Ottonen und Salier

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Ottonen und Salier
Ottonen und Salier
I. Karolingische Grundlagen und neue Bedingungen: Heinrich I. und Otto I.
1. Die spätkarolingischen Voraussetzungen
a) Adel und Königtum im spätkarolingischen Reich
- 918 Heinrich I. (Liudolfinger) wird König des ostfränkischen Reiches
WIDUKIND: neue Herrscherfamilie, Wechsel von den Franken zu den Sachsen (Erzählung
von Konrad I. auf dem Sterbebett, bei Widukind und bei Liudprand von Cremona →
Konrad designiert Heinrich, denn nur durch ihn sei die Einheit und der Frieden im Reich zu
sichern)
- Königserhebung Heinrichs nur durch Ausgleich mit der führenden Familie der Konradiner
möglich
- ALTHOFF hält es für möglich, dass Heinrich sich 915 Konrad unterworfen hatte und so den
Ausgleich erreicht hatte (deditio)
- Widukind sieht ethnischen Aspekt, aber Heinrich und Konrad waren v. a. Vertreter zweier
Adelsfamilien, die dem Reichsadel (Herrschaftsträger der karolingischen Könige mit dem
fränkischen Reich als Aktionsraum, vor allem jedoch in Sachsen) entstammten
- unter Ludwig d. Deutschen erscheint Liudolf, der unter dem Karolinger aufsteigen wird
(auch als Stammvater bezeichnet)
- Ludwig d. Jüngere heiratet eine Tochter Liudolfs, deren Brüder am Königshof wichtige
Rollen übernehmen
- 911: Ablösung der Karolinger durch die Konradiner
heute epochaler Einschnitt, in der aktuellen Situation nur eine Konsequenz der
machtpolitischen Konstellationen
b)Strukturen und Kontinuitäten
- nicht ethnische Identitäten und Stammesstrukturen, sondern die regionale Machtposition
führender Familien, deren generationenlange Behauptung militärischer und administrativer
Macht waren entscheidend für den Zuschnitt der neuen Herrschaftsbereiche→ regna
- regna: politische Strukturen auf verschiedenen Ebenen des Herrschaftsgliederung und
Verwaltung des Frankenreiches
einzelne regna können einen Unterkönig oder einen dux an ihrer Spitze haben, im Rahmen
der karolingischen Reichsteilung erhielten Königssöhne immer mehrere regna, die dann als
ihr regnum zusammengefasst wurden
der Zuschnitt der regna ist karolingisch, kann allerdings mit einem gentilen Siedlungsbereich
zusammenfallen, die neuen Herzöge agieren jedoch aufgrund politischer und sozialer
Strukturen
- königliche Ressourcen und Ämter sind auf diese regna bezogen
- um 900 sind Tendenzen zu einer über das politische hinausgehende
Auseinanderentwicklung zwischen West und Ost zu erkennen
- Aufstieg von jungen Adelsfamilien im Zuge der Absetzung der Karolinger im ostfränkischen
Reich → Konrad I. entstammt der gleichen Schicht wie der Reichsaristokratie wie andere
konkurrierende Familien
- ältere Forschung: „jüngere Stammesherzogtümer“
Merowinger: Stammesherzöge übernehmen bei Bayern, Alamannen, Thüringern und im
Elsass die obersten Führungspositionen, werden von den Karolingern beseitigt
nach der Schwächung der Karolinger seien die Stämme wieder hervorgetreten und man finde
nun eine Erneuerung ihrer Herzogtümer mit einem jüngeren Stammesherzog
- neuere Forschung: neue Herzöge steigen nicht innerhalb der Stämme auf, sondern in den
karolingischen Strukturen, zwischen regna und regionalen Loyalitäten, die zwar teilweise mit
ethnischen Strukturen zusammenfallen konnten, aber nicht deckungsgleich waren
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Liutpoldinger und Hunfridinger übernehmen im Süden Führungspositionen, es formieren
sich politische Räume, die den Siedlungsräumen der Bayern und Alamannen und der daran
orientierten karolingischen Strukturen entsprachen: die Herzogtümer Bayern und Schwaben
es entsteht unter den Konradinern kein Herzogtum in Franken, da sie zum Königtum
aufsteigen
auch unter den Liudolfingern entsteht zunächst kein Herzogtum Sachsen, erst nach der
Königserhebung entsteht das Bedürfnis nach einem sächsischen Herzogtum
2. Primus inter pares: Heinrich I. und die ostfränkischen Großen
- unterschiedliche politische Entwicklung im Norden und Süden hat zwei Folgen
- stärkere politische Integration zwischen Sachsen und Franken (Konradiner tragen
Königtum von Heinrich I.)
