Die Ladys sind der Boss
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Die Ladys sind der Boss
REPORTAGE | Kanada Die Ladys sind der Boss Frauen ticken anders als Männer – besonders beim Skifahren. Bei der Lady-Reise in die kanadischen Top-Wintersportresorts gibt es jedenfalls alles, was Frauen wünschen: Action, Spaß und Lifestyle. Text: Rita Balon Fotos: Helmut Baumgartner 84 DSV aktiv 85 REPORTAGE | Kanada Ein perfektes Make-up in der kanadischen Wildnis, muss das sein? Ja klar: Frauen setzen eben andere Schwerpunkte M elancholisch klingt Gordon Lighfoots „Alberta bound“ aus den Lautsprechern. In der Lobby der „Banff Caribou Lodge“ lümmeln sich ein paar junge Frauen in die weichen Sofakissen rund um das knisternde Kaminfeuer. Aufgeregt schnattern sie durcheinander. Ab und zu nippen sie an ihren bunten Cocktails und stoßen an auf das, was sie lieben: ihre Männer, die zu Hause geblieben sind. Die Freundinnen haben sich einen Traum erfüllt, endlich mal ohne „Liftpasstotalausnutzer“ in Skiurlaub zu fahren. Dabei wählten sie nicht ein nahes, familienfreundliches Skigebiet in den nahen Alpen, sondern flogen über den großen Teich in die kanadischen Rocky Mountains. Seit dem letzten Winter gibt es nämlich Skireisen nach Alberta nur für Frauen. Um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, schnürte der Veranstalter spezielle Pakete mit komfortablen Hotels, geführten Skitouren, Spa-Treatments und Ausflügen in die kanadische Wildnis. Frank, ein freundlicher Mittfünfziger mit herbem Holzfällercharme, stellt sich der aufgeregten Damentruppe als TourGuide vor. Eine Frauenreise mit männlicher Begleitung? Passt das? Für den ersten Tag schlägt Frank jedenfalls den Mount Norquay vor. Das ist den „timelag“-geschädigten Ladys gerade recht. Banffs Hausberg liegt praktisch um die Ecke, ist überschaubar und hat fein manikürte, breite Cruisingautobahnen. Mit dem Hochgeschwindigkeitssessellift düsen sie schnurstracks auf 2.133 Meter. Die Höhe ist nicht das Problem, aber der Nebel. Der wabert so dicht um den Gipfel, dass man nur mit Mühe die Hand J Über Wächten springen und Buckelpisten bezwingen, Action ohne Risiko, macht Ladys Spaß. D Das bald einhundert Jahre alte Banff Springs Hotel ist ein Luxus-Juwel in den Rocky Mountains. 86 DSV aktiv vor Augen sieht. „No problem“, ruft Frank den Mädels zu und schwingt in affenartiger Geschwindigkeit zu Tale. Den Freundinnen wird klar: Auch kanadische Männer sind mit dem Gen „Hey Baby, ich zeig dir, wo’s langgeht“ gesegnet. Nur keinen Zickenalarm oder beleidigt sein. Ganz cool bleiben und ihm klar machen: Hey Junge, der Boss sind wir. Fortan bestimmen die Ladys, wo’s langgeht. In Sunshine Village, dem mit 2.730 Metern am höchsten gelegenen Skigebiet Kanadas, gibt es den besten Champagner-Powder. Er ist geradezu extra brut, prickelt auf der Haut und knirscht unter den Ski. Die Luft ist so trocken, dass der Cremetopf vor jeder Abfahrt kreist. Feengleich schweben die Pistenprinzessinnen über die jungfräulichen Variantenabfahrten am „Goat’s Eye“ und am „Continental Divide“. Es scheint so, als ob sie förmlich in den weißen Schneefontänen ertrinken, die sie meterlang hinter sich herziehen. Jeder Schwung macht Lust auf mehr. Erst am späten Nachmittag, als die Sonne langsam hinter den verschneiten Rockys verschwindet, gönnen sich die Ski-Grazien Champagner-Powder, extra brut, prickelt auf der Haut. in der „Chimney Corner Lounge“ einen köstlichen Latte macchiato. Auf einer Frauen-Skireise ist nicht Tratsch die wichtigste Komponente weiblichen Teambuildings, sondern das gemeinsame Erlebnis. Und das steigert sich von Tag zu Tag. Lake Louise ist mit 1.700 Hektar das größte und anspruchsvollste Skigebiet Albertas. Das weckt den Ehrgeiz der Ladys. Im Sturm erobern sie die berühmten Weltcuppisten der Herren und Damen. Dabei trällern sie immer wieder: „Diamonds are the girls‘ best friends“. Denn in Lake Louise gibt es nicht nur Pisten mit