architekt, Autor und Berater. Seine Arbeit kreist um Fragen zu kritischen Raumpraktiken, zur inhaltlichen und räumlichen Konzeption von Institutionen und zur Raumpolitik. Er hat zurzeit eine Professur für Critical Spatial Practice an der Städelschule Frankfurt/Main inne, und ist Gastprofessor an der USC Los Angeles. 2007 gründete Miessen die nomadische Platform Winter School Middle East, die sich rund um den Persischen Golf verortet. Auf Deutsch erschien zuletzt „Albtraum Partizipation” im Merve Verlag. — www.studiomiessen.com — www.criticalspatialpractice.org — www.winterschoolmiddleeast.org – 68 – Auf dem Rückweg in seine Heimatstadt Melbourne machte John Ngo, geboren 1982, Zwischenstopp in Berlin und lebt seitdem hier. Als selbsternannter Internet-Bürger fühlt er sich am wohlsten in den Welten von Unternehmertum, Interaction Design und Webentwicklung. Er gründete die Webseite smallepic, einen digitalen Mini-Buchladen. Auf Books & Conversations initiiert er Gespräche über die ausgewählten Bücher. Zuvor leitete er den Bereich User Experience und Webentwicklung beim australischen Burnet Institute für Virologie und war Partner der Webberatungsfrima Good Afternoon, die er 2007 gegründet hat. — http://www.smallepic.com — http://www.booksandconversations.com — Twitter: @jngo – 69 – Andreas Nitsche ist Mitglied im Vorstand des Interaktive Demokra- tie e. V. und des Public Software Group e. V. in Berlin. Er ist einer der Entwickler von LiquidFeedback, einer Open-Source-Software, die es politischen Parteien und anderen Organisationen ermöglicht, alle Mitglieder gleichberechtigt in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Während seines Informatikstudiums hatte er besonderes Interesse an ereignisdiskreter Simulation und verteilten Betriebssystemen. Er war etwa 15 Jahre für Geschäfts- und Zentralbanken als Spezialist für Transaktionsgeschäft, internationales Cash-Management und Informationstechnologie tätig. Schwerpunkte seiner gegenwärtigen Tätigkeit sind Prozessmanagement und Algorithmen für Gruppenentscheidungen. — http://liquidfeedback.org — https://twitter.com/cicerolax – 70 – Volker Oppmann, 1975 geboren, studierte Germanistik und Skandi- navistik in Bonn und Bergen (Norwegen). 2002 sammelte er bei Rogner & Bernhard in Hamburg erste Verlagserfahrung. Im Herbst 2007 gründete er den Berliner Independent-Verlag ONKEL & ONKEL. Unter dem Label textunes wurde Oppmann im Herbst 2008 erster Anbieter von eBook-Apps auf dem deutschen Markt. Von Herbst 2011 bis März 2013 war er verantwortlich für die Digital-Sparte bei Thalia. Oppmann ist Gründer des Fördervereins LOG.OS, der sich dafür einsetzt, ein offenes und gemeinnütziges „Betriebssystem für den Buchmarkt“ als Alternative zu Amazon und anderen Anbietern zu schaffen. — http://log-os.info/wordpress — https://twitter.com/onkelvolker – 71 – Angela Richter, 1970 in Ravensburg geboren, ist eine deutsche Regisseurin und seit 2013 eine der vier Hausregisseure am Schauspiel Köln. Derzeit läuft dort ihre Produktion „Kippenberger! Ein Exzess des Moments“. Sie studierte Theaterregie in Hamburg und war Mitglied der Hamburger Künstlergruppe Akademie Isotrop. 2006 gründete sie das Fleetstreet Theater in Hamburg, das sie bis 2010 leitete. 2009 erhielt sie für ihre Inszenierung von „Der Fall Esra“, die auf dem verbotenen Roman „Esra“ von Maxim Biller basiert, den Rolf-MaresPreis. Ihre Produktion „Assassinate Assange (reloaded)“ basiert auf Interviews mit Wikileaks-Chef Julian Assange, den sie mehrmals in seiner Zuflucht in der ecuadorianischen Botschaft in London aufgesucht hat. — https://twitter.com/AngelaRichter_ – 72 – Johannes Rösler studiert Angewandte Medienwissenschaften an der TU Ilmenau. Nach dem Abitur reiste er ein Jahr durch Australien und arbeite unter anderem als Tourmanager eines fahrenden Comedians, anschließend absolvierte er ein fünfmonatiges Praktikum bei der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources in Costa