- neue Herzogsgewalten im Süden könnten auch nach der Königswürde streben
- Heinrich überlässt den süddeutschen Herzögen weitgehende Verfügung über königliche
Rechte (Arnulf und Burchard verfügen über Pfalzen, Burgen und können Bischöfe
einsetzen)
- Heinrich erscheint als primus inter pares, der vor allem darauf achten musste, dass er König
blieb
- Keller und Althoff: Verzicht auf Überordnung wie karolingisches Königstum durch
Zurückweisung der Salbung
vielleicht aber auch unklare Situation und langer Ausgleichsprozess mit Herzögen an
Verzicht schuld
- neue Herrschaftsordnung auf Konsens und Ausgleich gegründet
- größte militärische Herausforderung: Ungarneinfälle
Heinrich handelt 926 einen 7jährigen Waffenstillstand gegen Tribut aus und versammelt in
dieser Zeit den Widerstand
Burgenbau, militärische Expeditionen gegen Elbslawen
- 929 Hausordnung: Mathilde bekommt ihr wittum, Brun, der jüngste Sohn wir dem Bischof
von Utrecht zur geistlichen Erziehung übergeben → Heinrich will nur einen Sohn als
Nachfolger, versorgt den Rest entsprechend
- 933 Riade an der Unstrut: Sieg über die Ungarn, Hl. Lanze ist mit dabei; Heinrich hat sich
vorher der Loyalität seiner Großen versichert und den Ungarn die Tributzahlungen
verweigert
auf zwei Synoden in Erfurt und Dingolfing werden 932 Maßnahmen zum Wiederaufbau von
zerstörten Kirchen getroffen
- 921 Treffen Heinrichs mit Karl dem Einfältigen
- 935 Treffen mit Rudolf I. und Rudolf II. von Burgund
- amicitia als zentrales Element des Verhältnisses zu den westfränkischen Königen und auch
der inneren Herrschaftsordnung
- 936 Tod Heinrichs
nicht mehr primus inter pares, sondern dank militärischer Erfolge und dem Vorhandensein
eines handlungsfähigen Thronfolgers als gefestigter Begründer einer neuen Dynastie
3. Otto der Große 936-973
a) Konflikte und Konsolidierung
- Widukind: Königskrönung in Aachen mit anschließendem Krönungsmahl und Versehung
der Hofdienste durch die Herzöge am 7. August 936 (vermutlich relativ freier Bericht)
- zeremonieller Beginn der Herrschaft Ottos, praktisch wohl schon einige Jahre früher (929)
bei der „Hausordnung“ Heinrichs I. (in einer Urkunde weist er seiner Frau Mathilde ihr
wittum zu), zu diesem Zeitpunkt auch Vermählung mit angelsächsischer Königstochter
Edgitha (auch hier wird Otto überhöht)
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Otto wird über die Großen und seine Brüder erhoben, unter Mitwirkung der Großen fällt
die Entscheidung zur Nachfolge und auch der Individualsukzession (auch in Burgund und
Westfranken), Abkehr der karolingischen Erbteilung
Otto provoziert Konflikte mit den Großen:
- Söhne des Bayernherzogs können keine Bischöfe mehr einsetzen
- Thankmar wird eine Herrschaftsposition in Sachsen verweigert…..
Otto will Gefolgsleute, keine gleichberechtigten Partner
Otto setzt sich vom konsensualen Herrschaftsstil seines Vaters ab, stellt sich eher in die
karolingische Tradition, Otto will seine herrscherliche Gewalt durchsetzen
Problem: Heinrich war von den Großen aus ihrem Kreis gewählt worden, Otto steht bereits
über ihnen, sucht sich deshalb eigene Gefolgsleute aus seiner Generation, übergeht die
Beziehungen seines Vaters
Konflikte zu Beginn übersteht Otto vor allem durch Zufall
Aussöhnung mit dem Bruder scheitert zunächst, bereits 936 bei der Königskrönung fehlte
er, erst 948 mit dem Herzogtum Bayern abgefunden, Heinrich wird zum wichtigsten
Gefolgsmann seines Bruders, Heinrich wird mit Judith (Tochter des alten Herzogs Arnulf)
verheiratet
Verhältnis zwischen den Brüdern war lange Zeit sehr fragil, Heinrich versucht mehrmals
Verschwörungen gegen Otto anzuzetteln
seit 942/943 ist Otto unangefochten und setzt auch in Süddeutschland seine Königsmacht
stärker durch
Otto versucht die Folgen seiner alleinigen Königserhebung für die Mitglieder der
Königsfamilie zu mildern und sucht angemessene Herrschaftsfelder (in den Herzogtümern
