Workshop 3 „Was heißt eigentlich psychisch krank“

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Workshop 3 „Was heißt eigentlich psychisch krank“
Workshop 3 „Was heißt eigentlich psychisch krank“
Vortrag von Claudia Wiehn, Evangelische Gesellschaft, Gemeindepsychiatrisches Zentrum
Stuttgart Freiberg
Expertinnen: Sabine Aßmann, Ursula Schick-Simon, Carola Tabarelli
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Vorstellung
o Als Team
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Einführung in Thema
o Über psychische Krankheiten kursieren diverse Mythen
o Geht nicht um störungsspezifisches Wissen
= Mich interessiert viel mehr was Sie über psychische Erkrankungen wissen,
welche Erfahrungen Sie gesammelt haben, was Sie interessiert…..
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Sammeln
o Fragen zusammentragen
o Was fällt Ihnen zum Thema psychische Erkrankung ein? Wo begegnen Sie
psychisch kranken Menschen...auf der Arbeit, zuhause...? Welche
Vorstellungen haben Sie?...Tauschen Sie sich aus.....
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Wissensvermittlung
o paar Rahmendaten zum Thema
o zum leichteren Verständnis psychischer Erkrankungen kurz auf Begriffe
„Psychose“ und „Neurose“ eingehen
 Was ist eine Psychose?
 Gruppe schwerer psychischer Störungen
 Während akut psychotischer Phase sind sowohl Wahrnehmen,
Denken, Fühlen, Wollen als auch erleben der eigenen Person
stark verändert
 Bezug zur Wirklichkeit ist erheblich gestört
 Zustand geht oft mit Ängsten einher
 Psychotische Symptome sind z.B. Halluzinationen,
Wahnvorstellungen
 Hervorgerufen durch innerpsychische oder organische Prozesse
 Liegt keine organische Ursache vor, wie z.B. Hirntumor,
Vergiftungen, Hormonstörungen usw. dann spricht man von
einer schizophrenen Psychose
 Sind vor allem Stimmung und Antrieb verändert, dann spricht
man von einer affektiven Störung
 Sind sowohl Denken, Wahrnehmung als auch Stimmung und
Antrieb verändert, dann spricht man von einer schizoaffektiven
Störung
3 Gruppen psychotischer Störungen
o 1. Schizophrenie
 Paranoide Schizophrenie
 Hebephrene „„ (Affektreduktion, Stimmung,
Bewegung)
 Katatone „„ (psychomotorische Störungen)
 Schizophrenie Simplex
 Verschiedene wahnhafte Störungen
o 2. Affektive Störungen (Psychosen)
 Manie
 Depression (hier geht es um den Wechsel
zwischen Manie und Depression, leichte und
mittelschwere Depressionen werden in aller
Regel nicht den Psychosen zugeordnet)
 Bipolar affektive Störung
o 3.Mischform affektiver und schizophrener Störungen
 Schizoaffektive Psychosen
 Was ist eine Neurose?
 Gruppe psychischer Störungen, die keine organischen Ursachen
haben und bei denen der Realitätsbezug erhalten bleibt, also
keine wahnhaften oder halluzinatorischen Symptome erlebt
werden
 Symptome neurotischer Störungen sind Ängste, Phobien,
Zwänge und Depressionen
 Neurosebegriff wurde von S. Freud geprägt
 In Psychoanalyse und tiefenpsychologisch fundierter
Psychotherapie wird neurotisches Symptom heute noch als
Ausdruck eines inneren unbewussten Konflikts verstanden
 Symptom wird aufgedeckt und bearbeitet und kann sich
zurückbilden
 Verhaltenstherapeutisch betrachtet handelt es sich bei
neurotischen Störungen um fehlangepasstes Verhalten, das in
der Lebensgeschichte habituiert(erlernt) und verinnerlicht
wurde und zum aktuellen Zeitpunkt seinen Nutzen verloren hat
 In Therapie wird mittlerweile fehlangepasstes durch sinnvolles
Verhalten ersetzt = Bsp. Skills Borderliner
 Zu den neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen
o 1. Phobische Störungen
 Agoraphobie (Platzangst)
 Soziale Phobie
 …
o 2. Andere Angststörungen
 Panikstörung
 Generalisierte Angststörung
 …
o 3. Zwangsstörung
 Vorwiegend Zwangsgedanken
 Vorwiegend Zwangshandlungen
 …
o 4. Reaktionen auf schwere Belastungen und
Anpassungsstörungen
 Akute Belastungsreaktion
 Posttraumatische Belastungsstörung
 …
o 5. Dissoziative Störungen (früher multiple Persönlichkeit)
 mit Gedächtnisausfall
 mit Stupor (Bewegungsarmut)
 …
6. somatoforme Störungen
- Somatisierungsstörungen
7. sonstige neurotische Störungen
- Sensibilisierung I
- „Was ist nun eine psychische Erkrankung?“
- was im Rahmen psychiatrischer Praxis passiert ist eine Tatsachenzuschreibung
- jemand ist schizophren, jemand hat eine Depression
- bleibt man bei Bsp. schizophren, dann beschreibt dies Abweichung von Norm
- nicht normal, dass man Stimmen hört, Personen sieht und denkt vom FBI verfolgt zu
sein, nicht normal, weil es nur bei wenigen so ist und nicht bei uns allen
- könnte man vermuten, dass man nur schizophren in der Gegenwart anderer sein
kann, denn ohne Norm keine Abweichung!!!
