1 Nummer 15 (6. bis 13. März 2014)

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1 Nummer 15 (6. bis 13. März 2014)
Nummer 15 (6. bis 13. März 2014) Spezialausgabe zu Nationalem Volkskongress und Politischer
Konsultativkonferenz | revidierte Fassung vom 3. April (eine Einheit wurde geändert)
Inhaltsübersicht
POLITIK
Sitzungswoche in Beijing – mehr als nur eine Schaubühne für zwei zahnlose Tiger?
Hinweise auf mehr Transparenz und Kompetenzverteilung in der chinesischen Führung?
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WIRTSCHAFT
Li Keqiang deutet Toleranz für schwächeres Wirtschaftswachstum an
Zulassung der ersten Privatbanken in China angekündigt
China liberalisiert Zinsen auf Spareinlagen schneller als erwartet
Öffnung weiterer Industriesektoren für ausländische Investoren
Chinas Exporte fallen im Februar zweistellig
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GESELLSCHAFT
„Spielt nicht mit dem Handy“ – Verhaltens-Knigge für NVK-Delegierte
Gegen Fettleibigkeit, Luftverschmutzung und Elfenbeinhandel – Prominente auf dem NVK
Desinteresse und Radikalkritik: Reaktionen auf „zwei Sitzungen“ in den Sozialen Medien
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INNOVATION & UMWELT
Starke Worte: Li Keqiang ruft „Krieg gegen Umweltverschmutzung“ aus
Zukunftsindustrien: Wird der Sprung an die globale Spitze gelingen?
Lis Krieg gegen Umweltverschmutzung steckt im Reformstau
Delegierte machen Vorschlag zu mehr Informationssicherheit im Internet
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China Update (Spezial) Nr. 15 (6. bis 13. März 2014)
POLITIK
Sitzungswoche in Beijing – mehr als nur eine Schaubühne für zwei zahnlose Tiger?
Alljährlich im Frühjahr kommen die Delegierten des Nationalen Volkskongresses (NVK) und der
Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) für Vollversammlungen in Beijing
zusammen. Dieses Jahr fielen die Sitzungen in den Zeitraum vom 3. bis 12. März (PKKCV) bzw. 5. bis
13. März (NVK). Welche Rolle spielen die beiden Organe in der Politikgestaltung der Volkrepublik China
und wen vertreten die Delegierten?
Ausgehend von der chinesischen Verfassung unterscheiden sich die Einflussmöglichkeiten der beiden
Organe grundlegend. Der NVK ist laut Verfassung das höchste staatliche Organ in China. In seiner
Funktion als Legislative umfassen seine Kompetenzen die Ausarbeitung und Änderung von Gesetzen,
die Wahl oder Abberufung von Ministern und Leitern staatlicher Organe sowie die Prüfung und
Bestätigung des Staatshaushaltes. Die PKKVC besitzt dagegen lediglich beratende Funktion.
Außerdem dient sie dazu, auf soziale oder wirtschaftliche Missstände hinzuweisen.
Delegierte des NVK werden alle fünf Jahre von den Volkskongressen auf der Provinzebene gewählt.
Zirka zwei Drittel der derzeit 2.987 Delegierten sind Mitglieder der KPCh. Abgesehen von den
Delegierten, die nach Einwohnerproporz ihre verschiedenen Herkunfts-Provinzen repräsentieren, sind
weitere 260 Delegierte Mitglieder der Chinesischen Volksbefreiungsarmee. Delegierte haben neben
ihren Abstimmungsrechten auch die Möglichkeit, Vorschläge und Anfragen einzureichen. In diesem
Jahr waren es insgesamt 468. Die Sitzungswoche war allerdings zu kurz, um sich mit dieser Flut von
Anfragen auseinanderzusetzen. Deshalb kommt dem ständigen Ausschuss des NVK, der aus 175
Mitgliedern besteht und mindestens einmal monatlich zusammentritt, eine wichtige Rolle zu. In der
Sitzungswoche der Vollversammlung des NVK stehen hingegen der Rechenschaftsbericht der
Regierung, der am ersten Tag der Versammlung vom Premier vorgetragen wird, der Bericht zur
finanziellen Lage der Zentralregierung und der lokalen Regierungen sowie der sozioökonomische
Entwicklungsplan an zentraler Stelle. Bereits einen Monat vor den Sitzungswochen erhält das Parlament
Entwürfe dieser Berichte. Intern verfügt das NVK über neun Hauptausschüsse, in denen verschiedene
Themen und Gesetzesentwürfe debattiert werden.
In der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV) dreht sich alles um
Konsultationen. Bereits die Auswahl der derzeit 2.337 Delegierten basiert auf einem
Konsultationsprozess und dem Ziel, möglichst alle Gruppen innerhalb der Gesellschaft abzudecken.
Neben den Vertretern der politischen Parteien stellen Berühmtheiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und
Unterhaltung eine weitere Gruppe der Delegierten. Die Hauptausschüsse sind in dieselben Kategorien
gegliedert wie die des NVK. In seinen Kompetenzen bleibt die PKKCV jedoch ein beratendes Organ,
dem jegliche politische Einflussmöglichkeit fehlt. Es besteht keine Verpflichtung seitens des NVK oder
anderer Staatsorgane, sich mit den Kommentaren oder Vorschlägen der Delegierten oder des Plenums
der PKKCV auseinanderzusetzen.