Bayern, Schwaben und Lothringen amtierten der Bruder, der Sohn und der Schwiegersohn
des Königs)
Schwaben und Bayern bleiben Fernzonen, präsent war Otto vor allem in Sachsen, am
Niederrhein und im Rhein-Main-Gebiet
verwandtschaftliche Beziehungen zu den westfränkischen Großen
Italien: Otto zieht 951 über die Alpen und heiratet Adelheid, die Witwe des italienischen
Königs Lothar (stellt hiermit die Weichen für eine Italien- und Rompolitik)
verhandelt über eine Kaiserkrönung, wird abgewiesen
nördlich der Alpen versammelt sich eine Verschwörung um Liudolf, den Sohn aus erster
Ehe während Otto noch in Italien weilt; Liudolf ist der große Verlierer → sein Onkel
Heinrich besitzt mehr Einfluss, Liudolf kehrt enttäuscht nach Norden zurück und
versammelt in Saalfeld eine Verschwörung um sich
die Verschwörung Liudolfs ist relativ erfolgreich
Otto hat nur noch einen eingeschränkten Aktionsraum, in Schwaben vertritt nur noch
Bischof Ulrich die Sache Ottos und Heinrichs
Vermittlungsversuche scheitern, aber ein Einfall der Ungarn wendet das Blatt
Liudolf und Konrad haben die Ungarn informiert, als dies auffliegt (auf einem Hoftag läuft
Konrad zu Otto über), muss sich Liudolf dem Vater unterwerfen (946 hatte Otto seinen
Großen Liudolf als Nachfolger präsentiert, allerdings war Liudolf nicht zum Mitkönig
gemacht worden)
Otto stellt die Ungarn zum Kampf, nachdem sie Augsburg belagerten, das von Bischof
Ulrich verteidigt wurde, dies ermöglicht Otto Truppen aus dem ganzen Reich
zusammenzuziehen
955 Schlacht auf dem Lechfeld → spektakulärer Sieg, geht auch in die ottonische memoria ein
b) Der Aufstieg zum Kaisertum
- Otto ist auf dem Höhepunkt seines Ansehens, tauscht Gesandtschaften mit dem
byzantinischen Kaiser, der Kiewer Großfürstin und dem Kalifen von Cordoba aus
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hat Pläne, in Magdeburg und Merseburg neue Bistümer zu gründen, der Papst gibt die
Erlaubnis, Widerstand kommt von den Bischöfen
Liudolf wird nach Italien geschickt, stirbt jedoch bereits 957
Papst fühlt sich von Berengar immer mehr bedroht und ruft Otto zu Hilfe
Otto lässt 961 seinen 8jährigen Sohn zum König wählen und krönen und sorgt dafür, dass
mächtige Verbündete mit dem jungen König im regnum bleiben
Otto zieht mit einem großen Heer nach Italien, stößt dort kaum auf Widerstand (Berengar
zieht sich in seine Burgen zurück) und gelangt nach Rom
2. Februar 962, Kaiserkrönung von Otto und Adelheid (erste Krönung einer Frau)
c) Kaiser, Bistumsgründer, Familienpatriarch
- Otto und Papst Johannes XII. arbeiten nach der Krönung zusammen, auf einer Synode
erlaubt der Papst die Gründung des Erzbistums Magdeburg und des Suffragans Merseburg,
umsetzen kann Otto das erst 967 (Widerstand der Bischöfe)
- Papst vor allem an der Schutzfunktion des Kaisers interessiert, im Pactum Ottavianum
(Ottonianum) bestätigt der Kaiser die Privilegien des Papstes
- Otto wird die „Konstantinische Schenkung“ gezeigt, er bestätigt daraufhin die Besitzungen
des Kirchenstaates
- der Papst wiederum muss dem Kaiser einen Treueid leisten
→ diese Vereinbarungen zeigen das Misstrauen zwischen beiden Parteien
es geht um die Kooperation zwischen Kaiser und Papst unter der Wahrung des jeweiligen
honor
- Misstrauen auch berechtigt, Johannes XII. lässt sich mit Berengar ein, wird abgesetzt, als
neuer Papst wird Leo VIII. eingesetzt, der sich jedoch nicht durchsetzen kann
- Johannes XIII., ein kaiserfreundlicher Papst wird von Berengar gefangen gesetzt
- 963 gelingt die Gefangennahme von Berengar, der mit seiner Frau nach Bamberg ins Exil
geschickt wird
- Otto kehrt 965 dennoch ins nordalpine Reich zurück (auch um sich als Kaiser zu
präsentieren) und beruft ein internationales Großfamilientreffen nach Köln ein
- die Ruhe in Italien eher trügerisch, Otto muss später wieder zurückkehren
- Otto will auch die Magdeburger Bistumsgründung vorantreiben, kehrt jedoch für 6 Jahre
nach Italien zurück wegen eines Hilferufs Johannes XIII.
