Sozialverwaltung/ Verwaltungsrecht

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Sozialverwaltung/ Verwaltungsrecht
Sozialverwaltung/
Verwaltungsrecht
Sommersemester 2010
Dozent: RA Prof. Dr. Niels Korte
10.06.2010
Sozialverwaltung/Verwaltungsrecht
SoSe 2010
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Das Widerspruchsverfahren
Das Widerspruchsverfahren
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Vorschaltrechtsbehelf zur Überprüfung von Verwaltungsakten,
§ 68 VwGO, § 78 SGG (im Sozialrecht jeweils i.V.m. § 62 SGB
X; beide Normen weitgehend identisch)
§ 62 Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte
Für förmliche Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte gelten, wenn der
Sozialrechtsweg
gegeben
ist,
das Sozialgerichtsgesetz, wenn
der
Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, die Verwaltungsgerichtsordnung und die zu
ihrer Ausführung ergangenen Rechtsvorschriften, soweit nicht durch Gesetz
etwas anderes bestimmt ist; im Übrigen gelten die Vorschriften dieses
Gesetzbuches.
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statthaft, wenn der Bürger sich gegen einen Verwaltungsakt (Anfechtungswiderspruch) oder gegen die Ablehnung eines Verwaltungsaktes (Verpflichtungswiderspruch) wehren will
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Das Widerspruchsverfahren
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Entscheidung über den Widerspruch obliegt zunächst der den VA
erlassenden Behörde, § 72 VwGO, § 85 SGG
Will sie dem Widerspruch nicht abhelfen, also positiv bescheiden,
erlässt den Widerspruchsbescheid grds. die nächsthöhere Behörde, § 73 VwGO, § 85 SGG
Beachte: aufgrund des zweigliedrigen Verwaltungsaufbaus in
Berlin sind Ausgangs- und Widerspruchsbehörde regelmäßig
identisch, intern wird der Widerspruch dann „nach oben“ weitergereicht
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Das Widerspruchsverfahren
Prüfung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs
Ein Widerspruch hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und
begründet ist
Prüfungsschema:
I.
Zulässigkeit
1.
Statthaftigkeit
2.
Widerspruchsbefugnis
3.
Zuständigkeit
4.
Verfahren
5.
Form
6.
Frist
II.
Begründetheit
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Das Widerspruchsverfahren
I.
1.
(3)
Zulässigkeit
Statthaftigkeit
Folgt entweder aus spezialgesetzlicher Regelung oder aus § 68
VwGO bzw. § 78 SGG
Nur gegen VA i.S.d. § 35 VwVfG bzw. § 31 SGB X oder dessen
Ablehnung
Spezialgesetz etwa § 126 Abs. 3 BRRG:
Für Klagen nach Abs. 1, einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen,
gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung mit folgenden Maßgaben:
1. Eines Vorverfahrens bedarf es auch dann, wenn die Maßnahme von der
obersten Dienstbehörde getroffen worden ist.
2. Den Widerspruchsbescheid erlässt die oberste Dienstbehörde. 2Sie kann die
Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat,
durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen; die Anordnung ist
zu veröffentlichen.
3. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Abordnung oder die Versetzung
haben keine aufschiebende Wirkung.
4. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt.
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Das Widerspruchsverfahren
2.
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Widerspruchsbefugnis
§ 42 Abs. 2 VwGO analog bzw. § 54 Abs. 1 S. 2 SGG
Widerspruchsbefugt ist, wer geltend macht, durch einen rechtswidrigen VA in seinen Rechten verletzt bzw. durch einen unzweckmäßigen VA in seinen Rechten beeinträchtigt zu sein
Es genügt die Möglichkeit der Verletzung/Beeinträchtigung
Rechte i.S.d. § 42 VwGO sind subjektiv-öffentliche Rechte wie
etwa Grundrechte als Abwehrrechte, aber auch drittschützende
Normen
Dies sind solche, die neben der Allgemeinheit auch den Einzelnen schützen wollen (wenn bei konkreter Anwendung der Kreis
der Einzelberechtigten deutlich abgrenzbar ist und der Betreffende zu diesem Personenkreis gehört)
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Das Widerspruchsverfahren
3.
4.
