Hier - arnoldsche

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Hier - arnoldsche
Inhalt
Vorwort
Interview mit dem Sammler
Bruno Werdelmann
Katalog
Fremde Wesen und Ausländer
Chinesische Unsterbliche
Chinesische Figuren aus Geschichte, Literatur und Alltag
Buddhistische Figuren
Volksglaube und Folkore
Figuren aus der japanischen Literatur
Stände und Berufe
Alltagsleben
Kinder
Fabeltiere
Fauna
Flora
Gegenstände
Masken
Ojime, Inro und Tabakwaren
Anhang
Signaturen
Kurzbiografie
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Vorwort
Viele berühmte Museen verdanken ihre
Schätze bürgerlichem Engagement. Aus
Leidenschaft für die Kunst entwickelte sich
nicht selten der Wille, das private Vergnügen zum Wohle der Allgemeinheit öffentlich zu machen. Ausgehend von den Wunderkammern der Renaissance, als die ersten privaten Sammlungen mit dem Ziel
entstanden, gleichermaßen dem Besitz und
der Wissenschaft zu dienen, hat sich im 19.
Jahrhundert eine bürgerliche Sammeltradition ausgebildet, die bis heute fortdauert.
Eine nicht nachlassende Neugierde
auf das Fremde, aus der sich eine hochspezielle Kennerschaft des japanischen Gürtelschmucks des 18. bis 20. Jahrhunderts
entwickelt hat, begründet die Sammlung
Werdelmann. Es freut uns, daß wir zeitgleich mit der Neupräsentation der Sammlung museum kunst palast die Früchte der
mehr als dreißig Jahre dauernden Leidenschaft des Sammlers Professor Bruno
Werdelmann erstmals vollständig vorstellen können. Dank seiner großzügigen
Schenkung verbleibt die Sammlung geschlossen im museum kunst palast, wo sie
die Bestände von Japonica mit Schwertstichblättern (tsuba) und japanischen
Farbholzschnitten des 19. Jahrhunderts um
ein bedeutendes Konvolut plastischer Arbeiten erweitert.
Die Schenkung Werdelmann umfaßt nicht nur Netsuke (Gürtelknebel),
sondern auch sagemono (Behältnisse, die
vom Gürtel herabhängen) und eine Vielzahl von Südostasiatika. Anläßlich der
Schenkung erscheint der vorliegende Katalog, der Bedeutung und Umfang insbesondere der Netsuke würdigt. Der Grundstein
zu dieser Publikation wurde bereits vor
fünfzehn Jahren gelegt, als die Sammlung
Werdelmann im ehemaligen Kunstmuseum vorgestellt wurde und der Katalog
schon bald ausverkauft war. Seither hat
sich das Sammlungskonvolut mit mehr als
1100 Objekten fast verdoppelt, was eine
neue wissenschaftliche Aufarbeitung verlangte.
Die ungebrochene Faszination, die
die Netsuke auch heute noch auf den Betrachter ausüben, rührt einerseits von ihrem unerschöpflichen Formen- und Themenreichtum, der von äußerster Eleganz
bis hin zum Burlesken, von besonderer
ästhetischer Schönheit zu karikierender
Verzerrung reichen kann. Ein anderer
Grund mag der Assoziationsreichtum der
erzählerischen Darstellungen sein, die die
Geschichte der japanischen und chinesischen Kultur, ihre Spiritualität, ihre Mythen, aber auch das alltägliche Leben widerspiegeln. Die Motive reichen von buddhistischen Figuren und Glücksgöttern,
Tieren, Pflanzen, Früchten und Blumen,
literarischen Figuren, Ausländern, Masken
und Berufen bis hin zu alltäglichen Gegenständen, zu denen der Interessierte im vorliegenden Katalog ausführliche Erläuterungen findet.
Für die wissenschaftliche Erschließung der Sammlung zeichnete Patrizia
Jirka-Schmitz verantwortlich, die mit ihrem fundierten Fachwissen über Stilgeschichte der Netsuke, ihren Schnitzern und
regionalen Besonderheiten eine unerläßliche Zugangshilfe für den Betrachter geschaffen und einen Grundstein für weitere
Forschungen gelegt hat. Im Hause hat die
Leiterin des Sammlungsbereiches Skulptur
und angewandte Kunst, Barbara Til, unterstützt von Elke Dichter, das Projekt über
Jahre mit großem, persönlichem Engagement und in enger Zusammenarbeit mit
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dem Sammler betreut. Hierfür und für die
reizvolle Präsentation eines eigens für die
Sammlung eingerichteten Kabinetts gilt
beiden mein herzlicher Dank. Ebenso
möchte ich dem Fotografen Lothar Milatz
danken, dessen aufwendige Aufnahmen
wesentlich zum Gelingen des Kataloges
beigetragen haben.
An dieser Stelle sei auch unseren
Förderern gedankt. Die Verwirklichung
des Katalogs wäre ohne die großzügige
Unterstützung seitens der Firma Henkel,
der freunde museum kunst palast und der
Ernst Poensgen-Stiftung nicht möglich
gewesen.
Für die generöse Schenkung möchte ich Professor Bruno Werdelmann meinen größten Dank aussprechen. Mit seiner
Entscheidung, die Sammlung dem Düsseldorfer museum kunst palast zu vermachen,
hat er einen bedeutenden Beitrag zur
Komplettierung unserer kleinen, aber
hochwertigen Sammlung von japanischer
Kunst des 18. bis 20. Jahrhunderts geleistet.
Nicht nur die Schenkung als solche, sondern auch das Zusammentreffen mit diesem engagierten, großzügigen und warmherzigen Sammler stellten für mich eine
außerordentliche Bereicherung dar.
Die Sammlung Werdelmann ist für eine
Institution mit internationaler Strahlkraft,
die sich zudem der Kunst der fünf Kontinente verschrieben hat, ein wertvoller Zuwachs und für den Besucher sicherlich eine
wahre Augenweide.
Jean-Hubert Martin
Generaldirektor
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Gespräch mit dem Sammler
Bruno Werdelmann
Hinter jeder privaten Sammlung steht eine
passionierte Persönlichkeit mit einer besonderen Motivation, die sich in den Inhalten und thematischen Bezügen der
Sammlungen spiegelt und gleichzeitig aber
auch persönliche Vorlieben offenbart.
Bereits in jungen Jahren war Bruno
Werdelmann von der Kunst und Kultur
Asiens fasziniert. Verschiedene Auslandsaufenthalte vertieften dieses Interesse, besonders für die japanische Kultur. Doch
zunächst begann er, Skulpturen und Bronzefiguren aus dem südostasiatischen Raum
zu erwerben. Dann und wann kaufte er
auch Netsuke, meist jedoch als kleines Geschenk für Freunde und Kollegen, bis er
sich irgendwann selbst dem Sammeln der
kleinen, handschmeichlerischen japanischen Schnitzereien aus Elfenbein und
Holz zuwandte. So entstand über die Jahre
hinweg eine hinreißende Sammlung von
hoher künstlerischer Qualität, die heute
über 1000 Netsuke umfaßt, dazu eine Vielzahl von inrô, ojime, Tabaksgarnituren,
Pfeifenfutteralen und Pfeifen.
Professor Werdelmann, wie kam es zu dieser Leidenschaft für die asiatische Kultur
und besonders zu Ihrer Vorliebe für japanische Netsuke?
Als Kind faszinierten mich ganz besonders
die Mitbringsel von Verwandten aus Fernost: asiatische Souvenirs wie japanische
Lackarbeiten, chinesisches Porzellan, indonesische Batik und Buddha-Statuetten.
Mit wahrer Hingabe las ich Reisebeschreibungen und Abenteuergeschichten aus
fernöstlichen Ländern, die nicht nur meine
Phantasie beflügelten, sondern auch meine
Faszination für fremde Stätten und Kulturen weckte. Ich träumte davon, dorthin
reisen zu dürfen oder zumindest das ein
oder andere exotische Kleinod zu besitzen.
Meine Wünsche in dieser Richtung wurden jedoch mit der Bemerkung abgetan:
„Zu wertvoll für kleine Kinder“. Damals
faßte ich den Entschluß: „Wenn du erwachsen bist, kaufst du dir die schönen
Dinge von deinem Geld selbst“.
Nach Ende des zweiten Weltkrieges
und meiner Heimkehr aus der Gefangenschaft, versuchte ich zu retten, was in der
Familie an Asiatika verblieben war, aber
nur eine kleine chinesische GuanyuBronze hatte den Bombenhagel überstanden. Diese wurde gewissermaßen zum
‚Grundstein’ meiner Sammlung. Zunächst
imponierten mir goldglänzende Rattanakosin-Buddhas des 19. Jahrhunderts aus
Thailand. Es waren die ersten Erwerbungen, die ich dann später gegen viel edlere
Thai- und Khmer-Bronzen tauschte und
deren Sammlung ich intensivierte.
Mein Interesse für Netsuke ergab
sich eher zufällig. Während einer Geschäftsreise in die USA 1957 lernte ich
Helmuth Wohlthat kennen, der eine beträchtliche Sammlung dieser japanischen
Gürtelknebel besaß. Wohlthat war zwischen 1941 und 1945 als Leiter der deutschen Handelsdelegation in Tokio tätig
gewesen. In dieser Zeit hatte er eine umfangreiche Sammlung japanischer Kunst,
vor allem Netsuke, inrô, Holzschnitte und
Keramik, zusammengetragen.
Als ich diese wunderbaren Miniaturschnitzereien aus Elfenbein und Holz sah, war
ich unmittelbar fasziniert. Wenig später
kaufte ich in London meine ersten Netsuke, um sie an Freunde, die solche Kleinplastiken sammelten, zu verschenken. Erst
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Ende der sechziger Jahre begann ich, –
sozusagen als Kontrastprogramm zu den
‚großen’ Skulpturen und Bronzefiguren
aus dem südostasiatischen Raum – Netsuke zu kaufen. Sehr schnell habe ich Gefallen an diesen außergewöhnlichen Schnitzereien gefunden, und Anfang der siebziger
Jahre begann ich intensiv mit dem Sammeln. Durch ihre kleine und handliche
Form sind sie natürlich ein ideales Objekt
für Vitrine und Safe. Und bei näherer Betrachtung eröffnen sie einem die Kultur
Japans mit ihren Sitten, Bräuchen, Sagen
und Märchen, gleichsam einem asiatischen
Mikrokosmos.
Viele kennen zwar diese kleinen japanischen Schnitzereien aus Holz oder Elfenbein, wissen jedoch wenig über ihre Entstehung und Funktion. Wie wurden die Netsuke eigentlich verwendet bzw. getragen?
Die Ursprünge von Netsuke haben einen
recht praktischen Grund. Japanische Kimonos besaßen keine Taschen, und alles,
was Männer üblicherweise mit sich führten, wie Geldbeutel (kinchaku), Behälter
für Siegel, Siegelpaste und kleine Medizindosen (inrô) sowie Tabaksbeutel (tabakoire), wurde an einer Seidenschnur, am
Gürtel (obi) baumelnd, getragen. Um das
Durch- und Herabrutschen dieser Behältnisse zu verhindern, war an der Schnur das
Netsuke (ne = Wurzel, tsuke = festmachen)
angebracht, das, unter dem obi durchgeführt, die Funktion einer Halterung und
eines Gegengewichts hatte.
Alle diese Accessoires der Kleidung
(unter dem Sammelbegriff sagemono –
Dinge, die vom Gürtel hängen – bekannt)
hatten neben ihrem praktischen Nutzen
immer auch den besonderen Stellenwert
von Schmuck, besonders die Netsuke.
Die Mode, solch elegantes Zubehör am
Gürtel zu tragen, entstand im frühen 17.
Jahrhundert. Zunächst waren es einfache
Ringe aus Elfenbein oder Metall, kleine
Kürbisse, handliche Wurzelstücke oder
Korallenzweige, die als Gürtelknebel dienten. Manche dieser Knebel waren dicke
Elfenbeinringe, von denen einige in der
Mitte mit einem Pflock versehen waren.
Aus dieser Form entwickelte sich das
manjû-netsuke. Besonders beliebt wurden
wegen ihrer runden Form und ihres geringen Gewichts die sogenannten ryûsamanjû (benannt nach Ryûsa aus Edo), die
durchbrochen beschnitzt sind. Eine andere
Kategorie bilden die kagamibuta (kagami =
Spiegel, buta = Deckel); bei diesen Stücken,
die meist aus Elfenbein gefertigt sind, wird
ein dekorierter, runder Metallspiegel in
einem kapselförmigen Unterteil eingelassen.
Plastisch ausgearbeitete, figürliche Stücke
erfreuten sich erst im 18. Jahrhundert zunehmender Beliebtheit.
Das 1781 publizierte Sôken Kisho
war damals das erste japanische Buch, das
Netsuke und ihre Schnitzer beschreibt. Es
bildete die Vorlage für viele seitdem entstandene Arbeiten. Daß die Nachfrage besonders nach künstlerisch gearbeiteten
Netsuke wuchs, rührte nicht zuletzt daher,
daß sich im frühen 18. Jahrhundert das
Tabakrauchen in Japan endgültig durchgesetzt hatte. Seit die Portugiesen den Tabak
im 16. Jahrhundert einführten, war das
Rauchen besonders bei Kaufleuten und
Handwerkern sehr beliebt. Bei geschäftlichen Treffen kam der Tabakgenuss fast
einer rituellen Einleitung der Verhandlung
gleich. Ähnlich wie bei der Teezeremonie
wurden die Utensilien betrachtet und bewundert, wobei man den Netsuke besondere Aufmerksamkeit schenkte.
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Doch trotz dieser Art von ‚Kulturtransfer’,
der sich auf die japanische Lebensgewohnheiten direkt auswirkte, war der westliche
Einfluß bis ins 19. Jahrhundert eher
schwach. Ganz anders verhielt es sich mit
dem unmittelbaren Nachbarn China. Darüber hinaus kam es infolge der politischen
Unruhen der späten Ming-Zeit (1368-1644)
zur Emigration vieler Südchinesen nach
Japan.
Welchen Einfluß stellte dieser chinesische Kulturimport aus ihrer Sicht für die
Entwicklung der Netsuke-Schnitzerei dar?
Es war durchaus üblich und gängige Praxis, daß kleine chinesische Gegenstände
wie z.B. Siegelknäufe oder Gürtelschmuck
zu Netsuke umfunktioniert wurden. Meist
wußten die Träger selbst nicht, um welche
Gegenstände es sich handelte und trugen
sie einfach als Kuriosa. Ebenso beliebt waren die kleinen, chinesischen Elfenbeinschnitzereien, die ursprünglich als Talismane bei den Chinesen fungierten und bei
den Japanern durch ihren glücksverheißenden Inhalt als Netsuke besonders reizvoll waren. Vermutlich dienten diese Figürchen den Schnitzern im späten 17. und
18. Jahrhundert auch als Vorbild für ihre
eigenen Arbeiten. Zu den frühen japanischen Gürtelknebel gehören die SiegelNetsuke, die in Anlehnung an chinesische
Petschafte der späten Ming-Zeit entstanden sind. Sie stellen vollplastische Fabeltiere (kirin, baku, hakutaku, suisai) oder exotische Tiere (Löwe, Elefant, Dromedar) auf
einer Sockelplatte dar. Ein anderer, sehr
früher Netsuke-Typ, der auf ein chinesisches Siegel zurückgeht, ist der auf einem
Felsen sitzende rakan (Schüler Buddhas).
Anregungen für die Schnitzer boten aber
ebenso die chinesischen toggle (Anhänger)
aus Holz und Elfenbein. In diesem Stil
wurden hauptsächlich Kinder und Tiere
geschnitzt.
In meiner Sammlung befindet sich
eine ganze Reihe von diesen Darstellungen.
An ihnen läßt sich wunderbar die Entwicklung von stark chinesisch beeinflußten
Arbeiten aus dem 18. Jahrhundert zu den
niedlichen Interpretationen der Meijizeitlichen Schnitzer verfolgen.
Hier zeigt sich auch, daß es die japanischen Künstler trotz der verschiedenen Einflüsse durch chinesische Schnitzarbeiten verstanden haben, einen einzigartigen Stil zu entwickeln und so Miniaturkunstwerke von unnachahmlicher Ausdrucksstärke, Finesse und Vielfältigkeit zu
schaffen. Besonders die Shogun-Paläste,
Fürstenhöfe der Daimyu, aber auch reiche
Samurai-Familien trugen zur Förderung
dieser Schnitzkunst bei, da sie ihre eigenen
Netsuke-shi (shi = Schnitzer) beschäftigten, die außerordentlich kostbare Netsuke
und sagemono herstellten.
Betrachtet man die Netsuke des späten 18.
Jahrhunderts, stellt man fest, daß sich der
Stil zunehmend verfeinert: Themen werden
detailreicher angelegt und figürliche Motive
in kleinen Formaten treten in den Vordergrund.
Gab es eine ausgesprochene Blütezeit
dieser Schnitzkunst und wann entwickelten
sich die Netsuke vom luxuriösen Gebrauchsgegenstand zum begehrten Sammlerobjekt?
Eine direkte Blütezeit der Netsuke-Kunst
für Gesamtjapan lässt sich nur schwer bestimmen. Im Verlauf des 18. und 19. Jahrhunderts gab es immer wieder höchst interessante und bedeutende Künstler und
Werkstätten, deren individuell geprägter
Stil zahlreiche, nachfolgende Schnitzer
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inspirierte: so etwa Masanao aus Kyoto mit
seinen
berühmten
fukura
suzume
(Glücksspatzen), die so oft kopiert wurden
und von denen sich einige in meiner
Sammlung befinden, oder Tomotada,
ebenfalls aus Kyoto, den ich wegen seiner
detailreichen und ausdrucksstarken Darstellungen von Tieren des Zodiakus sehr
schätze.
In Edo wiederum florierte die
Netsuke-Kunst besonders in der späten
Edo-Zeit (1603-1867). Äußerst populäre
Themen waren hier neben Motiven aus
dem Alltagsleben, z.T. in humorvollkarikierenden Darstellungen, Sujets aus
der chinesischen bzw. japanischen Literatur sowie aus den Bereichen Theater und
Mythologie. Bei diesen Netsuke wurde
besonderer Wert auf die detailreiche Gestaltung von Gewändern, Mustern und
kleinen Accessoires gelegt.
Mit der Meiji-Zeit (1867-1912) begann die Öffnung Japans nach Westen. Die
damit verbundenen politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen verdrängten
nach und nach auch die traditionelle japanische Kleidung, den Kimono. Die alltäglichen Utensilien wurden nicht mehr in
kleinen Beuteln und Taschen getragen und
demzufolge fanden Gürtelknebel kaum
noch Verwendung.
Doch die Netsuke-Schnitzer wurden nicht erwerbslos. Sie arbeiteten nun
vorwiegend für den Export, denn seit Japans Präsenz auf den Weltausstellungen in
Paris (1867) und Wien (1873) ‚grassierte’
in ganz Europa und Amerika eine kaum
vorstellbare Japan-Mode. Japanisches
Kunsthandwerk war en vogue, neben Holzschnitten, Lackarbeiten und tsuba (japanische Schwertstichblätter) fanden besonders
auch die hübschen, kleinen, phantasievoll
geschnitzten Netsuke-Figürchen begeister-
te Anhänger. Die größten Werkstätten für
den westlichen Handel befanden sich vor
allem in Tokyo, u.a. die des Tomochika
und des Ono Ryômin. Dort orientierte
man sich gern am europäischen Geschmack, der nach kleinen, detailreich geschnitzten, erzählerischen Stücken verlangte. Selbst die Fin-de-siécle-Stimmung, die
sich in vielen Bereichen der Meijizeitlichen Kunst offenbarte, erfaßte die
Netsuke-Schnitzer, was sich in den zuweilen sehr morbiden und makabren Darstellungen von Totenköpfen, Skeletten oder
kunstvoll geschnitzten, verrotteten Früchten und Blättern niederschlug.
Paris war zu dieser Zeit um 18801900 Hauptumschlagplatz für japanische
Kunst. Dort entstanden auch die ersten,
bedeutenden Sammlungen, etwa die der
Gebrüder de Goncourt oder von Louis
Gonse, in denen Netsuke vertreten waren.
Neben Frankreich entwickelte sich besonders in England eine illustre Sammlerszene, deren Schwerpunkt eindeutig bei
Netsuke, inrô und anderen Lackarbeiten
lag.
Deutschland haben Sie bisher in diesem
Zusammenhang nicht erwähnt. Es scheint,
daß japanische Kunst, besonders Netsuke,
bei hiesigen Sammlern nicht so populär
war. Gab es dafür Gründe, und wann entstanden die ersten deutschen NetsukeSammlungen?
Es ist schwierig zu beantworten, warum die
große Zeit des Sammelns von Japonica in
Deutschland vergleichsweise spät, in den
1890er Jahren, einsetzte. Sicherlich lag es
unter anderem daran, daß sich durch die
Weltausstellung Paris als Zentrum für japanische Kunst etablierte und überwiegend
von dort aus der Handel gesteuert wurde.
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Hinzu kommt, daß bei den deutschen Privatsammlern von Anfang an der Schwerpunkt des Interesses bei Holzschnitten,
tsuba und Lackarbeiten lag, Netsuke spielten eine erstaunlich untergeordnete Rolle.
Zwar gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit Philipp Franz von Siebold (17961866) einen ersten Deutschen, der im großen Stil auch Netsuke sammelte, allerdings
erwarb er sie direkt vor Ort, da er lange
Jahre als Stationsarzt in holländischen
Diensten in Japan tätig war. Doch von
Siebold ist eher eine Ausnahmeerscheinung, auch wenn seine Sammlung 1865 in
den Hofgartenarkaden in München ausgestellt und schließlich 170 Stücke vom Ethnographischen Museum in München 1874
angekauft wurden. Der einzig große deutsche Netsuke-Sammler jener Zeit, der aufgrund seines Buches „Netsuke, Versuch
einer Geschichte der japanischen Schnitzkunst“ auch im Ausland bekannt wurde,
war Albert Brockhaus (1850-1921), der
Eigentümer des gleichnamigen Verlags.
Seine Sammeltätigkeit fand vor allem in
den Jahren 1896 bis 1908 statt. Er kaufte
vorzugsweise in England und Frankreich;
dort in Paris begann auch eher zufällig
seine ‚Leidenschaft’ für Netsuke. Bei einem
Reiseaufenthalt 1877 entdeckte er in einem
Spielzeugladen einen kleinen, sitzenden
Frosch, den er für wenige Francs kaufte.
Später stellte sich heraus, daß es sich um
ein Netsuke von Masanao handelte.
Von der ehemals 1780 Netsuke umfassenden Sammlung sind durch die Wirren der Kriege und durch Diebstahl nur
wenige übriggeblieben. 1980 wurden bei
Christie’s in London 214 Netsuke versteigert und 1981 und 1992 bei Klefisch in
Köln nochmal um die 300 Stücke. Bei diesen Gelegenheiten konnte ich einige schöne Exponate für meine Sammlung erwer-
ben, z.B. den eindrucksvollen Sôken KishoRegendrachen.
Aber es war nicht nur der enorme Umfang
der Brockhaus'schen Sammlung, der mich
faszinierte, sondern auch die Art, wie er
sammelte: akribisch wählte er die Stücke
nach den Gesichtspunkten von Themen
und Vielfalt aus, um sie dann, geprägt von
einem geradezu enzyklopädischen Geist,
zu katalogisieren und genauestens bis hin
zur Signatur zu studieren.
Wenn man mit dem Sammeln beginnt,
steht zunächst die Freude am einzelnen
Objekt im Mittelpunkt. Irgendwann entwickelt man Vorlieben, aus denen sich
Schwerpunkte bzw. auch ein Konzept ergeben können. Wie war das bei Ihnen? Gab es
andere Sammlungen, die sie beeinflußten
oder Vorbildcharakter besaßen?
Vorbild ist vielleicht etwas übertrieben
ausgedrückt. Natürlich interessiert man
sich für besondere und herausragende
Sammlungen, beispielsweise jene in den
Pariser und Londoner Museen oder etwa
die Baur Collection in Genf, – dazu gehört
zweifelsohne auch die ehemalige Sammlung von Albert Brockhaus. Sein 1905 erschienenes Buch habe ich mit großem Interesse studiert, und es hat mir auf spannende Weise die Welt der Netsuke und
damit die bedeutende Kultur der Edo-Zeit
eröffnet. Denn es gibt fast keinen Bereich,
der nicht als Netsuke dargestellt wurde.
Man begegnet buddhistischen Heilsgestalten, den volkstümlichen Glücksgöttern,
den sogenannten Unsterblichen aus der
chinesisch-daoistischen Literatur sowie
den Gestalten aus der chinesischen und
japanischen Geschichte, die über Hunderte
von Jahren für Schriftsteller und Stückeschreiber Stoff lieferten. Fabeltiere führen
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einen in die chinesische Kosmologie und
den reichen, japanischen Legendenschatz
ein. Man lernt auf unterhaltsame Weise
das Alltagsleben in Stadt und Land kennen,
amüsiert sich über die Darstellung von
Ausländern, deren oft groteske Erscheinung einer nicht bösartig gemeinten Verballhornung gleicht.
Diese Art, nach Motiven, Themen,
Material, Schulen und deren Vielfalt zu
sammeln, findet sich sicherlich auch bei
mir. Doch wie bei jedem Sammler kristallisierten sich im Laufe der Zeit bestimmte
Schwerpunkte heraus, und natürlich spielten persönliche Vorlieben bei der Auswahl
ebenso eine Rolle.
Auffallend ist, daß in Ihrer Sammlung eine
relativ große Anzahl von Darstellungen aus
der Textilpflege und persönlichen Hygiene
zu finden ist. Woraus resultiert diese Vorliebe?
Beruflich hatte ich mit der Pflege von Textilien zu tun, praktisch mit der Wäschepflege im weitesten Sinne. Von daher interessierte mich, wie zum Beispiel die Japaner in früherer Zeit ihre Wäsche und Kleidung gereinigt haben. Welche Wasch- und
Hilfsmittel verwandten sie? Wie verlief das,
wurde die Wäsche dort auch gekocht?
Über diese Dinge konnte ich auch in Zusammenhang mit meinen geschäftlichen
Aktivitäten in Japan viele Gespräche mit
Vertretern der japanischen Waschmittelund Chemieindustrie führen.
Interessant ist, daß die Japaner ihre
wertvollen Kimonos jedes Mal vor dem
Waschen auseinander trennten und die
Stoffbahnen einzeln gereinigt haben, indem sie sie zusammenlegten, mit warmen
Wasser übergossen und dann die einzelnen
Bahnen auf eine Spindel wickelten und mit
dem Schlegel bearbeiteten. Das Wasser
enthielt als Waschmittel lediglich ein
Holzascheextrakt, der mit gelöschtem Kalk
aufgeschärft war oder man verwandte
Reiswasser. Nach dem Waschen, Spülen,
Appretieren und Trocknen auf Spanngeräten nähte man die Einzelbahnen wieder
zusammen. Diese sehr umfangreiche Prozedur wurde auch von den NetsukeSchnitzern äußerst detailreich als eine ganz
wesentliche Tätigkeit der Hausfrau dargestellt.
Ebenfalls gezielt gesammelt habe
ich Stücke, die sich mit der Körperhygiene,
vor allem dem Baden, beschäftigten. Diese
japanische Passion geht zurück auf shintoistische Reinigungskulte, aber das Baden ist
mehr als ein religiöses Ritual oder ausgeprägtes Sauberkeitsbedürfnis. Denn erst
nach gründlicher Körperwäsche mit kleinen Zubern schlüpft man zur Erholung in
die eigentliche Wanne (furo). Die große
Leidenschaft der Japaner ist es, sich im
dampfend heißen Wasser oder in Quellen
zu entspannen, die man auch Götterbäder
(kamiya) nannte, da man glaubte, daß die
Gottheiten ihre übernatürlichen Kräfte
und geistige Gewalt hieraus schöpften.
Weitere beliebte Motive sind kleine badende oni (Teufel), Männer und Frauen,
die sich entweder dem körperpflegenden
Bad widmen oder sich mit dem An- und
Auskleiden beschäftigen. Eine besonders
schöne Darstellung zeigt eine Frau nach
dem Bad mit halbgeöffneten Kimono.
Einen weiteren umfangreichen Themenkreis
bilden Tierdarstellungen. Wie kam es zu
diesem Schwerpunkt und wie hat sich dieser
Bereich im Prozeß des Sammelns entwickelt?
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Die Faszination für Tier-Netsuke hatte
zunächst ganz unspektakuläre Gründe. Ich
bin im Tierkreiszeichen des Löwen geboren, deshalb habe ich bereits sehr früh begonnen, Löwendarstellungen zu sammeln
und zwar den kara-shishi, den sogenannten chinesischen Löwen. Die andere Großkatze ist natürlich der Tiger, dessen kraftvolle Darstellungen mich immer fasziniert
haben. Nach dem ostasiatischen Tierkreis,
dem Zodiac, bin ich im Zeichen des Affen
geboren, 1920, was mich wiederum ermunterte, die ausgesprochen drolligen und
possierlichen Schnitzereien dieser Spezies
zu erwerben. Auf diese Weise entwickelte
sich zunehmend mein Interesse für die
übrigen Tiere des Zodiac und schließlich
die gesamte Fauna und Flora. Im Laufe der
Zeit entstand dann eine Art Planung sowie
gezielte Suche nach Objekten, die entweder
eine Entwicklungslinie verdeutlichen oder
einen neuen Akzent in meiner Sammlung
setzen konnten.
Beruflich wie auch privat haben Sie viel Zeit
in Asien, beispielsweise Japan und Thailand, verbracht. Konnten Sie bei diesen
Aufenthalten – sozusagen vor Ort – besonders interessante oder außergewöhnliche
Stücke erwerben oder gelang dies eher über
den Handel in Europa?
Ich war geschäftlich oft in Asien. Meine
Besuche galten meistens Japan, aber auch
Indonesien, Malaysia und Thailand. Aber
Geschäftsreisen stehen natürlich immer
unter einem gewissen Zeitdruck und
Stress, so daß es außer vielleicht am Wochenende bei einigen Händlern keine Möglichkeit für die Sichtung und den Ankauf
von Exponaten gab. Außerdem war für
mich von Anfang an offenkundig, daß die
Netsuke in Japan teurer waren als in Euro-
pa. Ursprünglich hatte ich die Absicht, mir
von jeder Japan-Reise ein Netsuke mitzubringen. Das hatte ich mir sozusagen auferlegt, allerdings auch recht schnell wieder
aufgegeben, da ich die Preise in Europa
und vor allem Deutschland kannte. Aus
diesem Grund stammt der überwiegende
Teil meiner Sammlung aus dem deutschen
Kunsthandel und von hiesigen Auktionshäusern.
Zwar kam es schon mal vor, daß ich
von japanischen Geschäftspartnern, die
gehört hatten, daß ich Netsuke sammelte,
beim omiaye (dem traditionellen Austausch kleiner Geschenke vor der ersten
Verhandlung) ein solches Präsent erhielt,
allerdings handelte es sich dabei nicht um
‚Kostbarkeiten’, sondern um kuriose, meist
witzige Objekte. Ich erinnere mich an ein
sehr aufwendig verpacktes Stück, das sich
jedoch bei genauerer Betrachtung als bloßes Kunststoffartefakt entpuppte.
Nach Eintritt ins ‚dritte Leben’ und
Übernahme von Gastprofessuren in Thailand und Board-Tätigkeit in Malaysia habe
ich in den späten 80er und 90er Jahren von
meinem neuen Standort in Südostasien
Thailand und die umliegenden Länder
systematisch erkundet und alljährlich Japan besucht. Bei den verschiedenen Reisen
von Hokkaidô bis Kyūshū habe ich Naturschönheiten, Kunst, Kultur und Brauchtum intensiv kennengelernt und viele
Sammlungen und Museen bewundert. In
dieser Zeit habe ich auch einige größere
Käufe in Japan getätigt, dort erwarb ich
unter anderem einen bemerkenswert gearbeiteten Kraken und einige seltene Masken.
Bereits in der Vergangenheit haben Sie ihre
Netsuke immer wieder zu Ausstellungszwe10
cken zur Verfügung gestellt. Wie kam es
dazu?
Die erste Zurschaustellung der Netsuke
war rein zufällig: 1983 fanden in Düsseldorf die ersten Japan-Wochen statt. Die
Düsseldorfer Firmen und die großen Banken haben im Rahmen dieser Veranstaltung japanische Kunst und Kultur in kleinen Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert. Auch die Firma Henkel, bei der
ich tätig war, beteiligte sich daran. Nachdem die Vorbereitungen für eine Ausstellung über zeitgenössische japanische Kunst
bereits weit fortgeschritten waren, gab es
unerwartet Probleme mit dem Transport
der Bilder. Da Dr. Henkel wusste, daß ich
Netsuke sammelte, sagte er zu mir: „Och,
dann zeigen wir eben Ihre Netsuke“. Es
mußte alles Hals über Kopf geschehen. Wir
haben den Casino-Saal des Fritz-HenkelHauses mit Schiebetüren, Stellschirmen,
Hängerollen und Ikebana-Arrangements
ein wenig japanisch dekoriert und rund
300 Netsuke gezeigt. Eine Broschüre von
Trudel Klefisch (Auktionshaus, Köln) erläuterte die gängigsten Themen. Die Ausstellung fand in der Tagespresse einen großen Widerhall, so daß sich auch die ersten
Kontakte zu dem damaligen Düsseldorfer
Kulturdezernenten Bernd Dieckmann sowie dem ehemaligen Leiter des Kunstmuseums Düsseldorf, Dr. Hans Albert Peters,
ergaben, die sich in den folgenden Jahren
weiter entwickelten. 1990 veranstaltete
dann das Kunstmuseum eine Ausstellung
mit meiner Netsuke-Sammlung, die zu der
Zeit ca. 600 Stücke umfaßte, und publizierte dazu einen umfangreichen, wissenschaftlichen Katalog, der innerhalb kurzer
Zeit schon vergriffen war. In Zusammenarbeit mit dem Museum und der Nowea
Messegesellschaft Düsseldorf erschien 1994
eine erweiterte und überarbeitete Ausgabe
des Katalogs und zwar anläßlich einer
Sonderausstellung im Rahmen der 25.
Westdeutschen Kunstmesse. Auch während der groß inszenierten Japan-Wochen
in Nordrhein-Westfalen im Herbst 1993
hatte ich die Gelegenheit, Teile meiner
Sammlung zu zeigen und zwar in den
Räumen der Deutschen Bank zusammen
mit wunderbaren Farbholzschnitten des
Kunstmuseums Düsseldorf. In den darauffolgenden Jahren gab es hier und da noch
einige kleinere Ausstellungen, in denen ich
andere Bereiche meiner Asiensammlung
zur Schau stellte, z.B. 2001 zum Thema
Betelgenuß zahlreiche Silberbehältnisse
und Accessoires.
Wenn Sammelleidenschaft nicht im Verborgenen stattfindet, können sich die lokalen Museen und das Publikum freuen.
Herr Werdelmann, Sie haben bereits
zu Lebzeiten Ihre gesamte Sammlung dem
museum kunst palast (vormals Kunstmuseum Düsseldorf) vermacht, um sie so auf
Dauer der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Welche Erwartungen und Hoffnungen
verbinden sich für Sie mit diesem Entschluß?
Wie Sie meinen Ausführungen bereits entnehmen konnten, hatten mir die
kleinen und großen öffentlichen Präsentationen viel Freude und Anregung gegeben.
Irgendwann hatte ich das Gefühl, daß meine Sammlung, die nicht nur Netsuke umfaßt, als Ganzes auch für die Zukunft erhalten bleiben sollte, denn einen Verkauf
hatte ich nie erwogen. Dafür steckte zuviel
Bedeutung, Engagement und Erinnerung
in den Dingen. Kulturdezernent Dieckmann und Dr. Peters wußten von meinen
Überlegungen und sprachen mich hin und
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wieder auf die Sammlung an, ebenso auf
die Möglichkeit, die Netsuke dem Kunstmuseum zu vermachen. Ich kannte das
Museum sehr gut, oft habe ich es mit meinen ausländischen Gästen aus Japan und
Amerika besucht und war jedes Mal von
der Vielfalt und Größe der Sammlung beeindruckt. Zwar besitzt das Haus keinen
ausgewiesenen Bereich mit ostasiatischer
Kunst, jedoch eine interessante Sammlung
von 88 tsuba des Düsseldorfer Malers
Georg Oeder, die in den Jahren 1889 bis
1911 dem damaligen Kunstgewerbemuseum geschenkt und 1927 vom Kunstmuseum übernommen wurde, sowie rund 500
Blätter der japanischen Holzschnittsammlung von Dr. Hans Lühdorf.
Bei meiner Entscheidung, dem Museum in
Düsseldorf meine Sammlung zu schenken,
spielte neben meiner Liebe zu dieser Stadt
noch ein weiterer Aspekt eine entscheidende Rolle: Düsseldorf beheimatet neben
Paris und London den größten Anteil an
japanischen Mitbürgerinnen und
Mitbürgern außerhalb Japans in Europa.
Gerade während meiner beruflichen Zeit
hatte ich viele japanische Geschäftsfreunde
in Düsseldorf und war aktiv in der
deutsch-japanischen Gesellschaft.
Ich wünsche mir, daß ich durch die
Schenkung meiner Sammlung an das museum kunst palast ein wenig dazu beitragen
kann, die Beziehung zwischen Deutschen
und Japanern zu fördern und das Verständnis für japanische Kunst und Kultur
besonders in Düsseldorf zu vertiefen.
12
Fremde Wesen und Ausländer
Das berühmte chinesische Werk Shanhaijing (jap. Sankaikyô, Das Buch der
Berge und Meere, Zeit der Streitenden
Reiche, 455-222 v. Chr.) lieferte viele Sujets für die japanischen NetsukeSchnitzer. In diesem Werk und dem Erya
(ca. 200 v. Chr.) wird von fremden und
fernen Ländern berichtet, in denen
merkwürdige Wesen leben wie shokuin,
tengu sanjin, ningyo und shôjô. Angaben
zu diesen Fabelwesen finden sich später
auch im Sancai tuhui (Sammlung von
Illustrationen zu den drei Urkräften) von
1603 und in dessen japanischer Version
Wakan sanzai zue (Japanisch-chinesische
Sammlung von Illustrationen zu den drei
Urkräften), kompiliert von Terajima
Ryôan in den Jahren 1712 bis 1716, und
in den verschiedenen japanischen Bilderfibeln des 17. und 18. Jahrhunderts.
Bildlexika wie das Kinmô zui von
1666 führen in der Rubrik „Jinbutsu“
(Menschen) auch Nicht-Japaner, die als
ijin bezeichnet werden. Das Wakan sansai zue führt in seinem 13. Kapitel „Ikoku
jinbutsu“ (Personen aus fremden Ländern) Menschen aus China, Korea, der
Tatarei, Ryûkyû und Ezo (Hokkaidô) an,
und im 14. Kapitel „Gaii jinbutsu“ (Personen aus barbarischen Ländern) Insulaner, Europäer und merkwürdige Gestalten aus den Ländern der Riesen und
Zwerge (chôjin und shojin) und der
Langarme und Langbeine (ashinaga und
tenaga). Hier wurde offenbar nicht zwischen tatsächlich existierenden Menschen
aus fremden Ländern und Phantasiewesen, die bereits im Sankaikyô erwähnt
werden, unterschieden. Der künstlerischen Phantasie waren bei den Darstel-
lungen, die sich sowohl aus tierischen als
auch aus menschlichen Körperteilen zusammensetzten, keine Grenzen gesetzt.
Laut dem Sôken kishô hat sich der wohl
früheste, namentlich bekannte NetsukeSchnitzer, Yoshimura Shûzan (17001773), von diesem Werk anregen lassen.
Während die Chinesen in einem
Ghetto in der Stadt Nagasaki lebten, war
den Holländern die Nagasaki vorgelagerte, künstliche Insel Dejima zugewiesen.
Die Präsenz beider Volksgruppen wirkte
sich unmittelbar auf das künstlerische
Schaffen in dieser Stadt aus. Im 18. und
19. Jahrhundert entstanden hier die nagasaki-e, Holzschnitte, die Chinesen und
Holländer bei ihren typischen Tätigkeiten zeigen. Gleichzeitig wurden im nahegelegenen Arita Schalen, Teller und SakeFlaschen aus Porzellan, dekoriert mit
Holländern, ihren Hunden und Schiffen
(oranda-e-imari), hergestellt. In diesem
Zusammenhang könnten auch die Holländer-Netsuke in Nagasaki entstanden
sein, beispielsweise als Souvenir.
1
TENGUSAN JIN
Elfenbein, Pupille aus Horn, eine ausgebrochen
H. 7,3 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Die Gestalt mit Echsenkörper und
menschlichem Gesicht ist eine Kopie nach
der Abbildung im Sôken kishô. Dort wird
diese als Tengusan jin (oder Tenguzan no
kami), Gott des Tengu-Bergs, bezeichnet.
Der Tengu (chin. Tianyu)-Berg wird im
Sankaikyô erwähnt. Darin heißt es, daß die
Berggottheiten einen Drachenkörper und
13
einen menschlichen Kopf haben und die
Bewohner des Tengu-Berges eine Schärpe
tragen.
Abb. 1
Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 7a
2
MEERMANN (NINGYO)
Elfenbein
H. 1,9 cm; L. 6,8 cm
18. Jh.
Die schwimmende Kompositgestalt von
Mann und Fisch hält in beiden Händen ein
Juwel.
Während unter den Netsuke die Darstellung von Nixen recht häufig ist, wurde das
Wassermannmotiv eher selten geschnitzt.
Seine Darstellung geht auf Abbildungen in
der enzyklopädischen Literatur seit dem
Shanhaijing, dem Sancai tuhui (Bd. 13,
Kapitel „Renwu“ [Menschen]) und dem
Wakan sanzai zue (Bd. 14, Kapitel „Gaii
jinbutsu“ [Ausländer]) zurück. Er wird
teijin (chin. diren) bezeichnet und als ein
Mann mit Fischkörper beschrieben.
Abb. 2
Wakan sanzai zue, Terajima 1979, S. 242
DIE NIXE
Das Pendant zum Wassermann ist das
Meerweibchen, auch Meerjungfrau oder
Nixe, ebenfalls ningyo genannt. Der Legende nach erfährt die Meerjungfrau die
Geheimnisse des Meeres, in dem sie dem
Rauschen der Muscheln lauscht und diese
dem Drachenkönig, Ryûjin, mitteilt. Das
Erscheinen eines ningyo ist ein glückverheißendes Ereignis. Nixen-Netsuke sind
daher Talismane. Im Sôken kishô wird ein
liegendes Meerweibchen mit Juwel (tama) und umgelegtem Schwanz illustriert
(Bd. 7, S. 7a). Bei dem Juwel handelt es
sich um die Perle des Ryûjin, die die Gezeiten reguliert.
3
NIXE
Leichtes Holz
L. 7,3 cm
Frühes 19. Jh.
Die Nixe liegt kokett, den Kopf auf die angewinkelte linke Hand gestützt. Sie stillt
ein Nixenbaby.
4
NIXE
Buchsbaum
H. 3,5 cm; L. 4,8 cm
19. Jh.
Die Meerjungfrau mit einem Juwel hat den
Schwanz ihres Fischleibes umgebogen. Es
könnte sich bei diesem Stück um eine Arbeit aus der Provinz Owari handeln.
DER SHÔJÔ
Die erste Erwähnung des shôjô (chin.
xingxing) findet sich im Erya, einer Enzyklopädie aus der Zeit von ca. 200 v.
Chr., die im Laufe der Jahrhunderte von
verschiedenen Personen kommentiert
wurde. Im 2. Jahrhundert n. Chr. findet
sich erstmals eine konkrete Beschreibung
des xingxing. Es ist ein Wesen von gelber
Farbe, mit Tierkörper aber menschlichem Gesicht, das gerne dem Wein zuspricht. Spätere Enzyklopädien zeigen die
shôjô als orang-utan-artige Wesen mit bis
auf den Rücken herabfallenden Haaren.
14
In Japan galt der shôjô mit langen roten
Haaren als Trunkenbold. Im populären
Sprachgebrauch meint auch heute noch
das Wort shôjô einen starken Trinker
oder einen roten Gegenstand. Berühmt
wurde der shôjô als Weingeist im gleichnamigen Nô-Stück Shôjô. Die Bühnenfigur trägt eine Perücke aus langen roten
Haaren und ein prächtiges rotes Gewand
mit Wellenmuster. Kitao Masayoshi
(1764-1824) illustriert in seinem Werk
Shoshoku ekagami (Spiegel von Bildern
für Handwerker) (E.A. 1794) zahlreiche
shôjô. Fast alle Darstellungen sind auch
unter den Netsuke anzutreffen.
5
SHÔJÔ
Buchsbaum
H. 2,7 cm; L. 4 cm
19. Jh.
Von Trunkenheit übermannt ist der shôjô
mit Kelle in der Hand und an einem SakeBottich, durch dessen Boden das himotôshi
verläuft, eingeschlafen.
6
SHÔJÔ
Elfenbein, Reste roter Farbe in den Haaren
H. 5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Weinkobold steht in tänzerischer Pose
mit einem Faltfächer und einer geschulterten Kelle. Dieser shôjô-Typus ist unter den
Illustrationen des Masayoshi zu finden.
Die nach vorne gebeugte Haltung der Figur mit eingezogenem Kopf und die Gewandgravuren entsprechen den figürlichen
Darstellungen des Hidemasa.
7
SHÔJÔ
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shakudô, Einlagen aus Kupfer
Silber und Gold; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,4 cm
Mitte 19. Jh.
Neben einem großen Wein-Bottich mit
Wolkenmuster tanzt ein langhaariger shôjô
mit einer Schöpfkelle und einem Fächer
mit Kranichdekor.
8
SHÔJÔ
Kirschholz
H. 3,5 cm
Sign. in ukibori: Tadatoshi
Nagoya, Provinz Owari, ca. 1820
Weinselig ist der shôjô im Sitzen eingenickt. In Anlehnung an die Bühnengestalt
trägt diese Figur kostbare Gewänder, die
mit Rauten und Kôrin-Wellen geschmückt
sind.
Shôjô waren eines der beliebtesten Motive
des Tadatoshi. Er hat drei verschiedene
Typen der schlafenden shôjô geschaffen.
Alle drei wurden von Tadatoshis Nachfolgern in Nagoya und Tokyo gerne kopiert.
Ein kleiner schalfender shôjô ist unter den
acht shôjô-Illustrationen im Shoshoku ekagami anzutreffen.
Abb. 3
Shoshoku ekagami, 1794, S. 13b
9
SHÔJÔ
Holz
L. 4,7 cm
Sign. in ukibori: Tadatoshi
Nagoya, Provinz Owari, ca. 1820
15
Dieses Modell eines liegenden, schlafenden
shôjô ist ein „Klassiker“ unter Tadatoshis
Netsuke. Wie üblich sind die hakama mit
Wellen – das Wassermotiv ist eine Anspielung auf den Wein – und die Jacke mit
einem Rautenmuster dekoriert.
10
SHÔJÔ
Holz
H. 3,5 cm
Sign. in ukibori: Tadatoshi
Nagoya, Provinz Owari, ca. 1820
Diese ist die zweite Variante der sitzenden
schlafenden shôjô des Tadatoshi: die Linke
liegt auf dem Knie, der Kopf ruht in der
Rechten. Die Hand schiebt die Gesichtshaut zur Seite.
INSULANER
Zu den frühesten Ausländerdarstellungen unter den Netsuke zählen die mit
einem Sarong bekleideten Malayen sowie
die langhaarigen, sogenannten Insulaner,
die nur einen Lendenschurz tragen. In
der Hand halten sie eine Trommel und
einen Schlegel. Aus dem 19. Jahrhundert
stammen die Darstellungen der sogenannten Korallentaucher, die aus
schwarzem Holz geschnitzt sind und einen roten Korallenzweig halten. Sie werden koronbojin genannt, eine Bezeichnung für die dunkelhäutigen Menschen
aus Kolombo. Das Saiyû ryodan (Bericht
einer Reise in den Westen) (1803) von
Shiba Kôkan (1747-1818) zeigt die Illustration eines „kuronbo swarte jongen“
(schwarzer Junge aus Kolombo) als Diener der Holländer.
11
INSULANER
Elfenbein
H. 10,8 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
Die hagere Gestalt mit langen, strähnigen
Haaren, aufgetriebenem Bauch, kleiner
Trommel, Schlegel und Stock ist ein häufiger Typus unter den frühen Netsuke.
12
INSULANER
Geflecktes Kaki-Holz
H. 5,2 cm
Sign.: Joryû
Frühes 19. Jh.
Diese leicht grotesk wirkende Figur mit
großem, breitem Kopf und Schurz, an dem
ein kleiner Insulaner zupft, entspricht den
Gestalten des frühen Edo-Netsuke-Stils.
13
ZWEI INSULANER
Buchsbaum
H. 7,9 cm
Frühes 19. Jh.
Eine große und eine kleinere Figur stehen
eng zusammen. Möglicherweise spielt die
Darstellung auf einen Riesen (chojin) und
einen Zwerg (shojin) an.
14
EIERPRÜFER
Ahornholz(?), Pupillen und Ei aus Silber
H. 4,9 cm
Sign.: Shôhaku
Wahrscheinlich Edo, 19. Jh.
Neben einem Mann, der mit beiden Händen ein Ei ans Auge hält, steht vorgebeugt
16
eine ähnlich gekleidete alte Frau mit einem
Korb voller Eier.
Der Eierprüfer testet die Eier auf ihre Unversehrtheit und Frische, indem er die
Schale gegen das Licht hält.
Vermutlich handelt es sich um javanische
Küchengehilfen – auch erkennbar an ihrer
Haartracht – eines holländischen Schiffes.
15
INSULANER
Elfenbein, Pupillen
schwarzem Horn
H. 14,4 cm
18. Jh.
des
Kraken
aus
Der nur in einen Binsenschurz bekleidete
Südseeinsulaner hält einen Kraken. Um die
Fremdartigkeit der Gestalt zu betonen,
wird sie mit Bart und sich einrollenden
Haarsträhnen dargestellt. Die extreme
Überlänge und der dreieckige Querschnitt
dieses Netsuke weisen das Stück als eine
frühe Arbeit aus.
Abgeb. in: Arts of Asia, Jg. 25, Nr. 5 (September/Oktober 1995), S. 17 (Anzeige
Laudenbach)
ASHINAGA UND TENAGA
Ashinaga und tenaga (Langbein und
Langarm) werden erstmals im Shanhaijing erwähnt, das in Japan durch die
Übersetzung von Hayashi Razan (15831657) bekannt wurde. Im Sancai tuhui
und dessen japanischer Version Wakan
sanzai zue und in Bilderfibeln wie dem
Kinmô zui sind sie immer wieder illustriert. Ihre langen Gliedmaßen dienten
ihnen zur Nahrungsmittelbeschaffung.
Während Langbein seinen Freund huckepack durch die Uferzone trägt, fängt
jener mit seinen langen Armen Fische
aus dem Wasser. Eine andere Darstellung
zeigt, wie ein tenaga versucht, einen ashinaga aus den Fangarmen eines Kraken
zu befreien. In der Netsuke-Kunst gelten
ashinaga und tenaga seit dem 18. Jahrhundert als Sinnbild gegenseitiger Hilfe.
16
ASHINAGA
Elfenbein, Pupillen des Kraken aus Horn
H. 5,6 cm
Mitte 19. Jh.
Um eines der langen Beine eines ashinaga
mit dichten Haarlocken schlingt ein Krake
seine Fangarme. Doch es fehlt tenaga, der
seinen Freund von den Angriff des Meerestieres befreit.
17
ASHINAGA UND TENAGA
Buchsbaum
H. 3,8 cm
Sign.: Tomochika
Edo, ca. 1830/1850
Ashinaga hat seine langen Beine angezogen
und presst sie unter Anstrengung mit den
Armen gegen seinen Körper. Tenaga
schaut erstaunt zu den Knien des ashinaga
hoch, wobei seine Hände zwischen den
beiden Daumen eine runde Öffnung bilden. Dies ist eine besonders kleine Ausführung eines beliebten Netsuke-Modells des
Tomochika.
18
ASHINAGA UND TENAGA
Elfenbein
H. 6,1 cm
Edo, ca. 1840/1860
17
Ashinaga trägt einen tenaga huckepack
und profitiert von dessen langen Armen,
die nach einem Fisch greifen.
HOLLÄNDER
Die Holländer (orandajin) waren in Japan auch als kômôjin (Rot-HaarMenschen) bekannt, da ihre rotblonde
Haarfarbe für den Japaner besonders
fremd war. Als Netsuke wurden sie mit
großen Augen, knolliger oder nach unten
gebogener Nase sowie mit exotischen
Perücken und fremdartiger Kleidung
(Hüten, Kniebundhosen, langen Jacken,
Gamaschen und Schuhen) dargestellt.
Ihre Attribute sind das europäische Fernrohr, eine Trompete (rappa), ein europäischer Hund, exotische Vögel, wie Pfau
oder Papagei, sowie ein Hahn oder Wild,
als Hinweis darauf, daß sie Fleisch aßen.
Holländer wurden oft mit einem
auf der Schulter sitzenden chinesischen
Kind (karako) gezeigt. Es gibt die Meinung, daß dieses Motiv auf die christliche
Darstellung des Heiligen Christophorus
zurückzuführen ist.
Kleidung und Attribute der Ausländer entsprechen kaum der Wirklichkeit und wurden in oft phantasievoller
Art zusammengestellt. Offenbar regte die
fremdländische Erscheinung die Phantasie der Schnitzer an, besonders kuriose
Figuren zu schaffen oder ihre exotische
Erscheinung zu karikieren.
19
KOPF EINES AUSLÄNDERS
Hirschhorn
H. 5,7 cm
17. Jh./18. Jh.
Der groteske Kopf leitet sich ab von ähnlichen, sogenannten Monsterköpfen unter
den ito-in, den chinesischen Bronzesiegeln.
Diese ito-in (wörtlich: Faden-Siegel) wurden in Japan in Hirschhorn, wobei man die
Rose des Geweihs in die Gestaltung mit
einbezog, nachgeahmt und als Netsuke
getragen. Das gefältelte Tuch auf der
Schulter stellt mit großer Wahrscheinlichkeit den Kragen der portugiesischen Tracht
dar. An der Unterseite der Bartspitze befindet sich ein kleines, unlesbares Siegelschriftzeichen.
20
HOLLÄNDER
Elfenbein
H. 4,3 cm
18. Jh.
Darstellungen von sitzenden Holländern
sind sehr selten.
21
HOLLÄNDER
Elfenbein
H. 6,2 cm
Frühes 19. Jh.
Der auf der Schulter eines Holländers hockende Knabe verweist motivisch auf die
Figur das Heiligen Christophorus.
22
HOLLÄNDER
Elfenbein
H. 5,4 cm
Sign.: Hidemasa
Osaka/Kyoto, frühes 19. Jh.
Haltung und Gewandgravuren entsprechen den Arbeiten des Hidemasa. Die Signatur ist nicht so kräftig geschrieben wie
18
viele andere Signaturen des Hidemasa.
Entweder handelt es sich hier um Hidemasa II oder eine apokryphe Signatur.
23
HOLLÄNDER
Elfenbein
H. 5,6 cm
19./20. Jh.
Lockenfrisur, Trompete und das Kind auf
der Schulter sind Merkmale einer Holländerdarstellung. Hüftschutz und Umhang
hingegen sind bei Darstellungen von Tataren anzutreffen.
24
HOLLÄNDER
Elfenbein, Pupillen, Gewand- und Gamaschenknöpfe aus braunem und schwarzem
Horn
H. 5,1 cm
Sign.: Masakazu
Kyoto, frühes 19. Jh.
Mantel, Hut und Trompete dieser fröhlich
anmutenden Gestalt sind chinesisch, während der übergroße Kopf mit Lockenfrisur
und Bart eindeutig europäische Merkmale
zeigt.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 7
25
HOLLÄNDER
Elfenbein, Pupillen, Knöpfe an Hutkrempe
und Ärmeln aus Horn
H. 9 cm
19. Jh.
der Hut ihn als einen Europäer aus. Der
Stab in der Linken ist nicht zu deuten. Habitus und die Art, wie der Kopf in den Nacken gelegt ist, sowie der nach oben gerichtete
Blick
erinnern
an
senninDarstellungen.
26
HOLLÄNDER
Elfenbein
H. 9,3 cm
20. Jh.
Das besondere Attribut dieses Ausländers
ist das Fernrohr in der rechten Hand. Seine
Kleidung entspricht der Mode des 18.
Jahrhunderts. Solch Detailgenauigkeit ist
weder bei Netsuke aus dem 18. noch aus
dem 19. Jahrhundert anzutreffen.
27
AUSLÄNDER
Elfenbein
H. 7,1 cm
Spätes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Eine vergleichbare Figur befand sich ehemals in der Sammlung W. L. Behrens. Joly
beschreibt die Figur wie folgt: „A European
wearing a combination garment fastening
with side buttons, such as worn by American mechanics and holding with both
hands a coat with rolled lapels and a single
button at the throat. It would be interesting
to know whether this design was taken
from a European picture or wether it is a
caricature of some foreigner residing in
Japan.“ (Joly 1912, Nr. 448, Tafel X)
Zwar trägt die Figur einen typischen chinesischen Mantel sowie einen langen, spitzen
Bart, doch weisen die lockige Perücke und
19
28
LACHENDER AUSLÄNDER
Elfenbein
H. 11,6 cm
Spätes 18. Jh.
Diese Geste des Fingerzeigens könnte eine
Anspielung auf die Regierungsverordnung
sein, die dies sowie das Lachen über die
koreanischen Gesandtschaften verbot,
wenn diese per Schiff in Osaka eintrafen
und von dort über den Tôkaidô nach Edo
zogen.
29
TATARISCHER BOGENSCHÜTZE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 7,9 cm
Sign.: Masakazu
19. Jh.
Positur und der große Kopf des nach oben
schielenden Bogenschützen orientieren
sich zwar an frühen Arbeiten, die manirierte Art der Darstellung spricht jedoch
für eine späte Arbeit.
Ein sehr ähnliches Stück befindet sich im
Victoria & Albert Museum in London
(Earl 1982, S. 13, Abb. 4), das im Stil des
Yoshinaga aus Kyoto gearbeitet ist. Das
vorliegende Stück wirkt wie eine Kopie
nach Yoshinaga.
30
TATARISCHER BOGENSCHÜTZE
Elfenbein
H. 8,2 cm
Spätes 18. Jh.
Hund. So erscheint der Tatar auch in den
Illustrationen der enzyklopädischen Literatur und auf den nagasaki-e, wo er inschriftlich als Dattanjin bezeichnet wird. Tata ist
seit dem 5. Jahrhundert die Bezeichnung
eines Mongolenvolkes im Nordosten der
heutigen Mongolei. Ähnlich den Jägern
aus der Tatarei werden auch die Bewohner
aus Orankai (Terajima 1970, S. 211 und
Kinmô zui, Bd. 4, S. 11a unten) und Joshin,
beides Länder in der früheren Mandschurei, dargestellt.
Abb. 4
Kinmô zui, 1666, Bd. 4, S. 11a
31
TATARISCHER BOGENSCHÜTZE
Maritimes Elfenbein (Narwal)
H. 7 cm
Aufschrift: Yoshinaga
19. Jh.
32
AUSLÄNDER
Buchsbaum
H. 11,5 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlung Raymond Bushell
Der große Ausländer mit Hut, Bart und
einer langen Trompete trägt einen sehr
mageren tenaga, der von Bushell als Skelett
interpretiert wird, auf dem Rücken. Diese
ungewöhnliche Darstellung konnte bisher
nicht gedeutet werden.
Abgeb. in: Bushell, 1975, S. 116, Nr. 148
Der Tatar ist hier im Pelzmantel und den
typischen Attributen wie Hut mit Fellkrempe, zwei Pfauenfedern, Köcher und
Bogen, dargestellt. Ihm zu Füßen sitzt ein
20
Chinesische Unsterbliche
Von Beginn an war die daoistische Philosophie, die von Laozi (jap. Rôshi) begründet wurde, besessen von dem Gedanken, daß es möglich sei, physische
Unsterblichkeit zu erlangen. Dieses war
das Ziel der xianren (jap. sennin), ein
Terminus, der im Deutschen mit „Unsterblicher“ übersetzt wird. Nicht zu altern und lange zu leben, vollzog sich bei
ihnen durch Befolgung verschiedener
Praktiken, wie Atemübungen oder alchemistischen und pharmazeutischen
Techniken.
In der chinesischen und japanischen Kunst werden die sennin als langhaarige, bärtige, barfüßige Eremiten in
ärmlicher Kleidung, mit einem Umhang
aus Eichen- oder Artemisia-Blättern und
einer Kalebasse, die das Elixier der Unsterblichkeit enthält, dargestellt. Ihre
unkonventionelle Erscheinung kennzeichnet sie als Außenseiter der Gesellschaft. Viele sennin tragen ein zusätzliches, sie identifizierendes Tier oder Objekt. Die Schnitzer scheinen sich jedoch
nicht streng an die Ikonographie gehalten zu haben, und eine namentliche Identifizierung ist oft unmöglich.
Im späten 16. Jahrhundert kamen
zahlreiche chinesische Bücher nach Japan. Unter ihnen befand sich die wichtigste illustrierte Biographiensammlung
von Unsterblichen, die Ming-Ausgabe
des Liexian quanzhuan (jap. Ressen zenden, Vollständige Sammlung von Biographien der Unsterblichen). Andere
sennin-Biographien sind das Xianfo
qizong (jap. Senbutsu kisô, Wundersame
Erzählungen von Unsterblichen und
Buddhas) aus dem Jahr 1602 und das
Xianfo zhengfa (jap. Senbutsu shoho). Die
Unsterblichen werden in diesen illustrierten Büchern in der Kleidung der
chinesischen konfuzianischen Beamten
oder der einfachen Bevölkerung gezeigt,
nur sehr selten als Bettler.
Die sennin-Darstellungen unter
den Netsuke beruhen jedoch in Auswahl
und Ikonographie auf der japanischen
Malerei der Muromachi-Zeit bzw. den
späteren Mallehrbüchern von Holzschnittkünstlern in der Kano-Tradition,
wie z.B. das Wakan meigaen (Garten berühmter japanischer und chinesischer
Bilder) (1750) von Ooka Shunboku
(1680-1763). Viele dieser sennin kennzeichnet eine dynamische Haltung, die
durch die Drehung des Kopfes und die
flatternden Gewandsäume betont wird.
Der Gesichtsausdruck ist oft grotesk, daher werden sie gelegentlich mit den ähnlich übersteigert dargestellten rakan verwechselt. Nur selten werden Unsterbliche
in konventioneller chinesischer Tracht
gezeigt, dann tragen sie fast immer auch
einen langen, spitz zulaufenden Bart.
Sennin gehören zu den frühesten
Figurendarstellungen unter den Netsuke.
Die großen, schlanken Gestalten wurden
im 18. Jahrhundert fast ausschließlich in
Elfenbein geschnitzt; eine Beeinflussung
durch chinesische Elfenbeinschnitzereien
ist nicht auszuschließen. Yoshimura
Shûzan (1700-1776) aus Osaka ist der
erste namentlich bekannte Künstler, der
für seine sennin-Netsuke aus Holz berühmt wurde. Das Sôken kishô schreibt,
er habe sich bei seinen Darstellungen
vom Ressenden beeinflussen lassen, doch
ein Vergleich zeigt, daß der Einfluß nicht
sehr groß war. Shûzans groteske und expressiv gestaltete Figuren basieren auf
21
sennin-, rakan- und oni-Darstellungen in
der Kano-Malerei.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts
nahm die Anzahl der sennin-Netsuke ab.
