Biologische Musterbildung und Morphogenese

Transcrição

Biologische Musterbildung und Morphogenese
Biologische Musterbildung
und Morphogenese
Vorlesung Systembiophysik WS 2007, 30. Okt 07
Das zentrale Dogma der Biologie
Aber:
Identisches Genom kann unterschiedliche
Erscheinungsformen (Phänotypen) hervorbringen!
Metamorphose eines
Schmetterlings (Monarch)
Aber: Große Ähnlichkeit im Frühstadium embryonaler Entwicklung
trotz unterschiedlicher Genome !
Morphogenese zeigt universelle Mechanismen der Strukturbildung
Vom genetischen zum systemischen Ansatz
DNA Mutationen / Evolution
Genregulation
mRNA Regulation
Proteinfunktionen
Raumzeitliche Strukturbildung
Morphogenese
Signaltransduktion
=> Themen der Systembiophysik
Biologische Musterbildung:
Selbstorganisation im Nicht-Gleichgewicht
Modellsysteme
Muschel
Vermiculated rabbitfish
Zebra
taken from: http://www.scottcamazine.com/personal/DesignNature/
Die meisten Schalenmuster sind zeitliche Protokolle
WachstumsRichtung
a)
b)
Pigmentierung in regelmäßigen Zeitabständen (Streifen senkrecht zur Wachstumsrichtung)
regelmäßigen räumlichen Abständen (Streifen parallel zur Wachstumsrichtung)
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Turing Hypothese (1952)
Ein „morphogenetisches Feld“, d.h. ein Konzentrationsgradient eines Morphogens
führt zur räumlichen Differenzierung von monoclonalen Zellen.
Die Konzentration des Morphogens
folgt einer
Reaktions-Diffusions-Gleichung
"c
= f (c) # r $ c + D $ % 2c
"t
f(c) : Produktion
!
!
r " c : Zerfall
D " # 2c : Diffusion
Das Gierer Meinhardt Modell (1972)
Grundidee:
(i) für die Entwicklung differenzierter Regionen sind
Konzentrationsgradienten zwei Steuermolekülen (Morphogenen)
verantwortlich: Dabei werden Stoffe, die ein Merkmal (Phänotyp, z.B.
Pigmentproduktion) erzeugen Aktivator genannt, der Inhibitor unterdrückt
die Ausprägung des Merkmals.
(ii) Die Produktion von Aktivator und Inhibitor sind wie folgt gekoppelt:
Aktivator: autokatalytisch
(sich selbst verstärkend)
Inhibitor wird vom Aktivator
erzeugt und unterdrückt die
Aktivatorproduktion
Gierer Meinhardt Modell
Zur Ausbildung räumlicher Strukturen wird zusätzliche eingeführt:
Aktivator diffundiert langsam (lokalisiert)
Inhibitor diffundiert schnell (langreichweitig)
Lokale Selbstverstärkung und langreichweitige Hemmung
Die Aktivator-Inhibitor-Gleichungen
∂a/∂t = s (a2/b + ba) - raa + Da ∂2a/∂x2
∂b/∂t = s a2
+ bb - rbb + Db ∂2b/∂x2
a2/b -> Produktionsrate des Aktivators; autokatalytisch (nichtlinear! (a2));
je mehr Aktivator da ist, umso mehr wird gebildet
Bildung des Aktivator stimuliert Bildung der Inhibitors
a2
-> Produktionsrate des Inhibitors, stimuliert durch Aktivator
s
-> Quelldichte; beschreibt Fähigkeit zur Autokatalyse
ba, bb -> spontane Grundproduktion von Aktivator / Inhibitor
raa, rbb -> Zerfallsrate; begrenzte Lebensdauer der Stoffe;
Da ∂2a/∂x2, Db ∂2b/∂x2 -> Diffusion (Db >> Da)
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Der Aktivator-Inhibitor-Mechanismus
∂a/∂t = s (a2/b + ba) - raa + Da ∂2a/∂x2
∂b/∂t = s a2
+ bb - rbb + Db ∂2b/∂x2
a2/b -> Produktionsrate des Aktivators; autokatalytisch (nichtlinear! (a2));
je mehr Aktivator da ist, umso mehr wird gebildet
Bildung des Aktivator stimuliert Bildung der Inhibitors
a2
-> Produktionsrate des Inhibitors, stimuliert durch Aktivator
s
-> Quelldichte; beschreibt Fähigkeit zur Autokatalyse
ba, bb -> spontane Grundproduktion von Aktivator / Inhibitor
raa, rbb -> Zerfallsrate; begrenzte Lebensdauer der Stoffe;
Da ∂2a/∂x2, Db ∂2b/∂x2 -> Diffusion (Db >> Da)
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Eindimensionale Lösung des Gierer-Meinhardt Modells
Lösung der Differentialgleichung
-> Möglichkeit spontane Streifenmuster
zu erzeugen
minimaler Abstand durch Reichweite des
Inhibitors gegeben
Wachstumsrichtung
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Lösung des Aktivator-Inhibitor Modells:
Die Gleichverteilung (stationärer Punkt) ist instabil (Turing-Instabilität). Entwicklung in Eigenfunktionen der
Diffusionsgleichung führt zu einer Dispersionsrelation, die linear instabile Moden identifiziert.
