Dem Salafismus auf der Spur
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Dem Salafismus auf der Spur
4 NIEDERSACHSEN & DER NORDEN | HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG SONNABEND, 21. MAI 2016 | NR. 117 Dem Salafismus auf der Spur Kurz Gemeldet Mann liegt bewusstlos und gefesselt neben der straße sCHöninGen. Ein kurioser Kriminalfall beschäftigt die Polizei im Kreis Helmstedt. Ein 24 Jahre alter Mann ist am Donnerstagnachmittag bewusstlos und gefesselt an einer Bundesstraße in Schöningen entdeckt worden. Wie genau er dorthin kam, sei noch unklar, hieß es bei der Polizei. Der Mann sei wenig kooperativ. Seiner Aussage zufolge habe der 24-Jährige nach einem Zechgelage vor dem heimischen Fernsehgerät einen Filmriss. Mit wem er den Abend verbrachte, wollte er aber nicht sagen. Dann sei er niedergeschlagen worden, habe das Bewusstsein verloren und sei neben der Bundesstraße abgelegt worden. Die Göttinger Wissenschaftlerin Nina Käsehage erforscht die islamistische Szene – und musste auch gefährliche Situationen durchstehen land will integration von Behinderten stärker fördern Hannover. Mit einem neuen Förderpaket will das Land das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung unterstützen. In der kommenden Woche will das Sozialministerium eine neue Richtlinie vorstellen, die im laufenden Jahr eine Finanzspritze von 1,675 Millionen Euro und in den Folgejahren von jeweils 425 000 Euro vorhält. Davon profitieren sollen Projekte, die die Infrastruktur verbessern, innovative Wohnformen ermöglichen oder die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben erleichtern. Bad ZWisCHenaHn. Nach einem Chlorgasunfall in einem Hotel in Bad Zwischenahn sind sieben Menschen vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht worden. Wie die Polizei mitteilte, trat am Freitagvormittag im Wellnessbereich des Hotels Wasser aus. Dabei bildete sich Gas. Die Gründe für die Panne waren zunächst nicht bekannt. Die Hotelgäste mussten das Haus verlassen; die Feuerwehr konnte den Gefahrenbereich nur mit Atemschutz betreten. Die Einsatzkräfte pumpten das mit dem aggressiven Gas versetzte Wasser ab und lüfteten anschließend die Räume. Windkraft-Pionieranlage wird abgebaut Hooksiel. Nach gut acht Jahren ist die Zeit für eine Pionieranlage der OffshoreWindtechnik an der Nordseeküste vor Hooksiel zu Ende gegangen. Fachleute bauen ein nicht mehr benötigtes Windrad in der Jade ab, sagte der Leiter der Verkehrszentrale beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Wilhelmshaven, Dietmar Szech. Das Windrad sei seinerzeit als Versuchsanlage für die Windkraftnutzung auf See aufgebaut worden. Hausmeister geht mit der axt auf Gastwirt los Wieda. Aus Wut über seine Kündigung hat der Hausmeister einer Gaststätte in Wieda im Südharz seinen Arbeitgeber mit einer Axt attackiert. Der 39 Jahre alte Gastwirt habe dem Schlag allerdings ausweichen können, sodass er unverletzt blieb, teilte die Polizei mit. Anschließend konnte der Wirt den 55-jährigen Angreifer überwältigen. Gegen den Hausmeister wird wegen versuchten Totschlags ermittelt. Weil er schwer krank ist, kam er vorerst in eine Klinik. Fotos: afp, privat sieben Menschen nach Chlorgasunfall in klinik treiben und tun unserer Religion nicht gut“, hatten ihre Freunde über diese GöttinGen. „Es gab Momente, da wuss- Konvertiten immer wieder gesagt. Schon te ich nicht, ob ich zurückkomme“, sagt vor Jahren lernte Käsehage, dass sich Nina Käsehage rückblickend. Die Reli- viele junge Muslime als Salafisten begionswissenschaftlerin aus Göttingen zeichnen, also als Anhänger jenes politihat sich intensiv mit der salafistischen schen Islam, der von den VerfassungsSzene in Deutschland befasst. Für ihre schutzbehörden in Deutschland als geStudien führte die 37-Jährige 