Sie wurden kleiner und detailreicher gestaltet und ihr dramatischer Ausdruck
ging verloren.
SEIÔBO
Seiôbo (chin. Xiwangmu) ist die legendäre daoistische Feengöttin, die „Königinmutter des Westens“. Sie residierte mit
ihren fünf Dienerinnen in einem sagenumwobenen Palast mit Jaspis-Terrasse in
den Kunlun (jap. Konron)-Bergen in
West-China. In ihrem Park wuchsen
Pfirsichbäume, die nur alle dreitausend
Jahre Früchte trugen und deren Verzehr
Unsterblichkeit verlieh. Mit diesen
Früchten, sieben an der Zahl, besuchte sie
der daoistischen Überlieferung nach 110
v. Chr. den Kaiser Wudi (jap. Kan no
Butei) und hielt für die Unsterblichen
Feste ab, bei denen sie diese Früchte servierte. Seiôbo wird in prächtiger Tangzeitlicher Kleidung und mit reichem, von
einem Phönix bekrönten Kopfschmuck
dargestellt. Sie oder ihre Dienerin trägt
einen Pfirsichzweig bzw. eine Schale mit
Pfirsichen, die immerwährendes Leben
verheissen.
33
SEIÔBO
Elfenbein
H. 9,7 cm
Spätes 18. Jh.
Der Pfirsichzweig und das kostbare Gewand mit Blütenrautenmuster (hanabishi)
sind die Erkennungsmerkmale der daoistischen Göttin.
Abb. 5
Ehon shahô bukuro, 1770 (1. Aufl. 1720),
Bd. 7, S. 19a
34
SEIÔBO
H. 9,4 cm
Spätes 18. Jh.
Würdevoll steht die Königinmutter des
Westens mit Morgenwolkenumhang um
die Schultern neben einem Korb mit einem
Pfirsichzweig.
35
SEIÔBO
Elfenbein
H. 5,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
In der herabhängenden Linken hält Seiôbo
einen Korb.
36
TAISHIN'Ô
Elfenbein
H. 5,2 cm
Sign.: Tenzan
Frühes 19. Jh.
Die chinesische Unsterbliche Taishin’ô
(chin. Taizhen Wang), die jüngste Tochter
der Seiôbo, sitzt auf einem – der Legende
nach weißen – Drachen. Mit beiden Händen spielt sie die einsaitige Zither (qin).
Aufgrund ihrer Erscheinung wird sie meist
mit Benten verwechselt, deren Attribut
jedoch die japanische Laute (biwa) ist.
22
37
RYÛJO
Buchsbaum
H. 3,5 cm
Sign.: Masamitsu
Mitte/2. Hälfte 19. Jh.
Ryûjo (chin. Liu Nü) fliegt auf dem Rücken
einer Gans durch die Lüfte.
Sie war die ältere Tochter des Liu An (gest.
122 v. Chr.), der ein Mitglied des kaiserlichen Clans der Westlichen Han-Zeit (206
v. Chr. - 9 n. Chr.) war und sich in der Alchemie versuchte. Seine Tochter lernte bei
ihm. Als sie ins heiratsfähige Alter kam,
schickte ihre Mutter sie zu einem Nachbarn, den sie heiraten sollte. Daraufhin
kam ein weißer Schwan angeflogen, der sie
in das Land des Rôshi davontrug.
38
RYÛJO
Elfenbein
H. 3,4 cm
Sign.: Hômin und kaô
Edo/Tokyo, ca. 1850/1880
Ryûjo hält mit beiden Händen das lange
Schalband, während der Vogel seinen Kopf
nach links wendet, um so dem Netsuke
eine kompakte Form zu verleihen.
TÔBÔSAKU
Tôbôsaku (chin. Dong Fangshuo) gilt
unter den Unsterblichen als der „Pfirsichdieb“. Er hat Seiôbo drei Pfirsiche
entwendet, als sie mit sieben Pfirsichen
auf dem Weg zum Hof des Kaisers Wu Di
war. In der Malerei wird er in Beamtenkleidung auf der Flucht mit den Pfirsichen der Unsterblichkeit dargestellt. Bei
Netsuke ist einzig der Pfirsich sein identifizierendes Attribut.
39
TÔBÔSAKU
Elfenbein
H. 5,5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Freudig lachend hält Tôbôsaku einen
Zweig mit großem Pfirsich und einen
Blattfächer. Die Art der Gewandgestaltung
läßt an Hidemasa denken.
40
TÔBÔSAKU
Elfenbein
B. 3,8 cm
Sign.: Rantei
Kyoto, 19. Jh.
Der alte, sitzende Unsterbliche streicht sich
über den Bart. Hinter ihm liegt ein riesiger
Pfirsich mit typischer, tiefer Kerbe.
41
TÔBÔSAKU
Elfenbein
H. 3,2 cm
19. Jh.
Diese in China unbekannte Darstellung
des Tôbôsaku ist eine typisch japanische
Interpretation, die an das Märchen von
Momotarô erinnert, dem Knaben, der aus
einem Pfirsich geboren wurde.
42
TÔBÔSAKU
Elfenbein
H. 5,3 cm
Sign.: Masayuki
Spätes 19. Jh.
23
Behutsam hält Tôbôsaku den großen Pfirsich, der ihm immerwährendes Leben verleiht.
43
SENNIN
Elfenbein
H. 8,5 cm
Frühes 19. Jh.
Der Blattschurz um Schulter und Hüfte
sowie das löchrige Gewand kennzeichnen
die Gestalt als sennin, dessen groteskes
Aussehen durch den übergroßen Kopf und
die unnatürliche Körperhaltung betont
wird.
44
SENNIN
Elfenbein
H. 10,9 cm
Spätes 18. Jh.
Trotz des Zepters, das in der Regel ein Attribut buddhistischer Figuren ist, läßt sich
dieser bärtige sennin nicht namentlich
identifizieren. Ungewöhnlich sind die
Phönixe als Gewandmuster.
45
SENNIN
Elfenbein
H. 10,4 cm
18. Jh.
Der Fuß des Unsterblichen ruht auf einem
kleinen Felsen, der eine spätere Ergänzung ist.
46
SENNIN
Elfenbein
H. 7,5 cm
18. Jh.
Ehemals Slg. Lorber
Der sitzende, greise Unsterbliche mit Artemisiablatt-Umhang hält einen Stab, an
dessen Spitze ein Henkelkorb hängt.
Größe, dreieckige Form, Verlauf der
Schnurführung sowie die Patina des Stückes sind charakteristisch für das 18. Jahrhundert.
Abgeb. in: Trudel Klefisch, „Netsuke als
Spiegel der Edo-Zeit“, in: Weltkunst, Jg..
67, Nr. 12 (15. Juni 1997), S. 1262, Abb. 9
47
SENNIN
Elfenbein
H. 6 cm
Frühes 19. Jh.
Der bärtige Unsterbliche mit Artemisiablatt-Umhang und kleiner Kopfbedeckung
hält eine aufgerollte Schriftrolle. Zu seinen
Füßen liegt ein Kürbis.
48
SENNIN
Elfenbein
H. 7,2 cm
Spätes 18. Jh.
Der fröhliche sennin stützt einen Gegenstand auf seiner Schulter, der auf Grund
einer Beschädigung nicht mehr zu bestimmen ist. Es könnte sich um den unteren Teil eines Flaschenkürbisses handeln.
In der Hand hält er die Kordel mit Quaste,
die ursprünglich um die Taille des Kürbisses gewickelt war.
24
49
SENNIN
Elfenbein
H. 6,8 cm
Hälfte 19. Jh.
Die geschulterte Kalebasse ist das übliche
Attribut eines Unsterblichen, doch die sich
zu Locken einrollenden Haarsträhnen, der
Umhang
mit
Viereckmuster,
der
Hüftschurz, der von einer Rüstung zu
stammen scheint, und die Schuhe sind für
einen sennin atypisch.
50
SENNIN
Elfenbein
H. 4,3 cm
18. Jh.
Der sennin mit einer Schriftrolle steht neben einem Fabeltier vom Typ baku.
51
SENNIN
Elfenbein
H. 10 cm
18. Jh.
Durch ein Loch in seinem den ganzen Rücken bedeckendem Blättergewand sind
Rückgrat und Rippen zu sehen.
GAMA SENNIN
Gama
Sennin
(wörtlich:
KrötenUnsterblicher, chin. Gemo xianren) ist
die japanische Bezeichnung des chinesischen Unsterblichen Liu Haichan (auch
Liuhai Xian). Dieser soll eine historische
Person gewesen sein, die im frühen 10.
Jahrhundert gelebt und 4. Patriarch der
Quanzhen-Sekte des Daoismus war. Er
war Meister der inneren Alchemie und
gehört der Gruppe der Acht Unsterblichen (hassen, chin. baxian) an. Sein Attribut ist die weiße, dreibeinige Kröte,
die der Unsterbliche aus einem Brunnen
fischte und die ihn überall hin transportieren konnte. Er und Tekkai sennin werden in der chinesischen und japanischen
Malerei oft zusammen dargestellt.
52
GAMA SENNIN
Elfenbein
H. 4,5 cm
18. Jh.
Der Unsterbliche sitzt auf einem niedrigen
Felsen und stützt mit der Linken eine über
seine Schulter kletternde, dreibeinige Kröte. In der Rechten hält er einen Zweig mit
großem Blatt und einer anhängenden Kalebasse. Diese Figur weist in der Darstellung Ähnlichkeit mit rakan aus dem 18.
Jahrhundert auf (vgl. Kat.-Nrn. 140 und 142).
53
GAMA SENNIN
Elfenbein
H. 8 cm
18. Jh.
Mit der Rechten stützt der Unsterbliche
eine vierbeinige Kröte auf seiner Schulter.
Sehnen des Halses und die Rippen des
Brustkorbes sind realistisch dargestellt,
während das Gesicht zu einer Grimasse
verzogen ist.
54
GAMA SENNIN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,9 cm
2. Hälfte 18. Jh.
25
Die dreieckige Form sowie die Physiognomie mit großen Augen sind Merkmale
des frühen Netsuke-Stils.
55
GAMA SENNIN
Elfenbein
H. 3,6 cm
Sign.: Gyokushin
2. Hälfte 19. Jh.
In dieser ungewöhnlichen Darstellung des
sennin als alter Mann scheint der Unsterbliche sich mit einer vierbeinigen Kröte zu
unterhalten.
56
GAMA SENNIN
Hirschhorn, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 7,8 cm
19. Jh.
Der Unsterbliche mit dämonenhafter Fratze steht mit eng zusammengestellten nackten Füßen im Gleichgewicht. Die Kröte,
sein typisches Attribut, stützt der Unsterbliche mit der Linken auf seiner Schulter,
die Rechte hält einen Zweig, von dem paarige Kalebassen hängen. Das Gesicht ist zu
einer dämonenhaften Fratze verzogen.
57
GAMA SENNIN
Walroßzahn
H. 3,1 cm
Spätes 19. Jh.
Geschickt hält der kniende sennin den Fuß
so, daß die riesige dreibeinige Kröte mühelos über seinen Rücken klettern kann.
TEKKAI SENNIN
Tekkai Sennin (wörtlich: EisenkrückeUnsterblicher, chin. Li Tieguai) ist einer
der Acht Unsterblichen und soll in der
Sui-Zeit (581-618) gelebt haben. Li Tieguai wurde von Laozi und Wenqiu in die
Lehren des Daoismus unterwiesen. Eines
Tages wollte er zu einem Treffen mit
Laozi auf den Berg Hua. Seinem Schüler
sagte er, daß sein physischer Körper zurückbleiben, während seine Seele (hun)
die Reise antreten würde. Falls diese nach
sieben Tagen nicht zurück sei, dürfe er
den Körper einäschern. Der Schüler
äscherte den Körper am 6. Tag ein und
als Lis Seele am 7. Tag zurückgekehrte,
fand er seinen Körper nicht mehr vor.
Daraufhin schlüpfte er in den Körper
eines Bettlers, der gerade verhungert war.
In der Kunst wird er daher als ärmlicher
Krüppel mit häßlichem Gesicht und Eisenkrücke dargestellt, der mit gespitzten
Lippen seine Anima auf die verhängnisvolle Reise schickt.
58
TEKKAI SENNIN
Holz, Pupillen aus Silber
H. 9,3 cm
Signatur unlesbar
18. Jh.
Der sennin kann anhand seiner Krücke,
Haltung und der Mimik des Aushauchens
seiner Anima als Tekkai identifiziert werden. Das Geschwür am Hals ist Hinweis
auf den kranken Bettler.
59
TEKKAI SENNIN
Holz
H. 10,1 cm
19. Jh.
26
Der Mund des sennin ist zum Aushauchen
seiner Anima geöffnet. Die Linke ist auf
eine Krücke gestützt. Die Kalebasse ist ein
weiteres Attribut des Tekkai. Die Schnurführung verläuft, wie bei frühen Stücken
üblich, durch den Ärmel.
60
TEKKAI SENNIN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 6,7 cm
19. Jh.
Der Unsterbliche haucht seine Anima aus,
die sich als Figur mit Kalebasse und Krücke auf einer Atemfahne entfernt.
KIKUJIDÔ
Kikujidô (wörtlich ChrysanthemenKnabe, chin. Ju Zitong), der Lieblingspage des Kaisers Bokuô (chin. Muwang, reg.
1001-946 v. Chr.) der Zhou-Dynastie,
hatte eines Tages mit der Fußspitze das
kaiserliche Kissen berührt. Für dieses
Vergehen wurde er vom Kaiser ins Exil
geschickt. Doch bevor er ging, gab ihm
der Kaiser einen buddhistischen Spruch
mit auf den Weg, der Gesundheit und
langes Leben garantieren sollte. Damit er
diese Worte nicht vergißt, schrieb er sie
immer wieder auf Chrysanthemenblätter.
Der Tau, der die Worte morgens weg
wusch, wurde das Elixier immerwährender Jugend (furô fushi no kusuri, wörtlich: Nicht Altern-Nicht SterbenMedizin).
61
KIKUJIDÔ
Elfenbein
H. 2,5 cm; L. 8 cm
17./18. Jh.
Der junge Mann liegt auf seinen linken
Arm gestützt; in der Rechten hält er einen
Chrysanthemenzweig mit zwei Blüten. Das
himotôshi wird gebildet durch eine Kalebasse am Rücken.
Die Gestaltung leitet sich möglicherweise
ab von der chinesischen, sogenannten
„doctor's lady“. Diese Handschmeichler
der Ming-Zeit waren in Japan mindestens
seit dem 18. Jahrhundert bekannt, wie aus
einer Illustration im Sôken kishô hervorgeht. Die Art der Gesicht- und Körpergestaltung erinnert an chinesische ElfenbeinFiguren des 17. Jahrhunderts.
Auf Grund der Form des Netsuke kann
dieses Stück auch als Pinselablage verwendet werden.
62
KIKUJIDÔ
Buchsbaum
Ø 4,8 cm
19. Jh.
Im Inneren einer großen Chrysanthemenblüte sitzt Kikujidô. Auf der Rückseite sind
zwei große Blätter dargestellt; der unterschnittene Stengel bildet das himotôshi.
Eine in Komposition ähnliche Darstellung
dieses Themas befand sich ehemals in der
Sammlung Bushell. Hier ist der langhaarige chinesische Knabe in einem Kranz von
Blütenblättern dargestellt. Die Interpretation Bushells, daß es sich hier um eine Arbeit in der Art einer Cameo-Brosche handelt, ist nicht nachzuvollziehen (Bushell
1989b, S. 117, Abb. 157).
63
KIKUJIDÔ
Elfenbein
H. 3 cm; L. 4,2 cm
Mitte 19. Jahrhundert
27
64
KIKUJIDÔ
Elfenbein
H. 5,1 cm
Mitte 19. Jh.
65
ATTRIBUTE DES KIKUJIDÔ
Elfenbein
L. 3,6 cm
Sign.: Ryûsen
Edo, ca. 1850/1870
Ehemalige Sammlung De Belder
Das Kopfkissen des Kaisers, Chrysanthemenblüten und Blätter, ein Pinsel sowie –
auf der Unterseite – ein Tuschestück und
ein pfirsichförmiger Tuschereibstein bilden ein kompaktes, in sich geschlossenes
Stilleben. Im Kopfkissen ist in anabori eine
Landschaft mit Kiefer und Bach dargestellt.
Die Spitze des Pinsels und die Tusche im
Reibstein sind schwarz eingefärbt.
66
CHÔKARÔ
Manjû-Netsuke
Elfenbein
Ø5,7 cm
Sign.: Ikkansai Inshi (Kazuyuki) und kaô
Mitte 19. Jh.
Der sennin läßt sein Pferd, das auf der
Rückseite des manjû dargestellt ist, aus
einer Kalebasse springen.
Chôkarô (chin. Zhangguo Lao), der zu den
Acht Unsterblichen zählt, verfügt über
übernatürliche Fähigkeiten. Er soll immer
einen Flaschenkürbis mit sich getragen
haben, um bei Bedarf ein Pferd daraus zu
zaubern.
Abgeb. in: Lazarnick 1982, Bd. 1, S. 515-516
67
CHINNAN
Elfenbein, Pupillen des Drachen aus Horn
H. 4,6 cm
19. Jh.
Almosenschale und Drache sind zwar auch
die Attribute des rakan Handaka sonja,
doch Gewand, Hüftschutz, Pluderhosen
und der spitze Bart weisen die Figur als
Chinesen und somit Chinnan aus.
Chinnan (chin. Chen Nan) war für seine
exzentrische Lebensweise bekannt und
wird in der Malerei barfüßig auf einem
Strohhut dargestellt, weil er eine Fähre
verpaßt hatte und sich daher auf diese
Weise über das Wasser fortbewegte. Der
große, flache Hut ist das Hauptattribut des
meist im Flickengewand dargestellten sennin. Wegen seiner Fähigkeit, Regen herbeizaubern zu können, wird er auch mit einem Drachen dargestellt.
68
KINKÔ SENNIN
Elfenbein, Pupillen des Tieres aus Horn
H. 6,5 cm
Frühes 19. Jh.
Ein riesiger Karpfen mit Kinko auf dem
Rücken steigt aus den Wellen.
Kinkô (chin. Qin Gao) zog durchs Land,
wobei er auf der Trommel und der qin
(jap. kin, Bestandteil seines Namens) musizierte und Fische malte. Eines Tages wurde
er vom König der Fische eingeladen, die
Flußwelt zu besuchen. Auf dem Rücken
eines Karpfens kehrte er von dort zurück
und ermahnte seine am Flußufer wartenden Schüler, keine Fische mehr zu töten.
Nach einer anderen Version der Legende
erwarteten ihn am vereinbarten Tag seiner
28
Rückkehr seine Schüler am Ufer. Auf einem Karpfen reitend entstieg er den Wellen. Nachdem er einen Monat lang seine
Adepten unterwiesen hatte, entschwand er
wieder in den Fluten. Laut Weber enthält
die Schriftrolle in der Hand Skizzen aus
dem Reich der Fische, die er für seine Bilder verwenden wird.
69
KUME SENNIN
Elfenbein
H. 5,4 cm
Sign.: Ono Ryôkô
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Wahrscheinlich geht dieses Motiv zurück
auf eine Legende um den einzigen japanischen sennin, Kume, der vom Himmel aus
eine Wäscherin beobachtete, sich in diese
verliebte und aus den Wolken fiel.
Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 477, Abb.
5 und Werdelmann 1989a, S. 47
29
Chinesische Figuren aus Geschichte,
Literatur und Alltag
Mit der Einführung des Zen-Buddhismus
aus China gelangten chinesische Bücher
und Malereien nach Japan, die ein breites
Wissen über chinesische Literatur, Geschichte und Sagengestalten vermittelten.
Bei der Etablierung chinesischer Legenden in Japan spielte zudem das NôTheater der Muromachi-Zeit eine besondere Rolle. Viele chinesische Figuren waren Themen von Nô-Dramen. In den
nachfolgenden Jahrhunderten fanden sie
Aufnahme in populäre Balladen und kabuki. Chinesische Figuren wurden auf
diese Weise einer breiten Bevölkerung
bekannt.
Der wohl wichtigste chinesische
Roman bzw. dessen japanische illustrierte Ausgaben, der die Netsuke-Schnitzer
inspirierte, war das Sangokushi (chin.
Sanguozhi, dt. Geschichte der Drei Reiche) des Chen Shou (233-297), das jedoch
erst im 14. Jahrhundert als historischer
Roman mit dem Titel Sanguozhi yanyi
(Erweiterte Geschichte der Drei Reiche)
berühmt wurde. Das Sangokushi schildert
die politischen Unruhen des 3. Jahrhunderts n. Chr., als die Königreiche von
Wei, Wu und Shu um die politische Vorherrschaft kämpften. Die drei Schwurbrüder vom Pfirsichgarten Ryûbi, Kan'u
und Chôhi verbündeten sich, um Recht
und Gerechtigkeit wiederherzustellen.
Diese drei Generäle (shokusanketsu) tauchen – einzeln oder zusammen – sehr oft
als Netsuke-Motiv auf.
Weiterhin gab es eine große Anzahl von Geschichten, die Tugenden wie
Demut, Loyalität, Mut und Kindespietät
exemplifizieren. Zu den berühmtesten
legendären Gestalten zählt der Teufelsbezwinger Shôki. Aber nicht nur historische und legendäre Gestalten beeinflußten die Schnitzer, sondern auch berühmte chinesische Dichter und Personen aus
dem chinesischen Alltag dienten als Thema.
KAN'U
Die Geschichte von Kan'u (chin. Guan
Yu, gest. 220), Chôhi (chin. Zhang Fei)
und Ryûbi (chin. Liu Bei, später als Kaiser Gentoku [chin. Xuande)]genannt)
wird im Roman Sangokushi (Geschichte
der Drei Reiche) geschildert. Im „Pfirsich-Garten“ leisteten sie einen Treueschwur und erkämpften die Etablierung
von Ryûbi als König von Shu im Jahr 221
n. Chr., einem der legitimen Nachfolger
der 220 gestürzten Han-Dynastie und
Begründer eines der Drei Reiche. Kan’u
wurde 1594 aufgrund seiner Loyalität
und seines Mutes zum Kriegsgott mit
dem Namen Guandi ernannt. Er war
auch Schutzgott der Gerechtigkeit und
der Kaufleute. Vor allem in Südchina
sehr beliebt, beeinflusste die Art seiner
Gestaltung die Schnitzarbeiten in Japan.
Die Darstellungen von Kan'u basieren auf den zahlreichen chinesischen
Wiedergaben des populären Guandi. Die
ihn identifizierenden Merkmale sind seine ernsthafte Erscheinung, seine Hellebarde „Blauer Drache“ (Seiryûken), der
lange Bart, über den er sich mit der Hand
streicht, und die Kappe mit MondEmblem und herabhängendem Tuch. Das
physiognomische Merkmal großer, nach
oben schräg gestellter Augen geht auf
chinesische Darstellungsweisen zurück.
In den japanischen Mallehr- und Vorlagebüchern ist er häufig anzutreffen.
30
70
DIE DREI GENERÄLE
Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn
H. 4,4 cm
Mitte 19. Jh.
In der Mitte steht Ryûbi, der spätere Kaiser
Gentoku, mit in den Ärmeln versteckten
Händen. Er wird flankiert zu seiner Rechten von Kan'u mit Hellebarde, der sich
über den Bart streicht, und Chôhi mit Lanze und wehendem Bart.
71
KAN'U
Elfenbein
H. 8,8 cm
18. Jh.
Die kompakte, statuarische Form und die
Gewandgestaltung erinnern an chinesische
Elfenbeinfiguren des Kan'u aus dem 17.
Jahrhundert.
72
KAN'U
Hirschhorn
H. 10,6 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Dies ist ein ungewöhnlich großes Netsuke
aus Hirschhorn, ein Material, das in der
Regel für kleinere Stücke verwendet wurde.
Die natürliche Höhlung des Materials ist
am Kopf und an den Füßen mit einem
Pflock verschlossen.
Abgeb. in: NKSJ, Bd. 6, Nr. 1 (Frühling
1986), S. 32
73
KAN'U
Elfenbein
H. 7,9 cm
2. Hälfte 18. Jh.
74
KAN'U
Elfenbein
H. 13 cm
18. Jh.
Die streng frontale Auffassung dieses
Kan'u und die sehr große Form, die sich
aus dem hohen, dreieckigen Zahnsegment
ergibt, ist typisch für das 18. Jahrhundert.
75
KAN'U
Elfenbein
H. 5,4 cm
Sign.: Nagatsugu
1. Hälfte 19. Jh.
Im Gegensatz zu den vorangegangenen
Figuren hat diese eine dynamische Haltung, die motivisch auf Illustrationen der
Mallehrbücher zurückgeht.
Abb. 6
Shoshoku e kagami, 1794, S. 11b
76
KAN'U
Buchsbaum
H. 5 cm
Frühes 19. Jh.
Die breitbeinig stehende, korpulente Gestalt verkörpert Willenskraft und Entschlossenheit. Die Figureninterpretation ist
vergleichbar mit den Darstellungen des
31
Kan'u in der Malerei und Holzschnittkunst.
ob Gyokurintei dieses Thema mehrfach
geschnitzt hat.
77
CHÔHI
Hirschhorn
H. 6,8 cm
19. Jh.
79
GENTOKU UND KÔMEI
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,6 cm
Sign.: Sekkô
Mitte 19. Jh.
Der grimmige Gesichtsausdruck, der ausgebreitete Bart und das Beil sind die Erkennungsmerkmale des Chôhi.
78
KÔMEI
Buchsbaum
H. 3,5 cm
Sign.: Gyokurintei
Edo, ca. 1850/1860
Auf einer Sockelplatte sitzt ein lesender,
chinesischer Würdenträger vor einem
Tischchen auf dem Bücher, ein Tuschereibstein und drei Pinsel liegen. Um den
Rücken ist ein Schwert gebunden.
Wahrscheinlich handelt es sich um den
General und Staatsmann Sho Katsuryô
(chin. Zhu Geliang, 181-234), besser bekannt als Kômei, den späteren Berater des
Kaisers Gentoku. Der Legende nach besuchte Gentoku mit seinen Genossen
Kan'u und Chôhi Kômei in einer Winternacht. Geduldig warteten sie sechs Stunden
lang bis Kômei von seiner Lektüre aufblickte, um ihm dann den Vorschlag zu
unterbreiten, Berater der neuen Regierung
zu werden.
Meinertzhagen erwähnt unter Gyokurintei
das Netsuke eines "Kwanyu reading“ (MCI,
S. 99), wobei er möglicherweise das Stück
in der Sammlung Behrens (Joly 1912, Tafel
LXIV, Nr. 4811) meint. Wahrscheinlich
handelt es sich um Kômei. Es scheint, als
Hinter dem sitzenden Kômei mit geschlossenem und aufgestelltem Fächer steht Gentoku.
Abgeb. in: MCI, S. 722
80
YOJÔ
Buchsbaum, Augen aus Messing, Pupillen
aus Horn; himotôshi in Elfenbein gefasst
H. 2,5 cm
Aufschrift: Minko und kaô
Tsu, Provinz Ise, ca. 1800 oder wenig später
Mit einem Ausdruck von Verzweiflung
durchschneidet Yojô (chin. Yu Rang, 3. Jh.
v. Chr.) den Mantel seines neuen Dienstherrn, des Kaisers Chô Bujutsu), um somit
zumindest symbolisch den Mord an seinem ehemaligen Herrn, Kaiser Chihaku,
zu rächen.
Die gedrungene Form des Netsuke sowie
die Einlagen aus verschiedenen Materialien
sind zwar typisch für Minko, doch überzeugen letztlich Schriftstil der Signatur und
Schnitzarbeit nicht. Die in ukibori ausgeführten Wolkenmuster des kaiserlichen
Gewandes fügen sich nicht in das Œuvre
des Minkô.
Abb. 7: Ehon shahô bukuro, 1770 (1. Aufl.
1720), Bd. 6, S. 16a
32
81
YOJÔ
Elfenbein
H. 3 cm
Sign.: Shôunsai
Edo. Ca. 1840/1860
Gesichtsausdruck, Barthaare und Behaarung der Beine und Unterarme sind Zeichen der wilden Entschlossenheit, seinen
ehemaligen Dienstherren zu rächen.
CHÔRYÔ UND KÔSEKIKÔ
Chôryô und Kôsekikô wurden sowohl
zusammen als auch einzeln dargestellt.
Als Kôsekikô (chin. Huangshi Gong), der
mythische „Herr vom Gelben Stein“, eines Tages über eine Brücke ritt, ließ er
seinen Schuh ins Wasser fallen, wo ein
Drache sein Unwesen trieb. Chôryô
(chin. Zhang Liang), einer der drei berühmten Generäle der Han-Dynastie
(Kan no sanketsu), fischte ihn aus den
Fluten und übergab den Schuh. Diese
Geschichte, Thema des Nô-Stücks
Chôryô, ist eine Parabel für verschiedene
konfuzianische Tugenden: Respekt gegenüber den Älteren, Demut und Mut.
82
CHÔRYÔ UND KÔSEKIKÔ
Elfenbein
H. 7,8 cm
2. Hälfte 18. Jh., später überarbeitet
Kôsekikô reitet über eine Brücke. Chôryô
steht auf dem Drachen und reicht den
Schuh nach oben.
Frühe Darstellungen dieses Motivs, hier
erkennbar an der großen, dreieckigen
Form des sparsam beschnitzten Materials,
sind selten.
83
CHÔRYÔ UND KÔSEKIKÔ
Buchsbaum
H. 5,8 cm
Sign.: Isshinsai Unzan
Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
In den brandenden Fluten sitzt Chôryô auf
dem bezwungenen Drachen und reicht
Kôsekikô den Schuh. Die sehr detailreiche
und sorgfältig ausgeführte Arbeit wirkt wie
ein okimono.
84
CHÔRYÔ
Chôryô
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 5,8 cm
Aufschrift: Masanao
Frühes 19. Jh.
Der bärtige General schultert den Schuh
des Kôsekikô und hält das Schwert am Rücken, mit dem er sich gegen den Drachen
verteidigt hat.
Die aus feinen Ranken bestehenden Medaillons auf dem Gewand sind in der Art
des Hidemasa ausgeführt.
85
GÔSHISHO
Holz
H. 4,6 cm
Sign.: Gyokkô
Ca. 1840/1870
Der berühmte General Gôshisho (chin.
Wu Yun) des 5. Jahrhunderts v. Chr. gewinnt die Wahl zum Präsidenten der Pro33
vinzgouverneure, da er die Prüfungsaufgabe löst. Literarisches Talent und Stärke
stellte er unter Beweis, indem er gleichzeitig ein Gedicht schreibt und ein großes,
bronzenes Weihrauchbecken stemmt.
Abb. 8
Ehon shahô bukuro, 1770 (1. Aufl. 1720),
Bd. 5, S. 25b
DIE 24 BEISPIELE DER KINDESPIETÄT
Neben der Loyalität gegenüber dem
Herrscher galt in China die kindliche
Pietät gegenüber den Eltern als die allerhöchste Pflicht. In der Yuan-Zeit (12711368) stellte Guo Jujing aus verschiedenen Quellen 24 Beispiele der Kindespietät (nijûshikô, chin. ershisi xiao) zusammen. Diese waren in Japan Grundlage für
das bebilderte Werk Nijûshikô shisen, das
japanischen Malern als Vorlagebuch für
ihre Darstellungen dieser Themen diente.
Die 24 Beispiele waren im Zuge des zunehmenden Einflusses konfuzianischer
Ethik im Japan der Edo-Zeit Allgemeingut und wurden auch in volkstümlichen
Enzyklopädien, wie beispielsweise dem
Setsuyô (E.A. 1714), erläutert.
86
KAKU SANNAN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 5,8 cm
19. Jh.
Um ihre zahnlose Mutter vor dem Hungertod zu bewahren, läßt Kaku Sannan
(chin. Hu Shannan), auch Tôfujin (chin.
Tang Furen) genannt, aber besser bekannt
in der Netsuke-Literatur als Saishi, sie an
ihrer Brust trinken. In der Regel wird bei
diesem Thema auch die Mutter dargestellt.
Die Erzählung von Kaku Sannan ist das 10.
Beispiel der Kindespietät.
87
KAKKYÔ
Elfenbein
H. 4,8 cm
Sign.: Kôgyoku
Edo, ca. 1830/1860
Kakkyô (chin. Guo Qu) lebte mit seiner
Familie in bitterer Armut. Seine greise
Mutter sparte sich das wenige Essen vom
Munde ab, damit der Enkel genügend
Nahrung bekommen konnte. Daraufhin
beschlossen die Eltern, ihren Sohn zu töten, damit sie die Mutter versorgen konnten. Als er das Grab für den Sohn ausschaufelt, findet er jedoch einen Kessel mit
einem Goldschatz. Kakkyô ist das 13. Beispiel der Kindespietät.
88
KAKKYÔS FRAU
Zahn
H. 6 cm
18. Jh.
Die Figur einer stehenden Chinesin mit
einem Kleinkind wird in der Regel als
Kakkyôs Frau identifiziert. Diese Bestimmung wird durch Netsuke erhärtet, bei
denen neben einer Frau mit Kind ein Topf
steht.
89
MÔSÔ
Elfenbein
H. 4,5 cm
18. Jh., später überarbeitet
34
Môsô sitzt mit einem Stab auf einem löchrigen Felsen; neben ihm ist ein Bambusschößling zu erkennen. Bei dem abgebrochenen Gegenstand in seiner Rechten handelt es sich wohl um ein Beil.
Môsô (chin. Meng Song) ist das 23. Beispiel der Kindespietät und gehört unter
den Netsuke zu den beliebtesten Darstellungen der 24 Beispiele. Im tiefen Winter
zog Môsô in einen Hain, um Bambussprossen auszugraben. Aus diesen sollte er
für seine kranke Mutter eine kräftigende
Suppe kochen. Die Natur kam dem aufopfernden Sohn zu Hilfe und ließ mitten im
Winter trotz Kälte und Schnee Bambus
sprießen.
90
MÔSÔ
Hirschhorn
H. 8,5 cm
Frühes 19. Jh.
Die Hacke, der Bastschurz, der große
Strohhut mit Schneeflecken und die Bambusschößlinge in der linken Hand sind die
Erkennungsmerkmale des Môsô. Es handelt sich hier um eine ungewöhnlich große
Darstellung.
91
MÔSÔ
Elfenbein, Wurzelnarben aus mehrfarbigem Horn
H. 3,5 cm
Sign.: Chokusai
Osaka, ca. 1900/1920
Môsô ruht sich auf einem überdimensional
großen Bambussproß aus. Der Strohhut
und der Bastumhang sind mit Schnee bedeckt.
SUIKODEN-HELDEN
Der chinesische Roman Suikoden (chin.
Shuihu zhuan, in deutscher Übersetzung
bekannt als „Die Räuber vom Liangshan
Moor“) aus der Zeit um 1330 schildert
die Heldentaten von gesellschaftlichen
Außenseitern unter ihrem Anführer
Song Jiang. Sie kämpften für soziale Gerechtigkeit und gegen korrupte Beamte
des Kaisers Huizong (reg. 1101-1125).
Im frühen 19. Jahrhundert erfreute sich der Roman in Japan großer Popularität. Unter den zahlreichen japanischen Ausgaben des Suikoden ist die des
Takizawa Bakin (1767-1848), das Shinpen
Suiko Gaden (Neuherausgegebenes und
illustriertes Suikoden,1805-1839), hervorzuheben, zumal es von Hokusai illustriert wurde. Berühmt ist auch die Holzschnittfolge Tsûzoku Suikoden gôketsu
hyakuhachinin no hitori (Die 108 Helden
des volkstümlichen Suikoden) von Utagawa Kuniyoshi (1797-1861) aus den Jahren 1827 bis 1830. Sie löste eine regelrechte Suikoden-Mode aus. Die bekanntesten chinesischen Suikoden-Helden
sind Rochishin (chin. Li Zhishen), Bushô
(chin. Wu Song) und Riki (chin. Li Kui).
92
BUSHÔ
Elfenbein
H. 3,8 cm
Sign.: Shungetsu
Edo/Tokyo, ca. 1850/1880
Die Geschichte von Bushô, einer der Helden aus dem Suikoden, wird im 22. Kapitel
erzählt. Nach einem üppigen Mahl und viel
Wein setzt Bushô seine Reise fort, obwohl
er vom Wirt vor einem großen Tiger gewarnt wird, der bereits 25 Menschen um35
gebracht hat. In einer Nacht begegnet er
dem Raubtier. Als er dessen Angriff mit
seinem Knüppel abwehrt, birst dieser entzwei. Daraufhin tötet Bushô nach einem
blutigen Kampf den Tiger mit bloßer
Faust. Die Ortsbewohner bedankten sich
bei ihm, in dem sie ihn mit einem hohen
militärischen Rang auszeichneten.
93
ROCHISHIN
Buchsbaum, Augen und Zähne des Niô aus
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 4 cm
Ca. 1830/1850
Rochishin gehört ebenfalls zu den bedeutenden Gestalten des Suikoden. Sein ursprünglicher Name war Rotatsu. Er ermordete einen Fleischer und floh daraufhin in ein Kloster, wo er Mönch wurde und
den Namen Kaoshô Rochishin annahm.
Doch sein ungestümes Temperament
brach immer wieder aus. In Kapitel 2 wird
geschildert, wie er die Statue eines Tempelwächters zerstörte. Die Darstellung bezieht sich auf diese Episode und zeigt
Rochishin, auf dem riesigen Kopf eines Niô
sitzend, mit Schuh in der angehobenen
Hand.
94
SONGOKÛ
Elfenbein
H. 3,6 cm
Sign.: Yoshinobu
2. Hälfte 19. Jh.
Mit dem Schwert in der Hand hält der Affe
Songokû Ausschau nach dem Feind, der
seine Reisegefährten bedroht.
95
SONGOKÛ
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Glas (?)
H. 4,5 cm
Mitte 19. Jh.
Songokû (chin. Sun Wukong), der Affendiener des Sanzô hôshi, ist einer der beliebtesten Protagonisten aus dem Roman
Saiyûki (chin. Xiyouji, dt. Die Reise nach
dem Westen) aus dem Jahr 1570. Er schildert die Abenteuer des Mönches Gensô
Sanzô (chin. Xuanzang Sanzang, in Japan
besser bekannt als Sanzô hôshi), der 629
nach Indien reiste und dort 17 Jahre lang
buddhistische Reliquien und Sutren sammelte. Er wurde begleitet vom Affen Songokû, dem Eber Chohakkai (chin. Zhu
Wuneng) und einem Dämon.
SHÔKI
Shôki (chin. Zhong Kui) soll im 7. Jahrhundert gelebt haben. Weil er in einer
Beamtenprüfung durchfiel und er keine
Position in der Regierung erhielt, brachte
er sich um. Der Kaiser hatte Mitleid und
gewährte ihm trotzdem eine offizielle
Beerdigung. Daraufhin bedankte sich
sein Geist beim Kaiser, indem er schwor,
das Land von Teufeln zu befreien.
Unermüdlich jagt Shôki seither
mit gezücktem Schwer und wehendem
Bart die flinken und listigen oni. Doch im
Gegensatz zu seinem Ruhm, Teufel vertreiben zu können, erscheint er als
Netsuke oft als selbst von Teufeln gepeinigte Gestalt. In Japan wird seine Jagd
nach den Teufeln unter Betonung vor
allem der komischen Aspekte immer
wieder und nicht nur bei Netsuke dargestellt. Die ganze Bandbreite der Shôki36
Darstellungen ist auf drei Seiten des
Shoshoku e kagami (Bilder-Spiegel für
alle Handwerkszweige) (1794) von Keisai
Masayoshi (1764-1824) zu sehen.
96
SHÔKI UND ONI
Elfenbein
H. 7,6 cm
Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh.
Vorwitzig schaut ein oni über die Krempe
von Shôkis charakteristischem, großem
Hut. Die Figurenauffassung und die nach
oben sich erweiternde Form von dreieckigem Querschnitt sind typisch für eine Arbeit aus Kyoto.
97
SHÔKI
Buchsbaum
H. 6,6 cm
Spätes 18. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der erfolgreiche Teufelsjäger hat einen
schreienden oni gefangen, den er in einer
verschnürten Bastmatte auf dem Rücken
abtransportiert. Ungewöhnlich sind die
Hutkrempe und die Schuhe aus Silber,
wahrscheinlich eine Kaschierung von Beschädigungen.
98
SHÔKI
Elfenbein
H. 7,2 cm
Spätes 18. Jh.
Grimmig schaut der Teufelsjäger nach
oben, in der Rechten das gezogene
Schwert, auf dem Rücken die Scheide.
99
SHÔKI
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,8 cm
Sign.: Gyokuôsai
Mitte 19. Jh.
Entschlossen, endlich einen oni zu erwischen, schärft Shôki sein Schwert an einem
Stein. Diese Darstellung ist auch im Shoshoku e kagami anzutreffen.
Abb. 9
Shoshoku e kagami, 1794, S. 9a
100
SHÔKI
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus versilbertem Kupfer; Kapsel in
kikugata-Form aus Elfenbein
Ø 4,3 cm
Sign.: Kainô
Mitte 19. Jh.
Mit gezogenem Schwert lauert Shôki einem oni auf, der sich in einer Grotte versteckt. Ein sehr ähnliches Motiv befindet
sich im Banbutsu hinagata gafu.
Abb. 10
Banbutsu hinagata gafu, 1874, Bd. 1, S. 16b
101
SHÔKI
Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign. in hiragana: Harutomo
Mitte 19. Jh.
Mit grimmigem Gesichtsausdruck hält
Shôki Ausschau nach einem oni.
37
102
SHÔKI
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 5 cm
Sign.: Masakazu
1. Hälfte 19. Jh.
Wutentbrannt und zielgerichtet schaut
Shôki nach unten, um mit einem Schwert
einen Teufel zu erwischen. Körperhaltung
und Gewandgravuren erinnern an Netsuke
von Hidemasa.
103
SHÔKIS KAPPE
Buchsbaum
H. 6,2 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Brockhaus
Shôkis Kappe liegt auf einem Tischchen,
unter dem sich ein oni versteckt, der nur
darauf wartet, sich die Kappe schnappen
zu können. Unter der flachen Sockelplatte
befindet sich eine in breiter Gravur dargestellte Fratze. Der Ranken-Dekor des Tisches ist in ukibori ausgeführt.
104
ONI
Buchsbaum
H. 3,1 cm
19. Jh.
Die Maske des Kan'u mit langem Bart erzeugt bei dem oni ein hämisches Grinsen.
105
SHÔKI
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shibuichi, Details aus Gold und
Silber; Kapsel aus Elfenbein
B. 4,1 cm
Sign.: Shûraku und kaô
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Auf der rechteckigen Platte mit abgeschrägten Ecken ist in Relief der kniende
Shôki mit einer Peitsche und einem Fangseil dargestellt.
Shûraku benutzte oft ausgefallen geformte
Kapseln für seine kagamibuta-Netsuke.
CHINESEN
Im Gegensatz zu den Holländern sind die
ebenfalls in Nagasaki ansässigen Chinesen weniger häufig dargestellt worden.
Sie sind an ihren Hosen, den langen Jacken und spitzen Hüten zu erkennen.
Diese Netsuke sind fast immer aus Elfenbein und stammen meist aus dem 18.
Jahrhundert. Darunter gibt es Darstellungen festlich gekleideter Chinesen mit
dem typischen Mandschu-Hut. Sie tragen
gelegentlich, wie bei Festumzügen üblich,
eine Trompete.
106
CHINESE
Elfenbein
H. 5,3 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Wanderer mit kleinem Haardutt ruht
sich auf einem steilen Felsen aus.
107
CHINESISCHE DAME
Holz
H. 8 cm
Sign.: En(?)ko
Frühes 19. Jh.
38
Würdevoll hat die zur Seite schauende chinesische Dame vor der Brust die Hände in
die Ärmel versteckt. Ihr Habitus erinnert
an die Gewandung von Damen der TangZeit. Vielleicht handelt es sich um Yô Kihi
(chin. Yang Guifei), die Geliebte des Kaisers Gensô Kôtei (chin. Xuanzong, 713756). Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert waren Malereien von chinesischen
Schönheiten, u.a. Yô Kihi, unter den Malern in Kyôto sehr beliebt.
108
CHINESE
Elfenbein
H. 8,7 cm
18. Jh.
Der stehende, alte Chinese streicht sich
über den fast bis zu den Knien reichenden
Bart. Die beiden großen Löcher für die
Schnurführung und die Patina sprechen
für eine frühe Entstehung dieser Arbeit.
109
CHINESE
Elfenbein
H. 9 cm
18. Jh.
Der spitzbärtige, lachende Chinese hält in
der Linken eine Trompete. Das lange, ärmellose Übergewand ist in Gravur mit Blüten und Ranken dekoriert. Auf dem Scheitel des Hutes ist ein Wirbel zu erkennen,
wodurch der Hut den Mandschuhüten
ähnelt.
110
CHINESE
Walroßzahn
H. 9,1 cm
18. Jh.
Geschickt wurde hier die Spitze eines Walroßzahns mit glänzender und glasiger Patina verarbeitet.
111
SÔSHI
Elfenbein
H. 3,7 cm
Sign.: Masatsugu
Osaka, ca. 1840/1863
Die sitzende Figur hat die Arme über den
Knien verschränkt. Neben ihr liegt ein aufgeschlagenes Buch, so als sei die Person
über dem Lesen eingeschlafen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es
sich hier um den daoistoischen Philosophen Sôshi (chin. Zhuangzi, bzw. Zhuang
Zhou, ca. 365-290 v. Chr.), der Verfasser
berühmter philosophischer Schriften, die
unter dem Namen Nanhua zhenjing (Das
wahre Buch vom Südlichen Blütenland)
742 kanonisiert wurden. In Buch 2, Kapitel
12, wird der berühmt gewordene Traum
geschildert, indem sich Zhuangzi als ein
Schmetterling sah. Als er aufwachte, wußte
er nicht, ob er geträumt hatte, daß er ein
Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hatte, daß er Zhuangzi sei –
eine Parabel für die Verwechslung von
Wirklichkeit und Traum.
Ein fast identisches Netsuke, das als Sôshi
beschrieben wird, mit Signatur Kaigyoku
Masatsugu befand sich ehemals in der
Sammlung Bushell (Bushell 1979a, S. 38,
Nr. 82).
112
RIHAKU
Rihaku
Elfenbein
H. 3,3 cm; L. 4,2 cm
Frühes 19. Jh.
39
Rihaku (chin. Li Bai, 701-762) war einer
der berühmtesten Dichter Chinas, der auch
wegen seiner übermäßigen Liebe zum
Wein bekannt wurde. Von NetsukeSchnitzern wurde er meist betrunken, an
ein Weinfaß gelehnt, dargestellt.
Der chinesische Dichter Rinnasei (chin.
Lin Hejing bzw. Lin Bu, 967-1028), war
berühmt für seine Gedichte über Pflaumenblüten. Er ist häufig in Begleitung eines Kranichs dargestellt, der von einem
Knaben gefüttert wird.
113
RIHAKU
Elfenbein
H. 4,9 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
116
SHIBA ONKÔ
Elfenbein
H. 2,7 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die ausgelassene Fröhlichkeit und Gestik
dieser Figur könnten die Folge von übermäßigem Weingenuß sein.
Um einen großen Bottich scharen sich fünf
spielende und musizierende chinesische
Kinder. Aus einem Loch stürzt ein Wasserschwall hervor, der einen Knaben heraus
spült.
Illustriert ist die Legende vom später berühmten Historiker Shiba Onkô (chin.
Sima Guang, 1009-1086), der einen Spielkameraden, der in einen Wasserbottich
gefallen war, rettete, indem er das Gefäß
mit einen Steinwurf zertrümmerte.
114
CHINESISCHER WÜRDENTRÄGER
Holz, polychrom gefaßt
H. 5,8 cm
Sign.: Shûzan
Osaka oder Nara, ca. 1860/1880
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Aus den Malvorlagebüchern des 18. Jahrhunderts sind einige Personen bekannt, die
eine ähnliche Kappe wie diese Figur eines
Würdenträgers tragen und einen Blattfächer halten: der General und Staatsmann
Sho Katsuryô (chin. Zhu Geliang, auch
bekannt als Kômei, 181-234) und der Zauberer Gomô (chin. Wu Meng).
Die rosa umrandeten Kreise, die sich zu
Wolken formieren, sind ein typischer Gewanddekor bei Arbeiten des Shûzan.
115
RINNASEI
Elfenbein
H. 4 cm
Sign.: Norishige
Edo, ca. 1830/1860
117
GELEHRTER
Elfenbein
H. 4,6 cm
19. Jh.
Der Typus des sich auf einer Sockelbank
ausruhenden Gelehrten erinnert an chinesische Siegel mit einem gegenständigen
Knauf. Das Motiv ist hier um eine Katze
bereichert, die zu einer Ratte auf der Sockelwandung schaut.
118
GELEHRTER
Manjû-Netsuke
Roter Schnitzlack
40
Ø 4,3 cm
19. Jh.
Der Gelehrte, der auf einen Baumstamm
schreibt, ist eine Anspielung auf den
Schriftkünstler Ôgishi, der gelegentlich
dargestellt wird, wie er auf einen großen
Felsen schreibt. Hinter ihm steht ein Knabe mit einem Tuschereibstein.
119
ÔGISHI
Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign.: Garaku
Osaka, ca. 1850/1860
Es könnte sich um den berühmten Schriftkünstler Ôgishi (chin. Wang Xizhi, 303361) handeln oder den Dichter Tôenmei
(chin. Tao Yuanming, 365-427), der oft mit
dieser Kopfbedeckung dargestellt wird.
Die tiefen Gravuren der Gewandmuster
und das mit schwarzer Tusche eingefärbte
Mäander am Saum der Kopfbedeckung
sind typische Merkmale des Osaka-Stils.
120
AFFENGAUKLER
Elfenbein
H. 6,6 cm
Frühes 19. Jh.
Der Gaukler in höfischer Tracht hat einen
kleinen Affen an den Gürtel gebunden.
121
CHINESE UND KARAKO
Elfenbein
H. 6,4 cm
Ca. 1800/1820
Die chinesische Haartracht und das eher
europäisch anmutende, vorn geknöpfte
Gewand mit Halskrause sind nicht in Einklang zu bringen mit dem Korb und den
an einem Seil baumelnden Fisch, die die
Figur als Fischer ausweisen.
122
FISCHER
Elfenbein
H. 7,9 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Zu den vier Grundberufen in China zählen
Fischer, Holzfäller, Bauer und Gelehrte.
Die Wertschätzung dieser Tätigkeiten wird
zum Beispiel in der Parabel vom Holzfäller
und dem Fischer deutlich.
123
REITER
Elfenbein, Pupillen des Tiers aus rotbraunem Horn (?)
H. 6,9 cm
Sign.: Toyomasa
Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung O'Brien
Ein Reiter mit Gelehrten-Käppchen hält
den Zügel eines Pferdes, über dessen Rücken eine reich dekorierte Satteldecke liegt.
Die Identifizierung dieser Figur ist auch
wegen der ergänzten linken Hand, die
möglicherweise das Attribut hielt, nicht
möglich.
Die Signatur wurde wohl in späterer Zeit
angebracht.
Abgeb. in: Mary Luise O'Brien, Nesuke: A
Guide for Collectors, Rutland, Vermont/Tokyo, Japan, 10. Aufl. 1986 (Zeichnung)
41
124
REITER
Pottwalzahn
H. 4,3 cm
19. Jh.
125
CHINESE UND KARAKO
Elfenbein
H. 4,2 cm
Mitte 19. Jh.
Trotz des charakteristischen MandschuHutes ist diese Figur nicht näher zu identifizieren.
Ein lachender Chinese hält die Handpuppe
eines Pferdekopfes hoch. Vor ihm hockt
ein chinesischer Knabe, der an dem über
die Nüstern gelegtem Band zieht. Die Gewandmuster sind in der Art des Hidemasa
ausgeführt.
42
Buddhistische Figuren
Während der Edo-Zeit war der Einfluß
des Buddhismus auf das Geistesleben
und die Produktion von Kultwerken unerheblich. Die zen-buddhistischen Priester jedoch bemühten sich, durch eine vereinfachte Schreibweise, Neuinterpretationen der klassischen Texte und humorvolle wie karikierende Malereien bei der
breiten Bevölkerung Verständnis für die
Zen-Lehren zu wecken.
Die buddhistischen Heilsgestalten
unter den Netsuke sind diejenigen, die
aufgrund ihrer unbeirrbaren und rigorosen Bemühungen um die Erleuchtung zu
Symbolgestalten des Zen-Buddhismus
geworden sind: die rakan und Daruma.
Die Bodhisattva Kannon, Monju und
Fugen hingegen repräsentieren verschiedene Prinzipien der zen-buddhistischen
Lehre. Die Zen-Exzentriker Kanzan und
Jittoku waren besonders beliebt. Es war
sicherlich die geistige Souveränität und
die prinzipielle Ablehnung von Kultfigur
und Schrifttum seitens der zenbuddhistischen Lehre, die es zuließen,
daß diese Heilsgestalten als Motive von
Gebrauchsgegenständen fungierten. Es
ist nicht auszuschließen, daß sich die
Zen-Priester durch diese Popularisierung
im Rahmen eines täglich verwendeten
Accessoires eine Art Werbung für die
zen-buddhistischen Lehren versprachen.
Die wichtigen Heilsfiguren (Shaka, Amida, Yakushi etc.) der Jôdo- und
anderer buddhistischer Sekten hingegen
werden als Netsuke nicht dargestellt. Anzutreffen sind aber Gottheiten aus den
niedrigeren Rängen des buddhistischen
Pantheons wie der Höllenkönig Enmaô.
Diesem sind zahllose Teufel (oni ) als
Folterknechte zu Diensten, die, obwohl
sie das Böse verkörpern, oft vermenschlicht und humorvoll dargestellt werden.
Die Niô, die kraftstrotzenden Wächterfiguren am Haupttor eines buddhistischen
Tempels, waren als Netsuke sehr beliebt.
Häufig sind auch die tennin, geflügelte
Wesen, und der Wind- und der Donnergott (Fûten und Raiden).
Bezeichnend für die wenig religiöse Einstellung der japanischen Bevölkerung der Edo-Zeit ist die humoristische
und karikierende Darstellung der buddhistischen Heilsgestalten. Sie werden
mit menschlichen Schwächen und gerne
bei Tätigkeiten dargestellt, die im Gegensatz stehen zu den Eigenschaften, die sie
repräsentieren.
126
MONJU-BOSATSU
Elfenbein
H. 4,2 cm
Siegel: Masa...
2. Hälfte 19. Jh.
Der Bodhisattva Monju mit Schriftrolle
sitzt in der Pose der königlichen Gelassenheit auf seinem Reittier, dem Löwen. Diese
Heilsgestalt ist Sinnbild der transzendentalen Weisheit, ein Begriff, der in der Dai
hannya haramitta kyô (sanskr. Prajnaparamitta sutra) dargelegt wird.
127
JIZÔ BOSATSU UND ENMAÔ
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shibuichi mit Relief
aus Kupfer, Gold und Silber;
Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,8 cm
Mitte 19. Jh.
43
Der Bodhisattva Jizô und der Höllenkönig
Enmaô durchschreiten den Sanzu no kawa, den Styx der buddhistischen Hölle. Da
ihnen das Wasser nur bis zu den Knien
reicht, handelt es sich um die Flußstelle
Sensuise. Hier überqueren jene, die sich in
ihrem Vorleben nur leichter Vergehen
schuldig gemacht haben. Jizô und Enmaô
werden Stumpfsinn bzw. Cholerik büßen
müssen, beides Auswirkungen von übermäßigem Sake-Genuß. Denn zusammen
mit einem oni, der die Traurigkeit versinnbildlicht, bilden sie die Konfiguration
der Drei Trunkenbolde (sannin jôgo).
Vorlage für dieses Motiv auf
manjû ist eine Illustration aus
dem 1770 erschienenen Itchô
gafu (Bd. 3, S. 13b/14a).
Abb. 11
Itchô gafu, 1770, Bd. 3, S. 13b,
Museum für Ostasiatische
Kunst Berlin
128
ENMAÔ
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shibuichi und Buntmetalle; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,5 cm
Wahrscheinlich Tokyo, ca. 1870
Die ganze Fläche der Platte wird eingenommen von dem Brustbild eines der zehn
Höllenkönige (Jûô). Er trägt die Tracht
eines chinesischen Richters, auf der Kappe
mit zwei seitlichen Bändern steht in der
Mitte das Schriftzeichen ô (König). Der 5.
Höllenkönig, Enmaô, gilt als der wichtigste: 35 Tage nach dem Ableben eines Verstorbenen richtet er über diesen.
Darstellungen von Enmaô waren in der
frühen Meiji-Zeit besonders beliebt.
NIÔ
In den Seitennischen des Eingangstores
großer japanischer Tempelanlagen befinden sich oft zwei kolossale Tempelwächter (Niô, wörtlich: zwei Könige).
Kongô Rikishi hat den Mund geöffnet,
Kongô Misshaku hat die Lippen zusammengepreßt. Ihre Muskulatur und die
zur Faust geballten Hände symbolisieren
unendliche Kraft und Stärke.
Dem Volksglauben nach gewähren die Niô Gesundheit und Körperkraft.
Sie wurden vor allem von den Postkurieren verehrt, die ihre ausgedienten
Strohsandalen den Gottheiten opferten,
indem sie diese an die Holzgitter vor den
Skulpturen festbanden. Ein Aberglaube
bestand darin, mit einem zerkauten
Stück Papier die kranke Stelle des Körpers zu berühren und dieses anschließend auf die Niô-Statue zu werfen. Blieb
das Papier an der entsprechenden Stelle
kleben, wurde die Krankheit geheilt. Niô
wurden gerne in Situationen dargestellt,
in denen sie ihre Kraft und Geschicklichkeit zeigen konnten.
Zu den bekanntesten Figuren gehören die fast fünf Meter hohen NiôStatuen im Tempel Asakusa Kannon Sensôji in Tokyo. Möglicherweise haben sie
mit zur Beliebtheit dieser Gottheiten als
Netsuke-Motiv beigetragen.
129
NIÔ UND KAGAMI-MOCHI
Elfenbein
H. 3,3 cm
Sign.: Gyokkôsai
Edo, 1840/1870
Der muskulöse Tempelwächter hockt vor
einem großen, runden mochi (Reisku44
chen), auf dem ein zweiter, kleinerer liegt.
Solche mochi, bis zu einem Meter Durchmesser, wurden in der Neujahrszeit den
Tempelwächtern dargebracht. Im Laufe
der Zeit trockneten sie aus und wurden
steinhart. Hier testet ein Niô seine Kraft, in
dem er versucht, den oberen der beiden
mochi auseinanderzubrechen.
Die Darstellung spielt an auf die Sitte des
kagamibiraki (wörtlich: Öffnen des Spiegels) am 11. Tag des ersten Monats, an
dem die hart gewordenen mochi zerbrochen wurden. Ein Teil wurde den Göttern
geopfert, der andere gegessen, um die
„Zähne zu stärken“ und somit eine langes
und gesundes Leben zu bewirken.
130
NIÔ
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 4,9 cm
Sign.: Tomochika
Edo, ca. 1830/1860
Der kraftstrotzende Wächtergott leidet
unter dem Abbrennen von MoxaKügelchen. Die Kauterisation zur Linderung allgemeiner Schmerzen (hier auf dem
sanri, der äußeren Ecke unterhalb des
Knies) gilt als Allheilmittel.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 388, Abb.
25
131
NIÔ
Buchsbaum
B. 3,7 cm
Sign.: Issai
Mitte 19. Jh.
Der Wächtergott fertigt eine überdimensional große Strohsandale (waraji). Da die
Herstellung von waraji als unsaubere Arbeit den Mitgliedern der eta, der niedrigsten Klasse, überlassen wurde, zeigt sich
hier die Demut des Gottes.
Das Motiv des Niô, der eine Sandale herstellt, ist im Takarabukuro von 1837 (Nr.
146) erwähnt. Mitsuhiros Kommentar ist
„carve it amusingly“ (wörtlich: schnitze
eine witzige Gestalt) (Temple 2001, S. 125).
FÛTEN UND RAIDEN
Fûten und Raiden, auch Fûjin und Raijin,
gehören zu den 28 Begleitgottheiten
(Nijûhachi bushû) des Senju Kannon
bosatsu (Tausendarmiger Kannon) und
schweben bei dessen Darstellungen über
dem Haupt der Gottheit. Sie gehören zu
den populären Gottheiten, die in anthropomorpher Gestalt Wind und Donner
verkörpern. Ersterer wird mit einem
Windsack dargestellt. Der andere trägt
auf dem Rücken zwölf kleine Trommeln
mit mitsu-tomoe-Motiv auf der Bespannung sowie zwei Schlegeln in den Händen. Beide sind von dämonenhafter Erscheinung, tragen gelegentlich Hörner,
haben je drei Klauen an den Händen sowie zwei an den Füßen und laufen auf
quellenden Wolken hoch über der Erde.
Als ôtsu-e diente Raiden als Talisman
gegen Blitze. Fûten und Raiden sind sehr
leicht mit oni zu verwechseln. Berühmt
sind die beiden überlebensgroßen Figuren am Fûraijinmon (auch Kaminarimon), dem ersten Eingangstor des
Asakusa Kannon Sensôji in Tokyo.
132
45
FÛTEN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,5 cm
Sign.: Shûôsai
Ca. 1850
Der Windgott öffnet einen kleinen Beutel
(kinchaku), aus dem er eine Wolkenfahne
herauszieht. Dieses Motiv wurde erstmalig
von Tametaka aus Nagoya im späten 18.
Jh. geschnitzt.
133
FÛTEN
Elfenbein
H. 4,7 cm
Sign.: Isshû tô
Spätes 19. Jh.
Die Gestalt verkörpert beide Gottheiten,
einerseits quetscht er Wind aus seinem
Sack, andererseits hat er eine Trommel mit
zwei Schlegeln auf seinen Rücken gebunden.
134
RAIDEN UND FRAU
Buchsbaum mit Resten farbiger Lackbemalung, Augen des Raiden aus Gelbmetall
H. 4,4 cm
Sign.: Tôyô
Ca. 1850
Raiden steigt von einem Wolkenwirbel zu
einer jungen Frau in einen Badezuber. Das
Sujet kombiniert das ôtsu-e-Motiv oni
gyôzui (das Wannenbad des Teufels) und
das Sujet der sich waschenden Frau, die oft
als Okame ausgelegt wird. Der erotische
Charakter dieses Netsuke wird durch die
Gestik des Raiden, der sich den Finger
leckt, verdeutlicht. Das Motiv wurde von
verschiedenen Künstlern aus Hida, wie
Shôkô und Suketada, geschnitzt.
135
RAIDEN
Elfenbein, Pupillen aus Gelbmetall
H. 3,9 cm
Sign.: Shin'yû
Mitte 19. Jh.
Raiden zeigt auf den noch nicht ganz eingezogenen Fuß einer Archenmuschel (akagai), eine suggestio erotica.
136
RAIDEN
Buchsbaum, Augen aus hellem Horn
H. 4,2 cm
Sign.: Toyomasa
Takayama, Provinz Tanba, ca. 1830/1840
Energisch trommelt der Donnergott in der
Mitte eines gewaltigen Wolkenwirbels.
TENNIN
Tennin (wörtlich: Himmelswesen, sansk.
apsara) waren ursprünglich göttliche
Häteren brahmanischer Herkunft, die in
Indras Himmel tanzen, musizieren und
Büßer verführen. Nach der buddhistischen Lehre wird man nach dem Tod in
eine der sechs Welten (rokudô) wiedergeboren. Der sechste Bereich, die Götterwelt, wird von musizierenden und Lotos
streuenden tennin bevölkert. Tennin
symbolisieren daher den Himmel und die
Hoffnung, in diesen Bereich wiedergeboren zu werden. Tennin mit Lotos, Symbol
der buddhistischen Lehre, sind ein häufiges Sujet der Schnitzer aus Edo/Tokyo in
der späten Edo- und frühen Meiji-Zeit.
