der Flyer als PDF mit dem Programm

Transcrição

der Flyer als PDF mit dem Programm
LICHTSPIELE OLTEN
und trigon-film
präsentieren
Im Kino
um die welt
2016
Januar bis Mai
Chile
el boton de nacar
Patricio Guzmán – 82 Minuten
Silberner Bär der Berlinale 2015
Liebe Filmfreundinnen und Filmfreunde
Ein Filmfestival dauert normalerweise ein paar Tage. Die Lichtspiele Olten und trigon-film bieten ihnen mit «Im Kino um die Welt»
ein besonderes Festival, das sich über mehrere Monate erstreckt
und sorgsam ausgewählte Filme präsentiert, die uns die Welt
mit faszinierenden Geschichten näher bringen. Freuen Sie sich
auf ein dichtes, abwechslungsreiches und anregendes Programm
mit Entdeckungsreisen in die weite Welt.
Ein einfacher Perlmuttknopf stand am Anfang von Patricio Guzmáns
Film El botón de nacár. Der Regisseur erzählte mir vor Jahren
von diesem Knopf und davon, was es mit ihm so alles auf sich hatte.
Ich möchte den Film hier nicht vorweg nehmen, aber feststellen,
dass es für einen begnadeten Erzähler ganz wenig braucht, um anzusetzen und eine Geschichte zu erzählen, die man nicht mehr vergisst.
So sanft und leicht ein Film am Ende auch daherkommen mag:
Es ist ein langer Weg von der Idee, die ein Perlmuttknopf sein kann,
bis zum Film, den wir auf der Leinwand bestaunen.
Sehenswert sind natürlich alle Filme des Programms, sei es die
Geschichte eines Bauernbuben in den unglaublich schönen BergLandschaften Äthiopiens (Lamb) oder jene der jungen Maya-Frau,
die hinter einem Vulkan in Guatemala lebt und wissen möchte, was auf
der andern Seite des Berges liegt (Ixcanul). Malgorzata Szumowska
aus Polen nimmt sich in Body den menschlichen Körper vor, um uns
über die Beziehung von Körper und Seele nachdenken zu lassen,
und wenn Sie den Amazonas-Regenwald in seiner haluzinierenden
Unendlichkeit erfahren möchten, dann empfiehlt sich ein Abstecher
ins Kino Lichtspiele, wenn El abrazo de la serpiente angesagt ist.
Notieren Sie sich die Daten und reisen Sie im Kino um die Welt.
Walter Ruggle, trigon-film
Titelbild: Lamb – Bild oben: El botón de nácar
In Nostalgia de la luz lud uns der Chilene Patricio Guzmán ein in
die Wüste und ins Universum. Dieses Mal sind es Patagonien und
der Ozean. Chile hat 4300 Kilometer Küste, hat Vulkane, Berge
und Gletscher. Guzmàn lauscht den Stimmen der Natur und jenen
der Ureinwohner Patagoniens. Es gibt Filme, die nehmen einen
als Zuschauerin oder Zuschauer vom allerersten Augenblick an auf.
Sie strahlen einen Zauber aus und haben etwas Wohltuendes.
Es geht dabei nicht ums Verführen – eine Aktion, die das Kino im
umfassenden Sinn auch beherrscht. Nein: Es geht um ein Hinführen,
hinein in das, was uns ihr Autor erzählen, was er uns näher bringen
will. Das Faszinierende, Schillernde, Bewegende, Packende,
das Traumwandlerische bei Guzmàn ist es, dass seine Filme so
spielerisch leicht wirken, obschon sie auch tragischen von Ereignissen und Zeiten erzählen, auf die die Menschheit nicht stolz
sein kann.
Nostalgia de la luz war die Erzählung vom unendlich Grossen des
Universums und dem unendlich Kleinen des Menschen im Sand
der irdischen Wüste. El botón de nacár nun ist ein Tauchen im Ozean,
der Chile umbrandet und ein Auftauchen in dem, was Menschen
im Lauf der Jahrhunderte da getrieben haben. Patricio Guzmán
geleitet uns, führt vom Kleinen ins Grosse und wieder zurück.