Es lässt sich festhalten, dass es sich zumindest bei einer der Versammlungen um einen zahnlosen Tiger
handelt – der PKKCV. Der NVK besitzt dagegen grundsätzlich durch die Verfassung garantierte
Kompetenzen, die Arbeit der Regierung kritisch zu überwachen. Aufgrund der Zusammensetzung der
Delegierten ist jedoch nicht zu erwarten, dass dieser Tiger in der nahen Zukunft seine Zähne zeigen
wird. Die Medien und Wissenschaftler zollen dem NVK außerhalb der Sitzungsperiode nur wenig
Aufmerksamkeit, somit kann nicht abschließend geklärt werden, in welchem Maße er die
Politikgestaltung in China prägt. In seiner Geschichte hat der NVK noch nie eine Vorlage abgelehnt.
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China Update (Spezial) Nr. 15 (6. bis 13. März 2014)
Beobachter konzentrieren sich daher meist auf die Zahl der Gegenstimmen und Enthaltungen, um
Widerstand oder Unmut unter den nicht frei gewählten Delegierten auszumachen. Forschungsarbeiten
über den Einfluss lokaler Volkskongresse haben gezeigt, dass diese in der jüngeren Vergangenheit an
Selbstbewusstsein gewonnen haben und nicht länger zögern, von ihren Kompetenzen Gebrauch zu
machen.
Die Beiträge der verschiedenen Forschungsgruppen des MERICS in dieser Spezialausgabe des China
Update diskutieren die Ergebnisse der diesjährigen Sitzungen. ↑
Abstimmungsverhalten NVK
Rechenschaftsbericht der Regierung
Haushaltsbericht
Rechenschaftsbericht des Obersten Gerichtshofes
Rechenschaftsbericht der Generalstaatsanwaltschaft
Bericht über den Stand der laufenden und geplanten
wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsziele
Rechenschaftsbericht des Ständigen Ausschusses der NPC
JA-Stimmen
2.887 (97%)
2.504 (84%)
2.425 (81%)
2.402 (83%)
2.760 (92%)
NEIN-Stimmen
15 (0,5%)
293 (9%)
378 (12%)
390 (13%)
97 (3%)
2.784 (93%)
74 (2%)
Was wird aus den chinesischen Reformplänen: Hinweise auf mehr Transparenz und
Kompetenzverteilung in der Führung?
Der Reformbeschluss des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) vom November
2013 wurde international als „historisch“ umfassend und bedeutsam bezeichnet. Was hat sich in der
Zwischenzeit getan, und wie wurde das neue Reformprogramm während der diesjährigen Sitzungen
des Nationalen Volkskongresses (NVK) und der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen
Volkes (PKKCV) aufgenommen und möglicherweise konkretisiert?
Breites Echo in der internationalen Berichterstattung fanden die in der vergangenen Woche von
Ministerpräsident Li Keqiang in seinem Jahresbericht über die Arbeit der chinesischen Regierung
erwähnten Felder wie Umweltschutz, Modernisierung der Armee, innere Sicherheit und
Korruptionsbekämpfung. Die Ereignisse der letzten Wochen und Monate (Smog-Alarm in chinesischen
Großstädten, Territorialkonflikte in Ost- und Südostasien, das Kunming-Massaker etc.) verschafften
diesen Themen besondere Konjunktur. Viele dieser Einzelbereiche werden im Verlauf der vorliegenden
Spezialausgabe noch einmal gesondert behandelt. Augenmerk verdienen aber auch die zunächst
unscheinbareren, im Bericht verstreuten Ansätze zu politischen und administrativen Reformen,
propagiert als Wege zu mehr Transparenz und Dezentralisierung. Sie greifen bereits im ZKReformbeschluss enthaltene Hinweise auf und geben einen Ausblick auf mögliche einflussreiche
Veränderungen in Chinas politischer Organisation. Im Folgenden einige Beispiele:
Kompetenzverteilung zwischen den Regierungsorganen und -ebenen: Bereits im Vorfeld der
Sitzungsperiode von NVK und PKKCV folgten 54 der insgesamt 75 Organisationen unter dem Staatsrat
dem Aufruf der politischen Führung, Listen ihrer Zuständigkeiten und Befugnisse der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. Anfang Januar machte das Kultusministerium den Anfang. Während vierzehn
weitere Organisationen keine besonderen Zustimmungsbefugnisse besitzen, halten sich die
verbleibenden sieben Organisationen weiterhin bedeckt. Unter diesen befinden sich unter anderem das
Außenministerium und das Ministerium für staatliche Sicherheit.
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In der Vergangenheit kam es wiederholt zu Konflikten zwischen öffentlichen Einrichtungen, da
Zuständigkeiten und Kompetenzen nur unzulänglich geklärt waren. Darüber hinaus monierten Kritiker
die fehlende Transparenz des Regierungshandelns, was eine Kontrolle durch Organe wie den NVK
nahezu unmöglich macht. Der NVK beriet eine Neuordnung der Kompetenzen unterschiedlicher
Regierungsebenen mit dem Ziel, mehr Befugnisse und Zuständigkeiten an untere Verwaltungseinheiten
zu delegieren. Dies soll die bessere lokale Anpassung von Programmen und maßgeschneiderte
Entwicklungsstrategien ermöglichen. Erste Übersichten dieser neuen Kompetenzverteilung sind bereits
abrufbar.