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Zuständigkeit
Die Behörde, die den VA erlassen hat, § 70 VwGO bzw. § 84
SGG
An diese Behörde ist der Widerspruch zu richten
Wer über den Widerspruch letztlich entscheidet, ist eine andere
Frage (s. oben)
Verfahren
§ 78 VwGO: die Normen des VwVfG gelten auch für das Widerspruchsverfahren
Ähnlich im Sozialrecht, nach § 84 a SGG gilt lediglich § 25 Abs. 4
SGB X nicht für das Vorverfahren
Hier relevant: Handlungs-, Beteiligungsfähigkeit etc.
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Das Widerspruchsverfahren
5.
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Form
„schriftlich oder zur Niederschrift der Behörde“, § 70 Abs. 1
VwGO bzw. § 84 Abs. 1 SGG
6.
-
Frist
Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des VA, § 70 Abs. 1
VwGO bzw. § 84 Abs. 1 SGG
Frist beginnt nur, wenn der Betroffene über den Rechtsbehelf und
dessen Einlegung ordnungsgemäß belehrt wurde, § 58 VwGO,
§ 66 SGG, sonst Jahresfrist
Fristberechnung nach §§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO
i.V.m. §§ 187 f. BGB bzw. § 64 SGG
Beachte Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorherigen
Stand, § 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 VwGO bzw. § 84 SGG i.V.m. § 67
SGG
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Das Widerspruchsverfahren
Fall 1: A erhält am 05.02.2008 einen negativen Rentenbescheid, gegen
den er Widerspruch einlegen möchte. Am 07.02.2008 hat A einen
schweren Unfall, aufgrund dessen er im Koma lag und erst am
06.04.2008 wieder aus dem Krankenhaus entlassen wird. Daraufhin legt er am 10.04.2008 Widerspruch ein und erklärt der Behörde den Grund des so spät eingelegten Widerspruchs. Ist der
Widerspruch zulässig?
§ 64 SGG
(1)
Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach
der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der
Eröffnung oder Verkündung.
(2)
Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine
nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der
letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem
Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten
Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.
(3)
Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder
einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
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Das Widerspruchsverfahren
§ 67 SGG
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die
Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der
Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann
die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer
wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte
Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluss, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist
unanfechtbar.
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Das Widerspruchsverfahren
1.
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Problematisch ist hier allein die Wahrung der Widerspruchsfrist
gem. § 84 Abs. 1 SGG
Fristbeginn gem. § 64 Abs. 1 SGG: 06.02.2008
Fristende gem. § 64 Abs. 2 SGG: 05.03.2008 (Ereignis = Zustellung)
Einlegung des Widerspruchs am 10.04.2008 also verfristet
Evtl. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, § 67 SGG
Antrag
Ausdrücklich hat A keinen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt
Jedoch ist dieser konkludent in der verfristeten Einlegung des
Widerspruchs zu sehen
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Das Widerspruchsverfahren
2.
-
Antrag
Ausdrücklich hat A keinen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt
Jedoch ist dieser konkludent in der verfristeten Einlegung des
Widerspruchs zu sehen
3.
-
Frist
Ein Monat nach Wegfall des Hindernisses
Hindernis war hier der Krankenhausaufenthalt
4 Tage nach seiner Entlassung hat A den Wiedereinsetzungsantrag gestellt
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Das Widerspruchsverfahren
4.
-
Glaubhaftmachung
Vortragen der Gründe genügt vorliegend
5.
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Nachholung der versäumten Rechtshandlung
Versäumt wurde hier die Einlegung des Widerspruchs
Dieser wurde zeitgleich mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung
eingelegt und damit innerhalb der Frist nachgeholt
6.
-
Ohne Verschulden
A konnte die Frist nicht einhalten, da er im Krankenhaus lag
Er hat somit unverschuldet die Frist nicht eingehalten
Beachte: selbst wenn A den Unfall erst am letzten Tag der Frist
erlitten hätte, träfe ihn kein Verschulden; zwar hätte er den
Widerspruch schon eher einlegen können, aber Fristen sind dazu
da, ausgeschöpft zu werden
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Das Widerspruchsverfahren
7.
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Ergebnis
Dem Widereinsetzungsantrag des A ist stattzugeben
Der Widerspruch ist damit zulässig
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Das Widerspruchsverfahren
Exkurs: Bestandskraft eines Verwaltungsakts
-
-
Wird die Einlegung eines Rechtsmittels gegen einen VA wie
Widerspruch oder Klage innerhalb der Rechtsmittelfrist versäumt,
wird der VA bestandskräftig
Der VA ist dann grundsätzlich unangreifbar und endgültig Verbindlichkeit der in dem VA enthaltenen hoheitlichen Regelung
Formelle Bestandskraft: Unanfechtbarkeit des VA
Materielle Bestandskraft: Maßgeblichkeit der Entscheidung für
die Beteiligten
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Das Widerspruchsverfahren
II.