Er schafft Zusammenhänge, erzählt von den Ureinwohnern, die
einst in Patagonien lebten und davon, was ihnen geschah, von einem
Patagonen, der zur Erzählfigur wurde und von einem Perlmuttknopf, der am Grund des Pazifiks gefunden wurde und von der
jüngeren Geschichte Chiles kündet. Man sitzt im Kino, schaut in
die einzigartige Natur, erkennt Zusammenhänge, lauscht den
Gedanken des Filmemachers und den Klängen von Patagoniens
Sprache, des Wassers: Man staunt und ist bewegt.
Guatemala
IXCANUL VOLCANO
Jayro Bustamante – 91 Minuten
Alfred Bauer Preis für neue Perspektiven, Berlinale 2015
Äthiopien
LAMB
Yared Zeleke – 94 Minuten
Filmfestival Cannes 2015, Un certain regard
Und dann diese Perle, es ist der Film, der an der Berlinale zu den
grossen Favoriten gehörte und schliesslich bei einem stark politisch gefärbten Juryentscheid sich mit Silber zufrieden geben
musste. Für den Filmemacher und sein Team war allerdings auch
dies ein Riesenerfolg, denn es ist nichts Alltägliches, dass in
Guatemala Spielfilme von dieser Kraft entstehen und an wichtige
Festivals eingeladen werden. Ixcanul volcano besticht und berührt.
Lamb ist der erste Spielfilm aus Äthiopien, der es am Filmfestival
von Cannes ins Hauptprogramm geschafft hat und dort im Rahmen
von «Un certain regard» seine Uraufführung erlebte. Es war ein
intensiver Moment, da die ganze Crew im Saal war und auch das
Mädchen und der Junge, die so überzeugend zwei der Hauptrollen
spielen: Rediat Amare den Ephraïm und Kidist Siyum die Tsion –
sie ziert auch dieses Programm mit ihrem aufgeweckten Blick,
wie wir ihn allen wünschen.
María, eine 17-jährige Kaqchikel-Maya-Frau, lebt mit ihren Eltern
auf einer Kaffeeplantage am Fuss eines aktiven Vulkans. Sie soll
mit dem Vorarbeiter der Farm verheiratet werden, das hat die
Familie auch aus praktischen Gründen so beschlossen. Doch das
Mädchen sehnt sich danach, die Welt jenseits des Berges kennenzulernen, von der sie keine Vorstellung hat aber einen Traum.
Um auf die andere Seite zu gelangen, gibt sie sich einem jungen
Kaffeepflücker hin, der in die USA fliehen möchte. Und diese sollen
hinter dem Vulkan liegen.
Regisseur Jayro Bustamante wuchs in Guatemala in der Region
der Kaqchikel-Maya auf und kehrte für seinen Film dorthin zurück.
Er veranstaltete Workshops, liess sich Geschichten aus ihrem
Leben erzählen und schaute sich die heutigen Lebensbedingungen
der Maya aus nächster Nähe an. Dabei lernte er den besonderen
Umgang der Frauen mit den Ritualen ihrer Mütter und Grossmütter
kennen. Die Handlung nimmt den Rhythmus eines Lebens auf,
das vom Glauben und den Traditionen der Vorfahren bestimmt ist.
Fern der globalisierten Welt erwartet die Zuschauerinnen und
Zuschauer ein unbekannter Alltag. Ixcanul volcano ist kein Film über
indigene Kultur, er wurde aus ihr heraus entwickelt, steht für sie.