175 Inter- fährlich eingestuft wird. Sie knüpfte views mit Salafisten in ganz Europa, 105 Kontakte, wurde als vertrauenswürdig davon in Deutschland. Die Bedingungen angesehen, befasste sich zunehmend mit dabei waren bisweilen abenSalafisten und Dschihadisteuerlich. Ein Treffen zum ten, bekam Einblicke in unBeispiel habe in einem Waldterschiedlichen Szenen. Die Tiefe Einblicke stück stattgefunden, berichInterviewten gaben Austet Käsehage. Sie sei dort in die Vernetzung kunft über ihre jeweilige der Islamisten aufgefordert worden, in eiMotivation, über ihren nen anderen Wagen umzuGlauben, über ihre Pläne steigen und habe ihre Saund auch über ihre chen zurücklassen müssen, um das Ge- europaweite Vernetzung. Im spräch führen zu können. Kein Zweifel: Sommer 2012 begann KäseIm elfenbeinernen Turm der Wissen- hage mit ihrem Promotionsschaft sitzt die junge Doktorandin mit projekt. den rotgefärbten Locken bestimmt nicht. Die junge ReligionswisFür ihre Forschungsarbeiten hat sie Ge- senschaftlerin erfuhr dabei fahren auf sich genommen. Im Sommer auch beunruhigende und will sie ihre Doktorarbeit über den Sala- schlimme Dinge. 38 ihrer fismus an der Theologischen Fakultät in Gesprächspartner, so Göttingen einreichen. Schon jetzt be- berichtet sie, hätten richtet sie in Vorträgen über ihre Studien nach Syrien ausreisen und ist als Expertin gefragt. wollen, um sich der raWas treibt sie an? Sie sei im Ruhrge- dikal-islamischen Albiet aufgewachsen, sagt Käsehage, und Nusra-Front anzuhabe dort viele muslimische Freunde ge- schließen, die in Syhabt. Einige davon seien sehr liberal ge- rien für einen eigewesen, andere streng religiös. Käsehage nen Staat kämpft. interessierte dies alles sehr. Ihre Master- 35 dieser Menschen arbeit schrieb sie über Menschen, die konnte Käsehage zum Islam gewechselt sind. „Die über- nach eigenen An- Von Katharina Derlin Agrarminister Meyer lädt zum „Milchgipfel“, eine schnelle Lösung gegen den Preisverfall ist aber nicht in Sicht Die Milchkrise trifft das Agrarland Niedersachsen besonders hart. Das Land liegt mit rund sieben Millionen Tonnen produzierter Milch pro Jahr auf Platz zwei hinter Bayern. Seit Monaten klagen die Erzeuger über die rasant sinkenden Preise, die sie erzielen. Viele geben den Molkereien die Schuld, die wiederum verweisen auf das Überangebot auf dem Weltmarkt, das Russland-Embargo und den Preisdruck der Discounter. „Wir werden den Lieferanten für Mai noch weniger zahlen können als im April“, heißt es beim Marktführer Deutsche Milchkontor (DMK) in Zeven. Zuletzt hatten die Landwirte dort 23,8 Cent pro Liter bekommen, bundesweit sieht es ähnlich aus. „Das Problem ist ein internationales“, sagte DMK-Vorstand Thomas Stürtz nach dem Gespräch Von Gabriele Schulte nordHorn. In den Ärmeln einer Anzugjacke haben findige Zollbeamte bei einer Autokontrolle auf einem Rastplatz in der Nähe von Nordhorn zwei Kilogramm Kokain entdeckt. Wie ein Sprecher des Hauptzollamts Osnabrück mitteilte, gab ein 69-jähriger Autofahrer bei der Kontrolle an, in Nordhorn Gast einer Hochzeit gewesen zu sein. Im Auto hingen mehrere Anzugjacken – eine von ihnen kam den Zöllnern auffällig schwer vor. Und tatsächlich fanden sie in den beiden Ärmeln Pakete mit jeweils einem Kilogramm Kokain. Hannover. Draußen vor der Tür demonstrierten Landwirte mit einer Plastikkuh gegen die rasant gesunkenen Milchpreise: „Stoppt das Höfesterben – Mengen reduzieren statt Bauern ruinieren“, stand auf Plakaten. Drinnen im Landwirtschaftsministerium suchte derweil Minister Christian Meyer (Grüne) bei einem „Milchgipfel“ nach einer Lösung. Er hatte 19 Vertreter niedersächsischer Molkereien und Liefergenossenschaften nach Hannover geladen; das mehr als zweistündige Gespräch bezeichneten die Beteiligten anschließend als „sehr konstruktiv“. Die Erwartungen mancher Demonstranten erfüllten sich indes nicht. „Eine Insellösung des Landes wird es nicht geben“, verkündete Meyer. A118 15 3 3 16 19 11 12 22 19 20 11 7 12 23 16 5 14 Angst vor Höfesterben: Bauern demonstrieren am Freitag in Hannover. Foto: dpa in Hannover. Die Chancen auf eine EUweite Mengenbeschränkung, bei der die Landwirte mit Ausgleichszahlungen entschädigt würden, sehe er skeptisch: „Holland, Irland und Skandinavien wollen gar keine Reduzierung.