46
137
TENNIN
Elfenbein
H. 2,3 cm; L. 4,8 cm
Sign.: Tomochika
Edo, ca. 1830/1860
Die elegante Körperbiegung und die flatternden Schals charakterisieren diese fliegende Gestalt mit Lotos, die von Tomochika in dieser Art oft dargestellt wurde.
Tennin sind nicht nur immer wieder in
den Enzyklopädien und Malvorlagebüchern wie dem Shoshoku e kagami (1795, S.
7b/8a) anzutreffen, sondern auch in Musterbüchern für Handwerker wie dem Banbutsu hinagata gafu, wo das Netsuke einer
„Himmelsfrau“ (tenjo) von sechs Seiten
dargestellt ist.
Abb. 12
Banbutsu hinagata gafu, 1874, Bd. 4, S. 18a
138
TENNIN
Ryûsa-manjû
Walroßzahn
H. 3,9 cm
19. Jh.
Für den Künstler der Shibayama-Werkstatt
boten Haarschmuck und Halsketten eine
gute Gelegenheit, ihre Einlegekünste zu
zeigen.
RAKAN
Rakan (sansk. arhat) sind die Schüler des
historischen Buddha Shakyamuni. Sie
werden in Skulptur und Malerei meist als
„indisch“ aussehende, glatzköpfige Gestalten im Mönchsgewand, das die rechte
Schulter und Brust freiläßt, mit großen
Ohren, langen Brauen sowie langen Finger- und Fußnägeln dargestellt. Einige
erhalten Attribute oder sie begleitende
Tiere wie Drache oder shishi. In der
Netsuke-Kunst vermischt sich ihre Darstellungsweise oft mit der von sennin.
140
RAKAN
Elfenbein
H. 4,6 cm; B. 4,3 cm
18. Jh.
Auf der Rückseite dieses manjû befindet
sich zwischen Wolken eine Mundorgel
(sho).
Der Buddha-Schüler mit ausgemergelter
Brust und Krummstab sitzt auf einer Felsenbank. Es ist ein sehr häufiges Motiv,
welches sich von chinesischen Siegeln ableitet. Ein solches Stück ist im Kapitel
„Tôbori netsuke“ (Chinesisch-geschnitzte
Netsuke) im Sôken kishô abgebildet.
139
Abb. 13: Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 17b
TENNIN
Elfenbein mit Einlagen aus Silber und grün
gefärbtem Bein
H. 2,6 cm; L. 3,7 cm
Sign. auf Perlmutterplättchen: Shibayama
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
141
RAKAN SHÛBAKA SONJA
Elfenbein, eine Pupille aus schwarzem
Horn
H. 7 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
47
Der Buddha-Schüler ist an dem großen
shishi auf seiner Schulter namentlich zu
identifizieren. Dieses Netsuke zeigt auch,
daß sich die Darstellungsweise von rakan
und sennin oft vermischt. Denn der lange,
dreigeteilte Bart, der Flaschenkürbis am
Gürtel und der Knotenstab sind stereotype
Attribute eines daoistischen Unsterblichen.
142
RAKAN
Elfenbein
H. 3,9 cm
18. Jh.
143
RAKAN HANDAKA SONJA
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus Silber, kleine Einlagen aus Gold;
Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,4 cm
Sign.: Toshinaga
Mitte 19. Jh.
Der rakan ist aufgrund des neben ihm aus
den Wolken herabsteigenden Drachen als
Handaka sonja zu identifizieren.
Die Platte ist in Relief und Gravur ganz
von dem Motiv ausgefüllt, womit sie sich
von den meisten kagamibuta-Platten unterscheidet.
144
RAKAN SHÛBAKA SONJA
Manjû-Netsuke
Elfenbein
H. 3,2 cm
Sign.: Dôshôsai
Osaka, ca. 1850/1860
Das ausdrucksstarke Gesicht und das große Ohr mit Ohrring sind Hinweise auf die
indische Herkunft des Buddha-Schülers.
Thema und Form dieses manjû sind typisch für diesen Schnitzer.
145
RAKAN HOTTARA SONJA
Elfenbein
H. 4,4 cm
Sign.: Tomohide
Edo, ca. 1860
Diese Darstellung des Buddha-Schülers
Hottara mit nyoi (Zepter) und Tiger entspricht dem Stil der von Tomochika beeinflußten Schnitzer.
DARUMA
Daruma (sanskr. Bodhidharma) ist der
erste Patriarch und Begründer der buddhistischen Zen-Sekte. Seine Darstellung
mit roter Kutte, starkem Bartwuchs,
Haaren auf der Brust sowie großen Ohrringen und mit Priesterwedel (hossu)
leitet sich aus der Malerei ab. Seit dem
17. Jahrhundert ist er auch Thema von
Karikatur und Travestie. Man zeigte ihn
gerne in Gesellschaft von Kurtisanen oder Okame, manchmal auch als Kurtisane gekleidet.
Darüber hinaus waren Darstellungen aus seinem Leben ein beliebtes
Motiv, zum Beispiel die Überquerung des
Yangzi-Fluß, die neunjährige Meditation
vor einer Felswand, wobei ihm Arme und
Beine abgestorben sein sollen sowie das
Strecken und Gähnen nach dieser Meditation (Akubi-Daruma, gähnender Daruma). Häufig ist auch die Wiedergabe als
arm- und beinlose Puppe (okiagaridaruma, wörtlich: Stehauf-Daruma),
weswegen er im Japanischen als o-ashi no
nai (ohne ehrenwerte Beine) bezeichnet
48
wird. Ashi bedeutet auch Geld, so daß der
Ausdruck die Bedeutung „ohne ehrenwertes Geld“ haben kann (van Gulik
1982, S. 61). Solche Wortspiele geben
Netsuke einen Hintersinn, der heute
kaum mehr zu verstehen ist.
146
DARUMA AUF EINEM HIRSCHEN
Elfenbein
H. 3,9 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Die Gestalt ist in eine über den Kopf gezogene Kutte gekleidet und die Hände sind
unter dem Tuch vor der Brust verschränkt.
Die Darstellung auf einem Hirsch ist eher
ungewöhnlich, denn dieser ist das Begleittier des chinesischen Gottes der Langlebigkeit, Shoulao, und der japanischen Glücksgötter Fukurokuju und Jurôjin.
147
DARUMA AUF EINEM SCHILFZWEIG
Maritimes Elfenbein
H. 3,8 cm
Sign.: Tomohisa
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Daruma steht auf einem Schilfzweig. Dargestellt ist die legendäre Episode, als er
nach seinem enttäuschenden und unergiebigen Treffen mit dem Liang-Kaiser Wu
den Yangzi auf einem Schilfrohr überquerte und in den Staat Wei übersetzte.
148
MEDITIERENDER DARUMA
Porzellan mit dicker, blauer und dünner,
hellbrauner Glasur
H. 4,3 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Die große Ähnlichkeit mit dem Stück aus
der Sammlung Noetzel (Noetzel 1985, S.
50, Abb. 20) läßt die Schlußfolgerung zu,
daß die beiden Stücke aus derselben Form
geschaffen wurden. Seinen besonderen
Reiz erhält die kleine Figur durch die teilweise ins Seladongrün changierende blaue
Glasur.
149
MEDITIERENDER DARUMA
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem
Horn, die himotôshi-Löcher gefaßt in naturbelassenes Elfenbein und grün gefärbtes
Bein
H. 3,2 cm
Sign.: Shûraku saku
Tokyo, ca. 1870
Das Motiv bezieht sich auf die neun Jahre
währende Meditation des Patriarchen vor
einer Felswand. Dieses Motiv ist vom
Künstler Shûraku in Nachfolge des Hara
Shûmin häufig geschnitzt worden, mal mit
Ohrringen, mal ohne. Die Plazierung des
himotôshi – die Anordnung des großen
und kleinen Loches – ist typisch für diese
Gruppe von Netsuke.
150
DARUMA
Manjû-Netsuke
Kupfer, Silber und shakudô
H. 2,5 cm; B. 3,9 cm
Sign. auf Silberplättchen: Yasuchika
Edo/Tokyo, 19. Jh.
Dieser Typus eines nach der Meditation
gähnenden Daruma wurde von Yasuchika
und seinen Schülern oft auf tsuba und.
49
151
DARUMA
Elfenbein
H. 3,1 cm
Sign.: Kôzan
Spätes 19. Jh.
Nach neunjähriger Meditation streckt sich
der Zen-Patriarch, der hier als DarumaPuppe dargestellt ist.
152
DARUMA UND OKAME
Elfenbein
H. 4,4 cm
Sign.: Ichiyûsai
Edo/Tokyo oder Osaka, ca. 1860/1890
Der Zen-Patriarch ist einem Schäferstündchen mit der lasziven Okame nicht abgeneigt. Die im Ärmel versteckte Hand der
Okame und der an den Mund geführte
Finger des Daruma sind Hinweise auf die
erotischen Begierden.
153
ONNA-DARUMA
Elfenbein, Augenbrauen aus Horn
H. 3,8 cm
Sign.: Mitsutsugu
Osaka, ca. 1840/1860
Dieser Typ von shunga-Netsuke, der zugleich eine Verballhornung des Daruma
ist, wurde wahrscheinlich von Mitsuhiro
aus Osaka, dem Lehrer von Mitsutsugu,
erstmals geschaffen und war ein beliebtes
Thema auch von Masahiro und anderen
Osaka-Schnitzern. Die hölzerne Kelle
(shakushi), die von einem Tuch überdeckt
wird, spielt an auf den Fliegenwedel des
Darumas. Unter der Standplatte sind die
weiblichen Genitalien dargestellt.
Dieser Netsuke-Typus ist im Takarabukuro (1837) von Ôhara Mitsuhiro erwähnt
(Nr. 117). Hier wird er Ofuku Daruma
genannt und wie folgt beschrieben:
„The bottom is like that of a toy that rights
itself when pushed over. A hole is opened
there. If one peeps through the hole, one
sees nonsense (an erotic scene)“ (Temple
2001, S. 73). Im letzten Satz steht wörtlich,
daß man lachen muß, wenn man sieht, was
sich in dem Loch befindet.
154
MITSUME KOZÔ ALS DARUMA
Holz und Elfenbein, Pupillen eingelegt
H. 3,1 cm
Sign.: Kazu... tô
20. Jh.
Das dreiäugige Gespenst Mitsume Kozô
hat die Gestalt einer Daruma-Puppe angenommen. Dem Volksglauben nach werden
nach der Erfüllung eines Wunsches der
pupillenlosen Daruma-Puppe die Pupillen
aufgemalt. Das dritte Auge macht diese
spezielle Daruma-Puppe zu einem besonderen Glücksbringer.
155
DARUMA
Walnuß, Pupillen aus Horn
H. 3,8 cm
Mitte 19. Jh.
Die markanten Merkmale des DarumaKopfes sind die hervorquellenden Augen,
die knollige Nase, und die zusammengepreßten Lippen. Eingesteckt in die rechte
Armbeuge ist der Griff eines Fliegenwedels, der Wedel selber befindet sich auf
dem Rücken. Sehr ähnliche Arbeiten wurden von Shôju gefertigt (MCI, S. 744).
50
156
DARUMA-PUPPE
Holz
H. 4 cm
Sign.: Sukeyoshi
Hida-Takayama, Präfektur Gifu, frühes 20.
Jh.
Diese Daruma-Puppe zeichnet sich durch
einen besonders großen Kopf und das
herzhafte Gähnen aus. Die Maserung des
Holzes ist an der Vorderseite des Stückes
für die dargestellten Gewandpartien sehr
geschickt ausgenutzt.
KANZAN UND JITTOKU
Der chinesische Mönch und Dichter
Kanzan (chin. Hanshan) ist eine der beliebtesten Symbolgestalten des ZenBuddhismus. Er lebte im 8. Jahrhundert
als Eremit auf dem Tientai-Berg und
wurde aufgrund seiner exzentrischen
Lebensweise zu einer der „Narren in
Zen“. Er wird immer mit einer Schriftrolle dargestellt und oft zusammen mit seinem Freund Jittoku (chin. Shide). Dieser
war Küchengehilfe im Zen-Kloster Guojing und beschaffte seinem Freund
Kanzan regelmäßig eine Mahlzeit aus der
Klosterküche. Seltener sind die Darstellungen zusammen mit dem Zen-Priester
Bunkan (chin. Fenggan) und dessen Tiger. Dann werden die Vier eng zusammen schlafend dargestellt, womit die Eintracht von Mensch und Tier ausgedrückt
wird. Das Thema ist bekannt als die Vier
Schlafenden (shisui).
157
KANZAN, JITTOKU, BUNKAN UND TIGER
Ryûsa-manjû
Elfenbein
Ø 4,9 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
Auf der Schauseite dieses ryûsa-manjû
stehen Kanzan und Jittoku vor einer Kiefer, Pflaumenblütenzweigen und Bambus.
Auf der Rückseite sind der Priester Bunkan
mit Zepter und sein Tiger dargestellt. Die
Kombination von Kiefer, Pflaumenblüte
und Bambus (shôchikubai) ist ein glückverheißendes Motiv.
158
JITTOKU
Buchsbaum
H. 6 cm
Ca. 1800/1820
Jittoku hält einen Reisigbesen. Die Bewegung des Fegens ist geschickt wiedergegeben. Trotz Jittokus untergeordneter Stellung und anspruchsloser Tätigkeit ist er
fröhlich.
159
KANZAN UND JITTOKU
Elfenbein
H. 4,7 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlungen Tebbutt
Hindson
und
Der stehende Dichter Kanzan hält eine
Schriftrolle und einen Besen. Jittoku
scheint die bekkanko (Holzauge sei wachsam)-Geste zu machen, vielleicht um vor
dem Inhalt der Schriftrolle zu warnen.
Abgeb. in: Davey 1974, Kat.-Nr. 1060
51
160
IKKYÛ
Elfenbein, auf seiner Schulter ein Käfer aus
Horn, der einen Materialdefekt kaschiert
H. 4,5 cm
Osaka, 2. Hälfte 19. Jh.
Der berühmte Zen-Priester Ikkyû (13941481) wurde in der Edo-Zeit zu einer
volkstümlichen Gestalt, um den sich zahlreiche Legenden ranken. Eine berühmte
Episode aus seinem Leben schildert, wie er
zu Neujahr mit einem Totenschädel auf
einem Stock durch die Straßen geht, um
die Passanten an die Endlichkeit des
menschlichen Lebens und damit die Bedeutung des buddhistischen Weges zu erinnern. Entsprechend dieser Überlieferung
wird Ikkyû hier mit einem überdimensional großen Schädel und Zepter dargestellt.
Auf seinem Rücken stehen die Zeilen: Kore
Ikkyû/ meido ga tabi/ no ichi nichi ka/ medeta-ku ari/ medetaku nashi (Dies ist
Ikkyû, an einem Tag auf der Reise ins Jenseits, Glückwünsche gibt es, Glückwünsche
gibt es nicht). Dies ist eine Anspielung auf
den berühmten Vers des Saigyô hôshi
(1115-1188): Kadomatsu wa/ meido no tabi
no/ ichirizuka/ medetaku mo ari/ medetaku
mo nashi (In our dark journey through this
earth the Kadomatsu are the Ichirizuka of
the road [small knoll with a pine tree, erected every Ri on the roads]. Congratulations
there are after each year and congratulations there are not“ [Joly 1909, S. 443].
161
ZWEI SKELETTE
Elfenbein
H. 5,5 cm
Sign.: Tadachika; auf dem Grabpfosten
datiert: Keiô gan ushi (1865) no toshi (1.
Jahr der Keiô-Ära, Jahr des Ochsen)
Edo, 1865
Die beiden Skelette auf einem zweifach
gebrochenen Grabpfosten sollen an die
Vergänglichkeit des Lebens erinnern. Das
eine hält eine Lotosknospe, das andere
schlägt mit einem Stab auf einen schalenförmigen Gong (keisu).
Abgeb. in: Lazarnick 1976, S. 372; Lazarnick 1982, Bd. 2, S. 1058
162
SKELETT
Elfenbein
H. 3,4 cm
Sign.: Tomochika
Edo/Tokyo, ca. 1860/1870
Das Skelett mit Schlegel sitzt auf den Fersen vor einem großen Gong (mokugyo) auf
einem flachen Kissen.
Es soll den buddhistische Priester Danka
darstellen, der seine Sutra-Lesung mit dem
Taktschlagen auf einem Gong begleitet.
Das Motiv kann sowohl als Memento mori
interpretiert als auch als Ausdruck eines
despektierlichen Humors angesehen werden.
Die Tomochika-Signatur bei diesem Motiv
ist ungewöhnlich, denn sein Schüler Tadachika war auf diese Skelett-Themen spezialisiert.
ONI
Oni bedeutete ursprünglich alles, was
versteckt oder unsichtbar ist und den
Menschen schadet. Mit der Einführung
des Buddhismus entwickelte sich die
Vorstellung von rot- und blauhäutigen
Teufeln (aka-oni und ao-oni). Sie standen
im Dienste der zehn Höllenkönige (Jûô),
52
um die Sünder in der Hölle (jigoku) in oft
sadistischer Weise zu peinigen. Die oni
werden als muskulöse Dämonen mit kurzen Hörnern, großem Maul und Reißzähnen dargestellt. An den Klauenhänden und -füßen mit je drei Krallen befinden sich Reifen. Sie werden beinahe nackt
gezeigt, nur mit einem Tigerfellschurz
bekleidet. Den oni wird enorme physische Kraft zugeschrieben, die sie oft für
das Böse einsetzen. Doch werden sie auch
als Satire auf korrupte und scheinheilige
Priester oder mit wohlwollendem Humor
als Büßer dargestellt.
163
ONI
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 5 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Die Haltung seiner Klauenhände und -füße
bietet Platz für eine Keule. Dies illustriert
den Ausspruch: oni ni kanabô. Dieser bedeutet „dem ohnehin schon starken Teufel
auch noch eine solche Stange zu geben, ist
nicht ratsam.“ (Ehmann 1927, S. 247, Nr.
2280)
164
ONI HARAI
Buchsbaum, die Bohnen aus Gelbmetall
und Bein
H. 3,9 cm
Mitte 19. Jh.
Ein großer Strohhut soll den oni vor den
auf ihn niederprasselnden Bohnen schützen, mit denen er während der Teufelsvertreibung (oni harai ) zum Frühlingsequinoctium (setsubun) beworfen wird.
165
ZWEI ONI
Buchsbaum, Augen aus Gelbmetall
H. 5,5 cm
Sign.: Sensai
Mitte 19. Jh.
Ein stehender, das Gesicht verziehender
oni hebt einen kleineren oni, um ihn auf
einen kleinen Tisch zu stellen. Die Rückseite zeigt zwischen den Beinen des größeren oni ein stilisiertes, katzenartiges Tier,
das einem azuma-inu (Spielzeughund)
ähnelt. Die Bedeutung dieses seltsamen
Motivs bleibt unklar. Details des Körpers,
der Grimassen und der Rippen sind naturgetreu wiedergegeben.
166
ONI UND MASSEUR
Buchsbaum, Augen des oni aus hellem und
dunklem Horn
H. 3,4 cm
Sign.: ...sai
Mitte/2. Hälfte 19. Jh.
Hinter dem sitzenden oni kniet ein Masseur, der mit dem rechten Ellenbogen den
Rücken des Teufels walkt. Selbst oni sind
gegen Schmerzen nicht gefeit und bedürfen therapeutischer Behandlung ihrer strapazierten Muskulatur. Auf dem Gewand
des Masseurs befinden sich am Rücken
drei unlesbare Zeichen.
167
ONI
Holz, Pupillen aus Horn, Iris und Zähne
aus Bein
H. 4 cm
2. Hälfte 19./20. Jh.
53
Die Pose des sich Streckens und Gähnens
erinnert an Darstellung des Daruma nach
der Meditation.
168
ONI SHIRO
Elfenbein
H. 2,7 cm; L. 4,9 cm
Spätes 17./18. Jh.
Der Höllenkönig Enmaô hat seinen
schlimmsten oni, Shiro, ausgesandt, um
Daikoku, der das Interesse der Menschen
von den buddhistischen Idealen zu sehr auf
die Genüsse des alltäglichen Lebens lenkt,
gefangen zu nehmen. Dies gelingt ihm jedoch nicht, da eine Ratte des Daikoku den
Teufel mit einem Stechpalmenzweig verjagt. Die Vielzahl ähnlicher Darstellungen
deutet darauf hin, daß sich dieses Motiv im
späten 17. oder 18. Jahrhundert großer
Beliebtheit erfreute.
169
ONI
Elfenbein
H. 3 cm
19. Jh.
Das Sujet oni gyôzui (das Wannenbad des
Teufels) ist ein ôtsu-e-Motiv. Die diese
volkstümliche Darstellung üblicherweise
begleitenden, moralisierende Gedichte
(dôka) lauten frei übersetzt: „Auch ein
Teufel kann ein Buddha werden, wenn er
den Schmutz aus seinem Herzen wäscht“
und „Reinige deinen Geist wie deinen
Körper, sonst wirst Du wie er sein, der sich
nur die Haut wäscht“ (Maeder 1944, o.S.).
Die Moral ist, daß eine bloße Reinigung
des Äußeren den Teufel nicht ändern
kann. Hier schrubbt sich der Teufel mit
Wonne den Rücken mit einem Handtuch,
wobei den Schnitzer die Darstellung der
körperlichen Verrenkungen und die damit
einhergehende Grimasse besonders interessieren. Die Schnurführung verläuft unterhalb des abgelegten Tigerfellschurzes am
Boden des Zubers.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 381, Abb. 5
170
ONI
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 4,1 cm
Mitte 19. Jh.
Der Teufel hockt vor einem Mörser (suribachi) und rührt mit einem Stößel (surikogi) die Wurzeln des tororo-imo (Taro, Yamaimo-Kartoffel, Jamswurzel) zu einer
Paste, von der er in einer anzüglichen Geste kostet. In Japan gilt die Jamswurzel als
Aphrodisiakum. Andererseits wurde aus
tororo eine Salbe hergestellt, die bei der
Entjungferung einer Prostituierten aufgetragen wurde, um die Vulva zu befeuchten.
(Krauss und Satow 1965, S. 215 und 330)
171
ONI
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 3,3 cm
19. Jh.
Die in dichten Bögen gestaltete Körperbehaarung des oni soll auf die rauhe Natur
dieses Teufels hinweisen. Das Rauchen ist
eine friedfertige Entspannung von seinem
bösen Treiben.
54
172
ONI
Elfenbein, Pupillen aus braunem Horn
H. 5 cm
Sign.: Rantei
Kyoto, Mitte 19. Jh.
Die Schriftzeichen sake no kayoi (Kontobuch für Sake) zeigen den Teufel als Eintreiber unbeglichener Rechnungen. Es ist
eine der Darstellungen unter den Netsuke,
die auf übermäßiges Sake-Trinken anspielen.
173
ONI
Elfenbein
H. 1,9 cm; L. 5,1 cm
Mitte 19. Jh.
175
ONI SOSHIKI
Buchsbaum, die Unterschenkel aus hellerem Buchsbaum
H. 5,6 cm
Sign.: Ikko
Ca. 1840/1860
Ehemalige Sammlung Brockhaus (IndexKarte Nr. 1909; erworben von Inada Hogitarô am 14.12.1909)
Der hagere Teufel umklammert ein buddhistisches Reliquiar (sharitô), in dem sich
eine bewegliche Kugel befindet. Zu den
vielen Streichen, die der Teufel treibt, gehört es, ein Reliquiar zu stehlen, das der
Weltenwächter Idaten bewachen sollte.
Abgeb. in: NKSJ, Bd. 12, Nr. 4 (Winter
1992), S. 33 und Jirka-Schmitz 1994b, S. 9
Der langhaarige Teufel liegt bäuchlings auf
einem zusammengeklappten Lotosblatt in
einer Haltung, die für Oni Shiro typisch ist
.
174
ONI
Bambusrhizom, die Figur grün gefaßt
H. 5,9 cm
2. Hälfte 19./frühes 20. Jh.
Das gebogene Segment eines Bambuswurzelausläufers ist beschnitzt mit einem kleinen oni. Dieser befindet sich in dem
„Hohlraum“ des Rhizoms und stemmt den
oberen Teil des Segments in der Art eines
Deckels in die Höhe. Das Netsuke ist die
humorvolle Arbeit eines Amateurschnitzers.
55
Volksglaube und Folklore
In der auf das Diesseits gerichteten Gesellschaft der Edo-Zeit hatten Buddhismus und Shintoismus einen schweren
Stand. Volkstümliche Gottheiten wie die
Sieben Glücksgötter und Okame erfreuten sich jedoch großer Beliebtheit. Das
Aufblühen von Handel und Gewerbe und
das damit verbundene Streben nach Gewinn haben den Kult dieser Glücksgötter
gefördert. Sie wurden um Wohlergehen
und Wohlstand angebetet, vor allem
beim Tempelrundgang (shichifukujin
mairi) zu Neujahr. Daikoku und Ebisu,
die mit den Nahrungsmitteln Reis und
Fisch in Verbindung gebracht werden,
sind die Sinnbilder des Reichtums und
demzufolge die Schutzgottheiten der
Kaufleute und Händler.
Okame, in Japan besser unter ihrem Namen Ofuku oder Otafuku (Großes
Glück) bekannt, ist bis heute eine der
populärsten, glückverheißenden Figuren.
In einer Gesellschaft, die keine Hemmungen gegenüber Sexualität kannte und
in der der Fruchtbarkeitskult ein fester
Bestandteil des religiösen Lebens auf dem
Lande war, war sie die Verkörperung
enthemmter Lebensfreude. Daher galten
Okame-Masken und Okame-Puppen in
Bordellen, Teehäusern und Restaurants
als glückbringende Maskottchen. In diesem Milieu, dem mizushôbai, hatte Okame ihr männliches Pendant in Fukusuke.
Die japanische Folklore kennt
zahlreiche Tiere, die als Kobolde ihr Unwesen treiben. Seit dem 18. Jahrhundert
waren diese auch ein weit verbreitetes
Netsuke-Thema. Der Shinto-Gott Kadori
myôjin hat beispielsweise die Aufgabe,
den riesigen Erdbebenwels mit einer Ka-
lebasse zu beruhigen. Von den wenigen
japanischen Komposittieren sind das nue
und das kappa zu erwähnen. Das nue hat
den Körper eines Dachses, den Kopf eines Affen, Tigerklauen und einen
Schlangenschwanz. Es wurde von Minamoto no Yoritomo getötet, da es angeblich die Gesundheit des Kaisers gefährdete. Viele japanische Märchen und Legenden drehen sich um die Metamorphose
von Tieren in Menschen. Dem Fuchs
(kitsune), dem tanuki (ein dachsähnliches
Tier) und der Katze (neko) wurden die
Fähigkeit zugesprochen, sich in Menschen zu verwandeln.
DIE SIEBEN GLÜCKSGÖTTER
Die Sieben Glücksgötter (shichifukujin )
sind die beliebtesten Gottheiten, denen in
ganz Japan auch Schreine gewidmet sind.
Die Götter werden gerne in ihrem
Schatzschiff (takarabune) dargestellt.
Bilder dieses Bootes werden zu Neujahr
unter das Kopfkissen gelegt und ein
Traum von diesem Boot soll für das ganze kommende Jahr Glück bescheren.
Die Sieben Glücksgötter, deren
Zusammenstellung auf den Priester Tenkai aus dem frühen 17. Jahrhundert zurückgeht, sind: Ebisu, als Gott der Fischer lange bekannt, Daikoku, Bishamon
und Benten, die bereits seit der HeianZeit verehrt wurden, und Hotei, Jurôjin
sowie Fukurokuju, die in der KamakuraZeit aus China nach Japan eingeführt
wurden. Den Glücksgöttern wurden folgende Eigenschaften und Tugenden zugesprochen: Ebisu der Fleiß, Daikoku der
Reichtum, Benten die Liebenswürdigkeit,
Bishamon die Weisheit, Hotei die Frei56
giebigkeit, Jurôjin das lange Leben und
Fukurokuju die Würde.
176
DIE SIEBEN GLÜCKSGÖTTER
Elfenbein
H. 3,7 cm; B. 4,2 cm
Sign.: Hôjitsu
Edo/Tokyo, ca. 1850/1870
Um Benten, auf einem Hirschen reitend,
scharen sich die Glücksgötter: zu ihrer
Linken Daikoku, Ebisu und Hotei, zu ihrer
Rechten Fukurokuju, Bishamon und Jurôjin. Die plane Unterseite zeigt beschuhte
oder nackte Füße, die Hufe des Hirschen
und reishi-Pilze. Hirsch und reishi sind
Embleme des langen Lebens und werden in
der Regel nicht mit den Sieben Glücksgöttern zusammen dargestellt. Das Stück
zeichnet sich aus durch die Fülle kleiner
Details und feiner Gravuren.
177
GLÜCKSGÖTTER IM DRACHENBOOT
Elfenbein
H. 4,3 cm; L. 4,7 cm
Sign.: Masatoshi
Edo, ca. 1840/1860
Die Sieben Glücksgötter mit ihren Attributen nehmen das Deck des wellenumspülten
Drachenbootes ein. Oberhalb des geblähten Segels befindet sich als Mastspitze ein
Juwel. Die feine Schnitzarbeit an diesem
kleinen Stück ist ein gutes Beispiel für den
miniaturistischen Stil der Spätzeit.
178
EMBLEME DER GLÜCKSGÖTTER
UND GLÜCKSBRINGER
Ryûsa-manjû-Netsuke
Walroßzahn, Einsatz aus shibuichi mit Einlagen aus Silber und Gold
Ø 4,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Auf diesem manjû werden in durchbrochenem Relief die takaramono, verschiedene glücksbringende Objekte, dargestellt:
auf der Vorderseite Reisballen, Gewürznelke (chôji), Juwel (tama), Strohumhang
(mino), Schriftrolle, Blattfächer und Rettich (daikon); auf der Rückseite Hut der
Unsichtbarkeit, Daikokus Schlegel und ein
runder Rettich (kabu).
In die Schauseite eingepaßt ist eine Ratte in
menschlichem Habitus aus Metall, die eine
kleinere Ratte bei der Hand führt. Die große Ratte schultert die Lanze des Bishamon,
von der Attribute der Glücksgötter hängen:
Bentens biwa, Daikokus Schlegel und Fukurokujus Schriftrolle (vorne), Hoteis
Sack, Ebisus Angelkorb und Jurôjins Fächer (hinten).
Dieses Netsuke muß zu Neujahr getragen
worden sein, denn die Ratte ist Symboltier
des Neues Jahres und die takaramono werden als Bild oder in plastischer Form zu
Neujahr dekoriert.
EBISU
Ebisu, der Gott der Fischerei und
Schutzpatron ehrlicher Arbeit, wird in
traditioneller, höfischer Kleidung mit
eboshi auf dem Kopf dargestellt. Er hat
große Ohrläppchen und trägt ein Spitzbärtchen. Seine Attribute sind Angel und
Fischkorb. „Er fischt nie mit dem Netz,
denn man soll nicht mehr nehmen, als
57
was man braucht und aufessen kann.“
(Casal 1958, S. 12). Unter den Arm geklemmt hält er oft eine große Meerbrasse
(tai), die den Erfolg seiner Bemühungen
symbolisiert. Er wird besonders von
Kaufleuten und Ladenbesitzern verehrt.
179
EBISU
Elfenbein
H. 5,4 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Der Gott hält eine riesige Meerbrasse. Hier
wurde ein besonders großes Elfenbeinstück
von dreieckigem Querschnitt fast vollplastisch beschnitzt.
180
EBISU
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 4,2 cm; L. 6,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der Gott, lediglich identifizierbar an seinen dicken Ohrläppchen, reitet auf einer
große Meerbrasse. Das kleine okimono (es
gibt kein himotôshi) stammt möglicherweise aus einer Gruppe von Glücksgöttern,
wie sie für den Export in den Westen hergestellt wurden.
DAIKOKU
Daikoku (der Große Schwarze) ist zusammen mit Ebisu der wichtigste der
shichifukujin. Daikoku ist in der Regel in
eine kurze, gegürtete Jacke, eine Pumphose, kurze Stiefel und mit einem Béret
auf dem Kopf bekleidet. Er hat sehr große Ohrläppchen und trägt gelegentlich
einen Schnauz- und Spitzbart. Auf dem
Rücken schultert er einen Sack, gefüllt
mit Schätzen, in der Hand hält er einen
Wunschhammer (uchide no kozuchi), aus
dem beim Schütteln Münzen oder Juwelen herausfallen. Seine Attribute sind die
Reisballen, die gute Ernte und Reichtum
symbolisieren, und die Ratte, die sich nur
dort aufhält, wo es etwa zu fressen gibt,
und somit ein Sinnbild für Überfluß ist.
181
DAIKOKU UND FUKUROKUJU ALS
SUMÔ-RINGER
Buchsbaum
H. 4,8 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Ringkampf zwischen dem Gott des
Reichtums und dem Gott der Langlebigkeit
ist ein ôtsu-e-Motiv. Ein diese Darstellungen begleitender Vers lautet: Fuku to ji no/
sumô o mireba/ ôkata wa/ fuku ga jumyô o/
hikikosasu nari (In den meisten Fällen siegt
das Geld über die Langlebigkeit und die
Weisheit, Maeder 1944, o.S.). Er bedeutet,
daß die Menschen Geld meist höher als das
Leben schätzen. Eindeutig ist hier Daikoku
der Sieger.
182
DAIKOKU UND FUKUROKUJU ALS
SUMÔ-RINGER
Buchsbaum, himotôshi in schwarzem Holz
gefaßt
H. 3,1 cm
Sign. in Siegelschrift: Eishin
2. Hälfte 19. Jh.
Die lediglich mit einem Lendentuch bekleideten Gottheiten stehen in einer Arena,
die durch Reisballen markiert ist.
58
183
DAIKOKU UND EBISU
Buchsbaum, Halterung aus Silber, Steine
aus Elfenbein und Horn
Ø 3,1 cm; B. 4,7 cm
Sign.: Shûgetsu
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Die Glücksgötter werden beim go-Spiel
gezeigt. Sie sitzen in einem durch einen
Silberring zusammengehaltenen Reisballen. Dieses Netsuke ist wegen seiner kompakten Form sehr zweckmäßig.
184
DAIKOKU VOR DEM BADE
Buchsbaum
H. 3,8 cm
Sign.: Shûgetsu
Edo, Mitte 19. Jh.
Daikoku, mit typischer Kopfbedeckung, ist
dabei in ein Badezuber zu steigen. Ein
Reisballen, auf dem sein Glückshammer
liegt, dient ihm als Trittbrett. Das
himotôshi wird hier durch die Heizröhre,
die sich am Zuber befindet, geführt. Bei
Betrachtung dieses Netsuke denkt man
unwillkürlich an Darstellungen von Okame in einem Waschzuber, die nie eines
gewissen erotischen und humoristischen
Untertons entbehren.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 382, Abb. 9
185
DAIKOKU
Dunkles und helles Holz, Elfenbein
H. 3 cm
Sign.: Tôraku
Tokyo, ca. 1900
Der Gott des Reichtums sitzt vor einem
großen Mörser (usu), in dem zu Neujahr
gedünsteter Klebereis mit dem kine gestampft wird, und probiert von der Reismasse, die zu Kuchen (mochi) geformt
wird. Da mochi auch „besitzen“ bedeutet,
steht der Reiskuchen für Reichtum. Die
Farbigkeit dieses Netsuke zeigt den Einfluß
des berühmten Netsuke-Schnitzers Suzuki
Tôkoku (1846-1913).
HOTEI
Hotei (wörtlich: Leinensack, chin. Budai)
war ein exzentrischer chinesischer
Mönch des späten 9. Jahrhunderts, der
ohne sich um Konventionen zu kümmern
und ohne Besitz durch die Lande zog. Er
verkörpert das buddhistische Prinzip des
„non attachment“, das sich auch in seiner
Unbekümmertheit ausdrückt. Diese Eigenschaft zog Kinder an, mit denen er
spielt und die Schabernack mit ihm treiben.
Hotei wird als kahlgeschorener,
barfüßiger Mönch in lose gegürteter Kutte mit feistem Gesicht, dicken Ohrläppchen und Bartstoppeln dargestellt. Seine
Attribute sind der Sack mit seinen paar
Habseligkeiten und gelegentlich ein
Blattfächer und ein knorrigen Wanderstab. Mit seiner Aufnahme in die Gruppe
der Sieben Glücksgötter nahm sein Sack
pralle Formen an und war von nun an
mit Schätzen gefüllt, die materiellen
Überfluß symbolisieren. Hotei ist die
personifizierte Fröhlichkeit und Urbild
satter Zufriedenheit (Casal 1958, S. 7-8)
und daher der Beliebteste unter den
Glücksgöttern.
59
186
HOTEI
Elfenbein
H. 4,3 cm
18. Jh.
Der mit herausgestreckter Zungenspitze
lachende Glücksgott sitzt mit Krummstab
auf seinem Sack. Vorbild für diese Darstellung waren sicherlich ähnlich konzipierte,
auf Felsen sitzende rakan.
187
HOTEI
Elfenbein
H. 6,7 cm
Aufschrift: Tomofusa
18. Jh.
Die Größe des Netsuke, die Altersrisse, die
einfache Kontur, die klare Zeichnung des
Gewandes und der Kopf mit besonders
dicken und großen Ohren sind Merkmale
einer frühen Arbeit. Die gravierten Gewandmuster und die Signatur sind eine
spätere Hinzufügung.
188
HOTEI
Elfenbein
H. 3,4 cm
Spätes 18. Jh.
Der Sack, in dem Hotei seine Habseligkeiten mit sich trägt, ist hier verfremdet. Er
steckt in einem teilweise verknoteten Einschlagtuch (furoshiki) und hält einen Zipfel
des Tuches zwischen den Zähnen.
189
HOTEI UND KARAKO
Elfenbein
H. 2,2 cm; L. 7,2 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Beasley
Unter großer Anstrengung versuchen zwei
chinesische Knaben, den Sack, in dem sich
Hotei befindet, zu ziehen, wobei ein dritter
von hinten anschiebt.
Seit dem 16. Jahrhundert gibt es in der
Malerei der Kano-Schule dieses Sujet. Die
Darstellung hier ist ein gutes Beispiel des
japanischen Sinnes für Komik der Gegensätze: die Gelassenheit des einen und die
Mühe der anderen.
190
HOTEI
Elfenbein
H. 4,6 cm
Sign.: Kôgyoku
Ca. 1840/1860
Auf einen Krummstab gestützt, versucht
Hotei sich mit seinem schweren Sack aufzurichten, aus dem ein karako hervor
schaut.
191
HOTEI
Elfenbein
H. 5,3 cm
In der Art des Hidemasa
Osaka, ca. 1820/1830
Der mißmutige Ausdruck resultiert wohl
daraus, daß Hotei keinen Spielkameraden
hat. Anstelle des Glücksjuwels hält er einen
kemari-Ball.
60
192
HOTEI
Elfenbein
H. 3 cm; L. 4,1 cm
Sign.: Seikanshi und kaô
Osaka, ca. 1850
Die Art, wie der Stoff von Hoteis Sack über
den Kopf gezogen ist, erinnert an Darstellungen des Daruma. Die dicken Ohren
jedoch und das Lachen kennzeichnen die
Figur als Hotei. Die gleiche Figureninterpretation gibt es auch bei einem 1845 datierten Netsuke von Mitsuhiro aus Osaka
(NKSJ, Bd. 6, Nr. 2 [Sommer 1986], S. 30).
193
HOTEI
Holz
H. 4,6 cm
Ca. 1800
Der grotesk dagestellte Kopf der Figur ist
ein Merkmal des früheren Netsuke-Stils in
Edo.
194
HOTEI
Manjû-Netsuke
Elfenbein
Ø 4,1 cm
Edo, Mitte 19. Jh.
Die Rauchfahne seiner Pfeife bildet hier
das Schriftzeichen kotobuki (Glück und
langes Leben). Auf der Rückseite sind die
takaramono (Kostbarkeiten) zu sehen:
Schlüssel (kagi), Schriftrolle (makimono),
Gewürznelke (chôji) und sich überschneidende Kreise (shippô).
195
HOTEI
Shibuichi, Silber und Gold
H. 4,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Art, wie der Glücksgott mit steifem
Blattfächer in der Rechten und geschulterter Schnur des Sackes in der Linken dasteht, erinnert an Puppen des Hotei aus
Ton. Das Gewand ist mit Päonien und
Ranken, sein Sack mit Swastikamuster
(sayagata) geschmückt.
Die Schnurführung verläuft durch ein
Loch am Rücken und durch die innere Öse
der Bodenplatte.
JURÔJIN
Jurôjin (wörtlich: Alter Mann der Langlebigkeit) wird als alter Mann in zeremoniellen, chinesischen Gewändern mit einer gefalteten Mütze dargestellt. Seine
Attribute sind eine Schriftrolle an einem
Stock und ein Fächer, wie er in China von
Würdenträgern getragen wurde. Sein
Begleittier ist der Hirsch, der 1500 Jahre
alt sein soll.
196
JURÔJIN UND HIRSCH
Elfenbein
H. 4,9 cm
2. Hälfte 19. Jh.
197
JURÔJIN UND HIRSCH
Elfenbein
H. 3,4 cm
Sign.: Masatoshi
Edo, Mitte 19. Jh.
61
198
BISHAMON UND BENTEN
Elfenbein
H. 4,3 cm
Sign.: Tômin tô
Ca. 1850/1880
Der bärtige Bishamon sitzt mit geschulterter Lanze und Sake-Schale in der Hand.
Sein Attribut, das Reliquiar, steht zu seinen
Füßen. Hinter ihm steht Benten mit einem
Juwel, für sie ein atypisches Attribut, und
mit einer Sake-Kanne. Wahrscheinlich
handelt es sich hier um das festliche SakeTrinken zu Neujahr. Zu dieser Zeit werden
die Glücksgötter besonders verehrt und die
Freude am Feiern zugesprochen.
FUKUROKUJU
Fukurokuju, dessen Name sich aus den
drei Schriftzeichen für Glück, Reichtum
und Langlebigkeit zusammensetzt, soll
chinesischer Überlieferung nach eine
Inkarnation des südlichen Polarsterns
sein. Er wird als alter, fröhlicher Greis
mit langem, weißem Bart in chinesischem Gewand und oft in Gesellschaft
von Kindern dargestellt. Sein markantestes Kennzeichen ist der riesige, kahl geschorene Schädel, in dem die Weisheit
seines langen Lebens angesammelt ist
und der oft von einem Tuch bedeckt
wird. Der Schädel hat durch seine hohe
Form ein phallisches Aussehen. Daher
wird Fukurokuju gerne in Gesellschaft
von Okame gezeigt. Seine Begleittiere
sind der Kranich (tsuru) und die langschwänzige Schildkröte (minogame), beides Symbole für langes Leben.
199
FUKUROKUJU
Elfenbein
H. 4,3 cm
19. Jh.
200
FUKUROKUJU
Elfenbein
H. 2,8 cm
Sign.: Shôzan
Spätes 19. Jh.
Der Glücksgott zieht an den langen Haaren
seiner Brauen, die Zeichen seines hohen
Alters sind.
201
FUKUROKUJU
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shibuichi mit Einlagen aus
shakudô, Silber und Gold
Kapsel in Elfenbeinimitation
Ø 4,4 cm
Sign.: Minkoku und kaô
Tokyo, ca. 1870/1900
Auf der Platte ist in Relief und katakiriGravur der Glücksgott Fukurokuju dargestellt, wie er mit einem dicken Pinsel das
riesige Schriftzeichen kotobuki (Glück) an
eine Wand schreibt.
202
FUKUROKUJU
Elfenbein
H. 7,7 cm
18./frühes 19. Jh.
Hier wird die lange Spitze eines dreieckigen Elfenbeinstücks für den hohen, von
einem Tuch bedeckten Schädelauswuchs
genutzt.
62
203
FUKUROKUJU UND KARAKO
Elfenbein
H. 6,9 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Diese Darstellung könnte auf einem chinesischen Vorbild basieren. Shoulao, der
Gott der Langlebigkeit, wird in China
ebenso wie hier mit Knotenstab, einem
Juwel in der Hand und in Begleitung eines
Kindes dargestellt.
204
FUKUROKUJU
Holz
H. 2,7 cm; B. 3,7 cm
Sign.: Gyokusen
Edo, 1. Hälfte 19. Jh.
In der Gesellschaft einer minogame hat der
Gott das Schriftzeichen tsuru (Kranich) zu
Papier gebracht. Sowohl Kranich als auch
die langschwänzige Schildkröte symbolisieren langes Leben. Dieses sehr erzählerisch
gestaltete Netsuke zeigt viele Details und
sorgfältige Ausführung in kleinsten Dimensionen. Das Gewand des Gottes ist u.a.
mit Schildkrötenpanzer (kikkô)-Muster in
versenktem Relief geschmückt.
OKAME
Okame verkörpert Lebenslust und Sinnlichkeit. Ihre Ahnin ist die durch ihren
lasziven Tanz bekannte Ame no Uzume
no Mikoto. Der Name Uzume wurde in
der Edo-Zeit durch Otafuku (wörtlich:
Großes Glück) ersetzt. In der heutigen,
westlichen Netsuke-Literatur wird sie
Okame genannt.
Okame wird klein und pummelig,
mit großem, birnenförmigem Kopf und
lustigen Augen dargestellt. Ihr fleischiges
Gesicht ist durch eine Stupsnase, einen
kleinen, lachenden Mund und runde,
füllige Wangen mit Grübchen gekennzeichnet. Sie trägt Gewänder und die
Haare in der Art einer Hofdame der Heian-Zeit. Die natürlichen Augenbrauen
sind wie bei Hofdamen üblich ausrasiert
und hoch auf der Stirn aufgemalt oder
eingelegt. In Anspielung auf Uzume wird
sie mit den Attributen des Tanzes dargestellt: gohei, Schellen und Fächer. Da sie
als Hofdame jedoch ledig bleiben mußte,
wurde sie oft durch Beigabe übergroß
dargestellter phallischer Objekte (Pilz,
Stößel, langnasige Masken) als lasterhaft
verspottet. Eine häufige Geste ist die der
– vorgetäuschten – Schamhaftigkeit, wobei sie die im Ärmel verborgene Hand
vor den Mund hält. Die Gebärde der
Schamhaftigkeit wird jedoch durch Gestik und Gesichtsausdruck Lügen gestraft.
205
OKAME
Elfenbein
H. 2,7 cm; L. 4,6 cm
Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Die pausbäckige Okame hockt neben einer
überdimensional großen Maske, die in ein
furoshiki gewickelt ist. Aus dem Einschlagtuch schaut nur die lange, phallische Nase,
auf die Okame ihre Hand legt.
206
OKAME
Elfenbein
H. 2,5 cm; L. 4,2 cm
Sign. auf eingelassenem Rotlackplättchen:
Ryôkô
2. Hälfte 19. Jh.
63
Um die Schultern hat Okame ein Einschlagtuch (furoshiki) gebunden, in dem
sich ein aufrecht stehender, großer Pilz, ein
matsudake, mit eindeutig phallischem Hut
befindet.
207
OKAME,
FUKUROKUJU
UND
FUKUSUKE
Elfenbein
H. 3 cm
Sign.: Ikkôsai
Edo, ca. 1860/1870
Okame schenkt Fukurokuju Sake aus einem Flaschenkürbis ein. Hinter Okame
steht Fukusuke mit einem wohl mit takaramono oder Münzen gefüllten Beutelchen. Das Adonisröschen (fukujusô) im
Blumentopf ist ein Hinweis auf Neujahr.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10
208
OKAME UND FUKUSUKE
Elfenbein
H. 2,8 cm
Sign.: Hidechika und kaô
Edo, ca. 1850/1860
Okame und Fukusuke sitzen vor einem
Opfertischchen (sanbô), auf dem ein Rettich mit gespaltener Spitze (futamata
daikon), eine geschätzte Opfergabe für
Daikoku, und der unerschöpfliche Geldbeutel (kanebukuro) liegen. Das Schriftzeichen fuku (Glück) ist als Muster auf Okames Mantel und auf dem fukusa (Tuch
zum Abdecken von Geschenken) zu sehen.
Auf den Gewändern erscheinen bei Okame
das Schriftzeichen o (groß) und bei
Fukusuke ein Kürzel für das zweite Schriftzeichen seines Namen suke als Wappen.
Auf Fukusukes Fächer ist der Berg Fuji
dargestellt. Das Netsuke verweist auf Neujahr und drückt den Wunsch für Glück
und Reichtum aus.
209
OKAME UND ONI
Elfenbein, Augenbrauen aus Horn
H. 2,3 cm; L. 6,6 cm
Sign.: Hidemasa
Ca. 1820
Das leere Reismaß vor der liegenden Okame deutet darauf hin, daß die Zeremonie
des Bohnenwerfens beendet ist. Ein kleiner
oni, der durch die geworfenen Bohnen
vertrieben werden sollte, traut sich nun
wieder hervor und schiebt Okames mit
Kirschblüten geschmücktes Gewand zur
Seite.
210
OKAME
Buchsbaum, rötlichbraun patiniert
H. 2,8 cm; L. 4,6 cm
Sign.: Ittan und kaô
Nagoya, ca. 1840/1870
Neckisch und verschämt zugleich beschäftigt sich Okame mit einer Maske, deren
riesige, explizit phallische Nase sie mit der
Hand liebkost.
Bei der Maske kann es sich um die eines
kono-ha-tengu handeln oder die des Sarutahiko, ein Shinto-Gott.
211
OKAME
Buchsbaum
H. 3,6 cm
Sign.: Shûmin
Edo, ca. 1840/1850
Ehemalige Sammlung Koch
64
Liebevoll hält Okame den großen, hölzernen Stößel (surikogi), der hier ein eindeutig
phallisches Symbol ist. Mit solchen Werkzeugen wurde in geriffelten Mörsern (suribachi) tororo-imo (Jamswurzel) zerstoßen,
die in Japan als Aphrodisiakum eingenommen wurden. Die Hand ist zum Mund
geführt, als ob sie vom Handrücken etwas
von der Paste ablecken wollte.
212
OKAME
Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign.: Ryômin und kaô
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Die Glücksgöttin sitzt auf den Fersen, neben ihr liegen zwei Bücher, wahrscheinlich
erotischen Inhalts, über die sie verschämt
schmunzelt.
213
OKAME
Steinnuß
H. 3,4 cm
19. Jh.
Die zum Mund geführte Hand ist als vorgetäuschte Geste der Schamhaftigkeit zu
deuten.
214
OKAME
Elfenbein
H. 5,4 cm
Sign.: Seiha
Ca. 1900
Okame wird hier als lediglich mit einem
Unterrock (koshimaki) bekleidete Landfrau
gezeigt, die gähnt und sich streckt. Diese
Darstellung ist eine Anspielung auf Daru-
ma, der sich nach seiner legendären, neunjährigen Meditation in gleicher Weise gebärdet.
FUKUSUKE
Fukusuke, der „Glückszwerg“, von kleiner Statur und mit unförmig großem
Kopf, soll aus Osaka stammen. Er ging
nach Edo, wo er zur Attraktion in einem
Zirkus wurde. Nach dem großen Erdbeben in Edo 1804 erfuhr er eine besondere
Popularität als Glücksbringer. Im folgenden Jahr erschienen zwei amüsante
Bücher über ihn, die seinen Ruhm festigten. Fukusuke wird meist in hakama und
kariginu und in formeller Sitzhaltung
dargestellt.
215
FUKUSUKE
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 4,4 cm
Frühes 19. Jh.
Der grinsende Zwerg mit dem übergroßen
Kopf ist in kamishimo, mit geschlossenem
Fächer, dargestellt.
216
FUKUSUKE
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
H. 4,8 cm
Sign.: Hôgen Rantei
Kyoto, Mitte 19. Jh.
Fukusuke steht in tänzerischer Pose auf
einem Bein. Auf seiner Jacke befindet sich
am Rücken das Wappen mit dem Schriftzeichen fuku (Glück).
65
217
FUKUSUKE
Buchsbaum, Augen aus gelbem und
schwarzem Horn, Zähne aus gelbem Horn
H. 4,4 cm
Spätes 19. Jh.
Der makrozephalische Zwerg trägt einen
quergestreiften kosode und eine kurze Jacke, unter der ein Kurzschwert hervor
schaut und auf deren Rücken sich ein
Wappen (Quadrat im Doppelkreis) befindet. Er hält einen geöffneten Faltfächer in
der Rechten, „während die linke, in der Art
der japanischen Gigerl, im Ärmel verborgen gehalten wird.“ (Brockhaus 1925, S.
363). Die Ausformung des Hinterkopfes ist
eindeutig phallischen Charakters.
Ein sehr ähnliches Stück befand sich ehemals in der Sammlung Behrens (Joly 1909,
Tafel LXVII, Nr. 5007) und in der Sammlung Brockhaus (Brockhaus 1925, S. 363,
Abb. 545).
KADORI MYÔJIN
Kadori myôjin, auch bekannt als Futsunushi no Kami, soll in der Lage sein, mit
einer Kalebasse den Erdbeben-Wels
(namazu, jishinuo) zu kontrollieren. Dem
japanischen Volksglauben nach liegt unter den japanischen Inseln ein großer
Wels, dessen Kopf- und Flossenbewegungen Erdbeben unterschiedlicher Stärke
verursachen.
Auf dieser Legende beruht wohl auch das
Sprichtwort hyôtan de namazu o osaeru
yô (Als ob man mit einem Flaschenkürbis
einen Wels festhalten wollte) (Ehmann
1927, S. 85, Nr. 827). Hyôtan namazu ist
aber auch ein berühmtes Zen-kôan: Wie
fängt man einen glitschigen Wels mit
einer glatten Kalebasse? Nicht nur ist
damit ein sinnloses Unterfangen gemeint, sondern auch die Sinnlosigkeit,
die Wahrheit durch andere Mittel als die
Intuition zu erfassen.
218
KADORI MYÔJIN
Buchsbaum, Pupillen des Wels aus Horn
H. 3,5 cm
Sign.: Masanao
1. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Shinto-Gott sitzt rittlings auf dem
Erdbebenwels, dessen Barthaare kleine und
dessen Schwanzflossen große Erdbeben
verursachen.
219
KADORI MYÔJIN
Elfenbein, Pupillen des Fisches aus schwarzem Horn
H. 2,1 cm; L. 5 cm
Frühes 19. Jh.
Hier klettert ein stark behaarter Mann mit
Kalebasse in der Hand über einen großen
Wels.
220
AFFE UND WELS
Elfenbein
H. 3,9 cm; L. 5,7 cm
18. Jh.
Der Affe mit Kalebasse auf einem Erdbebenwels ist einerseits eine Travestie auf das
Kadori myôjin-Sujet, andererseits ein ôtsue-Motiv. Letzteres illustriert das vergebliche Bemühen, einen Fisch mit einem Flaschenkürbis zu fangen, eine Metapher für
den Versuch, etwas Unmögliches zu tun.
Seit dem frühen 18. Jahrhundert gilt das
66
Motiv unter den ôtsu-e als Talisman gegen
Ertrinken.
221
MONDHASE
Elfenbein, Augen aus Bernstein (?)
H. 2,6 cm; L. 4,5 cm
Sign.: Mitsutsugu
Osaka, ca. 1850/1860
Der Hase (usagi) steht mit einem Stößel
auf einem Wolkensockel vor einer von
Wolkenfahnen umgebenen Kugel, die hier
den Vollmond darstellt.
In China entwickelte sich die Vorstellung,
daß der Hase im Mond lebt und dort unter
einem Kassiabaum in einem Mörser das
Elixier für langes Lebens zubereitet. Wenn
der Hase – in China Jadehase genannt –
1000 Jahre alt geworden ist, wird sein Fell weiß.
In Japan wurde diese chinesische Überlieferung dahingehend abgewandelt, daß der
weiße Hase im Mörser gedünsteten Klebreis stampft, um mochi herzustellen. Diese
Interpretation basiert auf dem japanischen
Homonym, da mochi sowohl Vollmond als
auch Reiskuchen bedeutet.
Der Hase wird in Japan auch zwischen
Schachtelhalm (tokusa, Equisetum pratense) dargestellt, weil man meinte, er würde
mit diesen Halmen den Mond sauber und
blank halten. Der Schachtelhalm enthält
Kieselsäure und wird von japanischen
Handwerkern zum Polieren benutzt. Hier
hält der Hase den Stößel so, als ob er mit
tokusa die Mondoberfläche poliere.
222
FRAU AUF EINEM HASEN
Elfenbein
H. 4,3 cm
Sign.: Masakazu
Mitte 19. Jh.
Eine Frau mit einem hachimaki um den
Kopf – ein Zeichen eines Arbeiters – und
Gamaschen an den Beinen sitzt barfuß auf
einem überdimensional großen Hasen mit
braun geflecktem Fell. In beiden Händen
hält sie einen Stampfer (kine). Dieses Attribut läßt an den Mondhasen denken, der
mit einem solchen Stab das Elixier des langen Lebens stampft.
223
KARASU-TENGU
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 4,4 cm
Ca. 1800
Der krähenköpfige tengu spielt auf einer
shamisen. Auf dem Rücken seiner ärmellosen Jacke befindet sich als graviertes Muster zwischen Ranken der große Federfächer
des tengu-Königs Sôjôbô. Die shamisen
wird meist von Frauen aus den Vergnügungsvierteln gespielt.
Tengu (wörtlich: Himmelshund) sind wilde
Waldkobolde, halb Mensch, halb Vogel,
die in Kolonien in den Wipfeln der Kryptomerien auf dem Kurama-Berg im Norden Kyotos und anderen Bergen leben. Die
langnasigen konoha-tengu und die KrähenKobolde (karasu-tengu) stehen im Dienst
des Königs Dai-tengu, auch Sôjôbô (wörtlich: Bischof-Priester) genannt, der als Lehrer des jungen Minamoto Yoshitsune
(1159-1189) Berühmtheit erlangte (vgl.
Kat.-Nr. 249). Weil sie in den Bergen leben
und von kriegerischer Natur sind, werden
sie ähnlich den yamabushi mit deren typischem Käppi dargestellt. Im Shintoismus
verehrt man sie als untergeordnete Gottheiten.
67
DER KAPPA
Der kappa ist ein Flußkobold, dessen
Rücken von einem Schildkrötenpanzer
bedeckt ist. Sein Kopf ähnelt dem eines
Affen und die Beine denen eines Frosches. In der runden Kopfvertiefung befindet sich das für ihn lebenswichtige
Lebenselixir. Immer zu bösen Scherzen
aufgelegt, vergreift er sich an hübschen
Mädchen, zieht Pferde ins Wasser oder
führt arglose Reisende in die Irre. Um
den kappa schadlos zu machen, braucht
man sich nur bei einer Begegnung mit
ihm tief zu verneigen. Da es die Höflichkeit schätzt, wird es den Gruß durch
Kopfneigen erwidern. So verliert es sein
Lebenselixier und wird wehrlos. Kappa
werden gern mit ihrer Lieblingsspeise,
der Gurke, und als übermütig spielende
Kinder dargestellt.
224
KAPPA-KOPF
Hirschhorn, Augen und Kopfflüssigkeit
aus Perlmutter
H. 2,5 cm
Sign.: Kisui
19. Jh.
Die Perlmuttereinlage auf der Scheitelhöhlung stellt das Lebenselixier dar, das er bei
seinem Landgang benötigt.
Abgeb. in: Netsuke, Bd. 1, Nr. 11 (1961), S.
6, Abb. 1
225
KAPPA
Buchsbaum, Pupillen aus Glas
H. 4,5 cm; B. 4 cm
Spätes 19. Jh.
Das kappa klettert über eine große hamaguri-Muschel, die den Fuß des Koboldes
festhält. Dieses Motiv, für das Sukenaga
berühmt wurde, ist eine Anspielung auf die
Gefahren des Verliebtseins.
226
KAPPA
Elfenbein
H. 2,5 cm; L. 4,2 cm
Mitte 19. Jh.
Auf einer flachen Sockelplatte sitzt der
schelmische Kobold neben einem umgedrehten Lotosblatt, das er an einer Stelle
aufreißt, um die Landschaft mit dem Berg
Fuji im Inneren zu zeigen.
227
KAPPA MIT TRANSPORTBÜNDEL
Elfenbein, Augen aus dunklem Horn
H. 5,3 cm
Sign.: Ikkyû
Provinz Owari, 2. Hälfte 19. Jh.
In dem Transportbündel steckt ein großer
Krake, der versucht, sich zu befreien und
dabei in die Haare des kappa greift.
228
DREI KAPPA
Elfenbein
H. 2,2 cm; L. 4,3 cm
Sign.: Tomokazu
Tokyo, spätes 19./frühes 20. Jh.
Ehemalige Sammlung Jonsson
Drei übermütige kappa sitzen eng beisammen. Zwei von ihnen schieben gegenseitig die Köpfe zur Seite, womit sie Gefahr
laufen, das Lebenselixier, das sich in der
tellerförmigen Schädeleinbuchtung befin68
det, zu verlieren und damit unschädlich zu
werden.
Dieses Motiv ist eines der bekanntesten des
Minkô, doch kann die Signatur hier nicht
als authentisch angesehen werden.
Abgeb. in: Hurtig 1973, S. 130, Abb. 533
TANUKI
Der tanuki sieht aus wie ein Waschbär.
Im Volksglauben ist er berühmt für seine
Fähigkeit der Täuschung. Ein Merkmal
ist sein praller Bauch und sein Skrotum,
das er auf die Größe von acht tatamiMatten (3,64 qm) ausweiten kann
(hachijo kijiki kintama) und das er als
Falle für unliebsame Jäger einsetzt. Mit
seinem Bauchtrommeln (tanuki no hara
tsuzumi) hingegen führt er die Wanderer
in die Irre. Der tanuki kann verschiedene
menschliche Gestalten annehmen, in erster Linie die eines Priesters.
229
TANUKI
Buchsbaum
H. 3,2 cm
Aufschrift: Minkô
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlungen Hart und Brockhaus (gekauft 1898)
Das Sujet ist als tanuki no hara tsuzumi
(das Bauchtrommeln des tanuki) bekannt.
Ehmann interpretiert den Spruch wie folgt:
„Wenn der Tanuki den Mond sieht, soll er
sich vor Vergnügen auf den Bauch klopfen,
was einen weithin hörbaren tiefen glockenähnlichen Ton gibt. – Von jemand,
der sehr zufrieden aussieht.“ (Ehmann
1927, S. 321, Nr. 2920). Dem Aberglauben
nach soll das Bauchtrommeln des tanuki
den Gong eines Tempels oder einer Herberge imitieren und somit die Reisenden
und Wanderer in unwegsame und gefährliche Gebiete locken.
Abgeb. in: Brockhaus 1925, S. 369, Abb.
440
230
TANUKI
Kirschholz
H. 3,4 cm
Aufschrift: Minkô und kaô
19. Jh.
231
TANUKI UND JÄGER
Buchsbaum
H. 2,7 cm
Sign.: Issai
Frühes 19. Jh.
Der riesige Hodensack eines tanuki dient
als Falle für den Jäger, der um Gnade fleht.
Unter dem am Boden liegenden Gewehr
verläuft die Schnurführung.
Issai hat dieses Thema häufiger geschnitzt
(vgl. sehr ähnliches, Issai signiertes Stück
in Davey 1974, Kat.-Nr. 880 und ein weiteres Netsuke (ehemals Sammlung Behrens,
Nr. 4785) im MCI, S. 235).