Der neunjährige Ephraïm hat seine Mutter verloren und wird vom
Vater zu Verwandten auf einen entlegenen Hof gebracht. Sein bester
Freund Chuni ist ein Lamm, mit dem er herumzieht. Von Heimweh
geplagt, versucht der Junge, für sich und sein Schaf eine Fahrkarte
zu ersparen. Dabei hilft ihm die rebellische Tsion, die auch weg
möchte von hier. Die anrührende Geschichte erzählt vom Weg eines
Jungen und eines Lamms in ihre Freiheit. Das Lamm Chuni ist für
Ephraïm so etwas wie ein Teddybär, einfach lebendiger. Die beiden
leben in der vulkanischen Natur Äthiopiens, in einer grünen und
traumhaft schönen Berglandschaft. Atemberaubend ist die Aussicht,
die der Junge von der Spitze jenes Berges geniesst, der in einer
verbotenen Zone liegt und ihn allein schon deshalb anzieht.
Der Vater ist abwesend, dem Onkel gefällt es nicht, dass Ephraïm
lieber kocht, als Ochsen durch den Acker peitscht. Kochen sei
Mädchensache, bekommt er zu hören. Der äthiopische Filmemacher
Yared Zeleke hat seinen Erstling in starken Aufnahmen gestaltet,
die die Verlorenheit genauso zeigen wie die Geborgenheit; sie sind
einander nah. In der Natur erleben wir Ephraïm glücklich und bei
sich selbst. Eines der stärksten Bilder dafür ist jenes, das den Jungen
in einem verschlungenen Baumlabyrinth zeigt, verloren und
behütet in einem.
Polen
Body
Malgorzata Szumowska – 90 Minuten
Regiepreis Berlinale 2015
Kuba
Conducta
Ernesto Daranas – 108 Minuten
Jugend in der Karibik
Janusz ist ein Mensch, den so leicht nichts erschüttern kann.
Als Untersuchungsrichter recherchiert er präzise, am Tatort analysiert er trocken jedes Detail. Privat steht er seiner magersüchtigen
Tochter Olga allerdings ziemlich hilflos gegenüber. Er lässt sie
in eine Klinik einweisen, in der die Psychologin Anna arbeitet.
Diese lebt mit einem grossen Hund in einer abgeriegelten Wohnung
und beschwört Geister, die aus dem Jenseits zu den Lebenden
sprechen.
Kubanisches Kino, wie man es
nicht mehr alle Tage zu sehen bekommt: Eine Wucht und ein Publikumsliebling auch bei uns. In seinem Film Conducta setzt sich der
kubanische Filmemacher Ernesto
Daranas mit dem angeblich noch
immer vorbildlichen Schulsystem
und den unterschiedlichen Lernmethoden auf der Zuckerinsel
auseinander. Er erzählt vom
elfjährigen Chala, der allein von
seiner Mutter aufgezogen wird.
Die polnische Regisseurin Malgorzata Szumowska arbeitet in
ihrem neuen Film, der an der Berlinale 2015 seine Premiere hatte,
mit Elementen der schwarzen Komödie, um von der Schwierigkeit zu erzählen, mit dem Verlust geliebter Menschen umzugehen.
Dabei kreist die Regisseurin das Körperliche unserer Existenz ein.
Was ist Körper? Was ist Geist? Wie spielen die beiden zusammen Leben?
Body ist eine faszinierende Reflexion darüber wie auch über
die Einsamkeit des Herzens und das daraus resultierende Streben
nach Übersinnlichem. Die Filmemacherin schafft es, mit Körpern
und Körperlichem gleichsam in Variationen zu spielen. Natürlich
steht sie dabei in einer Tradition, die mit Krzysztof Kieslowski einen
grossartigen Vertreter hatte. Man könnte sagen: Sein Geist ist im
Film von Malgorzata Szumowska im besten Sinn gegenwärtig.
Aber die Filmemacherin ist eigenständig und hat ihren eigenen
Umgang mit den Wirklichkeiten und ihrer Wahrnehmung entwickelt.
Body ist einer der faszinierendsten Filme zum Da-Sein geworden,
ein Stück Kino, das uns auch auf uns selber zurückwirft.