Die instabilen Moden wachsen exponentiell. Die Randbedingungen legen die dominierenden Moden fest.
Wie der Leopard zu seinen Flecken kam
Selektion zwei-dimensionaler Moden
Ginsterkatze
Entstehung von Streifenmustern :
Morphogen-> Zelldifferenzierung
(Melanozyten)-> Produktion von Melanin
Die Musterbildung ist in einer frühen
embryonalen Phase abgeschlossen
Variation I - Sättigung der Autokatalyse
&
2
"a #%
a2
"
a
(
= s%
+ ba ( ) ra a + Da 2
2
"t
"t
$ b(1+ sa a )
'
!
2
"b
"
b
2
= sa + bb # rb b + Db 2
"t
"t
Verfeinerung des Modells:
! Aktivator-Konzentration kann
bisher:
sich beliebig selbstverstärken: (je höher
a, umso höher wird a)
∂a/∂t = s ( a2 / b )
nun: Sättigung der Autokatalyse: (ab
einer gewissen Höhe von a wird die neue
Erzeugung von a nicht noch weiter
stimuliert)
∂a/∂t = s ( a2 / (b(1+saa2)) )
-> s ( a2 / b ) für kleine a
Musterbildung bei Sättigung der Autokatalyse
Erhöhung der AktivatorDiffusionskonstante
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Variation II - Aktivator-Substrat-Reaktion
antagonistischer Effekt durch Verarmung des Substrats
∂a/∂t = s ba2 - raa + Da ∂2a/∂x2
∂b/∂t = bb(x) -sba2- rbb + Db ∂2b/∂x2
alternativ zum Aktivator-Inhibitor-Modell: Aktivator-Substrat-Modell:
Autokatalyse von Aktivator
Aktivator kann nur gebildet werden, wenn genügend Substrat zur Verfügung steht.
Diffusionskonstante für Substrat ist viel größer als die von Aktivator.
Aktivator-Substrat Modell
Zeitablauf zur Musterbildung:
Fluktuation -> an einer Stelle kann Aktivator-Konzentration lokal ansteigen
Autokatalye -> an dieser Stelle wird mehr und mehr Aktivator gebildet
Durch Erzeugung des Aktivator wird lokal das Substrat aufgebraucht;
Substrat diffundiert schneller als Aktivator -> es wird genügend Substrat durch die nähere Umgebung bereitgestellt
(durch schnelle Diffusion nimmt Substrat gleichmäßig im ganzen Umkreis ab, aber der Aktivator kann sich nicht
weiter ausbreiten; -> lokale stabile Maxima in der Aktivatorkonzentration
Musterbildung
durch
einen
Aktivator-SubstratMechanismus. Anregung erfolgte durch eine lokal
erhöhte Aktivatorkonzentration (Pfeil). Diese Erhöhung
wächst auf Kosten des Substrates aus der Umgebung zu
einem vollen Maximum. Ein weiteres Maximum kann
sich erst wieder in einiger Entfernung bilden. Zur
Demonstration
wurde
die
anfängliche
Aktivatorkonzentration höher gewählt als es dem
stabilen Zustand entspricht. Vor der eigentlichen
Musterbildung kommt es zu einer raschen Regelung
zurück zum homogenen Gleichgewicht.