“ Einig waren sich die Teilnehmer, dass dem für viele Bauern existenzgefährdenden Sinkflug des Milchpreises mit einer Verringerung des Angebots begegnet werden muss. Die Landwirte reagierten in letzter Zeit selbst marktregulierend, wenn auch verspätet, meinte Stürtz: „Sie liefern 4 Prozent weniger Milch als vor einem Jahr.“ Meyer plädierte für zeitweise Mengenbeschränkungen mit Ausgleichszahlungen für die Bauern und meinte: „Wir sehen die Molkereien als Bündnispartner.“ Mit Blick auf den bevorstehenden Milchgipfel in Berlin am 30. Mai sagte er: „Eine Förderung mit der Gießkanne bringt nichts.“ Das betreffe etwa den Plan von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), alle Landwirte bei der Unfallversicherung zu entlasten. aITaNa kakuRo 19 „Ich sage nach den Interviews nicht: Nach mir die Sintflut“: Nina Käsehage. ren, also noch vor den Terroranschlägen bestraft worden. Auch befürchtete sie von Paris, hatte Käsehage auf Sicher- einen Solidarisierungseffekt und die heitskonferenzen auf die internationalen Rücknahme aller bereits geführten InVernetzungen der Dschihadisten hinge- terviews. Beides wollte sie nicht riskiewiesen. Konsequenzen seien daraus ren. nicht erfolgt. Käsehages Doktorvater, der Göttinger 35 Salafisten konnte sie aufhalten, in Professor Andreas Grünschloß, hat erst den Krieg zu ziehen – aber drei junge nachträglich erfahren, in welche GefahMänner nicht. Nach wenigen Wochen rensituationen sich seine Studentin beerhielt sie von Hintermännern E-Mails geben hat. „In solchen Momenten muss mit Fotos zugeschickt. Zu sehen waren man in wenigen Sekunden abschätzen, darauf Menschen mit zerob man diesen Schritt geschossenen Köpfen. Sie erhen möchte“, sagt er. Es sei kannte ihre drei GesprächsIn der Moschee eine Gratwanderung, und partner wieder. Die E-Mail Käsehage sei sicherlich an enthielt die Aufforderung, festgehalten und Grenzen gegangen. Ihr Progeohrfeigt die Bilder an die Familien jekt aber sei gerade aufder Toten weiterzuleiten. Die grund der enormen Fülle an Familien, so hieß es darin Einblicken eine Pionierarweiter, könnten stolz sein auf ihre Mär- beit in Deutschland. tyrer. Käsehage löschte die Bilder und Käsehage selbst spricht von einer überbrachte den Eltern die Nachricht. Grundlagenarbeit, auf deren Ergebnisse Schlimm sei das gewesen, sagt die Dok- andere Forscher aufbauen können. Es torandin heute. habe sich gelohnt, dafür Risiken einzuSchlimm sei auch die Gewalt gewe- gehen. Und sie glaubt fest daran, dass sen, die sie selbst erfahren habe. In einer eine Deradikalisierung gerade junger Moschee sei sie einmal zu einem Inter- Muslime gelingen kann. „Man sollte view verabredet gewesen. Ihre Ge- diesen Menschen das Schöne in der Welt sprächspartner hätten sie in einen Raum und auch die Möglichkeiten des intergeführt, einer habe sie festgehalten, der kulturellen Miteinanders aufzeigen“, andere habe sie geschüttelt und geohr- sagt die 37-Jährige. Und wie kommt sie feigt. „Sie dachten, ich wäre ein Spit- klar mit all dem, was sie erlebt hat? zel“, berichtet Käsehage. Nach einiger Käsehage wirkt durchaus so, als könZeit seien aber auch diese Männer zum ne sie so schnell nichts erschüttern. Ihr Interview bereit gewesen. Käsehage Privatleben aber, so räumt sie ein, sei in führte es. Zu fliehen und zur Polizei zu den vergangenen vier Jahren deutlich gehen hätte bedeuten können, dass die zu kurz gekommen. Und weil das TheMoschee zugemacht wird, sagt sie. Viele ma Salafismus überall präsent sei, könne nicht-radikale Muslime wären mit- sie auch nicht mehr richtig abschalten. „Wir sehen die Molkereien als Bündnispartner“ Zöllner entdecken kokain in anzugjacke 4 gaben gemeinsam mit deren Eltern aufhalten. „Ich gehe nach meinen Interviews ja nicht raus und sage: Nach mir die Sintflut.