Japan
Our little sister
Hirokazu Kore-eda – 128 Minuten
Vier Schwestern in Japan
Hirokazu Kore-eda erzählt nach
dem berührenden Like Father,
Like Son erneut von einer Familie, in der die Beziehungslinien
Brüche aufweisen. Die drei
Schwestern Sachi, Yoshino und
Chika leben zusammen in Kamakura. Sie reisen ans Begräbnis
ihres Vaters, der die Familie vor
15 Jahren verlassen hatte, und
lernen ihre 13-jährige Halbschwester Suzu kennen. Mit viel
Feingefühl für jede der Schwestern betrachtet Kore-eda familiäre
Der Junge ist alles andere als ein Banden. Er hat seine Betracheinfaches Kind, und so wird er von tungen zur Familie und der Endlichkeit des Lebens im Lauf der
einer neuen Klassenlehrerin in
die Schule für schwer Erziehbare Jahre verfeinert und ist dabei
seinem grossen Vorbild Yasujiro
versetzt. Empört mischt sich die
Vorgängerin der Lehrerin ein, die Ozu näher gekommen, so nahe,
dass er seine Drehbücher heute
mit diesem Vorgehen überhaupt
nicht einverstanden ist. Sie kämpft in jener Bar niederschreibt,
um eine angemessene Erziehung in der Ozu verkehrte. Es ist der
Geist des Insistierens, der auch
für Chala, der aus schwierigen
ihn antreibt, des Betrachtens aus
Verhältnissen stammt. Mit ihrem
Engagement und dem Aufbegeh- ganz unterschiedlichen Blickwinkeln, des Vordringens in die
ren gegen das strikte Schulsystem, entwickelt sich zwischen der Beziehungsgründe der eigenen
alten, widerborstigen Lehrerin
Zeit. Es sind die kleinen Momente,
Carmela und dem Jungen Chala
die wichtig sind. Für alle,
eine besondere Beziehung.
immer wieder.
Sowjetunion
Wenn die kraniche ziehen
Michail Kalatosow – 94 Minuten
Goldene Palme in Cannes 1958
Tunesien
A PEINE J’OUVRE LES YEUX
Leyla Bouzid – 102 Minuten
Publikumspreis Giornati degli autori, Venedig 2015
Es gibt in der Filmgeschichte ein paar Wegmarken, die nicht
wegzudenken sind. Manchmal stehen sie auch für historisch relevante Momente eines Landes. Um 1960 herum zeichnete sich in
der damaligen Sowjetunion nicht nur eine Nouvelle Vague des
Kinos ab, das, was man als Tauwetter-Zeit bezeichnen sollte,
hatte auch politische Ursprünge. Aber: der Aufbruch blieb von
beschränkter Dauer.
Alle haben von einem arabischen Frühling geredet und geschrieben. Die Hoffnungen ruhten auf den Ländern im nördlichen Afrika,
allen voran auf Tunesien. Die Geschichte, die die junge Filmemacherin Lelya Bouzid in ihrem ersten Spielfilm erzählt, spielt in
Tunis im Sommer 2010 und damit ein paar Monate vor der Zeit,
die später als arabischer Frühling bezeichnet werden soll. Farah ist
gerade mal 18 Jahre jung, sie hat ihr Abitur erfolgreich hinter sich
gebracht, und die Familie stellt sie sich bereits als Ärztin vor.
Zu den grossartigen Filmen, die in dieser Zeit entstanden sind,
gehört Wenn die Kraniche ziehen von Michail Kalatosow. Der Film
beginnt 1941 in Moskau, kurz vor dem Überfall Deutschlands auf
die Sowjetunion. Boris und Weronika sind ineinander verliebt.
Er nennt sie sein Eichhörnchen, und beide beobachten sie den Zug
der Kraniche über der Stadt. Boris meldet sich freiwillig zur Front
und wird am Tag vor Weronikas Geburtstag eingezogen. Ihr gelingt
es nicht, sich von ihm zu verabschieden, und Boris kann ihr nur
sein Geburtstagsgeschenk, ein Spielzeug-Eichhörnchen, hinterlassen. Weronika wird von Boris’ Familie aufgenommen, wo auch
sein Cousin Mark lebt. Auch er liebt Weronika und nutzt die
Abwesenheit von Boris, um sie während eines Bombenangriffs
zu verführen.