Steuer- und Finanzsystem: Mit der Neuordnung von Aufgaben sind weitere Reformen im Bereich der
finanziellen Beziehungen zwischen den verschiedenen Regierungsebenen verknüpft. Ebenso wie in
Deutschland ist die öffentliche Finanzpolitik auch in China höchst umstritten. Die Konflikte betreffen zum
einen die chronische Unterfinanzierung der an die kommunale Ebene delegierten Aufgaben und zum
anderen die Umverteilung zwischen reichen und armen Gebietskörperschaften. Aus den derzeitigen
Diskussionen über Reformpläne ist bislang bekannt, dass eine Umverteilung von Steuereinnahmen
zwischen Zentralregierung und den lokalen Ebenen vorgesehen ist. Darüber hinaus ist folgendes
beachtenswert: Während sich im letzten Jahrzehnt das Volumen der zweckgebundenen Mittel für
Kommunalregierungen zum dominanten Instrument entwickelt hatte, will die Regierung diese nun laut
Lis Bericht um ein Drittel zurückfahren und dafür zu allgemeinen Zuschüssen zurückkehren. Im Hinblick
auf die massive und immer weiter steigende Verschuldung der kommunalen Regierungen und die
Ankündigung während der vorgeschalteten Sitzungen der lokalen Volkskongresse, die Ausgaben der
öffentlichen Hand zurückzufahren, bleibt es spannend, welche Zahlen der umfassende Haushaltsbericht
der Zentralregierung und der lokalen Regierungen präsentiert. Eine offizielle Endversion dieses Berichts
lag zu Redaktionsschluss dieser Update- Ausgabe leider noch nicht vor.
Zweckmäßige öffentliche Beteiligung: Laut dem Jahresbericht des Ständigen Ausschusses hat der
NVK seine Funktion bei der Kontrolle der öffentlichen Ausgaben gestärkt sowie die öffentliche Teilhabe
am Gesetzgebungsprozess ausgeweitet. Die Öffentliche Meinung wird seit 2013 nicht nur bei der ersten
sondern auch der zweiten Lesung eines Gesetzesentwurfs eingeholt. Gleiches gilt für Prozesse auf den
subnationalen
Ebenen.
Für
2014
wurden
darüber
hinaus
die
Änderung
des
Verwaltungsverfahrensgesetzes und das Gesetz zur Überprüfung von Verwaltungshandeln
angekündigt. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, Klagen gegen unangemessenes oder
rechtswidriges Handeln von Behörden- und Regierungsstellen zu vereinfachen. Des Weiteren forderten
akademische Mitglieder der PKKCV kurz vor Ende ihrer diesjährigen Vollversammlung öffentlich die
Stärkung der Rolle dieses Gremiums, gemäß der Aufgaben, die ihm ursprünglich aufgetragen wurden:
als unabhängiges Beratungs- und Aufsichtsorgan dem NVK Eingaben zu machen, zu denen letzterer
Stellung beziehen sollte.
Diese exemplarischen Entwicklungen bestätigen den Eindruck grundlegender Reformanstrengungen
und damit verbundener tiefgreifender Veränderungen in Chinas Politik- und Wirtschaftssystem nach der
ersten Bekanntgabe des neuen chinesischen Reformprogramms beim „3. Plenum“ im November 2013.
Gleichzeitig weisen sie jedoch weiterhin auf zwei vordergründig konträre Tendenzen hin: Einerseits die
Dezentralisierung und größere Transparenz in Partei und Administration mit dem erklärten Ziel der
Öffnung für mehr Marktelemente und –Akteure. Diese Öffnung soll dazu beitragen, passgenauere
wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklungsstrategien zu befördern. Andererseits
versinnbildlicht die Errichtung einer Nationalen Sicherheitskommission und einer Zentralen
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Führungsgruppe für die umfassende Vertiefung der Reformen (ZFUVR) den Willen der politischen
Führung, Entscheidungsbefugnisse in den Händen einiger weniger Topfunktionäre zu konzentrieren.
Eine klarere Bewertung der möglicherweise „neuen Linie(n)“ der chinesischen Politik wird erst anhand
konkreter Gesetzes- und Maßnahmenkataloge und deren Umsetzung im Laufe der nächsten Monate
erfolgen können. ↑
CN: http://hainan.ifeng.com/news/lingdao/detail_2014_02/20/1872894_0.shtml
EN: http://www.scmp.com/news/china/article/1446077/disgruntled-delegates-urge-party-give-cppcc-more-teeth
WIRTSCHAFT
Li Keqiang deutet Toleranz für schwächeres
Zahlungsausfälle bei Anlageprodukten an
Wirtschaftswachstum
und
mögliche
Während der Abschlusspressekonferenz des National Volkskongresses am 13. März führte
Premierminister Li Keqiang aus, dass das voraussichtliche Ziel für Chinas Wirtschaftswachstum 2014
ungefähr 7,5 Prozent betrage („预期目标是7.5%左右“). Er sagte, ein Ziel von 7,5 Prozent diene dazu, einen
stabilen Arbeitsmarkt zu garantieren und die Einkommen zu erhöhen. Allerdings sei
Wirtschaftswachstum nicht das einzige Ziel. Qualitatives Wachstum und Umweltschutz würden als
ebenso wichtige eingestuft werden. Premierminister Li führte aus, dass man sowohl ein etwas höheres
als auch ein etwas niedrigeres Wachstum tolerieren könne „( 高一点,低一点,我们是有容忍度的“). Dies
kann als Versuch der chinesischen Führung gewertet werden, Markterwartungen hinsichtlich des
Wirtschaftswachstums für das laufende Jahr schon jetzt zu dämpfen.
Des Weiteren gab Premierminister Li in der Pressekonferenz bekannt, dass Zahlungsausfälle bei
Anlageprodukten nicht zu begrüßen seien, sich aber in bestimmten Einzelfällen nur schwer vermeiden
ließen. Damit deutet die chinesische Führung grundsätzliche Toleranz für mögliche Zahlungsausfälle
bei Finanzprodukten an.
Gemäß einer Börsenmitteilung vom 10. März erwägen Investoren, die Anleihen an dem
Solarunternehmen Shanghai Chaori Solar Energy halten, das Unternehmen auf juristischem Wege zu
zwingen, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Am Freitag vergangener Woche war es
Chaori nur gelungen, vier Millionen CNY von insgesamt fälligen Kuponzahlungen in Höhe von fast 90
Millionen CNY auszuzahlen. Dies war der erste Zahlungsausfall einer in der Volksrepublik China in CNY
gehandelten Unternehmensanleihe. Die Anleihe von Chaori hat ein Gesamtvolumen von einer Milliarde
CNY. Dies ist im Vergleich zum geschätzten Gesamtvolumen chinesischer Unternehmensanleihen von
7,5 Billionen CNY wenig. Jedoch hat der Zahlungsausfall von Chaori große Signalwirkung. Chinesische
Investoren gingen bisher von einer impliziten Staatsgarantie für Unternehmensanleihen aus. Der
Zahlungsausfall von Chaori dürfte zu einer Neubewertung des mit Investitionen in
Unternehmensanleihen verbundenen Risikos führen. Langfristig wäre dies positiv zu bewerten.
Kurzfristig erhöht sich dadurch allerdings das systemische Risiko im chinesischen Finanzmarkt. ↑
CN: http://www.npc.gov.cn/npc/zhibo/zzzb33/node_363.htm
CN: http://disclosure.szse.cn/m/finalpage/2014-03-11/63660439.PDF
EN: http://www.reuters.com/article/2014/03/13/us-china-parliament-li-highlights-idUSBREA2C0AT20140313
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EN: http://www.bloomberg.com/news/2014-03-11/chaori-bondholders-to-propose-lawsuit-to-force-interestpayment.html
Zulassung der ersten Privatbanken in China angekündigt
Shang Shulin, Chef und Parteisekretär der chinesischen Bankenaufsichtsbehörde (China Banking
Regulatory Commission, 中国银行业监督管理委员会), teilte während einer Pressekonferenz mit, dass im
Rahmen eines Pilotprojektes erstmals fünf Privatbanken in China zugelassen werden sollen. Das
Pilotprojekt solle sich auf die Städte Shanghai und Tianjin erstrecken sowie auf die Provinzen Zhejiang
und Guangdong. Die Anzahl der Privatbanken werde auf zehn Institute ausgeweitet.
Bisher dominieren die großen staatlichen Banken den chinesischen Bankensektor, die bevorzugt große
Staatsunternehmen mit Kapital versorgen. Kleine und mittelgroße Firmen erwirtschaften 60 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes und schaffen etwa 75 Prozent aller neuen Arbeitsplätze in China. Sie leiden
jedoch unter einer Unterversorgung mit Krediten. Ziel der Öffnung des Bankenmarktes ist die Förderung
des Wettbewerbs zwischen staatlichen und privaten Banken und ein besserer Zugang zu
Finanzierungsmitteln für kleine und mittelgroße Firmen. Insgesamt soll die Produktivität im chinesischen
Bankenmarkt erhöht werden. Die großen staatlichen Banken sollen dadurch für den globalen
Wettbewerb fit gemacht werden. An dem Pilotprojekt sollen sich auch das führende Online-Handelshaus
Alibaba und der Marktführer für soziale Medienprodukte, Tencent, beteiligen. Diese sind schon jetzt auf
Basis neuartiger Anlageprodukte Innovationsführer und ernstzunehmende Konkurrenten der großen
staatlichen Banken. ↑
CN: http://paper.people.com.cn/rmrb/html/2014-03/11/nw.D110000renmrb_20140311_5-01.htm
EN: http://www.reuters.com/article/2014/03/11/us-china-economy-banks-idUSBREA2A02V20140311
China liberalisiert Zinsen auf Spareinlagen schneller als erwartet
Zinsen auf Spareinlagen sollen schon in ein bis zwei Jahren liberalisiert werden. Dies kündigte der Chef
der chinesischen Zentralbank (People’s Bank of China, 中国人民银行) Zhou Xiaochuan auf einer
Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses (NVK) an. Beobachter
hatten erst 2016 oder später mit diesem wichtigen Reformschritt gerechnet. Bisher werden
Einlagezinsen staatlich festgelegt. Erst im Juli vergangenen Jahres waren die Kreditzinsen liberalisiert
worden.
China strebt die Liberalisierung seiner Zinsen an, um Spareinlagen attraktiver zu machen und damit den
Binnenkonsum zu stärken. Bisher sind die Höchstraten für Einlagenzinsen gedeckelt, so dass
Sparanlagen inflationsbereinigt nur bedingt renditeträchtig sind. Die Banken hingegen profitieren von
den niedrigen Zinssätzen. Durch die Freigabe der Zinssätze wird der Wettbewerb unter den Banken
gefördert, und chinesische Bürger können auf ihre Ersparnisse höhere Rendite erzielen. Dies soll zu
einer Steigerung der Konsumausgaben führen. Dieser Reformschritt ist allerdings auch risikobehaftet.
Durch die Annäherung von Einlagen- und Kreditzinsen verringert sich tendenziell die Profitabilität
chinesischer Banken. Dies wiederum reduziert den Spielraum zur Abschreibung fauler Kredite. Diese
haben aktuell einen Höchststand erreicht und stellen ein enormes Risikopotential für die Stabilität des
chinesischen Finanzsektors insgesamt dar. ↑
CN: http://news.china.com.cn/rollnews/news/live/2014-03/11/content_25429108.htm
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China Update (Spezial) Nr. 15 (6. bis 13. März 2014)
EN: http://www.businessweek.com/articles/2014-03-11/china-deposit-rate-liberalization-within-two-years-sayshead-of-chinas-central-bank
Öffnung weiterer Industriesektoren für ausländische Investoren
In seinem Regierungsbericht während des NVK kündigte Ministerpräsident Li Keqiang an, neben dem
Bankensektor auch andere, bisher primär staatlich kontrollierte Industrien wie den Energie- und
Eisenbahnsektor für private Investoren zu öffnen. Das staatliche Erdgas- und Mineralölunternehmen
Sinopec gab daraufhin bekannt, dass die maximal 30 Prozent der Anteile am Tankstellennetz, die das
Unternehmen an Privatinvestoren verkaufen will, auch an ausländische Investoren vergeben werden
könnten. Weitere große staatliche Unternehmen, wie die China Railway Corporation und die China
National Petroleum Corporation äußerten sich ebenfalls positiv hinsichtlich der Beteiligung von
Privatinvestoren.
Die chinesische Regierung will außerdem die Freihandelszone Shanghai weiter vorantreiben und
betrachtet diese als „Modell, das kopiert und ausgeweitet werden kann“, wie Ministerpräsident Li in
seinem Regierungsbericht darlegte. Er kündigte an, dass innerhalb des nächsten Jahres ähnliche
Projekte in anderen Städten folgen würden. ↑
CN: http://news.xinhuanet.com/energy/2014-3/07/c_126233022.htm?prolongation=1
EN: http://online.wsj.com/news/articles/SB10001424052702303824204579424820549496270?mg=reno64wsj&url=http%3A%2F%2Fonline.wsj.com%2Farticle%2FSB10001424052702303824204579424820549496270.ht
ml
Chinas Exporte fallen im Februar zweistellig
Die chinesische Zollbehörde (General Administration of Customs of the People’s Republic of China, 中
华人民共和国海关总署) teilte am 8. März mit, dass Chinas Exporte im Februar um 18,1 Prozent gegenüber
dem Vorjahr gefallen seien. Damit verzeichnete China zum ersten Mal seit elf Monaten ein Defizit in der
Handelsbilanz. Im Vormonat waren Chinas Exporte noch um 10,6 Prozent gestiegen.
Die Februar-Zahlen ergeben ein gemischtes Bild der chinesischen Wirtschaftsentwicklung. Auf der
einen Seite könnte der zweistellige Einbruch auf eine sich abkühlende Exportwirtschaft hindeuten. Auf
der anderen Seite lässt sich der Rückgang zumindest teilweise durch saisonale Effekte (bedingt durch
das chinesische Neujahrsfest) erklären. Im kumulierten Zweimonatsvergleich Januar-Februar fielen
Chinas Exporte um nur 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass
die Exportzahlen für die ersten Monate des Jahres 2013 wahrscheinlich durch als Exporte getarnte
Kapitalabflüsse künstlich erhöht waren. In diesem Jahr hat die chinesische Zentralbank versucht, diese
Kapitalflüsse einzuschränken. Der Rückgang des Handelsvolumens mit Hongkong, einem der
Hauptstandorte für das sogenannte „round-tripping“ von Kapitalflüssen aus und nach China, um 21
Prozent im Februar im Vergleich zum Vorjahr kann als Anzeichen für den Erfolg dieser Maßnahmen
gewertet werden. ↑
CN: http://www.customs.gov.cn/publish/portal0/tab49564/info697557.htm
EN: http://www.reuters.com/article/2014/03/10/us-china-economy-trade-idUSBREA2705S20140310
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GESELLSCHAFT
„Spielt nicht mit dem Handy“ – Verhaltens-Knigge für NVK-Delegierte
Ausführliche Benimmregeln hatten die Organisatoren des Nationalen Volkskongresses (NVK) an alle
Delegierten ausgeteilt, berichtete die „Beijing Youth Daily“, offizielle Zeitung des Kommunistischen
Jugendverbands Chinas, am 4. März. Während der Sitzungen sollten Delegierte weder Nachrichten per
SMS verschicken noch auf dem Smartphone, Tablet oder Laptop Computerspiele spielen. Auch die
Echtzeit-Kommunikation und -Berichterstattung während der laufenden Tagungen via Chatprogramm
WeChat oder dem Twitter-ähnlichen Mikroblog-Dienst Weibo ist laut „Beijing Youth Daily“ untersagt.