232
TANUKI ALS PRIESTER
Elfenbein, ein Auge aus Horn
H. 6,3 cm
Mitte 19. Jh.
Der tanuki nimmt die Gestalt eines Priesters an. Verwandlungen sind naturgemäß
schwer darzustellen. Der Schnitzer hat die
Metamorphose in der vertikalen Achse
angelegt. Mit der Verwandlung sollten
bigotte Mönche angeprangert werden, die
ihren Status zum Eigennutz mißbrauchten.
69
233
TANUKI ALS PRIESTER
Buchsbaum, Ring aus Elfenbein, Augen
aus Elfenbein und Horn, himotôshi in
schwarzes Holz gefaßt
H. 3,8 cm
Sign. auf Elfenbeinplättchen: Masakazu
2. Hälfte 19. Jh.
ga/ neko ga geta haite/ tsue tsuite/ shibori
no yukata de kuru monoka/ choi choi choi
choi (Ich bin Neko, ich bin Neko, eine Katze, die geta trägt, die einen Stab hält und
die in einen yukata mit shibori-Muster
gekleidet ist, choi, choi, choi, choi) (Yoshida in: Sagemonoya 2000, S. 136, Nr. 125).
234
DIE KATZE VON NABESHIMA
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Glas
H. 5,3 cm
Aufschrift: Dôraku
2. Hälfte 19./20. Jh.
Die im menschlichen Habitus stehende
Katze ist in einen lose gegürteten Kimono
gekleidet. Auf dem rückseitig gebundenem
obi ist eine Blüte zwischen Wellen graviert.
Man sagt Katzen nach, daß sie sich in junge Frauen verwandeln können. Die bekannteste Legende ist Nabeshima no neko
(Die Katze von Nabeshima) und möglicherweise Thema dieses Netsuke. Dargestellt
wäre dann O Toyo, die Geliebte eines
Nabeshima-daimyô in der Provinz Hizen.
Ausgangspunkt dieser langen Erzählung ist
der Mord einer riesige Katzen an der jungen Frau, in deren Körper die Katze anschließend schlüpft.
Eine andere Deutung des Themas wäre,
daß es sich hier um eine Prostituierte handelt, denn neko (Katze) war einer der Namen für Freudenmädchen.
Kürzlich wurde dieses Sujet als Illustration
eines populären Liedes des späten 18. Jahrhunderts, das im späten 19. Jahrhundert
eine Wiederbelebung erfuhr, gedeutet. Das
Lied beginnt: Nekoja nekoja to oshaimasu
70
Figuren aus der japanischen Literatur
Die japanische Geschichts-, Roman- und
Märchenliteratur sowie das Theater dienten den Netsuke-Schnitzern des 19. Jahrhunderts als eine unerschöpfliche Quelle
der Inspiration.
Das Kojiki und das Nihongi, beide
aus dem 8. Jahrhundert, sind die frühesten geschichtlichen Werke Japans. Hier
finden sich im jeweils ersten Teil die mythischen Entstehungsgeschichten des
Insellandes und deren Götter sowie die
erste Erwähnung vom Palast des Meereskönigs, der in der späteren Literatur
Ryûjin (Drachenkönig) genannt wird.
Einen umfangreichen Komplex
der heian-zeitlichen Literatur bilden neben den Liebesromanen, wie dem Genji
monogatari (Geschichte des Prinzen Genji), die Kriegshistorien. Diese monogatari
befassen sich hauptsächlich mit den
Themen Mut und Tapferkeit bei bewaffneten Auseinandersetzungen. Diese Literaturgattung enthält aber auch Liebesgeschichten sowie tragische Lebensläufe
einzelner Familien. Das Heike monogatari (Die Erzählungen des Hauses Taira)
aus dem frühen 13. Jahrhundert, das
wichtigste Werk unter diesen, schildert
die Jahrzehnte andauernden, kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen
den beiden Familienklans der Minamoto
(Genji) und der Taira (Heike) im 12.
Jahrhundert. Die herausragenden Persönlichkeiten, die auch als Netsuke immer wieder in Erscheinung treten, sind
Tadamori, Kiyomori und Tadanori unter
den Taira und Yoritomo und Yoshitsune
unter den Minamoto sowie Shunkan und
Endô Morito.
Personen aus der späteren Geschichte
sind unter den Netsuke seltener. Das Soga monogatari (Die Erzählung der Soga)
von ca. 1340 erzählt die Geschichte der
die Ermordung des Vaters rächenden
Soga-Brüder. Das Taiheiki von ca. 1370
schildert die Kriege um die Vorherrschaft
des Nördlichen und Südlichen Hofes,
zwischen den Hôjô und den Ashikaga.
Die Haupthelden Kusunoki Masashige
und Nitta Yoshisada kämpfen gegen Ashikaga Takauji.
Das Nô-Theater der MuromachiZeit lieferte den Stoff für zahlreiche Balladen, Pantomimen, kabuki- und bunraku-Stücke, die das Wissen um legendäre
Gestalten aus der japanischen und chinesischen Geschichte unter allen Bevölkerungsschichten verbreiteten.
Außer dem Sangokushi und dem
Suikoden, die auf chinesischen Romanen
basieren, gab es im frühen 19. Jahrhundert noch andere Buchgattungen, die die
Netsuke-Schnitzer beeinflußten. Es waren die kibyoshi (Erzählungen aus dem
bürgerlichen Leben), die akahon (Märchenbücher), die kokkeibon (Ulkbücher)
und gokan (Heftserien). Gestalten wie
Fukusuke, Wasobyoe, Jiraya entstammen
solchen Büchern. Märchen wie Momotarô
und andere sind teilweise sehr alten Ursprungs. Vor allem die Schnitzer der
Tomochika-Gruppe wählten Märchenfiguren zum Thema ihrer Netsuke. Viele
dieser Stücke wurden für Europa hergestellt, wo Bücher von A. B. Mitford und
Lafcadio Hearn sowie auf Crepe gedruckte, bibliophile Ausgaben die Märchen den
europäischen Sammlern bereits nahegebracht hatten. Erwähnt seien auch die
Gespenstergeschichten, die sich in der
Edo-Zeit besonderer Popularität erfreuten.
71
235
RYÛJIN
Nadelholz, polychrom bemalt
H. 10,5 cm
18./19. Jh.
In der Hand hält er das die Gezeiten regulierende Juwel. Hinter der Figur klettert ein
Drache empor, der sich an den Schultern
festklammert. Die Arbeit ist ungewöhnlich
stark unterschnitten.
Wie bei allen Netsuke in der Art des Yoshimura Shûzan (1700-1773) ist die polychrome Fassung stark abgegriffen; das Inkarnat war ursprünglich ein gelbliches
Ocker; Gewand und Schuhe sind schwarz,
der Drache rot; in den Falten und am Drachen sind Reste von Goldpulver zu sehen.
236
RYÛJIN
Nadelholz, polychrom bemalt
H. 11,6 cm
19. Jh.
Auch diese Gestalt hält in den Händen das
Juwel. Das Sôken kishô bildet unter den
Netsuke des Künstlers Yoshimura Shûzan
eine solche Figur ab, die als Ryûjin bezeichnet wird. Dieses Modell muß sehr
beliebt gewesen sein, da auch andere
Schnitzer, z.B. Tametaka (?-1789), diesen
Typ gefertigt haben. Im Ko-ji Hô-ten wird
dieser Netsuke-Typ als Bote des Ryûjin
beschrieben, da Ryûjin selbst meist in
Tracht eines chinesischen Kaisers abgebildet wird.
Abb. 14
Sôken kishô, 1783, Bd. 7, S. 5b
237
TOYOTAMA HIME
Elfenbein
H. 5 cm
Sign.: Rensai
20. Jh.
Die junge Frau steht inmitten von Wellen
mit hohen Schaumkronen. Sie versucht,
mit einem langen Angelhaken einen Aal zu
fischen. An ihrem Gürtel hängt ein Kugelfisch (fugu). Die Identifizierung dieser Figur ist nicht gesichert.
238
SAYO HIME
Elfenbein
Ø 4,9 cm
Edo, ca. 1850/1860
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Matsuura no Sayo Hime winkt ihrem Gatten Ôtomo no Sadehiko nach, der 537 vom
Kaiser Senka (reg. 535-539) nach Korea
geschickt wurde. Der Legende nach verabschiedete sie sich so lange, bis sie sich in
einen Stein verwandelte. Sayo Hime wurde
zum Symbol der ergebenen und treuen
Frau.
239
HADESU
Elfenbein
H. 3,5 cm
Frühes 19. Jh.
Im Jahre 545 reiste Hadesu (im Nihongi
[Buch XIX, 28] unter seinem Namen
Kashiwade no Omi Hasui erwähnt) mit
einer Gesandtschaft des Kaisers Kinmei
(reg. 539-571) nach Korea. Dort wurde
sein Sohn von einem Tiger getötet. Um ihn
72
zu rächen, ersticht Hadesu den Tiger mit
seinem Schwert.
Hadesu zählt auch zu den Helden aus dem
japanischen Suikoden. Die offenen Haare
und das auffällig mit Karos gemusterte,
von der Schulter gestreifte Gewand entsprechen dem Typ des gesellschaftlichen
Außenseiters. Daher ist hier wohl Hadesu
als Suikoden-Protagonist und nicht als
semi-historische Gestalt dargestellt.
240
MURAKAMI TENNÔ
Elfenbein
H 4,3 cm
Sign.: Keiun
Uji, ca. 1971
Der Kaiser Murakami (reg. 946-967) legt
die Hand auf einen knospenden Pflaumenbaum, den er anstelle eines verdorrten
Baumes für den Palastgarten haben möchte. Vor ihm kniet eine junge Frau mit
Schriftstück in der Hand, die ihn wegen
einer gerade nistenden Nachtigall bittet,
den Baum nicht zu verpflanzen.
241
ÔMU KOMACHI
Elfenbein
H. 4,4 cm
Sign.: Hidemasa
Osaka/Kyoto, ca. 1820/1830
Ehemalige Sammlung Cohen
Die berühmteste Dichterin Japans, Ono no
Komachi (834-900), wird hier als alte Frau
mit prall gefüllter Betteltasche und Reisschale dargestellt. In der Hand hält sie ein
tanzaku (Gedichtstreifen), auf dem geschrieben steht: Kumo no ue wa arishi/
mishi tamadare no.
Das Netsuke illustriert eine legendäre Episode im Leben der Dichterin. Vom Kaiser
Yôzei (reg. 876-884) erhielt sie folgendes
Gedicht: Kumo no ue wa/ arishi mukashi
ni/ kawaranedo/ mishi tamadare no/ uchi
ya yukashiki (Über den Wolken/ hat seit
vergangenen Zeiten/ sich nichts verändert:/ An die Perlenvorhänge, die du
kennst,/ denkst du gerne an Sie zurück? P.
Weber-Schäfer, Ono no Komachi, Gestalt
und Legende im Nô-Spiel, Wiesbaden
1960, S. 36-38 ). Den damaligen Gepflogenheiten entsprechend antwortete Komachi mit einem Gegengedicht, wobei sie nur
eine Silbe austauschte (das interrogative ya
gegen das affirmative zo in der letzten Zeile). Diese Episode, die wegen der papageienhaften Rückantwort der Komachi Ômu
Komachi (Papagei Komachi) heißt, gehört
zu den Sieben Erscheinungsformen der
Komachi (Nana Komachi) und ist Thema
eines Nô-Dramas.
Abgeb. in: Cohen 1974, Tafel VII, Nr. 107
242
NYOSAN NO MIYA
Elfenbein
H. 3,9 cm
Sign.: Ryûchin
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Die Katze Nyosan no Miyas der jungen
Frau des Prinzen Genji ist der Auslöser für
eine Liebesbeziehung zu Kashiwagi (Genji
monogatari, 34. Kapitel, „Wakana I“).
Meist wird sie im jûni hitoe-Gewand beim
Beobachten eines spielenden Kätzchens
dargestellt. Seitdem Katzen im 10. Jahrhundert von Korea nach Japan eingeführt
wurden, waren sie die Lieblingstiere am
Kaiserhof. Damit ihr Zugang in die innersten Palasträume auch rechtens war, wurde
73
Katzen der Titel des 5. Grades verliehen.
Sie waren somit die einzigen aristokratischen Tiere.
243
AZUMAYA-BOOT
Buchsbaum
H. 3 cm; L. 4,7 cm
Sign.: Isshû tô jô Issen
Edo, 1. Hälfte 19. Jh.
Prinz Niou und seine Geliebte Ukifune
sitzen in einem Kahn, der im Schilf angelegt hat. Das Ko-ji Hô-ten nennt die Szene
Azumaya fune (Azumaya-Boot), eine vor
allem in der Malerei häufige Illustration
des 51. Kapitels, „Ukifune“, des Genji monogatari.
244
SZENE AUS DER SHUTEN DÔJILEGENDE
Holz
H. 3,9 cm
Sign.: Issen
Edo, 1. Hälfte 19. Jh.
Raikô (Minamoto no Yorimitsu, 944-1021)
und seine als yamabushi verkleideten Gefolgsleute jagen auf Geheiß des Kaisers
Murakami den Dämon Shuten dôji, der die
Menschen überfällt und ihr Blut aussaugt.
Als sie die Landschaft durchstreifen, treffen sie eine junge Frau, die an einem Flußufer die blutverschmierte Kleidung ihrer
Eltern wäscht, die Opfer des Shuten dôji
geworden sind.
Shuten dôji ist eine der beliebtesten volkstümlichen Erzählungen (otogizôshi) der
Muromachi-Zeit.
Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 476, Abb.
3 und Werdelmann 1989a, S. 46, Abb. 3
245
KUZUNOHA
Buchsbaum
H. 3,3 cm
Sign.: Masakazu
Nagoya, 1. Hälfte 19. Jh.
Die Fuchsfrau Kuzunoha war die Geliebte
des Abe no Yasuna. Aus dieser Verbindung entsprang ein Sohn, den sie hier in
den Armen hält. Dieser, genannt Abe no
Seimei (919?-1005), wurde der berühmte
Hofastrologe und Wahrsager des Kaisers
Toba (reg. 1107-1123). Der Pinsel im Maul
ist Anspielung auf das Gedicht, das sie
schrieb, bevor sie Yasuna nach dreijährigem Zusammenleben verließ. Die Geschichte wird in der Legende Shinodatsuma (Frau Shinoda) erzählt, die Grundlage ist für ein jôruri und zahlreiche kabuki-Stücke der Edo-Zeit.
246
ARM DES DÄMONS IBARAKI
Zahn, Spinnen aus Horn später hinzugefügt
L. 6,3 cm
Sign.: Shûraku
1. Hälfte 19. Jh.
Neben dem ausgestreckten Arm eines Dämons sitzt ein kleiner, weinender oni mit
Gebetsschnur.
Watanabe no Tsuna, ein Vasall des Minamoto no Yorimitsu (944-1021), hat es sich
zur Aufgabe gemacht, auch den letzten
Dämon in Kyoto zu töten. Er legt sich am
Rashô-Tor in Kyoto auf die Lauer und
schlägt zu, als er eine ungewöhnliche Er74
scheinung bemerkt. Zurück bleibt der Arm
des Dämons Ibaraki.
Rashômon ist ein bekanntes otogizôshi aus
dem 15./16. Jahrhundert und ein berühmtes Nô-Drama.
247
ENDÔ MORITO
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus gepreßtem, versilbertem Kupfer
mit Einlagen aus Gold; Kapsel aus Hirschhorn
Ø 4,7 cm
Mitte 19. Jh.
einen greisen Tempeldiener mit einem
alten, großen Hut, einem Strohumhang
und einer Ölkanne. Das flackernde Licht
kam von seiner Fackel, die er gelegentlich
anblies. Dieser Mann ist in die Literatur als
Abura bôzu (Öl-Bonze), der das Öl der
Tempellaternen stiehlt, eingegangen.
249
USHIWAKAMARU
Pottwalzahn, Pupillen des Sôjôbô aus
schwarzem Horn
H. 8,1 cm
Mitte 19. Jh.
Endô Morito (1120-?) büßt den Mord an
seiner Geliebten Kesa gozen, indem er
Mönch wird, den Namen Mongaku shônin
annimmt und sich mit einer Glocke im
Mund unter dem Nachi-Wasserfall einem
Reinigungsritual (suigyô) unterzieht. Hier
erschien ihm Fudô Myôo und half ihm, die
Erleuchtung zu erlangen. Die Vorlage für
dieses Motiv ist im Ehon sakigaki (1836)
von Hokusai zu finden.
Ushiwakamaru war der Knabenname von
Minamoto no Yoshitsune (1159-1189). Mit
acht Jahren verschwand er plötzlich und
ließ sich vom tengu-König Sôjôbô auf dem
Kurama-Berg bei Kyoto in die Schwertkunst unterweisen, über die er hier in einer
Schriftrolle liest. Auf der Rückseite kniet
ein karasu-tengu mit einem Schwert. Die
Zahnform des Netsuke stellt den KuramaBerg dar.
Abb. 15
Ehon sakigake, 1836, S. 24b/25a, Museum
für Ostasiatische Kunst Berlin
250
USHIWAKAMARU
Elfenbein, Endknöpfe der Rolle und Brauen aus schwarzem Horn
Sign.: Don'yo
H. 3,4 cm; L. 3,8 cm
Osaka, Mitte 19. Jh.
248
TADAMORI UND ABURA BÔZU
Elfenbein
H. 5,8 cm
Frühes 19. Jh.
Ein höfisch gekleideter Mann mit eboshi
ergreift einen fliehenden Mann mit Kanne.
Taira no Tadamori (1096-1153), der Begründer des Taira-Clans, wurde vom Kaiser Shirakawa (reg. 1072-1086) ausgeschickt, um ein merkwürdiges, flackerndes
Licht zu untersuchen. Er erwischt dabei
Mit der Rechten hält der junge Mann eine
Schriftrolle hoch. Am Rücken befindet sich
ein Schwert in Tigerfellscheide.
Bei der Rolle handelt es sich sicherlich um
militärische Anweisungen. Daher kann es
sich hier sowohl um den jungen Yoshitsune handeln, der von Sôjôbô unterrichtet
wurde, oder um Masatsura (1326-1348),
den Sohn des Feldherren Kusunoki
75
Masashige (1294-1336). Der Vater übergab
seinem jungen Sohn eine Niederschrift
seiner militärischen Erfahrungen in Sakai.
Die aus Blüten und Ranken bestehenden
Gewandmuster sind in der Art des Hidemasa ausgeführt.
Wegen der mangelnden Attribute ist eine
eindeutige Identifizierung nicht möglich.
Wahrscheinlich handelt es sich hier aufgrund des Sujets und der ansonsten unbekannten Signatur um das nicht abgebildete
Stück Nr. 1140 aus der Sammlung Behrens.
251
KITSUNE TADANOBU
Elfenbein
H. 3,5 cm
Sign.: Tomochika
Edo, Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Brockhaus
Abgeb. in: Cohen 1974, Tafel X, Nr. 160;
Kunstpreisjahrbuch 1988, Bd. XLIII, Teil 2.,
München (1988), S. 765
Die Darstellung ist eine Anspielung auf die
Legende von Minamoto no Yoshitsune, der
seiner Geliebten Shizuka eine Trommel aus
Fuchshaut zum Abschied geschenkt hat.
Auf ihrer Reise soll sie von Yoshitsunes
Vassal Satô Tadanobu eskortiert werden.
Ein Fuchs aber nimmt die Gestalt des
Tadanobu an, um die Trommel zu stehlen,
da deren Bespannung aus der Haut seiner
Mutter stammt.
252
ONIWAKAMARU
Elfenbein
H. 3,2 cm
Sign.: Shizu
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Cohen
Ein Knabe ringt mit einem riesigen Karpfen. Es kann sich um Benkei, als Kind
Oniwakamaru genannt, handeln, der den
riesigen Karpfen des Koiike (KarpfenTeichs), der seine Mutter verschlungen hat,
versucht zu töten. Es könnte sich aber auch
um Kintoki handeln, der ebenfalls im
Kampf mit einem Karpfen dargestellt wird.
253
BENKEI
Elfenbein
H. 3,1 cm
Sign.: Isshi
20. Jh.
Benkei, bis heute einer der beliebtesten
japanischen Helden des 12. Jahrhunderts,
hat es sich in den Kopf gesetzt, die Glocke
von Miidera, einem Tempel am Fuße des
Hieisan, den Berg hinaufzutragen, damit
ihr Klang dort die Bergpriester erfreuen
möge.
Benkei trägt eine Rüstung und um den
Kopf ein hachimaki, ein Schweißband, das
bei schweren Arbeiten angelegt wird.
Das Sujet tsurigane-Benkei (Benkei und die
Tempelglocke) ist auch eines der ältesten
Motive unter den ôtsu-e.
254
TAMANO NO MAE
Elfenbein
H. 5,7 cm
Sign.: Chôkôsai
Ca. 1850/1860
Hinter Tamamo no Mae, der Konkubine
des Kaisers Toba (reg. 1107-1123), und
einer hockenden Dienerin steht ein neunschwänziger Fuchs. Der Legende nach ist
76
die Geliebte schuld an der schwachen Gesundheit des Kaisers. Als sie einem Altar
näher tritt, um für die Gesundheit des Kaisers zu beten, nimmt sie ihre wahre Gestalt, die eines Fuchses, an.
257
OGURI HANGAN
Elfenbein, Pupillen des Pferdes aus Horn
H. 4,2 cm
Ca. 1840/1850
255
ÔMORI HIKOSHICHI
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 7,2 cm
Aufschrift: Shûzan
19./20. Jh.
Der für seine Reiterkünste bekannt gewordene Oguri Hangan Sukeshige (1398-1464)
steigt mit seinem Pferd Onikage auf ein
kleines go-Tischchen. Er ist der Sohn des
Oguri-daimyô in der Provinz Hitachi, der
von Ashikaga Mochiuji enteignet wurde.
Um Oguri Hangan ranken sich zahlreiche
Legenden, die im Oguri monogatari geschildert werden und auch Thema von
Holzschnitten sind.
Ômori Hikoshichi, ein Lehensmann des
Ashikaga Takauji (1305-1358), nimmt im
Jahr 1336 an der Schlacht von Minatogawa
teil. Dort bittet ihn eine schöne Frau, sie
durch den Fluß zu tragen. Im Wasser jedoch spiegelt sich das wahre Gesicht der
Dame. Als Hikoshichi das Gesicht der Hexe erkennt, greift er zum Schwert.
256
ONCHI SAKON MITSUKAZU
Elfenbein
H. 5,8 cm
Sign.: Okatomo
Kyoto, ca. 1770/1780
Sakon, der Gefolgsmann des Kusunoki
Masashige (1294-1336) mit Schwert am
Rücken, hat sich als Affengaukler (sarumawashi) verkleidet, um als Spion in die
Festung der feindlichen Ashikaga einzudringen. Die Binsenmatte mit langen Kordeln auf dem Kopf, wie sie auch von Jägern
getragen wird, ist ein häufiges Requisit von
Personen, die sich tarnen oder verstecken.
Das Netsuke ist eine ungewöhnliche und
für Okatomo seltene Figurendarstellung.
258
KIYOMORI
Manjû-Netsuke
Gepreßtes Horn
H. 4 cm; B. 4,4 cm
19. Jh.
Taira no Kiyomori (1118-1181), der Sohn
des Tadamori, versucht vom Dach eines
Tempels aus, mit einem Fächer den Lauf
der Sonne anzuhalten, damit die Arbeit am
Itsukushima-Schrein, die zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet sein muß, bei
Tageslicht weitergeführt werden kann.
Entsprechend der seriellen Fertigung dieser Netsuke aus gepreßtem Horn befinden
sich identische Stücke u.a. in der ehemaligen Sammlung Leclercq und in der Sammlung Baur (C 345).
259
ARIÔMARU
Buchsbaum
H. 5,5 cm
Sign.: Gyokuzan
2. Hälfte 19. Jh.
77
Ein nur mit einem Lendentuch bekleideter
Mann versucht, einen riesigen Kraken an
dessen zwei Fangarmen niederzudrücken.
Es handelt sich wohl um Ariômaru, der
Diener des Priesters Shunkan (1142-1178)
des Hoshô-Tempels, der wegen einer Verschwörung gegen Taira no Kiyomori 1177
auf die Insel Kikaigashima verbannt wurde. Ariômaru bändigt den Kraken, der seinen Herrn angegriffen hat.
260
FIGUR AUF EINEM RÜSTUNGSTEIL
Buchsbaum, Pupillen aus braunem Horn
H. 4 cm
Frühes 19. Jh.
Die in eine Kutte gehüllte Gestalt sitzt auf
dem Schenkelschutz (sode) einer japanischen Rüstung. Die gravierten Gewandmuster basieren auf dem vereinfachten
Schema des shibori-Musters. Das Thema
ist nicht zu identifizieren.
Bei einem losen Rüstungsteil drängt sich
der Gedanke an den Kampf, bei dem Asahina Saburô dem Soga no Gorô ein Rüstungsteil entriß, auf.
Abgeb. in: Netsuke, ojime & Masatoshi's
Kabuki, Sagemonoya, Tokyo o.J., S. 21,
Kat.-Nr. 48 (hier als Yoshitsune identifiziert)
261
KAMAKURA KAGEMASA UND MIURA TAMETSUGU
Manjû-Netsuke
Walroßzahn
Ø 5,1 cm
Ca. 1865
Ein Samurai mit Hofhut (kanmuri) und
Schulterschutz (sode) tritt auf die Helle-
barde eines am Boden liegenden, behelmten Kriegers, der die Waffe mit beiden
Händen festhält. Am Boden liegt ein Bogen, auf der Rückseite ist ein gebrochener
Pfeil zu sehen.
Ein sehr ähnliches Motiv ist im Banbutsu
zukai Isai gashiki (Sammlung von Zehntausend Dingen: Isais Bilderalbum) illustriert, womit die Identifizierung der beiden
Figuren möglich wird. Die Darstellung
bezieht sich auf eine Begebenheit während
des dreijährigen Krieges zwischen Minamoto Yoshiie (1041-1108) und dem Kiyowara-Clan. In der Schlacht von Kanazawa
im Jahr 1087 wurde Kamakura Gongorô
Kagemasa von einem Pfeil ins linke Auge
getroffen. Trotz der Verwundung tötete er
Tourinoumi Yasaburô. Als Miura Tametsugu später den Pfeil aus Kagemasas
Auge zog, trat er auf seinen Körper, um
sich abzustemmen, beleidigte aber damit
den verletzten Samurai zutiefst. Das
Netsuke zeigt Kamakura Kagemasa mit
geschlossenen Augen am Boden liegend
und Tametsugu, der auf die Hellebarde
tritt und den Pfeil wegwirft.
Abb. 16
Banbutsu zukai Isai gashiki, Vorwort datiert 1864, Bd. 1, S. 11b, Sammlung Pulverer
262
EGUCHI NO KIMI
Buchsbaum, die Figur aus Elfenbein wahrscheinlich später
H. 3,6 cm
19. Jh.
Die Kurtisane Eguchi no Kimi gilt als eine
Inkarnation des Fugen bosatsu. Einer
Überlieferung nach soll Saigyô hôshi
(1118-1189) sie, um ein „Obdach für einen
78
Augenblick“ gebeten und dieses erhalten
haben. Einer anderen Quelle nach ist
Shoku shônin nach Eguchi gefahren, um
dort entsprechend der Weisung eines
Traums dem Bodhisattva zu begegnen.
Dort sieht er Eguchi no Kimi, die sich,
immer wenn er die Augen schließt, als Fugen präsentiert.
263
KIYOHIME
Buchsbaum
H. 3,9 cm
Sign.: Masakazu
Nagoya, 1. Hälfte 19. Jh.
Aus Verzweiflung über ihre nicht erwiderte Liebe zu dem Mönch Anchin verfolgt
Kiyohime diesen in den Dôjô-Tempel. Als
sie entdeckt, daß Anchin sich unter einer
Glocke versteckt hat, verwandelt sie sich in
die Hexe Hannya und windet ihren Drachenkörper um deren Wandung. Mit einem T-förmigen Stab schlägt sie die Glocke solange, bis die Flammen, die aus ihrem Körper strömen, die Glocke schmelzen. Kiyohiome und Anchin verbrennen.
Die Legende von Kiyohime ist Thema des
berühmten Nô-Dramas Dôjôji.
Die Wandung der Glocke ist in typischer
Nagoya-Manier in sehr feinem Relief mit
Regendrachen (amaryû) dekoriert.
264
YÔRÔ NO TAKI
Elfenbein
H. 4,2 cm
Sign.: Masanao
Osaka, 1. Hälfte 19. Jh.
Der lachende Reisigsammler mit einer Sichel an seinem Gürtel und einem übergroßen Flaschenkürbis sitzt auf einem Bündel
von Eichenzweigen, über denen ein Tuch
liegt.
Das Motiv illustriert die Legende des YôrôWasserfalls (Yôrô no taki). Als Kosagi seinen Vater nicht mehr mit Sake versorgen
konnte, füllte er eines Tages seinen Flaschenkürbis mit Wasser des YôrôWasserfalls, welches die Götter aus Mitleid
mit Kosagi in Sake verwandelten. Der
Wasserfall wurde daraufhin Yôrô genannt,
was als „Nahrungsmittel für das Alter“
übersetzt werden kann.
Die Geschichte von Kosagi wird im
Jikkinshô (Übersicht über die zehn Belehrungen), einer Anthologie von etwa 280
didaktischen Erzählungen über Vorbilder
kindlicher Hingebung, die 1252 vollendet
wurde, erzählt. Die Geschichte wurde später in dem Nô-Stück Yôrô verarbeitet.
Der Gesichtsausdruck, insbesondere die
Augen, die breite Nase und der lachende
Mund sowie die Gravierung der Kleidermuster sind typisch für die Netsuke von
Hidemasa.
265
WASÔBYÔE
Elfenbein
H. 7,1 cm
Spätes 18. Jh.
Auf den Schultern eines chinesischen Eremiten mit Blattumhang steht ein kleiner
Chinese mit einem nicht zu identifizierenden Gegenstand (Dose, Schriftrolle oder
Stoffballen).
Aufgrund der Größenunterschiede der
beiden Personen könnte es sich um eine
Episode aus der Erzählung vom Typ kibyôshi über Shikaiya Wasôbyôe handeln.
Der japanische Sinologe und Händler aus
Nagasaki, der auf seinen abenteuerlichen
Reisen das Land der Riesen erreicht hat,
79
steht auf der Schulter des Riesen Kochi
und belehrt ihn aus einer Schriftrolle über
das Land, aus dem er kommt.
Ein Netsuke in der ehemaligen Sammlung
Carré zeigt einen kleinen, bärtigen Chinesen, der auf dem Kopf eines riesigen sennin
sitzt. Im Katalog wurde vermutet, daß es
sich um Wasôbyôe und den Riesen Kochi
aus
der
gleichnamigen
Erzählung
Wasôbyôe aus dem Jahr 1774 handelt.
Doch der Stil des Carré-Netsuke spricht
für eine frühere Datierung als das Erscheinungsjahr der Erzählung, womit diese
Identifizierung anzuzweifeln ist (Eskenazi
1993, S. 76, Nr. 63).
266
ISHIKAWA GOEMON
Elfenbein
H. 4 cm
Ca. 1820/1840
Der in hakama und kariginu gekleidete
Mann schultert ein Schwert, von dem ein
Wasserkessel (kama) hängt.
Wahrscheinlich handelt es sich um Ishikawa Goemon aus dem späten 16. Jahrhundert, der aus einer Vasallen-Familie
stammt, die dem Miyoshi-Clan unterstand.
Als 16jähriger brach er in das Schatzhaus
seines Herren ein, tötete drei Männer und
stahl ein goldenes Schwert. Er wurde gefaßt und zum Tode durch Verbrühen verurteilt. Vor seinem Tode schrieb er ein
später berühmt gewordenes Gedicht. Die
Legende von Goemon wurde zum Thema
von jôruri-Balladen und kabuki-Stücken.
Die Strafe wurde kamaire (in den Kessel
stecken) genannt. Der Kessel hier ist eine
Anspielung auf seine Strafe. Die moralisierende Bedeutung dieses Netsuke ist unverkennbar.
Abgeb. in: NKSJ, Bd. 13, Nr. 2 (Sommer
1993), S. 7-8
267
HELD MIT OCHSEN
Elfenbein
H. 3,7 cm
Sign.: Minkoku
20. Jh.
Ein Mann mit abgestreiftem Obergewand
drückt einen Ochsen an seinen Hörnern
nieder.
Die Darstellung könnte eine Anspielung
sein auf die Schlacht von Kurikara am Berg
Tonamai. Hier besiegte Minamoto no
Yoshinaka (1154-1184) im Jahr 1183 mit
Hilfe einer Ochsenherde seinen Kontrahenten Taira no Koremori.
Eine andere Identifizierung könnte aufgrund einer Darstellung in der Holzschnittserie Hochô Suikoden gôyû happyakunin no hitori (Achthundert Suikoden-Helden unseres Landes) von Utagawa Kuniyoshi, herausgegeben 1830 bis
1836, erfolgen. Hier wird Inuda Kobungo
Yasunori mit einem riesigen Bullen ringend während des heute nicht mehr existenten Stierkampf-Festes in Nijû Koshigôri
in der Provinz Echigo dargestellt.
268
JIRAYA
Buchsbaum
H. 3,3 cm
Sign.: Masatami tô (rot eingefärbt)
Nagoya, ca. 1850/1890
Das Motiv läßt sich sowohl als Jiraya als
auch als Saginoike Heikurô deuten.
Der Bandit und „japanische Robin Hood“
Ogata Shuma Hiroyuki, später bekannt als
Jiraya, zählt zu den 108 Helden des Honchô
80
Suikoden von 1773, der japanischen Version des chinesischen Romans Shuihu zhuan
(vgl. S. 43). Er ist auch Protagonist der Erzählung Jiraya setsuwa (Erzählung von
Jiraya) (1803) von Kanwatei Onitake.
Jiraya hatte im Auftrag des Krötengeistes
die Armen und Schwachen zu beschützen
und hierfür dessen magische Kräfte erhalten. Aber Jiraya hatte keine Macht über die
Schlange. Im Laufe der Zeit lernte er ein
Mädchen kennen, das vom Schneckengeist,
dessen magische Kräfte größer waren als
die der Schlange, unterrichtet worden war.
Das Mädchen gab ihr Wissen an Jiraya
weiter und so gelang es ihm, zunächst
Orochimaru, den Sohn der Schlange, und
schließlich den Schlangengeist selbst zu
bezwingen.
Unter den 108 japanischen Helden der
Holzschnittserie Honchô Suikoden gôyû
happyakunin no hitori (Achthundert Suikoden-Helden unseres Landes) befindet
sich Saginoike Heikurô, ein Vasall des Kusunoki-Clans, der dargestellt wird, wie er
mit einer riesigen Schlage am Hazama-See
in Tondabayashi in der Provinz Kawachi
kämpft. Kuniyoshi stellt ihn in seiner berühmten Holzschnittserie als muskulösen
Helden dar, um den sich eine Schlange
windet. Saginoike packt deren Maul an
Ober- und Unterkiefer und versucht so,
das Maul entzwei zu reißen.
269
ÔANAMUCHI NO MIKOTO
Elfenbein, Augen des Vogels aus schwarzem Glas
H. 4,2 cm
Sign.: Kimitada
2. Hälfte 19. Jh.
Die Identifizierung dieses seltenen Motivs
basiert auf einem Holzschnitt von Utagawa
Kuniyoshi aus der Serie Honchô Suikoden
gôyû happyakunin no hitori (Achthundert
Suikoden-Helden unseres Landes) herausgegeben zwischen 1830 und 1836. Der
Held tötet einen riesigen Adler, der die
Schiffe vor den Küsten Japans attackierte.
270
HELD
Elfenbein
H. 5,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Figur gehört sicherlich in die Gruppe
jener Protagonisten, die in der japanischen
Version des Suikoden erscheinen und von
den Holzschnittmeistern dargestellt wurden. Unter diesen gibt es Kashiwade no
Omi Hadesu, der den koreanischen Tiger
tötet, der seine Tochter verschlungen hat
(vgl. Kat.-Nr. 239).
271
TSURIKITSUNE
Elfenbein
H. 6,2 cm
Frühes 19. Jh.
Hinter dem schlafenden Bauer mit einer
Fuchsfalle, in der eine Ratte steckt, erscheint ein hämisch grinsender Fuchs im
Priestergewand. Dies ist eine sehr erzählerische Illustration des kyôgen-Stückes Tsurikitsune (Die Fuchsfalle). Der Fuchs mit
über seinen Kopf gezogener Kapuze und
Wanderstab erscheint dem Jäger als Priester Hyakuzôsu und warnt ihn davor, Füchse zu fangen, da diese sich in Menschen
verwandeln und sich dann an ihren Verfolgern rächen.
In der Regel wird der Fuchs alleine dargestellt.
81
272
FUCHS ALS HYAKUZÔSU
Elfenbein
H. 5,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Fuchs, der sich in den Priester Hyakuzôsu verwandelt hat, ist in typischem Gewand und mit Bambusstock dargestellt.
273
FUCHS ALS HYAKUZÔSU
Buchsbaum und Elfenbein
H. 6 cm
19. Jh.
In dieser seltenen Darstellung aus Holz
schaut nur der Kopf aus der Mönchskutte
hervor.
274
SHITAKIRI SUZUME
Elfenbein
H. 2 cm; L. 3,3 cm
Sign.: Naoaki
Spätes 19. Jh.
In dem Märchen Shitakiri suzume (Der
Spatz mit der abgeschnittenen Zunge)
spaltet die böse Nachbarin Arababa mit
einer Schere die Zunge des Spatzen Bidori,
weil er von der zum Trocknen hingestellten Stärkepaste genascht hat. In Anlehnung an diese Erzählung wird hier ein alter
Mann mit Schere auf einem überdimensional großen Spatz dargestellt.
275
SHITAKIRI SUZUME
Elfenbein
H. 3,9 cm
Sign.: Rakumin
Tokyo, ca. 1870/1890
Die böse Arababa wurde von dem Spatz,
dem sie die Zunge gespalten hat, vor die
Wahl gestellt, sich einen von zwei Körben
auszusuchen. Sie wählte den größeren und
schwereren. Bereits auf dem Nachhauseweg öffnet sie neugierig den Korb. Es trat
eine Gruppe von Geistern hervor, hier dargestellt durch das dreiäugige Gespenst Mitsume Kozô, ein einäugiges Kind und einen
einhörnigen oni.
276
MOMOTARÔ UND SEINE FREUNDE
Manjû-Netsuke
Elfenbein, Einlagen aus Horn und Perlmutter sowie Lack
H. 3,8 cm; L. 2,5 cm
Sign. auf Perlmutterplättchen: Shibayama
saku
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Auf der Schauseite dieses pfirsichkernförmigen manjû sind in reliefierter Einlage
ein Affe und ein Fasan, auf der Rückseite
ein Hund aus Perlmutter zu sehen. Innen
ist ein Knabe in hellem Elfenbein dargestellt, dessen vor der Brust zusammengelegte Hände die Öse für die Schnurführung
bilden. In der anderen Kernhälfte sind ein
Schwert und ein Fächer mit Pfirsichzweig
in Gold eingefärbter Gravur zu sehen. Das
manjû ist sehr ungewöhnlich und stellt
Momotarô (wörtlich: Pfirsichknabe) und
seine Freunde aus der Tierwelt dar.
277
HANASAKA JIJII
Elfenbein
H. 3,8 cm
Sign.: Kinsai
Edo, ca. 1840/1860
82
Der arme Bauer aus dem Märchen vom
alten Mann, der abgestorbene Bäume zum
Blühen bringen kann (Hanasaka Jijii), wird
von seinem Hund Shiro zu einer Stelle geführt, wo er einen Schatz findet. Die Standfläche wird durch Goldmünzen (koban)
gebildet. Auf der Unterseite ist eine von
ihnen Tenpô-tsuhô (tsuhô aus der Ära
Tenpo, 1830-1844) beschriftet, während
auf einer anderen die Schriftzeichen tôhyaku (genau einhundert) und das kaô des
Schatzmeisters Tadakuni (Davey 1974, S.
115) zu erkennen sind.
278
HANASAKA JIJII
Elfenbein
H. 4,2 cm
Sign.: Ryûraku
Edo/Tokyo, Mitte/2. Hälfte 19. Jh.
Dargestellt ist das letzte Kapitel des Märchens Hanasaka Jijii. Der Alte sitzt auf
dem Stumpf eines Pflaumenbaums, während er aus einem Korb die Asche des gefällten Baumes verstreut, um ihn wieder
zum austreiben zu bringen. Wegen dieser
wunderbaren Fähigkeit, verdorrte Bäume
zum Blühen zu bringen, wurde Jijii berühmt. Er reiste durch ganz Japan und erhielt Geschenke, die ihm von seinen Nachbarn geneidet wurden.
Darstellungen des Hanasaka Jijii wurden
meist in Holz und noch häufiger aus gepreßtem und farbig lackiertem Horn gefertigt.
KINTARÔ
Über ihn gibt es zahlreiche Legenden.
Einer Überlieferung nach war Kintarô
(wörtlich: Gold-Knabe) der Jugendname
von Sakata Kaidômaru, Sohn des Sakata
Kurando, einem Leibwächter des Kaisers
Suzaku (reg. 923-952) und seiner Gelieb-
ten Yaegiri. Nach dessen Selbstmord und
Beerdigung geht Yaegiri in die AshigaraBerge, gebärt dort ihren Sohn und verläßt ihn. Das Kind wird von Yamauba
(wörtlich: Berg-Amme, oder Alte Frau
der Berge), einer Genien-Frau, die in der
Wildnis lebt, gefunden und großgezogen.
Kintarô besaß ungewöhnliche physische
Stärke, kämpfte mit den Tieren des Waldes und machte sie zu seinen Freunden.
Mit einer Axt, die zu seinem Attribut
wurde, fällte er Bäume, um für seine
Ziehmutter Brennholz zu schlagen. Als
Minamoto Yorimitsu (944-1021) mit
seinen Gefolgsleuten jagend durch die
Ashigara-Wälder zog, entdeckte er
Kintarô, erkennt sein Potential zum
Krieger und nimmt ihn in seinen Dienst
auf. Er verlieh ihm den Namen Kintoki.
Kintarô wird als feister fünf- bis
sechsjähriger Knabe, oft nackt, mit roter
oder pink-farbener Haut und buschigem
Haarschopf in Begleitung seiner Freunde, dem Bär, Hasen und Affen, dargestellt. Er gilt als Inbegriff von Stärke, Unverdorbenheit und Gesundheit und ist
daher bis heute Vorbild und Idol der japanischen Knaben.
279
KINTARÔ UND AFFE
Elfenbein
H. 3,4 cm
Sign.: Nobuyoshi
19. Jh.
280
KINTARÔ UND YAMAUBA
Elfenbein
H. 3,8 cm; L. 3,8 cm
Sign.: Gyokuhôsai
Edo/Tokyo, ca. 1850/1870
83
Kintarô kauert über der Klinge seiner Axt,
den Kopf auf das Knie seiner Mutter gelegt, die ihm eine runde Stelle auf dem
Kopf rasiert. Im Hintergrund ist ein Hase
zu erkennen, der einen Schiedsrichterstab
hält.
281
KINTARÔ UND YAMAUBA
Manjû-Netsuke
Elfenbein
Ø 4,2 cm
Sign.: Kikugawa
Edo, ca. 1840/1870
Die Bergfrau stillt den kräftigen Knaben.
Dahinter ist eine Spielzeug-Trommel (batabata) mit einem in Koralle eingelegten
Klopfer (an den originalen Stücken aus
einer Bohne bestehend) dargestellt. Auf der
Rückseite erscheinen eine Taube, Bambus
(?) und ein Schmetterling.
Der Dekor dieses manjû ist in versenktem
Relief ausgeführt, wie es für die KikugawaSchnitzer typisch ist .
282
SANJIN
Elfenbein
H. 3,3 cm
Sign.: Yukimasa
Gifu, ca. 1970
In einer Sake-Schale sitzen die drei Repräsentaten der Langlebigkeit: Urashima Tarô
mit einem geschlossenen Kasten und einer
Schildkröte (minogame), der Krieger Miura
no Ôsuke mit einem Fächer und der chinesische Unsterbliche Tôbôsaku mit einem
Pfirsich.
Dieses Motiv ist im Takarabukuro (Nr.
160) von 1837 erwähnt. Die ausnahmsweise ausführliche Beschreibung trifft in vielen
Punkten auf das vorliegende Netsuke zu.
Möglicherweise kopierte Yukimasa hier ein
altes Netsuke des Ôhara Mitsuhiro.
283
BUNBUKU CHAGAMA
Narwalzahn, Deckel aus Kirschholz
H. 2,5 cm; Ø 2,1 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Das Märchen Bunbuku chagama (Der verzauberte Teekessel) erzählt von dem
chagama (Wasserkessel), der sich in einen
tanuki verwandelt. Ein Priester verkaufte
einem Kesselflicker den chagama. Als dieser die magischen Kräfte des Kessels entdeckt, zieht er durchs Land und verdient
viel Geld. Die Wandung des chagama ist
als Körper des tanuki gestaltet.
284
BUNBUKU CHAGAMA
Buchsbaum
H. 3,7 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlungen Krail, Franckel
und Franz Weber
Diese Darstellung zeigt eine ungewöhnliche Interpretation des Märchens Bunbuku
chagama. Die Gestalt des Tieres ist bereits
vollständig zu erkennen. Auf dem Rücken
befindet sich der Wasserkessel mit gewölbtem Deckel. Das Gewicht des eisernen Kessels scheint das Tier niederzudrücken.
Abgeb. in: Netsuke, Bd. 1 (1960), Nr. 8, S. 6
285
UBUME
Buchsbaum
H. 5,6 cm
Sign.: Deme Uman
2. Hälfte 18. Jh.
84
Ehemalige Sammlungen
Brockhaus
Behrens
und
Die alte Frau aus der Unterwelt, Ubume,
mit Fangzähnen, Hörnern und Klauenhänden, ist der Geist einer Frau, die im
Kindbett gestorben ist. Sie erscheint Passanten, denen sie ihr Kind überläßt. Dieses
wird in deren Armen immer schwerer, bis
es als Stein zu Boden fällt.
Abgeb. in: Joly 1912, Tafel LIV, Nr. 4263
286
GESPENST
Buchsbaum, Pupillen des Kindes aus Horn
H. 5,3 cm
Sign.: Yôsui
19. Jh.
Das fußlose Gespenst stellt eine Mutter
dar, die ihr einäugiges Kind aus dem Höllenfeuer trägt. Die Darstellung ist eine Parabel dafür, daß Mutterschaft immer gleich
ist, ob auf Erden oder in der Hölle.
287
GESPENST
Holz, Augen aus weißem Material
H. 8 cm
20. Jh.
Die körperlose Gestalt ist schraubenförmig
gedreht. Aus der Kutte schaut ein schreckliches, zerfurchtes Gesicht.
O Iwa ist das Thema des berühmten kabuki-Dramas Yotsuya kaidan (Die YotsuyaGeistergeschichte), 1825 im Nakamuraza
in Edo erstmalig aufgeführt. Tamiya Iemon, der seine Frau ermordete, um die
Tochter eines reichen Nachbars zu heiraten, wird vom Geist seiner Frau verfolgt.
Überall erscheint ihm ihr von Flammen
umlodertes Gesicht, so auch in einer Laterne, deren Papier von den Flammen verzehrt wird. Auf der Laterne bzw. über der
Stirn steht das Sanskrit-Zeichen (bonji) für
Tod geschrieben. Auf der Rückseite stehen
in der ersten Zeile die buddhistische Anrufung „Nanmu Amida butsu“ und in einer
zweiten Zeile die Schriftzeichen zokumyô
Iwa jo (Laienname Frau Iwa).
Das Thema wurde oft von Holzschnittmeistern illustriert. Die berühmteste Darstellung ist die des Hokusai in der Serie
Hyaku monagatari (Hundert Geistergeschichten, ca. 1831). Die Darstellung dieser
Laterne und der Schriftzug sind eine ziemlich genaue Kopie nach der Holzschnittvorlage.
Dieses Motiv wurde wohl erstmals von
Ôhara Mitsuhiro in der Mitte des 19. Jahrhunderts (Lazarick 1982, S. 779) und Akitoshi (spätes 19. Jh.) (Lazarnick 1982, S.
779) geschnitzt.
Abb. 17: Katsushika Hokusai (1760-1849),
Das Gespenst von O Iwa, Blatt aus der Serie Hyaku monogatari, chûban, ca. 1831.
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Inv.-Nr. I.E. 1900.36
288
GESPENST DER O IWA
Elfenbein
H. 4,6 cm
Sign.: Ryugi
Spätes 19. Jh.
85
Stände und Berufe
Die Gesellschaft der Edo-Zeit war seit
dem Ende des 16. Jahrhunderts entsprechend der chinesischen, konfuzianischen
Klassenordnung
in
vier
Stände
(shinôkôshô) unterteilt: Krieger, Bauern,
Handwerker und Kaufleute. Aus der
Kriegerklasse (Samurai-Klasse) rekrutierten sich Ärzte, Gelehrte, Wissenschaftler und Teemeister.
Die nächstbedeutende Klasse
stellten die Bauern dar, zu denen auch
die Fischer zählten, da sie für den Unterhalt des Hof- und Schwertadels arbeiteten. Sie wurden als heimin (gewöhnliche
Leute) eingestuft. Die Bauern, oft mit
Sichel oder Spaten dargestellt, wurden
gerne beim Schlafen oder Pfeife rauchend
beim Rasten gezeigt. Die Fischer waren
an ihrem typischen Bastrock bzw. Lendenschurz erkennbar.
Handwerker (shokunin) und
Kaufleute (shônin) bildeten die Gruppe
der chônin, der Städter. Sie waren es, die
Netsuke trugen, und daher lag es nahe,
daß Themen aus ihrem Alltag unter den
Netsuke einen breiten Raum einnahmen.
Unter den Handwerker-Netsuke befinden
sich Hersteller von Mühlsteinen, Sandalen, Hüten, Statuen, Fächern, Masken
und vielem mehr. Darstellungen von
Kaufleuten hingegen sind bei weitem
seltener.
Sehr beliebt waren die Darstellungen von Berufen, die sich für eine
humoristische und groteske Interpretation eigneten. Bei den Blinden, die häufig
als Masseure arbeiteten, haben die körperlichen Verrenkungen und die verzerrten Gesichter die Schnitzer seit ca. 1800
besonders angeregt. Blinde wurden gerne
in Situationen dargestellt, die beim Betrachter Schadenfreude hervorriefen,
ebenso wie die Rattenfänger. Ein ungewöhnlicher Beruf war der des Eierprüfers, der die Schalen auf ihre Unversehrtheit hin begutachtete und angeblich die
Frische der Eier anhand ihrer Durchsichtigkeit feststellen konnte. Den absurdesten Beruf übte jedoch der professionelle
Nieser aus.
Blinde, Rattenfänger, Eierprüfer
und Niesende wurden bevorzugt von den
Schnitzern in Edo gefertigt. Miwa scheint
diese Tradition gegründet zu haben, Jugyoku und Ryûkei setzten sie fort.
Zu den Berufen sollen hier auch
die Tänzer und Unterhalter gezählt werden. Unter den höfischen bugakuTänzern waren unter den Netsuke Ranryôô und Bato beliebt und bei den NôTänzern ist die Bühnengestalt des shôjô
besonders häufig. Auf dem Land gab es
Tänze und Pantomimen, die in Zusammenhang mit dem Kreislauf der Natur,
der Aussaat, Ernte und dem Fruchtbarkeitskult standen. Auch sie waren gelegentlich ein Netsuke-Sujet. Das Hauptinteresse der Netsuke-Schnitzer aber galt
den kadozuke geijin, Musikanten, Tänzern und Unterhaltern, die durch die
Straßen zogen: der manzai-Tänzer mit
seinem begleitenden Trommler, die
shishimai-Tänzer, der Affengaukler (sarumawashi), der Puppenspieler (ayatsuri),
der Akrobat und der Geschichtenerzähler
(kodanshi oder rakugoka).
289
BUGAKU-TÄNZER
Nadelholz, polychrom gefaßt
H. 7 cm
18. Jh.
86
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Tänzer in der Rolle des Bato stellt einen nord-chinesischen Barbaren dar, der
aus Freude darüber, den Tod seines Vaters
gerächt zu haben, tanzt. Er trägt eine
Kopfbedeckung, die der eines tibetischen
Lama gleicht, eine furchterregende Maske
und einen kurzen Stab.
290
SCHMETTERLINGSTÄNZERIN
Elfenbein, mit grünen und schwarzen Einlagen an den Flügeln und Diadem
H. 4,2 cm
Spätes 19./frühes 20. Jh.
Die Tänzerin schlägt eine sanduhrförmige
Trommel (kotsuzumi). Am Rücken trägt
sie die großen Flügel eines Schmetterlings.
Das himotôshi verläuft unterhalb des kleineren Flügelpaares.
Der Schmetterlingstanz (kochô no mai)
wurde bei Festlichkeiten von Kindern in
bunten Kostümen am japanischen Kaiserhof aufgeführt. Erstmalig tanzte ihn angeblich Pan Fei, eine berühmte chinesische
Tänzerin.
291
TÄNZERIN
Buchsbaum, polychrom gefaßt
H. 5,3 cm
Sign.: Shin'ichi
Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung David
Die Tänzerin trägt einen hohen eboshi, ein
weißes Gewand, rote hakama und einen
Fächer. Es kann sich hier sowohl um den
shizukamai als auch um den shirabyôshiTanz handeln. Im ersten wird Shizuka, die
Geliebte des Minamoto Yoshitsune, personifiziert, die zum Klang einer Trommel
tanzt. Shirabyôshi hingegen ist ein Tanz,
aufgeführt von jungen Frauen, die von
Stadt zu Stadt und Burg zu Burg zogen. Im
Mittelalter waren es Schamanninen, später
hochgeschätzte Kurtisanen. Ihr Attribut
sind zwei Schwerter, die jedoch hier nicht
zu sehen sind.
Die Art wie das Holz farbig gefaßt ist, vor
allem die rosafarbenen Umrandungen der
Wolkenmuster und die feinen goldenen
Muster der roten Hosen gehören zum Dekorrepertoir des Shûzan.
292
FUCHSTÄNZER
Buchsbaum
H. 4,1 cm
Mitte 19. Jh.
Ein Tänzer mit großer Fuchsmaske und
langen Haaren hält ein gefülltes Reismaß
(masu) und steigt über einen bäuchlings
liegenden Mann. Das Reismaß ist ein Hinweis darauf, daß der Fuchs den Boten des
Reisgottes Inari personifiziert. Dieses
Thema könnte aus einem kyôgen stammen.
NÔ
Das Nô ist Japans klassisches Drama, das
sich im 14. Jahrhundert aus einer Vielfalt
sakraler Rituale, Tänze und Unterhaltungsdarbietungen entwickelte. Im Nô
treten nur männliche Schauspieler auf,
sie tragen Masken und prächtige Gewänder und werden von einem Orchester und
Rezitatoren begleitet. Die Inhalte der
zahlreichen Stücke basieren zum Teil auf
allgemein bekannten Legenden. Darstellungen von Nô-Schauspielern und Bühnenszenen waren in der Holzschnittkunst in der Meiji-Zeit beliebt.
87
293
SANBASÔ-TÄNZER
Pottwahlzahn
H. 4,3 cm
Sign.: Jugyoku
Edo, Mitte 19. Jh.
Die Figur steht in tänzerischer Pose auf
einem Bein. Die Maske mit weißem Bart,
der Faltfächer mit Dekor des Fuji-Berges
und der Schellenbaum (suzu) mit beweglichen Kugeln identifizieren den Tänzer als
sanbasô (wörtlich: dritter, alter Mann). Die
Kiefernschößlinge als Dekor des Gewandes
sind Hinweis auf Neujahr.
Der sanbasô tritt im okina-Spiel auf, das als
Einleitung zu einem vollständigen NôProgramm zu Neujahr oder anderen festlichen Anlässen aufgeführt wird.
294
NÔ-TÄNZER
Buchsbaum
H. 4 cm
Mitte 19. Jh.
Der große Faltfächer, der Bewegung und
Gestik unterstreicht, ist das Standardrequisit eines Nô-Tänzers. Die langen Haare
reichen am Rücken fast bis zum Boden.
mit Mustern von Phönix, Chrysanthemen,
Blütenmedaillons und Wellen wird in
sorgfältigem Goldstreulack wiedergegeben.
Der über den Kopf gehaltene Fächer ist
eine Ergänzung.
296
NÔ-TÄNZER: SHÔJÔ
Buchsbaum, die Socken aus Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign. auf eingelassenem Perlmutterplättchen mit Siegelschriftzeichen
2. Hälfte 19. Jh.
Der Schauspieler trägt eine jugendliche
Maske, eine Perücke mit langen, über
Schultern und Rücken fallenden Haaren
und einen geöffneten Faltfächer. Das Gewand ist mit Chrysanthemen geschmückt,
die hakama mit einem für die Shôjô-Rolle
typischen Wellenmuster.
297
NÔ-TÄNZER: SHÔJÔ
Gepreßtes Horn, Lack, makie und kirikane
H. 4,2 cm
Spätes 19. Jh.
295
NÔ-TÄNZER: SHÔJÔ
Buchsbaum und verschiedene Lacktechniken
H. 4,3 cm
Sign. in Schwarzlack: Issai
Wahrscheinlich Tokyo, ca. 1870/1900
Rote Haarperücke und orangerote Maske
weisen den Tänzer als shôjô aus. Das stilisierte Wellenmuster (seigaiha) auf seiner
Weste ist eine Anspielung auf den Wein.
In der Hand hält der Tänzer eine Schöpfkelle.
Die Figur wurde in ein Model gepreßt und
dick mit Lack überfangen. An einigen Stellen sind an den Seiten feine Risse im Lack
Hinweis auf die Gußnaht darunter.
Der Tänzer in der Hauptrolle des Shôjô in
dem gleichnamigen Nô-Stück ist an seinen
langen, roten Haaren und der roten Maske
zu erkennen. Die Pracht des Nô-Gewandes
Manzai-Tänzer und saizô
Der manzai-Tänzer gehört seit alters her
zu den von Haus zu Haus ziehenden Neujahrsunterhaltern. Er ist in höfische Ge88
wänder und Pumphosen gekleidet und
trägt entweder eine kleine Kappe oder
einen hohen eboshi sowie einen Fächer,
mit dem er das Glück herbeiwinkt bzw.
ins Haus fächert. Er führt den manzairaku (Zehntausend Jahre-Wohlergehen)Tanz auf und singt freche Liedchen, die
von manzai-Rufen unterbrochen werden.
Dieser Begriff gab dem Tänzer seinen
Namen. Er wird von einem Trommler
(saizô) begleitet, der eine sanduhrförmige Trommel (kotsuzumi) schlägt. Dieser
trägt ebenfalls höfische Kleidung mit
Mustern, die glückverheißende Embleme
des Neujahrs sind, und einen flachen
eboshi.
298
MANZAI-TÄNZER
Elfenbein
H. 3 cm
Sign.: Gyokuhôsai
Ca. 1850/1860
Der Tänzer, zu erkennen an seinem eboshi
und dem mit Kiefernschößlingen gemusterten Gewand, ist hier sitzend dargestellt.
Auf dem Fächer ist das Motiv eines flammenden Wunschjuwels (hôju oder tama)
graviert.
299
TROMMLER
Nilpferdzahn (?)
H. 3,4 cm
Sign: Sôtoku
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Der kniende Trommler (saizô) schlägt eine
kotsuzumi. Der Dekor eines Kranichs mit
ausgebreiteten Schwingen auf seinem Rücken ist Hinweis auf die Neujahrszeit. Das
kikkô (Schildkrötenpanzer)-Muster auf
dem Gewand deutet auf die Schildkröte,
Symbol des langen Lebens, und ist zusammen mit dem Kranich eine Anspielung auf
das hôrai-Motiv.
300
TROMMLER
Elfenbein
H. 5,1 cm
Edo, Mitte 19. Jh.
Der Trommler mit Strohhut auf dem Rücken schlägt die kotsuzumi mit zwei Schlegeln und bewegt sich im Rhythmus der
Schläge.
Das Netsuke ist wegen der einfachen Kleidung und des fehlenden eboshi eine atypische Darstellung des saizô.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10
DER LÖWENTANZ
Der aus China eingeführte Löwentanz
(shishimai) gehört zu den beliebtesten
Straßentänzen in der Neujahrszeit, da
gemäß dem Aberglauben der Löwe die
Fähigkeit besitzt, das Böse zu erschrecken. Ein Tänzer, der eine große, hölzerne Löwenmaske mit beweglichem Unterkiefer aufgesetzt hat, und ein zweiter
Mann, der unter dem großen Tuch das
Hinterteil des Tieres bildet, ziehen unter
abrupten, nach rechts und links hüpfenden Bewegungen durch die Straßen. Sie
werden begleitet von Trommel- und Flötenmusik. Auch gab es den Löwentänzer,
der sich selber auf der Trommel begleitete.
89
301
LÖWEN-TÄNZER
Elfenbein, Mundwinkel rot eingefärbt
H. 3,8 cm
Sign.: Hômin und kaô
Edo/Tokyo, ca. 1850/1880
Hinter einem Tänzer mit übergestülpter
shishi-Maske steht ein Kind, das unter dem
Maskentuch hervorschaut.
302
LÖWEN-TÄNZER MIT TROMMEL
Elfenbein, Noppen aus schwarzbraunem
Horn
H. 4,3 cm
Sign.: Masakazu
1. Hälfte 19. Jh.
Der stehende Mann mit großer LöwenMaske hat eine Trommel mit dreifachem
Komma (mitsutomoe)-Motiv auf der Bespannung vor den Bauch gebunden, die er
mit beiden Händen schlägt. Das Tuch der
Maske hat er in der Art eines Schals um
den Hals geschlagen.
303
LÖWEN-TÄNZER
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shibuichi mit farbigen Einlagen,
Kapsel aus Elfenbein
L. 5,7 cm
2. Hälfte 19. Jh.
In kräftigem, farbigem Relief ist ein Tänzer
mit Maske vor dem Gesicht dargestellt, der
auf dem Rücken eine große Maske für den
shishimai trägt. In der Rechten hält er einen geschlossenen Faltfächer. Zwei Spitzen
eines Kiefernschößlings sind ein Hinweis
auf Neujahr. Auf der Unterseite befinden
sich das hiragana-Zeichen wa und das chi-
nesische Schriftzeichen san, für die es keine
Erklärung gibt.
304
LÖWEN-TÄNZER MIT TROMMEL
Buchsbaum, Augen aus Glas
H. 3,5 cm
Sign.: Shûzan und kaô
Edo, 1. Hälfte 19. Jh.
Im geöffneten Maul der shishi-Maske ist
das Gesicht eines Knaben zu sehen, der mit
zwei Schlegeln eine flache Trommel (shimedaiko) schlägt. Das Maskentuch umhüllt
den ganzen Körper und gibt dem Stück
eine kompakte Form.
Shûzan hat dieses Thema häufiger gefertigt. Eine technische Leistung bei diesem
Netsuke-Typus, der möglicherweise auf
Miwa zurückgeht, sind die aus Glas eingelegten Augen des Kindes.
DER AFFENGAUKLER
Der Affengaukler (sarumawashi, wörtlich: Affen-Dreher) gehörte zu den Straßenunterhaltern, die in der Neujahrszeit
ihre Affen nach Art eines manzai- oder
sanbasô-Tänzers kleideten, um deren
Tänze von den Tieren nachahmen zu lassen. Die Sitte, Affen zu dressieren und sie
zur Belustigung der Bevölkerung durch
die Straßen zu führen, ist erstmals für
das 8. Jahrhundert belegt. In späterer
Zeit war es den Affengauklern erlaubt, in
die Residenzen der Samurai zu gehen,
um dort die Pferde mit ihren Affen
wachzuhalten oder zu Neujahr die Affen
vor den Pferdeställen tanzen zu lassen. Es
heißt, Spione verkleideten sich als sarumawashi und erhielten so Zugang in die
shogunalen und fürstlichen Residenzen.