-
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Begründetheit
Der Widerspruch ist begründet, soweit der VA bzw. seine
Ablehnung rechtswidrig bzw. unzweckmäßig ist (§ 68 VwGO, §
78 SGG) und der Widersprechende dadurch in seinen Rechten
verletzt bzw. beeinträchtigt wird (§ 113 Abs. 1 oder 5 VwGO
analog, § 54 Abs. 2 SGG analog) – Obersatz für die
Begründetheitsprüfung
In der Klausur wird es lediglich auf die Rechtsmäßigkeit des VA
ankommen, nicht auf dessen Zweckmäßigkeit
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Das Widerspruchsverfahren
Prüfungsschema Begründetheit des Widerspruchs:
A)
Obersatz
s. oben
B)
Rechtmäßigkeit des VA
I.
Ermächtigungsgrundlage
II.
Formelle Rechtmäßigkeit
1.
Zuständigkeit
2.
Verfahren
3.
Form
III.
Materielle Rechtmäßigkeit
1.
Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage
2.
Rechtsfolge der Ermächtigungsgrundlage
Unterscheidung zwischen gebundenen und Ermessensentscheidungen
C)
Rechtsverletzung
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Das Widerspruchsverfahren
Fall 2: S, angestellter Softwareentwickler, verließ am 7.4.2008 um 8 Uhr
morgens sein Haus, um zu einem Kunden zu fahren, bei dem er
bereits seit mehreren Tagen mit der Anpassung einer Software
beschäftigt war. Auf dem Weg zu diesem Kunden wurde er unverschuldet in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt, in dessen
Folge er eine Querschnittslähmung erlitt. S bezog nach dem
Unfall Krankengeld, wollte aber im Anschluss an die Behandlung
seine Berufstätigkeit wieder aufnehmen. Er bat deshalb die
Berufsgenossenschaft um behindertengerechte Ausstattung seines Pkw. Die Berufsgenossenschaft verweigerte den Umbau mit
Schreiben vom 21.05.2008, welches dem S am 22.05.2008
zugestellt wurde. Das Schreiben enthielt eine Belehrung über die
Möglichkeit des Widerspruchs sowie dem Hinweis, bis wann, wie
und wo dieser zu erfolgen habe. Am 23.06.2008 legt S schriftlich
Widerspruch bei der Berufsgenos-senschaft (BG) ein. Hat dieser
Aussicht auf Erfolg?
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Das Widerspruchsverfahren
§ 2 SGB VII Versicherung kraft Gesetzes
(1) Kraft Gesetzes sind versichert
1. Beschäftigte,
[…]
§ 7 SGB VII
(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
(2) […]
§ 8 SGB VII Arbeitsunfall
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz
nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich
begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden
unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
[…]
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Das Widerspruchsverfahren
§ 40 SGB VII Kraftfahrzeughilfe
(1) Kraftfahrzeughilfe wird erbracht, wenn die Versicherten infolge Art oder Schwere des
Gesundheitsschadens nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs
angewiesen sind, um die Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft
zu ermöglichen.
(2) Die Kraftfahrzeughilfe umfasst Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, für
eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung und zur Erlangung einer Fahrerlaubnis.
[…]
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Das Widerspruchsverfahren
A)
I.
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Zulässigkeit des Widerspruchs
Statthaftigkeit
gem. § 78 SGG nur gegen VA i.S.d. § 31 SGB X
Das Ablehnungsschreiben müsste also einen VA darstellen
1.
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Maßnahme einer Behörde
Die Berufsgenossenschaft ist eine Behörde
2.
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Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts
Maßnahmen nach dem SGB VII sind solche des öffentlichen
Rechts
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Das Widerspruchsverfahren
3.
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Regelung
Wenn die Maßnahme unmittelbar auf die Herbeiführung einer
Rechtsfolge gerichtet ist
Hier verbindliche Feststellung, dass die Kosten für den KfzUmbau nicht übernommen werden
4.
-
Eines Einzelfalls
Es handelt sich um den konkreten Fall des Umbaus des Pkw des
S
5.