- es kommt zu Spannungen mit dem byzantinischen Kaiser, weil Otto die Huldigungen von
Benevent und Capua entgegennimmt, die Byzanz für sich in Anspruch nimmt
- nach kleineren Heerzügen und anschließenden Verhandlungen kommt es zu einer
Hochzeitsvereinbarung zwischen Otto II. und der byzantinischen Prinzessin Theophanu
(972); Otto II. war bereits Weihnachten 967 zum Mitkaiser gekrönt worden
- Hochzeit mit Theophanu und gleichzeitiger Krönung zur Kaiserin, ihr werden umfangreiche
Ländereien als dos zugewiesen (Purpururkunde); nach der Hochzeit kehrt man ins Reich
nördlich der Alpen zurück
- 968: Gründung des Bistums Magdeburg, da die Gegner gestorben waren (von Italien aus!),
967 Synode: allerdings nur von italienischen Bischöfen besucht, es ist fraglich, ob sie
überhaupt zuständig waren
- 973 Palmsonntag in Madgeburg, Ostern in Quedlinburg
- am 7. Mai 973 stirbt Otto I. in Memleben, wird in Madgeburg bestattet
- Gesamtbewertung:
Reihe
von
Erfolgen:
Ungarnabwehr,
Kaisertum,
Bistumsgründungen
charakteristisch: Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit, mit der er die größten Widerstände
überwand; dies bewies er nicht nur im Umgang mit dem Aufständischen am Anfang seiner
Herrschaft, sondern auch bei der Gründung des Erzbistums Magdeburg
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Otto hatte aber auch gelernt, Kompromisse einzugehen und seine Helfer zu belohnen und
zu ehren hatte, mit denen man nur als milder und freigiebiger Herrscher zurecht kam
4. Kultureller Aufschwung: Die „ottonische Renaissance“
- Stabilität der Herrschaft ermöglicht es den Klöstern, Bischofskirchen und geistlichen
Gemeinschaften ihren liturgischen Verpflichtungen in geregelter Weise nachzukommen
- König besitzt nun genügend Land, um Klöster und Bistümer auszustatten
- durch die Intensivierung liturgischen Lebens steigt die Nachfrage an Büchern und damit
auch das Interesse
- Hofkapelle: seit den Karolingern die Gemeinschaft der Kleriker, die am Hof die liturgischen
Pflichten versehen. Mitglieder fertigten als Kanzler und Notare die Urkunden aus, er
Erzkapellan war als Erzkanzler nomineller Leiter des Urkundenwesens
- Domschulen entstehen, auch Frauengemeinschaften spielen eine wichtige Rolle
(Gandersheim, Quedlinburg)
5. Zwischen Unterwerfung, Gefolgschaft und Partnerschaft: Die slawischen Nachbarn
(Körntgen, S.21-25)
II. Grundlagen und Praxis der Königsherrschaft
1. Herrschaft ohne institutionelle Sicherung
- Otto II. stand als gekrönter Mitkaiser und einer byzantinischen Frau über den anderen
Großen seines Reiches
- konnte einen Anspruch erheben, der über den des westfränkischen Karolingers ging
- dennoch: zu Beginn Konflikte
- Herrschaftsrechte und Herrschaftsgrundlagen waren durch die spätkarolingische
Entwicklung auf die führenden Adelsfamilien übergegangen; Königtum der Ottonen war
nur durch Ausgleich mit den Adelsfamilien möglich und blieb auch Akzeptanz angwiesen
- die Ottonen knüpften zwar an karolingische Traditionen an, hatten aber nicht deren
Möglichkeiten
- es fehlten institutionelle Sicherungen: Amtsträger (missi dominici) die der König kontrollieren
oder ein- und absetzen können; gleiches gilt auch für Besitztümer und Herrschaftsrechte
- Herrscher als Zentrum eines Netzwerkes aus persönlichen Bindungen, verwandtschaftlichen
und freundschaftlichen Beziehungen sowie herrschaftlichen Funktionen
→ Mitträger von Herrschaft diszipliniert man nicht durch Kontrolle und die Androhung von
Sanktionen, sondern bindet sie durch die angemessene Berücksichtigung ihrer Ratschläge
und durch Erfüllung ihrer Wünsche
- König war nicht der alles bewegende Motor, ebenso wichtig waren auch die Interessen und
Ansprüche der Großen
- königliche Herrschaft hängt zu einem großen Teil von persönlicher Präsenz ab, und wird
vom Kräftespiel zwischen Adel, Kirche und Königtum bestimmt
a) Der Rückgang der Schrift
- durch die persönliche Begegnung mit dem König stellten die Ottonen weniger Urkunden
aus als die Karolinger; es finden sich auch keine Kapitularien mehr, mit denen die
Karolinger ihre Reich reglementiert hatten
- Übertragung von Besitz oder Rechten fast ausschließlich durch symbolische Handlungen,
nur selten Urkunden (und die vor allem für geistliche Empfänger)
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Aussehen der Urkunden verändert sich: wichtiger werden die visuellen Gestaltungsmittel,
wird dadurch in den Rahmen der zeremoniellen Präsentation eingepasst, ihr Charakter als
Zeugnis schriftlicher Kommunikation tritt zurück
Siegel werden vom Beglaubigungsmittel zum Medium herrscherlicher Präsenz
b) Herrschaftspräsentation und Reichsstruktur
- Kommunikation in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens war durch das persönliche
Gegenüber bestimmt, durch demonstrative Handlungen, Zeichen, Gesten und Rituale