90
Ein Grund für die Beliebtheit der sarumawashi-Darstellung könnte auch sein,
daß die Affen-Vorführungen eine Möglichkeit boten, mit einem Minimum an
Verkleidung Adel (kuge) und Samurai zu
parodieren.
305
SARUMAWASHI
Elfenbein
H. 7,2 cm
18. Jh.
Der sarumawashi steht in üblichem Habitus mit steifer Kappe, vor den Bauch gebundenem Futterkorb und um die Schultern gebundenem furoshiki, auf dem ein
Äffchen sitzt. Das Stück mit sehr schöner
Patina läßt die dreieckige Segmentform,
die aus dem Stoßzahn geschnitten wurde,
gut erkennen.
306
SARUMAWASHI
Elfenbein
H. 2,8 cm; L. 4,7 cm
Spätes 18. Jh.
Dieses Modell eines sich ausruhenden Affengauklers ist in großer Zahl hergestellt
worden. Hier sitzt das Äffchen auf dem
Bündel des Gauklers.
307
SARUMAWASHI
Elfenbein
H. 2,2 cm; L. 4,1 cm
Spätes 18. Jh.
Während der sarumawashi sich buchstäblich aufs Ohr legt, macht sein munteres
Affenweibchen, denn nur diese konnten
dressiert werden, sich an seinem Korb zu
schaffen.
308
SARUMAWASHI
Elfenbein
H. 6,4 cm
Aufschrift: Tomotada
19. Jh.
Zwar ist dieser sarumawashi mit seinen
typischen Attributen wiedergegeben, doch
weicht er von den stereotypen Darstellungen ab. Das Äffchen zieht sich an der ärmellosen Weste hoch.
SUZUME ODORI
Der Spatzentanz war auf dem Land weit
verbreitet. Die Tänzer imitierten das nervöse Hüpfen und die unberechenbaren
Bewegungen der Spatzen. Hierbei machten sie allerlei komische Verrenkungen.
Diese inspirierten Hokusai dazu, sie in
seinem Werk Hokusai manga zu illustrieren.
Der Spatzentänzer ist unter den Netsuke
an seinem großen Hut und der kurzen
Jacke mit weiten Ärmeln, die die Flügel
des Vogels darstellen, zu erkennen.
309
SPATZENTÄNZER
Elfenbein
H. 7,3 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Der Tänzer aus dem bäuerlichen Milieu
trägt einen großen Hut mit dickem Band,
eine Jacke mit hochgekrempelten Ärmeln
und kurzen Schurz mit Blütendekor.
Dieses Motiv wird, wohl auf Bushell zurückgehend, auch als Lastenträger (kumo91
suke) bezeichnet. Da sie kein festes Zuhause hatten, führten sie ein unkonventionelles Leben und wurden daher oft in ausgelassener Stimmung tanzend dargestellt
(Goodall 2003, S. 406).
310
SPATZENTÄNZER
Elfenbein
H. 6,4 cm
Frühes 19. Jh.
Der Tänzer steht mit zur Faust geballten
Händen, eine typische Geste, in beschwingter Haltung auf einem Bein. Sein
Schurz ist mit einem großen shishi-Kopf
geschmückt. Den Rücken der Weste ziert
ein Wappen (mon) in der Art eines von
oben gesehenen, stilisierten Glücksspatzens (fukura suzume). Dieser Dekor widerlegt die obige Identifizierung als kumosuke.
311
SPATZENTÄNZER
Buchsbaum
H. 3 cm; L. 5,3 cm
19. Jh.
Der Spatzentänzer sitzt in Grätsche und
berührt mit seinen Händen die Fußspitzen.
Unter den 33 Darstellungen von Spatzentänzern in Hokusai manga ist diese Haltung nicht vertreten.
312
TANZENDER YAMABUSHI
Holz
H. 5,6 cm
Mitte 19. Jh.
Der yamabushi, nur in einen Bastschurz
gekleidet und mit einem hachimaki um
den Kopf, steht in tänzerischer Pose und
hält mit seiner Rechten die Spitze eines
shakujô (Mönchsstab) und in seiner Linken einen geöffneten Faltfächer.
Nach den Frühjahrs- und Herbstexerzitien
kamen die yamabushi im tiefen Winter
von den Bergen herab in die Täler, wo sie
in den Ortschaften für ein Almosen Reinigungsrituale vollzogen, in dem sie ihre
entblößten Oberkörper mit eiskaltem Wasser überschütteten (kangori). Die Identifizierung dieses Netsuke-Sujets basiert auf
dem Ehon otogi shina kagami, einem Buch
über Sitten und Bräuche in Osaka aus dem
Jahr 1730.
313
HARUGOMA-TÄNZER
Elfenbein
H. 7,1 cm
Frühes 19. Jh.
Einer der Tänze, die in der Neujahrszeit
stattfinden, war der harugoma (wörtlich:
Frühlingspferd). Der Straßenunterhalter
hält einen hölzernen Pferdekopf und wird
von taiko und shamisen-Musik begleitet.
Der Tanz wird auf dem Land sowie in den
Städten nach dem Daikoku-Tanz am 7.
Tag des neuen Jahres aufgeführt.
314
TÄNZER
Buchsbaum
H. 4,8 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Mann aus dem bäuerlichen Milieu
steht in tänzerischer Pose auf einem Bein.
Die Schultern sind hochgezogen, der Kopf
verschwindet fast ganz in dem V-förmigen
Ausschnitt seiner Jacke und die Hände
sind so tief in die Ärmel gesteckt, daß sie
nicht zu sehen sind.
92
Es ist nicht möglich, den Tanz zu identifizieren. Die komische Körperhaltung, die
Haartracht und der kecke Knoten des Gürtels am Rücken geben dem Stück seinen
besonderen Charme.
315
POSSENREIßER
Elfenbein
H. 7 cm
Frühes 19. Jh.
Wahrscheinlich ist hier ein Spaßmacher
und Possenreißer (taikomochi) dargestellt.
Die Rechte ist im weiten, langen Ärmel der
Jacke (haori) versteckt.
316
GESCHICHTENERZÄHLER ODER REZITATOR
Elfenbein
H. 4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der Geschichtenerzähler (kôdanshi) oder
Balladenrezitator (jôruri-tayû) liest aus
einem aufgeschlagenen Manuskript, wahrscheinlich handelt es sich um eine der
zahlreichen historischen Romanzen oder
Tatsachenberichte. Unabdingbares Requisit der Geschichtenerzähler ist der Fächer,
mit dem er gestikuliert und wichtige Szenen untermalt.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 385, Abb. 15
317
PUPPENSPIELER
Holz, farbig bemalt
H. 5 cm
Sign.: Shûzan
Mitte/2. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Mann mit typischer Kappe eines Straßenunterhalters trägt einen großen, vor
den Bauch gebundenen Kasten mit
Stülpdeckel, der von einem roten Tuch
bedeckt wird, auf dem ein langes Tier mit
kleinen Ohren sitzt. Das Gewand zeigt die
für Shûzan typischen Wolkenmuster.
Dargestellt ist hier ein umherziehender
Puppenspieler (kairaishi). Diese führten
einen Kasten mit sich, der ihnen als Bühne
diente. In seinem Inneren befanden sich
die Marionetten. Ein dressiertes Wiesel,
das auf dem Kasten liegt, springt zu einem
bestimmten Zeitpunkt der musikalischen
Begleitung ins Publikum.
318
SEIFENBLÄSER
Elfenbein
H. 5,6 cm
Sign.: Seizan
Spätes 19. Jh.
Der Schausteller mit umgebundenem Seifenlaugebottich erzeugt mit einem Strohhalm Seifenblasen, von denen zwei auf
seinem Schirm gelandet sind. Auf dem
Schirm sind die Schriftzeichen marutama
(runde Juwelen) geschrieben.
Das okimono-hafte Stück ist gutes Beispiel
für eine späte, für den Export hergestellte
Arbeit.
319
KRANICHTÄNZER
Buchsbaum mit negoro-Lackfassung und
makie
H. 6 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Schausteller steht auf einem Bein. Er
beugt sich vor und hat seine Jacke (haori)
93
teilweise über den Kopf gezogen. Der so
umhüllte Körper bildet den Leib des Vogels. Der linke Arm ist in der Art eines sich
reckenden Halses hoch gestreckt und der
mit Griff nach unten gehaltene Fächer
stellt den langen Schnabel dar.
Die Tänzer standen hinter einem beleuchteten Papierstellschirm. So waren für die
Zuschauer nur die sich abzeichnenden
Schatten sichtbar.
Ein Kranichtänzer-Netsuke wird bereits in
der Aufstellung der vor 1818 zusammengetragenen Netsuke-Sammlung von Matsura
Seizan (1760-1841), daimyô von Hirado,
erwähnt.
320
TÄNZER
Buchsbaum mit negoro-Lackfassung und
wenig Gold-makie
H. 5,1 cm
19. Jh.
Der Unterhalter (hôkan) ist in tänzerischer
Pose mit Faltfächer dargestellt. Er trägt
über dem langen Gewand (kosode) die
formelle Weste (kariginu). Durch die
Tanzbewegung ist die Kleidung von der
linken Schulter geglitten.
Wegen des kariginu und der eigentümlichen Kopfform könnte es sich hier um
Fukusuke handeln. Dieses Motiv ist unter
den volkstümlichen negoro-Lack-Netsuke
sehr häufig.
321
GESCHICHTENERZÄHLER
Buchsbaum mit negoro-Lackfassung und
makie
H. 4,1 cm
19. Jh.
Bei dem Mann mit Faltfächer handelt es
sich möglicherweise um einen Geschichtenerzähler.
Das Netsuke ist ein typisches Beispiel für
die volkstümlichen negoro-Lack-Netsuke,
die in großer Zahl hergestellt wurden.
322
AKROBAT
Buchsbaum mit negoro-Lackfassung
H. 4,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Zu den zahlreichen Unterhaltern auf den
Straßen der Großstädte gehörten die Akrobaten. Mit unglaublicher Gelenkigkeit
stellt dieser hier die Füße auf seinen Kopf.
323
KASHIMA NO KOTOBURE
Buchsbaum
H. 7,3 cm
Frühes 19. Jh.
Der Wahrsager (kotobure), ein seltenes
Thema, ist als Shinto-Priester gekleidet.
Der Stab mit anhängenden Papierstreifen
(gohei), der am Rücken in den Gürtel gesteckt ist, symbolisiert den Gott Kashima
daimyôjin. Im Frühling zieht er von der
Provinz Hitachi aus durch das Land und
macht durch das Schlagen der Zimbeln auf
sich aufmerksam. Gegen eine kleine Gabe
macht er Voraussagungen.
DAS SUMÔ
Der Sumô genannte Ringkampf, der
noch heute rituelle Elemente aufweist,
hat seinen Ursprung in Japans Frühgeschichte. Von Beginn an stand er in Verbindung mit Fruchtbarkeitskulten und
rituellen Reinigungen, um eine gute Ern94
te zu erhalten. Im Mittelalter gab es eine
militärische Version des Sumô, das dem
körperlichen Training und der Unterhaltung der Samurai diente.
Seine heutige Form, wozu auch
die von Reisballen eingezirkelte Arena
gehört, erhielt das Sumô in der frühen
Edo-Zeit. Der höchstrangige SumôRinger (sumôtori) wurde yokozuna genannt. Sumô ist die einzige Form von
öffentlicher Unterhaltung, die der feudale Adel besuchen durfte.
324
ZWEI SUMÔ-RINGER
Buchsbaum
H. 4,7 cm
Sign.: Ryômin
Edo, 19. Jh.
Der stehende Ringer (Matano no Gorô
Kagehisa) packt seinen Kontrahenten
(Kawazu no Saburô Sukeyasu) am Gürtel
(mawashi). Dieser legt seinen linken Arm
um den Kopf Matanos und schlingt beide
Füße um dessen Beine, womit er ihn zu
Fall bringen wird.
Bickford schreibt über den hier dargestellten Ringkampf:
„By far the most celebrated military bout,
and the favorite of print artists, pitted Kawazu against Matano in 1176 and was the
final, climactic bout in a sequence enacted
before Minamoto-no-Yoritomo following
the conclusion of a hunting party. The story of how the reluctant Kawazu defeated
the bully Matano seems to have appealed
to the Japanese sympathy for the underdog. [During the famous bout] Matanao
managed to get a firm grip on Kawazu's
belt. As Kawazu found himself lifted from
the ground, he employed an innovative
defensive tactic that came to be known as
the „Kawazu hold“: wrapping a foot
around Matano's leg and encircling his
neck with an arm, he prevented his powerful opponent from throwing him down.
The strenous effort to break the unaccustomed hold exhausted Matano, so that
Kawazu was finally able to floor him. ...
The kawazu hold was also enacted in many
of the Soga plays as mie – the climactic
moment of frozen action that is such an
imprtant feature of kabuki.“ (Lawrence
Bickford, Sumo and the Woodblock Print
Masters, Tokyo 1994, S. 64).
Abb. 18
Ehon shahobukuro, 1770 (Erstausgabe
1720), Bd. 3, S. 9b
325
ZWEI SUMÔ-RINGER
Elfenbein
Sign.: Tôun
H. 6,7 cm
Edo/Tokyo, 19. Jh.
Die Männlichkeit der beiden Ringer im
kawazu-Griff zeigt sich in der ausgiebigen
Behaarung beider Körper. Die Physiognomie spiegelt die Anspannung des Kraftaktes wieder.
326
DREI SUMÔ-RINGER
Buchsbaum
H. 4,5 cm
Sign.: ...sen (?)
Ca. 1830/1840
In der Mitte steht ein korpulenter Ringer,
auf
dessen
langer
Brokat-Schürze
(keshômawashi) der Name Inazuma (Blitz)
steht. Die andern beiden tragen ebenfalls
Schürzen. Bei einem ist nur das zweite
95
Schriftzeichen shio zu erkennen. Diese langen Schürzen werden nur bei der dohyôiri-Zeremonie, der formellen Eintrittsparade vor einem Kampf getragen.
Inazuma Raigorô (1795-1878) erhielt diesen Namen 1824 und war von 1828 bis
1839 der siebte yokozuna. Aufgrund seiner
legendären Kraft wurde er auch zum Thema vieler Gedichte.
Das Netsuke weist starke Tragespuren auf.
327
SUMÔ-RINGER
Elfenbein
H. 3,5 cm
Sign.: Ryôshû
Tokyo, ca. 1970
Der sitzende Krieger in voller Rüstung
trägt einen Helm mit Drachen als maedate
(Helmzier), ein Schwert in Fellscheide, ein
Kurzschwert, Pfeilköcher am Rücken sowie
einen geschlossenen Fächer.
330
SAMURAI
Elfenbein
H. 4,5 cm
Mitte 19. Jh.
Mit einem Schurz bekleidet, hockt der feiste Ringer in Vorbereitung auf einen Kampf
im shikiri-Ritual, das jeweils vor einem
Wettkampf stattfindet..
328
ANGEHÖRIGER
KLASSE
Elfenbein
H. 8,6 cm
Frühes 19. Jh.
329
SAMURAI
Elfenbein
H. 4,4 cm
Wahrscheinlich Osaka, ca. 1840/1870
DER
SAMURAI-
Der elegant gekleidete Mann trägt eine
Hose (hakama), eine lange Jacke (haori),
hölzerne Sandalen (geta) sowie ein kurzes
Holzschwert (bokutô), das im Gürtel
steckt. In der Rechten hält die Figur den
Griff eines heute nicht mehr erhaltenen
Stabes, der in eine runde Öffnung unterhalb der Hand eingesteckt war.
Der Kopf ist wahrscheinlich eine spätere
Ergänzung.
Der lachende Samurai in voller Rüstung
und mit langen, offenen Haaren hält eine
große Sake-Flasche.
Die Darstellung eines beschwipsten Kriegers ist eher despektierlich, wenn auch
humorvoll.
331
KOMUSÔ
Elfenbein
H. 4,2 cm
Sign.: Kei(?)gyoku
20. Jh.
An einem Brückenpfeiler der Gojô-Brücke
in Kyôto steht ein Bettelmönch (komusô)
mit bienenkorbförmigem Hut.
Komusô waren Bettelmönche der zenbuddhistischen Fuke-Sekte, die nur Männer aus dem Samurai-Stand zuließ und in
die meist herrenlos gewordene Samurai
(rônin) eintraten. Sie postierten sich auf
den Brücken Kyotos und spielten auf der
Bambusflöte (shakuhachi). Spenden wur96
den in die vor der Brust hängende Tasche
(gebako) gelegt.
332
TEEMEISTER
Buchsbaum mit negoro-Lackfassung
H. 4,3 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Auf den Fersen sitzend, bereitet der Teemeister (chajin), die meist der SamuraiKlasse entstammten, mit einem Bambusquirl (chasen) den hellgrünen Pulvertee in
einer Keramikschale zu. Auf dem Kopf
trägt er das typische zukin.
Gelegentlich wird diese Figur als Sen no
Rikyû (1521-1591), der berühmteste Teemeister Japans, identifiziert, der die
Grundlagen und Regeln der Teezeremonie
verbindlich festlegte: Harmonie zwischen
geistigem Inhalt und äußerer Form, Einfachheit, Ehrerbietung, Reinheit und Stille.
Unter den negoro-Netsuke ist dies ein sehr
häufiges Motiv.
333
BAUER
Elfenbein, Auge des Vogels aus Horn
H. 3,4 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Mann mit Hut auf dem Rücken steht
über einem großen Vogel (ein Kranich
oder eine Wildgans) und drückt diesen an
den Flügeln nieder. Die hohe Standplatte
erinnert in ihrer Form an eine stilisierte
Chrysantheme.
334
LACHENDER BAUER
Elfenbein
H. 7 cm
Frühes 19. Jh.
Der sich umschauende Bauer schultert
einen Beutel aus dem ein Pflaumenblütenzweig ragt..
335
BAUER
Elfenbein
H. 2,6 cm; L. 2,7 cm
Ca. 1800
Von der Arbeit erschöpft, hält der Bauer
ein Schläfchen. In seinem Korb stecken
Pflaumenblütenzweige, ein Messer und ein
zusammengerolltes Seil.
336
BAUER
Elfenbein
H. 6,2 cm
Sign.: Okakoto
Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh.
Der Bauer macht eine Pause und raucht
dabei Pfeife.
Dieses Motiv findet sich in der Abteilung
nô (Bauern) des 4. Bands des von 1829 bis
1847 herausgegebenen Shinji andô, illustriert von Utagawa Kuninao (1793-1854).
Dem rastenden Bauer reicht die Bäuerin
eine Reisschale.
Abb. 19
Shinji andô, Bd. 4 (1842), S. 41a
97
337
BAUER
Obstholz
L. 5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
340
FRAU AUS OHARA (OHARAME)
Maritimes Elfenbein
H. 3,4 cm
Mitte 19. Jh.
Die schlafende Gestalt kauert mit der Sichel am Gürtel auf einem umgeklappten
Bananenblatt.
Die Reisigsammlerin, die ihre Last zum
Verkauf nach Kyoto bringt, ruht sich auf
ihrem Bündel aus. Sie führt eine Pfeife zum
Mund, in der Linken hält sie einen Tabaksbeutel, auf dem die Schriftzeichen hi
yo shin (Vorsicht mit dem Feuer) stehen.
338
BAUER BEIM WASCHEN
PFERDES
Elfenbein
H. 3,6 cm
Sign.: Gyokuichi (Tamakazu)
2. Hälfte 19. Jh.
EINES
Ein Mann schrubbt die Flanke eines Pferdes, das mit den Hinterbeinen in einem
Wassertrog steht. Auf dem Rücken sitzt ein
Knabe, der das Leitseil hält. Die Standfläche wird gebildet durch den Trog und eine
Binsenmatte.
339
REISIGSAMMLER
Holzfäller
Buchsbaum
H. 2,3 cm; L. 5 cm
19. Jh.
Erschöpft ist der Reisigsammler an sein
Astbündel gelehnt eingeschlafen. Im Gürtel steckt eine Sichel, hinter ihm steht eine
Kalebasse. Auf dem Feld oder im Wald
arbeitende Männer trugen oft einen solchen mit Wasser (oder Sake) gefüllten
Doppelkürbis am Gürtel.
341
BAUER
Buchsbaum
H. 2,7 cm; L. 4,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Auf dem Rücken trägt der rastende Bauer
einen großen Korb. Auffällig ist das mit
stilisierten Vögeln (chidori) gemusterte
Gewand, ein Hinweis vielleicht, daß es sich
hier um einen Vogelfänger handelt.
342
JÄGER
Manjû-Netsuke
Elfenbein, Hund aus Kupfer
Ø 4,5 cm
Sign.: Chôunsai; Siegel: Hidechika
Edo, Mitte 19. Jh.
Der Jäger mit Tarnkappe aus Strohseilen
hat ein Gewehr geschultert und ist mit seinem Hund unterwegs. Das Stück erhält
seinen besonderen Reiz durch das sehr
sorgfältig ausgeführte, versenkte Relief und
den Hund aus rotem Kupfer in erhabenem
Relief.
98
343
FUCHSJÄGER
Elfenbein
H. 2,8 cm
Sign.: Gyokkôsai
Edo/Tokyo, ca. 1840/1870
Der Jäger mit typischer, geflochtener Kappe kniet über einem Strohhut, der ihm als
Fangkorb dienen sollte. Der Fuchs ist jedoch entwischt und sitzt auf dem Rücken
des Jägers. Das Motiv hat seine Parallele im
Thema des erfolglosen Rattenfängers und
des Shôki, der mit seinem Hut einen oni
einzufangen versucht.
344
FISCHER
Elfenbein
H. 4,7 cm
Sign.: Raku
Ca. 1800
Der Fischer steht in seichtem Wasser und
zieht ein Netz ein; an der Hüfte hängt der
für Fischer typische Korb (sakana-kago).
Die helle, bernsteinfarbene Patina zeigt,
daß das Stück lange getragen wurde.
345
FISCHER
Elfenbein, Pupillen des Fisches aus Horn
L. 4,8 cm
Mitte 19. Jh.
Am Kopf eines großen, welsähnlichen Fisches sitzt der Fischer mit einem großen
Messer.
346
FISCHER
Buchsbaum
L. 6,2 cm
Sign.: Eishinsai
Edo, ca. 1830/1847
Pfeife rauchend sitzt der Fischer mit Tabaksbeutel und Aschenbecher-Netsuke auf
einer Uferbefestigung (jakago), neben ihm
steht ein Korb mit Fischen und ein kleiner
Vogel.
347
KRAKENJÄGER
Elfenbein, Knöpfe aus Horn
H. 3,3 cm
Sign.: Masatsugu
Spätes 19. Jh.
Der Fischer ringt mit einem Kraken. Er
packt ihn beim Nasentrichter und versucht
das Tier, das seine Fangarme mehrfach um
den Körper des Fischers gewunden hat, zu
Boden zu drücken.
Die Haltung und der verzweifelte Schrei
des Fischers wurden sicherlich angeregt
von einer Tako (Krake) betitelten Illustration in Hokusai manga. Vergleichbar ist
auch das ungewöhnliche, vorne mittig geknöpfte Gewand mit schmalen langen Ärmeln und der Bastschurz. Diese Illustration
ist bereits nachweisbar in Hokusais weniger berühmten Shûga ichiran (Herausragende Bilder auf einen Blick) von 1818.
Laut dem Sôken kishô hat bereits Miwa das
Sujet des Krakenjägers gefertigt. Auch Jugyoku, der sich von Miwa inspirieren ließ,
hat dieses Motiv in der Mitte des 19. Jahrhunderts mehrfach geschnitzt. Trotzdem
wird es gelegentlich als „Ariômaru im
Kampf mit dem Riesenkraken“ interpretiert. Der treue Diener des exilierten Priesters Shunkan (1142-1178), Ariô, soll den
großen Kraken, der das Bein seines Herren
ergriffen hat, getötet haben (vgl. Kat.-Nr.
259).
99
Abb. 20
Hokusai manga, Bd. 15 (1878), S. 15b
348
KRAKENJÄGER
Elfenbein
H. 3,5 cm
Sign.: Yoshiyuki
Spätes 19./frühes 20. Jh.
Eingewickelt in die Fangarme des Kraken
versucht der Mann das Tier an seinem Nasentrichter niederzuhalten.
349
FISCHER MIT KRAKE
Elfenbein, Anus aus Horn
H. 5,3 cm
Sign.: Kôsen
Osaka, frühes 20. Jh.
Auf dem Rücken trägt der Fischer einen
Kraken, wobei er einen Fangarm in der Art
eines Seils packt. Ein anderer Fangarm
schlingt sich um den Hals des Fischers, der
mit einem Ausdruck des Schmerzes seinen
Kopf nach oben wendet.
350
FISCHERSFRAU
Elfenbein
H. 5,2 cm
Sign.: Kôju und kaô
Tokyo, ca. 1870
Die Fischersfrau trägt einen Kraken in einem Korb nach Hause. Das Kind spielt mit
einem der Fangarme und hält sich gleichzeitig am Ärmel der Mutter fest.
351
FISCHERSFRAU
Elfenbein
H. 5,4 cm
Spätes 19. Jh.
Die Fischersfrau mit entblößter Brust balanciert einen Trog mit Fischen auf ihrem
Kopf. Auf dem Rücken ist ein Kleinkind
gebunden, das aus dem lose, vorne gegürteten Kimono hervor schaut.
352
TAUCHERIN
Hirschhorn (eingesetzte Beine fehlen)
H. 6 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Die nur mit einem Bastschurz bekleidete
Taucherin (ama) trägt ein Messer bei sich,
um damit die awabi-Muscheln zu öffnen.
353TAUCHERIN
Hirschhorn
H. 7,8 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Jordan (Nr. 151)
Die ama, nur in einem Binsenschurz gekleidet, und mit Sichelmesser (kama) in
der Linken, wringt das Wasser aus ihrem
Haarband. Das Motiv einer ama beim
Auswringen findet sich auf einem Triptychon
von
Perlenfischerinnen
(ca.
1797/1798) des Kitagawa Utamaro (17541806), wo eine der Taucherinnen ihren
Rock auswringt. Das Auswringen von nassem Tuch ist eine typische Handlung der
awabi-Taucherinnen.
100
354
MUSCHELSAMMLERIN
Elfenbein
H. 4,3 cm
Sign.: Shûzan
2. Hälfte 19. Jh.
Die Frau sitzt auf einem Korb, der umgeben ist von kleinen Muscheln. Die ungewöhnlich realistische Darstellung ist voller
erotischer Anspielungen: Ihr Rock ist zwischen den Beinen weit geöffnet, eine der
Muscheln zwickt in den Gewandsaum,
zudem hat sie ihren Finger lasziv in den
Mund gesteckt, während sie über die Venusmuschel in ihrer Hand sinniert. Die
Darstellung ist Thema einiger humorvoller
Gedichte (senryû), wie z.B. des folgenden:
Hamaguri ga/ deru made makuru/ shiohi
gari (Die hamaguri [Vulva] ist sichtbar, so
hoch hat sie ihren Rock gerafft, wenn sie
bei Ebbe Muscheln sammelt).
355
MASKENSCHNITZER
Elfenbein
H. 4,1 cm
Sign. auf eingelassenem Holzplättchen:
Minkoku
Tokyo, ca. 1870
Der Maskenschnitzer mit kleinem eboshi
auf dem Kopf bearbeitet mit Hammer und
Meißel eine Maske, die er mit den Füßen
hält. Die sorgfältige Schnitzarbeit zeigt
feine Details des Gewandes und der Physiognomie.
356
MASKENSCHNITZER
Elfenbein
H. 2,9 cm
Sign.: Ryûchin
Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Der Schnitzer arbeitet an einer UsubukiMaske, wobei er selber die Grimasse des
Blasens macht. Sein Gehilfe wundert sich
darüber mit entsprechender Geste. In dem
Kasten befindet sich eine Okame-Maske,
obenauf liegt eine kleine Männermaske mit
Schnurrbart.
357
MÜHLSTEINARBEITER
Elfenbein
H. 3,3 cm
Ca. 1830/1840
Der Handwerker (ishiya) haut Kerben in
den unteren Granitstein einer Mühle
(hikiusu). Neben ihm steht der obere Stein,
um den ein Strick gebunden ist, und in
dem ein Holzstab steckt, der als Griff dient.
Solche handbetriebenen Kornmühlen gab
es in jedem Privathaushalt und Geschäft.
Das erzeugte Mehl wurde für die Herstellung von Nudeln verwendet.
Ungewöhnlich an diesem Netsuke ist die
gut erkennbare Tätowierung eines Raiden
auf dem Rücken des Mannes. Dieses Motiv
findet sich auch bei Rishun, einem der
Helden aus der Holzschnittfolge Tsûzoku
Suikoden gôketsu hyakuhachi-nin-no-hitori
(1827-1830) von Kuniyoshi. Es ist bekannt,
daß die Tätowierungen auf den Rücken
dieser Figuren in toto als Tätowierungsmotive übernommen wurden (van Gulik 1982,
S. 51-52). Daraus ergibt sich eine Datierung ante quem non und die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Netsuke im Zuge der
größten Popularität dieser Tätowierungsmotive entstanden sein muss.
358
SANDALENHERSTELLER
Elfenbein
H. 3,5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
101
Mit großer Geschicklichkeit spannt der
Mann eine Strohsandale (zôri), indem er
eine Schlaufe über seinen großen Zeh gestülpt hat und diesen von sich drückt.
359
BUCHVERLEIHER
Walroßzahn
H. 6,4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der kniende Mann hat einen hohen Stapel
Bücher in einem Tuch (furoshiki) um die
Schultern gebunden. Das Tuch zeigt ein
Logo in Form des Schriftzeichens hon
(Buch) unter einem Dach. Mit großer
Wahrscheinlichkeit handelt es sich um
einen Buchverleiher (kashihonya).
Die Beule auf dem Kopf des Mannes ist
nicht zu klären.
BLINDE
Blinde (satô) wurden meist mit einem
geschwollenen und einem zugekniffenen
Auge sowie einer Beule dargestellt. Gezeigt wird hier das Anfangsstadium einer
Erblindung: Zunächst entzündet sich die
Sehrinde des kranken Auges und an der
gegenüberliegenden Seite des Kopfes bildet sich eine Beule.
Die Blinden arbeiteten wegen ihres ausgeprägten Tastsinnes als Masseure
(anma) und Musiker. Mit Stock und gelegentlich einer Flöte machten sie auf
sich aufmerksam. Da sie meist sehr gut
verdienten, betätigten sie sich zusätzlich
als Geldverleiher, was ihnen den Ruf des
Wucherers einbrachte. Deshalb wurden
sie gerne in Situationen dargestellt, die
beim Betrachter Schadenfreude hervorriefen: beim Entfernen eines Steins aus
den Sandalen oder wie ein Hund an dem
Lendentuch eines Blinden zerrt. Ein häufiges Thema sind ein Blinder oder drei
Blinde, die eine Brücke überqueren. Der
Zen-Maler-Mönch Hakuin Ekaku (16851769) hat sie immer wieder zu dritt dargestellt: der erste kriecht auf allen Vieren
über die Brücke, seine Sandalen sind an
seinen Stab gebunden; der mittlere befühlt die Brücke mit seinen Händen, der
letzte hält einen Stab und in den Händen
die Sandalen, damit er die Brücke mit
seinen Füßen ertasten kann. Das Bild
wird von dem Gedicht begleitet: „Both
inner life and the floating world otside
us/ are like the blind mans round log
bridge – A mind that can cross over is the
best guide“ (Stephen Addiss, The Art of
Zen, New York 1989, S. 109 und 111).
360
BLINDER
Elfenbein
L. 3,4 cm
Frühes 19. Jh.
Der am Boden hockende Blinde könnte
einen Masseur nach seiner Arbeit darstellen. Ähnliche Modelle, die jedoch Kinder
darstellen, gibt es in China als toggle
(Cammann 1962, S. 234, Abb. 210).
361
BLINDER
Buchsbaum
L. 5,9 cm
Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Greene
Mit einem Stab in der Hand tastet sich der
Blinde auf allen Vieren über die Planken
einer Brücke. Auf dem Kopf ist die Beule
zu sehen.
102
Abgeb. in: Eskenazi 1973, Nr. 41
362
STEINE HEBENDER MASSEUR
Buchsbaum
H. 4,2 cm
Sign.: Shôzan
Mitte 19. Jh.
Es war üblich, große Steine an den Hauseingang zu plazieren, damit die angemeldenden Masseure ihre Kraft daran messen
konnten. Dieses Thema, bekannt als chikara-ishi (Kraftstein), erfährt hier eine besonders realistische Gestaltung und hebt
sich somit von den zahlreichen, stereotypen Darstellungen, z.B. des Gyokkei, der
sich auf dieses Motiv spezialisierte, ab.
363
MASSEUR UND KUNDE
Buchsbaum
H. 3,5 cm
Sign.: Kishôsai
Ca. 1830/1860
Mit großer Kraftanstrengung und Hingabe
gibt der Blinde seinem vor ihm sitzenden
Kunden eine Schultermassage. Der Massierte zieht in einer typischen Bewegung
die Schulter hoch.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 388, Abb.
24
364
MASSEUR UND KUNDE
Elfenbein
H. 3,4 cm
Sign.: Minkoku
Edo, Mitte 19. Jh.
Der Blinde massiert den Arm eines Kunden, der auf einem flachen Kissen (zabuton) sitzt. Sein Gesicht spiegelt eine Mischung aus Schmerz und Lust wieder.
Masseure verrichteten ihre Dienste gewöhnlich im Haus ihrer Kunden. Auf die
häusliche Atmosphäre verweisen das zabuton und die schlafende Katze.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 388, Abb.
23
365
BERUFSNIESER
Buchsbaum, Stäbchen aus Elfenbein und
Einfassung eines Schnurloches aus Bein
H. 3,2 cm
Edo, 19. Jh.
Da das Niesen in Japan als glücksbringend
interpretiert wird, haben sich die Ärmsten
der Armen daraus einen Broterwerb gemacht. Mit einem zusammengerollten Papier kitzelt sich der professionelle Nieser
an der Brust und provoziert dadurch ein
Niesen, für das er von den Passanten ein
paar Münzen bekommt.
366
BERUFSNIESER
Hartholz, Augen aus Bein; Zähne und
Stäbchen aus Elfenbein
H. 6,8 cm; L. 6,9 cm
Sign.: Ryukei
Edo, Mitte 19. Jh.
Dieses beliebte Sujet erscheint hier in besonders großer Ausführung. Das Stück
konnte trotz der kleinen Löcher für die
Schnurführung kaum als Netsuke getragen
worden sein, sondern diente als okimono.
103
367
ERFOLGLOSER RATTENFÄNGER
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 4,3 cm
Sign.: Masayoshi
Nagoya, ca. 1900
Ehemalige Sammlung Lorber
Die japanische Entsprechung unseres
Kammerjägers, der Rattenfänger, konnte
zu jeder Zeit gerufen werden. Aus dem
Schlaf gerissen, erscheint er nur mit einem
Lendenschurz bekleidet zur Arbeit. Mit
surikogi und Reismaß versucht der Alte,
eine Ratte zu fangen, die ihm jedoch entwischt und sich auf seinen Rücken setzt.
Da kein himotôshi vorhanden ist, handelt
es sich um ein okimono. Masayoshi, der für
den Export arbeitete, hat dieses Motiv sehr
häufig gefertigt.
104
Alltag
Viele Netsuke des 19. Jahrhunderts thematisieren jede erdenkliche, auch noch so
nichtige Lebenssituation. Auch Brauchtum war ein beliebtes Sujet. Entsprechend der großen Bedeutung von Neujahr gibt es viele Netsuke, die Gepflogenheiten und Dekoration zu shôgatsu darstellen. Oft wird die Herstellung von
mochi gezeigt oder Neujahrsschmuck.
Bereits erwähnt wurden die manzai- und
shishi-Tänzer, die zu Neujahr durch die
Straßen ziehen. Anläßlich des Frühlingsäquinoktiums Anfang Februar findet in
Shinto-Schreinen und buddhistischen
Tempeln die rituelle Teufelsaustreibung
(oni harai) statt.
Gerne machte man sich über
menschliche Schwächen lustig, wie
übermäßigen Sake-Genuß oder Müdigkeit. Moralisierenden Charakter haben
Netsuke, die ein Sprichwort oder einen
Vorsatz illustrieren. Waschen und persönlich Hygiene ist ein Thema, das hier
besonders vielfältig vertreten ist. Schnitzer der Tomochika-Linie in der frühen
Meiji-Zeit bevorzugten diese Motive.
368
PRIESTER
Buchsbaum mit rotem und ockerfarbenem
Lack und makie
H. 3,6 cm
Sign.: Higashi (auch Tô oder Azuma)
19. Jh.
Der im Sitzen eingeschlafene, buddhistische Priester mit mitra-ähnlicher Kopfbedeckung und herabhängendem Schultertuch (sunbôshi) legt seine linke Hand auf
eine Armstütze. Die Kopfbedeckung wurde
von Priestern der Nichiren-Sekte getragen.
Diese betätigten sich als Exorzisten und
galten als abergläubisch und bigott.
Der rotbraune Lack auf dem Gewand ist
fast gänzlich abgegriffen, während das
Tuch der Kopfbedeckung leuchtend rot ist
und feinen Goldstaub aufweist.
369
YAMABUSHI
Elfenbein
H. 2,8 cm; L. 5,1 cm
Mitte 19. Jh.
In einem großen Tritonshorn (hora, lat.
Charonia tritonis), an deren Spitze sich ein
Mundstück befindet – ein Hinweis, daß die
hora zu einer Trompete umfunktioniert
wurde – liegt ein Bergpriester (yamabushi),
der seinerseits in eine kleine hora bläst.
Durch eine Öffnung in der Wandung sieht
man seinen nackten Fuß. Das kleine Käppchen (tokin), eine Stola (bonten-kesa) mit
großen Pommeln, Tritonshorn, von dem
Schnüre mit Quasten hängen, Rasselstab
(kongô zue) und lange Haare weisen die
Figur als Mitglied der kriegerischen, buddhistischen Bergpriester-Sekte Shûgendô
aus. Die hora diente den Kriegern als Signalhorn, um den Truppen Befehle zu
übermitteln; die yamabushi verwendeten
sie, um das Böse zu vertreiben und bei
Reinigungsritualen.
Das Netsuke illustriert das Sprichwort hora
o fuku (das Tritonshorn blasen), das Prahlen und Aufschneiden bedeutet.
Oft wird diese Figur in der hora auch als
Benkei identifiziert (siehe Kat.-Nr. 253).
105
370
YAMABUSHI
Elfenbein, die Kappe aus schwarzem Horn
L. 3,8 cm
Sign.: ...aki
Spätes 19. Jh.
Aus einem Tritonshorn schaut ein bäuchlings liegender yamabushi mit aufgerissenem Mund.
371
TEE
MAHLENDER
MÖNCH
(CHABÔZU)
Buchsbaum
H. 3,2 cm; B. 4,4 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Ein Mönch sitzt in hakama vor einer steinernen Teemühle und ist über ihr eingeschlafen.
Geröstete Teeblätter zu Pulver für matcha
zu mahlen, gehörte zu den Aufgaben von
Novizen. Dieser Tee wurde u.a. von Mönchen in Zen-Klöstern zur Anregung getrunken.
Auf der Unterseite befindet sich neben
einem kleineren Loch eine sehr große Öffnung, so daß der Knoten einer besonders
dicken inrô-Schnur hier Platz finden konnte.
372
SCHREINDIENER
Buchsbaum, Reste einer schwarzen Lackfassung
H. 8,3 cm
Frühes 19. Jh.
Der Kopf mit eboshi lugt aus dem Spalt
seines beschädigten Regenschirms hervor;
in der Hand hält er eine bronzene Laterne.
Der Schreindiener, hier wohl bei einem
Kontrollgang im Regen, weckt Assoziationen mit der Geschichte des Öldiebs (vgl.
Kat.-Nr. 248).
373
SCHREINDIENER
Elfenbein
H. 6,8 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Jeden Abend, auch bei Regen, macht der
Diener mit Schirm und auf hohen Holzsandalen (geta) seinen Schrein-Rundgang.
374
SCHREINDIENER
Elfenbein
H. 3,3 cm; L. 3,8 cm
Sign.: Hidemasa
2. Hälfte 19. Jh.
Der Schreindiener in hakama und mit einem reich verzierten eboshi steht vor einer
überdimensional großen Schelle mit einer
kleinen, beweglichen Kugel im Inneren
und poliert deren Oberfläche mit einem
Reiber (baren). Die Stellen, die er bereits
poliert hat, sind durch kleine, gestichelte
Punkte wiedergegeben. Ein ähnliches,
Shuôsai signiertes Netsuke befand sich
ehemals in der Sammlung Bushell (Bushell
1961, S. 192, Abb. 203).
375
SCHREINDIENER
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus rot patiniertem shibuichi und
Kupfereinlage; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,3 cm
Mitte 19. Jh.
106
Der Schreindiener zieht am Seil eines
Brunnens, der daneben stehende Eimer
zeigt das für das Neujahr typische Dekor
von Papierstreifen an einem Strohseil. Hier
ist das Schöpfen des „jungen Wassers“
(wakamizu tori) im neuen Jahr dargestellt.
376
HOFDIENER
Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign.: Tomonobu
Edo/Tokyo, ca. 1860/1870
Der Hofdiener (eji) räkelt sich nach einem
Nickerchen.
Die Art, wie Gesicht und Gewandmuster
gestaltet sind, ist typisch für die große
Gruppe der von Tomochika beeinflußten
Schnitzer.
377
MANN ZU NEUJAHR
Elfenbein
H. 5,1 cm
Spätes 19. Jh.
Der Mann mit Tabaksbeutel und manjû
am Gürtel hält eine Neujahrsdekoration
(shimenawa), bestehend aus einem Ring
aus Stroh und davon hängenden Strohseilen.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10
378
MOCHI-ZUBEREITUNG
Elfenbein
H. 3,5 cm
Sign.: Gyokusai Ryûchin und kaô
Edo/Tokyo, ca. 1850/1870
Die Zubereitung von Reiskuchen (mochi)
gehört zu den traditionellen Neujahrsvorbereitungen. Der große Bottich (usu) ist
mit einem Seil (shimenawa) geschmückt.
Der Mann in festlichem kamishimo hält
den Hammer. Die Frau in einem Gewand
mit shibori-Muster beugt sich über einem
Trog und formt mochi.
Diese kleine Arbeit zeigt eine Vielzahl erzählerischer Details, z. B. die in Papier gewickelten Haarspitzen am Rücken der
Frau, das Familien-Wappen, das gestreifte
Muster des Untergewandes, die Klammer
des usu.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10
379
GLÜCKSBOHNEN-WERFER
Elfenbein, Einlagen und himotôshiEinfassung aus schwarzem Horn
H. 5,5 cm
20. Jh.
Der Mann in zeremonieller Tracht aus
gestreiften hakama und kariginu mit Wappen sowie Kurzschwert (wakizashi) im
Gürtel hält ein hölzernes Reismaß (masu)
in der Hand.
Bei
den
FrühlingsäquinoktiumFeierlichkeiten (setsubun) – Anfang Februar nach heutiger Zeitrechnung – werden in
den Schreinen und Tempeln von Männern
und Frauen, die in dem Tierkreiszeichenjahr geboren sind (toshi otoko/ toshi onna),
mit dem Ruf „oni wa soto fuku wa uchi“
(Heraus der Teufel, herein das Glück)
Bohnen aus einem Reismaß (masu) geworfen. Dadurch sollen die bösen Geister, die
oni, vertrieben werden.
107
380
SAKE-TRINKER
Buchsbaum mit Spuren einer negoroLackfassung
H. 2,7 cm
Edo, Mitte 19. Jh.
In einem Zug leert der Trinker die große
Schale, die sein ganzes Gesicht verdeckt. In
der Hand hält er die leere Sake-Flasche.
381
SAKE-TRINKER
Elfenbein oder Nilpferdzahn
H. 3,5 cm
Sign.: Masakazu
2. Hälfte 19. Jh.
Der sitzende Mann zersägt einen Flaschenkürbis. Die Zerstörung dieses Behältnisses,
das zum Genuß von Sake diente, deutet auf
den Vorsatz, nicht wieder zu trinken. Ungewöhnlich sind die eingefärbten Armreifen an den Handgelenken.
382
FLÖßER
Elfenbein
L. 5,9 cm
Frühes 19. Jh.
Der Mann mit Bastschurz sitzt auf einem
Floß aus Bambusrohren und einem Baumstamm und hält ein Seil.
383
KAMIFUKI-SPIELER
Buchsbaum, Papierstück aus Bein, Muster
des Gewandes und obi in Gold- und Silbermakie, Perlmutteinlage und kirikane
H. 3,5 cm
Sign.: Sôzan
Tokyo, ca. 1900
Unter den vielen japanischen Spielen ist
das Papier-Blas (kamifuki)-Spiel hervorzuheben. Ein Papierstückchen, das mit Spucke auf der Stirn klebt, muß, nachdem es
abgefallen ist, durch Blasen wieder auf die
Stirn zurückbefördert werden. Der Akt des
Blasens ist treffend durch die vorgeschobene Unterlippe dargestellt.
Das Netsuke ist eine typische Arbeit dieses
Schnitzers der Sô-Schule, der oft sitzende
Figuren auf flachen Kissen schnitzte.
384
SPAZIERGÄNGER
Elfenbein
H. 4,1 cm
Sign.: Hôjitsu
Edo, ca. 1840/1870
Der in einen gemusterten haori mit Wappen gekleidete Mann spaziert auf einen
Stab gestützt; in der am Rücken gehaltenen
Hand hält er eine Gebetsschnur.
385
TORORO-ZUBEREITUNG
Elfenbein
H. 4 cm
Mitte 19. Jh.
Wie ein Schwerarbeiter hat der Mann ein
Handtuch (hachimaki) als Stirnschweißband um den Kopf gebunden, denn das
Zerkleinern von tororo-imo mit einem hölzernen Stößel (surikogi) in einem Steinzeug-Mörser (suribachi) (siehe Kat.-Nr.
211) ist mit großer Anstrengung verbunden.
386
DIENER MIT MUSCHEL
Buchsbaum
H. 3,8 cm
19. Jh.
108
Der Fußsoldat (ashigaru) oder Diener eines Samurai (chûgen) mit am Rücken in
den obi gestecktem Kurzschwert und
Wappen kniet vor einer großen, geöffneten
Muschel vom Typ akagai. Er leckt seine
Zeige- und Mittelfinger ab, um den Geschmack der Muschel zu prüfen. Der Gestus ist eine explizite, erotische Anspielung.
387
MANN AUF MUSCHEL
Buchsbaum
H. 3,8 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Auf einer überdimensional großen Venusmuschel (hamaguri), Sinnbild der
weiblichen Genitalien, versucht ein Mann,
dessen langer Lendengurt (fundoshi),
Sinnbild der Männlichkeit, von den Schalenhälften fest gehalten wird, deren Zugriff
zu entfliehen. Diese Darstellung, die als
Warnung vor den Gefahren des Verliebtseins aufgefaßt wird (siehe Kat.-Nr. 225),
zeigt hier in drastisch-expressiver Weise,
daß man weiblichen Zugriffen nicht ausweichen kann.
Das Stück hat eine sehr schöne Alterspatina.
388
MAGENKRANKER MANN
Buchsbaum, Kügelchen aus Elfenbein
H. 4,1 cm
Aufschrift: Shûzan
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohltahat
Mit schmerzverzerrtem Gesicht erträgt der
Alte das Abbrennen eines MoxaKügelchens an einer Stelle seitlich und unterhalb des Knies. Diese Stelle (Ma 36) ist
eine der wichtigsten Akupunkturpunkte
mit breitem Wirkungsspektrum (siehe
Kat.-Nr. 130). Hier werden mittels Moxibustion offensichtlich Magenschmerzen
(Gastritis) behandelt, ersichtlich aus der
Hand, die gegen den Bauch gehalten wird.
389
ALTER MANN
Buchsbaum
H 3,2 cm
Sign. auf Elfenbeinplättchen: Jugyoku
Edo, Mitte 19. Jh.
An einem Handwärmer (teaburi) oder einer Heizung (anka) wärmt sich der Alte in
ärmelloser Weste die Hände. Der Schnitzer
hatte Freude an markanten Details: den
Gesichtsfalten, der mürrisch vorgeschoben
Lippe und den knochigen Händen. Typisch für Gyokkei, Ryûkei et al. ist die flache Unterseite mit Signatur auf einem eingelassenen Elfenbeinplättchen.
390
SÄNFTENTRÄGER
Sänftenträger
Kagamibuta-netsuke
Platte aus Silber mit Spuren von Vergoldung; Kapsel aus der Rose eines Hirschgeweihs
Ø 4,5 cm
Edo, Mitte 19. Jh.
Im Laufschritt trägt ein Träger mit hachimaki und in fundoshi eine Sänfte durch das
Hôzômon des Asakusa Kannon Tempels in
Edo. Das Tor ist identifizierbar an der großen (angeschnittenen) Laterne, der ausgestreckten Hand der kolossalen Niô-Statue
mit den gespreizten Fingern und der überdimensional großen Strohsandale, die als
Opfergabe am Gitter hängt.
109
Die Kapsel ist an der Unterseite in der Art
des Kokusai mit einer stilisierten Blüte
beschnitzt.
391
MANN MIT MONDSICHEL
Walroßzahn
H. 3,6 cm
Sign.: Tomoharu
Edo, ca. 1850/1870
Der Mann in fein gemustertem Gewand
und obi hat eine Mondsichel um den Rücken gebunden. An den Füßen trägt er die
Strohsandalen (waraji) eines Wanderers.
Die Bedeutung dieses Sujets ist unklar.
392
HERZPOLIERER
Elfenbein
H. 2,2 cm; L. 3,3 cm
Sign.: Tomoaki
Edo, ca. 1850/1870
Der Mann kniet über dem Schriftzeichen
kokoro (Herz), das er mit einer Bürste poliert. Das Netsuke illustriert den Ausspruch
„kokoro o migaku“ (das Herz polieren). Er
bedeutet: „Sich bessern“ (Ehmann 1927, S.
161, Nr. 1505).
393
WÄSCHERIN
Walroßzahn
H. 3,5 cm
Sign.: Tomomasa
Edo, ca. 1850/1870
re Tage lang) ausruhen“ (Ehmann 1927, S.
95, Nr. 909).
394
DAS ERSTE BAD
Elfenbein
H. 3 cm
Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Lorber
Behutsam reinigt die alte Hebamme das
Neugeborene mit einem Tuch, indem sie es
in typischer Manier auf den Füßen balanciert. Das erste Bad (ubuyu) erhielt das
Kind in alten Zeiten mit dem ersten Haarschnitt und dem ersten Kleid am dritten
Tag nach der Geburt. Dieses Motiv ist immer wieder in dieser Art geschnitzt worden.
Bereits das Kasshi yawa, das die vor 1818
zusammengetragene
Sammlung
des
Matsura Seizan (1760-1841) beschreibt,
erwähnt dieses Motiv.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 381, Abb. 7
395
MUTTER UND KIND
Elfenbein
H. 3,9 cm
1. Hälfte 19. Jh.
In entspannter Haltung gibt die junge Frau
dem Kind die Brust. Ihr Gewand ist geschmückt mit Bündeln von getrockneten
Abalone-Streifen (noshi), Symbole des langen Lebens.
Vor einem Waschzuber hockend, bürstet
die Frau das Schriftzeichen inochi (Leben).
Hier wird das Sprichwort „inochi no sentaku o suru“ (das Leben waschen) illustriert. Es bedeutet: „Sich gründlich (mehre110
396
FRAU UND KINDER
Buchsbaum, Pupillen der Maske aus
Gelbmetall
H. 3,5 cm
Sign.: Tadachika
1. Hälfte 19. Jh.
Die Frau mit zwei Kindern gönnt sich einen Augenblick der Muße. Der kleinere
Knabe hält eine Maske hinter dem Rücken
versteckt. Es handelt sich hier mit großer
Wahrscheinlichkeit um das im MCI (S.
835) erwähnte Stück.
397
ALTE FRAU UND KIND
Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign.: Masakazu
Mitte 19. Jh.
Die alte Frau mit Brunneneimer in der
Hand trägt ein Kleinkind Huckepack. Ihr
Gewand ist in der Art des Hidemasa mit
Blättern, Chrysanthemenblüten, Vögeln
und shibori-Muster dekoriert. Das Kind
hält einen Spieß mit dango (Reisklößen) in
der Hand.
Ein ähnliches Motiv wird in Ôhara Mitsuhiros Takarabukuro von 1837 unter der
Bezeichnung „chôji komori“ (Babysitter
für ein geliebtes Kind) (Nr. 172) erwähnt.
398
DIENERIN
Buchsbaum
H. 3,1 cm
Sign.: Toshikazu
19. Jh.
Die junge Frau hält ein Tablett mit Teeschale auf ihren Knien. Verschämt führt sie
die vom Ärmel verdeckte Hand zum
Mund. Die Darstellung weckt Assoziationen mit der Demimonde der Vergnügungsviertel. Über der Stirn sind zwei Erhebungen zu sehen, die wie Hörner wirken, die die Frisur durchstoßen. Vielleicht
ist es eine Anspielung auf die „Hörner der
Eifersucht“.
399
KURTISANE UND KUNDE
Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign.: Masamitsu
Mitte 19. Jh.
Eine schmunzelnde Kurtisane – identifizierbar an ihrem vorne gebundenem obi
und von einer Schulter gestreiftem uchikake mit Kirschblütenmuster – steht mit Becher in der Hand hinter einem hockenden
Kunden. Dieser hält eine Gebetsschnur
und einen geschlossenen Schirm.
Ein Holz-Netsuke mit diesem Thema befand sich ehemals in der Sammlung Carré
(Eskenazi 1993, S. 106-107, Nr. 116). Hier
wird das Sujet als Szene aus einem kagura
(Shinto-Tanz) gedeutet.
400
LIEBESPAAR
Elfenbein
H. 2,5 cm; L. 6,5 cm
1. Hälfte 20. Jh.
Der Kopf der Frau mit kunstvoller Frisur,
in die eine Blüte gesteckt ist, ruht auf einer
Nackenstütze mit Kissen. Die übertriebene
Anatomie der shunga-Darstellung hat in
der japanischen Kunst eine lange Tradition, die bis ins 20. Jahrhundert fortgesetzt
wurde.
111
401
KURTISANE UND DIENERIN
Elfenbein
H. 5,9 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Dies ist ein seltenes Thema aus der Demimonde des Yoshiwara. Die majestätische
Figur mit vorne gebundenem obi stellt eine
oiran oder tayû (Kurtisane) dar. Der uchikake ist mit Chrysanthemenzweigen geschmückt, das Gewand darunter im shibori-Muster. Die anzulernende kamuro trägt
ein undekoriertes Gewand (furisode).
Die amazonenhaft wirkende Kurtisane
erinnert an die in Habitus ähnlich monumental dargestellten oiran des Malers Kaigetsudô Ando (tätig frühes 18. Jh.).
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 11
WÄSCHEWASCHEN
Wäschewaschen gehörte zu den hausfraulichen Aufgaben, die im Buch Onna
Daigaku (Schule für Frauen) von dem
konfuzianischen Moralisten Kaibara
Eikiken (1630-1714) schriftlich niedergelegt waren.
Die Baumwoll-Kimono reinigte
man in der Regel als Gewandstück, während die kostbaren Seiden-Kimono aufgetrennt und die Stoffbahnen einzeln
gewaschen wurden. Gewaschen wurde an
Bach- und Flußufern sowie in Wannen
(tarai) im Haus. Die in Waschlauge getränkten Stoffe wurden, um verbesserte
Reinheit zu erreichen, geschlagen (kinuta
uchi). Die zusammengefalteten Baumwoll- oder Leinenstoffe wurden mit einem Walkhammer (kitsuchi) auf einem
Holz- oder Steinblock (uchiban) geschlagen, die Seidenbahnen hingegen über
einen Rundstab in einem Gestell (kinuta)
gewickelt und auf diesem geklopft. Durch
das Schlagen verdichtete sich das Gewebe, das Tuch wurde geschmeidig und der
Stoff erhielt einen schimmernden Glanz.
Das Wäscheklopfen war eine
abendliche Beschäftigung der Frauen in
den Dörfern. Der Klang wurde oft in Gedichten besungen, er erinnerte an die
Heimat und war Ausdruck der Einsamkeit und Traurigkeit. Das Nô-Stück
Kinuta, in dem eine Frau allabendlich
Wäsche klopft und dabei voller Sehnsucht an ihren Gatten denkt, beschreibt
diese Empfindungen.
Zum Trocknen wurden die Bahnen gespannt und anschließend wieder
zusammengenäht. Die Gewänder aus
Baumwolle und Leinen wurden auf einer
Bambusstange aufgehängt. Bügeln war in
Japan nicht üblich, wenn auch die chinesische Gepflogenheit, Stoff mittels eines
mit Holzkohle gefüllten, im Boden flachen Bronzetopfes zu glätten, bekannt
gewesen sein muß.
402
WÄSCHEKLOPFERIN
Kagamibuta-Netsuke
Kapsel aus Elfenbein; Platte aus shibuichi
mit Gold, Silber und Kupfer
Ø 4,6 cm
Mitte 19. Jh.
An einem Fluß bei Vollmond schlägt eine
Landfrau mit einem kitsuchi eine Stoffbahn
in einem Gestell (kinuta). Riedgras (susuki), Ballonblumen und Chrysanthemen
deuten auf die herbstliche Jahreszeit.
Das Sujet ist eine Anspielung auf ein Gedicht des Zyklus der Sechs Kristallflüsse
(Mutamagawa), der gerne von Holz112
schnittkünstlern der Edo-Zeit illustriert
wurde. Der Vers über den Kristallfluß in
Toi in der Provinz Setsu (heute HyôgoPräfektur) von Minamoto Toshiyoshi aus
der Anthologie Senzaishû (1187/1188) lautet: Matsukaze no/ oto dani aki wa/
sabishiki ni/ koromo ustunari/ Tamagawa
bo sato (Autumn wind over pines sounds
fornlorn,/ adding to the loneliness/ is the
sound of fulling of cloth at Tamagawa)
(Miyeko Murase, Jewel Rivers. Japanese Art
from the Burke Collection, Ausstellungskatalog Virginia Museum of Fine Arts,
Richmond, Virginia 1993, S. 156).
403
WÄSCHEKLOPFERIN
Elfenbein
H. 3,2 cm
Sign.: Tomochika
Edo, Mitte 19. Jh.
Da in der Regel junge Mütter bei dieser
Tätigkeit gezeigt werden, ist diese Darstellung einer alten Wäscherin ungewöhnlich.
Sie trägt eine Schürze, die Ärmel sind in
typischer Manier zurück gebunden. Das
Kopftuch (tenugui) ist so gelegt, daß der
Chignon, in dem eine Haarnadel steckt,
sichtbar ist. Als Klopfunterlage (uchiban)
für den gefalteten Stoff dient ein Baumstammscheibe.
Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb.
6; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 6
404
WÄSCHEKLOPFERIN
Elfenbein
H. 3,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Ein hohes Kopftuch verdeckt die hoch aufgetürmte Frisur. Als Klopfunterlage dient
ein flacher Stein.
405
WÄSCHEKLOPFERIN UND KIND
Elfenbein
H. 2,8 cm
Sign.: Ryûchin
Edo, ca. 1850/1870
Mit einem Walkhammer klopft die Frau
mit langen, am Rücken zusammen gebundenen Haaren die Stoffbahn in einem
Holzgestell. Ihr Gewand ist mit einem
Muster von Pflaumenblüten über geborstenem Eis dekoriert. Das Kind neben ihr
spielt mit einer Schildkröte.
406
WÄSCHEKLOPFERIN UND KIND
Elfenbein
H. 3,7 cm
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
In typischer Art der Landfrauen hat sie ein
Handtuch (tenugui) auf den Kopf gelegt.
Der gefaltete Stoff liegt auf einem Holzblock, dessen Riß mit einer Schwalbenschwanzverbindung repariert ist.
Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb.
8, und Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 8
407
WÄSCHEKLOPFERIN UND
KINDER
Elfenbein
L. 3,5 cm
Sign.: Masayuki
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
ZWEI
113
Der gefaltete Stoff wird auf einem runden
Holzblock geklopft. Hinter der Frau stehen
zwei Kinder, eines hält eine SpielzeugTrommel (batabata).
Die Signatur wurde wahrscheinlich nachträglich hinzugefügt.
410
BÜGLERIN
Elfenbein
H. 2,5 cm
Sign.: Kôji
Ca. 1960/1970
Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb.
8; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb.7
Die junge Frau mit dicker obi–Schleife und
hoch getürmten Haaren kniet über einem
Gewand, das sie mittels eines kleinen Beckens mit flachem Boden und einem langen Griff glattstreicht.
Angeblich wurden Bügeleisen zunächst
nur in Nagasaki verwendet. Seine Form
entspricht den chinesischen Bügeleisen aus
Bronze, wie sie seit der Ming-Zeit verwendet wurden.
408
WÄSCHEKLOPFERIN UND KIND
Elfenbein
H. 3,2 cm
Sign.: Kôsai
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Die Wäscheklopferin mit am Rücken zusammengebundenen Haaren macht Pause;
sie hat den Schlegel aufgestützt und legt
den Arm um einen Knaben.
Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb.
7; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 7
409
WÄSCHERIN UND KIND
Elfenbein
H. 2,1 cm
Sign.: Tomochika
Tokyo, spätes 19. Jh.
Die junge Mutter hockt vor einem flachen
Zuber, in dem sie eine mit Ahornblättern
gemusterte Stoffbahn spült. Ihr Sohn steht
hinter ihr und zerrt am Band, mit dem sie
die Ärmel hoch gebunden hat.
Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 477, Abb.
4; Werdelmann 1989a, S. 46, Abb. 4
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 383, Abb.
11; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 9
PERSÖNLICHE HYGIENE
Baden wurzelte in Japan tief in den shintoistischen Reinlichkeitsvorstellungen.
Aber nur die vornehmsten und reichsten
Leute besaßen eigene Bäder. Die Einwohner der Städte benutzten die öffentlichen Badehäuser. Diese waren Treffpunkt der Nachbarschaft, wo Austausch
von Neuigkeiten und Tratsch stattfanden. Da im Bad die Standesunterschiede
aufgehoben waren, reizte die Gleichheit
der unbekleideten Menschen viele Künstler. Ferner fanden sie Freude an den körperlichen Verrenkungen während des
Schrubbens und Abtrocknens oder an der
engen Beziehung von Mutter und Kind.
Ebenso wie die Holzschnittmeister nahmen die Netsuke-Schnitzer bei der Darstellung von Badenden die Gelegenheit
wahr, einen nackten Körper darzustellen.
114
Die Tatsache, daß es sich hierbei fast
immer um Frauen handelt, zeigt, daß
sich die Künstler des erotischen Aspektes
durchaus bewußt waren, wenn er auch
nur selten voll ausgeschöpft wurde.
411
MANN BEIM ANLEGEN DES LENDENSCHURZ
Elfenbein, Pupille aus schwarzem Horn
H. 9 cm
Tokyo, spätes 19. Jh.
Das fundoshi, das männliche Hüfttuch,
bereitet diesem Mann beim Anlegen einige
Probleme. Der gute Sitz klappt nicht ganz
und vor Schmerz stößt der Mann einen
Schrei aus. Mit dem Kinn hält er das Tuch
an der Brust fest, während ein gewundenes
Band das fundoshi in der Art eines Gürtels
in der Taille festhält.