Rica. Neben seiner Bachelorarbeit realisierte er als Regisseur und Produzent mittels Crowdfunding den abendfüllenden Film „Bitcoin – The Documentary“, der im Frühjahr 2014 unter Creative Commons-Lizenz im Netz erscheinen wird. — https://bitcointhedocumentary.org/wordpress/ – 73 – Allegra Searle-LeBel ist eine amerikanische Choreografin, Tänzerin und Performancekünstlerin. Sie studierte Friedens- und Konfliktforschung in Berkeley und schrieb ihre Bachelorarbeit über die künstlerische Repräsentation von Gewalt. Als Technologiestrategin und Aktivistin setzt sie sich für Frieden, Freiheit im Internet und den Schutz der Privatsphäre ein. Sie lebt in Berlin, da sie sich durch den globalen Überwachungsstaat außerstande sieht, in den USA zu leben und Deutschland derzeit einen höheren Schutz der Privatsphäre gewährleistet als ihr Herkunftsland. Ihre aktuellen Projekte beschäftigen sich mit der Bolivianischen Revolution und der Kultur der Überwachung. — http://allegrabliss.wordpress.com – 74 – Anjana Shrivastava ist eine amerikanische Journalistin. Während des Irakkrieges gründete sie die Gesprächsreihe Die Neue Weltbühne für die Bundeszentrale für politische Bildung. Seitdem vermitteln dort Redner wie Lawrence Lessig, Art Spiegelman, Sebastian Junger und Evgeny Morozov Botschaften eines alternativen Amerikas in Berlin. Sie studierte Europäische Geschichte an der Harvard Universität und Kreatives Schreiben an der University of East Anglia. Ihre Arbeiten erschienen in Zeitungen und auf Internetplattformen wie dem „Wall Street Journal Europe“, „Spiegel Online“ und „Die Welt“. – 75 – Leander Wattig, geboren 1981, ist Blogger und trägt mit Projekten wie „Ich mach was mit Büchern“ und der deutschlandweiten Stammtisch-Reihe „Pub ‚n‘ Pub“ (#pubnpub) zur stärkeren Vernetzung der Buchbranche bei. Zudem unterstützt er führende Medienunternehmen und Kreativschaffende als freier Berater beim Social Media Marketing und engagiert sich als Vorstandsmitglied der Theodor Fontane Gesellschaft. — http://leanderwattig.de — https://twitter.com/leanderwattig — https://www.facebook.com/leanderwattig – 76 – Berliner Festspiele Eine Institution, zwei Häuser, hundert Formate Ganzjährig realisieren die Berliner Festspiele im Haus der Berliner Festspiele in Berlin-Wilmersdorf und dem Martin-Gropius-Bau in Fußnähe zum Potsdamer Platz eine Vielzahl schöpferisch-kluger Festivals, exzellenter Ausstellungsprojekte und Einzelveranstaltungen. Im Zentrum unserer Arbeit steht das Werk zeitgenössischer und internationaler Künstler, die wir in Festivals wie MaerzMusik – Festival für aktuelle Musik, Theatertreffen, Foreign Affairs – Internationales Festival für Theater und performative Künste, Musikfest Berlin und Jazzfest Berlin, und in den großen Ausstellungen im Martin-Gropius-Bau präsentieren. Unsere beiden Häuser verwandeln sich rund um das Jahr ständig: sie werden zum Campus für Jugend- und Education-Programme, zum Schaufenster für die Bundeswettbewerbe der Jugend und zur gastgebenden Bühne für die Berlinale oder die Autoren der Welt während des Internationalen Literaturfestivals. Übergreifendes Kennzeichen unserer Arbeit ist das Engagement für große Formate, für architektonische Interventionen und die gesellschaftliche Relevanz künstlerischer Arbeit. Unsere Häuser sind nonchalante Oasen inmitten der Stadt. Die Festspiele bieten 365 Tage Programm. Sie setzen den Rahmen, durch den die Vielfalt zeitgenössischer Produktion fokussiert wird, auf wegweisende Tendenzen, Ideen und Konzepte. Die Festspiele verstehen sich als Teil eines weltweiten Netzwerkes produzierender Künstler und gastgebender Institutionen, die ihren Beitrag dazu leisten, die Selbstverständlichkeiten unserer Gesellschaft neu zu betrachten und durch die Förderung von Kreativität und politischem Engagement den Bewusstseinshorizont zu erweitern. Kunst ist unsere Arbeit und zugleich eine Lebensform, für die wir größte Achtung und Dankbarkeit empfinden. Kontakt: www.berlinerfestspiele.de/kontakt – 77 – Bundeszentrale für politische Bildung Demokratie stärken – Zivilgesellschaft fördern – die Bundeszentrale für politische Bildung/bpb Die Aufgabe der Bundeszentrale für politischen Bildung/bpb ist es, Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken. So steht es im Erlass des Bundesministeriums des Innern. Und so wird es Tag für Tag in Bonn und Berlin in die Praxis umgesetzt. Gemeinsam mit einem bundesweiten Netzwerk aus Landeszentralen, Bildungseinrichtungen und -trägern engagiert sich die bpb für politische Bildung und Kultur – unabhängig und überparteilich. Aktuelle und historische Themen greift sie mit Veranstaltungen, Publikationen sowie Online-Angeboten auf. Das breit gefächerte Bildungsangebot soll Bürgerinnen und Bürger motivieren und befähigen, sich kritisch mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinander zu setzen und aktiv am politischen Leben teilzunehmen. Aus den Erfahrungen mit diktatorischen Herrschaftsformen in der deutschen Geschichte entsteht für die Bundesrepublik Deutschland die besondere Verantwortung, Werte wie Demokratie, Pluralismus und Toleranz im Bewusstsein der Bevölkerung zu festigen. Ihre Aufgabe erfüllt sie in eigener gesellschaftspolitischer, pädagogischer und publizistischer Verantwortung. Sie ist überparteilich und wissenschaftlich ausgewogen. Als eine Institution der staatlich verfassten politischen Bildung fördert sie zudem Veranstaltungen von mehr als 300 anerkannten Bildungseinrichtungen, Stiftungen und regierungsunabhängigen Organisationen, die in der Bundesrepublik Deutschland in der politischen Bildung tätig sind. Kontakt: www.bpb.de/kontakt – 78 – Impressum Netzkultur. Freunde des Internets Kuratorin: Nikola Richter Assistent: Victor Kümel Produktionsleitung: Nadin Deventer Technische Leitung: Matthias Schäfer Ausstattung: Gitti Scherer Webseite: Viktor Nübel Digitales Programmheft Idee Digitales Programmheft/Konzept: Nikola Richter Redaktion: Victor Kümel, Anne Phillips-Krug, Nikola Richter, Christina Tilmann Umsetzung: Andrea Nienhaus, Berlin ©2014 Berliner Festspiele und Autoren Fotos Titelfoto: koenigleopold ©Rania Moslam 2013 Stefan Adrian: ©Thomas Schweigert Diana Arce: ©Diana Arce Rachel Coldicutt: ©Rachel Coldicutt Rabea Edel: ©Kirsten Becken Joseph Farrell: ©Joseph Farrell Martin Geisler: ©Martin Geisler Maike Hank: ©Maike Hank Paula Hannemann: ©Paula Hannemann Shamsia Hassani: ©Shamsia Hassani Lukas Julius Keijser: ©Lukas Julius Keijser Axel Kistner: ©Axel Kistner Koenigleopold: ©Rania Moslam Geert Lovink: ©HvA Markus Miessen: ©Armin Linke John Ngo: ©John Ngo Andreas Nitsche: ©Andreas Nitsche Volker Oppmann: ©Volker Oppmann Angela Richter: ©Angela Richter Johannes Rösler: ©Johannes Rösler Allegra Searle-LeBel: ©Allegra Searle-LeBel Anjana Shrivastava: ©Anjana Shrivastava Leander Wattig: ©Claudia di Lucia – 79 – Veranstalter Berliner Festspiele Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH Gefördert durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Intendant: Dr. Thomas Oberender Kaufm. Geschäftsführung: Charlotte Sieben Leitung Redaktion: Christina Tilmann Leitung Marketing: Stefan Wollmann Leitung Presse: Claudia Nola Leitung Ticket Office: Ingo Franke Leitung Hotelbüro: Heinz Bernd Kleinpaß Protokoll: Gerhild Heyder Technische Leitung: Andreas Weidmann Berliner Festspiele Schaperstaße 24 10719 Berlin, T +49 30 254 89 0 www.berlinerfestspiele.de, [email protected] Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH Schöneberger Straße 15, 10963 Berlin www.kbb.eu In Kooperation mit Bundeszentrale für politische Bildung Präsident: Thomas Krüger Leitung Koordinierungsstelle Hauptstadtaufgaben: Milena Mushak Leitung Stabstelle Kommunikation: Daniel Kraft Bundeszentrale für politische Bildung Friedrichstr. 50 / Checkpoint Charlie 10117 Berlin T +49 30 254504-420 www.bpb.de – 80 – Wir danken unseren Partnern und Sponsoren Programmänderungen vorbehalten Stand Januar 2014 – 81 –