- Darstellung des königlichen Rangs hatte zentrale Bedeutung: Präsentation (öffentliche
Darstellung und demonstrativer Ausdruck des herrscherlichen Rangs und Anspruchs)
- Ottonen: vor allem die Kirchenfeste (Ostern in Quedlinburg, Pfingsten in Magdeburg)
- feierliche Präsentation wird erwartet und macht einen großen Teil von Wesen und Wirkung
des Königtums aus
- Itinerar: Reiseweg (anhand dessen können Rückschlüsse auf die räumliche Verteilung
königlicher Präsenz gezogen werden)
c) Die materiellen Grundlagen
- längere Aufenthalte stellen enorme Anforderungen an die Aufenthaltsorte
- vor allem Pfalzen aus der Karolingerzeit, später auch Bischofssitze werden genutzt, daneben
die Zentren des Eigenbesitzes
- König bemüht sich nicht darum, seinen Besitz zusammenzuhalten oder auszubauen, sondern
vergibt Herrschaftsrechte als Belohnung und Motivation an Getreue; ebenso finanziell
einträgliche Rechte wie Zoll, Münze oder Märkte
- militärischer Bereich: zumeist Söldner seiner Großen, die der König zusammenrufen kann
2. Herrschaftsordnung und Handlungsspielraum
a) König und Adel
- auf der obersten Stufe der Rangordnung stehen Herzöge, Markgrafen und Grafen dem
König gegenüber
- diese Adligen verbinden eigenberechtigte Herrschaftsansprüche mit Herrschaftsrechten und
Aufgaben, die sie in karolingischer Zeit bekommen hatten
- Grafen waren in karolingischer Zeit Amtsträger, die im Auftrag des Königs in einem Gebiet
die Friedenswahrung, den Schutz der Reichsgüter, die Rechtssprechung und das
Heeresaufgebot zu organisieren hatten; Amtscharakter tritt in den Hintergrund, die
Grafenwürde wird als adliger Rang und Teil der auf Erbbesitz beruhenden Adelsherrschaft
gesehen
Markgrafen besaßen eine herausragende Kommandogewalt in den Grenzgebieten
- enge Bindung gerade der süddeutschen Herzogtümer schlossen nicht aus, dass die
Verwandten eigene Interessen verfolgten
- der König musste deshalb zumeist die Ansprüche von Söhnen und anderen Verwandten
achten (Otto I. hat noch einmal versucht, die Ansprüche von Söhnen zu übergeben und rief
breiten Widerstand hervor)
- Aufstieg von Kirche und Adel zum Partner und Mitträger der Königsherrschaft ursächlich
für die Veränderungen der Rahmenbedingungen von den Karolingern zu den Ottonen
b) König und Kirche
- herausgehobene Position der Kirchen, Bistümer und Reichsabteien konnte ebenfalls zum
Objekt adeliger Familien werden
- Klöster und Bistümer sind zum servitium regis verpflichtet: im strengeren Sinne die
Beherbergung und Verköstigung des Königs und seines Gefolges, im weiteren Sinn auch
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andere Pflichten im Königsdienst wie Heerfolge oder Gesandtschaften, aber auch das Gebet
für König und Reich
Grund: Ausstattung mit Besitz und Privilegien
König beansprucht die grundsätzliche Verfügungsgewalt über die Ämter des Bischofs und
Abtes, dies hatte sich in der frühmittelalterlichen Praxis so ergeben und die Bischöfe hatten
auch selten etwas dagegen, sondern sahen gerade dadurch ihre Würde und Stellung
garantiert, dass sie vom König eingesetzt wurden
früher „ottonisch-salisches Reichskirchensystem“ heute eher Reichskirche
Reichskirche ist in das grundlegende Miteinander von Adel und König mit einbezogen,
dieses „System“ hat sich jedoch nicht aufgrund herrscherlicher Planung, sondern im
komplexen Zusammenspiel von König, Adel und Kirche gebildet
Unterscheidung einer dinglichen und einer personellen Seite des Verhältnisses:
- ottonische Könige stärken die Kirche durch eine große Anzahl von Schenkungen und
Privilegierungen; sie tun dies in so großem Maße, dass sie auf eine Zentralverwaltung ihres
Königsgutes verzichten können
- entgegen kanonischem Recht setzt der König die Bischöfe und Äbte ein
Hofkapelle als Elitenschmiede: seit Brun als Erzkanzler die Hofkapelle leitete, werden
immer öfter ehemalige Kapelläne als Bischöfe eingesetzt; diese stammen zumeist aus dem
hohen Adel (die Hofkapelle wird als Sprungbrett gesehen) und regieren ihre Bistümer
zusammen mit ihren Familien (Bischöfe ohne Hausmacht haben es schwer, sich
durchzusetzen)
Bischöfe und Äbte werden durch die Ausstattung zu wichtigen Herrschaftsträgern; für den
König sind vor allem die militärischen Kontingente wichtig, die sie stellen müssen
Kirchen und Klöster besitzen zumeist eine stärkere Wirtschaftskraft als weltliche
Grundherrschaften, auch aufgrund der intensiven Schriftkultur, dazu kommen einträgliche
Rechte aus Markt, Münze und Zoll
Bischöfe und Äbte vernachlässigen jedoch nicht ihre liturgischen Pflichten, nur weil sie mit
anderen Bischöfen in Wettbewerb treten und ihre Kirchen reich ausstatten lassen; denn dies
wurde als eine der bischöflichen Aufgaben verstanden, die man den Traditionen und den
Heiligen der Kirche schuldig war.