Bis zur Meiji-Zeit trugen Männer dieses
Untergewand. Es galt als Symbol der
Männlichkeit. Das fundoshi ist Thema vieler Sprichwörter, z. B.: „fundoshi o shimete
kakaru“ (den Lendengurt festbinden) bedeutet „einen Entschluß fassen“ (Ehmann,
S. 395, Nr. 3544) und der Ausspruch „Die
Zeit, in der das fundoshi mit dem Kinn
festgehalten wurde“ bedeutet „früher“
(INSJ, Bd. 18, Nr. 1 [Frühling 1998], S. 1214).
Ein fast identisches, von Otogawa signiertes Netsuke befand sich ehemals in der
Sammlung Hindson. Otogawa Yasuchika
aus Edo wurde 1843 geboren und war
Schüler des Tomochika. Wegen der großen
Ähnlichkeit beider Netsuke kann man dieses Stück dem Otogawa Yasuchika zuschreiben.
412
SICH WASCHENDE FRAU
Buchsbaum, Kamm im Haar aus Schildpatt, Brustwarzen aus dunklerem Holz,
Haarnadel-Endknöpfe aus Lack
H. 3,1 cm
Sign.: Josô tô
Tokyo, ca. 1880/1910
In einem flachen Zuber sitzt eine pummelige Frau mit zur Seite gelegten Beinen.
Genüßlich frottiert sie sich mit einem
Handtuch den Rücken. Neben der Wanne
steht ein kleinerer Zuber, der dazu dient,
Wasser über den Körper zu gießen. Über
dem Rand liegt ein nukabukuro, das als
Körperschwamm verwendet wird.
Die sorgfältige Ausarbeitung der vielen
kleinen Details zeichnet den Stil des Josô
aus und ist für die Sô-Schule richtungsweisend. Bei genauem Hinsehen erkennt man,
daß der Kamm im Haar aus Schildpatt ist
und die Endknöpfe des Haarsteckers
(kôgai) aus tsugaru-nuri-Lack in den Farben Schwarz, Rot und Ocker bestehen.
Abgeb. in: Frieder Aichele und Gert Nagel,
Netsuke, München 1975, S. 33; Werdelmann 1989, S. 380, Abb. 4; Jirka-Schmitz
1994b, S. 11
413
SICH WASCHENDE FRAU
Buchsbaum
H. 3,3 cm
Wahrscheinlich Edo, frühes 19. Jh.
Eine pummelige Frau mit vom Oberkörper
gestreiften Gewand hockt vor einem Zuber. Hingebungsvoll reibt sie sich mit einem Handtuch den Hals. Diese Darstellung zeigt nicht die glücksbringende Okame, sondern illustriert den Terminus oka115
me, der auch als Synonym für ein häßliches, dickes, etwas ordinäres Mädchen
verwendet wird.
414
SICH WASCHENDE FRAU
Elfenbein
H. 3,6 cm
Sign.: Tomotoshi
Edo/Tokyo, ca. 1850/1870
Vor einem hohen Zuber hockend, wringt
die unbekleidete Frau ein langes Waschtuch (tenugui) aus. Durch die Körperhaltung werden die flache Brust mit Brustwarzen und der Unterleib geschickt verdeckt.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 380, Abb. 2
415
SICH WASCHENDE FRAU
Elfenbein
H. 3 cm
Sign.: Masatomo
Spätes 19. Jh.
In einem Wasserzuber sitzt eine dicke
Frau, die sich mit einem Reisschalensäckchen (nukabukuro) die Brust schrubbt und
in der Linken ein Handtuch hält.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 381, Abb. 6
416
SICH WASCHENDE FRAU
Elfenbein
H. 3,1 cm
Spätes 19. Jh.
Mit einem Handtuch (tenugui) frottiert sie
den Rücken in großen Zügen. Zwischen
den Beinen steht der Zuber.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 383, Abb. 12
417
FRAU NACH DEM BAD
Elfenbein
H. 9,7 cm
Spätes 1800
Die stehende Frau trägt einen leichten
Baumwollkimono (yukata) ohne Gürtel,
dessen weiter Ausschnitt die Brust entblößt. Ähnlich schlanke Gestalten und die
kokette Haltung sind in der Holzschnittkunst seit dem späten 18. Jahrhundert bei
Darstellungen von Frauen in Badehäusern
anzutreffen.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 383, Abb. 11
418
FRAU BEIM HAAREWASCHEN
Elfenbein
H. 3,2 cm
Sign. auf eingelassenem Rotlackplättchen:
Yasumasa
Tokyo, ca. 1900
Über einen Zuber gebeugt und mit abgestreiftem Kimono mit Blüten- und Wellen
(seigaiha)-Muster kämmt die junge Frau
ihr nasses Haar.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 385, Abb. 17
419
FRAU BEI DER PEDIKÜRE
Buchsbaum, Reste von Schwarzlack im
Haar
H. 3,5 cm
19. Jh.
In einen nicht gegürteten yukata gehüllt,
schneidet sich die junge Frau in der Hocke
mit einer Nagelzange die Fußnägel.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 387, Abb. 21
116
Kinder
In der konfuzianisch ausgerichteten Gesellschaft der Edo-Zeit bedeuteten Kinder
(kodomo), vor allem Söhne, die Sicherstellung der Fortsetzung der Ahnenreihe
und Nachkommenschaft. Die zahlreichen
Kinderdarstellungen unter den Netsuke
sind aber nicht nur unter diesem Aspekt
zu sehen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der großen Kinderliebe der
Japaner. Sie zeigt sich u.a. in den Festen,
die den Kindern gewidmet sind: dem
Mädchenfest am 3.3., dem Knabenfest
am 5.5. und dem Schreingang der Sieben, Fünf- und Dreijährigen (shichigosan)
am 15.11.
Eine Idealisierung erfuhren die
Kinder als karako (wörtlich: chinesische
Kinder). Sie tragen Schuhe, Pumphosen
und reich gemusterte Gewänder mit
Halskrause und sehen mit ihren zwei
Haarknoten auf dem Kopf sehr drollig
aus. Diese Haarbüschel sollen die magische Kraft besitzen, böse Geister zu bannen.
Die karako sind erstmalig in der
Malerei des 16. Jahrhunderts als Begleiter
von Hotei anzutreffen, der wegen seiner
Freigiebigkeit immer von einer Kinderschar begleitet wird. Spielende karako
wurden auch unter den Holzschnitten
aus Nagasaki, die einzige Stadt Japans,
die eine chinesische Kolonie besaß, dargestellt. Am häufigsten sehen wir die karako beim Löwentanz (shishimai), der in
Nagasaki zu festlichen Anlässen und zu
Neujahr aufgeführt wurde. Sie befinden
sich entweder alleine unter einer Maske
oder zu mehreren unter einem Tuch versteckt, um die Gestalt des Löwen und
dessen Bewegungen nachzuahmen. Ob-
wohl der Löwentanz ursprünglich von
erwachsenen Männern aufgeführt wurde,
kam im 19. Jahrhundert die Sitte auf,
auch Kinder unter einer Löwenmaske zu
Neujahr von Haus zu Haus gehen zu lassen.
Karako gehören mit zu den frühesten Netsuke-Motiven. Sie könnten von
den als toggle getragenen, chinesischen
Fruchtbarkeits- und Potenzamuletten
aus Elfenbein und anderen Materialien
beeinflußt worden sein, die von chinesischen Händlern nach Nagasaki gebracht
worden waren. Diese Amulette stellen
u.a. liegende oder stehende Knaben dar,
die nur mit einer kurzen Schürze bekleidet sind, die die Genitalien freiläßt.
Japanische Kleinkinder, auch immer wieder als Puppen dargestellt, wurden wohlgenährt, nur mit einem Schürzchen bekleidet und mit kahl geschorenem
Kopf oder, wenn sie etwas älter waren,
mit Pagenfrisur gezeigt. Sie erfreuen sich
an einfachstem Spielzeug, z.B. einer
schillernden awabi-Schale. Sie spielen
mit einer passiven Schildkröte, die den
Wunsch nach langem Leben für die Kinder ausdrückt, oder einem jungen Hund.
Japanische Kinder und karako
sind ein bevorzugtes Thema der Schnitzer in Edo/Tokyo. Das Sôken kishô
schreibt, daß Miwa (tätig spätes 18. Jh.)
das Motiv kodomo shishi asobi (Kinder
beim Löwenspiel) gefertigt hat. KarakoNetsuke waren dann ab der Mitte des 19.
Jahrhunderts ein beliebtes Thema vieler
Schnitzer, besonders der Ono-Gruppe.
Hôjitsu hat mit Vorliebe seine karakoMotive auf manjû angebracht.
117
420
KARAKO
Elfenbein
H. 4,4 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlungen Naunton und
Beasley
Der Knabe in langem Mantel mit Blütenmuster rollt eine große, mit manji (Swastika)-Motiven durchbrochene Scheibe, in
der sich eine bewegliche Kugel befindet.
Thematik und Stil zeigen einen starken
chinesischen Einfluß, wenn es sich hier
nicht gar um eine chinesische Arbeit handelt.
421
KARAKO MIT HUND
Elfenbein
H. 6,3 cm
18. Jh.
422
KARAKO
Elfenbein
H. 4,6 cm
18. Jh.
Das Juwel in der linken Hand und der Sack
weisen ihn als eines der Kinder aus, die
Hotei begleiten. Die kompakte, dreieckige
Form ist typisch für das 18. Jahrhundert.
423
KARAKO
Buchsbaum
H. 3,3 cm
Sign.: Kigyoku
Edo, Mitte 19. Jh.
(Leinensack) enthält gute Sachen, die die
Menschheit beglücken. Die Darstellung
könnte auch eine Anspielung auf den blinden Steinheber sein, der seine Kraft in ähnlicher Haltung unter Beweis stellt (siehe
Kat.-Nr. 362).
424
ZWEI KARAKO
Buchsbaum
H. 4 cm
Sign.: Masakazu und kaô
Nagoya, ca. 1820/1830
Der stehende Knabe in festlichem Gewand
mit Halskrause legt eine große shishiMaske an, während der sitzende karako
den Löwenschweif hält und in Begriff ist,
das Tuch über seinen Kopf zu ziehen, um
sich darunter zu verstecken.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10
425
KARAKO
Buchsbaum, Maske und Rad des Steckenpferds aus Elfenbein, Haarknoten aus
Horn
H. 4,9 cm
Frühes 19. Jh.
Das Kind reitet auf einem Steckenpferd
und trägt eine furchterregende, rot eingefärbte oni-Maske.
426
KARAKO
Buchsbaum, um den Hals ein Metallring
H. 4,5 cm
Sign.: Hô...
Mitte 19. Jh.
Unter großer Anstrengung versucht das
Kind, Hoteis Sack zu heben. Der hotei
118
Der Knabe mit zwei dicken Schriftrollen
am Rücken ist wohl der Diener eines chinesischen Gelehrten. In der Malerei werden Gelehrte oft in Gesellschaft von jungen
Dienern dargestellt, die Tee kochen, Wein
servieren, Musikinstrumente tragen und
ähnliche Dienste verrichten.
427
KARAKO
Buchsbaum
H. 2,4 cm, L. 4,7 cm
Sign.: Hôsai
Edo, Mitte 19. Jh.
Das Kind mit um den Hals gebundenem
Lätzchen krabbelt über eine Kalebasse. Die
sorgfältige Ausarbeitung zeigt sich vor allem an der Unterseite, wo die Schnurführung unter der Kalebasse verläuft. Hôsai
muß ein Schüler des Hôjitsu gewesen sein,
denn das Stück ähnelt dessen Kinderdarstellungen.
428
KARAKO UND SHISHI
Elfenbein, Pupillen des shishi aus Horn
H. 5,2 cm
Kyoto, spätes 18. Jh.
Ehemalige Sammlung David
Ein verspielter shishi legt seine Vorderpranken über einen vor ihm sitzenden karako.
Diese ungewöhnliche Darstellung erinnert
an das Motiv des Knaben, der eine shishiMaske ablegt. Hier nimmt ein leibhaftiger
Löwe mit beweglicher Kugel im Maul die
Stelle von Maske und Tuch ein.
Abgeb. in: Kunstpreisjahrbuch 1988, Bd.
XLIII, T. 2, München (1988), S. 765
429
KARAKO MIT SHISHI-MASKE
Porzellan; unterglasurblau, schwarz und in
zweierlei Braun glasiert
H. 5,6 cm
Hirado-Ware, Mikawachi, Provinz Hizen
(heute Präfektur Nagasaki), 1. Hälfte 19.
Jh.
In der großen, vor den Bauch gehaltenen
shishi-Maske befindet sich eine bewegliche
Kugel.
430
KARAKO
Elfenbein
H. 2,9 cm
Sign.: Gyokkôsai
Edo, ca. 1840/1870
Auf einer Trommel sitzend hat der Junge
den großen Bügel zum Spielen über seinen
Kopf geführt.
431
ZWEI KARAKO
Elfenbein
H. 2,7 cm; L. 4,6 cm
Spätes 19. Jh.
Die freundlich balgenden Knaben bilden
ein kompliziertes Knäuel.
432
ZWEI KARAKO
Elfenbein
H. 3,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Vor einem einteiligen Stellschirm (tsuitate)
steht ein Knabe mit Schriftrolle; vor ihm
kniet ein karako, der an der Papierrolle
zieht.
119
433
KARAKO
Elfenbein
H. 3,4 cm
Sign.: Hômin
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Der Knabe bläst mit prallen Wangen eine
Trompete, wie sie beispielsweise in Nagasaki bei chinesischen Festumzügen gespielt wurde.
434
KARAKO
Elfenbein
H. 3,6 cm
Sign.: Rantei
Kyôto, 1. Hälfte 19. Jh.
Der Knabe benutzt einen Steigbügel als
Schaukel und hält sich an einem durch die
Öse geführten Stab fest. Das Gesicht des
Kindes mit den schmalen Augen, schweren
Lidern und breiten Nasenflügeln ist typisch
für den Schnitzer Rantei.
435
KNABE
Elfenbein
H. 3 cm
Sign.: Gyokuyôsai
Edo, ca. 1840/1860
Der Knabe mit kurzem Jäckchen und kessem Haarschopf über der Stirn hält eine
Schildkröte, um die er eine Schnur gewickelt hat.
436
DREI KNABEN
Drei Knaben
Elfenbein
H. 2,5 cm; L. 3,8 cm
Sign.: Ono Ryôji und kaô
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Aus dem Spiel mit der Löwenmaske ist
Streit entstanden, die Knaben balgen sich.
In jedem Gesicht drückt sich der Schmerz
auf andere Weise aus. Auf den Gewändern
befinden sich in feiner Gravur verschiedene Muster. Auf der Unterseite sind ein
Blattfächer, eine Maske, ein Stab und ein
geöffneter Faltfächer zu sehen.
437
KNABE
Kirschholz, himotôshi in grün gefärbtes
Bein gefaßt
H. 3,2 cm
Sign.: Miwa und kaô
Edo, spätes 18. Jh.
Der grinsende Knabe macht die bekkankoGeste und versteckt eine Hannya-Maske
hinter seinem Rücken. Eine typische Arbeit
des Miwa, der möglicherweise dieses Motiv
als erster geschnitzt hat.
438
KNABE MIT HÔKUZI
Buchsbaum und korallefarbenes Glas
H. 4,6 cm
Sign.: Ryûmin
Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Knabe zieht an der realistisch dargestellten Fruchthülle einer überdimensional
großen Lampionfrucht (hôzuki), um die
Frucht zu zeigen.
120
Hôzuki, die im Sommer ihre rotorangefarbene Farbenpracht entfalten,
waren in Japan ein beliebtes Spielzeug, vor
allem von Mädchen, wie bereits in japanischer Literatur des 11. Jahrhunderts geschildert wird.
„Taking the red berry out of the calyx bag,
they bore a hole at the place where it was
attached to the stem, and slowly squeeze
out the seed out of the hole. She then has a
hollow round soft ball with a tiny hole. She
puts it into her mouth, and as she squeezes
it against her teeth and lips, it makes a faint
but pleasing sound.“ (Joya 1971, S. 400)
In Bezug auf Knaben schreibt Gabor Wilhelm: „The slowly ripening fruit of the
hozuki bursting open suddenly to reveal its
red fruit was considered to be a symbol of
sexual awakening of boys in ancient Japan.“ (Sagemonoya 2004, Nr. 83)
439
KNABE
Buchsbaum
H. 3 cm
Sign.: Shinsai
Mitte 19. Jh.
Der Knabe in höfischer Kleidung und
eboshi auf der Schulter hält einen Pinsel in
der Rechten und einen Papierstreifen für
Gedichte (tanzaku). Ein Holzstab steckt
am Rücken, wohl um ein nach vorne Sinken beim Einnicken zu verhindern. Die
Darstellung ist vielleicht Sinnbild des unermüdlichen Fleißes eines Schülers.
440
KNABE MIT KLEINEM TIER
Elfenbein
H. 3,1 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
Das barfüßige Kind sitzt neben einem
Sack, aus dem ein Marder (ten) oder ein
Eichhörnchen (risu) steigt und seine Vorderpfoten auf die vorgestreckte Hand legt.
441
KIND MIT FLUGDRACHEN
Manjû-Netsuke
Elfenbein
L. 4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
In versenktem Relief ist ein Kind dargestellt, das eine Spielzeug-Eule aus susukiGras, das meibutsu (berühmtes Produkt)
des Gokoku-Tempels in Zôshigaya in Tokyo, hält. Dieser Tempel war der Kishimojin geweiht, der Schutzgöttin für leichte
Geburt und Kindererziehung. Heute noch
kann man diese Eulen aus bemaltem Papiermaché oder Holz kaufen. Mimasu genannt, dienen sie als Amulette für die Gesundheit von Kindern. Eine andere Interpretation der Eule ist, daß es sich um einen
Flugdrachen (tako) aus geflochtenem Weizenstroh (mugi no wara) handelt. Auf der
Rückseite des manjû sind eine Trommel
und zwei Schlegel dargestellt.
442
KNABE
Elfenbein
H. 4,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Das Kind mit Pagenfrisur spielt mit einer
awabi-Schale, die es an einer langen
Schnur hinter sich her zieht.
443
KNABE
Elfenbein
H. 3,9 cm
Spätes 19. Jh.
121
Mit kindlicher Unbefangenheit zieht das
nur in eine Jacke gekleidete Kind den
Hund an seinen Hinterpfoten und am
Schwanz hoch. Da das himotôshi fehlt,
handelt es sich hier um ein kleines okimono.
444
KNABE
Elfenbein
H. 3,8 cm
Sign.: Ikko
Ca. 1860
Das korpulente, nur mit einem Lätzchen
bekleidete Kind versucht, in der Art einen
großen Kürbis zu heben wie der Blinde
einen Stein hebt, um damit seine Kraft
unter Beweis zu stellen (siehe Kat.-Nr.
362).
445
KNABE
Elfenbein
H. 2 cm; L. 4,4 cm
Sign.: Tomochika
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Das über ein Sitzkissen (zabuton) krabbelnde Kind hält eine Daruma-Puppe. Auf
dem Kissen liegen außerdem eine Trommel mit tomoe-Motiv und ein Hammer.
446
KNABE MIT SCHILDKRÖTE
Elfenbein
H. 2,2 cm; L. 4,3 cm
Sign.: Shôunsai
Mitte 19. Jh.
Der japanische Knabe hockt vor einem
rechteckigen Wasserbecken, in dem Fische
schwimmen. An einem Band, das um den
Panzer gebunden ist, läßt er eine Schildkröte ins Wasser. An der Hüfte trägt er
einen Beutel (kinchaku).
Das Motiv spielt vielleicht auf die Sitte an,
gekaufte Schildkröten oder Fische in Gewässern freizulassen, um ein positives
Karma zu erwerben.
447
KNABE MIT TROMMEL
Elfenbein
L. 5,2 cm
19. Jh.
448
TROMMLER
Lack
H. 5,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der Knabe steht in tänzerischer Pose auf
einem Bein im Gleichgewicht und schlägt
eine Schultertrommel (tsutsumi). Er trägt
ein höfisches Gewand mit Pluderhosen
und einen winzigen eboshi. Die Hosen sind
mit takokarakusa geschmückt, das Gewand
mit Kranichen zwischen Wolken, die Jacke
mit tachibana-Wappen und seigaihaMuster.
Bei dieser Figur könnte es sich um die Darstellung einer der fünf Musikanten (gonin
hayashi) handeln, wie sie im Puppenaufbau anläßlich des Mädchenfestes anzutreffen sind.
449
KNABE
Lack und Elfenbein
H. 4,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Das feiste, auf den Fersen sitzende Kind
mit Pinsel zeigt eine Papierrolle (aus El122
fenbein), auf der das Schriftzeichen
kotobuki (Glück) geschrieben steht.
Das Gewand ist in hiramakie mit Regenpfeifern (chidori) und Schilfmotiven dekoriert. Gürtel und Gewandfutter sind rot
lackiert, das Inkarnat ist silberfarben.
123
Fabeltiere
Die chinesische, enzyklopädische Literatur und deren japanische Versionen, vorrangig das Wakan sanzai zue (Japanischchinesische Sammlung von Illustrationen
zu den drei Urkräften), herausgegeben
von 1712 bis 1716, bilden eine große Zahl
von Tieren ab. Diese werden in vier
Gruppen unterteilt, die je von einem mythologischen Tier angeführt werden: die
Haartiere vom kirin, die Schuppentiere
vom Drachen, die Schalentiere von der
Schildkröte und die Federtiere vom Phönix (hôô). Diese vier Tiere werden gleichzeitig entsprechend der chinesischen
Kosmologie mit den Himmelsrichtungen
(Westen, Osten, Norden, Süden) in Verbindung gebracht. Bis auf die Schildkröte
sind kirin, Drache und Phönix Komposittiere mit keiner Entsprechung in der Natur. Neben dem kirin gibt es zahlreiche
weitere Tiere, deren Körper sich aus Bestandteilen anderer Tiere zusammensetzen und die durch Flammenzungen an
den Gelenken gekennzeichnet sind: das
kaichi mit dem Kopf eines Drachen, einem Horn und dem Körper eines Löwen,
das hakutaku, das Ähnlichkeiten mit dem
kaichi hat, und das einhörnige sai (Rhinozeros) mit einem Schildkrötenpanzer
auf dem Rücken. Diese Netsuke datieren
meistens aus dem 18. Jahrhundert. Die
Tiere sitzen oder stehen auf einer Sockelplatte und haben Ähnlichkeit mit chinesischen Siegeln, die sicherlich Vorbild für
die japanischen Schnitzarbeiten waren.
In den Mallehrbücher des 18.
Jahrhunderts erfolgt die Reihenfolge der
mythologischen Tiere nach Stellenwert,
Bedeutung und Symbolik. So führt das
Ehon shoshin hashiradate (1715) den Lö-
wen (shishi) an erster Stelle an, gefolgt
von Tiger, Elefant, kirin, suisai und baku.
Der Drache (ryû) führt die Schuppentiere
und Fische an, während der Phönix den
Vögeln voran gesetzt ist.
DER SHISHI
Shishi („Löwe“) oder kara-shishi (chinesischer „Löwe“) werden in Japan jene
Tiere genannt, die mehr Ähnlichkeit haben mit der tibetischen Langhaarhunderasse lhassa-apso oder dem chinesischen
shizi als mit dem Löwen, der in Ostasien
nicht heimisch ist.
Shishi gelten als Verteidiger der
buddhistischen Lehre und – koma-inu
genannt – als Beschützer der Tempel. In
der buddhistischen Ikonographie ist der
shishi das Reittier der Bodhisattva Monju
(sanskrit Manjusri). Auch wird die Macht
der buddhistischen Lehre mit der Macht
des Löwen verglichen.
Ab dem 16. Jahrhundert sind die
shishi in Japan, wo ihre Darstellung aus
China übernommen wurde, auch Sinnbilder von Kraft und Mut. Ihr Temperament lassen sie aus im Spiel mit einem
Ball. Die Darstellung mit einem Ball leitet sich von dem chinesischen Motiv des
Löwen, der mit einem Fadenknäuel spielt
(sche ze kuin sin t’schin, shizi ke ... qin),
ab. Es symbolisiert in China den Frieden
des Reiches: „Wenn von innen und außen
Friede waltet, können die Militärbeamten
(Löwen) harmlose Spiele treiben, Ball
spielen“ (Orientalisches Archiv, Bd. I,
1910/11, S. 148). Ein alter und ein junger
Löwe (chin. diashi und shaobao) symbolisieren jeweils hohe Ämter im kaiserlichen
China.
124
Das Thema des shishi ist unter den
Netsuke sehr häufig. In der Frühzeit erscheinen die shishi hauptsächlich auf siegelähnlichen Stücken, die wohl nach chinesischen Vorbildern gearbeitet wurden;
später in Kyoto sind shishi-Netsuke von
einer Tetraederform, wobei die Illustrationen von Löwen mit in graphischem
Detail ausgeführter Mähne und Schwanz
in den Vorlagebüchern den Schnitzern
eine große Inspiration waren.
Im 19. Jahrhundert konzentrierten sich
die Schnitzer auf die Felldetails, das Maul
mit Zähnen und beweglicher Kugel, die
Weisheit symbolisiert, oder den Ball, der
gelegentlich als im shippô-Muster durchbrochen geschnitzter „Brokatball“ ausgeformt ist. Oft wird der shishi mit Päonien
dargestellt, der König der Tiere mit der
Königin der Blumen. Der Spruch „botan
ni shishi“ steht für „ein glücklicher Zufall“.
450
SHISHI
Elfenbein
H. 4,2 cm
17./18. Jh.
Die statuarische Auffassung dieses Löwen
mit geschlossenem Maul, der zur Seite
schauend auf einem Sockel sitzt, erinnert
an einen koma-inu (wörtlich: koreanischer
Hund). Koma-inu wurden paarweise als
Wächterfiguren vor den Eingängen von
Shinto-Schreinen aufgestellt. Der komainu mit geschlossenem Maul hat ein kurzes
einzelnes Horn auf dem Kopf, während das
andere Tier, ein shishi, das Maul geöffnet
und den Kopf ein wenig gewendet hat. Als
Netsuke werden koma-inu sehr selten dargestellt.
451
SHISHI UND JUNGES
Elfenbein
H. 2,4 cm; L. 5 cm
Kyoto, spätes 18. Jh.
Der große shishi mit beweglicher Kugel im
geöffnetem Maul richtet seinen wilden
Blick nach oben. Auf dem Rücken liegt ein
Jungtier, das in die entgegengesetzte Richtung schaut.
Die Gestaltung der Tiere wurde inspiriert
von Malvorlagebüchern.
Abb. 21
Shoshoku e kagami, 1794, S. 21a (oben)
452
SHISHI
Elfenbein
H. 3,9 cm
Sign.: Mitsuharu
Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh.
Dieser sich umwendende shishi mit beweglicher Kugel im Maul und mit über einen
Ball gelegten Vorderpranken ist eine typische Arbeit für Mitsuharu aus Kyoto.
453
SHISHI
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 3,9 cm; Ø 3,1 cm
Frühes 19. Jh.
Das seltene Thema des shishi in einer Kugel, der diese wie eine Eierschale durchbricht, ist als shishi no tamago (Die Geburt
des shishi) bekannt.
125
454
SHISHI MIT BALL
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 3,6 cm; L. 4,7 cm
Sign.: Ikkôsai
Mitte 19. Jh.
457
SHISHI
Elfenbein
H. 2,7 cm
Sign.: Gyokuyôsai
Edo, Mitte 19. Jh.
Der shishi mit beweglicher Kugel im Maul
legt seine Vorderpranken über einen Brokatball. Auf dem Körper befinden sich
kleine Haarwirbeln in Gravur. Für Ikkôsai,
der für seine figürlichen Netsuke bekannt
ist, ist diese eine ungewöhnliche Arbeit.
Der shishi auf einem flachen Sockel spielt
mit einem Ball, der der Zähmung seines
Temperamentes dient.
455
SHISHI UND JUNGES
Elfenbein
H. 6,4 cm
Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh.
Eine ungewöhnliche und amüsante Variante des shishi-Themas ist diese Darstellung einer nach oben schauenden Löwenmutter, auf deren Kopf ein Jungtier sitzt,
das sich umwendet. Die Drehung der Körper bringt Bewegung in die statische Dreiecksform.
456
SHISHI
Elfenbein
L. 6,2 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Die dreieckige Form dieses Stückes ist typisch für das 18. Jahrhundert. Ein solch
langestreckter shishi und der Schweif, der
wie ein Fliegenwedel aussieht, sind ungewöhnlich. Den Ball hält er mit den Vorderpranken und seiner Kinnlade fest.
458
SHISHI
Elfenbein, Ball aus Holz
H. 2,9 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Löwe versucht, über einen überdimensionalen Ball zu klettern. Im Maul des Tieres befindet sich eine bewegliche Perle,
wobei die Fangzähne deren Herausrollen
verhindern.
459
SHISHI
Buchsbaum, negoro-Lack und makie
H. 3,6 cm
Frühes 19. Jh.
Dieses Siegel-Netsuke mit shishi-Knauf
wirkt wie eine Nachahmung eines BronzeSiegels. Das Halsband mit anhängender
Glocke und der dünnen Schweif sind
Merkmale chinesischer Löwen-HundDarstellungen.
460
SHISHI
Buchsbaum, Standplatte aus schwarzbraunem Holz, Reste von Lackvergoldung
H. 3,5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
126
Entsprechend der Verbindung des shishi
mit der buddhistischen Lehre, legt das Tier
hier seine Pranken über einen Tempelgong
(mokugyo). Ein ähnliches Stück ist im
Sôken kishô abgebildet.
461
SHISHI
Buchsbaum, Pupillen aus Gelbmetall
H. 3,4 cm
19. Jh.
Der muskulöse shishi steht auf einer flachen Sockelplatte. Die Energie dieses Tieres kann durch den kleinen Ball nicht gebändigt werden. Mähne und Ohren wehen
wie von einem Windstoß erfaßt nach hinten.
462
ZWEI SHISHI
Buchsbaum, Augen aus gelbem und
schwarzem Horn
H. 3,3 cm
Sign.: Hideharu
2. Hälfte 19. Jh.
Ein Jungtier klettert über den Rücken des
Muttertieres. Die Beine sind im Verhältnis
zum Körper sehr dünn. Die Köpfe beider
unterscheiden sich von den üblichen Darstellungen durch ein Aussehen, das mehr
dem von Dämonen als jenem von Tieren
ähnelt.
463
SHISHI
Elfenbein
L. 4,3 cm
1. Hälfte 19. Jh.
464
SHISHI UNTER EINEM WASSERFALL
Kagamibuta-netsuke
Platte: shibuichi, Silber und Gold; Kapsel:
Elfenbein
Ø 4,4 cm
Mitte 19. Jh.
Auf den Rücken eines shishi prasselt ein
Wasserfall. Dieses aus der Malerei der Kano-Schule entlehnte Motiv ist eine Allegorie auf den unerschütterlichen Glauben an
die buddhistische Lehre.
465
SHISHI
Siegel-Netsuke
Elfenbein
H. 3,6 cm
Sign.: Kokusai
Tokyo, spätes 19. Jh.
Der auf einem ovalen Sockel sitzende shishi
beißt zur Zähmung seines Temperaments
in eine Kordel, die am Ring eines Brokatballs befestigt ist.
Auf der Unterseite befinden sich die Siegelschriftzeichen koku und sai, wobei das
Loch der Schnurführung Bestandteil des
zweiten Schriftzeichens ist.
Kokusai signierte in Siegelschrift und war
bekannt für die Verfremdung der beiden
Schriftzeichen. Auch wenn Motiv, Material
und Schnitztechnik nicht dem bekannten
Stil Kokusais entsprechen, könnte es sich
aufgrund der Qualität und des raffinierten
Arrangement der Schriftzeichen um eine
Arbeit dieses Künstlers handeln, als er
noch unter dem Einfluß seines Lehrer
Gyokuyôsai stand.
Der shishi spielt mit einem durchbrochenen Ball, in dem sich eine bewegliche Kugel befindet.
127
DAS KIRIN
Das kirin ist das bekanntesten Komposittier. Seine Gestalt setzt sich zusammen
aus dem Kopf eines Drachen, dem Körper eines Hirsches, den Beinen und Hufen eines Pferdes und dem Schwanz eines
Ochsen. Die aus den Gelenken steigenden
Flammenzungen verweisen auf seine
überirdische Abstammung. Das markanteste Merkmal jedoch ist das einzelne,
gebogene Horn auf dem Kopf. Das Tier
verkörpert sowohl das weibliche (ki) als
auch das männliche Element (rin).
Eine chinesische Enzyklopädie berichtet, daß das kirin von zwei Sternen
gezeugt wurde, die sich alle tausend Jahre
nur einmal treffen. Von dieser romantischen Erzählung rührt sein Image des
Einzelgängers und des ewig Einsamen.
Wenn das kirin gelegentlich zu Besuch
auf die Erde kommt, bleibt es unbemerkt,
weil es sich so leise bewegt und so sachte
auftritt, daß es kein Lebewesen stört, daher gilt es als die Verkörperung der Grazie und Güte. Es frißt weder frische
Pflanzen noch lebende Tiere, auch besitzt
es keine Stimme. Sein Erscheinen gilt als
gutes Omen und prophezeit das Kommen eines großen Herrschers.
In den Darstellungen des kirin in
der Malerei und den Holzschnittbüchern
– nur das Morokoshi kinmô zui (Bilderlexikon über China, 1719) bildet in Band 4
ein sitzendes kirin ab – tänzelt es mit geschupptem Körper und mit graziös angehobenen Hufen über den Erdboden. Als
Netsuke ist dies schwierig zu gestalten
und möglicherweise haben deshalb Tomotada und andere Schnitzer aus Kyoto
in der 2. Hälfte des 18. Jahrhundert einen
kirin-Typ entwickelt, der auf seinen Hin-
terläufen sitzt, den Hals nach oben gestreckt und das Maul zum Ruf geöffnet hat.
466
KIRIN
Elfenbein
H. 4,4 cm; L. 5,5 cm
18./19. Jh.
Das kirin mit zwei Hörnern auf dem Kopf
und geschupptem Körper ist im Begriff,
sich aufzurichten. Die Form dieses Netsuke
folgt der Biegung der ursprünglichen
Zahnwandung und bildet den handlichen
Knauf dieses Siegels mit Schriftzeichen in
relievo.
467
KIRIN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 8,1 cm
19. Jh.
Der kirin hat den langen Hals nach oben
gestreckt und das Maul zu seinem lautlosen Ruf geöffnet. Die Schnurführung verläuft zwischen den eng zusammengestellten Beinen und nicht wie üblich oberhalb
einer Flanke und der Unterseite.
468
KIRIN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 6,7 cm
Spätes 18./19. Jh.
DAS BAKU
Im Wakan sanzai zue wird das baku beschrieben als Komposittier mit Elefantenrüssel, Augen eines Rhinozeros, dem
Schwanz eines Ochsen und den Füßen
eines Tigers. Es frißt alles, auch die bösen
128
Träume der Menschen. Bereits in der
Tang-Dynastie (618-906) hatte das baku
die Aufgabe, das Böse abzuwehren, wie
aus einem Gedicht des Bai Juyi (772-846,
jap. Hakurakuten) hervorgeht, und es
gab in Japan die Sitte, bakuDarstellungen als Talisman gegen die
Pest an Häusern aufzuhängen (Eskenazi
1993, S. 124). Das baku wird auch mit
dem Nandina (nanten)-Strauch in Verbindung gebracht (nanten bedeutet auch
„Schwierigkeiten aus dem Weg räumen“). Die Darstellung in dem Wakan
sanzai zue und Kinmô zui (1666) ähnelt
einem Tapir, während Tachibana Morikuni (1679-1748) in seinen zahlreichen
Malvorlagebüchern dem baku ein shishiähnliches Aussehen verleiht. Diesen letzteren baku-Typ haben sich die NetsukeSchnitzer als Vorbild genommen.
Das baku ist ein Tier der Nacht und wird
daher zum Mond hochschauend dargestellt. Die eindrucksvollsten Interpretationen des baku schufen die frühen Schnitzer aus Osaka und Kyoto.
469
BAKU
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 5 cm
Sign.: Hôzan
18. Jh.
Die Merkmale des baku sind deutlich zu
erkennen: das einzelne Horn, der Elefantenrüssel, der Schweif, die Pranken eines
Tigers und die Flammen, die aus den vorderen Gelenken steigen sowie der schuppige Panzer auf dem Rücken.
470
BAKU
Elfenbein
H. 3,3 cm
2. Hälfte 19./ frühes 20. Jh.
Ehemalige Sammlung Jordan
Ein kleines baku kauert auf einem kastenförmigen Sockel und krallt die Pranken um
die Oberkante.
Proportionen und Knauf entsprechen denen eines Siegels. Doch weist das Stücke
weder Tragespuren eines Netsuke noch
Siegelfarbereste im Material auf.
471
BAKU
Elfenbein
H. 4,3 cm
20. Jh.
Der Traumfresser hat die Gestalt eines
Tapirs, der auf einer Nackenstütze mit Kissenrolle (makura) steht und aus dem Kissen die bösen Träume saugt. Diese neuzeitliche Interpretation zeigt, daß das Fabeltier
auch im heutigen Aberglauben verwurzelt
ist.
472
HAKUTAKU
Elfenbein
H. 4,2 cm
18. Jh.
Das Fabeltier hat einen Löwenkörper mit
großen Pranken, ein einzelnes kräftiges
Horn und große Flammen an den Gelenken. Hakutaku wurden oft in dieser Siegelform dargestellt. Die Schriftzeichen sind
stark verspielt geschrieben und nicht zu
lesen.
129
Das Morokoshi kinmô zui illustriert ein
hakutaku, das Vorbild für dieses Netsuke
gewesen sein könnte.
Abb. 22
Morokoshi kinmô zui, 1719, Bd. 14, S. 9a
473
KIRIN ODER KAICHI
Narwalzahn, Pupillen aus braunem Horn
H. 3,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Mit einem angehobenen Huf steht das einhörnige Fabeltier auf einer ovalen Platte.
Der große, kantige Kopf mit Bart und wildem Ausdruck, der schuppenlose Körper,
das stark ausgeprägte Rückgrat und der
buschige Schweif sind Hinweise, daß es
sich hier möglicherweise um das Fabeltier
vom Typ kaichi handelt, das oft ein wilderes und männlicheres Aussehen hat als das
kirin.
Abgeb. in: Daruma 13, Bd. 4, Nr. 1 (Winter
1997), S. 42
474
Einhorn
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 5,4 cm
18. Jh.
Das grazile Tier hat den Körper eines Hirsches, dazu den langen, buschigen Schwanz
eines shishi. Es könnte sich um eines der
zahlreichen chinesischen Einhörner handeln, z.B. das tianlu (jap. tenroku) oder lu
(jap. roku) Wahrscheinlich handelt es sich
bei dem Stück um ein ehemaliges Siegel.
475
TENROKU
Elfenbein
H. 3,9 cm
Frühes 19. Jh.
Der Kopf dieses Tieres ähnelt dem eines
Kamels oder Widders, der Körper entspricht einem Hirsch.
Auch dieses Stück war ursprünglich ein
Siegel.
476
SUISAI
Ryûsa-manjû
Walroßzahn
Ø 4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Das Fabeltier mit kurzem Horn und
Schildkrötenpanzer auf dem Rücken
springt mit seinen Kuhbeinen über Wellen,
deren hohen Gischtzungen sich über dem
Tier einrollen. Die Rückseite zeigt in einem
Rund ein Bananenblättermotiv.
Dieses Wesen wird in der japanischen,
enzyklopädischen Literatur suisai (Wasserkuh), später auch kaima (Meerespferd)
genannt. Die Darstellung des suisai mit
nach hinten gewendetem Kopf wurde
möglicherweise von der Illustration im
Ehon shoshin hashiradate inspiriert.
Abb. 23
Ehon shoshin hashiradate, 1794 (Erstauflage 1715), Bd. 1, S. 4a (unten)
477
PHANTASIETIER
Buchsbaum
L. 3,3 cm
20. Jh.
130
Dieses Tier hat zwar die Attribute eines
Drachens, in seiner Gesamterscheinung
wirkt es jedoch wie ein Eber.
DER DRACHE
Der Drache (ryû/tatsu) ist in China das
zweite der kosmologischen Tiere und in
ganz Ostasien das fünfte Zodiaktier. Er
repräsentiert den 3. Monat und steht für
die Stunden von 7 bis 9 Uhr. Der Drache
verkörpert das männliche Prinzip und
wird mit Wind, Regen und Wolken in
Verbindung gebracht. Da er für den
Frühlingsregen, der die Saat zum Sprießen bringt, verantwortlich ist, verkörpert
er die immerwährende Erneuerung des
Universums und die geheimnisvolle, regenerative Macht der Schöpfung. Der
chinesischen Überlieferung nach soll das
Spiel zweier Drachen mit einer Perle Regen verursachen.
Der Drache führt in der enzyklopädischen Literatur die Schuppentiere
an. Das Wakan sanzai zue illustriert acht
verschiedene Drachen. An erster Stelle
steht der Drache, der aus den Wolken
kommt (ryû/tatsu) und einen Schlangenkörper mit Zacken am Rückgrat hat. Auf
dem Kopf sitzen zwei Hörner und vom
Kinn hängen Barthaare. Die kurzen Beine enden in drei, vier oder fünf Klauen.
Dieser Drachentyp mit einer von Flammen umzüngelten Perle (Symbol der
Reinheit) kommt in der Kunst am häufigsten vor. Andere Drachen, die auch als
Netsuke dargestellt werden, sind der geflügelte,
gehörnte
Drachen
(hiryû/tobitatsu) und der schlanke,
schuppenlose Regendrache (amaryû).
478
DRACHE
Elfenbein
H. 4,2 cm; L. 5,8 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlung Buzaglo
Das rechteckiges Elfenbeinstück ist beschnitzt mit einem Drachen, der aus den
Wolken herabsteigt und auf die Wasseroberfläche aufsetzt. Patina auf der Rückseite, Altersrisse, die große Bohrung für die
Schnurführung und massige Form sind
Hinweise auf eine Arbeit aus dem 18. Jahrhundert.
Abgeb. in: Aalderink, 1985, Kat.-Nr. 463
479
AMAKURIKARA
Elfenbein
L. 13,2 cm
18. Jh.
Amakurikara ist die Verkürzung des Wortes
amaryû-kurikra-ken
(Wörtlich:
Schwert, um das sich ein Drache windet).
Dargestellt ist ein zweischneidiges Zeremonialschwert im chinesischen Stil mit
einen vajra-Griff, um dessen Klinge sich
ein geschuppter Drache windet.
Der Überlieferung nach kam es zwischen
der Schutzgottheit Fudô Myôô und dem
Vertreter einer anderen Religion zum
Wettkampf, bei dem sich Fudô in den Drachen Kurikara verwandelte, sich um das
Schwert des Gegners wand und dieses von
der Spitze her verschlang. Dieses Schwert
wurde als Kurikara-Fudô verehrt.
Ein solches Schwert wird auch in Verbindung gebracht mit dem Mönch Kôbô daishi (774-835) der Shingon-Sekte des esoterischen Buddhismus. Eine Legende besagt,
131
daß er ein amakurika-Schwert benutzte, als
er eines Tages, um die Bevölkerung vor
einer Trockenperiode zu bewahren, um
Regen bat (amagoi). Daher heißt dieses
Schwert auch amagoi-ken. Dieses Netsuke
könnte die Funktion eines Talismans für
die Bitte um Regen, der zur Bewässerung
der Reisfelder wichtig war, gehabt haben.
Vielleicht handelt es sich hier um eine Anspielung auf den rakan Handaka Sonja.
Abb. 24: Hokusai manga, 1875 (Erstauflage
wahrscheinlich 1850), Bd. 13, S. 2b
Der Körper des Drachen bildet einen Kreis
und umschließt eine bewegliche Kugel. Die
Darstellung veranschaulicht die Bedeutung
des Drachens als Bewahrer und Beschützer
der Perle (tama), Symbol der buddhistischen Lehre.
480
GEFLÜGELTER DRACHE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
L. 7,1 cm
19. Jh.
Dieses kompakte Stück ist eine Kopie nach
dem Modell, das im Sôken kishô abgebildet
ist und zusammen mit fünf weiteren auf
der Doppelseite illustrierten Netsuke dem
Schnitzer namens Unjudô Shumemaru
zugeschrieben wird. Dort wird es wegen
der Flügel als hiryû bezeichnet. Auf dem
Rücken sind statt der üblichen Schuppen
Vogelfedern geschnitzt. Der runden Öffnung im Boden entspricht keine zweite
Öffnung (wie bei himotôshi nötig).
Abb. 25
Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 6b
481
DRACHE
Elfenbein
H. 1,5 cm; L. 4,8 cm
Sign.: Jusen
19. Jh.
Ein Drache entsteigt einer Almosenschale
und legt seine Vorderkrallen auf den zusammengerollten Teil einer Querrolle, auf
dem ein Fliegenwedel liegt.
482
DRACHE
Buchsbaum
H. 3,6 cm
Ca. 1830/1840
483
DRACHE
Buchsbaum
H. 5 cm; L. 2,3 cm
Sign.: Fushô
Ca. 1830/1850
Der zusammengerollte Drache bildet eine
handliche, kompakte, rechteckige Form.
Die Oberfläche weist deutliche Tragespuren auf. Dieser Typus wurde von Fushô
mehrfach geschnitzt.
484
DRACHE IN EINER KALEBASSE
Elfenbein
H. 4,5 cm
Sign.: Toyomasa
Sasayama, Provinz Tanba, ca. 1865/1883
In einem gekrümmten Doppelkürbis
(hyôtan) befindet sich ein Drache, der
durch drei große Öffnungen in der Wandung zu sehen ist. Dies ist wahrscheinlich
eine Anspielung auf den sennin Chinnan,
der einen Drachen aus einer Schale oder
einem Kürbis steigen läßt.
132
Das Motiv eines Tieres in einer Frucht hat
Toyomasa oft dargestellt. Ein ähnliches in
Holz gearbeitetes, Toyomasa signiertes
Netsuke befindet sich im Victoria & Albert
Museum, London. Das Material Elfenbein
ist aber für diesen Schnitzer ungewöhnlich.
Nach Alain Ducros handelt es sich hier um
eine Arbeit seines Sohnes, Hidari Toyomasa (auch bekannt als Toyoyasu, 18101883).
Veröffentlicht in Ducros 1993, S. 20 (nicht
abgebildet)
485
DRACHE
Buchsbaum, Pupillen und Knäufe (jiku)
der Rolle aus schwarzem Holz
L. 3,9 cm
Sign.: Masami
Ise, ca. 1970/1983
Der Drache entsteigt einer Hängerolle.
Dieses Motiv wurde auch von Masamis
Onkel Masashige geschnitzt (Sunamoto
1987, S. 104).
486
DRACHE
Buchsbaum, Augen eingelegt
H. 2,2 cm; L. 4,4 cm
Sign. auf Elfenbeinplättchen: Tanetoshi
Kyoto, ca. 1978 (erworben 1991)
Der mächtige zusammengerollte Drache
beißt in seine Schwanzspitze. Eine Kralle
seiner großen Klauen hat er über das Juwel
gelegt.
Ein solches Drachen-Netsuke wurde im
Mai 1978 in einer Ausstellung zeitgenössischer Netsuke von Sunamoto Ivory & Co.,
Ltd. in Tokyo angeboten.
487
DRACHE
Ebenholz, Pupillen aus grün schillerndem
Perlmutt
L. 4,6 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Robert L. Greene
Das Tier schaut aus einem aufgerollten
kakemono (Hägerolle). Dies ist möglicherweise eine Anspielung auf den berühmten
chinesischen Maler Wu Daozi des 8. Jahrhunderts. Der Legende nach soll er einen
Drachen gemalt haben, der so realistisch
war, daß er lebendig wurde und davon
schwebte.
Abgeb. in: Eskenazi 1973, Kat.-Nr. 58
488
DRACHE
Manjû-Netsuke
Silber, Augen und tama mit Spuren von
Vergoldung
Ø 5,1 cm
Sign.: Kikugawa und kaô
Edo, ca. 1830/1870
Die Schauseite dieses manjû zeigt einen
sich windenden Drachen mit einer tama
auf fein gepunztem Grund (ishime); auf
der Rückseite sind aufreißende Wolken
dargestellt.
489
DRACHE
Manjû-Netsuke
Porzellan
mit
Unterglasurblaudekor;
Pflock aus Bein (ergänzt)
B. 4 cm
Ca. 1850/1880
133
Zwischen spiralig sich einrollenden Wolken ist ein Drache erkennbar.
Das manjû gehörte ehemals zu einem wohl
in ähnlicher Weise dekorierten Porzellaninrô. Diese waren in der Ära Bunka (18041818) und Ära Bunsei (1818-1830) in Mode. Kleine Brennöfen unter lehensfürstlicher Schirmherrschaft wie Kotô in Ômi
(heute Präfektur Shiga), Otokoyama in Kii
(heute Präfektur Wakayama), Kameyama
in Kyoto und Mikawachi (Hirado-Ware)
in Hizen (heute Präfektur Nagasaki) produzierten solche Ensembles, die von den
daimyô als Geschenke verteilt wurden.
490
REGENDRACHE
Holz
L. 7,1 cm
Spätes 19./20. Jh.
Der amaryû mit zweigeteiltem Schwanz
kriecht über ein langes Blatt.
491
REGENDRACHE
Obstbaumholz
H. 6,2 cm
Im Stil des 18. Jh.
Ehemalige Sammlungen Behrens und
Brockhaus (Index-Karte Nr. 1792, erworben 1908)
Auffallende Merkmale dieses stehenden
Drachens sind das angedeutete Horn auf
dem Kopf, der S-förmige Hals, der schuppenlose Körper und die winzigen, spitzen
Füße.
Dieser Netsuke-Typ ist im Sôken kishô in
der Abteilung Tôbori (Chinesische Schnitzereien) abgebildet und hat zahlreiche
Nachahmer gefunden. (Abb. 13)
492
REGENDRACHE
Elfenbein
H. 3,8 cm; L. 5,8 cm
19. Jh.
Der schuppenlose Drache mit zwei Hörnern und S-förmig gewundenem Körper
und zweigeteiltem Schwanz ist stilisiert
dargestellt. Ohren, Brauen, Barthaare, Nüstern, die aus den Gelenken hervortretenden Flammenzungen und die schlanken
Krallen rollen sich volutenartig ein. Alle
Charakteristika bis auf die beiden Hörner
sind Hinweis auf einen amaryû.
Dieses Netsuke wurde von der Illustration
eines Drachen im Sôken kishô inspiriert.
Abb. 26
Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 15a
493
REGENDRACHE
Ryûsa-manjû
Elfenbein
Ø 4,2 cm
Tokyo, ca. 1875
Die Gestaltung des amaryû mit sehr
schlankem, glattem Körper, großem Kopf
mit gesträubter Mähne, aufgerissenem
Maul und sich einrollender Nase ist typisch
für die Schnitzer aus Asakusa. Auf der
Rückseite ist ein Wasserstrudelmotiv zu
sehen.
Ähnliche amaryû-Motive sind im Musterbuch Banbutsu hinagata gafu abgebildet.
Da jeweils zwei Ansichten gezeigt werden,
handelt es sich wohl um Motive für ryûsamanjû. Diese Dekore werden kodai moyo
(Muster aus alter Zeit) genannt.
Abb. 27: Banbutsu hinagata gafu, 1874, Bd. 2,
S. 8a
134
494
REGENDRACHEN
Ryûsa-manjû
Hirschhorn
B. 4 cm
Tokyo, ca. 1875
Ehemalige Sammlung Liss
Über einer stilisierten Wolke stehen sich
zwei Regendrachen gegenüber, zwischen
ihren geöffneten Mäulern befindet sich ein
Juwel.
Abgeb. in: Denis Szeszler, „Some Master
Netsuke Carvers Working in the Meiji Period“, in: NKSJ, Bd. 13, Nr. 4 (Winter
1993), S. 22, Abb. 23
495
REGENDRACHE
Ryûsa-manjû
Walroßzahn
Ø 4,7 cm
Tokyo, ca. 1870/1880
Aus einem dreibeinigen Weihrauchbrenner im chinesischen Stil entsteigt in der Art
einer Rauchfahne ein schlanker Regendrache. Er ist umgeben von Wolken, Lotosknospe und stilisierten aoi (Aasarum
caulescens)-Blättern.
Form, Material und Motiv sprechen für
eine Arbeit aus dem Umkreis des Kokusai.
PHÖNIX
Der hôô, im europäischen Sprachgebrauch als Phönix bezeichnet, ist das
dritte der vier übernatürlichen Tiere.
Sein Körper setzt sich zusammen aus
dem Kopf eines Huhnes, dem Hals einer
Schlange und dem Rücken einer Schildkröte. Der Überlieferung nach erscheint
der Vogel nur in Zeiten des Friedens und
Wohlstandes. Er symbolisiert daher das
Glück.
Als Motiv wurde der Phönix in
China vorzugsweise auf Bildern und Gegenständen dargestellt, die in Verbindung mit dem Kaiserhaus standen. Dieser Bezug zum Kaiserhaus und dem Shogunat wurde in Japan übernommen. Als
Netsuke ist der Phönix, mit Ausnahme
der ryûsa-manjû derSchnitzer, die im Stil
des Kokusai arbeiteten, nur selten anzutreffen.
496
PHÖNIX
Elfenbein
H. 3,9 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
Der männliche Phönix, erkennbar an seinen pfauenähnlichen Schwanzfedern und
dem kleinem Kamm, kauert mit zum Picken geneigtem Kopf über einem tonnenförmigen Gebilde aus kiri-Blüten, -Blättern
und Blattranken. Hôô-Vogel und kiri sind
ein festes Motiv.
Abgeb. in: Bushell 1975, S. 219, Abb. 708
497
PHÖNIX
Kagamibuta-Netsuke
Platte: Steinzeug mit Emailfarben und
Gold; Kapsel: schwarz gefärbtes, ausgebürstetes tagayasan-Holz
Ø 5,3 cm
Satsuma-Ware
Wahrscheinlich Tokyo, ca. 1880
Die gewölbte Platte dieses kagamibuta ist
dekoriert mit einem hôô-Vogel sowie kiri.
Dieser Typ von Keramik ist unter dem
135
Begriff Satsuma bekannt. In der Art dieser
Kagamibuta-Platte wurden auch Knöpfe
und Gürtelschnallen für den Export in den
Westen hergestellt.
498
PHÖNIX
Ryûsa manjû
Bein, vielleicht Hirschhorn
H. 2,3 cm; L. 3,5 cm
19. Jh.
Auf beide Seiten des eiförmigen manjû ist
ein stilisierter Phönix mit ausgebreiteten
Schwingen geschnitzt.
Das manjû ist sehr gut ausgehöhlt und
daher ungewöhnlich leicht.
136
Tiere
Seit dem 18. Jahrhundert fanden zunehmend Tiere Eingang in das Repertoire
der Maler und Kunsthandwerker. Wahrscheinlich steht dies in Zusammenhang
mit dem Interesse an den Naturwissenschaften, das durch die Einfuhr zoologischer und anderer naturwissenschaftlicher Bücher aus Holland geweckt wurde.
Stark beeinflußt von den neuen, naturwissenschaftlichen Methoden des Zeichnens und geleitet von dem Bestreben
nach naturgetreuer Wiedergabe war der
Maler Maruyuma Ôkyo (1733-1795) in
Kyoto. Er und seine zahlreichen Schüler
schufen naturalistische Tierbilder, die
auch das Verhalten der Tiere unter- und
miteinander zeigen.
Am häufigsten finden sich unter
den Netsuke die Tiere des Zodiakus. Die
japanische Zeitrechnung basierte bis zur
Meiji-Zeit auf den Zehn Erdstämmen
(jikkan) und den Zwölf Himmelszweigen
(jûnishi). Die Kombination dieser beiden
Reihen ergibt einen Sechzigerzyklus,
nach dem im alten Kalender die Jahre,
Monate und Tage durchgezählt wurden.
Den Zwölf Himmelszweigen werden folgende Tiere zugeordnet: Ratte, Stier
(Ochse), Tiger, Hase, Drache, Schlange,
Pferd, Widder (Ziege), Affe, Hahn, Hund
und Eber. Netsuke, die eines dieser Tiere
darstellen, konnten an einem Tag, in einem Monat oder während eines ganzen
Jahres, dem spezifischen Tierkreiszeichen
entsprechend, getragen werden. Man
kennt auch Kombinationen von Tieren,
die eine Doppelstunde anzeigen, Sätze
von zwölf Tierkreiszeichen oder Netsuke,
die alle zwölf Tiere vollplastisch oder im
Relief auf einem manjû oder auf einer
Walnuß darstellen.
Viele Tiere entnahmen die Schnitzer dem Alltag der Bauern oder Fischer.
Die Bergwelt war bewohnt von Hirschen,
Wölfen, Affen, Bilchen und Adlern. In
Feld und Flur lebten Füchse und Dachse,
Marder, Hasen, Eber, Wachteln, Schlangen und Kröten. Fische wurden wohl wegen ihrer Bedeutung als Grundnahrungsmittel immer wieder dargestellt.
Die Abbildung von Insekten kam in der
Malerei des späten 18. Jahrhunderts auf
und beeinflußte auch die Schnitzer.
Die Zodiakus-Tiere gehörten mit
zu den ersten Netsuke-Motiven, die nicht
von chinesischen Sujets beeinflußt waren.
Die Schnitzer Tomotada, Masanao und
Okatomo sowie ihre Nachfolger in Kyoto
ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts spezialisierten sich auf diese Tiere. Sie schufen realistische Wiedergaben, wobei artspezifische Eigenschaften und jahreszeitliche Assoziationen berücksichtigt wurden.
Tier-Netsuke wurden in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts dann vorwiegend von den Schnitzern in den Provinzen Ise und Owari hergestellt. Die
Masanao in Ise sind für ihre Kröten, Hasen und Eber berühmt geworden. In Tsu
schuf Minkô vor allem Tiger und tanuki,
während Kokei sich auf Kröten und Ziegen spezialisierte. In Nagoya und dem
nahegelegenen Gifu waren Ratten besonders beliebt, und eine Reihe von Schnitzern dort haben Schnecken gefertigt. Alle
Darstellungen zeichnen sich durch eine
naturgetreue Wiedergabe aus, oft wurde
auch die Unterseite sorgfältig ausgeführt.
In vielen Fällen bildet eines der Hinterbeine eine natürliche Öffnung für die
137
Schnurführung, im Gegensatz zu den
Tier-Netsuke des späten 18. Jahrhunderts
in Kyoto, wo die Löcher des himotôshi in
die Unterseite und in die Flanke eines
Tieres geschnitten sind. Diese kleinen
und kompakten Netsuke sind raffinierte
und elegant konzipierte Tierstudien. In
der Zeit um 1830 bis 1850 wurden vor
allem von Toyomasa aus Tanba Netsuke
in Form von Tieren in einer Frucht
(Kürbis, Kastanie) oder einem Ei geschnitzt: Affen, Drache, Schlange u.a.
Eine Vorliebe für Insekten hatten die
Netsuke-Schnitzer aus der Provinz Iwami. Sie bezogen Spinnen, Tausendfüßler und Ameisen in ihre Arbeiten ein.
499
ZODIAKUS
Walnuß, Pupillen aus Gold
H. 3,2 cm
Sign.: Rokujûgo (der 65jährige) Kôzan
1851
Die Darstellung der zwölf Tierkreiszeichen
(jûnishi) auf Nüssen gehört zu den größten
Bravourstücken der Netsuke-Schnitzerei.
Hier dargestellt sind: der Affe in einem
Pfirsich-Baum, der Hahn auf einem Felsen,
die Ratte auf Daikokus Reisballen, Ochse,
Pferd, Hund und Ziege auf der Weide, der
Drache in den Wolken, der Hase über
Wellen, der Eber zwischen sasa (Zwergbambus) an einem Felsen, der Tiger schaut
zum Drachen hoch.
500
ZODIAKUS
Elfenbein, Augen aus verschiedenen Materialien
H. 6,6 cm
Sign.: Tanetoshi
Kyoto, ca. 1978 (erworben 1989)
Um einen großen, aufsteigenden Drachen
gruppieren sich die anderen elf, großen
und kleinen Tiere des Zodiakus, die den
Körper des Drachen wie eine Leiter nutzen. Tanetoshi hat hier ein Thema, das
auch von seinem Vater Meigyokusai gerne
geschnitzt wurde, in einer neuartigen Weise interpretiert.
DER AFFE
Der Affe (saru) ist das neunte Zodiaktier,
das den 7. Monat repräsentiert und die
Stunden zwischen 15 und 17 Uhr anzeigt.
Der Affe steht mit Fruchtbarkeit in Verbindung und man glaubt, daß er die
Menschen vom Bösen bewahrt, Krankheiten abwehrt und zu Nachwuchs verhilft.
Er wird in Verbindung gebracht
mit der Wegegottheit Kôshin, die eine
Rolle spielte bei der alljährlichen Nachtwache am 57. Tag des Jahres, wenn die
Dämonen auf der Flucht waren, sowie
mit dem Sannô-Kult. Außerdem ist der
Affe Bote des Berg-Gottes (Yama-nokami).
Früher fungierte der Affe als Beschützer der Pferde in den kaiserlichen
Ställen und diente als dressiertes Tier zur
Belustigung der Bevölkerung. Er ist
Thema der Erzählung von Ryûjin, der
Qualle und dem Affen sowie des Kindermärchens Saru kani kassen (Der Streit
zwischen dem Affen und der Krabbe),
wobei er zusammen mit einer Krabbe,
einer Wespe und einer Kastanie dargestellt wird.
Wahrscheinlich beeinflußten die
chinesischen Affen-toggle die frühesten
Affendarstellungen unter den Netsuke.
Der Affe war in China ein beliebtes togg138
le-Motiv, da das Wort hou sich für verschiedene Wortspiele und Rebusse eignete. Sie haben einen rundlichen Kopf mit
kreisrunden Augen, oft drei wellenförmige Stirnfalten und einen grinsenden
Mund mit Falten in den Mundecken. Die
späteren Darstellung von Affen zeigen
ihn hingegen mit einem naturalistisch
ausgeformten Kopf, in Sippen, bei der
Fürsorge der Jungen, in Situationen, die
seine Neugier befriedigen, beim Naschen
von Früchten und beim Lausen. Die
Netsuke-Schnitzer nutzten die Darstellungen von Affen auch gerne als eine Satire auf menschliche Schwächen.
501
ZWEI AFFEN
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 3,9 cm; B. 5,2 cm
18. Jh.
Am Fuße eines Felsens, hält ein Affe den
Fuß eines anderen fest, der mit einem Pfirsichzweig flieht. Unwillkürlich denkt man
an Songokû, eine der Hauptfiguren im
chinesischen Roman Saiyûki (siehe Kat.Nr. 94 und 95), der in den Palastgarten der
Seiôbô unerlaubt die Pfirsiche der Unsterblichkeit frißt.
502
DREI AFFEN
Elfenbein
Ø 4,8 cm
18. Jh.
Die drei Affen bilden einen Kreis, wobei sie
jeweils mit der linken, nach hinten gehaltenen Pfote den folgenden Affen abwehren.
Möglicherweise wurde hier ein alter, als
Netsuke dienender Elfenbeinring (kara)
umgestaltet. Die drei Affen können mit
Kôshin, Wegegott und Schutzgottheit in
Verbindung gebracht werden.
503
AFFE
Elfenbein
H. 4,4 cm
18. Jh.
Der Affe mit Pfirsichzweig erinnert in seiner Haltung an den Netsuke-Typus des auf
einem Felsen sitzenden rakan.