In den letzten Jahren zirkulierten während der jährlichen Tagungen des Volkskongresses vermehrt
Fotos von Delegierten im Internet, die mit ihren Smartphones spielten oder schliefen. Diese schlechte
Außenwahrnehmung solle nun vermieden werden, so der Bericht weiter. 2012 hatten aus dem Kongress
gepostete Fotos von Luxusuhren, Designerhandtaschen, teuren Mänteln, Schuhen und Schmuck der
Delegierten auf Sina Weibo große Popularität erlangt. Netizens verliehen dem Kongress den Beinamen
„China Fashion Week“.
In Einklang mit dem von Ministerpräsident Li Keqiang angekündigten Kampf gegen Verschwendung und
Ausschweifungen, durften die lokalen Delegationen laut „Beijing Youth Daily“ dieses Jahr keine
Begrüßungs- und Abschiedsempfänge in den Hotels der Gesandten abhalten. Die Delegierten durften
sich nicht gegenseitig beschenken oder zum Essen einladen. Und sie durften auch keine von Behörden
oder Firmen offerierten Geschenke („Bücher oder andere Produkte“) annehmen. ↑
CN: http://epaper.ynet.com/html/2014-03/04/content_43817.htm?div=-1
EN: http://qz.com/183708/china-lawmakers-are-told-to-put-down-their-phones-and-stay-awake-during-this-weeksrubber-stamping-session/
Gegen Fettleibigkeit, Luftverschmutzung und Elfenbeinhandel – Prominente auf dem NVK
Auch Stars machen mit bei der Politik: Prominente Schriftsteller, Schauspieler und Sportler waren als
Experten zur jährlich tagenden Politischen Konsultativkonferenz (中国人民政治协商会议) geladen.
Insgesamt rund 2.000 Delegierte, u.a. aus der Wirtschaft, Wissenschaft und den Medien, sollten den
Nationalen Volkskongress bei Diskussionen und Gesetzgebungsprozessen beraten. Zu der 145köpfigen Delegation aus der „Kultur- und Kunstwelt“ gehörten u.a. der Martial-Arts-Star Jackie Chan (成
龙), Literatur-Nobelpreisträger Mo Yan (莫言), Autor Feng Jicai (冯骥才), die Filmregisseure Feng
Xiaogang (冯小刚) und Chen Kaige (陈凯歌), der prominente TV-Talkmaster Cui Yongyuan (崔永元), der
Komiker Zhao Benshan (赵本山) und Sitcom-Star Song Dandan (宋丹丹). Besonderes Augenmerk in der
Berichterstattung legten chinesische Journalisten auch auf die Sportikonen Liu Xiang ( 刘翔), 2004
Olympiasieger in Athen im 110-Meter-Hürdenlauf, und den früheren NBA-Star Yao Ming (姚明).
Der Basketball-Spieler Yao Ming nahm bereits zum zweiten Mal an der Politischen Konsultativkonferenz
teil. In diesem Jahr reichte er u.a. eine Petition gegen den Handel mit Elfenbein ein, worüber die
staatliche Nachrichtenagentur Xinhua ausführlich berichtete („Der Handel und Schmuggel mit Elfenbein
schaden Chinas Image.“). Von einem chinesischen Journalisten befragt, ob er seinen weiteren Beitrag
zur Bedeutung von Fitness und Sport mit dem Titel „Fettleibigkeit ist so schädlich wie
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Luftverschmutzung“ selbst verfasst habe, konterte Yao Ming: „Und glaubst Du mir, wenn ich Dir sage,
dass ich es selbst geschrieben habe?“.
Das Nachrichtenportal sina.com berichtete detailliert vom Treffen der Arbeitsgruppe der KulturDelegation. Der Regisseur Feng Xiaogang („Afterschock“) bezeichnete Zensur und die „öffentliche
Meinung“, womit er auch auf Besucherzahlen anspielte, als die größten Hürden für Filmemacher in
China. Wenn Vertreter der Behörden das Argument „zu sensibel“ vorbrächten, bedeute dies für ihn
immer Probleme (sprich Zensur), obwohl doch „Sensibilität“ eine der wichtigsten Voraussetzungen für
künstlerisches Schaffen sei, so Feng. ↑
CN: http://news.163.com/14/0307/02/9MMURFHP00014AED.html
EN: http://www.smh.com.au/world/nba-star-becomes-a-cog-in-chinas-political-machine-20140306-hvggb.html
Desinteresse und Radikalkritik: Reaktionen auf „zwei Sitzungen“ in den Sozialen Medien
Keine große Rolle spielen die Sitzungen des Nationalen Volkskongresses und der Politischen
Konsultativkonferenz bis dato in den Sozialen Medien: Chinas Mikroblogger zeigten deutlich mehr
Interesse an Diskussionen über den Terroranschlag in Kunming, die Ereignisse in der Ukraine – und
seit dem 8. März vor allem am verschwundenen Flugzeug der Malaysia Airlines. Laut Statistiken der
Twitter-ähnlichen Mikroblog-Plattform Sina Weibo liegt die Anzahl der Posts mit dem Wort „zwei
Sitzungen“ (两会) deutlich hinter anderen Themen.