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Aktivator-InhibitorModell versus Aktivator-Substrat Modell:
in Aktivator-Substrat Modell sind peaks breiter und dichter gepackt
in beiden Fällen gibt es einen minimalen Abstand zwischen zwei peaks
(dort wo viel Inhibitor bzw. wenig Substrat ist)
Unterschiedliches Verhalten während des Wachstums. (a) Durch einen Aktivator-Inhibitor-Mechanismus werden neue
Bereiche aktiviert, wenn die Inhibitorkonzentration in den sich vergrößernden Zwischenräumen so weit absinkt, daß
die Autokatalyse nicht mehr unterdrückt werden kann. (b) Beim Aktivator-Substrat-Modell verschieben sich die
Maxima in Richtung höherer Substratkonzentrationen. Das kann mit der Aufspaltung eines Maximums verknüpft sein.
Bei Sättigung verhält sich ein Aktivator-Inhibitor-System ähnlich.
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Beispiel Zellpolarisierung
•
An interesting application of the activatordepleted substrate model is the pattern
formation within a cell. If the activation consists,
for instance, of a self-enhancing process that
takes place at the cell membrane and proceeds
at the expense of precursor molecules that
diffuse freely within the cytoplasm (red), the
activation (green) becomes restricted to a part
of the membrane. In other words, the cell
becomes polar. Since diffusion processes within
the membrane are expected to be much slower
than those in the cytoplasm, the condition for
the different diffusion rates is naturally satisfied
Zweidimensionale Lösung des Gierer-Meinhardt Modells
Muster die nach dem Aktivator-Inhibitor Modell erzeugt
wurden: (a) Ursprüngliche, zwischenzeitliche, und finale
Aktivator (oben) und Inhibitor (unten) Verteilung. (b)
Ergebnis einer Simulation für ein größeres Feld. Die
Konzentration des Aktivators ist durch die Pixel-Dichte
dargestellt. (c) Sättigung der Autokatalyse kann zu
streifenförmiger Anordnung der aktivierten Zellen führen.
bisher bei Schnecken: nur 1-dimensionale Diffusion entlang der Wachstumskante möglich (die bereits fertig
gebildeten Teile der Schale sind starr und haben bereits ein festes Muster, dort kann nichts mehr diffundieren, nur an
den Bereichen wo die Schale gerade neu gebildet wird
im 2-dimensionalen: komplexe Streifenmuster möglich
(in beiden Modellen, wenn Sättigung der Autokatalyse berücksichtig wird)
komplexere Muster durch hierarchische Kopplung mehrerer Aktivator-Inhibitor bzw. Aktivator-Substrat Systeme
die Muster von Schneckschalen können mit den hier beschriebenen Prinzipien beschrieben werden
entnommen aus: Koch, A.J. and H. Meinhardt, Biological pattern formation: from basic mechanisms to complex structures. Reviews
of Modern Physics, 1994. 66(4): p. 1481-1507.
Computer Simulation
http://scholarpedia.org/article/Gierer-Meinhardt_Model
Simulation von Tierfell-Mustern
(2D - Gierer Meinhard Modell)
a)
b)
Gabelung der Streifen beim Zebra
Simulation
35-45 Tage
c)-e) Fellmuster
verschiedener Giraffenarten
f)-g) Simulation mit unterschiedlichem Schwellenwert
Einfluss der Körpergröße
auf die Musterbildung
Musterbildung in der Biologie: Wie Schnecken sich in Schale werfen
Wachstumsbedingte Musterregulation. (a)
Natürliche Muster. Es kommen Gabelungen,
Einfügung neuer Linien und keilförmige
Verbreiterungen
vor.
(b-d)
Computersimulationen mit einem AktivatorInhibitor-Modell. Das Wachstum wird durch
Einfügung zweier neuer Zellen in bestimmten
Zeitintervallen simuliert, eine in jeder Hälfte.
(b) Sättigt die Produktion des Aktivators, so
werden die Maxima immer breiter, bis eine
Aufspaltung erfolgt. (c) Ohne Sättigung werden
neue Maxima eingefügt, wenn der Abstand
zwischen den bestehenden Maxima zu groß
wird. (d) Keilförmige Muster entstehen, wenn
die Pigmentproduktion jeweils unverändert auf
die Tochterzellen vererbt wird. Bei dieser
Simulation wurde davon ausgegangen, dass das
Aktivator-Inhibitor-System bistabil ist. Nach
einer frühen Beendigung der Diffusion bleiben
alle über einen bestimmten Schwellwert
aktivierten Zellen aktiviert, während die
übrigen Zellen völlig deaktiviert werden. Diese
Aktivierung wird bei einer Zellteilung jeweils
auf die Tochterzellen übertragen.