504
AFFE
Elfenbein
H. 2,4 cm; B. 3,9 cm
18./frühes 19. Jh.
Der Affe mit über den Rücken gelegter
Pfote liegt auf einer geriffelten Kastanie
und hält die Schnur einer Schelle. Solche
Schellen hängen an Shinto-Schreinen und
dienen der Anrufung der Götter.
505
AFFE
Siegel-Netsuke
Elfenbein
H. 5,4 cm
18. Jh.
Der Affe mit eboshi auf dem Kopf steht auf
einem doppelkürbisförmigen Sockel und
hält ein Bambusrohr.
Hier wird der Ausspruch „saru ni eboshi“
(dem Affen eine vornehme Mütze aufsetzten) illustriert, ein Ausdruck für nicht
standesgemäßes Verhalten.
Auf der Unterseite befinden sich zwei Siegelschriftzeichen.
139
506
DREI AFFEN
Elfenbein
H. 4,2 cm
18. Jh.
In einem bizarr geformten Rebstock mit
Trauben hockt ein Äffchen. Aufgrund des
für Japan ungewöhnlichen Sujets und des
Stils könnte es sich um ein chinesisches
toggle handeln.
Drei spielende Affen klettern an einem
Stellschirm (tsuitate) herum.
511
AFFE
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus Eisen mit Einlagen aus Kupfer
und Gold; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,3 cm
1. Hälfte 19. Jh.
507
AFFE
Elfenbein
H. 2,9 cm; B. 3,2 cm
18. Jh.
Der verschmitzt grinsende Affe in einem
gespaltenen Pfirsich ist eine Anspielung
auf die Märchenfigur Momotarô, der aus
einem Pfirsich geboren wurde.
508
AFFE
Elfenbein
H. 1,8 cm
Frühes 19. Jh.
Das Äffchen, das an der ärmellosen Weste
als der dressierte Affe eines sarumawashi
zu erkennen ist, liegt auf einem steifen Fächer von chinesischer Art.
509
AFFE
Elfenbein
H. 2,1 cm; L. 4,5 cm
18./frühes 19. Jh.
510
AFFE
Elfenbein
H. 3,3 cm
18. Jh. oder früher
Die Platte ist dekoriert in Relief mit einem
Gaukleraffen, der von einem Seil hängt
und einen Fächer schwingt.
512
AFFE
Elfenbein
H. 2,3 cm; B. 3,9 cm
Mitte 19. Jh.
Es gibt keine Deutung dieses Themas eines
aus einer Kastanie krabbelnden Affens. Die
Kombination von Frucht und Tier kann
sich aus dem gleichen Habitat erklären.
513
SIEBEN AFFEN
Elfenbein
H. 2,2 cm; L. 6,3 cm
Frühes 19. Jh.
Die Darstellung von sieben Affen auf einem Kahn ist möglicherweise eine Persiflage auf die Sieben Glücksgötter im Drachenboot.
140
514
ZWEI AFFEN
Elfenbein
H. 3,1 cm
Ca. 1800/1830
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Ein kleiner Affe zieht eine überdimensional große Schelle an einem geschulterten
Seil hinter sich her. Die Darstellung erinnert an das Motiv von Benkei, der die Glocke von Miidera den Hiei-Berg hochschleppt (Siehe Kat.-Nr. 253).
Auf der Schulter der Affenmutter mit Pfirsichen in beiden Pfoten kauert ein Junges.
Die süßen Früchte sind Hinweis auf die
Naschsucht dieser Tiere.
518
AFFE UND SCHILDKRÖTE
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 3,6 cm
19. Jh.
515
ZWEI AFFEN
Tierzahn
H. 2,5 cm; B. 3,6 cm
Frühes 19. Jh.
Zwei Affen stehen neben einem riesigen
Pfirsich und packen dessen dicken Stengel.
Die Umkehrung der Größenverhältnisse
war ein beliebtes Gestaltungsmittel der
Netsuke-Schnitzer.
516
AFFE
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
H. 3,1 cm
Sign.: Ransen
Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh.
Freudig schaut das Äffchen auf den Zweig
mit zahlreichen, im Sommer reifenden
biwa (Mispeln).
517
AFFE UND GLOCKE
Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn
H. 3,2 cm; B. 4,3 cm
Mitte 19. Jh.
Das Thema „Saru kame no noru“ (Der Ritt
des Affen auf einer Schildkröte) geht auf
eine alte Legende (setsuwa) im Konjaku
monogatarishû (Sammlung von Erzählungen aus alter und neuer Zeit) aus dem 12.
Jahrhundert zurück. Die Qualle namens
Kurage, die vor Urzeiten wie eine Schildkröte aussah, wird von Ryûjin, dem Drachenkönig, ausgeschickt, um die Leber
eines Affens zur Heilung seiner Frau oder
seiner Tochter Toyotama Hime zu beschaffen. Während die Schildkröte den Affen
zum Drachenpalast bringt, kann dieser
durch eine List seinem Schicksal entkommen.
519
AFFE UND SCHILDKRÖTE
Holz, Augen aus hellem und dunklem
Horn, (ergänzter) Kopf der Schildkröte aus
Elfenbein
H. 2,9 cm; B. 3,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
520
AFFE UND KRABBE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,6 cm; L. 3,7 cm
19. Jh.
141
Eine Krabbe sitzt auf dem Kopf eines Affens, der sich mit den Pfoten gegen sie
wehrt. Hier wird das Märchen Saru kani
kassen (Der Streit von Affe und Krabbe)
illustriert, in dem sich die vom Affen überlistete Krabbe wehrt und rächt.
521
AFFE
Buchsbaum, Augen aus hellbraunem Horn
H. 2,6 cm; L. 3,5 cm
Sign.: Harumitsu
Ise-Yamada, Präfektur Mie, spätes 19. Jh.
Der Affe sitzt über einer Kaki-Frucht und
macht die bekkanko-Geste (Holzauge sei
wachsam). Die Darstellung spielt an auf
das Märchen Saru kani kassen, in dem der
Affe die Krabbe überlistet, um in Besitz
einer Kaki zu kommen.
Für Harumitsu ist dies eine ungewöhnlich
kleine Arbeit von großer handschmeichlerischer Qualität und mit natürlichen Tragespuren.
522
AFFE IN KASTANIE
Elfenbein
H. 3 cm; B. 3,4 cm
Sign.: Naoaki
Spätes 19. Jh.
Ein Affe in einer fein geriffelten Kastanie
schaut aus einer Öffnung furchtsam auf
eine große, heranschwirrende Wespe. Auf
der Rückseite befindet sich zwischen den
beiden Löchern eine weitere Wespe. Die
fetten Larven und der Honig der Feldwespe sind für den Affen ein Leckerbissen.
In China gibt es den Rebus „feng hou“
(Wespe und Affe), der auch soviel bedeutet
wie „mit einem Grafenrang belehnt werden“. Doch die Darstellung hier steht si-
cherlich in Verbindung mit dem Märchen
Saru kani kassen. Die überlistete Krabbe
rächt sich am Affen, in dem sie eine Kastanie und eine Wespe als Mitstreiter gewinnt, den Affen zu peinigen.
523
DIE DREI AFFEN
Pottwahlzahn (?)
H. 4,5 cm
19. Jh.
Dieses Netsuke aus einer Zahnspitze ist auf
der Schauseite abgeflacht und mit drei
stark stilisiert wiedergegebenen Affen
(sanpiki saru) dekoriert, die mit ihren Pfoten Augen, Mund und Ohren zuhalten.
Auf der unregelmäßig gestalteten Rückseite befindet sich ein Frosch.
In Japan gab es auf dem Land aufrecht stehende, oben spitz zulaufende Steine
(kôshintô oder kôshinzuka genannt, in Anspielung auf die Wegegottheit Kôshin), die
mit den sanpiki saru beschnitzt waren und
denen geopfert wurde. Hier ist wohl ein
solcher Stein dargestellt.
Ursprünglich drückten die Drei Affen den
Wunsch aus, daß nichts Böses in den
menschlichen Körper (bzw. die drei wichtigen Körperöffnungen Augen, Nasenlöcher und Mund) eindringen möge. Erst
später wurden die drei Affen zum Sinnbild
des guten Benehmens bzw. der Lehre des
„nichts Böses sehen, nichts Böses sprechen,
nichts Böses hören“ (Casal 1956, S. 23).
524
AFFE
Buchsbaum
H. 3,2 cm
Sign.: Kaigyoku; Siegel: Masatsugu
Osaka, Mitte 19. Jh.
142
Der Affe rollt sich zu einer Kugel zusammen und hält sich mit allen vier Pfoten
Augen, Ohren und Mund zu. Er verkörpert
somit die Affendreieinikeit in einem Tier.
Ein solches Affen-Netsuke wird von
Matsura Seizan in seinen Notizen Kasshi
yawa über seine vor 1818 zusammengestellten inrô und Netsuke-Sammlung beschrieben. Dieser Affentypus ist auch im
Takarabukuro (1837) des Ôhara Mitsuhiro
(1810-1875) (Nr. 52) erwähnt und kôshinsaru tituliert. Mit dieser Bezeichnung ist
der Bezug zum Schutzgott Kôshin eindeutig und man kann annehmen, daß solch
ein Affe als Talisman zur Abwehr des Bösen fungierte. Mitsuhiro und Kaigyogusai
waren Zeitgenossen, und offenbar hat
Kaigyokusai dieses Motiv von seinem
Schnitzerkollegen übernommen. Kaigyokusai, der dieses Modell oft hergestellt hat,
hat auf die Wiedergabe des Fells in Relief
oder Gravur gänzlich verzichtet, so daß die
Maserung des Holzes gut zur Geltung
kommt.
Dieser originelle Netsuke-Typus hat Carl
Fabergé (1846-1920), der selber eine große
Netsuke-Sammlung besaß, zu einer Kopie
sowohl in schwarzem Obsidian als auch in
hellgrünem Amazonit angeregt (Luigi
Bandini, „Fabergé. The Netsuke Collector“,
in: INCS, Bd. 8, Nr. 2 [September 1980],
Umschlag und S. 28).
525
DREI AFFEN
Buchsbaum, Augen rot eingelegt
H. 3,7 cm
Sign.: Masateru
Osaka, ca. 1900
Die Drei Affen hocken in und neben einer
großen Kastanie. Masateru, der Enkel des
Kaigyokusai, hat hier das Thema des Affen
in einer Kastanie und die sanpiki saru
kombiniert.
Abgeb. in: INCSJ, Bd. 11, Nr. 4 (März
1984), S. 14
526
ZWEI AFFEN
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 3,9 cm
Sign.: Masanao
Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2.
Hälfte 19. Jh.
Ein sitzender Affe sucht den gekrümmten
Rücken eines kleineren, kauernden Affens
nach Läusen ab. Die große Arbeit wirkt wie
ein okimono.
527
AFFENGRUPPE
Buchsbaum
H. 3,8 cm; B. 4,1 cm
Aufschrift: Minkô
2. Hälfte 19. Jh.
Die Affenmutter beißt in einen kleine
Frucht. Sie ist umgeben von drei Jungen
und einem Hund. Das Äffchen, das auf
dem Hund reitet, trägt einen eboshi und
hält einen gohei. Auf der Unterseite befindet sich ein Kaki-Zweig. Das okimonohafte Netsuke ist eine spätere Arbeit, wahrscheinlich aus Nagoya.
528
AFFE
Elfenbein
H. 3,9 cm
Spätes 19. Jh.
Der Affe mit einer Brille auf der Nase
wundert sich über das Netsuke in Form
143
eines Totenkopfes, das an einem tabako-ire
hängt. Die Nachahmung menschlicher
Tätigkeiten durch einen Affen ist auch in
der Malerei und unter den Bronzearbeiten
der Meiji-Zeit anzutreffen.
529
ZWEI AFFEN
Elfenbein, Pupillen aus braunem Horn
H. 10,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der sitzende Affe mit Pfirsichzweig bildet
mit einem langen Arm ein hohes, spitzes
Dreieck. In der Öffnung sitzt ein kleinerer
Affe, der mit einem überlangen Arm nach
der Frucht greift. Diese ungewöhnliche
Darstellung ist wohl Anspielung auf einen
tenaga.
530
Affe
Hirschhorn, Pupillen aus braunem Horn
H. 11,4 cm
Sign.: Masayuki
Tokyo, spätes 19. Jh.
Der stilisierte Affe war ein geeignetes Motiv für die sashi-netsuke und obihasami der
sogenannten Asakusa-Schnitzer. Der Affe
hier trägt einen Binsenschurz eines Malayen und scheint mit seinen langen Beinen
einen ashinaga zu parodieren. Der Kopf
erinnert an einen kappa. Ungewöhnlich
sind die übereinandergelegten Hände und
Füße. Verschiedene Interpretationsmöglichkeiten sind ein Merkmal der oft rätselhaften Sujets der von Kokusai beeinflußten
Schnitzer.
531
AFFE AUF FÄCHER
Elfenbein, Pupillen aus Glas
H. 2 cm; L. 5,9 cm
Sign.: Masatami
Osaka, ca. 1870/1890
Der Affe kauert auf einem Faltfächer, der
auf der Oberseite mit Pflaumenblütenzweigen und auf der Unterseite mit Kiefernzweigen und Mond dekoriert ist. Der
Fächer könnte von einem manzai-Tänzer
sein, und der Affe das Tier eines Affengauklers, die beide als Unterhalter zu Neujahr durch die Straßen zogen.
532
AFFENGRUPPE
Elfenbein, Pupillen aus Glas
H. 4,5 cm
Sign.: Masatami
Osaka, ca. 1870/1890
Ein Affenjunges mit Kaki-Zweig hockt auf
dem Rücken des Muttertieres, das eine
Okame-Maske hält. Masatamis Affen sind
an den großen Köpfen, kleinen, geöffneten
Mäulern mit einer Reihe regelmäßiger
Zähne und den winzigen, tief liegenden
Augen mit Pupillen aus Glas leicht zu erkennen.
533
AFFENGRUPPE
Elfenbein, Pupillen aus Glas
H. 4,7 cm
Ca. 1870/1890
Die Affenmutter wird von vier Jungen umlagert, die auf ihr herumklettern und an ihr
zerren. Diese große, okimono-artige Tiergruppe erinnert an ähnliche Arbeiten des
Masatami.
144
534
AFFE
Elfenbein
H. 3,9 cm
Spätes 19. Jh.
sen. Als Reittier des Samurai gilt es als
Symbolfigur für Mut, Männlichkeit und
Ausdauer. Im Shinto-Kult wurden meist
weiße Pferde (shinme) als Opfergaben
dargebracht. Volker hält das Pferd als
Netsuke für einen Talisman für Glück
und erfolgreiche Liebesaffären.
535
AFFE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 5,4 cm
Sign.: Yûkô
Ca. 1970/1980 (erworben 1984)
Der Affe hat die Arme nach oben ausgebreitet, als ob er von einem Ast hinge; andererseits steht er im Gleichgewicht auf
einem Bein. Die Ausbalanzierung dieser
Schnitzarbeit ist bravourös.
536
STOCKGRIFF
Hirschhorn, Augen
schwarzem Horn
H. 12,7 cm
Spätes 19. Jh.
der
Krabbe
aus
Der Griff ist in der Art eines mit Zwergbambus bewachsenen Felsens mit Sturzbach gestaltet. Ein Affe hockt auf der Felsenspitze, der Gegenstand in seiner Hand
fehlt. Aus einer Höhle kriecht eine Krabbe.
Diese Kombination läßt an das Märchen
Saru kani kassen denken.
DAS PFERD
Das Pferd (uma) ist das siebte Tier des
Zodiak, das den 5. Monat repräsentiert
und für die Stunden zwischen 11 und 13
Uhr steht. Das Pferd wurde seit dem 5.
Jahrhundert in erster Linie als Reittier
benutzt und hatte eine besondere Bedeutung im Kriegs-, Verkehrs- und Postwe-
537
KAMEL
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 3,9 cm
18. Jh.
Das einhöckrige Kamel steht in grasender
Haltung auf einer Sockelplatte, in dessen
Unterseite sich zwei Siegelschriftzeichen
befinden. Wahrscheinlich war ein chinesisches Siegel Vorlage für dieses Stück.
Kamele werden im Japanischen rakuda
genannt; dieser Begriff klingt wie der umgangssprachliche Ausdruck „raku da“ (das
ist gut). Im 18. Jahrhundert waren Kamele
in Japan nur durch Illustrationen in chinesischen Büchern oder in Form von Siegelknäufen bekannt.
538
GRASENDES PFERD
Buchsbaum
H. 5,2 cm
2. Hälfte 18. Jh. oder später
Der Netsuke-Typ des grasenden Pferdes ist
um die Satteldecke und das um Bauch und
Rücken zu einer Schlaufe gebundene Tuch
bereichert. Interessant ist, daß der dreieckige Querschnitt dieses Stückes übernommen wurde von den Modellen in Elfenbein, obwohl es keine materialbedingte
Notwendigkeit dafür gab. Das himotôshi
besteht aus der Verbindung zwischen ei145
nem Loch im Rücken und einem Loch im
Bauch des Pferdes.
Im Ehon shoshin hashiradate ist ein angebundenes Pferd (tsunagi uma) abgebildet.
Es befindet sich in einem shogunalen oder
fürstlichen Stall und eine reich verzierte
Decke ist um seinen Leib gebunden, die auf
dem Rücken verknotet ist.
539
GRASENDES PFERD
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 5,1 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Das Pferd, das mit gesenktem Kopf und
eng zusammengestellten Hufen im Gleichgewicht steht, ist der älteste Typus unter
den Pferde-Netsuke. Die Gestaltung zeigt,
wie geschickt das kostbare Material genutzt
wurde: Schauseitig und in Aufsicht bildet
das Tier ein Dreieck.
Das grasende Pferd mit angehobenem
Vorderhuf ist in den Malvorlagebüchern
zwar dargestellt, doch diese extreme Haltung ist eine Stilisierung, die der Schnitzer
in Anbetracht der möglichst materialsparenden Bearbeitung entwickelt hat.
Eine interessante Spekulation ist, daß es
sich bei diesem Netsuke-Typus um das im
chinesischen Shijing (Buch der Lieder,
10./6. Jh. v. Chr. ) erwähnte weiße Pferd
handelt, auf dem chinesische Weise das
Land in Zeiten des Unfriedens verlassen
(INSJ, Bd. 22, Nr. 3 [Herbst 2002], S. 18).
Abb. 28
Ehon shoshin hashiradate, 1794 (Erstauflage 1715), Bd. 1, S. 10a
540
Grasendes Pferd
Elfenbein
H. 6,1 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Auf dem Rücken des Pferdes ist ein
Kirschblütenzweig mit anhängendem Gedichtstreifen (tanzaku) (wohl in späterer
Zeit) graviert.
Diese Kombination nimmt Bezug auf den
meist als Reiter dargestellten Minamoto
Yoshiie (1041-1108) und dessen berühmtes
tanka-Gedicht über fallende Kirschblüten
am Grenztor von Nakoso: Fuku kaze wa/
Nakoso no seki to/ omoe domo/ michi mo
senichiru/ yamazakura kana (Am Grenztor
von Nakoso/ obwohl kein Wind bläst/ warum ist der Bergpfad bedeckt mit Kirschblüten (siehe englische Übersetzung Joly
1908, S. 578 und Volker 1975, S. 108).
541
GRASENDES PFERD
Elfenbein, Pupillen aus Horn, Lackreste
H. 4,7 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Hier wurden altersbedingte Materialrisse
derart umgestaltet, daß sie Flecken im Fell
darstellen, die mit vergoldetem Lack gefüllt
sind.
542
GRASENDES PFERD
Elfenbein
H. 4,8 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Die Bohrungen für das himotôshi befinden
sich bei diesem Stück am Bauch und am
Schwanz. Üblicherweise ist der Schnurka146
nal horizontal verlaufend am Rücken angebracht.
543
LIEGENDES PFERD
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
H. 3 cm; L. 3,5 cm
Sign.: Rakuzan
Mitte 19. Jh.
In den Malvorlagebüchern wird das Pferd
kraftvoll springend, laufend oder stehend
dargestellt. Lediglich das Shasei kemono
zuga zeigt ein bäuchlings liegendes Tier
mit zur Seite gewandtem Kopf.
Abb. 29
Shasei kemono zuga, 1719, Bd. 1, S. 14b
544
LIEGENDES PFERD
Holz
H. 3,7 cm; L. 3,6 cm
Mitte 19. Jh.
Dieses muskulöse Pferd hat den unverhältnismäßig langen Kopf nach hinten gewendet. Die Unterseite ist nicht plan geschnitzt.
545
LIEGENDES PFERD
Buchsbaum, Pupillen aus dunklem Horn
H. 2,9 cm
Sign.: Harumitsu
Ise-Yamada, Präfektur Mie, spätes 19. Jh.
Das Pferd dreht den Kopf nach links; der
lange Schwanz ist elegant um Flanke, Bein
und Körper gelegt. Am Rücken zeichnen
sich die Rippen ab.
Möglicherweise stammt dieses Pferd aus
einem Set von Tierkreiszeichentieren. Das
Netsuke hat keine Tragespuren.
546
PFERD
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 4,9 cm
Sign.: Masatsugu
2. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Weikh
Sich umschauend, steht das Pferd mit besonders dünnen Beinen über einem mit
Wasser gefülltem Waschzuber (oke).
547
ZWEI PFERDE
Elfenbein
H. 3 cm; L. 3,9 cm
Spätes 19. Jh.
Die liegenden Märe und der grasende
Hengst auf einer Sockelplatte bilden einen
griffigen Knauf eines möglicherweise ehemals als Siegel genutzten Netsukes.
548
WIEHERNDES PFERD
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
H. 5,7 cm
Sign.: Risshisai Kangyoku
Tokyo, ca. 1973/1979 (erworben 1979)
Die manierierte Gestaltung und die feine
Politur des Materials sind typisch für diesen Schnitzer.
147
549
PFERD IN EINEM FLASCHENKÜRBIS
Elfenbein
L. 4,4 cm
Sign.: Tomonobu
20. Jh.
Die japanische Bezeichnung dieses Themas
ist „hyôtan kara koma ga deru“ (aus einem
Flaschenkürbis kommt ein Fohlen heraus).
Der Spruch bedeutet „von einem merkwürdigen Vorfall“ und ist eine scherzhafte
Verdrehung von „jôdan kara honma ga
deru“ – „aus Spaß wird Ernst“ (Ehmann,
1927, S. 85, Nr. 828 und S. 112, Nr. 1061).
550
LIEGENDES PFERD
Elfenbein, Augen aus braunem
schwarzem Horn
H. 2,4 cm; L. 4,2 cm
Aufschrift: Jugyoku
Ca. 1980 (erworben 1981)
und
Das Netsuke ist ein gutes Beispiel einer
modernen, imitativen Arbeit, wie sie,
mutmaßlich in Indonesien hergestellt, in
den späten 1970er Jahren in Deutschland
verkauft wurde. Ungewöhnlich sind die
sichtbaren Zähne. Für eine moderne Arbeit
spricht die graue Einfärbung des Fells und
deren Abrieb, wobei die Fellgravuren selber keine Abnutzungsspuren zeigen.
551
PFERD
Elfenbein
H. 5,7 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlung Behrens
Auf dem grasenden Pferd mit in Gravur
dekorierter Satteldecke sitzt ein Kind mit
Flöte und einer Sichel in der Rechten. Im
Sockel sind anstelle von Schriftzeichen
stilisierte Wellen (seigaiha) graviert.
Der Kommentar von Joly im BehrensKatalog lautet: „…there is no doubt of this
piece having been worn, yet it has no holes,
nor does it show any definited evidence of
having been fastened with a cord.“ (Joly
1912, S. 145)
Abgeb. in: Joly 1912, Tafel LII, Nr. 3957
DER HIRSCH
Der Hirsch (shika, Cervus nippon) ist –
da er sehr alt wird – in China und Japan
ein Symbol des langen Lebens. Das
Schriftzeichen für Hirsch wird in China
lu (jap. roku) ausgesprochen, was in China auch „Beamtengehalt“ bzw. Reichtum/hohes Einkommen bedeutet. Als
einziges Tier kann es den Pilz der Unsterblichkeit, den reishi, finden. In Japan
fungiert der angeblich 1500 Jahre alte
Hirsch als Begleiter der Glücksgötter Jurôjin und gelegentlich auch des Fukurokuju.
Der Hirsch wird in Japan der
Gottheit des Kasuga-Schreins in Nara
zugeordnet. Im Park dieses Schreins sind
die Tiere eine Attraktion für Pilger und
Besucher. In der japanischen Dichtung
sind Hirsch und Ahorn das Sinnbild des
Herbstes und der Melancholie par
excellence.
552
LIEGENDER HIRSCH
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 1,8 cm; L. 5,2 cm
Spätes 18. Jh.
148
Die zurückschauende Haltung bei liegenden Tieren entspringt dem Wunsch, ein
formal kompaktes und kompositorisch in
sich geschlossenes Stück zu schnitzen.
Winzige Stichelpunkte geben die Fellflecken wieder.
553
LIEGENDER HIRSCH
Elfenbein, Pupillen aus dunklem Horn
H. 2,1 cm; L. 5,5 cm
Sign.: Tomokazu
Spätes 18. Jh.
Dieses Modell eines sich das Fell putzende
Hirschens ist häufig gefertigt worden.
Kleine, runde Kerben geben die Fellpunkte
wieder.
554
HIRSCH UND AFFE
Elfenbein
H. 1,4 cm; L. 3,9 cm
Um 1800
Hinter einem liegenden Hirschen sitzt ein
Äffchen mit Pfirsichzweig. Hirsch und
Pfirsich sind beides chinesische Symbole
des langen Lebens.
555
HIRSCHKUH MIT KITZ
Elfenbein
H. 1,8 cm; L. 4,5 cm
Um 1800
Während Rinder gelegentlich mit Kälbern
dargestellt werden, ist die Darstellung einer
Hindin mit Kitz selten. Das Jungtier richtet
sich am Geweih der Mutter auf.
556
ÄSENDER HIRSCH
Buchsbaum
H. 3,4 cm
Frühes 19. Jh.
557
ÄSENDER HIRSCH
Elfenbein
H. 2,3 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Das Tier beißt in einen Ahornzweig, dessen Blätter die Standfläche bilden. Die
Kombination von Hirsch und Ahorn geht
auf ein berühmtes Gedicht des Sarumaru
Tayû (9. Jh.) aus dem Hyakunin isshu (Von
hundert Dichtern je ein Gedicht) zurück:
Oku yama ni/ momiji fumi wake/ naku
shika no/ koe kiku toki zo/ aki wa kanashiki (Tief in den Bergen/ streift durch
glühendes Rotlaub/ röhrend der Hirsch./
Sein sehnsuchtsvolles Rufen/ stimmt traurig mich im Herbst. [J. Berndt 1987, Als
wär’s des Mondes letztes Licht am frühen
Morgen, Hundert Gedichte von hundert
Dichtern aus Japan, Frankfurt/Main o.S.])
558
HIRSCH
Elfenbein, Pupillen aus dunklem Horn
H. 4,6 cm
Sign.: Ran’ichi
Kyoto, Mitte 19. Jh.
Der Hirsch steht röhrend auf einem Sockel, dessen Kerben einen Felsen andeuten.
559
HIRSCH
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,6 cm; L. 4 cm
Sign.: Yûgetsu
Provinz Kaga, ca. 1820/1830
149
Das liegende Tier hat den Kopf zurückgewendet. Die Hörner fehlen (Beschädigung).
DER OCHSE
Der Ochse/Stier (ushi) ist das zweite Tier
des Zodiak, repräsentiert den 12. Monat
und steht für die Stunden von 1 bis 3
Uhr. Im Zen-Buddhismus wird sein stoischer Charakter mit der meditativen Stille gleichgesetzt.
Im Zen-Buddhismus erklärt eine Parabel,
bekannt als der Zehn Büffel-Zyklus (die
chinesischen Texte stammen aus dem 11.
Jahrhundert), die verschiedenen Stadien
des Verständnisses der Zen-Lehre bzw.
der Erleuchtung. Die Lieder waren von
Holzschnitten illustriert, die chinesischen und japanischen Künstlern in verschiedenen Medien Anregung boten und
als die Zehn Büffel-Bilder (jûgyuzu) bekannt sind. In der Zen-Literatur gibt es
zahlreiche Anspielungen auf Ochsen und
Büffel. Ein kôan vergleicht das Streben
nach Erleuchtung mit dem Paradoxon
des nach dem Büffel Suchens während
man auf ihm reitet und des Erreichen des
Ziels mit dem Nachhauseritt.
Der Ochse steht in Verbindung
mit dem Kitano-Schrein in Kyoto und
Tenjin (Sugawara no Michizane), dem
Schutzgott der Literatur. In TenjinSchreinen werden Skulpturen eines liegenden Ochsen verehrt. In Japan gab es
zudem den Brauch, kleine OchsenSkulpturen aus Stein in der Bildnische
(tokonoma) aufzustellen. Wenn der Besitzer sich etwas wünschte, streichelte er
den Ochsen, der deshalb nadeushi (wörtlich: Streichelochse) genannt wurde. Ging
der Wunsch in Erfüllung, erhielt der na-
deushi ein Kissen. Es gibt den Terminus
„ushi no neta hodo“ (so groß wie ein liegender Ochse), das verwendet wird, wenn
man eine große Menge, vor allem in Bezug auf Geld, ausdrücken möchte. Figuren von Ochsen gelten als Talisman gegen Krankheiten. Von Kaufleuten werden sie auch als Amulett zum Anlocken
von Kunden verwendet. Die vielfältige
Verwendung des Ochsens als Talisman
wird wohl auch der Grund für die Häufigkeit dieses Netsuke-Motives sein.
560
OCHSE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 1,8 cm; L. 4,8 cm
Aufschrift: Tomotada
Kyoto, spätes 18. Jh.
Der liegende Ochse mit Nasen- und Leitseil ist ein häufiges und nur wenig variiertes Sujet des Tomotada und seiner Nachfolger in Kyoto.
In den Malvorlagebüchern erscheint der
liegende Ochse mit dem Kommentar nogai (auf der Weide). Die Abbildung im
Ehon shahôbukuro und die NetsukeDarstellungen sind gut vergleichbar.
Doch es ist bemerkenswert, daß die
Schnitzer die Ochsen immer mit Leitseil
dargestellt haben, also als Tier, das auf
den Feldern eingesetzt wurde. Er ist daher ein Symbol für das Frühjahr und die
Landwirtschaft.
Abb. 30
Ehon shahôbukuro,
1720), Bd. 7, S. 19b
1770
(Erstauflage
150
561
KUH UND KALB
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,6 cm; L. 5 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
Diese detailreiche Darstellung eines weiblichen Rindes mit Kalb entspricht dem Ochsen-Typus aus Kyoto. Das lange Leitseil ist
um den Kopf gebunden. Die Unterseite
mit sichtbaren Zitzen ist sorgfältig ausgearbeitet.
562
LIEGENDER OCHSE
Elfenbein
H. 2,1 cm; L. 6,5 cm
Spätes 18./1. Hälfte 19. Jh.
563
LIEGENDER OCHSE
Buchsbaum, Augen aus schwarzem Horn
und Bein
H. 2 cm; L. 4,3 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
Der Rücken des liegenden Tieres ist stark
gebogen; ein Seil liegt darüber in weiten
Bögen. Zu beiden Seiten den Kopfes hängt
das dicke Nasentau.
564
OCHSE
Elfenbein
H. 1,4 cm; L. 4,9 cm
Frühes 19. Jh.
Ein zur Seite schauender Ochse liegt auf
einem chinesischen Blattfächer mit umgebogenem Griff und anhängender Kordel
mit Quaste.
Die Umkehrung der Größenverhältnisse
ist ein typisches Merkmal der Netsuke-
Kunst. Für die Kombination von Ochse
und Blattfächer jedoch gibt es keine Erklärung.
565
OCHSE UND HIRTENKNABE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,5 cm; L. 6 cm
Aufschrift: Tomotada
Kyoto, ca. 1800
Hinter dem liegenden Ochsen sitzt ein
Rinderhirtenknabe (bokudô), nur gekleidet
in eine kurze Jacke.
566
OCHSE UND HIRTENKNABE
Elfenbein
H 4,7 cm
Frühes 19. Jh.
Ein Hirtenknabe (bokudô) mit Sichel am
Gürtel sitzt auf dem Rücken eines Ochsens
mit dickem Nasentau und Leitseil. In dem
Korb befinden sich Chrysanthemen.
567
OCHSE UND HIRTENKNABE
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 3,4 cm; L. 5,6 cm
Spätes 18./ frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Jaffé, Nr. 111
Abgeleitet von den Illustrationen des Parabelzyklus „Die Zehn Büffel“, ist das Motiv
des Hirtenknaben und Ochsens in vielfältiger Weise variiert worden.
568
OCHSE UND HIRTENKNABE
Manjû-Netsuke
Elfenbein
Ø 5,3 cm
151
Sign.: Ichiyûsai und kaô
2. Hälfte 19. Jh.
Der Flöte spielende Hütejunge sitzt rücklings auf einem Ochsen, der über ein Rinnsal steigt. Auf der Rückseite ist eine blattlose Trauerweide an einem befestigten Bachlauf dargestellt.
Das Motiv ist in der zen-inspirierten chinesischen und japanischen Malerei sehr
häufig.
Die Darstellung wird in Verbindung gebracht mit dem 6. Abschnitt der Parabel
der Zehn Büffel: Heimritt des singenden
und Flöte spielenden Hirten auf dem Rücken des folgsamen Rindes. Die Suche
nach dem Ochsen ist abgeschlossen. Der
Hirte spielt eine Melodie und alles ergibt
sich wie von selbst.
569
BÜFFEL UND HIRTENKNABE
Kagamibuta-Netsuke
Platte: shibuichi mit Kupfer, shakudô, Silber und Gold; Kapsel: Elfenbein
Ø 4,3 cm
Mitte 19. Jh.
Im Nacken des Büffels sitzt ein Hirtenknabe, der mit einem Bambusrohr den Bullen
antreibt. Das Fell des Ochsen ist in feiner
Haargravur (kebori) wiedergegeben.
570
OCHSE
Kagamibuta-Netsuke
Platte: Kupfer mit Schwarzlack und okibirame, Relief aus shibuichi, Gold und
Silber, himotôshi in Hirschhorn gefaßt;
Kapsel: Holz, grün lackiert und okibirame
L. 4,3 cm
Mitte/2. Hälfte 19. Jh.
Neben dem muskulösen Bullen steht ein
Bauer, der das Tier mit Stock und Peitsche
antreibt. Das Netsuke ist in jeder Hinsicht
originell: die ovale Form, der grüne Lack
der Kapsel, die mosaikartig dekorierte Platte und die bewegte Zeichnung von Mensch
und Tier.
571
OCHSE
Siegel
Holz, Augen aus weißlichem und schwarzem Horn
H. 3,9 cm
19. Jh.
Der mächtige Bulle mit durch die Nüstern
geführtem und in Bögen über den Rücken
gelegtem Leitseil steht mit einem eingeknickten Vorderbein auf einem rechteckigen Sockel. Auf der Unterseite sind vier
Siegelschriftzeichen eingeschnitten, die rot
eingefärbt sind. Das große Siegel mit wenigen Gebrauchsspuren ist wohl nie als
Netsuke getragen worden.
Abgeb. in: O’Brien 1965, Abb. 34
DIE ZIEGE
Die Ziege (hitsuji oder yagi) ist das 8.
Zodiaktier. Sie repräsentiert den 6. Monat und steht für die Stunden zwischen
13 und 15 Uhr. Sowohl Ziege und Schaf
sind in Japan nicht heimisch und wurden
im 17. Jahrhundert von den Holländern
nach Japan eingeführt. Die NetsukeDarstellungen dieser Tiere erlauben keine genaue Unterscheidung zwischen Ziege und Schaf bzw. Widder. In China gilt
das Schaf „als Symbol kindlicher Pietät,
weil es kniet, wenn es an der Mutter
152
säugt“ (W. Eberhard, Lexikon der chinesischen Symbole, Köln 1983, S. 249).
Die Enzyklopädie Tôshô zôho
kinmô zui taisei (1789) bildet zwei Typen
von Ziegen ab: die langhaarige menyô
(mukuhitsuji) und die kurzhaarige Ziege
(hitsuji).
572
ZIEGE
Elfenbein
H. 5,7 cm
18. Jh.
Eine stilisierte Ziege mit langem, elegantem Hals, zwei Hörnern und Bart sitzt mit
umgewendetem Kopf und angehobenen
Vorderbein.
Dieser Tiertypus wird von Joly und Weber
als siniu identifiziert (jap. saigyu). Es fehlen
diesem Tier aber das Einhorn und die aus
den Gelenken tretenden Flammen, die es
eindeutig als Fabeltier ausweisen würden.
Doch seit dem Artikel „The Siniu Enigma“
von C.U. Guido Schiller (INSJ, Bd. 22, Nr.
3 [Herbst 2002], S. 26) sollte es als geklärt
gelten, daß es sich hier um eine „japanische
Übernahme eines chinesischen Siegels in
Form einer Ziege“ handelt.
Im Sôken kishô ist ein Siegel abgebildet,
dessen Knauf aus dem Oberkörper einer
Ziege mit vergleichbarem Kopf und halbkreisförmig gebogenen Hörnern besteht.
Die Bildlegenden lautet „ura ari in“ (auf
der Unterseite ein Siegel).
Abb. 31: Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 16a
573
ZIEGE UND AFFE
Elfenbein
H. 4,5 cm
18. Jh.
Die Kombination der beiden Tiere stellt
die Stunden von 3 bis 5 Uhr in der Früh
und von 15 bis 17 Uhr am Nachmittag dar.
574
ZIEGE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,9 cm; B. 4,5 cm
Kyoto, spätes 18. Jh.
Wegen der relativ kurzen Hörner könnte
es sich hier um eine Geiß handeln. Die
sorgfältig gestalteten Fellsträhnen sind typisch für eine Arbeit aus Kyoto aus dem
späten 18. Jahrhundert.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 8
575
ZIEGE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 4,4 cm
19. Jh.
576
WIDDER
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 3,1 cm; B. 4,1 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
577
ZIEGE
Buchsbaum, Augen aus Horn
H. 1,7 cm; B. 4,6 cm
Sign.: Shunchôsai
Provinz Tanba, ca. 1820/1850
Die flach liegende Ziege bildet mit ihrer
starken Rückenkrümmung eine kompakte,
runde Form.
153
578
ZIEGE
Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn
H. 3,1 cm; B. 3,7 cm
Sign.: Masanao
Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2.
Hälfte 19. Jh.
Die Ziege mit langem, dickem Fell sitzt mit
untergeschlagenen Hinterbeinen und aufgestellten Vorderbeinen. Die Wirkung von
in unterschiedliche Richtungen verlaufenden langen Fellsträhnen war das Hauptanliegen dieses Schnitzers.
579
WIDDER
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,8 cm; L. 4,2 cm
Kyôto, 2. Hälfte 18. Jh.
Ehemalige Sammlung Thomson
Es ist die langhaarige Ziege, mit kräftigen
Hörnern und dem langen Bart, die die
Schnitzer am meisten angeregt hat. Dieser
Netsuke-Typ kann dem Tomotada zugeschrieben werden.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 8
DER EBER
Der Eber (inoshishi) ist das 12. Tier des
Zodiak. Er repräsentiert den 10. Monat
und steht für die Stunden von 21 bis 23
Uhr. Er gilt als starkes und mutiges Tier,
das sich dem Gegner entgegenwirft und
sich nicht zurückzieht. Er steht in direkter Verbindung mit der Schutzgottheit
Marishiten, der von den Samurai verehrt
wurde, und ist Patron der Bogenschützen.
Im Volksglaube gab es die Meinung,
wenn man am ersten Tag des Ebers im
10. Monat ein eberförmiges mochi verspeiste, würde man alle Arten von
Krankheiten abwehren. Heute hat das
Wort inoshishi auch die Bedeutung eines
stürmischen und waghalsigen Mannes.
Der Keiler wird mit dem Herbst
assoziiert. Die Malvorlagebücher zeigen
ihn im Galopp laufend oder zwischen
Herbstgräsern schlafend. Ein schlafender
Eber unter hagi bedeutet, daß man im
Leben gelegentlich jemanden braucht,
der schwächer ist als man selber (Volker
1975, S. 21).
580
WILDSAU UND FRISCHLING
Elfenbein
H. 1,8 cm; L. 6,3 cm
Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh.
Muttertier und Junges schlafen friedlich
auf einem Lager von Farnwedeln, Eichenblättern (kashiwa) und wilden Chrysanthemen (nôgiku), Pflanzen, die den Herbst
symbolisieren.
581
EBER MIT FRISCHLING
Elfenbein, Pupillen aus braunem Horn
H. 3 cm
Spätes 18. Jh.
Unter dem Kopf eines großen Ebers mit
geöffnetem Maul sitzt ein sehr kleines
Jungtier in ähnlicher Haltung.
582
SCHLAFENDER EBER
Maritimes Elfenbein (?)
H. 2,6 cm; L. 5 cm
Wahrscheinlich 19. Jh.
154
Die hier ungewöhnliche Zusammenstellung herbstlicher Pflanzen wie Riedgras
(susuki), sarutoriibara (Smilax china L.)
und Gräser sowie die Wimpern der geschlossenen Lider sind Hinweis auf eine
spätere Interpretation dieses Themas.
583
EBER UND FRISCHLING
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,7 cm; L. 5,2 cm
Ca. 1980 (erworben 1981)
Dieses Modell ist eine moderne Kopie eines Netsuke-Typus von Masanao, von dem
zwei Beispiele bekannt sind (Earl 2001, S.
328, Kat.-Nr. 296). Dieser Netsuke-Typus
wurde auch als Brosche in Kunststoff hergestellt (INCS, Bd. 4, Nr. 3 [Dezember
1976], S. 42, Anzeige).
584
EBER UND AFFE
Buchsbaum
H. 4,5 cm; L. 6,1 cm
Aufschrift: Tomotada
2. Hälfte 18./1. Hälfte 19. Jh.
Auf dem runden Rücken des Keilers sitzt
rittlings ein Gibbon (enku), der mit seinem
überlangen Arm nach dem Schwanz des
Ebers greift. Die Darstellung könnte eine
Parodie auf Nitta no Shirô sein, der mit
einem Messer rücklings auf einem Eber
sitzend, dargestellt wird.
Eber und Affe lassen sich auf folgende Legende beziehen: Beide Tiere dienten einem
reichen Bauern, der eines Tages meinte,
der Affe würde sein Kind erschrecken. Daher wollte er ihn töten. Die beiden ersannen daraufhin eine List, um dies zu verhindern. Der Eber entführte das Kind, das
der Affe rettete und dem Bauern zurück-
brachte. Somit verdiente sich der Affe die
immerwährende Dankbarkeit seines Herren.
585
LIEGENDER EBER
Buchsbaum
H. 1,5 cm; L. 4,2 cm
Sign.: Mitsunobu
1. Hälfte 19. Jh.
586
LIEGENDER EBER
Buchsbaum, Hauer aus Elfenbein, Augen
aus hellem Horn
H. 2,3 cm; L. 4,2 cm
19. Jh.
Das hitziges Temperament des Ebers findet
seinen Ausdruck in der aggressiv vorgeschobenen Schnauze.
587
EBER
Holz, Pupillen aus Horn, Hauer aus Elfenbein
H. 3,6 cm; L. 6,8 cm
Sign.: Masanao
Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2.
Hälfte 19. Jh.
Der Kopf ist angehoben und das Vorderbein mit aufgestelltem Huf deutet darauf
hin, daß das Tier im Begriff ist, sich aufzurichten. Ein identisches Modell ist in einem Skizzenbuch des Susuki Masanao anzutreffen, das sich im Besitz des Sakai
Shinzan Masanao befand.
Große Zodiakus-Tiere waren im späten 19.
Jahrhundert als Set sehr beliebt. Eine
Schnurführung bei diesem Stück ist zwar
zwischen dem Hinterbein und Bauch möglich, doch ist es wegen seiner Größe un155
wahrscheinlich, daß dieses Stück als
Netsuke getragen wurde.
Abb. 32: INCJ, Bd. 2, Nr. 4 (1974), S. 37
DER TIGER
Der Tiger (tora) ist das dritte Tierkreiszeichen, repräsentiert den 1. Monat und
steht für die Stunden zwischen 3 und 5
Uhr in der Nacht. Er symbolisiert physische Kraft und Mut, verkörpert das
männliche yang-Prinzip und steht für die
Himmelsrichtung Westen und den Wind.
Da der Tiger in Japan nicht heimisch ist,
basieren die japanischen Darstellungen
auf Abbildungen in der chinesischen Malerei und japanischen, illustrierten Büchern. Deshalb wirken die Tigerdarstellungen meist unrealistisch oder wie Karikaturen.
Sehr häufig wird der Tiger zusammen mit Bambus dargestellt. Das Motiv
ist in Japan als „take ni tora“ bekannt. Es
versinnbildlicht die Gastfreundschaft des
nachgiebigen Bambus gegenüber dem
starken Tiger; denn dieses kräftigste unter den Tieren sucht während eines Gewittersturms Schutz im Bambushain und
demonstriert somit, daß irdische Stärke
der Macht der Naturgewalten unterlegen
ist. Diese Darstellung wird aber auch als
Sinnbild gedeutet für den mächtigen
Herrscher, der die Unterstützung seiner
Untertanen braucht.
588
TIGER
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
H. 5 cm
18. Jh.
Die stark gekrümmte Haltung des Tieres,
das sich zwischen den Krallen putzt, sowie
die Sockelplatte erinnern an die Form früher Siegel mit Knauf in Form von Fabeltieren (vgl. Kat.-Nrn. 469 und 472).
589
TIGER
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,8 cm; L. 5 cm
Sign.: Tama (Gyoku)
Kyoto, spätes 18. Jh./frühes 19. Jh.
Die nach oben gewölbte Unterseite und
der dreieckige Querschnitt des Netsuke
sind charakteristische Merkmale einer Arbeit aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die Gestaltung des Fells und der lange
Schwanz sind typisch für Okatomo und
seine Schüler.
590
TIGER
Holz
H. 3,5 cm; L. 4,9 cm
Frühes 19. Jh.
591
TIGER
Elfenbein
H. 2,3 cm; L. 3,6 cm
Sign.: Ranmei
Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh.
592
TIGER
Elfenbein, Pupillen aus dunklem Horn
H. 2,9 cm; L. 4,5 cm
Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh.
Der Tiger mit geöffnetem Maul ist treffend
dargestellt, wie er den Kopf nach hinten
dreht, um sich mit der Tatze am Hals zu
kratzen.
156
593
TIGER
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,2 cm; L. 4,5 cm
Kyoto, frühes 19. Jh.
Die artgemäßen Merkmale eines Tigers –
der wilde Blick, das Fauchen – sind in einer
übertriebenen und manierierten Weise
wiedergegeben. Die bewegliche Kugel im
Maul, eine Übernahme von shishiDarstellungen, ist für ein Tiger-Netsuke
sehr ungewöhnlich.
594
TIGER
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,8 cm; L. 4 cm
Kyoto, spätes 18. Jh.
Der Tiger leckt sich das Vorderbein. Die
Augen und buschigen Brauen, die Körperdrehung, die großen, rundlichen Tatzen,
die sorgfältigen Fellgravuren und gewellten
Fellstreifen sind typisch für Tiger-Netsuke
aus Kyoto.
595
TIGER UND JUNGES
Elfenbein
H. 3 cm; L. 5,2 cm
Kyoto, frühes 19. Jh.
Der Kopf des Tigers mit zusammengepreßtem Maul, die angezogenen Schultern,
durchgedrückte Rücken und der lange, in
einer Wellenlinie über den Rücken gelegte
Schwanz, sind die besonderen Merkmale
dieses Netsuke.
596
TIGER
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,9 cm; L. 5,1 cm
Sign.: Denshin
Kyoto, spätes 18. Jh.
Ehemalige Sammlung Weil
Der Tiger reißt mit seinen Zähnen an einem der Scheidenblättern eines Bambusschößlings. Dieses Sujet ist nur bei Schnitzern aus Kyoto anzutreffen.
Ein sehr ähnlicher Tiger, signiert Tomotada, befindet sich im Musée d’Ennery in
Paris (Alain Ducros, „Netsuke in France“,
NKSJ, Bd. 4, Bd. 3 [1983], S. 34).
Abgeb. in: Hurtig 1973, S. 202, Nr. 850;
Lazarnick 1982, Bd. 2, S. 1338; Japanische
Netsuke, Inro und andere Sagemono, Galerie Zacke, Wien 1986, Kat.-Nr. 58
597
TIGER
Elfenbein
H. 3,6 cm
Frühes 19. Jh.
Der Tiger steht auf einer felsigen Standfläche unter Bambus, das Maul geöffnet, als
ob er trinken wolle.
Dieses Modell wurde häufig und in verschiedenen Größen geschnitzt.
Das Motiv des an einem Bach trinkenden
Tigers wurde von Malern der Kano-Schule
oft dargestellt.
598
TIGER
Elfenbein
H. 2,9 cm; L. 3,6 cm
Frühes 19. Jh.
Die Umkehrung der Größenverhältnisse
war bei Netsuke im frühen 19. Jahrhundert
sehr beliebt.
157
599
TIGER
Elfenbein
H. 3,2 cm; L. 4,6 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Topper
Die Raubkatze hat ihre Tatzen auf ein
Bambusrohr gelegt und wendet den Kopf
mit schielendem Blick nach oben.
600
TIGER
Pottwalzahn, Pupillen aus Horn
H. 3 cm
Frühes 19. Jh.
Das Tier liegt auf einem Bambusknoten
(fushi), an dem sich zwei abgestorbene
Nebenzweige befinden. Mit anderen
Schriftzeichen geschrieben, bedeutet fushi
nicht nur „Vater und Sohn“, sondern auch
„Nicht Sterben“ bzw. „Unsterblichkeit“,
womit das Netsuke die zusätzliche Funktion eines Talismans erhält.
Abgeb. in: Arts of Asia, Bd. 16, Nr. 4 (Juli/August 1986), S. 25 (Anzeige)
601
TIGER
Buchsbaum, Pupillen aus Messing
H. 2,6 cm; B. 4,1 cm
Sign.: Minkô
Tsu, Provinz Ise, frühes 19. Jh.
Die kurzen, stämmigen Beine und die dicken, runden Tatzen dieses Raubtiers sind
Merkmale der Tigerdarstellungen des
Minkô. Dieser Typ wurde oft nachgeahmt.
602
TIGER
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 3 cm; L. 4,9 cm
Spätes 19. Jh.
Der Tiger in fauchender, buckelmachender
Haltung wird selten dargestellt. Die übertriebene Haltung der Raubkatze ist Hinweis auf eine späte Arbeit.
603
TIGERIN UND JUNGES
Kagamibuta-Netsuke
Platte: shibuichi, Details aus Gold und Silber Kapsel: Elfenbein
Ø 5,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Diese Darstellung illustriert die Erzählung
Tora no ko watashi (Das Übersetzen der
Tigerjungen). Eine Tigermutter hat zwei
friedfertige und ein aggressives Junges. Sie
überquert mit ihnen einen Fluß siebenmal
in einer Weise, daß nie ein friedliches
Jungtier mit dem aggressiven Tier an einem der Ufer allein zurück bleibt. Hier ist
dargestellt, wie eines der Jungtiere unter
Aufsicht der Mutter alleine durch die Wellen schwimmt.
604
TIGER UND AFFE
Tiger und Affe
Walnuß
H. 4,3 cm
Sign.: Masanao
Provinz Ise, Uji-Yamada, Mitte 19. Jh.
Auf der einen Seite der Walnuß ist ein Tiger, auf der anderen ein Affe – beide im
Bambushain – zu sehen. Die Kombination
dieser beiden Zodiakustiere steht für die
158
Zeit zwischen der dritten und fünften
Stunde des frühen Morgens und des
Nachmittags.
DIE KATZE
Katzen (neko) wurden in der Heian-Zeit
aus China eingeführt und dienten den
Damen am Hof zur Unterhaltung (vgl.
Kat.-Nr. 242). Im Laufe der Jahrhunderte
wurden sie in Japan zum Haustier, wo
Katzen auch zum Mäusefang gehalten
wurden. Im Volksglauben gibt es einige
Legenden von Katzen, die sich in Menschen verwandeln. Um diese kleinen
Raubtiere ranken sich weiterhin etliche
Sprichwörter. Das Wort neko bezeichnet
in der japanischen Vulgärsprache nicht
nur Vulva sondern auch Geisha, Musikantinnen bzw. Sängerinnen, die in Bordellen und Gasthäusern der Vergnügungsviertel arbeiteten, – auch weil der
Klangkörper der samisen mit der Haut
der Katze überzogen ist.
605
KATZE
Elfenbein
H. 2,7 cm; L. 3,8 cm
18. Jh.
Genüßlich legt das Tier seine Tatzen auf
eine awabi-Schale.
606
KATZE
Buchsbaum
H. 2,5 cm; L. 4,9 cm
18./19. Jh.
Das Tier kauert über einer nur rudimentär
ausgeführten awabi-Schale.
607
KATZE AUF EINEM BLATTFÄCHER
Buchsbaum
H. 2,1 cm; L. 5,4 cm
Frühes 19. Jh.
Das Motiv der schlafenden Katze ist ein
charmantes Bild friedlicher Häuslichkeit.
Hier ruht sie auf einem Blattfächer. Aus
dem gravierten Fell sind große Fellflecken
ausgespart.
608
KATZE
Buchsbaum
H. 3,1 cm; B. 3,8 cm
19. Jh.
Die Katze leckt sich in typischer Pose die
hochgereckte Hinterpfote.
609
KATZE
Elfenbein, Pupillen des Fisches aus Horn
H. 2,6 cm; L. 3,5 cm
Frühes 19. Jh.
Die Katze hat einen Fisch geschnappt und
liegt über einem umgestülpten Mörser (suribachi), unter dem sich drei katsuobushi
(getrocknete Thunfischfilets) befinden.
Dies könnte eine Anspielung sein auf den
Ausspruch „neko ni katsuobushi“, was
soviel bedeutet wie: „Jemandem von einer
Sache erzählen, auf die er sehr erpicht ist,
oder ... den Bock zum Gärtner machen“
(Ehmann, 1927, S. 225, Nr. 2085).
610
KATZE
Elfenbein
H. 2,2 cm; L. 3,6 cm
Frühes 19. Jh.
159
Das Tier liegt über einem Mörser (suribachi), an dem eine sich öffnende Archenmuschel (akagai) lehnt. Im Inneren
der Schüssel befinden sich drei
katsuobushi. Akagai ist der Form und des
eßbaren roten Fleisches wegen auch ein
volkstümlicher Ausdruck für die Geschlechtsteile der erwachsenen Frau.
611
KATZE
Elfenbein
H. 4,8 cm
Frühes 19. Jh.
Museums-Inv.-Nr. in schwarzer Tusche
Eine getigerte Katze hockt in Lauerstellung
auf einem Küchensieb und beobachtet eine
sich öffnende akagai. Unter dem Sieb befinden sich zwei weitere akagai.
612
Katze
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
H. 4,1 cm
Aufschrift: Natsuki
Ca. 1979 (erworben 1979)
Die Arbeit ist gutes Beispiel einer hervorragenden, modernen Fälschung (vgl. Kat.Nrn. 550 und 621).
613
KATZE AN EINER LATERNE
Elfenbein
H. 2,4 cm; L. 4,6 cm
Sign.: Minkoku
Edo/Tokyo, ca. 1870
Ehemalige Sammlungen Fletcher und
Jonsson
Eine neugierige Katze mit einem Lätzchen
steht mit den Hinterbeinen in einem Kasten und schaut in das Innere einer beschädigten Papierlaterne. Neben der Laterne
liegt ein länglicher Kürbis (hechima) und
ein kleiner Korb sowie Früchte.
Das MCI (S. 705) zeigt die Darstellung einer Katze an einer Laterne mit den Schriftzeichen „Yanagibashi“, in der sich eine
Ratte versteckt, eine Anspielung auf eines
der eleganteren Vergnügungsviertel in Edo/Tokyo. Dort hingen rote Laternen vor
den
entsprechenden
GeishaEtablissements und Katzen waren beliebte
Haustiere dieser Damen.
Abgeb. in: Hurtig 1973, S. 130, Nr. 530
614
KATZE UND WELS
Elfenbein
H. 1,3 cm; L. 3,9 cm
Sign.: Hôsui
Ca. 1880/1890
Ehemalige Sammlung Bushell
Eine als Frau gekleidete Katze hockt auf
einem Wels, den Kopf in menschlichem
Habitus in die Pfoten gestützt.
Das Netsuke ist eine ungewöhnliche, dreidimensionale Umsetzung eines namazu-e
(Wels-Bild). Nach 1877 kamen diese satirischen Zeichnungen in illustrierten Zeitungen in Mode. Statt Erdbeben zu symbolisieren stand der Wels jetzt für die Regierungsbeamte mit modischem Schnurrbart
und die Katzen mit shamisen für die Geisha, denen sie hörig waren (Kitani 1985,
zit. in Timothy Clark, The Art of Kawanabe
Kyôsai, Demon of Painting, London 1993,
S. 155 und 156).
Abb. 33
160
Eine Katze auf einem auf dem Rücken liegenden Wels, der von jungen Kätzchen
gezogen wird. Aus: Kyôsai donga, 1881,
abgeb. in: Timothy Clark, The Art of Kawanabe Kyôsai, Demon of Painting, London, 1993, S. 155
615
KATZE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
Ø 3,4 cm
19. Jh.
Das Kätzchen liegt auf einem Hut aus
Schilfgras (sugegasa), unter dem sich ein
Regenumhang (mino) befindet.
616
KATZE
Elfenbein
Ø 3,8 cm
Frühes 20. Jh.
Die kleine Katze kauert auf einem Strohhut. Unter dem Hut befinden sich stilisierte Ahornblätter, Kordeln und ein dünnes
Zepter, unter dem das himotôshi verläuft.
DER WOLF
Der Wolf (yama-inu oder ôkami) ist in
Japans Bergwäldern heimisch. Er war als
Raubtier gefürchtet, wurde aber auch als
Schutz vor Tieren geachtet, die die Ernten vernichteten.
Unter den Netsuke wird der Wolf
als hungriges, mageres Tier dargestellt,
das über einer Hirschkeule, einem kleinen Tier oder einem Blattzweig kauert.
Das Motiv wird mit dem Tomotada aus
Kyoto in Verbindung gebracht.
Wenn ein Wolf über einem Schädel kauert, wird das Sujet unterschiedlich
gedeutet. Brockhaus (1925, S. 429) meint,
es handle sich dabei um den Kopf eines
gefallenen Kriegers. In Japan soll es aber
auch üblich gewesen sein, die Körper
hingerichteter Verbrecher dem Fraß wilder Tiere zu überlassen (Davey 1974, S.
146, Nr. 436), z.B. auf dem Richtfeld von
Kozukahara bei Edo/Tokyo. Bushell
meint, daß dieses Sujet die Angst des Reisenden ausdrückt, fern von Zuhause umzukommen, wo keine Familie ihm ein
angemessenes Begräbnis ausrichten
kann. (Christie's, New York, 23.4.1991,
Lot 33)
617
WOLF UND TOTENSCHÄDEL
Buchsbaum, Augen aus Elfenbein, Pupillen
aus Horn
H. 5,4 cm
Frühes 19. Jh.
618
WOLF
Buchsbaum, Augen aus Bein
H. 3,5 cm; L. 4,5 cm
Aufschrift: Tomotada
Kyoto, frühes 19. Jh.
Mit geöffnetem Maul kauert das Tier über
einer Hirschkeule.
619
WOLF
Buchsbaum, Augen aus Bein
H. 3,2 cm; L. 5,5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Mit offenem Maul und gierigem Blick kauert der Wolf über einem Hasen. Obwohl
der Wolf gefürchtet war, wurde er von den
Bauern geschätzt, weil er Tiere, die die
Ernte zerstörten, vertilgte.
161
620
WOLF UND AFFE
Buchsbaum, Augen beider Tiere verschiedenfarbig eingelegt
H. 3 cm; L. 4,7 cm
Möglicherweise Gifu, spätes 19. Jh.
Der magere Wolf beißt in den Arm eines
kleinen Affen und hält ihn mit den Vorderpfoten am Boden fest. Die Haltung, die
naturalistische Ausarbeitung der Rückenpartie sprechen für eine späte Arbeit.
621
WOLF
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 4,8 cm
Ca. 1979 (erworben 1979)
Die Arbeit ist ein interessantes Beispiel
einer modernen Fälschung. Das Stück
stammt aus derselben Werkstatt wie die
Katze (vgl. Kat.-Nr. 612), ersichtlich an der
Gestaltung der Ohren, den Fellgravuren,
der Plazierung der Pfoten sowie der Farbe
des Elfenbeins.
622
MARDER
Bein
H. 1,8 cm; L. 4,7 cm
Frühes 19. Jh.
Das Tier liegt mit halb geschlossenen Augen auf einem Bett von Blättern und Zweigen.
FUCHS
Dem weißen Fuchs, der als Götterbote
des Dakiniten im Lauf der Zeit in der
Vorstellung der Leute zum Gott der Zerealien und der Ernte (Inari) wurde, sind
zahlreiche Schreine gewidmet, an deren
Eingang Fuchs-Skulpturen plaziert waren. In ihrem Maul befindet sich eine
Perle bzw. ein Schlüssel. In InariSchreinen betete man um Wohlstand und
Reichtum. Am 1. Pferde-Tag des Jahres
entsprechend dem alten Kalender wurde
in diesen Schreinen Anfang Februar das
hatsuuma-Fest gefeiert. Volker nimmt
an, daß Fuchs-Netsuke an dem Tag getragen wurden.
623
INARI
Elfenbein
H. 3,9 cm
Sign.: Mitsunobu
19. Jh.
624
INARI
Elfenbein
H. 4,9 cm
Sign.: Yukimasa
Gifu, ca. 1960/1970 (erworben 1974)
Der Götterbote sitzt auf den Hinterläufen
und leckt seine hochgestellte Lunte. Die
Vorderpfoten ruhen auf einem Juwel, das
auf den Synkretismus von Buddhismus
und Shintoismus hinweist.
Auch Omura Keiun (geb. 1912), der aus
Fushimi bei Kyoto stammt, wo sich der
berühmte Fushimi Inari-Schrein befindet,
hat dieses Sujet mehrfach in sehr ähnlicher
Weise in den Jahren 1965-1970 geschnitzt
(Kinsey 1977, Abb. 25).
625
INARI
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,6 cm
1. Hälfte 19. Jh.
162
Der Fuchs hat seine Vorderpfoten über
eine Schelle (suzu) gelegt, mit der man in
Schreinen um die Anhörung der Götter
bat. In der Schelle befindet sich eine bewegliche Kugel.
DER HUND
Der Hund (inu) ist das elfte Tier des
Zodiaks, repräsentiert den 9. Monat und
steht für die Stunden zwischen 19 und 21
Uhr. Als Haustier ist er auch in Japan der
Freund des Menschen. In Gegenwart von
Hunden nehmen der Legende nach Katzen, tanuki und Füchse, die sich in Menschen verwandelt haben, wieder ihre natürliche Form an. Hundedarstellungen
dienten als Amulett für Schwangere, weil
Hündinnen beim Wurf keine Schmerzen
haben, und für Kinder, weil man der Ansicht war, Hunde hätten ein leichtes Leben.