Die Geschichte dreht sich weiter, der Krieg verändert die
Konstellationen und Beziehungen, was besticht in diesem Film –
wie später auch in Soy Cuba vom gleichen Regisseur – sind die
atemberaubenden Bildkompositionen, die Erzählungen in der
Tiefe der Bilder, von denen viele selbst als stehende Fotografie
noch kleine Kunstwerke sind. Sehen oder Wiedersehen mit
einem Stück Geschichte und Filmgeschichte.
Aber die resolute und lebenslustige Farah sieht die Dinge anders.
Sie singt fürs Leben gern, singt laut und singt vor allem politisch
engagierte Texte, zusammen mit den Jungs, die ihre Rockband
bilden und die sie an den Auftritten begleiten. Farah nimmt kein
Blatt vor den Mund, obwohl ihr die Mutter immer wieder bedeutet,
daran zu denken, dass die Männer im Land nicht alles gerne hören,
dass sie sich vor allem von einer Frau nichts sagen lassen wollen
und dass es empfehlenswert ist, sich im Ton und in der Wortwahl
zurückzuhalten. Die Mutter weiss, wovon sie spricht, sie sieht in
ihrer Tochter die eigene Jugend wieder und das Rebellische,
das im Jungsein mitschwingt.
Das vibrierende Portät einer jungen Frau, die gegen männliche
Strukturen Sturm läuft, fliegt und auf den Boden der Realität fällt.
Baya Medhaffer (Farah) ist grossartig. Ein explosiver Film, der uns
in die Stimmung in jenen arabischen Ländern führt, deren Gesellschaft und Politik aufgewühlt wurde. Wenn dieser Film auch von
jenen Tagen spricht, so meint er das Heute mit, denn allzuviel hat
sich nicht geändert in Sachen Freiheit und Kultur.
Indien
My Name is salt
Farida Pacha – 92 Minuten
Bester Erstling IDFA Amsterdam und Deutscher Kamerapreis 2014
Kolumbien
El abrazo de la serpiente
Ciro Guerra – 125 Minuten
Quinzaine des réalisateurs, Cannes: Art Cinema Award
Jahr für Jahr ziehen tausende Familien in Indien für acht Monate
in die Wüste, um Salz aus dem glühenden Boden zu holen. Mit jedem
Monsun werden ihre Salzfelder weggespült, und die Wüste verwandelt sich in ein Meer. Trotzdem kehren die Salzbauern zurück,
voller Stolz, das weisseste Salz der Erde zu produzieren. Fasziniert
von dem Thema hat Farida Pacha in der Salzwüste von Kutch,
im Westen Gujarats, im Laufe eines ganzen Jahres unglaubliches
Material sammeln können und daraus einen mehrfach preisgekrönten, geradezu meditativen Dokumentarfilm gestaltet.
Zwei Forscher dringen ins Innerste des Amazonas vor, einerseits
der deutsche Ethnologe Theodor Koch-Grünberg im Jahr 1909,
andererseits der nordamerikanische Botaniker und Abenteurer
Evan Schultes im Jahr 1940. Begleitet werden beide Männer vom
gleichen Schamanen, der selber der einzige Überlebende eines
ausgelöschten Stammes ist und sie je zum Ziel ihrer Wünsche
führen soll: Sie suchen eine im Urwald verborgene Rausch- und
Wunderpflanze.
In der Tradition von Filmen wie Die grosse Stille von Philip Gröning
und El sol del membrillo von Víctor Erice stehend, ist My Name is
Salt ein beobachtender Dokumentarfilm über Menschen, die nach
Perfektion streben, über ihre Hingabe zur Arbeit. Es gibt keine
dramatischen Ereignisse. Alles hängt von den Handlungen und der
Landschaft ab. In jedem Status des Salzgewinnungsprozesses
muss die Familie mit Präzision arbeiten und genaustens auf
Details achten. Gelingt es der Familie nicht, am Ende des Zyklus
genügend Salz zu schöpfen, werden sie im nächsten Jahr in der
Schuld des Salzhändlers stehen. Der Film verlässt den Raum
der Wüste während seiner ganzen Dauer nie. Farida Pacha sagt:
«Als Filmemacherin bin ich von Geschichten angezogen, die sich
zum philosophischen Erkunden des menschlichen Daseins eignen.