entnommen aus: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Eigenschaften des Aktivator-Inhibitor Modells
1) Selbsterregung einer Polarität oder einer Periodizität
2) Selbsterhaltung eines polaren Aktivatorfeldes
3) Zeitlich oszillierende Felder
4) Wanderwellen
Die Theorie zellulärer Automaten
Ein diskretes Reaktions-Diffusions-System
Gekoppelte Felder mit jeweils einen von drei Zuständen :
0: Erholungsphase,
1: Ruhephase,
2: Angeregter Zustand
Die Regeln :
0→1; 2 →0;
1 →1, wenn kein Nachbar in angeregtem Zustand
1 →2, wenn mindestens ein Nachbar angeregt
Start mit zufälliger Anfangskonfiguration
Simulationsergebnis einer einfachen
Dynamik
Simulation der Musterbildung durch Zelluläre Automaten
Photograph of a shell with a distinctive
triangular pattern
Cellular automata simulation of a
shell pattern
Illustration of a vermiculated rabbitfish
Cellular automata simulation of
rabbitfish pattern
Zebra
Cellular automata simulation of
zebra coat pattern
taken from: http://www.scottcamazine.com/personal/DesignNature/
Die Flügelausbildung beim Hühnerembryo ein Beispiel für das Gierer-Meinhardt Model
Zelluläre Mechanismen in der Morphogenese
Polarität (z.B. Hydra)
Orientierung (z.B. Drosophila)
-anterior/posteroir
Zelldeterminierung /
Zellgedächtnis
Konzept der Positionswerte
Kontrolgene: Molekulargenetik
der Musterbildung
- Segmentierungsgene
- homöotische Selektor-Gene
Entwicklung von Gliedmaßen:
Zwei doppelte Gradienten bestimmt
die Hauptachsen in einem Organismus
oben
(anterior)
unten
(posterior)
Gliedmaße "links"
P
A
vorne (ventral)
VD
Gliedmaße "rechts"
hinten (dorsal)
Warum gibt es eine links-rechts Symmetrie, d.h. für jede Gliedmaße auf der
linken Seite auch eine auf der Rechten?
Doppelter Konzentrationsgradient entlang Achse oben / unten:
P nimmt von von oben nach unten ab, A nimmt von oben nach unten zu; nehmen wir an, dass die
Ausbildung der Gliedmasse nur erfolgen kann wenn P und A genügend konzentriert sind -> dies ist in Ring
in Mitte des Zylinders möglich
zweiter doppelter Konzentrationsgradient entlang Achse vorne / hinten:
D nimmt von vorne nach hinten zu, V nimmt von vorne nach hingen ab; für Ausbildung der Gliedmasse ist
ausreichend D und V nötig -> nur auf Schnitt entlang durch Mitte zwischen vorne / hinten
zusammen: A/P + D/V Schnitt des Ringes mit der Ebene gibt 2 Punkte -> 2 Gliedmaßen (links + rechts)
Entwicklung von Gliedmaßen beim Hühnerembryo
Bildung einer Gliedmaßen-Anlage. (a) Modell: Wenn zwei verschieden determinierte Regionen (A und P) zusammenarbeiten müssen,um eine neue Substanz m zu
produzieren, so kann deren Produktion nur an der gemeinsamen Grenze stattfinden (Pfeil). Die lokale Konzentration ist ein Maß für die Entfernung von der Grenze.
(b) Wenn die Kooperation von zwei Paaren von differenzierten Zelltypen (A/P und D/V) erforderlich ist, so entstehen die Organisator-Regionen an den
Schnittpunkten der beiden Grenzen (Rechtecke). In einem zylindrischen Embryo entstehen diese immer in Paaren, eines auf der linken, das andere auf der rechten
Seite. Um den unterschiedlichen Drehsinn dieser Schnittpunkte (ovale Pfeile) zu zeigen, wurde die linke Körperhälfte nach oben geklappt dargestellt. (c) Eine
Beinknospe während des Auswachsens. Die Finger entstehen entlang der D/V-Grenze (dicke Punkte), der Fingertyp ist von der Entfernung zur A/P-Grenze
abhängig. (d) Flügelknospe des Hühnchens. Das Protein Wnt-7a (dunkelblau) ist auf den dorsalen Bereich begrenzt. (e) Blick vom Schwanz her auf die zwei
Flügelknospen. Die Linien entstehen durch Färbung eines Proteins, das an der D/V-Grenze produziert wird (FGF8). Die beiden runden Flecken markieren
eine hohe Konzentration von Sonic hedgehog, das an den Schnittpunkten der A/P und der D/V-Grenzen (dicke Pfeile in b,c) entsteht. Sonic hedgehog legt
direkt oder indirekt die Reihenfolge der Finger fest (hohe Konzentration: kleiner Finger; niedrige Konzentration: Daumen). Der vermutlich entstehende
Gradient ist nicht sichtbar, da die Konzentration zwischen den Zellen unter der Nachweisgrenze liegt.
taken from: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Hühnerembryo - Entwicklung
Hühnchen: Flügel und Beine sind schon früh im Embryo als "Knospen" (buds) angelegt
Chick limb development. (A) A chick embryo after 3 days of incubation, illustrating the positions of the early limb buds.
(B) Scanning electron micrograph showing a dorsal view of the wing bud and adjacent somites 1 day later; the bud has
grown to become a tongue-shaped projection about 1 mm long, 1 mm broad, and 0.5 mm thick.
taken from: Alberts, V.B., et al., Molecular biology of the cell. 3rd ed. 1994, New York: Garland Publishing Inc.
Hühnerembryo - Entwicklung
Achse Schulter - Krallenspitze (proximal - distal)
Achse Pfotenrücken - Pfoteninnenfläche (dorsal - ventral)
Achse vorne - hinten (anterior - posterior)
Experimentell: Entwicklung (=
Ausbildung differenzierter Zellen)
untersuchen durch
Transplantations-Experimente
Flügelentwicklung
aus der Knospe
Zur Entwicklung der Flügel von
Hühnerembryos. a) Zur Position
der Bein- und Flügelknospen. b)
Dünnschnitt einer Knospe des
Flügels
(nach
3
Tagen
Inkubation). Die dunklen Bereiche
sind angefärbte Mesenchymzellen.
Man erkennt deutlich die dünne
äußere Zellschicht, das Ektoderm.
Am äußeren Ende befindet sich ein
Kamm.
c)
Einige
Entwicklungsstadien von sich
normal
entwickelnden
Flügelknochen. Die Zeiten geben
die Spanne zwischen Inkubation
und Beobachtung wieder. Gezeigt
ist auch die Orientierung des
räumlichen Koordinatensystems.
entnommen aus: Sackmann, E., Vorlesungsskript Biophysik (3. Auflage). 1992, Technische Universität: München.
Zelldeterminierung
Transplantationsexperimente ermitteln den
Zeitpunkt der Zelldeterminierung
Beispiel: Gewebe aus der Beinknospe nehmen und in
wachsenden Bereich der Flügelknospe einsetzen
-> Flügel entwickelt sich als Bein (mit Krallen) weiter
-> es muss eine Steuersubstanz in den ausdifferenzierten Zellen
der Beinknospe vorhanden sein, die Zellen zu "Fußzellen"
programmiert.
gesunder Flügel: Oberarm, Unterarm, Finger
taken from: Alberts, V.B., et al., Molecular biology of the cell. 3rd
ed. 1994, New York: Garland Publishing Inc.
Zellpositionierung:
Beispiel Fingerbildung beim Hühnerembryo
Region von einer Seite der Knospe an die
andere Seite transplantieren
-> Ausbildung von "Spiegelfingern"
-> Es muss eine Steuersubstanz geben
Transplantationsexperimente zur Untersuchung der morphogenetischen Steuerung der Knochenbildung der Flügel
von Hühnerembryos. a) Transplantation von Gewebestücken der Polarisationsregion (oder Aktivierungszone) am
ventralen Übergang (Achselhöhle) von der Knospe zur Körperwand vom Ursprungsort an den dorsalen Übergang
führt zu spiegelbildlicher Verdopplung der Fingerfolge. b) Anhängigkeit der Fingerfolge (Daumen 4; Mittelfinger:
3; kleiner Finger: 2) von der Position der Transplantation (durch Pfeile angezeigt).
entnommen aus: Sackmann, E., Vorlesungsskript Biophysik (3. Auflage). 1992, Technische Universität: München.
Hühnerembryo - Experimente
Beispiel: Transplantation von mit
Vitamin A imprägnierten Gewebe
in die Flügelknospe.