Laut Sina Weibo posteten Nutzer auch zu zentralen Themen der Sitzungen wie
Korruptionsbekämpfung, Reformen der sozialen Sicherungssysteme, Umweltschutz oder Urbanisierung
eher wenig und nicht mehr als in den Wochen zuvor. Auf der Wochenrangliste (3. bis 10. März) von
Top-Posts bei Sina Weibo taucht das Schlüsselwort „zwei Sitzungen“ erst auf Rang 14 auf – und das
auch nur am Rande: der Autor des Beitrags beschreibt den Besuch einer Delegierten bei der von
Patienten niedergestochenen Krankenschwester in der Stadt Nanjing.
Dennoch hatten laut der Website „FreeWeibo“ die Zensurabteilungen auch Posts mit dem Schlüsselwort
„zwei Sitzungen“ im Visier: Verantwortliche hätten vor allem Beiträge gelöscht, die den Sitzungen
jegliche politische Funktion absprachen, diese ins Lächerliche zogen, die aus ihrer Sicht zu ausführliche
Berichterstattung der Staatsmedien thematisierten oder kritischere Äußerungen einzelner Delegierter
aufgriffen. Laut der US-amerikanischen Webseite „China Digital Times“ hat die Propagandaabteilung
der KPCh während der Sitzungen allen Medien Berichterstattung u.a. über „Gerüchte“ bezüglich
hochrangiger Kader oder Details zur Unterbringung und Versorgung der Delegierten verboten. Zudem
forderte die Behörde interaktive Plattformen auf, Kommentare u.a. zu Äußerungen des Parteisekretärs
von Xinjiang über Terrorismus zu löschen. ↑
CN: https://freeweibo.com/weibo/%E4%B8%A4%E4%BC%9A?censored
EN: http://chinadigitaltimes.net/2014/03/stories-watch-two-sessions/
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INNOVATION & UMWELT
Starke Worte: Li Keqiang ruft „Krieg gegen Umweltverschmutzung“ aus
„Genauso wie wir der Armut den Kampf angesagt haben, müssen wir mit Entschlossenheit der
Umweltverschmutzung den Krieg erklären.“ Mit diesen starken Worten äußerte sich Li Keqiang in
seinem ersten Regierungsbericht zur Umweltsituation Chinas. Als Schwerpunkte der Regierungsarbeit
im Umweltschutz kündigte er für 2014 die Bekämpfung des Smogs in den am stärksten betroffenen
Regionen und die Reduzierung der Feinstaubbelastung an. Zudem nannte er konkrete Zielvorgaben
unter anderem für die Verringerung des Energieverbrauchs (um 3,9 Prozent pro Einheit BIP), die
Reduzierung kleiner Kohleöfen (um 50.000 Öfen), die Modernisierung von Kohlekraftwerken
(Aufrüstung auf Technologien zur Senkung des Schwefel-, Salpeter- und Rußpartikelausstoßes für eine
Gesamtkapazität von 325 Mio. GW) und die Entfernung von alten, umweltschädlichen Fahrzeugen aus
dem Straßenverkehr (sechs Mio.). Unerwähnt blieb hingegen zunächst die Förderung von Fahrzeugen
mit alternativen Antriebstechnologien. Der Staatsrat beschloss jedoch den Vorschlägen der NVKDelegierten entsprechend, dies nachträglich zu ändern und in die Endversion des Regierungsberichts
mitaufzunehmen. An wortstarker Rhetorik und hochgesteckten Zielen mangelt es damit erneut nicht. Mit
welchen Mitteln die chinesische Regierung den „Krieg gegen den Smog“ tatsächlich vorantreibt und ob
diese Strategie zeitnah zu sichtbaren Erfolgen führen wird, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Eine
detaillierte Analyse hierzu finden Sie in Kürze in einem Smog-Spezial auf der MERICS-Webseite
(www.merics.org). ↑
CN: http://lianghui.people.com.cn/2014npc/n/2014/0305/c376646-24533743.html
EN: http://news.xinhuanet.com/english/special/2014-03/05/c_133162607.htm
Zukunftsindustrien: Wird der Sprung an die globale Spitze gelingen?