die Bischöfe können nicht als willfährige Werkzeuge der Könige betrachtet werden
nach Antritt eines Bischofsamtes haben sie auch energisch die Interessen ihrer Kirche
vertreten (Bistumsgründungen von Magdeburg und Bamberg, mit den Bischöfen als
Gegnern)
Bischöfe übernehmen oft Mittlerrollen zwischen König und Adel und sind damit in das
komplexe Geflecht miteingebunden
c) Herrschaft und Konflikt
- zentrale Herausforderung: Ansprüche und Erwartungen, die an den König herangetragen
wurden auszubalancieren und das komplizierte Netzwerk, das den König umgab zu erhalten
- das konnte immer dann misslingen, wenn konkurrierende Ansprüche vorlagen, der
Herrscher eigene Interessen hatten oder demonstrativ die Huld verweigern wollte, um den
Gegenüber zu strafen
- dann konnte es zu Konflikten kommen, die sich meist schnell ausbreiteten, weil die
Betroffenen in ein Netzwerk aus verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen
sowie Schwureinungen eingebunden waren, die sie aktivieren konnten
- diese Konflikte laufen immer ähnlich ab
Eröffnung: ein Großer zieht sich aus der Nähe des Königs zurück und kommt mit
Gefolgsleuten, Verwandten, Freunden und anderen Unzufriedenen zusammen
Kampfhandlungen selten als offene Schlachten, sondern man versuchte den Gegner
unvorbereitet zu treffen mit Plünderungen, Brandschatzungen oder der Vernichtung der
Ernte
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Vermittler gehen hin und her
Ritualisierte Beilegung: Gegner unterwirft sich rituell (deditio), wird wieder in die Huld des
Königs aufgenommen (nur bei wiederholter Auflehnung muss er mit Strafen rechnen)
3. Sakrales Königtum
- christliche Herrschaftslegitimation seit der Spätantike: jede Herrschaft leitet sich von Gott
her
- deshalb spezieller Ritus: durch Weihe und Salbung wird der Herrscher zum christus domini
(Gesalbter des Herrn) und tritt dadurch in eine enge Verbindung zu Christus dem Herrn
(Christus Dominus)
- Herleitung königlicher Macht von Gott begründet einen besonderen Gehorsamsanspruch
des Königs, die Salbung verleiht ihm eine besondere Unverletzlichkeit (AT)
- sakrale Stellung bringt auch Pflichten: Herrscher auf Zusammenarbeit mit Priestern
angewiesen, muss sich an der christlichen Herrscherethik orientieren
- „von Gottes Gnade“: nicht im absolutistischen Sinn, sondern Verweis auf die Abhängigkeit
der Könige vom Walten Gottes, auch ein Herrscher hatte fromme Demut und religiöse
Verantwortung zu zeigen
- Sakralität des Herrschers kann deshalb im Kontext der sozialen Bindungen verstanden
werden; sakrales Königtum kann Bindungen stärken und die Herrschaftsordnung
stabilisieren
- zentraler Punkt ottonischen Herrscherverständnisses: Gewissheit der göttlichen
Beauftragung und der Verantwortlichkeit gegenüber Gott
- humilitas und clementia als Herrschertugenden:
Demut: Bewusstsein aus eigener Kraft nichts zu vermögen und die Hilfe Gottes zu
benötigen
Gnade: um dem Vorbild Jesu gerecht zu werden, muss ein Herrscher Barmherzigkeit, Milde
und Verzeihen üben (clementia wird zum festen Bestandteil ottonischer Kultur, erst in der
Stauferzeit wird die iustitia als unnachgiebige Gerechtigkeit zur neuen Herrschertugend)
III. Königsherrschaft zwischen Konflikt und Konsens: Von Otto II. zu Konrad II.
1. Prioritäten des Handelns in der adligen Ranggesellschaft
- Rang eines Adligen wird durch Eigenbesitz, königliche Lehen und Herrschaftspositionen
bestimmt → allerdings weniger ein Rechtsanspruch auf erbliche Nachfolge, vielmehr der
persönliche Anspruch, den eigenen Rang zu wahren
- im Laufe der Zeit werden Rituale, Formeln und Codes ausgebildet, die das komplizierte
Rangverhältniss auch öffentlich zum Ausdruck brachten (wer wo sitzt, wer den Hut
abnimmt…)
- Geschichte des ottonischen Königtums eine Kommunikation und Interaktion von Adel
und König, als gemeinsames Handeln gemäß eingeübter Spielregeln und als
Ausdrucksverhalten aufgrund gesellschaftlicher Codes mit verstehbaren Zeichen und