“ Sie führte ihre Gespräche weiter, 14 Stunden habe das teilweise gedauert, über Nacht bis in die frühen Morgenstunden. Sie zeigte Alternativen auf, fragte nach den Erwartungen an das neue Leben und erklärte, dass man den Islam ausüben könne, ohne dass er das eigene Leben derart eingrenzen müsse. „Das Landeskriminalamt hat meine Arbeit damals als ,Krisenprävention’ bezeichnet“, sagte sie. Man könne in dieser Richtung noch viel mehr tun, ist sie überzeugt. Aufklärung, intensive Beratung, Unterstützung der Angehörigen von Menschen, die in die islamistische Szene abzugleiten drohen – das sind ihre Stichworte. Käsehage weiß, wie geschickt Islam-Prediger in Deutschland agieren, um junge Menschen in den Krieg zu locken. Zur Deradikalisierung müsste es ihrer Ansicht nach viel mehr Pädagogen, spezialisierte Religionswissenschaftler und Sozialarbeiter geben. Vor zwei Jah- 15 Auch bei diesem Logical dürfen in die Lösungsfelder nur die Zahlen von 1 bis 9 eingetragen werden. In den schwarzen Feldern steht die Summe, die sich aus den Zahlen in den einzelnen Feldern ergeben soll. In jeder Aufgabe darf jede Zahl nur einmal vorkommen. A119 2 2 2 1 6 0 0 1 6 9 8 9 7 1 1 0 4 7 9 1 4 3 1 1 1 4 9 0 5 0 1 8 6 0 7 2 0 1 3 1 0 1 1 1 Höxter. Im Fall der in Höxter vermutlich zu Tode gequälten Annika F. aus Niedersachsen sollen Leichenspürhunde an einer Landstraße nach Überresten der Frau suchen. Damit gehen die Ermittler einer Aussage der verdächtigen Angelika W. nach, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Demnach haben die 47-Jährige und ihr 46-jähriger früherer Ehemann Wilfried W. im Jahr 2014 die Überreste am Straßenrand verstreut, nachdem sie Körperteile der Frau in einem Kachelofen verbrannt hatten. Am Montag werde die Landstraße in HöxterBosseborn für die Suche zeitweise gesperrt. Die Mordkommission habe am Tatort inzwischen mehrere Hundert Beweisstücke sichergestellt. Die beiden mutmaßlichen Täter sollen jahrelang Frauen per Kontaktanzeige nach Höxter gelockt und sie dann gequält haben. Die Ermittler gehen von acht Opfern aus. Sudoku CRoSS 1 5 4 2 2 7 3 1 2 1 9 0 0 5 8 0 1 Leichenspürhunde in Höxter im Einsatz 3 1 8 2 0 Das Aitana ist ein Sudoku mit besonderen Hilfestellungen: Zählen Sie die Felder z.B. von links nach rechts durch, bekommt das erste 1, das zweite die 2, das dritte die 3 usw. Wenn der Wert der in diesem Feld zu platzierenden Zahl mit dem Durchzählwert übereinstimmt, spricht man von einem Durchzähltreffer. Wie viele dieser Durchzähltreffer es aus der jeweiligen Richtung gibt, geben die Zahlen in den Pfeilen an. S113 A120 1 3 7 5 6 1 9 4 1 6 6 5 4 3 8 8 1 7 2 2 6 2 Bei diesem Logical befinden sich die Zahlen 1 bis 9 jeweils einmal auf den Horizontalen, den Vertikalen und zudem auf den Diagonalen. A117 3 8 3 7 9 2 4 7 9 4 5 2 8 1 3 8 5 1 7 3 6 4 9 2 4 2 3 1 9 8 6 5 7 7 9 8 2 6 4 5 3 1 1 3 6 5 8 9 7 2 4 5 4 2 3 7 1 9 6 8 3 8 7 9 1 5 2 4 6 9 1 4 6 2 7 3 8 5 2 6 5 8 4 3 1 7 9 5 8 9 6 3 2 4 1 7 2 7 3 4 9 1 6 8 5 4 1 6 5 8 7 3 2 9 9 6 2 1 7 5 8 3 4 1 3 4 8 2 9 5 7 6 7 5 8 3 4 6 2 9 1 8 4 1 7 6 3 9 5 2 6 2 5 9 1 8 7 4 3 3 9 7 2 5 4 1 6 8 2 8 7 5 8 2 5 7 8 3 4 1 2 1 6 5 Die Lösungen der Rätsel von gestern. 7 1 S114 6 Die Auflösung finden Sie in der Montagausgabe. 5 3 1 7 3 6 7 8 4 5 1 6 7 3 8 3 4 6 5 4 2 8 2 1 1 2 7 5 8 4 3 6 3 8 2 8 5 7 5 6 2 7 8 3 4 5 1 6