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Mit Außenwirkung
Die Maßnahme richtet sich an den S, eine außerhalb der
Verwaltung stehende Person
6.
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Zwischenergebnis
Das Ablehnungsschreiben stellt einen VA dar
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Das Widerspruchsverfahren
II.
-
-
Widerspruchsbefugnis
§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG: Widerspruchsbefugt ist, wer geltend
macht, durch einen rechtswidrigen VA in seinen Rechten verletzt
bzw. durch einen unzweckmäßigen VA in seinen Rechten
beeinträchtigt zu sein
Es genügt die Möglichkeit der Verletzung
Aufgrund des Unfalls und der Querschnittslähmung besteht die
Möglichkeit eines Anspruchs auf den Umbau des Pkw
Die Ablehnung der Umbaumaßnahmen könnte rechtswidrig sein
und den S in seinem Recht auf die Vornahme des Umbaus
verletzen
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Das Widerspruchsverfahren
III.
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Zuständigkeit
§ 84 SGG: zuständig ist die Behörde, die den VA erlassen
Dies ist hier die Berufsgenossenschaft
S hat den Widerspruch bei der zuständigen Behörde eingereicht
IV.
-
Verfahren
S ist als natürliche Person handlungs- und beteiligtenfähig gemäß
§ 10 Nr. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB X
V.
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Form
S hat den Widerspruch schriftlich und damit formgerecht i.S.d. §
84 SGG eingelegt
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Das Widerspruchsverfahren
V.
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Frist
gem. § 84 SGG ist der Widerspruch innerhalb eines Monats nach
Bekanntgabe einzureichen
Bekanntgabe war der 22.05.2008
Fristbeginn somit gem. § 64 Abs. 1 SGG am 23.05.2008
Die Frist endete gem. § 64 Abs. 2 SGG am 22.06.2008
Dies war ein Sonntag
Gem. § 64 Abs. 3 SGG endete die Frist erst am 23.06.2008
S hat den Widerspruch somit fristgerecht eingelegt
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Das Widerspruchsverfahren
B)
Begründetheit des Widerspruchs
Der Widerspruch ist begründet, soweit die Ablehnung des
Übernahmebescheides rechtswidrig bzw. unzweckmäßig ist (§ 78
SGG) und S dadurch in seinen Rechten verletzt bzw. beeinträchtigt wird (§ 54 Abs. 2 SGG analog)
I.
-
Rechtmäßigkeit des VA
Der VA ist rechtswidrig, wenn dem S ein Anspruch auf Umbau
seines Pkw zusteht
1.
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Anspruchsgrundlage
Ein Anspruch könnte sich hier aus § 40 SGB VII ergeben
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Das Widerspruchsverfahren
2.
3.
a)
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Formelle Rechtmäßigkeit
Hier kann von der formellen Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides ausgegangen werden
Anderweitige Anhaltspunkte liegen nicht vor
Materielle Rechtmäßigkeit
Tatbestand der Anspruchsgrundlage
Ansprüche nach dem SGB VII stehen nur versicherten Personen
zu, die einen Arbeitsunfall erlitten haben
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gehören zum versicherten Personenkreis Beschäftigte
Dies sind Arbeitnehmer
Es kann hier davon ausgegangen werden, dass S Arbeitnehmer
ist
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Das Widerspruchsverfahren
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Ein Arbeitsunfall liegt hier i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vor
S hat auf dem Weg zu einem Kunden, also auf seinem Arbeitsweg einen Unfall, der zu einem Schaden führte
Aufgrund der Querschnittslähmung und der Notwendigkeit eines
Kfz, um seinen Beruf weiterhin ausüben zu können, liegen auch
die Vss. des § 40 Abs. 1 und 2 SGB VII vor
b)
-
Rechtsfolge der Anspruchsgrundlage
Hier gebundene Entscheidung
Da die Vss. des § 40 SGB VII vorliegen, ist der Umbau des Kfz
von der Berufsgenossenschaft zu übernehmen
4.
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Zwischenergebnis
Die Ablehnung war rechtswidrig
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Rechtsverletzung
Der S hat einen Anspruch auf behindertengerechten Umbau
seines Pkw nach § 40 SGB VII
Durch die rechtswidrige Ablehnung ist S in diesem Recht verletzt
C)
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Ergebnis
Der Widerspruch ist zulässig und begründet
Er hat Aussicht auf Erfolg
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