Selbstbewusst formulierte Li Keqiang in seinem Regierungsbericht, dass China in aufstrebenden
Industrien eine globale Führungsrolle anstrebt und „in der globalen Wertschöpfungskette der Sprung an
die Spitze“ gelingen soll. Anstelle der bisher üblichen Rhetorik vom „technologischem Aufholprozess“
und „eigenen Innovationen“ in Schlüsselindustrien, tritt zum ersten Mal in einer offiziellen Verlautbarung
der Anspruch in den Vordergrund, Vorreiter für neue Industrien und innovative Spitzentechnologien zu
werden. So soll chinesische Technologie zukünftig „fortschrittliche Technologien überholen und die
Entwicklung der Zukunftsindustrien anführen“. Li hob in diesem Zusammenhang die Informations- und
Kommunikationstechnologien, Mikrochips, Big-Data-Technologien, moderne Fertigungstechnologien,
neue und erneuerbare Energien sowie innovative Materialien hervor. Tatsächlich ist es China in den
vergangenen Jahren gelungen, in den von Li aufgeführten Technologiezweigen durch gezielte staatliche
Förderung, die technologische Entwicklung voranzutreiben und in das Hochtechnologiesegment
vorzudringen. Ob und wie schnell ein Sprung an die globale Spitze gelingen kann, wird jedoch
maßgeblich von der Umsetzung bereits angekündigter Maßnahmen abhängen. So befindet sich der
Entwurf für die Neuauflage des „Nationalen Technologietransfergesetzes“, durch das insbesondere die
Markteinführung von Technologien gestärkt werden soll, gegenwärtig noch in Überarbeitung. Weitere
zentrale Punkte auf der politischen Agenda sind die Einführung eines nationalen Gerichtshofs für
geistiges Eigentum sowie eine besser koordinierte und transparente Vergabe von Forschungsmitteln._↑
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China Update (Spezial) Nr. 15 (6. bis 13. März 2014)
CN: http://news.xinhuanet.com/photo/2014-03/08/c_126238757.htm
_ http://chuangxin.chinadaily.com.cn/a/chinesedream/cxnews/2014/0310/24356.html
Lis Krieg gegen Umweltverschmutzung steckt im Reformstau
Trotz der horrenden Umweltverschmutzung lässt die Überarbeitung wichtiger Umweltgesetze auf sich
warten. Umwelt-Vizeminister Wang Xiaoqing, der sich vergangene Woche in einer Pressekonferenz im
Rahmen des NVKs gegenüber Journalisten äußerte, konnte neben den vielen Negativmeldungen zur
Umweltsituation viele wichtige Reformvorhaben zunächst nur ankündigen. Das betrifft vor allem die
Überarbeitung des Umweltgesetzes, das seit 1989 nicht verändert wurde, und seit 2011 für intensive
Kontroversen sorgt. Dem Ständigen Ausschuss des NVKs war es Ende letzten Jahres nicht gelungen,
zu einer Einigung zu gelangen. Frühestens für April ist eine vierte Lesung anberaumt. Das Recht
zivilgesellschaftlicher Organisationen, gerichtliche Klagen gegen Umweltverschmutzung einzureichen,
ist ein besonders strittiger Punkt. Das Umweltministerium und die Zivilgesellschaft haben immer wieder
erfolgreich darauf bestanden, den ursprünglich schwachen Entwurf umweltpolitisch zu stärken. Wenn
das überarbeitete Umweltgesetz verabschiedet wird, hat es durchaus Potential: verschmutzende
Unternehmen sollen unbegrenzt und tageweise zu Strafzahlungen verpflichtet werden können.
Der Reformstau betrifft auch das Gesetz zur Vermeidung und Kontrolle von Luftverschmutzung. Obwohl
eine Überarbeitung des Gesetzes bereits seit 2008 diskutiert wird, ist bis heute nichts geschehen. Das
überarbeitete Gesetz könnte unter anderem die Regionen und Städte gesetzlich zu stärkerer
Koordination bei Smog verpflichten. Die beiden überarbeiteten Gesetze könnten noch dieses Jahr
verabschiedet werden. Der langwierige Gesetzgebungsprozess ist angesichts der unzumutbaren
Umweltverschmutzung und dem gesellschaftlichen Protest aber ein negatives Signal. Dieser
Reformstau wird damit zu einem ernsthaften Problem für Li Keqiangs Krieg gegen die Verschmutzung.
↑
CN: http://news.sohu.com/20140311/n396376011.shtml
EN: http://news.xinhuanet.com/english/special/2014-03/09/c_133172190.htm
Delegierte machen Vorschlag zu mehr Informationssicherheit im Internet
Informationssicherheit im Internet war auf dem diesjährigen NVK ein wichtiges Thema. Auf dem riesigen
Internetmarkt in China ist der Datenabgriff zu kriminellen Zwecken etwa durch Schadsoftware oder
Umlenkung der Kommunikation ein lohnendes Geschäft. 2012 lag der entstandene Schaden bei 150
Mrd. CNY. Mehrere Delegierte betrachten die gegenwärtige Gesetzeslage als zu schwach.
Insbesondere Internet-Unternehmen wie Xiaomi oder Lenovo brachten Vorschläge zur Verbesserung
der Informationssicherheit ein. Zahlreiche Delegierte des NVKs und der Konsultativkonferenz schlugen
ein Gesetz zum Schutz persönlicher Daten vor. Konkrete Gesetzesvorhaben wurden jedoch nicht
diskutiert. Die Diskussion sparte außerdem den staatlichen Zugriff auf persönliche Daten und
Kommunikation vollends aus. ↑
CN: http://www.chinanews.com/fz/2014/03-11/5937228.shtml
EN: http://www.ecns.cn/business/2014/03-11/104368.shtml
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China Update (Spezial) Nr. 15 (6. bis 13. März 2014)
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