->
mittlere Vitamin A Konzentration:
Ausbildung von "Spiegelfingern",
d.h. zu viele Finger
Spiegelfinger
hohe Vitamin A Konzentration:
Finger fehlen
Finger fehlen
Examples of results. (A) Normal limb. (B) Limb with one supernumerary digit and slightly reduced radius. (C) Limb
with full mirror-image hand and one extra zeugopodal element. (D) Severely reduced limb. Arrow indicates implant, bar
= 1 mm.
taken from: Summerbell, D., The effect of local application of retinoic acid to the anterior margin of the developing chick limb.
Journal of embryology and experimental morphology, 1983. 78: p. 269-289.
Hühnerembryo - Theoretical Models
normaler Flügel
Inhibitor
anfängliche Quelle
für Vitamin A
mißgebildeter Flügel:
"Spiegelfinger"
Vitamin A bindet Inhibitor und
neutralisiert deshalb lokal dessen Wirkung
Aktivator
-> es kann sich weiteres AktivatorMaximum ausbilden (da AktivatorBildung lokal nicht inhibiert wird)
Finger:
432
System stabilisiert sich selbst (zweites
Aktivator-Maximum bleibt auch nach
Entfernung von Vitamin A bestehen)
Beschreibung der Fingerfolge im Flügel:
für jeden Finger gibt es eine Schwelle des
Aktivatorlevels:
schon bei kleinen Aktivatorkonzentrationen
wird Bildung von Finger 2 ausgelöst, bei
etwas höhehre Finger 3, bei noch höheren
Finger 4;
Bildung von Finger 3 blockt Bildung von
Finger 2, Bildung von Finger 4 blockt
Bildung von Finger 3
-> an jeder Schwelle wird genau ein
bestimmter Finger ausgebildet
Flügel mit zuviel Fingern
(gespiegelt)
4
3
2
Finger:
432
Series of diagrams showing disruption of reactiondiffusion model by local application of retinoic
acid (= vitamin A). Heavy line (A) = activator;
light line (I) = inhibitor; circles represent retinoic
acid molecules. The additional assumption is that
Vitamin A binds to the inhibitor. It therefore
lowers the level of free inhibitor below the
threshold at which the activator can escape from
inhibition (A). Activators forms a new anterior
peak (B) and reaches a concentration at which it
can catalyse production of sufficient inhibitor to
eventually neutralize the vitamin A. A new steady
state is set up with two stable peaks giving
supernumerary elements in
mirror-image
symmetry (C).
234
taken from: Summerbell, D., The effect of local application of retinoic acid to the anterior margin of the developing chick limb.
Journal of embryology and experimental morphology, 1983. 78: p. 269-289.
Hühnerembryo - Theoretical Models
normaler Flügel
mißgebildeter Flügel:
fehlende Finger
Vitamin A bindet Inhibitor und
neutralisiert deshalb lokal dessen Wirkung
-> es kann sich aber kein weiteres
Aktivator-Maximum ausbilden (da
Inhibitor-Bildung durch Vitamin A so
stark neutralisiert ist, dass Aktivator level
zunächst überall über Inhibitor liegt ->
Rückkopplung ist für einige Zeit
ausgeschaltet)
Finger:
432
Series of diagrams showing
disruption of reaction-diffusion
model by local application of
retinoic acid. Heavy line (A) =
activator; light line (I) = inhibitor;
circles represent retinoic acid
molecules. Excess Vitamin A lowers
the inhibitor concentration over
more of the limb field (D). The
whole system escapes from the
negative feedback control and
activator concentration rises (E).
The net effect is to reset the entire
reaction diffusion but at a higher
base concentration. Digits specified
by low concentration ranges are
therefore progressively lost giving
anterior reductions (F).
Flügel mit zuwenig Fingern
System stabilisiert sich selbst wenn kein
neues Vitamin A mehr vorliegt. Dann
selbe Kurve wie bei normalem Flügel, aber
insgesamt höheres absolutes Aktivatorlevel
-> liegt bereits über der Schwell zur
Bildung von Finger 2 -> Finger 2 fehlt
Finger:
43
taken from: Summerbell, D., The effect of local application of retinoic acid to the anterior margin of the developing chick limb.
Journal of embryology and experimental morphology, 1983. 78: p. 269-289.
Modell zum Zellgedächtnis
Morphogen-Gradient kann
Genaktivierung steuern;
-> an verschiedenen Orten werden
unterschiedliche Gene aktiviert
expremierte Proteine haben
Rückkopplungseffekt, so dass
Muster in Gen-Aktivierung stabil ist.
