PS 8/2004: Tune-up Yamaha YZF-R1
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PS 8/2004: Tune-up Yamaha YZF-R1
SERVICE 48 PS 8/2004 KLEBEN AM LIMIT TUNE-UP YAMAHA YZF-R1, TEIL 1 Yamahas Flaggschiff avancierte nach der Überarbeitung zum bislang bestverkauften Supersportler 2004. Doch das Bessere ist des Guten Feind. Hier nun die besten Optimierungen zum Thema Reifen, Windschutz und Bremsbeläge im ersten von drei Teilen des PS-Tune-up. Ein echter Allrounder – erfolgreich bei diversen Vergleichstests, populär bei den Fans und respektiert im Kreis der Konkurrenz. Alles perfekt? Als Gesamtpaket betrachtet, mag der Yamaha-Supersportler dem Optimum recht nahe kommen. Doch unter der Lupe ernten dennoch rern auf Dauer nur durchschnittliche Ruhe vor dem Sturm. Bei Renntrainings stört dies vor allem auf schnellen Geraden, die der Pilot eigentlich gern zur kurzen Verschnaufpause nutzen möchte. Ganz zu schweigen von der großen Mehrheit der Fahrer, die ohnehin eher gemäßigt in weniger einzelne Punkte Kritik. Hier will das PS-Tune-up ansetzen. Ziel: mit möglichst geringem Aufwand noch mehr Performance aus der R1 herauszuholen. Stichwort Windschutz: Die superflache Serienscheibe (Ersatzteilpreis: 96 Euro) bietet selbst völlig zusammengekauerten Fah- 1 2 3 4 1 Original Yamaha Flip-up-Scheibe; 104 Euro, 45 mm höher als das Serienexemplar; sehr gute Passform, auch blau getönt lieferbar, Vertrieb über Yamaha-Händler; Infos unter http://www.yamaha-motorrad.de. 2 Original Yamaha Racing-Scheibe; 106 Euro, (baugleich mit der MRA RacingScheibe), 45 mm höher als das Serienexemplar; sehr gute Passform, auch in klarer Ausführung und blau sowie rot getönt lieferbar; Vertrieb über Yamaha- Text: Matthias Schröter, Sascha Zdrahal ; Fotos: Künstle (3); mps-Studio (6), Schröter (3), Zdrahal (8) extremer Haltung auf Landstraßen unterwegs sind. Gerade hier verfügt die Yamaha über enormes Potenzial. Ihre angenehme Ergonomie, ihr kultivierter Fünfventiler und eine bestechende Fahrbarkeit sind die Trümpfe, mit denen sie auch auf längeren Distanzen überzeugt. Und der Windschutz lässt Händler; Infos unter http://www.yamaha-motorrad.de. 3 MRA Spoilerscheibe; 76 Euro; 45 mm höher als die Serienscheibe, sehr gute Passform, in insgesamt neun verschiedenen Tönungen lieferbar; Infos unter http://www.mra.de, Tel. 0 76 63/9 38 90. 4 Puig Bubble, 55 Euro, 40 mm höher als die Serienscheibe, auch in klarer Ausführung lieferbar; Infos unter http://www.ttsl.de, Tel. 0 24 62/9 08 9810. sich mit diversen Zubehörscheiben gehörig verbessern. PS testete vier Kandidaten (alle mit ABE). Durch die gute Integration der Scheibe in die Verkleidung fallen selbst deutlich höhere Scheiben noch angenehm kompakt aus, so dass trotz des damit erzielten besseren Windschutzes die Gesamterscheinung des Bikes nur geringfügig verändert wird. Auch ist die Montage denkbar einfach. Selbst Ungeübte wechseln den Windschild in wenigen Minuten. Mit einem passenden Kreuzschlitzschraubendreher (Größe PH 2) einfach die sechs Schrauben lösen und die Scheibe zum Tank hin herausziehen. Danach die Gummielemente aus der alten Scheibe entfernden und in die neue einpassen. Schrauben mit Gefühl anziehen – fertig. Die Pass- 1 2 1 Carbone Lorraine SBK 3; ca. 35 Euro pro Scheibe (inkl. ABE); Vertrieb nur über den Fachhandel; Infos und Händlernachweis unter http://www.jfmotorsport.de, Tel. 0 60 02/9103 91. 2 Lucas Typ MCB611SV; 32 Euro pro Scheibe (inkl. ABE); Vertrieb über den Fachhandel; Infos und 3 Händlernachweise unter Tel. 0 26 31/9120 oder http://www.lucas-bikersworld.com. 3 alpha technik Typ AB 12; 30 Euro pro Scheibe (inkl. ABE); Vertrieb direkt unter Tel. 0 80 36/30 07 20; http://www.alphatechnik.de. REIFENÜBERSICHT Marke Bridgestone Dunlop Metzeler Typ BT 014 F/R D 207 RR Rennsport Größe v/h 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17 Beurteilung Die Bridgestone-Neuvorstellung benötigt im Vergleich zu den anderen Kandidaten einen stärkeren Lenkimpuls. Danach lässt sich die Yamaha angenehm gleichmäßig in grimmig tiefe Schräglagen abwinkeln. Mit dem BT 014 fährt die R1 etwas weitere Bögen, was aber nur in sehr engen Ecken ins Gewicht fällt. Die Zielgenauigkeit liegt auf gutem Niveau. Von allen gefahrenen Reifen bietet der BT 014 die höchste Fahrstabilität. Das Hinterrad baut enormen Grip auf und bietet einen angenehm weiten Grenzbereich. Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage ist zwar spürbar, hält sich aber in akzeptablen Grenzen. Über Wellen bleibt die R1 in Schräglagen neutral. Ein alter Bekannter, der D 207 RR. Die Gummimischung stammt vom legendären D 207 GP. Typisch für Dunlop-Rennreifen: steife Karkasse, spitz zulaufende Kontur am Vorderrad. Der D 207 RR verfügt über deutlich weniger Eigendämpfung als seine moderneren Konkurrenten, Einbußen in der Fahrstabiltät muss man deshalb in Kauf nehmen. Dafür bietet der Old-School-Reifen aber ein fantastisches Einlenkverhalten, tolles Handling und ein neutrales Fahrverhalten. Er kommt schnell auf Temperatur, bietet gute Rückmeldung und liefert immer noch jede Menge Grip. Etwas weniger zwar als die jungen Herausforderer, aber dafür fährt die R1 mit den Dunlops im Vergleich die engsten und radikalsten Linien. Ebenfalls schon ein paar Jährchen auf dem Markt, begründete dieser Reifen für den deutsch-italienischen Hersteller eine heute beinahe legendäre Erfolgsgeschichte. Das Vorderrad von Rennsport und Supercorsa wurde grundlegend und mit Erfolg überarbeitet. Weniger Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage, höhere Zielgenauigkeit und verbessertes Handling werden vollmundig versprochen – und gehalten. Wirklich überraschend ist, das dieser beinahe waschechte Rennreifen in kurzer Zeit eine annehmbare Temperatur erreicht. Davor warnt er vor seinem Unmut durch ein leicht indifferentes Einlenkverhalten. Einmal auf Temperatur, baut er enormen Grip auf. So viel braucht es auf Landstraßen eigentlich gar nie. Ebenfalls überraschend: die Stabilität bei Höchstgeschwindigkeit. Seine Lebensdauer ist aufgrund sehr sportlicher Auslegung etwas geringer als bei den Wettbewerbern. Empfohlener Verkaufspreis Ca. 310–320 Euro pro Satz Ca. 310 Euro pro Satz Keine Angabe Fazit Sehr fahrstabiler Sportreifen mit hohem Gripniveau, für Fahrer, die gern mit deutlichen Lenkimpulsen arbeiten. Old-School-Rennreplikant für Liebhaber blitzschneller Schräglagenwechsel, knackiger Radien und gut kontrollierbarer, kleiner Slides. Unkomplizierter Supersportreifen mit fantastischem Grip und enormem Imagefaktor am Motorradtreffpunkt. Aber nur, wenn die Lauffläche restlos angefahren ist. form aller getesteten Windabweiser war übrigens tadellos. Schon die nur leicht erhöhte MRA-Spoilerscheibe entlastet den Oberkörper des Fahrers deutlich, bis Tempo 180 kann man eine betont lässige Sitzposition beibehalten. Erst bei Geschwindigkeiten über 200 km/h muss der Pilot sich abducken. Den mit Abstand besten Schutz liefert ausgerechnet die Spoilerscheibe aus dem Yamaha-Zubehörprogramm, sie macht dem Fahrer das Leben bis 250 km/h wunderbar leicht. Ihr Nachteil: überdurchschnittlich erhöhte Windgeräusche. Sonst wäre sie einen PS-Tipp wert. Die zweite Yamaha-Scheibe (baugleich MRA) überzeugt als toller Kompromiss aus gutem Windschutz, erträglichem Geräuschpegel und wenig Verwirbelungen. Ähnlich gut funktioniert die Scheibe des spanischen Herstellers Puig. Wegen ihres konkurrenzlos günstigen Preis-Leistungsverhältnisses (55 Metzeler Michelin Pirelli Sportec-M1 Pilot Power Dragon Supercorsa 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17 Obwohl das Freigabeverfahren für den Sportec noch nicht abgeschlossen ist, fuhr PS den sportlichen Allrounder probeweise auf der R1. Schon nach wenigen Metern fühlt man sich mit dem Sportec pudelwohl, dem überzeugenden