einem schwarzen Diamanten, sondern auch welche mit zwei. Und die haben‘s gewaltig in sich: Bei dem Ritt über hüfthohe Buckel und durch tief verschneite Tannenwälder stoßen sogar konditionsstarke „PowerGirls“ an ihre skifahrerischen Grenzen. Nach einem derartig abgefahrenen Skitag braucht „frau“ dringend Entspannung. Das mondäne „Chateau Lake Louise“ bildet den richtigen Rahmen dazu. Nonchalant lassen sich die Ladys auf die schweren Polster plumpsen. Bei heißem Tee und leckeren Cookies genießen sie den grandiosen Ausblick. Glatt wie ein weißes Tischtuch liegt der zugefrorene Lake Louise vor ihnen, verziert von riesengroßen, blau leuchtenden Eisskulpturen. Gleich dahinter wächst der mächtige Victoria-Gletscher ins Himmelblaue, und seine lange Gletscherzunge schiebt sich über den Gipfel bis ins Tal. Kanadas Natur ist einzigartig. Auf der Fahrt nach Jasper und Marmot Basin, dem letzten Etappenziel, kann sich Frank endlich wieder lieb Kind bei seinen weiblichen Gästen machen. Immer wieder bekommt er eine Kamera in die Hand ge- REPORTAGE | Kanada Was Frauen lieben: ein Dinner im Gourmetrestaurant des „Banff Springs Hotels“ und watteweiche Pisten. drückt und muss die Ladys ablichten: vor einem breiten Flussbett, auf dem massige Eisschollen treiben und an dessen Ufer sich Karibus dekorativ aufgestellt haben oder vorm Columbia Icefield, dem größten nicht-polaren Eisfeld Nordamerikas. Ilselore Brink strahlt aus ihren gletscherwasserblauen Lachfaltenaugen, als die Ladys endlich an der Talstation in Marmot Basin eintreffen. Ab jetzt übernimmt die Grande Dame des Skifahrens das Guiding und zeigt ihnen ihr ganz Info persönliches Skigebiet. Über ihr Alter spricht sie nicht, betont aber, dass sie die älteste Skilehrerin der Welt sei. Jedenfalls zeigt sie den „Girls from Germany“, wo’s langgeht. Ihr Patentrezept lautet: Schuss fahren auf präparierten Hängen, und auf Buckelpisten ja nicht anhalten. Ihr Tempo ist atemberaubend. Aber die Mischung aus großmütterlicher Güte und drahtiger Gelenkigkeit vermittelt Geborgenheit. Ihr folgen die Mädels überall hin – sogar zur doppelschwarzen Abfahrt, die den Kose- Anreise Air Canada (www.aircanada.com) fliegt täglich nonstop von Frankfurt nach Calgary. Für die Einreise benötigen deutsche Staatsbürger einen Reisepass, der mindestens ein halbes Jahr Gültigkeit hat. Veranstalter namen der wilden Kaiserin des Skifahrens trägt: „Izzie’s Everglades“. Frauenpower ist ansteckend und eine Ski-Woche viel zu kurz. Zumal es noch so viel zu erledigen gäbe: Sich mit einer Massage verwöhnen lassen, doch noch die Jeans bei GAP in Banff kaufen, noch einmal den süßen Versuchungen im Schokoladenladen in Jasper nicht widerstehen oder die CD von Gordon Lighfoot kaufen, um sie daheim aufzulegen: „Tomorrow night I’ll be Alberta bound“. Pisten Lake Louise (www.skilouise.com) 113 Abfahrten: 25 % leicht, 45 % mittelschwer und 30 % für Könner. Sunshine Village (www.sunshinevillage.com) 107 Abfahrten: 22 % leicht, 31 % mittelschwer, 42 % schwer und 5 % besonders anspruchsvoll. Ski Banff@Norquay (www.banffnorquay.com) 28 Abfahrten: 20 % leicht, 36 % mittelschwer, 28 % schwer und 16 % besonders anspruchsvoll. Marmot Basin/Jasper (www.skimarmot.com) 84 Abfahrten: 30 % leicht, 30 % mittlere Schwierigkeit und 40 % für Fortgeschrittene. FTI Touristik (www.fti.de) bietet unter dem Label „Clever Women Lifestyle Skiing“ spezielle Skireisen für Frauen an. Im Preis ab 2.038 Euro sind der Linienflug mit Air Canada, sieben Übernachtungen (4 x Banff Caribou Lodge & Spa, 3 x Fairmont Jasper Park Lodge), Frühstücksbuffet, Skipass, Schlittenhundetour, Maligne Canyon Ice Walk und 10 Prozent Ermäßigung Auskunft zu Kanada erteilt Lange auf alle Anwendungen im „Red Earth Spaß“ Touristik Dienst, 63469 Maintal, E-Mail: canadader Caribou Lodge, Ski-Guideservice sowie alle [email protected], www.TravelAlberta.com, zu Transfers enthalten. Frauenreisen: www.CleverWomen.de. Infos 88 DSV aktiv