Best untersuchtes Beispiel:
Drosophila
Ortsabhängige Gen-Aktivierung unter dem Einfluß von morphogenetischen Gradienten. (a) Damit stabile
Zellzustände entstehen können, müssen Gene eine nicht-lineare Rückwirkung auf ihre eigene Aktivierung haben und
miteinander in einer Kompetition (R) stehen. Damit erhält sich eine einmal erfolgte Gen-Aktivierung selbst, und es
kann in einer Zelle nur eines der alternativen Gene aktiviert werden. (b) Ausgehend von einer homogenen
Aktivierung von Gen a, werden durch den Morphogengradienten m schrittweise die Gene b und c aktiviert. Jeder
Schritt erfordert eine höhere Konzentration des Signal-Moleküls m. Es bilden sich scharf abgegrenzte Regionen, wo
entweder Gen a oder Gen b oder Gen c aktiv ist.
taken from: Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen. 1997, Berlin: Springer Verlag.
Modellierung der distalen Differenzierung
"Alter" des Gewebes bestimmt Knochenausbildung:
junges Gewebe: nach Oberarm wird Unterarm gebildet
altes Gewebe: Unterarm ist schon gebildet, deshalb folgen Finger
junges Gewebe in Wachstumsbereich des alten Geweben transplantieren -> zunächst wieder Unterarmbildung,
d.h. es entsteht ein Unterarm zu viel!
hier: Oberarm, Unterarm, Unterarm, Finger
entnommen aus: Sackmann,
E., Vorlesungsskript Biophysik
(3. Auflage). 1992, Technische
Universität: München.
Transplantationsexperimente zur Untersuchung der morphogenetischen Steuerung der Knochenbildung der Flügel von
Hühnerembryos. c) Bestimmung der Knochenfolge in Richtung proximal-distal durch Zeitfolge, d.h. durch Alter der
Mesenchymzellen
Oszillierende Reaktionen
und dissipative Strukturbildung
Die Original Belousov-Reaktion
Zufallsentdeckung von Belousov (1951)
32 mM CH2(COOH)2 (malonic acid)
63 mM KBrO3
800 mM H2SO4
1.5 mM KBr
10 mM Ce(NH4)2(NO3)5
Beobachtung periodisch auftretender
Farbwechsel der Lösung
Farbwechsel durch Oxidatio der Cer-Ionen:
Ce4+ (yellow) / Ce3+ (red)
Demonstration of the oscillatory behaviour of the Belousov Zhabotinski reacion. Upper curve: time
dependence of the concentration ratio c(Ce4+)/c(Ce3+). Lower curve: time dependence of the concentration
c(Br-).
entnommen aus: Sackmann, E., Vorlesungsskript Biophysik (3. Auflage). 1992, Technische Universität: München. §20.
Belousov Zhabotinski Reaktion
andere Wahl des Reduktionsmittels und Katalysators (Indikators)
aus J. Krieger (FA)
Die Chemie der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion
Ansatz: Bromid, Bromat, Säure , Malonsäure und Cerium-Salz
(I)
(II)
(III)
I.
II.
III.
Bromierung der Malonsäure durch
Reduktion des Oxidationsmittels Bromat (BrO3-)
Oxidation von Ce
Cerium (Ce) und Bromid (Br-) werden nicht verbraucht, sondern zyklisch
umgewandelt! Cer dient als Elektronenüberträger (Oxisation/Reduktion) bzw.
als Katalysator. Bromat spielt die Rolle des Reduktionsmittels
Die Netto - Belousov Reaktion
In der Summe wird die Malonsäure durch Bromat (BrO3-) in saurerem
Mileu (H+) bromiert (oxidiert).
BrO3+
+ Ameisensäure
+ CO2
Verlauf der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion
(I)
(II)
(III)
Elementare Teilreaktionen der Belousov-Reaktion
Der Brüsselator
(Prigogine, Lefever 1968)
Einfachstes theoretisches Modell einer
oszilliierende Reaktion mit stabilem Grenzzyklus
A+ B " D+ E
d[ X ]
2
= k1 [ A] + k 2 [ X ] [Y ] " k 3 [ B][ X ] " k 4 [ X ]
dt
d [Y ]
2
= "k2 [ X ] [Y ] + k 3 [ B][ X ]
!
dt
Modell nach Field, Körös und Noyes (JChemPhys 1974)
Mechanismus der Belousov-Zhabotinski Reaktion nach Field, Körös und Noyes
c(Br-) is critical
parameter for
reaction
Die Reaktionswege A and B sind gekoppelt, da R2 and R3 Bromid Br -und Bromat BrO3ion um das in R1 entstandene Zwischenprodukt HBrO2 konkurrieren.
