Vollständiges Inteview in der MAZ, 13.09.07

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Vollständiges Inteview in der MAZ, 13.09.07
Staat verdrängt private Wirtschaft - Märkische Allgemeine - Zeitung für das Land Brandenburg
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13.09.2007
Staat verdrängt private Wirtschaft
Funck kritisiert Kommunalverfassung
Saskia Funck (39) ist finanzpolitische Sprecherin der CDU im Landtag und Kritikerin der neuen Kommunalverfassung, die
gestern erstmals beraten wurde. Mit ihr sprach Igor Göldner.
Frau Funck, was haben Sie gegen die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen?
Funck: Im Grunde nichts. Ich bin aber dagegen, dass der Staat mit eigenen Unternehmen die private Wirtschaft verdrängt.
Und genau dieser falsche Weg droht Brandenburg, wenn die neue Kommunalverfassung Gesetz wird. Der Staat sollte sich
nicht als der bessere Unternehmer versuchen.
Warum?
Funck: Weil eben genau dieser unfaire Verdrängungseffekt droht. Beispielsweise müssen Staatsunternehmen keine
Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent abführen. Und bei der Aufnahme von Krediten durch staatliche
Kommunalunternehmen bürgt sogar der Staat. Das ist eine klare Benachteiligung der Unternehmen.
Was ändert sich gegenüber der bisherigen Regelung?
Funck: Eine Kommune musste bislang prüfen, ob es einen genau so guten oder besseren Anbieter in der Privatwirtschaft
gibt. Das soll nun nicht mehr nötig sein. Es muss nur noch der öffentliche Zweck begründet werden. Oder nehmen Sie die
Nebentätigkeiten der kommunalen Unternehmen, die so genannten Annextätigkeiten. Bislang waren diese, zumindest
offiziell, nicht möglich. Trotzdem haben kommunale Unternehmen wie Krankenhäuser oder Stadtwerke auch
Reinigungsfirmen betrieben, was nicht ihre Aufgabe ist. Nun werden Nebentätigkeiten möglich, die nicht einmal
marktüblichen Preisen, geschweige Sparsamkeitsgesichtspunkten unterliegen. So ist ein fairer Wettbewerb nicht möglich.
Streitpunkt ist das Klagerecht für private Dritte gegen die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen, das gestrichen wurde.
Ist das nicht vernünftig, um eine Welle von Privatisierungen zu verhindern?
Funck: Nein. Das Klagerecht bezieht sich auf Felder, wo sich Kommunen normalerweise nicht zu tummeln haben. Warum
sollte eine Privatfirma gegen ein öffentliches Unternehmen klagen, das sich gesetzestreu verhält, der Daseinsvorsorge dient
und zu marktüblichen Preise agiert?
Würde Wettbewerb auf allen Ebenen, wie Sie es fordern, nicht die Handlungsspielräume kommunaler Unternehmen massiv
einschränken?
Funck: Soziale Marktwirtschaft setzt Wettbewerb voraus. Hier soll er aber abgeschafft werden. Das ist auch für die
Kommunen und Bürger nicht gut. Denn mit der wirtschaftlichen Betätigung sind immer hohe Risiken für die öffentliche Hand
verbunden. Laut Bertelsmann-Stiftung weisen in Brandenburg Kommunen im Durchschnitt weniger als 30 Prozent ihrer
Verschuldung im Kernhaushalt aus. Rund 67 Prozent sind in die kommunalen Unternehmen ausgelagert, also versteckt.
Die SPD, auch Ihre Partei, sind mit dem Entwurf zufrieden ...
Funck: Ich bedauere das. Der SPD scheint die Staatswirtschaft sehr am Herzen zu liegen. Sie hat die Neuregelung der
wirtschaftlichen Betätigung zu einem unverhandelbaren Punkt erklärt.
Und die CDU hat zugestimmt.
Funck: Gezwungenermaßen.
Wie werden Sie sich im Landtag verhalten?
Funck: Falls es keine Korrekturen geben sollte, kann ich leider nicht zustimmen.
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