Dienstboten Danke an Agnes für die Erstellung und Marianne für die
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Dienstboten Danke an Agnes für die Erstellung und Marianne für die
Dienstboten Danke an Agnes für die Erstellung und Marianne für die Mithilfe FÜR DAS SPIEL Im späten 19. Jahrhundert war es üblich, seinem Personal gegenüber distanziert, aber höflich zu sein, für Personal des Hauses, in dem man zu Gast ist, noch mehr. Dienstboten werden auf Larps oft als „Allgemeingut“ betrachtet und von jedem beliebig herumkommandiert. Ohne eigenen Kammerdiener/Zofe zu Besuch zu kommen und fremdem Personal Befehle zu geben ist allerdings extrem unhöflich, nicht nur dem Personal gegenüber sondern auch dem Gastgeber – schließlich braucht der sein Personal selbst, und ein Gast ohne eigenen Bediensteten „schmarotzt“ gewissermaßen auf Kosten des Gastgebers und belastet seinen Haushalt. Das heißt, wenn man etwas benötigt, bittet man höflich darum und gibt bei der Abreise Trinkgeld. Braucht man jemanden für länger, muss man die Hausherren fragen, die dann entscheiden, ob sie jemanden entbehren können. Viktorianisches Dienstpersonal hat einen (minimum) 12-Stunden-Tag, der vollständig ausgefüllt ist mit Putzen und Essen vorbereiten (vier Mahlzeiten pro Tag!). Es ist ungehörig sie von ihrer Arbeit abzuhalten, indem man zu jeder unmöglichen Zeit ein Glas Wasser verlangt oder sich irgendetwas bringen lässt. Es ist NICHT die Norm, jeden Handgriff erledigen zu lassen (so etwas dürfen nur alte Damen, die dafür eine eigene „Gesellschafterin“ haben). Im Normalfall bekommt man von der Dienerschaft kaum etwas zu sehen, nur den Butler und die Footmen zu den Mahlzeiten. Alles anderen läuft hinter den Kulissen ab. Das heißt, das meiste im Laufe des Tages macht ein englischer Gentleman selbst (und die Ladies schicken die Gentlemen), nur für Dinge, die man nicht alleine tun kann, z. B. ankleiden, zieht man das Personal hinzu. Wenn man etwas von einem Diener verlangt, wofür der nicht zuständig/qualifiziert/befugt ist oder keine Zeit hat, kann er es ablehnen oder delegieren. Das ist keine Respektlosigkeit – ein Diener ist nicht verpflichtet, etwas selbst zu tun, wofür er nicht zuständig ist. Das würde nur den Ablauf des Haushaltes durcheinanderbringen. Dasselbe gilt, wenn das Personal gerade Aufträge ihrer Herrschaft erledigt, die haben einfach Vorrang. Man rügt Personal nicht vor allen Leuten, schon gar nicht fremdes, das wäre eine öffentliche Beleidigung der Hausherrin. Probleme mit dem eigenen Diener regelt man unter vier Augen, für die Maßregelung fremder Dienerschaft ist immer nur die Herrschaft zuständig. Ein Detail: die Dienerschaft muss nicht jedesmal, wann sie an jemandem von der Herrschaft vorbeigeht, knicksen oder sich verbeugen. Solange man nicht gerade etwas voneinander braucht, ignoriert man sich. Zu unserer speziellen Situation am Larp: Wird das mitgebrachte Personal an einen fremden Haushalt ausgeliehen, zB um beim Servieren zu helfen, gliedert es sich in die Haushierarchie ein, d.h. die Kammerdiener und Zofen/Dienstmädchen der Gäste unterstehen dem hauseigenen Butler und der Haushälterin oder Köchin, solange sie aushelfen. Diese Situation gab es allerdings in Realität nicht, wenn zB für ein Fest zu wenig Personal vorhanden war, mietete man welches zu. Man würde auch eine Zofe nicht zum Servieren bei Tisch abkommandieren, das ist respektlos, weil eine Zofe eine gehobene, spezialisierte Position ist. Darüber müssen wir beim Spiel hinwegsehen. Allgemeines Dienstboten stammten meist aus armen Familien (Arbeiter, Bauern oder Dienstboten) und mussten diese bereits in früher Jugend verlassen um sich selbst zu ernähren. Zur Wahl standen dabei meist nur eine Dienststelle (service) oder Fabrikarbeit. Sie hatten zwar inzwischen auch Rechte und wurden nicht mehr als so etwas wie Leibeigene betrachtet, aber dadurch dass sie bei der Herrschaft wohnten verloren sie bei Entlassung das Dach über dem Kopf und ohne gutes Zeugnis hatten sie es schwer eine neue Stelle zu bekommen. Dienstboten in Häusern hatten meist Zimmer unterm Dach oder im Keller. In Wohnungen schliefen sie oft in der Küche weil kein Platz für ein eigenes Zimmer war, aber sie waren meistens von daheim Schlimmeres gewohnt. Die Arbeitszeiten waren bis zu 16 Stunden am Tag, zwei freie