eingeübten Ritualen
2. Otto II.
a) Probleme der Rangordnung in Familie und Reich
gerade nach einem Herrscherwechsel zeigt sich das fragile Netzwerk der adeligen
Ranggesellschaft: die vom Vorgänger austarierten Verhältnisse stehen jetzt zur
Disposition, die alten Großen müssen ihren Rang halten, neue Große versuchen
aufzusteigen
der Herrscher kann das Gefüge leicht aus dem Gleichgewicht bringen, Otto schafft das
mit den ersten Entscheidungen
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Otto II. vergibt das Herzogtum Schwaben an seinen Neffen Otto, der zu einem seiner
engsten Berater wird; Heinrich der Zänker jedoch hat ebenfalls Ansprüche, wird jedoch
zurückgesetzt und wagt 974 den Aufstand zusammen mit Mieszko von Polen und
Boleslaw von Böhmen; Adelheid steht auf der Seite Heinrichs
eine erste deditio, die nach der Androhung der Exkommunikation erreicht wurde, endet
nicht mit Verzeihung und Wiederaufnahme in die Huld des Herrschers, sondern einer
unehrenhaften Haft in Ingelheim, was wohl der Grund für eine weitere Verschwörung
ist 976
nach militärischen Expeditionen (Belagerung Regensburgs und Passaus) muss sich der
Zänker 977 erneut unterwerfen und muss nach Utrecht ins Exil
während andere Mitverschwörer schnell wieder frei kommen, bleibt Heinrich bis zum
Tod Ottos II. in Haft, vermutlich wollte Otto die weltliche Herrschaft der bayrischen
Heinriche brechen (Heinrich II. wird für den geistlichen Stand bestimmt)
die Konflikte Ottos mit Heinrich (oder auch dem westfränkischen Karolinger Lothar)
finden im engsten Familienkreis statt und bei beiden Konflikten ist die Mutter,
Adelheid, auf Seiten der Gegner ihres Sohnes
Lothar und Otto treffen sich 980 und schließen eine amicitia ab, nachdem es Kriegszüge
auf beiden Seiten gegeben hatte und Otto sogar Paris erobert hatte
Odilo von Cluny sieht die Schuld an der Entzweiung von Mutter und Sohn bei
Theophanu (ist allerdings Hagiograph Adelheids), Adelheid zieht sich vom Hof zurück
in ihre burgundische Heimat
980 demonstrative Aussöhnung zwischen Mutter und Sohn in Italien
b) Kaiserherrschaft und Sicherung der Nachfolge
- Otto und Theophanu reisen 980 mit einem kleinen Heer nach Italien, da der Papst um Hilfe
gebeten hatte
- 981 stirbt der erste Magdeburger Bischof und Otto setzt den Merseburger Bischof als
Nachfolger ein und löst das Bistum Merseburg auf → Thietmar von Merseburg schreibt
seine Chronik auch um die frevelhaften Vorgänge dabei nicht in Vergessenheit geraten zu
lassen (Althoff, S.145ff)
- die Aufhebung des Bistums Merseburg zieht jedoch nach mittelalterlichen Vorstellung den
Zorn Gottes auf Otto: Thietmar verweist auf die Folgen (Cotrone, Slawenaufstand und der
frühe Tod)
- Niederlage Ottos bei Cotrone 982: Otto war gegen die Sarazenen in Süditalien gezogen;
Schlacht endet desaströs, Otto kann sich nur schwer retten. Feldzug war allerdings gut
vorbereitet worden
- danach Hoftag in Verona, auf Verlangen der im Reich zurückgebliebenen Großen (983):
Entscheidung über die süddeutschen Herzogtümer, die wieder an engste Verwandte gehen
und die Wahl des dreijährigen Ottos III. zum König, der dann nach Aachen zur Krönung
gebracht wurde
- durch die Wahl und Weihe seines Sohnes zeigt Otto II., dass seine Herrschaft eine Zukunft
hatte und die Großen wollte so wohl die Verunsicherungen eines ungeregelten
Herrscherwechsels vermeiden, und auch den zeremoniellen Glanz des Königtums bei
längerem Aufenthalt in Italien auch im nordalpinen Reich präsent halten
c) Der Aufstand der Elbslawen
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983 erheben sich die Elbslawen, in der Folge bricht die ottonische Herrschafts- und
Kirchenorganisation nordöstlich der Elbe zusammen; unsicher ist, ob die Niederlage in
Italien ein Auslöser für den Aufstand war
Aufstand trägt Züge einer heidnischen Reaktion gegen die Christianisierung der
elbslawischen Gebiete, dies zeigt sich nicht zuletzt in der Zerstörung zahlreicher Kirchen
dazu kommt die Erbitterung über die sächsischen Großen, die sich immer wieder geweigert
hatten, Vereinbarungen einzuhalten und ihre slawischen Nachbarn als gleichberechtigt
anzuerkennen
3. Nachfolgekrise und Regentschaft
- bereits am 7. Dezember 983 stirbt Otto II., die Nachricht trifft nach der Königskrönung
Ottos III. in Aachen ein; liegt in Rom begraben
- Otto wurde vor allem mit Problemen konfrontiert, die ihm die Politik seines Vaters
hinterlassen hatte: Machtverhältnisse in Unteritalien, Folgen der Gründung Magdeburgs,
Herrschaftsansprüche der Königsverwandten und die Elbslawen
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Otto III. braucht einen Regenten, und Heinrich der Zänker, als engster Verwandter der
männlichen Linie will nun seine Ansprüche durchsetzen
es ist fraglich, ob Heinrich Otto verdrängen wollte oder eine symbolische, aktive Teilhabe
(Mitregent) an der Königsherrschaft anstrebte
Heinrich sucht Unterstützung bei Lothar (westfränkischer König), der allerdings auch
Ansprechpartner für lothringische Große ist, die sich schließlich gegen Heinrich stellen
in Sachsen findet er Unterstützung, mit Ausnahme einer Gruppe Großer, die sich ihm
entgegen stellen
wie ein König feiert Heinrich den Palmsonntag in Merseburg und Ostern in Quedlinburg,
Thietmar verzeichnet nur die Namen derjenigen, die nicht nach Quedlinburg kamen,
distanziert sich von Heinrich
Bayern unterstützt ihn, während Schwaben und Franken seine Pläne ablehnen
Willigis von Mainz bringt die Kaiserinnen ins Gespräch, die in Italien warteten und in Rohr
übergibt Heinrich Otto an die Frauen
Heinrich verzichtet auf seinen Anspruch zugunsten einer erneuten Wiedereinsetzung in das
Herzogtum Bayern und vollzieht eine deditio vor dem Kind (Frankfurt 985)
Adelheid und Theophanu übernehmen die Regentschaft, wohl auch weil sie keinerlei Gefahr
für den status quo darstellen
Heinrichs Scheitern wird in den Quellen auf den bereits bestehenden Treueid der Großen
für Otto III. zurückgeführt, dazu kommt wohl noch das Fehlen der herrscherlichen clementia
gegenüber den andern Großen
991 Hoftag in Quedlinburg: Glanz des ottonischen Kaisertums unter der Regentschaft von
Theophanu, die noch im gleichen Jahr stirbt
bis 994 (Mündigkeit Ottos III.) Regentschaft Adelheids
Jahre der Regentschaft relativ stabil, Adelheid und Theophanu schaffen es offensichtlich, die