Kaltgrip sei Dank. Ein sehr harmonischer Reifen, nicht gerade überhandlich, dafür aber sehr fahrstabil. Die R1 fährt mit ihm wie auf Samtpfoten. Auf Holperpisten ist er klar die Nummer 1, er wirkt sich sehr beruhigend auf die Front der bärenstarken Yamaha aus. Das Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage ist gering, der Grip in allen Lebenslagen großartig. Jetzt fehlt dem Sportec-M1 nur noch eins: die Freigabe. Aber die dürfte nicht allzu lange auf sich warten lassen. Die Erstbereifung auf der Yamaha, da hat sich jemand wirklich viel Mühe gemacht. Denn der Michelin, Neuvorstellung von 2004, ist eine gute Wahl. Der Pilot Power bietet eine tolle Handlichkeit, dazu bleibt er bis in tiefste Schräglagen herrlich neutral. Die Michelins bauen schnell einen enormen Grip auf, sie geben dem Fahrer immer Klarheit über den Grenzbereich. Die Front reagiert bei schneller Gangart auf schlechten Strecken etwas nervöser als beim BT 014 oder Sportec-M1, der serienmäßige Lenkungsdämpfer der R1 unterbindet aber jegliches Kickback, neudeutsch für Lenkerschlagen, zuverlässig. Die Fahrstabilität des Pilot Power bei Höchstgeschwindigkeit ist absolut tadellos. Der Zwillingsbruder des Metzeler Rennsport. Bauähnlich, nicht baugleich, das jedenfalls betonen die Pressestellen beider Marken gebetsmühlenartig. Der Supercorsa geht ebenfalls mit verbessertem Vorderrad in die Saison 2004. PS konnte in der Praxis keinen Unterschied zwischen Rennsport und Supercorsa feststellen. Deshalb gilt: ein beinahe reinrassiger Rennreifen mit Straßenzulassung, der bei trockener Witterung und entsprechenden Außentemperaturen furchterregenden Grip aufbaut. PS konnte sich davon auf der Landstraße, auf der Nordschleife und während eines Renntrainings auf dem Hockenheimring überzeugen. Bei Regen und Kälte sollte man es aber sowohl mit Rennsport wie auch mit dem Supercorsa sehr behutsam angehen lassen. Keine Angabe Ca. 320–330 Euro pro Satz Keine Angabe Ein klasse Allrounder mit tollem Grip, dazu sehr gutmütig. Kumpeltyp, dem bei Redaktionsschluss noch die Freigabe fehlte. Ein klasse Sportreifen zum Wohlfühlen, das Rundum-sorglos-Paket für die R1. Der Pilot Power leistet sich keine gravierende Schwäche. Dafür gibt es den PS-Tipp. Für Menschen, die am Limit leben. Genau wie der Rennsport bestens fürs Renntraining geeignet, denn nur dort kann er sein ganzes Können zeigen. Euro) hat sie sich den PS-Tipp wahrhaft redlich verdient. Ob sich der Tausch der Bremsbeläge ebenso deutlich auswirkt? Im Vergleich zu den ebenfalls hochgerüsteten Konkurrenten steckt in der Bremsanlage der Yamaha R1 durchaus Potenzial für Verbesserungen. Ihre Bremsleistung und die Dosierbarkeit lagen in den Tests zwar auf hohem Niveau, aber in puncto Aggressivität und Ansprechverhalten setzt die Kawasaki ZX-10R den Maßstab. PS probierte drei verschiedene Sintermetall-Bremsbeläge (mit ABE) während eines Renntrainings auf dem kleinen Kurs in Hockenheim aus (siehe auch Kasten). Alle Beläge bewegen sich auf dem hohen Niveau der Serienausrüstung, konnten diese aber – auch vom Preis her (Serie pro Scheibe: 39 Euro) – nicht wirklich ausstechen. Einzig feststellbarer Unterschied: Die SBK 3-Beläge von Carbone Lorraine verringern die Handkraft ein wenig. Spannend wurde es schließlich beim großen Showdown des R1Tune-up, erster Teil, bei der Frage nach dem besten Reifen für die Yamaha (siehe Kasten). PS wählte dazu eine selektive, knapp 100 Kilometer lange Runde durch den Nordschwarzwald. Der Metzeler Rennsport und der Pirelli Supercorsa, also beinahe reinrassige Rennreifen mit Straßenzulassung, kamen zusätzlich auf der Rennstrecke und einem zweitägigemns Training auf der Nordschleife zum Einsatz, bei dem unter anderem verschiedene Fahrwerkskomponenten geprüft wurden. Mehr dazu und zu Zubehörauspuffanlagen im zweiten und dritten Teil des PS-Tune-up in den kommenden Ausgaben. PS 8/2004 51