Tage pro Monat waren normal. Das enge Zusammenleben zweier so unterschiedlicher Schichten in einem Haus führte natürlich zu allen möglichen Spannungen. Die Hausfrau war für die „Erziehung“ des Personals verantwortlich, für ihren sittlichen Umgang, dass sie zur Kirche gingen und dass es bürgerliche Werte annahm. In Benimm-und Haushaltsbüchern wird sehr viel Wert auf die angemessene Distanz zwischen Herrschaft und Dienerschaft gelegt. Als Ideal wurde ein Verhältnis von Respekt vor der Herrschaft und Fürsorge für die Dienerschaft gesehen. Zuviel Vertrautheit war unerwünscht, auch vor dem schlechten Einfluss von Dienstmädchen auf gleichaltrige Töchter wurde gewarnt. In der Praxis kam es aber oft zumindest zwischen Kammerdiener und Hausherr bzw. Zofe und Dame zu Freundschaften, da die beiden in manchen Fällen mehr Zeit allein miteinander verbrachten als mit irgendwem sonst. Vor allem Kinder hatten normalerweise mehr Kontakt zu Kindermädchen und Gouvernanten als zu den eigenen Eltern. Kinder aßen nicht mit den Erwachsenen am Tisch, sondern mit dem Kindermädchen in ihrem Zimmer. Es heißt, dass die meisten Männer aus den oberen Schichten ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit Dienstmädchen gemacht haben. Durch ihre ständige Anwesenheit in den Privaträumen stellten Dienstboten natürlich auch eine Gefahr als Klatschverbreiter dar. Wenn die Herrschaft nicht sehr vorsichtig war, bekamen Dienstboten jeden Familienzwist mit. Der Mangel an Intimsphäre war unangenehm, die übliche Lösung war, dass man Dienstboten ignorierte, solange man nichts von ihnen brauchte, und die Dienerschaft ihrerseits sich möglichst unsichtbar machte. So schuf man sich gegenseitig größtmögliche Distanz, obwohl man fast immer zusammen war. Dienstboten wurden von der Herrschaft nicht beachtet, sie waren eben da, wie Möbelstücke. Viele Herrschaften hatten aber natürlich trotzdem Hemmungen, aus Scham, Anstand, oder aus Angst vor Tratsch. Auch entsprach das Verhältnis nicht immer dem Klischee von tyrannischer Herrschaft und abhängigen Angestellten – gerissene Dienstboten konnten nicht durchsetzungsfähigen Herrschaften das Leben ganz schön schwer machen, ganz abgesehen davon, dass es ziemlich einfach war sich zu bereichern, wenn z. B. die Dame des Hauses keine Ahnung von Haushaltsführung und Rechnungen hatte. ;-) Aufgabenverteilung Je nach Größe und Vermögen des Haushaltes gab es entweder ein „Mädchen für Alles“ oder ein ganzes Heer von unterschiedlichen Dienstboten. Ein Dienstmädchen hatte jeder der es sich irgendwie leisten konnte (einfach weil Hausarbeit für die Hausfrau allein fast nicht zu schaffen war), männliche Dienstboten waren teurer und ein Zeichen von Wohlstand. In kleinen Haushalten fallen immer mehrere Aufgaben einer Person zu (die Köchin ist auch Haushälterin, das Dienstmädchen ist gleichzeitig Küchenhilfe und flickt die Kleider). Ein großer Haushalt hat eine festgelegte Personalhierarchie und funktioniert wie ein kleines Unternehmen. Der Butler ist quasi der Geschäftsführer und Leiter der Abteilung „Hausdiener/Servieren/Alkoholika“, die Haushälterin Leiterin der Abteilung „Hausmädchen/Putzen und Aufräumen“, Koch/Köchin natürlich Chefs der Küche und aller Küchenmädchen, und Kammerdiener und Zofe sind die persönlichen Assistenten der Chefs. Das heißt, jeder hat seine ganz bestimmten Aufgaben, und die Haushälterin wird sich niemals in der Küche einmischen und der Koch niemals die Zofe zum Putzen einteilen. Haushälterin und Butler Anrede: Mrs. + Nachname (egal ob verheiratet oder nicht), Nachname (von den anderen Dienstboten wird der Butler mit Mr. angesprochen). Sie befehligen und überwachen das andere Personal und sind zuständig für Einstellungen und Entlassungen. Die Haushälterin ist für Buchführung, Haushaltseinkäufe, Möbel und Hausinventar zuständig. Ihr unterstehen alle Hausmädchen. Der Butler ist die höchste Instanz in der Dienerschaft, er empfängt und kündigt Gäste an, ist Hausverwalter und serviert das Essen mit den Hausdienern (footmen). Außerdem ist er verantwortlich für alle Alkoholika - eine äußerst wichtige Aufgabe!^^ Er muss perfekte Umgangsformen haben, denn er repräsentiert den Haushalt und hat von der Dienerschaft am häufigsten mit den Herrschaften und Außenstehenden zu tun. Manche Herrschaften reden ausschließlich mit dem Butler, der dann an die übrige Dienerschaft delegiert. Zofe und Kammerdiener (Lady`s Maid, Valet) Anrede: Nachname Die persönlichen Diener der Herrschaft. Sie sind ausschließlich für die persönliche Betreuung und die Garderobe ihres Herrn/ihrer Herrin zuständig (auch für die Körperpflege), sie brauchen deshalb gewissen Kenntnisse und Fertigkeiten (schneidern, frisieren, rasieren etc.) und werden auch besser bezahlt. Sie haben dadurch eine Sonderstellung innerhalb der Dienstboten und unterstehen direkt ihren Herrschaften (nicht dem Butler oder der Haushälterin). Sie sind Experten in Sachen Kleidung, denn das ist hier Hauptaufgabengebiet. Sie begleiten die Herrschaft auch auf Reisen, manche dienen als Sekretär. Zofe und Kammerdiener kennen (leider) meistens die intimsten Details aus dem Leben ihrer Herrschaft (sie kümmern sich um alle persönlichen Gegenstände, auch die Wäsche), es entsteht daraus fast zwangsläufig eine gegenseitige Abhängigkeit. Auf jeden Fall ist es eine absolute Vertrauensposition. Köchin Anrede: Mrs. +Nachname (auch wenn sie unverheiratet ist) Die Köchin (ein männlicher Koch, insbesondere ein französischer Chéf, ist ganz besonders vornehm und ganz besonders teuer) befehligt die Küchenmädchen, unabhängig von der Mannschaft der Hausdiener und Hausmädchen. Die Küchenkräfte bekommt man im Haus normalerweise nicht zu sehen. Eine gute „Tafel“ ist wichtig für das Renommé des Hauses, eine gute Köchin kann auch ordentlichen Lohn verlangen. Hausdiener (Footmen) Anrede: Vorname (manchmal nicht ihr eigener sondern ein Haus-Standard-Name, damit man sich nicht immer neue merken muss) Sind zuständig für schwere Sachen tragen, etc. aber auch fürs Servieren und als Begleitschutz für allein ausfahrende Damen, deswegen sollten sie gutaussehend sein und hatten hübsche Uniformen. Je größer und attraktiver ein Footman war, umso mehr Lohn konnte er verlangen! Dienstmädchen (Housemaid) Anrede: Vorname (manchmal nicht ihr eigener sondern ein Haus-Standard-Name, damit man sich nicht immer neue merken muss) Zuständig für den ganzen Rest (Putzen, Waschen, Betten machen, Heizen etc.) Es gibt für Dienstmädchen eigentlich noch Unterkategorien aber das führt jetzt zu weit – kurz gesagt, je nach Dienstalter / Qualifikation sind die Dienstmädchen für unterschiedliche Arbeiten eingeteilt – die jüngsten müssen zB als erste aufstehen, einheizen, die Asche wegtragen, Nachttöpfe leeren und überhaupt die ganze Drecksarbeit machen, während das älteste Hausmädchen zB das Porzellan versorgt und beim Servieren hilft. Eine tolle Seite über englische Verhältnisse – hier kann man auch nachlesen, was es alles an spezialisiertem Personal in einem wirklich großen Haushalt gab: http://www.waynesthisandthat.com/servantwages.htm Der Film „Gosford Park“ bietet eine perfekte Darstellung eines Haushaltes auf einem englischen Landsitz (trotz der 50 Jahre später hat sich fast nichts geändert), das sollte sich sowieso jeder Spieler anschauen, ist ein toller Film. „Dienstkleidung“ fürs Spiel Die Hausdiener/footmen und der Butler trugen beim Dienst anscheinend immer Frack mit weißer Fliege, in hochadeligen Häusern und bei besonderen Festen sogar noch Livrée im Stil des 18. Jahrhunderts. Da das für uns zu aufwendig ist, reicht auch ein schwarzer Anzug mit weißer Fliege (mit Handschuhen natürlich). Die Hausmädchen tragen entweder schwarz oder schlichte normale Kleidung - also Bluse und dunklen Rock – mit Häubchen und Schürze. Das sind IT auch wichtige Erkennungsmerkmale für die Dienerschaft! Zofen bekamen oft die abgelegte Kleidung ihrer Dienstherrin geschenkt und durften diese behalten oder verkaufen. Dadurch hatten sie Zugriff auf bessere Kleidung; außerdem wurde von ihnen erwartet, dass sie sich zwar zurückhaltend, aber sehr gepflegt anziehen. Da sie für die Garderobe der Dame zuständig waren, sollte man an ihrer eigenen Kleidung sehen, dass sie auch qualifiziert für ihre Aufgaben waren. Daraus folgt, Zofen müssen nicht zwingend eine dunkle „Hausuniform“ tragen, sondern kleiden sich „zivil“, haben aber trotzdem Schürze und Häubchen. Kammerdiener tragen meines Wissens dunklen Dreiteiler. ich denke für sie gilt dasselbe wie für die Zofen - sie können abgelegte Anzüge ihrer Herrschaft bekommen, und sie müssen tadellos, aber bescheidener als der Dienstherr gekleidet sein.