Wie eine Fata Morgana taucht in Sanabhais Geschichte die
Reflektion über die mythologische Erzählung vom Stein rollenden
Sisyphos auf, der das Leben so sehr liebte und alles tat, es zu
verlängern, dass die Götter ihn schliesslich mit einer sinnlosen,
schweren und unbezahlten Arbeit bestraften.»
Zusehends wandeln sich dabei die beiden realen historischen
Handlungen zum zeitüberschreitenden spirituellen Abenteuer, zum
bildgewaltigen psychedelischen Trip, wie man ihn seit Apocalypse
Now nicht mehr in dieser Intensität gesehen hat. Packend, wie uns
Ciro Guerra über Mensch, Natur und die destruktive Macht des
Kolonialismus nachdenken lässt, unvergesslich seine Tauchfahrt
ins Innere des immensen Regenwalds. Erst ganz am Ende des Films
taucht er mit seiner Kamera, die von David Gallego betörend geführt wird, auf aus dem Regenwald, in dem wir uns zwei Stunden
lang bewegten, verschafft einen Überblick über die schiere Unendlichkeit des Amazonasbeckens und lässt uns aufatmen. In Cannes
wurde El abrazo de la Serpiente mit guten Gründen ausgezeichnet
als bester Film der Quinzaine des réalisateurs 2015. Die Medienstimmen überschlugen sich in Trance: «Eine zauberhafte amazonische Odyssee» schrieb Culturebox, eine «Standing Ovation, die
mehr als zehn Minuten dauerte», hielt Arcadia fest, Le Monde zog
den Vergleich «Fitzcarraldo aus der Sicht der Eingeborenen» und
«Alle Welten, alle Träume, alle Zeiten», schwärmte eine Radiostation.
El abrazo de la Serpiente ist Kino pur.
IM KINO UM DIE WELT
Lichtspiele Olten
Klosterplatz 20, 4600 Olten
www.lichtspiele-olten.ch
Vorstellungen jeweils Montag & Dienstag (18 Uhr),
Mittwoch (20.30 Uhr)
4. bis 6. Januar
IXCANUL von Jayro Bustamante, Guatemala
Träumen im Maya-Dorf: Die Entdeckung der Berlinale
18. bis 20. Januar
LAMB von Yared Zeleke, Äthiopien
Eine Kindheit in den ostafrikanischen Bergen
1. bis 3. Februar
EL ABRAZO DE LA SERPIENTE, Ciro Guerra, Kolumbien
Mit einem Schamanen mitten hinein in den Regenwald
15. bis 17. Februar
CONDUCTA von Ernesto Daranas, Kuba
Der jüngste Herzensbrecher von Havanna
29. Februar bis 2. März
Body von Malgorzata Szumowska, Polen
Silberner Bär für die beste Regie, Berlinale 2015
21. bis 23. März
OUR LITTLE SISTER von Hirokazu Kore-eda, Japan
Vier Schwestern: Vom Regisseur von Like Father, Like Son
4. bis 6. April
EL BOTON DE NACAR von Patricio Guzmán, Chile
Patagonien, das Wasser und die Erinnerung
11. bis 13. April
A PEINE J’OUVRE LES YEUX von Leyla Bouzid, Tunesien
Eine junge Frau will frei singen in einer Männerwelt
2. und 3. Mai
MY NAME IS SALT von Farida Pacha, Indien
Vom Salz des Lebens
4. Mai
WENN DIE KRANICHE ZIEHEN von Michail Kalatsow
Restaurierte Fassung des grandiosen Klassikers
Trailer und weitere Informationen zu den Filmen:
www.trigon-film.org