Herrschaft des Kindes auf einen relativ breiten Konsens zu stellen
4. Otto III.
a) Herrschaftsantritt und Konflikte
- Übergang erfolgt 994 ohne größere Konflikte
- in der Anfangszeit spielen vor allem die ottonischen Frauen ein wichtige Rolle für den
König (Großmutter Adelheid, Tante Mathilde, Schwester Sophia)
- Otto setzt eigene Akzente bei der Berufung von Bischöfen, übergeht sogar Heinrich den
Zänker, was allerdings zu keinem Zerwürfnis führt
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neue Vertrauensleute kommen, verdrängen allerdings nicht die alten wie Willigis von Mainz
oder Hildebald von Worms
erst später werden Willigis und Sophia aus der Nähe des Königs verdrängt (Gandersheimer
Streit → Zugehörigkeit Gandersheims zur Mainzer oder Hildesheimer Diözese, ausgelöst
durch die Frage der Einkleidung Sophias, die als Kaisertochter von einem Erzbischof
(Mainz) eingekleidet werden wollte)
auch in Sachsen zeigen sich immer wieder lokale Konflikte, allerdings findet sich keine
landesweite Opposition, wohl auch weil Heinrich der Zänker treu zu Otto III. steht
während der langen Abwesenheit Ottos sorgen die Frauen für Präsenz im Reich
b) Kaiser und Papst, Rom und Renovatio
- Otto III. drängt auf eine Kaiserkrönung, da er nicht zum Mitkaiser erhoben worden war
- 996 Aufbruch nach Italien (mit einem eindrucksvollen Zug und der Hl. Lanze), eine
römische Gesandtschaft bittet um Unterstützung gegen Crescentius, einen römischen
Stadtherren, und eine Nominierung für einen neuen Papst
- Otto schickt Brun, einen Verwandten, nach Rom, der nimmt den Namen Gregor V. (erster
deutscher Papst) an und krönt Otto am Himmelfahrtstag 996 zum Kaiser
- Rückkehr nach Norden, aber bereits 997 erneuter Italienzug, um den vertriebenen Papst
wieder einzusetzen; Gegenpapst wird verstümmelt, Crescentius wird gehängt
(Rachefeldzug?)
- Grundproblem der ottonischen Herrschaft über Rom: lässt sich nur durchsetzen, wenn der
Kaiser persönlich anwesend ist
- Otto arbeitete deshalb auch mit stadtrömischen Familien zusammen
- neue Devise: renovatio imperii romanorum; es geht weniger um das antike Vorbild, sondern eher
die konkrete Erneuerung der römischen Kirche durch die Befreiung aus den stadtrömischen
Machtkämpfen und die Durchsetzung der kaiserlichen Autorität
- besondere Rombegeisterung Ottos, allerdings fraglich, inwieweit hier ein politisches
Programm bestand oder es um eine Präsenz in Rom und die Sicherung der Stellung des
Papstes ging
c) Die Reise nach Gnesen im Jahr 1000
- spektakuläre Reise nach Gnesen, dort am Grab eines Missionars (Adalbert) Treffen mit
Boleslaw Chrobry, den Otto besonders ehrt, indem er ihm seine eigene Krone aufsetzt
- Boleslaw wird als cooperator imperii (Mitarbeiter des Reiches) bezeichnet
- es wird ein neues Bistum gegründet, über dem Grab des Missionars und Otto stilisiert sich
auf dieser Reise als Pilger (Knecht Jesu Christi, servus Jesu Christi)
- in Aachen lässt Otto das Grab Karls des Großen öffnen, plant dessen Heiligenverehrung
- 1001, Rom: Konstantinische Schenkung als Fälschung bezeichnet, Otto schenkt dem Papst
die dort aufgeführten Gebiete
- am 24. Februar stirbt Otto überraschend in Paterno
- dieser Kaiser hat in den wenigen Jahren seiner Herrschaft die Bereitschaft zu Neuerungen
erkennen lassen, in einer Zeit, in der es vor allem um die Erhaltung des status quo ging, sehr
ungewöhnlich
- durchaus individuelles Profil (Demonstration persönlicher Frömmigkeit, eigenwillige
Personalentscheidungen vor allem bei Päpsten, intensive Kontakte zu Gelehrten, Asketen
und Einsiedlern)
5. Heinrich II.
a) Erbanspruch und Durchsetzungsvermögen
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