- interessanter Gedanke
- - es geht also weniger um die Frage „wie ist es?“ als um die Frage „wie wirkt es?“
- diese Annahme beinhaltet nicht die Bewertung von Verhalten, sondern rückt die
Konsequenz von Verhalten in den Fokus
- Menschen leben mit ihren Erkrankungen, ob somatisch oder psychisch und in den
Kontexten, in denen wir häufig miteinander zu tun haben, geht es um die Frage, ob
ein Verhalten zum Problem wird
= ist jemand mit best. Diagnose z-B. In der Lage sich um Kind zu kümmern
- diese Unterscheidung zwischen Schizophrenie haben und sich schizophren verhalten
ist darum wichtig, weil Verhalten änderbar ist
- - gibt verschiedene Möglichkeiten mit nicht verstehbarem Verhalten umzugehen
- je nach kultureller Prägung können dabei z.B. Götter eine Rolle spielen
= Symptome als Strafe der Götter
- ein anderer Umgang wäre z.B. Ausgrenzung nicht verstehbaren Verhaltens
= Möglichkeit der Komplexitiätsreduktion
= durch Ausgrenzung ist nicht verstehbarer Bereich auch nicht beobachtbar
= Menschen mit abweichendem und störendem Verhalten werden dabei in
Einrichtungen untergebracht, sodass die Störung aus dem sozialen
Alltagsleben der Gesellschaft verschwindet
- andere Form des Umgang mit nicht verstehbarem Verhalten ist der, es als Defizit zu
erklären
= krankheitsbedingte Defizite
= dabei wird das kommunikative und soziale Phänomen Verhalten durch einen
anderen Phänomenbereich, nämlich den biologischen bzw. psychischen erklärt
= sucht man Defizite im Körper, resultiert daraus biologisches
Krankheitsmodell
= Schizophrenie ist eine Stoffwechselerkrankung. Punkt.
= wenn biologische Störung Schuld an abweichendem Verhalten ist, können
Patient und Umfeld von Schuld freigesprochen werden
= kommuniziert wird in dem Fall über die Erklärung, aber nicht über das
Symptom
- eine weitere Variante ist die Erklärung nicht verstehbaren Verhaltens als Ausdruck
eines Problems
= sucht Erklärung für soziales Phänomen abweichenden Verhaltens im selben
Phänomenbereich, also im sozialen System
= etwas im sozialen System ist nicht in Ordnung, aber prinzipiell veränderbar
= liegt also Problem vor, über das kommuniziert werden kann
= wenn man Betroffenem Verantwortung auch für abweichendes Verhalten
zuschreibt, ihm gute Gründe für dieses Verhalten unterstellt und eine
prinzipielle Veränderbarkeit zutraut, können mit ihm und seinem sozialem und
familiären Umfeld Chancen und Risiken von Nicht-Veränderung wie auch von
Veränderung durchgesprochen und ausbalanciert werden
-
= verschiedene Bedeutungszuschreibungen und Erklärungen für nicht
verstehbares Verhalten führen zu unterschiedlichen Umgangsweisen mit dem
Betroffenen
= wie erklärt und verstanden wird, hängt immer vom Kontext ab und auch
wenn dieser institutionell vorgegeben ist, so ist meiner Meinung nach die
eigene Haltung zu nicht verstehbarem Verhalten unabhängig und individuell
gestaltbar
= das ist ganz wichtiger Aspekt, denn an dieser Stelle wird auch der einzeln
professionell Agierende nicht von seiner Verantwortung in Bezug auf den
Umgang mit psychisch kranken Menschen freigesprochen
= denn wenn ich Klienten für ihr Verhalten, gleich wie verrückt das sein mag,
in die Verantwortung nehme, dann muss ich mich meiner Verantwortung
ebenfalls stellen und hinterfragen, ob ich Meinungen und Ideologien anderer
einfach übernehme oder mir selbst ein Bild darüber mache
Gedankenexperiment einladen
= Fußball
- Abschluss / Expertenrunde
Übersicht ICD 10 Kaptiel V (F)
Internationale Klassifikation psychischer Störungen
F00-F09
F10-F19
F20-F29
F30-F39
F40-F48
F50-F59
F60-F69
F70-F79
F80-F89
F90-F98
Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen
Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
Affektive Störungen
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
Intelligenzstörung
Entwicklungsstörungen
Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und
Jugend
F99-F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen