Damit kommt jede Scheibe sicher an - Glass-wrap

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Damit kommt jede Scheibe sicher an - Glass-wrap
Glas
Der Erfinder Thomas Giller ist davon überzeugt, dass
sein neues Verpackungssystem für Glasscheiben das
Zeug dazu hat, eine Revolution beim Glastransport
GLASWELT vor Ort: Neues Verpackungssystem für Flachglas
Damit kommt jede Scheibe sicher an
_ Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird die Logistik für Glasverarbeiter immer mehr zur
Schlüsseldisziplin. Beim Glastransport spielt die Verpackung eine entscheidende Rolle. Thomas
Giller hat mit Glass-Wrap ein neues System erfunden, um Scheiben sicher und kostengünstig
auszuliefern sowie auch auf der Baustelle zu lagern. Die Glaswelt besuchte den Erfinder.
„Glass-Wrap hat das Zeug im Transportsektor eine Revolution auszulösen“, davon ist Erfinder Thomas Giller überzeugt.
„Denn mit unserem Verpackungssystem lassen
sich Flachglasscheiben mit jeder Spedition verschicken und ausliefern, ganz ohne Spezialtransporter. Allerdings kommen wir mit diesen Anbietern gerne ins Gespräch.“ Weiter müsse die Verpackung nicht wieder von Baustelle abgeholt werden, was nochmals die Gesamtlieferkosten senke,
unterstreicht Giller.
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Doch es gebe noch eine Reihe weiterer Gründe,
die das System attraktiv machen, sagt der Erfinder im Gespräch mit der GLASWELT. Verpackt in
Glas-Wrap lassen sich Scheiben nämlich liegend
und stehend stapeln. So sei es möglich, Hochregal und Palettenregallager zu nutzen. Auch auf
der Baustelle, wo oft wenig Raum zur Verfügung
stehe, mache dies die Lagerung einfacher.
Thomas Giller ist in der Baubranche aktiv und
verarbeitet dabei teure Gläser. „Seit Jahren verwende ich mit meiner Baufirma teure High-End-
Gläser. Aber rund 25 Prozent der Anfragen müssen wir ablehnen, da diese Aufträge aufgrund
der hohen (Glas-)Transportkosten im Missverhältnis zum Wareneinsatz bzw. zum Produktwert
stehen. Der Grund: Normale Speditionen transportieren kein Glas und Spezialtransporte sind
teuer und für unsere Kalkulation ungeeignet.“
Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde der Erfindergeist in Giller wach. Zuerst kam die Grundüberlegung: eine Glasscheibe muss sich mit einfachen Mitteln so robust verpacken lassen, dass
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Mit dem Verpackungssystem lassen sich Flachglasscheiben ohne Spezialtransporter verschicken, da sie
liegend oder stehend sicher geladen werden können.
Für verschiedene Glasdicken sowie für 2- und 3-fach-ISO gibt es unterschiedliche
Glashalteprofile (blau), die in einen umfassenden Rahmen (grau) eingelegt werden.
Rahmen, so die Überlegung des Erfinders.
Die EU-Verpackungsordnung verlangt, dass der
Dieser umfassende
Rahmen besteht bei
­Lieferant die Entsorgungs- bzw. Rückholungspflicht der
Glass-Wrap aus Hart­Verpackung übernimmt. Dies entfällt mit dem Glassschaum, der durch
Wrap ­Einwegsystem.
einen Innenkern aus
Holz stabilisiert wird.
Für die verschiedenen
sie mit jedem Transporter einfach und sicher ver- Dicken der zu verschickenden Gläser sowie für
schickt und ausgeliefert werden kann. Die gläser- 2- und 3-fach-Isoliergläser gibt es unterschiedne Fracht soll gleichzeitig keine höheren Kosten lich Glashalteprofile, die wiederum in den umfassenden Rahmen eingelegt werden, um die
verursachen als andere, gleich schwere Güter.
Giller: „Leider sind Gläser zerbrechlich, was die Scheibe(n) sicher zu halten (siehe oben).
Glastransporte ja so anspruchsvoll macht und ei- Der Rahmen besteht aus Einzelelementen, die
ne sorgfältige Handhabe des Ladepersonals er- sich einfach zusammensetzen lassen, wobei die
fordert. Ist eine Scheibe jedoch in einem Rahmen komplette Konstruktion dann mittels Spannband
zusammengehalten und fixiert wird. Das Ergebeingebaut, verhält sie sich stabil.“
Aus diesem Sachverhalt heraus hat er dann sei- nis ist ein standardisiertes, modulares System für
ne Idee für Glass-Wrap abgeleitet und weiterent- die Verpackung von einzelnen oder mehreren
wickelt. Um eine Scheibe sicher zu verschicken Flachglasscheiben für eine Vielzahl von Gewichund zu lagern, braucht sie einen umlaufenden ten und Abmessungen.
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Glas Logistik
Das Verpackungssystem für Flachglas ist einfach und genial zugleich: Die Scheiben sind in einen stabilen Rahmen
aus Hartschaum eingepackt. Dieser lässt sich zudem koppeln und senkrecht sowie waagrecht im Fahrzeug stapeln.
Den Garagentest mit
Bravour bestanden
Wie sicher eine Scheibe mit Glass-Wrap verpackt
werden kann, hat der Erfinder dann bei sich zuhause getestet, und zwar vom Garagendach aus.
Nachdem der erste Prototyp einem Falltest aus
1 m Höhe unterzogen wurde (Bild unten) und
die Scheibe heil blieb, wollten er und sein Sohn
Robin es genau wissen. Sie kletterten mit der verpackten Scheibe auf die 2,30 m hohe Garage und
warfen das Paket in die Tiefe.
Auch diesmal blieb die Scheibe unbeschädigt.
Und selbst als die Glass-Wrap-Verpackung mit
der Ecke zuerst aufschlug, blieb die Glasscheibe
unversehrt.
Jetzt war für Giller der Zeitpunkt gekommen, einen Verpackungsspezialisten hinzuzuziehen. Dafür konnte er den Verpackungsspezialisten Feurer aus Brackenheim gewinnen, der die Technik,
das Material- und Produktions-Know-how lieferte, um die Verpackung zur Serienreife zu führen.
Serienreife ist ab 2015 gegeben
„Ab 2015 ist Glass-Wrap bei uns auf Anfrage erhältlich“, stellt Markus Feurer, geschäftsführender
Gesellschafter der Feurer Group GmbH, in Aussicht. „Unmittelbar nach der Bestellung erhält der
Verarbeiter die gewünschten Systeme.“
Je nach Anforderung steht das System als Mehrwegverpackung oder als Einwegverpackung zur
Verfügung. Den Unterschied machen
die Rahmenmaterialien EPP und EPS:
Die Mehrweg-Variante aus EPP ist
umweltfreundlich und bietet vielfältige Recyclingmöglichkeiten. Das Mate­rial
zeichne sich durch hohe Energieabsorp­
tion, Beständigkeit gegen Chemikalien, ein gutes
Rückstellvermögen und sehr gute Flexibilität aus.
Die Stärken der Einweg-Ausführung aus EPS liegen in der hohen Druckfestigkeit, Feuchteunempfindlichkeit und der guten Stoßdämpfung.
Dazu ergänzt Giller: „Die EU-Verpackungsordnung fordert, dass der Lieferant die Entsorgungsbzw. Rückholungspflicht einer Verpackung übernimmt. Diese entfällt mit unserem Einwegsystem.“
Beide Varianten der flexiblen Außenrahmenprofile benötigen eine feste Komponente, um nicht
zu brechen: Dies erfolgt mittels Holzleisten, die
der Verpackung die nötige Stabilität verleihen.
Innerhalb der Rahmen werden die Einzelscheiben von Glasleistenprofilen aus extrudiertem PEoder PP-Schaum in Position gehalten. Diese verhindern ein Verrutschen und trennen die Einzelscheiben zuverlässig voneinander.
„Bei den Profilen greifen wir auf unsere jahrzehntelange Erfahrung aus der Automobil-Branche
zurück“, so Markus Feurer. „PE- und PP-Profile haben sich beim Transport empfindlicher Teile über
Jahre bewährt.“ Zudem belegten Tests eine hohe
Materialverträglichkeit: Beim Transport und im
Lager sei das Glas damit sicher vor Abrieben und
chemischen Reaktionen geschützt.
Die verwendeten Materialien enthalten keine
CFK oder schädlichen Treibmittel und sind zu
100 % recycelbar. Weiter führe die optimierte Lademöglichkeit des Systems zu weniger Verkehr,
und reduziere damit CO2-Emissionen, so Feurer.
Aufbau und Komponenten
einer Verpackungseinheit
Eine Glass-Wrap-Verpackung umfasst:
4 Eckprofile (fertige Ecken),
Die notwendigen Längsprofile (immer
abhänig vom jeweiligen Scheibenformat), die
der Verarbeiter auf Länge zuschneidet,
4 Glaseinlegeprofile, erhältlich für unterschiedliche Glasdicken und Aufbauten,
1 Spannband, das um den Rahmen gelegt
wird, um die Einzelteile zu fixieren und den
Rahmen sicher zusammenzuhalten.
Dazu gibt es Standard-Zubehör, das es erlaubt,
den Transport, die Handhabe und die Lagerung
in der Werkstatt und auf der Baustelle zu vereinfachen. Dazu zählen: Staplerfüße, Gurthaken, Tragegriffe, Standfüße, Transportrolle, Verstärkungselemente sowie weitere Verbindungselemente.
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Beim Besuch der GLASWELT hat Erfinder
Thomas Giller den Falltest wiederholt und
die Scheibe aus 1 m Höhe fallen lassen. Das
Ergebnis: die Scheibe blieb unversehrt.
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Der umlaufende Rahmen setzt sich aus Außenrahmenprofilen (grau) mit den zugehörigen Eckstücken (l.) zusammen. Dabei lassen sich die Mittelstücke auch stoßen.
So funktioniert die Verpackung
Will der Verarbeiter z.B. eine Einzelscheibe verschicken, wählt er Glaseinsatzprofile entsprechend der Scheibendicke aus und schneidet
diese mit einem Cutter auf Länge. Dann passt er
die Mittelstücke des Außenprofils (inklusive Holzkern) auf das Längenmaß an, abzüglich der vier
Eckstücke, die bereits vorgefertigt sind.
Anschließend werden die Mittelstücke auf das
Glasprofil aufgeschoben und die Ecken aufgesetzt. Alle Systemteile des Außenprofils werden
dabei durch den Holzkern aufgeschoben. Anschließend wird umlaufend das Kunststoffband
gespannt und zusammengezogen. Fertig.
„Wir rechnen damit, das Glass-Wrap beim Transport von Einzelscheiben die Kosten um bis zu 60
Prozent senken kann. Dazu haben wir Kostvergleiche mit großen Baufirmen erstellt“, so Giller.
Denn durch die leichte und stapelbare Glas-Verpackung lasse sich der Laderaum eines Transporters bis unter die Decke nutzen und so optimal
beladen. Dazu komme, dass sich Einzelscheiben sowie Komplettladungen als reguläre Speditionsfracht versenden lasse sowie durch Paketdienste wie DHL, FedEx, UPS oder TNT. —
Matthias Rehberger
www.feurer.com
Ein wirklich ausgereiftes Produkt
Glass-Wrap hat mich beeindruckt. Spannend
ist für mich, dass es nicht nur eine außergewöhnliche
Erfindung ist, sondern ein ausgereiftes Produkt, bei
dem auch die Peripherie gut durchdacht
ist. Bereits heute sind so viele ergänzende Features wie Rollen, Griffe, Befestigungen u.a., vorhanden, die dem Anwender das Tagesgeschäft erleichtern.
Matthias Rehberger
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