Bromid wirkt als ein Kontrollparameter
Hohe Br- Konz -> Produktion von HOBr via R1 und R2 (Weg A)
HBrO2 reacts with Br- (R2) instead with BrO3- (R3)
-> no Ce4+ is formed (because R2 wins over R3) and Br- is reduced in R2
low Br- -> HBrO2 reacts with BrO3- in R3 (instead of Br- in R2)
-> formation of BrO2 (pathway B)
-> increase in Ce4+ via R4
-> decrease in Ce4+ via R6; this finally increases Br- !
aus: Sackmann, E., Vorlesungsskript Biophysik (3. Auflage). 1992, Technische Universität: München. §20.
Der Oregonator - Field-Noyes Gleichungen
A+Y " X
X +Y " P
B + X " 2X + Z
X = HBrO2
Y = BrZ = Ce(IV)
A = B = BrO3-
2X " Q
Z " fY
dX/dt = kM1AY - kM2XY + kM3BX - 2kM4X2
! = -k AY - k XY + k Z
dY/dt
M1
M2
M5
dZ/dt = kM3BX - kM5Z
Nach Einführung dimensionsloser Variablen erhält man die
Field-Noyes Gleichungen
Field, R.J. and R.M. Noyes. Journal of Chemical Physics, 1974. 60: p. 1877-1884.
The Belousov-Zhabotinski Reaction as Example for Chemical Pattern Formation
Demonstration of the oscillatory behaviour of the Belousov Zhabotinski reacion. Upper curve: time dependence of
the concentration ratio c(Ce4+)/c(Ce3+). Lower curve: time dependence of the concentration c(Br-).
Bei der kritischen Br- Konzenration wechselt die reaktion von Weg A nach Weg B.
taken from: Field, R.J. and R.M. Noyes, Oscillations in chemical systems. IV. Limit cycle behavior in a model of a real
chemical reaction. Journal of Chemical Physics, 1974. 60: p. 1877-1884.
Darstellung der numerischen Lösung der Field-Noyes Gleichungen
HBrO2 vs Br-
Ce4+ vs Br-
durchgezogene Linie : Grenzzyklus
gestrichelte Linie : Weg in den Grenzzyklus
Kreuz : stationärer Punkt (instabil)
Der Grenzzyklus ist stabil gegen Störungen
taken from: Field, R.J. and R.M. Noyes, Oscillations in chemical systems. IV. Limit cycle behaviour in a model of a
real chemical reaction. Journal of Chemical Physics, 1974. 60: p. 1877-1884.
Raum-zeitliche Strukturen BZ-Reaktion
Beobachtung:
lokal oszillierende Reaktion
Ausbreitung periodischer Muster
Keine Reflexion der Wellen an Wänden
Keine Interferenzerscheinung (nur Verschmelzung)
Ausbreitung von chemischen Wellen
Zur Beschreibung der räumlichen Reaktionsmuster wird zu den
Differentialgleichungen des Brüsselators ein Diffusionsterm hinzugefügt:
d[ X ]
#2[X ]
2
= k1 [ A] + k 2 [ X ] [Y ] " k 3 [ B][ X ] " k 4 [ X ] + Dx
dt
#$ 2
d [Y ]
# 2 [Y ]
2
= "k2 [ X ] [Y ] + k 3 [ B][ X ] + Dy
dt
#$ 2
Während die Diffusionsgleichung keine fortschreitende Wellenlösungen
besitzt, können durch Kopplung von Reaktion und Diffusion Lösungen
! auftreten, die u(x,t)=u(x-ct) erfüllen:
"u
" 2u
=D 2
"t
"x
"
Diffusions Gl.
!
"u
" 2u
= k # u(1$ u) + D 2
"t
"x
!
Fischer Gl.
!
12
c " c min = 2( kD)
Literatur
Sackmann Skript
Epstein: Spektrum 1979
Field, Noyes (1974)
Jan Krieger : Oszillierende chemische Reaktionen (FA)
Meinhardt: „Wie Schnecken sich in Schale werfen

Documentos relacionados