In der Netsuke-Kunst gab es Darstellungen verschiedener Hundetypen,
die auch in den Vorlagebüchern von Tachibana Morikuni anzutreffen sind: den
großen, mageren, fast haarlosen Hund
(kôken, yôken, oder kame von „come here“), der aus Europa eingeführt wurde,
einem Windhund ähnelt, einen langen,
dünnen Schwanz hat und meist ein Halsband mit Schelle trägt, den Hund mit
langen, zotteligen Haaren und Wirbelschwanz (muku-inu, mukuge-inu oder
jakô [Moschus]), den Zwerg-Hund (Pekinese, Schoßhund, chin von „chisai
inu“), den heimischen Haushund (inu)
mit kurzem Fell und munter spielende
Welpen (chinkoro).
626
HÜNDIN UND WELPE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,5 cm; L. 5,8 cm
Spätes 18. Jh.
Geduldig läßt das liegende Muttertier ihr
Junges an sich hoch krabbeln. Ungewöhnlich ist das fleckige Fell, welches durch gravierte und ungravierte Partien wiedergegeben wird.
627
HUND
Elfenbein
H. 2 cm; L. 5,7 cm
Spätes 18. Jh.
Das Tier liegt neben einem sorgfältig zusammengelegten Seil.
628
HUND
Buchsbaum
H. 4,9 cm
19. Jh.
Die großen, mageren Hunde (kôken, kame
oder yôken) genannt, mit langem, sich einrollenden Schwanz, begleiteten die Portugiesen und Holländer auf ihren Schiffen.
Abb. 34
Ehon shahôbukuro, 1770 (Erstausgabe
1720), Bd. 9.1, S. 19b
629
HUND
Buchsbaum, Halsband rot lackiert
H. 4,4 cm
1. Hälfte 19. Jh.
163
630
HUND
Elfenbein
H. 3,4 cm
Sign.: Tomotane
Kyoto; 2. Hälfte 18. Jh.
Zähnefletschend hat der Hund von einem
kemari-Ball Besitz ergriffen.
631
HÜNDIN UND JUNGE
Elfenbein
H. 1,6 cm; L. 4,6 cm
Frühes 19. Jh.
Drei Welpen scharen sich um die Zitzen
einer Hündin. Die Darstellung ist ein
Sinnbild für eine schmerzfreie Geburt.
632
HUND MIT AWABI
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 2,2 cm; L. 4,2 cm
Sign.: Ran’ichi
Kyoto; ca. 1835/1865
Der Welpe legt seine Vorderpfote auf eine
Haliotis-Schale (awabi). Gerade die schillernde Innenseite dieser Meeresschnecken
reizt Hunde und Katzen zum Spiel.
633
LANGHAARIGER HUND
Elfenbein
H. 3,6 cm; L. 4,2 cm
Aufschrift: Tomatada
Kyoto/Osaka, spätes 18./frühes 19. Jh.
Die langen Rückenhaare, die kleinen Ohren, die in putzender Haltung angehobene
Pranke und die Sockelplatte unterscheiden
das Tier von den üblichen Hunde-
Darstellungen. Dargestellt ist ein langhaariger mukuge-inu, der in den Malvorlagebüchern von Tachibana Morikuni immer
wieder auftaucht.
Abb. 35
Shasei kemono zuga, 1719, Bd. 1, S. 11b/12a
634
HUND
Buchsbaum
H. 4,8 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Dieser kôken-Hundetypus wurde oft zusammen mit einem Ball dargestellt.
635
WELPE
Schwarzes Holz
H. 2,5 cm; L. 4,2 cm
Sign.: Tomotada
19. Jh.
636
HUND AUF KISSEN
Buchsbaum, Augen aus schwarzem Horn
H 2,6 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Hund liegt mit angehobenen Kopf auf
einem geflochtenen Binsen-Kissen (zabuton), wie sie im Sommer verwendet werden.
637
HUND
Buchsbaum
H. 2,4 cm; L. 5,8 cm
18./19. Jh.
638
HUND
Elfenbein
164
H. 3,2 cm
Frühes 19. Jh.
639
HUND
Elfenbein
H. 1,4 cm; B. 3,6 cm
Sign.: Gyokuhôsai
Edo, Mitte 19. Jh.
Der Hund ruht neben einem Mühlstein,
auf dem ein Hammer und eine Basttasche
mit Werkzeug liegen.
640
ZWEI WELPEN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2 cm; Ø 3,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Jungtiere erkunden ein abgelegtes Wagenrad. Die Schnur wird durch den Pflock
in der Nabe des Rades geführt.
641
ZWEI WELPEN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,6 cm
Ca. 1800
Junge, verspielte Hunde werden oft gezeigt,
wie sie in Strohsandalen beißen.
642
HUND AUF SOCKEL
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 3,4 cm
Osaka, ca. 1840/1860
Der magere Hund sitzt auf einer Sockelplatte, die mit einem schwarz eingefärbten
Zackenband dekoriert ist, ein Motiv, das
für die Schnitzer aus Ôsaka typisch ist.
Im Takarabukuro von 1837 findet sich
unter Nr. 218 zu dieser Darstellung folgende Beschreibung: „Seal – Chinese dog (karainu). The skinny dog makes a good design. One forepaw is raised. There are variations for the shape of the seal – square,
round, oval, or gourd-shaped – but the
haunch of the animal should always be the
neck of the seal’s surface.“ (Temple 2002, S.
154) (Anm. des Autors: „The neck of the
seal‘s surface“ ist der Siegelknauf.)
Auf Grund dieser Beschreibung in den
Notizen des Ôhara Mitsuhiro kann das
Netsuke hier bedenkenlos diesem OsakaSchnitzer zugeschrieben werden.
643
WELPE
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 3,2 cm
Sign.: Sôichi
Mitte 19. Jh.
Der in der Art eines Affen sitzende Hund
spielt mit einer awabi-Schale.
644
DREI WELPEN
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 2,2 cm; B. 4,3 cm
Sign.: Tomochika
Edo, Mitte 19. Jh.
Die Jungen sind in verschiedenen Haltungen dargestellt: liegend, kletternd und sich
kratzend.
645
HUND
Porzellan mit Unterglasurblaudekor, die
Augen Eisenschwarz
H. 2,8 cm; L. 4,9 cm
China, 19. Jh.
165
646
FÜNF WELPEN
Elfenbein, Augen aus Glas, Achse der Räder aus grünem Glas
H. 3,5 cm
Sign.: Kangyoku tô
Tokyo, ca. 1960/1970 (erworben 1972)
nach Japan. Seitdem wird dieses Tier im
japanischen Kunstgewerbe dargestellt.
Sujet und Darstellungsweisen
wurden aus China übernommen, da Elefanten in Japan nicht heimisch waren.
Auf dem Rücken trägt er oft eine Blüte,
die als Lotos interpretiert werden kann,
ein buddhistisches Symbol, das für Reinheit und Erneuerung steht. Häufiger ist
jedoch die reich dekorierte Satteldecke.
Der reich geschmückte Elefant war ein
beliebtes Sujet der Shibayama-Werkstatt.
Die Tiere bilden einen Knäuel und zerren
an der Schnur einer Holztaube auf Rädern
(hato-guruma). Das Fell ist sehr fein graviert und die glatten Partien des Elfenbeins
sind hervorragend poliert und eingefärbt.
647
ELEFANT
Buchsbaum
H. 2,8 cm; B. 3,7 cm
Frühes 19. Jh.
Dieser Netsuke-Typus ist wahrscheinlich
in großer Zahl in China für den japanischen Mark hergestellt worden.
DER ELEFANT
Der Elefant (zô) symbolisiert Weisheit,
Klugheit, Güte und Hingabe. Der weiße
Elefant steht in enger Verbindung mit
dem Buddhismus. Er war eines der Tiere,
die beim Tode Buddhas und seinem Eingang in das Nirvana anwesend waren.
Zudem ist er das Reittier des Bodhisattva
Fugen.
In der Ära Kyôhô (1711-1735), im
Jahr 1729, gelangte erstmals ein weißer
Elefant als Geschenk aus Thailand nach
Japan. Dieser wurde von Nagasaki nach
Kyôto geschickt. Der Kaiser Nakamikado
(reg. 1710-1735) verlieh dem Tier den 5.
höfischen Rang, worauf die einfachen
Leute sich vor dem Tier verbeugen mußten. Auch in Edo wurde das Tier bewundert und als heilig verehrt. Danach
brachten die Holländer immer wieder
Elefanten, beispielsweise aus Ceylon,
Über dem Rücken des liegenden Elefanten
mit zur Seite gewandtem Kopf ist eine Satteldecke ausgebreitet. In dieser Haltung
erinnert das Tier an die Sockelfunktion für
Fûgen bosatsu bzw. Eguchi no kimi (siehe
Kat.-Nr. 262).
648
ELEFANT
Ryûsa-manjû
Walroßzahn
Ø 4,5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der sich umschauende Elefant mit Satteldecke steht auf einem Felsen in einem
Bambusdickicht. Auf der Rückseite ist eine
stilisierte Blüte, umgeben von Wolken und
Felsen, dargestellt.
166
649
ELEFANT
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus versilbertem Kupfer, Satteldecke
vergoldet; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,7 cm
19. Jh.
Die Darstellung einer Rattenmutter mit
zwei Jungen auf einem Lager von Farnen
und Pilzen war ein sehr häufiges Motiv der
Schnitzer in Kyoto. Meist haben diese Stücke wie hier eine flache, dreieckige Form
und die Ratten einen unnatürlich langen
Kopf.
Auf der schwach gewölbten Platte ist in
Relief ein Elefant dargestellt. Der Fond
besteht aus stilisierten Wellen. Die Platte
ist umgeben von einem Sägezahnmuster.
Auf der Rückseite befinden sich konzentrische Dekorbänder.
651
RATTE AUF EINER KERZE
Elfenbein, Pupillen und Docht
schwarzbraunem Horn
H. 3,5 cm; L. 4,3 cm
Kyoto, spätes 18. Jh.
DIE RATTE
Die Ratte (nezumi) ist das erste Zodiaktier, weil sie angeblich das erste Tier war,
das an Buddhas Sterbelager eilte. Sie repräsentiert den 11. Monat und steht für
die Stunden 23 bis 1 Uhr. Sie gilt als Beginn und Ursprung aller Dinge und ist
Begleittier und Bote des Glücksgottes
Daikoku, der Reichtum und gute Ernten
verspricht. Weil sich Ratten schnell vermehren und sich an Orten aufhalten, wo
es reichlich zu fressen gibt, sind sie zum
Wunschbild des Wohlstandes geworden.
Die Schnitzer schätzen die Ratte wegen
ihres weichen Körpers, dem sie angenehm abgerundete Formen geben konnten. Oft wird sie nagend an einer Kerze,
an einem Schirm oder in einem Schiffstau gezeigt.
650
DREI RATTEN
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 2,9 cm; L. 7,1 cm
Kyoto, spätes 18. Jh.
Ehemalige Sammlung Beasley
aus
Die Ratte kauert mit gesenktem Kopf und
angehobener Pfote auf einem liegenden
Kerzenstummel.
Die Kombination Ratte und Kerze geht
vielleicht zurück auf folgende Legende: als
nach dem Tode Buddhas sich die Tiere
versammelten, um zu entscheiden, wer die
zwölf Tierkreistiere repräsentieren sollte,
beobachtete die Katze, wie die Ratte den
Talg einer Kerze ableckte. Sie sprang auf
die Ratte und verzehrte sie. Weil sie ein
Lebewesen umgebracht hatte, wurde die
Katze nicht in den Kreis der Zodiaktiere
zugelassen.
Kerzen wurden in Japan nicht aus Stearin
sondern aus Talg, einem tierischen Fett
hergestellt. Wahrscheinlich zog dieser die
Ratten an.
652
RATTE
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 1,8 cm; L. 4 cm
Frühes 19. Jh.
Die Ratte kauert auf einem Blattfächer und
nagt an den Blättern einer Rübe (kabu).
167
653
DREI RATTEN
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 2,6 cm; L. 4 cm
Sign.: Masatoshi
Mitte 19. Jh.
Eine Ratte klettert über zwei in gegenläufiger Richtung sitzende Tiere.
654
RATTE
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
L. 7 cm
Spätes 18. Jh.
Die Ratte liegt mit gerade ausgestrecktem
Schwanz auf einem alten, zusammengeklappten Schirm.
Diese Darstellung illustriert das Sprichwort
„karakasa nezumi ni kuwarureba sono ie
fukki suru“ (Wenn eine Ratte an einem
Schirm knabbert, dann kommt Glück über
das Haus) (Tatoe zukushi, Bd. 2, herausgegeben von Shoyoken Tôse, 1786, zit. in:
Kotowaza daijiten [Sprichwörter Wörterbuch], Shogakkan, 1988, S. 287 und INSJ,
Bd. 23, Nr. 2 [Sommer 2003], S. 14).
Japanische Schirme waren aus Papier hergestellt, das mit Öl inprägniert wurde. Das
Papier des Schirmes wurde mit der Stärke
der Kassave-Knolle auf das Gestell geklebt.
Sowohl Öl als auch die Stärke könnten für
die Ratte ein Leckerbissen gewesen sein.
655
RATTE AUF STROHUMHANG
Elfenbein
H. 2 cm; L. 5,4 cm
Um 1800
Die Ratte kauert auf einem Strohumhang
(mino), wie er von Bauern getragen wird,
darunter befindet sich ein Strohhut (gasa).
Mino und gasa gehören zu den takaramono (Kostbarkeiten), die dem Träger angeblich Unsichtbarkeit verleihen und ihn somit vor bösen Einflüssen schützen.
656
ZWEI RATTEN
Hirschhorn, Augen aus schwarzem Horn
H. 2 cm; L. 11,4 cm
19. Jh.
In einem kunstvoll zusammengelegten
Schiffstau haben sich zwei Ratten verkrochen. Das himotôshi führt durch zwei vom
Seil an der Unterseite gebildete Schlaufen.
Eine andere Möglichkeit der Schnurführung bietet sich an der Spitze, wo ein einzelner Strang, der als Pflock in die natürliche Höhlung des Geweihstücks gesteckt ist,
eine Öse bildet.
Die Form dieses beliebten Netsuke-Typs
nutzt das große Segment einer Geweihstange geschickt aus und bildet eine sehr
handschmeichlerische Form.
657
ZWEI RATTEN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,8 cm; L. 5,1 cm
Kyôto, 2. Hälfte 18. Jh.
Die Rattenmutter legt schützend ihre Pfoten über ein Junges. Der Schwanz ist in
einem weitem Bogen um den Körper gelegt.
658
ZWEI RATTEN
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 1,8 cm; L. 3,8 cm
Kyoto, frühes 19. Jh.
168
659
RATTE
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 2,5 cm; B. 3,7 cm
19. Jh.
Die Ratte kauert auf einem auf dem Hut
liegenden Pilz, wahrscheinlich ein matsudake, dessen kräftig in das Holz geschnittene Lamellen einen reizvollen Gegensatz
zu dem glatten Stengel bilden.
660
RATTE
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 3 cm; L. 4,5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Auf dem Rand einer mit Pilzen gefüllten
Schwinge kauert eine Ratte. Solche aus
Bambusstreifen geflochtenen Siebe werden
noch heute zum Waschen von Gemüse
verwendet.
661
RATTE
Holz
H. 3,2 cm; L. 5,5 cm
19. Jh.
Das Stück ist eine ungewöhnlich große und
realistische Darstellung, wobei auffällt, daß
das Fell nicht ausgearbeitet ist.
662
RATTE
Elfenbein
H. 2,8 cm; L. 5,1 cm
Mitte 19. Jh.
Die Ratte kauert auf einem dicken Rettich.
Die Blätter des futamata daikon sind fein
geschnitzt. Rettich und Ratte werden mit
Daikoku in Verbindung gesetzt, wobei
Rettiche dem Gott auch geopfert werden;
im futamata daikon wird eine Ähnlichkeit
mit dem weiblichen Unterleib gesehen. Es
ist ein glücksverheißendes Motiv, das den
Wunsch nach vielen Nachkommen und
guten Ernten beinhaltet.
663
RATTE
Elfenbein
H 1,9; L. 4,4 cm
Frühes 19. Jh.
Die Ratte sitzt nagend auf der Hutkante.
Auf der Unterseite befinden sich das Polster (kasa makura), dicke Bänder und die
Hutschnur.
664
RATTE
Buchsbaum, Augen aus braunem Horn
H. 3,7 cm
Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2.
Hälfte 19. Jh.
Die Ratte hat sich zusammengerollt, eine
Hinterpfote ist über die Schnauze gelegt.
Der Typus der zu einer Kugel zusammengerollten Ratte gibt es zwar bereits schon in
Kyoto im 18. Jahrhundert, doch wird er,
vor allem wenn in Holz geschnitzt, mit
Masanao aus der Provinz Ise in Verbindung gebracht.
665
RATTE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 2,8 cm; B. 3 cm
Sign.: Kômin
Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
169
Die Ratte liegt über einer hamaguriMuschel, die die Hinterpfote und den
Schwanz des Tieres mit ihren beiden Schalenhälften festhält. Dies ist eine Anspielung
auf gleichartige kappa-Darstellungen (vgl.
Kat.-Nr. 225) und das Motiv des Mannes,
dessen Lendentuch von einer Muschel
festgehalten wird.
666
RATTE
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 4,1 cm; B. 3,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Mit geöffnetem Maul, in dem die Nagezähne gut sichtbar sind, kauert das Tier auf
einer gerippten asari-Muschel. Eine kleine
Muschel an der Unterseite gibt dem
Netsuke Standfestigkeit.
667
RATTE AUF EINER SCHWINGE
Elfenbein, Pupillen aus rotem Glas
H. 1,6 cm; L. 4,1 cm
Sign. auf eingelegtem Rotlackplättchen:
Meigyokusai
Kyoto, Mitte 20. Jh.
Die Ratte kauert auf dem Rand einer
Schwinge, in der ein shimenawa liegt. An
diesem zu Neujahr dekorierten Seil hängen
Farnwedel (uwajiro, Gleichenia glauca)
und yuzuriha (Blätter der yuzuri-Pflanze,
Daphniphyllum), deren Eigenschaft es ist,
nicht abzufallen, bevor nicht ein neues
Blatt an dessen Stelle wächst (ein Sinnbild
dafür, daß der Vater nicht stirbt, bevor der
Sohn erwachsen geworden ist). Der Farn
hingegen „versinnbildlicht Kraft, Gesundheit und Nachwuchs, der sich ständig ausbreitet wie der Farnwedel.“ (Casal 1967, S. 7)
DAS EICHHÖRNCHEN
Es gibt Diskussionen, ob das Tier mit
langem, buschigem Schwanz ein Eichhörnchen (risu, Sciurus lis), ein Siebenschläfer (yamane, Glirulus japonicus)
oder ein sarigue, ein eichhörnchenähnliches Opossum ist.
Das Tier, das zusammen mit
Weinlaub und Trauben in der chinesischen als auch der japanischen Kunst
dargestellt ist, wird in der Kunstgeschichte üblicherweise und zurecht als Eichhörnchen identifiziert. Beiden gemeinsam ist die Wendigkeit: Das Eichhörnchen kann alles springend erreichen, die
Rebe rankt überall hin. Die Bezeichnung
des Sujets „budô ni risu“ (Trauben und
Eichhörnchen) ist zudem ein Ausspruch,
der ähnlich klingt wie die Phrase budô ni
rissu, die soviel bedeutet wie "Dinge entsprechend der Philosophie und Normen
der Samurai (bushidô order budô) zu beurteilen (rissuru)". In den Enzyklopädien
und Malvorlagebüchern wird neben anderen ähnlichen Tieren das risu auf einem Kastanien-, Mispel- oder auf einem
Zedernstamm gezeigt.
668
EICHHÖRNCHEN AUF PILZ
Elfenbein, Augen aus dunklem Horn
H. 1,9 cm; L. 3,9 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
Das rattenähnliche Tier mit zweigeteiltem
Schwanz kauert auf der Unterseite eines
großen Pilzes (matsudake?) mit dickem
Stamm, dessen Lamellen kräftig geschnitzt
sind. Auf dem Hut befinden sich Kiefernnadeln, ein Ginkgo- und ein weiteres Blatt.
170
669
EICHHÖRNCHEN
Buchsbaum
H. 3 cm; L. 4,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Das Eichhörnchen hockt auf einer Weinrebe und nascht an den Trauben.
670
EICHHÖRNCHEN
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 2,2 cm; L. 8,8 cm
Ca. 1800
Der Hase wird nicht nur in China und
Japan mit dem Mond in Verbindung gebracht. Der ostasiatischen Überlieferung
nach zerstößt er im Mond in einem Mörser das Elixier der Unsterblichkeit (China) bzw. stampft mochi (Japan). Sein Fell
wird nach 1000 Jahren weiß. Der weiße
Hase, der mit roten Augen dargestellt
wird, symbolisiert daher in China und
Japan langes Leben. Er wird oft inmitten
von Schachtelhalm (togusa, equisetum
pratense) dargestellt. Mit den Halmen,
die Kieselsäure enthalten, poliert er der
Legende nach die Mondoberfläche.
Auf dem größten der drei Pilze, die auf
zwei Farnwedeln liegen, sitzt ein Eichhörnchen. Das Stück ordnet sich formal in die
Gruppe langer, großerStücke von dreieckigem Querschnitt wie Schirm und Schiffstau ein.
672
HASE
Elfenbein
H. 3,2 cm
17./18. Jh.
671
EICHHÖRNCHEN
Elfenbein
H. 2,3 cm; L. 8,9 cm
Ca. 1800
Ehemalige Sammlung Wohltat
Der Hase mit ungewöhnlich langen, zurückgelegten Löffeln hält einen Blütenstengel im Maul. Ein Siegel in Form eines
ähnlich gestalteten Hasens mit einem
reishi-Pilz im Maul ist im Kapitel „Tôbori“
(wörtlich: chinesische Schnitzerei) des
Sôken kishô abgebildet.
Das Tier mit buschigem und stark gebogenem Schwanz hockt an einem länglichen
Kürbis mit Zweig, von dem herzförmige
Blätter hängen. Die Form des Netsuke entspricht dem runden Segment aus dem
mittleren Teil eines Stoßzahns.
DER HASE
Der Hase (usagi) ist das vierte Tier des
Zodiak, repräsentiert den 2. Monat und
steht für die Stunden von 5 bis 7 Uhr. In
Japan wird keine Unterscheidung zwischen Hase und Kaninchen gemacht.
Abb. 36: Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 17b
673
ZWEI HASEN
Buchsbaum
H. 2,5 cm; L. 4,9 cm
Sign.: der 79jährige Nanajûkyusai Shunzan
Frühes 19. Jh.
Die Hasen liegen auf einer flachen Platte,
auf deren Unterseite Bündel von tokusa in
flachem Relief geschnitzt sind; der eine
Hase kratzt sich, der andere beißt in einen
Zapfen.
171
674
HASE
Holz, Augen aus Horn
H. 2, cm; L. 6,2 cm
19. Jh.
An das Muttertier schmiegen sich zwei
Jungtiere. Die komplexe Komposition dieses Netsuke ist typisch für den Stil des Harumitsu.
Das Fell des Hasen ist nicht in Gravur wiedergegeben, wodurch die schöne Maserung
des Holzes zur Geltung kommt.
FLEDERMAUS
Der Symbolgehalt der Fledermaus
(kômori) wurde aus China übernommen.
Im Chinesischen wird das Schriftzeichen
für die Abendsegler fu ausgesprochen,
das gleichlautend ist mit dem Wort fu für
Glück. Da Fledermäuse in China oft zusammen mit Münzen dargestellt werden,
symbolisieren sie auch Wohlstand. Gelegentlich wird die Fledermaus zusammen
mit dem reishi-Fungus abgebildet, der in
China ein Sinnbild für langes Leben ist.
Hôraku aus Kyôto wurde für seine Fledermaus-Netsuke berühmt.
675
HASE
Buchsbaum
H. 1,5 cm; L. 3,4 cm
19. Jh.
676
HASE
Holz, Augen aus hellgrünem Horn
H. 2,5 cm
19. Jh.
677
ZWEI HASEN
Buchsbaum, Augen aus rotbraunem Horn
H. 3,4 cm; L. 4,5 cm
Sign.: Masanao
Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2.
Hälfte 19. Jh. oder später
Am Rücken des Muttertieres richtet sich
das Junge auf und schaut neugierig nach
oben. Ein sehr ähnliches Modell ist im
Skizzenbuch des Suzuki Masanao abgebildet (INCSJ, Bd. 2, Nr. 4 [1974], S. 37).
678
HASEN
Buchsbaum, Augen aus Bernstein
H. 3,4 cm; L. 3,4 cm
Sign.: Harumitsu
Ise-Yamada, Präfektur Mie, ca. 1870/1890
679
FLEDERMAUS
Elfenbein
H. 2,9 cm; L. 3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Fledermaus liegt in einem alten, beschädigten Dachziegel, dessen Stirnseite
mit einem dreifachen tomoe-Motiv und 13
Noppen dekoriert ist. Möglicherweise ist
diese Darstellung eine Anspielung auf den
Ausspruch tori naku sato no kômori (die
Fledermaus in einem Dorf ohne Vögel),
der soviel bedeuten soll wie „Im Land der
Blinden ist der Einäugige König“ (Ehmann
1927, S. 340, Nr. 3101) oder „ein Pedant,
der unwissende Menschen beherrscht“
(Volker 1975, S. 19).
172
680
FLEDERMÄUSE
Manjû-Netsuke
Walroßzahn, mittiger Pflock und Ring aus
Silber
Ø 5 cm
Sign.: Gyokkô und kaô
Mitte Hälfte 19. Jh.
In die runde Fläche des manjû sind zwei
fliegende Fledermäuse und knospende
Trauerweidenzweige graviert. Trauerweiden säumen die von Wasserläufen durchzogenen Straßen der alten Bordellviertel.
Auf der Rückseite wird die kristalline Materialstruktur durch die Borke eines Kiefernstamms kaschiert.
681
FLEDERMAUS
Narwalzahn, Augen aus schwarzem Glas
H. 4 cm; B. 4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Fledermaus hat ihre Flügel auf eine
hohe Gruppe von Pilzen gelegt. Dieses
große Netsuke ist eine sehr ungewöhnliche
Interpretation des Thema kômori und
reishi.
682
FLEDERMAUS
Hirschhorn
H. 3,1; L. 4,1 cm
20. Jh. (erworben 1986)
Die Fledermaus ist in einer typischen
Flugbewegung dargestellt. Das poröse Material Hirschhorn entspricht der fragilen
Beschaffenheit der Flügel. Das himotôshi
verläuft unterhalb eines Steges zwischen
den Flügeln.
683
FLEDERMAUS
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 2 cm; B. 3,7 cm
19. Jh.
Das Nachttier mit dickem, rundem Körper
hat die Spitzen seiner langen Flügel übereinander gelegt. Dieser Typus ist wohl der
häufigste
unter
den
FledermausDarstellungen.
684
ADLER
Buchsbaum
H. 4,8 cm
Frühes 19. Jh.
Der Raubvogel, ein Seeadler oder eine
Weihe (tobi) steht mit nur summarisch
dargestellten Fängen auf einem Gegenstand, möglicherweise ein Wels. Das Gefieder der Flügel ist durch große Federn in
Gravur wiedergegeben.
Die Bedeutung des Sujets bleibt Spekulation. Vielleicht macht der Adler den „Erdbebenwels“ unschädlich. Dann könnte es
sich bei diesem Motiv um einen Talisman
gegen Erdbeben handeln. Von diesem
Netsuke-Typus sind viele Beispiele bekannt.
685
ADLER
Elfenbein
H. 3,5 cm
Sign.: Tomochika
Edo, Mitte 19. Jh.
Der Adler (washi) hat einen auf dem Rücken liegenden Fuchs gekrallt. Das Sujet
des Adlers, der Kraft und Macht symbolisiert, ist ein Netsuke-Motiv der Spätzeit.
173
In der Regel schlägt der Raubvogel einen
Affen. Hierzu kann man ein Sprichwort
anführen: washi ni mitsukareta ko-saru
(der junge Affe, erwischt vom Adler), was
so viel bedeutet wie „sein Ziel immer erreichen“. Es gibt auch die Legende vom Adler, der einen Affen, auf den ein shishi aufpassen sollte, in seinen Fängen abtransportiert. Als der shishi den Adlerhorst mit dem
entführten Affen fand, bot er sich selber als
Beute an. Ein anderes Sprichwort washi ni
usagi (der Hase im Angesicht des Adlers)
bedeutet, unfähig sein, sich zu bewegen.
(INSJ, Bd. 24, Nr. 1 [Frühling 2004], S. 12)
686
ADLER
Holz, Augen aus gelbem und schwarzem
Horn (?)
H. 5 cm
Aufschrift: Harumitsu
20. Jh.
Der sich umschauende Vogel krallt sich
mit seinen großen Klauen an einem Stein
fest, dessen Durchbohrung der Schnurführung dient. Das himotôshi wirkt unzweckmäßig.
687
KRÄHE
Elfenbein, Augen aus braunem Horn
H. 2,2 cm; B. 3,7 cm
Sign.: Ranmei
Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh.
Fest an einen Kakizweig gekrallt, pickt der
Vogel an einer Frucht. Die dunkle Patinierung verleiht dem Material das Aussehen
von hellem Holz.
Das Motiv des Raben, der in eine Kakifrucht pickt, ist vielleicht die Anspielung
auf die Sprichwörter karasu ni hanbo no kô
ari (Der Rabe hat die Tugend, [den Eltern]
die Nahrung zu vergelten) und karasu wa
oya no on o mukuyu (Der Rabe vergilt die
Wohltaten der Eltern) (Ehmann 1927, S.
128-129, Nr. 1199 und 1206). Der Rabe gilt
in Ostasien als Symbol kindlicher Dankbarkeit gegenüber den Eltern.
688
KRÄHE
Schwarzes Holz, die Augen aus hellem
Horn
H. 4,5 cm
Sign.: Chiryû
2. Hälfte 19. Jh.
Krähen/Raben (karasu) gelten als Unglücksboten und sind Symbole des Herbstes. Eine dreifüßige Krähe mit rotem Gefieder bewohnt der Legende nach die Sonne. In Japan stehen die Krähen in Zusammenhang mit dem Kumano-Kult des Shintoismus.
689
EULE
Ryûsa-manjû
Walroßzahn, Pupillen aus schwarzem
Horn
Ø 4,1 cm
Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Der frontal dargestellte Vogel sitzt auf einem Kiefernstamm, dessen Nadelbüschel
einen Kranz um den Vogel bilden.
Die Eule (fukurô) symbolisiert in Japan die
Undankbarkeit, weil ihr nachgesagt wird,
ihre eigene Mutter aufzufressen. Andererseits gilt sie als gutes Omen, wahrscheinlich weil fuku gleichbedeutend mit dem
Wort für Glück ist.
174
690
KRANICHE
Ryûsa-manjû, 2tlg.
Elfenbein, an den Schöpfen Rest von rotem
Lack
Ø 4,3 cm
Sign.: Ryûgyoku
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
In der Krone einer Kiefer füttert ein Kranich zwei Jungvögel in einem Nest. Auf der
Rückseite ist ein herabfliegender Kranich
vor einer Kiefer dargestellt.
Dieses seltene Motiv ist auch auf einem
ovalen manjû von Ryûchin zu finden
(Schwarz 1992, Nr. 362). Hier hat
Ryûgoku, ein Schüler des Ryûchin, das
Motiv des Meisters kopiert. Die Darstellung eines Kranichs bei der Fütterung in
einem Baum widerspricht der Natur, da
der Kranich ein Bodennister ist. Das Motiv
basiert höchstwahrscheinlich auf der Illustration im Malvorlagebuch Ehon shahôbukuro.
Der weiß gefiederte, sog. mandschurische
Kranich (tsuru, Grus nipponense) mit rotem Schopf ist in China und Japan das
Symbol schlechthin für langes Leben und
Glück. Er ist Begleittier zahlreicher Unsterblicher, legendärer Gestalten sowie
chinesischer Gelehrter.
Abb. 37
Ehon shahôbukuro,
1720), Bd. 8, S. 28b
1770
(Erstauflage
691
KRANICH
Eibenholz, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 2,7 cm; L. 4,6 cm
Sign.: Sukenaga
Takayama, Provinz Hida, Mitte 19. Jh.
Der liegende Kranich ist in der ittôbori
(wörtlich:
Ein-Messer-Schnitzerei)Schnitztechnik gearbeitet. Bei dieser Technik wird die Form durch möglichst wenige,
großflächige Schnitte erreicht. Es wird
nicht das harte Buchsbaum-, sondern das
weichere Eibenholz (ichii) benutzt, dessen
gleichmäßige, geradlinige Maserung auf
den großen Schnittflächen gut zur Geltung
kommt. Der aufgesetzte Schopf fehlt und
das Stück hat zahlreiche Tragespuren.
692
GANS
Elfenbein
H. 4,2 cm
Osaka, Mitte 19. Jh.
Vögel, deren elegante Hälse und Körper
sich zur Stilisierung eignen, waren ein beliebtes Motiv der Schnitzer in Osaka. Der
Reiz dieses Stückes liegt in der Drehung
des Halses, der kräftigen Modellierung und
der Farbe des Elfenbeins.
693
WILDGÄNSE
Manjû-Netsuke
Elfenbein, Augen und Wasserspritzer aus
Silber
Ø 5,3 cm
Sign.: Kozan und kaô
Mitte 19. Jh.
In versenktem Relief sind zwei fliegende
Wildgänse über einem Wasserlauf und
Schilf dargestellt. Wildgänse waren ein
Motiv in der Malerei seit dem 14. Jahrhundert.
175
DER HAHN
Der Hahn (niwatori) ist das 10. Tier des
Zodiak, repräsentiert den 8. Monat und
steht für die Stunden zwischen 17 und 19
Uhr. Er symbolisiert männliche Schönheit, Potenz und Kraft.
Unter den Netsuke wird der Hahn
sehr häufig zusammen mit einer Trommel dargestellt. Das Motiv ist eine Anspielung auf eine chinesische Legende.
Eine Trommel, die in Kriegszeiten geschlagen wurde, um Soldaten zusammenzurufen, wurde in einer langen Zeit des
Friedens zur Schlafstelle von Hühnern.
Später wurde die Trommel von Bürgern
geschlagen, wenn sie den Beamten ihre
Klagen vorbringen wollten. Das Thema
ist als kanko no niwatori (der Hahn auf
der Beschwerdetrommel) bekannt und
versinnbildlicht friedvolle Zeiten und
zufriedene Bürger.
694
HAHN UND HENNE
Elfenbein
H. 4,6 cm; B. 3 cm
Sign.: Shûgetsu
Edo, 1. Hälfte 19. Jh.
In pickender Haltung sitzen Hahn und die
Henne auf einer großen Trommel, deren
Bespannung mit Regendrachen in Gravur
dekoriert ist. Ein fast identisches Motiv ist
im Ehon shahôbukuro abgebildet.
Abb. 38
Ehon shahôbukuro,
1720), Bd. 4, S. 12a
1770
(Erstauflage
695
HAHN
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 4,7 cm
Sign.: Meikeisai Hôjitsu
Edo, Mitte 19. Jh.
Die feine Schnitzarbeit dieses Stücks zeigt
sich in den durchbrochen gestalteten
Schwanzfedern des Hahns und der detailreichen Darstellung der Trommel.
696
HAHN, HENNE UND KÜKEN
Buchsbaum, Augen aus schwarzem Glass
H. 3,9 cm
Sign.: Kokei saku
Ise-Provinz, frühes 19. Jahrhundert
Ein Hahn kauert auf einem liegenden
Holzmörser (usu), während innen eine
nach oben schauende Henne sitzt und neben dem Mörser ein Küken neugierig um
den Rand lugt. Die Wandung zeigt eine
kräftige, in Gravur wiedergegeben Holzmaserung, und zwei Vertiefungen dienen
als Griffschalen. Das Netsuke veranschaulicht eine friedliche, bäuerliche Idylle.
697
HAHN
Elfenbein
H. 3,4; L. 3,8 cm
Sign.: Isshû
20. Jh.
698
KÜKEN
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 2,6 cm; L. 3,8 cm
Sign.: Ranboku
Kyoto, Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlungen Bluth und Rose
176
Das Küken sitzt auf einer umgekehrt liegenden Schöpfkelle (hishaku), dessen Griff
das himotôshi bildet.
699
KÜKEN
Elfenbein, Augen aus zweifarbigem Horn
H. 3,5 cm
Osaka, Mitte 19. Jh.
Dieses Sujet eines Kükens, das aus einer
aufgebrochenen Eierschale schlüpft, war
bei den Schnitzern in Osaka wie Dôraku
oder Kaigyokusai beliebt.
DIE WACHTEL
Wachteln (uzura) gelten als streitbar und
verkörpern daher Kampfgeist. Ihre
Hauptnahrung sind Hirsekörner (awa).
Die Wachtel ist zudem wegen des farblosen Gefieders Sinnbild der Armut und –
zusammen dargestellt mit Hirsekolben –
des Herbstes. Die Verbindung mit dem
Herbst wurde bereits im Gedichtzyklus
von Fujiwara Teika (1162-1241) über die
Blumen und Vögel der zwölf Monate
(1214) festgelegt: 9. Monat: Wachteln
Hitome sae/ itodo fukakusa/ karenu to
ya/ fuyu matsu shimo ni/ uzura nakuran
(Immer so alleine, und jetzt, wo das hohe
Gras welkt – ist es das, weswegen die
Wachtel schreit, inmitten des Frostes, der
auf den Winter wartet? (nach Carolyn
Wheelwright (Hg.), Word in Flower: The
Visualization of Classical Literature in
Seventeenth-Century Japan, New Haven
1989, S. 31). Weber vermutet, daß von
Hirsehalmen umgebene Wachteln eine
Anspielung auf den Kyotoer Vorort
Fukakusa ist (Fuka bedeutet Brüten und
kusa Gras). Tatsächlich stammen die be-
rühmtesten Wachteldarstellungen von
den in Kyoto ansässigen Tosa-Malern
und – als Netsuke – von Okatomo aus
Kyoto.
700
WACHTEL AUF HIRSEKOLBEN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
L. 8,9 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bluth (Nr. 428)
Das Thema der Wachteln auf Hirsekolben
ist hier um eine erzählerische Komponente
erweitert. Über drei dicken Hirsekolben
mit Halmen liegt eine Vogelklapper (naruko), die aus fünf Bambusrohren an einem
Holzbrett besteht und ein zusätzlicher
Hinweis auf ein Herbstfeld ist.
701
WACHTELN
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus geschwärztem Kupfer mit Vergoldung und Versilberung; Kapsel aus
Hirschhorn
Sign. auf der Kapsel: Kazuyuki
Ø 4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Vetter
Die Platte ist dekoriert in Relief mit einem
Wachtelpaar unter Herbstblumen. Die
Kapsel ist in der Art der sog. AsakusaSchnitzer mit einem Zackenband durchbrochen beschnitzt. Auf der Unterseite ist
in Relief ein fliegender Vogel zwischen
Blattzweigen über einem Felsen dargestellt.
702
WACHTEL UND KÜKEN
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 2,8 cm; B. 3,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
177
Eine Wachtelhenne mit fein ausgearbeitetem Gefieder und ein Küken sitzen auf
einem sehr großen Hirsekolben mit Halm.
Die winzige Öffnung zwischen den Halmen ist nicht geeignet die Schnur aufzunehmen.
704
FUKURA SUZUME
Elfenbein, Augen aus Holz
H. 2,9 cm; B. 4,8 cm
Aufschrift: Masanao
Kyoto, spätes 18. Jh.
703
ZWEI WACHTELN
Elfenbein
H. 2,6 cm; L. 3,8 cm
Sign.: Yukimasa
Gifu, Präfektur Gifu, ca. 1970 (erworben
1974)
Ein Loch für die Schnurführung befindet
sich zwischen den Krallen, das andere,
größere unterhalb der Schwanzfedern.
Die neuzeitliche Interpretation dieses
Okatomo-Sujets zeigt sich in der geduckten Haltung, in dem aufgeplusterten Aussehen der Vögel und in ihrem strengen,
starren, ins Leere gerichteten Blick.
FUKURA SUZUME
Fukura suzume heißt wörtlich übersetzt
„aufgeplusterter Spatz“. Seine Bedeutung
als Glückssymbol beruht auf dem Homonym fuku, das sowohl Glück als auch Anschwellen bedeutet. Gelegentlich wird
dieser Vogel als Bidori identifiziert, der
Spatz in dem Märchen Shitakiri suzume
(Der Spatz mit der abgeschnittenen Zunge). Die Erfindung dieses Netsuke-Typus
geht wahrscheinlich auf Masanao aus
Kyoto zurück. In der 2. Hälfte des 18.
Jahrhunderts schuf er zahlreiche solcher
Spatzen mit frechen Köpfen, kurzen,
ausgebreiteten Flügeln und hochgestellten Schwanzfedern „wie bei der Liebeswerbung“ (Brockhaus 1925, S. 440) meist
in Elfenbein, seltener in Buchsbaumholz.
Dieser Netsuke-Typus wurde sehr oft
kopiert.
705
FUKURA SUZUME
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 2,4 cm; B. 4,6 cm
Aufschrift: Masanao
Kyoto, spätes 18. Jh.
Auf der Unterseite dieses Netsuke mit
goldgelber Patina befinden sich große,
flach geschnitzte Krallen.
706
FUKURA SUZUME
Buchsbaum, Augen aus Horn
H. 2,5 cm; L. 4,5 cm
Aufschrift: Masanao
Kyoto, spätes 18. Jh.
Auch hier sind die Krallen flach in die Unterseite geschnitzt, zwischen ihnen befinden sich die unterschiedlich großen Löcher
des himotôshi. Im Gegensatz zu den meisten Darstellungen hat dieser Spatz den
Kopf ein wenig zur Seite gewendet. Der
Schnabel ist etwas schief, wodurch der Vogel besonders lebendig wirkt.
707
FUKURA SUZUME
Tagayasan-Holz, Augen aus Silber
H. 2,9 cm; L. 5 cm
Aufschrift: Masanao
1. Hälfte 19. Jh.
178
Die Flügel und Schwanzfedern entsprechen nicht der für Glücksspatzen typischen
Formgebung.
708
SPATZ
Buchsbaum(?), Augen aus Horn
H. 2,4; L. 4,1 cm
Mitte 19. Jh.
Netsuke in Form stilisierter Vögel waren
auf Grund ihrer kompakten, abgerundeten
Form zum Tragen sehr geeignet. Hier ist
der winzige Schnabel Hinweis auf einen
Spatzen.
709
VOGELSCHAR
Zahn
H. 1,3 cm; L. 5,4 cm
19. Jh.
Der Zahn ist der Länge nach halbiert und
beschnitzt mit einer Schar von neun Vögeln, bei denen es sich aufgrund der Flügelform und der Schwanzfedern um Spatzen handeln könnte. Auf der Unterseite
sind Wolkenwirbel dargestellt.
DIE SCHILDKRÖTE
Die Schildkröte (kame) wird sehr alt und
symbolisiert daher langes Leben. In der
japanischen Kunst sind zwei Typen von
Schildkröten anzutreffen: minogame und
kame.
Da manche Schildkröten jahrelang im Brackwasser leben, können auf
ihrem Panzer parasitische Algen wachsen, die dem Tier das Aussehen geben, als
trage es einen Strohumhang (mino). Diese Art wird minogame (wörtlich: Strohumhang-Schildkröte) genannt und mit
einem langem, breiten, spitz zulaufendem „Schwanz“ und Ohren dargestellt.
Die minogame ist eines der vier kosmologischen Tiere, der die Himmelsrichtung
Norden zugeteilt ist. Als Symbol des langen Lebens ist sie Begleittier des Glücksgottes Fukurokuju und wird in glücksverheißender Kombination mit Modellen
eines Kranichs und einer Kiefer auf der
Hôrai-Insel zu Neujahr und zu Hochzeiten dekoriert.
Die Schildkröte gilt wegen ihrer
zahlreichen
Nachkommenschaft
als
Sinnbild der Fruchtbarkeit und wird daher oft mit ihren Jungen, in großen
Gruppen oder als Spielzeug eines Kindes
dargestellt. Sie ist ein Talisman für zahlreichen Nachwuchs und diente anläßlich
von Festen als Geschenk.
710
SCHILDKRÖTE
Elfenbein
H. 1,5 cm; L. 4 cm
Aufschrift: Masatsugu
Spätes 18. Jh.
Die Schildkröte hat die Beine eng an den
Körper gelegt. Der Kopf schaut nur wenig
unter dem Panzer hervor. Dieser kompakte
Typus eignet sich hervorragend als Netsuke. Es gibt ihn bereits seit dem 18. Jahrhundert und er wird mit Garaku aus Osaka
in Verbindung gebracht.
711
SCHILDKRÖTE
Buchsbaum
H. 2,2 cm; L. 5,2 cm
Sign.: Kihachi tsukuru kore (gemacht von
Kihachi)
Mitte 19. Jh.
179
Bei diesem Netsuke befindet sich die Öse
für die Schnur auf der Unterseite des deckelähnlich eingelassenen Sechsecks des
Panzers; die Schnur tritt aus einer Öffnung
im Bauch des Tieres.
715
MINOGAME
Buchsbaum
H. 2,1 cm; B. 5 cm
1. Hälfte 19. Jh.
712
FÜNFZEHN SCHILDKRÖTEN
Elfenbein
H. 2,6 cm; B. 4 cm
Sign.: Ikkôsai
Edo, Mitte 19. Jh.
Die Darstellung könnte als Wunsch für das
lange Leben der Tokugawa-Familie, die das
Shogunat stellte, interpretiert werden, da
das aoi (Asarum caulescens)-Blatt, auf dem
die minogame liegt, die Wappenpflanze der
Tokugawa-Familie ist. Auf der Unterseite
befindet sich ein zweites aoi-Blatt.
Über zwei Lotosblätter und zwei Stengeln
mit Lotosblüte kriechen fünfzehn kleine,
detailreich ausgearbeitete Schildkröten.
Dieses Sujet hat Ikkôsai mehrfach geschnitzt. Mit großer Wahrscheinlichkeit
handelt es sich um das im MCI, S. 939 abgebildete Stück.
713
SIEBEN SCHILDKRÖTEN
Elfenbein
H. 2,3 cm; B. 4,8 cm
Sign.: Rakuôsai
Mitte 19. Jh.
Die sieben übereinander kletternden Tiere
bilden eine große, kompakte Form. Die
Schnurführung verläuft unter einem der
Schwänze.
714
ZWEI SCHILDKRÖTEN
Buchsbaum
H. 3 cm
Aufschrift: Kagetoshi
Mitte 19. Jh.
Über eine kleine Schildkröte mit eingezogenem Kopf klettert ein größerer Artgenosse mit aggressiv vorgeschobenem Kopf.
716
MINOGAME
Porzellan, Überglasurblau, Grün und Gold
H. 2,3 cm; L. 3,9 cm
Wahrscheinlich Kyoto, Mitte 19. Jh.
Das Netsuke hat die Form einer Schildkröte mit kurzem Schwanz und fledermausartigem Kopf. Die Basis besteht aus einem
Kranz von Lotosblütenblättern. Die Farbpalette der Glasur ist die der Keramiken
aus Kyoto (s. MCI, S. 55). Ein fast identisches Netsuke, elfenbeinfarben glasiert,
wird von Noetzel – wohl fälschlich – als
eine Arbeit aus Tokyo beschrieben (Noetzel 1985, S. 96, Abb. 51).
717
MINOGAME
Elfenbein
H. 1,8 cm; L. 4,1 cm
20. Jh. (1981 erworben)
Diese minogame ist mit besonders langem,
aus mehreren Haarsträhnen bestehendem
Schwanz, der nicht wie üblich von unterhalb des Panzers entwächst, und einem
Drachenkopf und -hals dargestellt. Obwohl
das Stück eine schöne Patina aufweist,
180
sprechen die Themeninterpretation und
die sehr kleinen himotôshi-Löcher für eine
moderne Arbeit.
de Kunden und Profite. Restaurant- und
ryôkan-Besitzer stellten beispielsweise
Keramik-Frösche in den Eingängen auf.
718
ZWEI EIDECHSEN
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 1,9 cm; L. 4,6 cm
Aufschrift: Shûgetsu
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Houthakker
719
FROSCH
Elfenbein oder Tierzahn, Augen aus Horn
L. 4,2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Die beiden Echsen liegen auf einem Blatt;
der Stengel bildet das himotôshi. Weil diese
Tiere Musterbeispiele ehelicher Zuneigung
und Liebe sind, entwickelte sich in Japan
der Aberglaube, daß die Asche von Echsen
(imori no kuroyaki) eine Liebesmedizin ist,
und daß das Mädchen, das mit solchem
Pulver bestreut wird, die Liebe erwidern
wird.
DER FROSCH
Frösche (kawazu oder kaeru) mit glatter
Haut sind Vorboten der Frühlingsregen
mit ihren kräftigen Schauern, die für die
Reisfelder und sprießende Saat notwendig sind. Eine gut aufgegangene Saat versprach Wohlstand. Dem ama gaeru
(wörtlich: Regen-Frosch, Laubfrosch)
wird nachgesagt, mit seinem lauten Quaken Regen herbeirufen zu können. Heute
werden kleine Nachbildungen von Fröschen aus glasiertem Porzellan verkauft,
die man in das Portemonnaie steckt,
denn kaeru bedeutet auch „zurückkehren“. Man erhofft sich, daß das ausgegebene Geld wieder zurückkommen würde.
Diesen Aberglauben gab es vielleicht
schon zur Edo-Zeit. Geschäftsleute sahen
im Frosch ein Symbol für wiederkehren-
Der kleine Frosch hockt auf einem liegenden Bambusschößling.
720
FROSCH
Buchsbaum
L. 5,3 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
Der Frosch liegt auf einem zusammengeklappten Lotosblatt, in dem sich ein Taschenkrebs eingenistet hat. Dieser kneift,
über die plötzliche Landung des Frosches
auf dem Blatt erschreckt, mit einer Schere
in dessen Hinterbein. Sujets wie dieses,
denen eine genaue Naturbeobachtung zugrunde liegt, stammen in der Regel aus der
Provinz.
DIE KRÖTE
Der plumpen und sich aufblähenden
Kröte (gama) mit warziger, drüsenreicher Haut, die ein giftiges Sekret ausscheidet, wurde in Japan in Anlehnung
an chinesische Vorstellungen magische
Kräfte zugesprochen. Diese zeigen sich
beispielsweise in ihrer Fähigkeit, sich
auch durch kleinste Öffnungen zu zwengen und somit entwischen zu können.
Trotz der häßlichen Haut besitzt die Kröte eine gewisse Würde in der Art, wie sie
181
sich langsam fortbewegt und still und
geduldig sitzt, um auf ihre Beute zu warten, die sie dann in einer schnellen Bewegung schnappt und verschlingt. In dieser
Eigenschaft könnten die Japaner eine
Parallele zum regungslos meditierenden,
aber dennoch hellwachen Zen-Adepten
gesehen haben.
721
ZWEI KRÖTEN
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 2,8 cm
Sign.: Masanao und kaô
Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2.
Hälfte 19. Jh. oder später
Ein solcher Kröten-Typus – groß und fett
und von kompakter Form – ist beispielsweise von Shigetada sehr häufig geschnitzt
worden.
724
KRÖTE
Buchsbaum, Augen aus Perlmutter und
Horn; himotôshi in Bein gefaßt
H. 2,7 cm; L. 5 cm
Ca. 1800
Bei diesem Motiv handelt es sich um Kröten bei der Paarung. Dieses Sujet ist typisch
für die Schnitzer aus Ise und wurde über
viele Jahrzehnte hindurch gefertigt.
Dieses Modell einer Kröte mit großen Augen aus Perlmutter weicht in Form und
Ausarbeitung der Beine von den häufigen
Shigetada-Kröten ab. Der Schnurkanal an
den beiden gleichgroßen Öffnungen ist mit
Horn gefaßt. Auf der Unterseite befindet
sich ein Perlmutterplättchen, eine Ergänzung für das ausgebrochene Plättchen mit
Signatur.
722
KRÖTE
Buchsbaum, Augen aus Glas
L. 4,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
725
KRÖTE
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 3,9 cm
2. Hälfte 18. Jh.
Die Kröte auf einer Strohsandale mit ausgerissenem Riemen ist von den Schnitzern
in Ise und Tsu (heute Präfektur Mie) oft
geschaffen worden. Das Motiv soll die
Armseligkeit des Landlebens symbolisieren.
Diese ungewöhnlich große Kröte aus einem dreieckigen Stück Elfenbein ist durch
den riesigen, aufgeblähten Hals und die
großen Augen gekennzeichnet. Die warzige Haut ist in graphisch vereinfachter Art
durch kleine Kerben wiedergegeben.
723
KRÖTE
Buchsbaum, Augen aus Horn (?) und Silber
H. 3,3 cm; L. 9,2 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Vassal
726
KRÖTE AUF EINEM LOTOSBLATT
Bein und Metall
L. 4,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Auf einem angefressenen Lotosblatt sitzt
eine Kröte aus Metall, deren Buckel ver182
goldet sind und deren Gegenstück auf der
Unterseite ein beweglicher Ring ist.
727
KRÖTE
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus Gelbmetall mit Kupfereinlage,
teilweise vergoldet; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,2 cm
Mitte 19. Jh.
Die hockende Kröte mit aufgeblähtem Hals
unter in katakiri-Gravur wiedergegeben
Zweigen ist frontal dargestellt.
728
KRÖTE
Elfenbein
L. 5,6 cm
Sign.: Kinmei (Kaneaki)
20. Jh. (erworben 1983)
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Die Kröte wird „vermenschlicht“ dargestellt, indem sie ein Kopftuch trägt.
729
KRÖTE
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
H. 2,8 cm; L. 4,4 cm
Sign.: Kangyoku
Tokyo, ca. 1960/1970 (erworben 1979)
Der Reiz dieses Stückes liegt in der Gestaltung der warzigen Haut: helle, erhabene
Buckel wechseln mit tiefer liegenden, dunkel eingefärbten Stellen ab.
SANSUKUMI
Die Schlange ist der einzige natürliche
Feind der Kröte, denn andere Tiere
schrecken vor ihrem giftigen Drüsensaft
zurück. Im Volksglauben besaßen
Schlange und Kröte übernatürliche Kräfte. Häufig dargestellt ist das Thema
sansukumi (Die Drei Schaudernden), die
drei Tiere, die ihren gegenseitigen Untergang bedeuten: Denn die Kröte frißt
die Schnecke und die Schlange verschlingt die Kröte. Doch das Schneckengift bringt schließlich auch die Schlange
um. So leben die Tiere in gegenseitiger
Furcht und in Mißtrauen voreinander.
Das Thema, auch Topos der Erzählung
von Jiraya, ist Sinnbild der Vergeltung
und war unter Netsuke in der 2. Hälfte
des 19. Jahrhunderts ein häufiges Motiv.
Meist werden eine Schlange und eine
Kröte an einem Schädel dargestellt.
730
SCHLANGE UND KRÖTE
Sashi-Netsuke
Holz, Pupillen der Kröte aus Metall
H. 12,8 cm; B. 4,7 cm
Sign.: Masatami tô
Nagoya, 2. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Poser
Auf der Klinge einer aufrecht stehenden
Hacke sitzt eine Kröte; eine Schlange windet sich um den Griff und schaut auf die
Kröte herab. Da das Stück als Netsuke
nicht gut tragbar ist, handelt es sich möglicherweise um eine Auftragsarbeit.
731
KRÖTE UND TOTENSCHÄDEL
Bein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 2,9 cm; L. 4,1 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Eine Kröte versucht über einen Totenschädel ohne Unterkiefer zu klettern.
183
732
SCHLANGEN UND KRÖTE AUF EINEM SCHÄDEL
Elfenbein
H. 3,5 cm
Sign.: Minkyoku
Spätes 19. Jh.
Zwei Schlangen winden sich an einem
Schädel; eine von ihnen hat das Bein eines
Frosches geschnappt. Auf der Schädeldecke liegt eine kleine Echse.
In China ist die Echse, eigentlich ein Gecko, zusammen mit dem Tausendfüßler,
der Schlange, dem Skorpion und der Kröte,
eines der Fünf Gifttiere, die sich gegenseitig auffressen. Das übriggebliebene Tier
enthielt das Gift aller fünf Tiere, und mit
seinem Kadaver wurden verschiedene magische Praktiken ausgeführt.
während eine tote Schlange ein Unglück
ankündigt. Im Buddhismus ist die
Schlange Sinnbild von Sinnlichkeit, Eifersucht und Haß. In der Netsuke-Kunst
wird sie wegen der eleganten Windungen
ihres Körpers und dessen vielfältigen
Möglichkeiten der Gestaltung gerne dargestellt. Je manierierter und unregelmäßiger die Verschlingungen gestaltet sind,
desto später sind die Netsuke entstanden.
734
SCHLANGE
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus Kokos-Holz, Auge und Zunge
aus Silber; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,8 cm
Platte sign.: Masahide und kaô; Kapsel
sign.: Masanobu
Nagasaki, ca. 1830/1870
733
SCHLANGE UND KRÖTE
Elfenbein
H. 4 cm; L. 4,1 cm
Sign.: Seikyû
20. Jh. (erworben 1982)
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Die Platte besteht aus einer flach geschnitzten Schlange mit rund gelegtem Leib und
einer Kapsel mit der unregelmäßigen
Oberfläche eines Kürbisses. Dies ist eine
Variante des Motives der Schlange, die sich
durch einen Kürbis windet und Mitte des
19. Jahrhunderts sehr beliebt war.
Aus einer der Körperwindungen der züngelnden Schlange schaut der Kopf einer
Kröte hervor. Die sechseckige From der
Schuppen zieht sich wie ein Muster über
den Körper. Das große Netsuke ist ein typisches Beispiel für eine moderne Arbeit.
735
DREI SCHLANGEN
Elfenbein
H. 4,2 cm
Sign.: Meigyoku
20. Jh. (1977 erworben)
DIE SCHLANGE
Die Schlange (hebi oder mi), das sechste
Tierkreiszeichen, repräsentiert den 4.
Monat und steht für die Stunden zwischen 9 und 11 Uhr. Eine lebende Schlange gilt im Volksglauben als gutes Omen,
Die Leiber sind ineinander verschlungen
und die Mäuler zweier von ihnen aggressiv
geöffnet. Bei dieser modernen Interpretation lag das Interesse in den komplizierten
Windungen der drei Körper.
184
736
SCHLANGE
Buchsbaum, Pupillen aus Horn
H. 2,4 cm; Ø 3,4 cm
Sign.: Ichiraku
Mitte 19. Jh.
Die Schlange ist zu einem Kreis zusammengerollt, der Kopf ruht auf ihrem Leib.
737
SCHLANGE
Rotbraunes Holz, Augen aus hellem Horn
und Silber
H. 3 cm; L. 4,9 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Katchen
Der Körper der züngelnden Schlange ist in
der Art einer Acht zusammengerollt und
bildet eine große, kompakte Form. Die
Schuppen sind schematisch dargestellt.
DIE SCHNECKE
Schnecken (katatsumuri) sind gelegentlich Thema von Romanen (z.B. Jiraya
monogatari) und Märchen. Doch der
Hauptgrund ihrer Darstellung als Netsuke liegt in der kompakten Form des Gehäuses, das die Schnecke zu einem nahezu idealen Sujet für einen Gürtelknebel
macht. Die Schnecke wird oft auf einem
Brunneneimer oder auf einem Bambusrohr dargestellt.
738
SCHNECKE
Eisen
H. 1,7 cm; L. 4,5 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
Die Schnecke ist aus ihrem Haus gekrochen und hat die Fühler ausgestreckt. Ihre
Haut ist von einem goldenen Streifen akzentuiert. Das ungewöhnliche Stück ist aus
zwei Teilen geformt und innen hohl.
739
DREI SCHNECKEN
Elfenbein
H. 1,8 cm; L. 3,8 cm
Sign.: Gyokuhôsai
Edo. Mitte/2. Hälfte 19. Jh.
Die drei Schnecken mit ausgefahrenen
Fühlern folgen einander im Kreis. In der
Öffnung eines jeden Schneckenhauses ist
eine Landschaft dargestellt: Miho no
matsubara, die kiefernbestandene Landzunge in der Suruga-Bucht, und der Berg
Fuji; eine Uferlandschaft bei Vollmond
und Pavillons an einem Ufer. Meist werden
diese anabori-Motive in Muscheln oder in
Früchten dargestellt. Die Ring-Muster auf
den Schneckengehäusen sind rotbraun
eingefärbt.
740
SCHNECKE
Buchsbaum, die Fühlerspitzen aus schwarzem Horn
H. 1,9 cm; L. 3 cm
Spätes 19. Jh.
Die Schnecke schiebt sich aus ihrem Gehäuse und legt die Fühler auf den Umgang.
Dies ist die gängigste SchneckenDarstellung, die sich wegen der handschmeichlerischen, kompakten, runden
Form hervorragend als Netsuke eignet.
185
741
ZWEI SCHNECKEN
Hirschhorn
H. 1,3 cm; L. 4,3 cm
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Über zwei, auf Wellen schwimmenden
Ahornblätter kriechen zwei stilisierte
Schnecken. Textur und Form dieses
Netsuke sprechen für die Arbeit eines
Schnitzers, der vom Stil des Kokusai beeinflußt war.
MEERESTIERE
Im Inselland Japan, das zudem von großen Flüssen durchzogen ist, sind Meeresund Flußtiere eine wichtige Nahrungsquelle. Unter ihnen sind Lachs (sake),
Bonito (katsuo) und Meerbrasse (tai) die
begehrtesten. Getrockneter und gesalzener Lachs (shiozake) und Meerbrasse
(tai), die dem Gott der Fischerei Ebisu
zugeordnet sind, werden zu Neujahr verschenkt. Der Kugelfisch (fugu) gilt als
besondere Delikatesse. Karpfen (koi) und
Schleierschwanzfische (kingyo) hingegen
sind reine Zierfische.
Die Bedeutung der Meerestiere in
der japanischen Kultur findet sich auch
in zahlreichen Darstellungen von Fischen
in Malerei und Druckgraphik, z.B. im
Buch Umi no sachi (Meeresfülle) von
Katsuma Ryûsai aus dem Jahr 1762, im
illustrierten Album mit Abbildungen von
Fischen und Muscheln von Keisai
Masayoshi (1764-1824) aus dem Jahr
1802 und in verschiedenen Blättern von
Katsushika Hokusai (1760-1849). Am
berühmtesten jedoch sind die FischDrucke von Utagawa Hiroshige (17971858).
742
KARPFEN IN EINER LANDSCHAFT
Elfenbein, Pupillen der Fische aus Silber
H. 4,4 cm
Sign.: Masamune
18. Jh. (nach 1715)
Ehemalige Sammlung Buzaglo
Auf einer Seite dieses dreieckigen Elfenbeinstückes sind ein Karpfen, der einen
Wasserfall hochspringt, und ein schwimmender Karpfen dargestellt. Die Schriftzeichen
ryûmontaki
(Drachen-TorWasserfall) auf der Unterseite beziehen
sich auf die chinesische Legende des Karpfens, der die Stromschnellen von Longmen
(jap. Ryûmon) überwindet und sich in einen Drachen verwandelt.
Das Sujet hat zwei Bedeutungen. Einerseits
verweist es auf die Kraft und Stärke des
Karpfen, der gegen die Wasserströmung
schwimmen kann. Andererseits wird in
China der Karpfen, der die LongmenSchnellen des Gelben Flusses hochspringt,
als eine Parabel gesehen für den jungen
Anwärter, der die Hürden der Beamtenprüfungen besteht. Der Karpfen ist damit
ein Symbol von Beharrlichkeit und Erfolg.
Eine fast identische Darstellung ist im
Ehon shoshin hashiradate illustriert. Daß
der Schnitzer diese Vorlage genutzt hat,
zeigt, daß er sogar den Schriftduktus der
Bezeichnung ryumontaki genau kopierte.
Auf der anderen Seite dieses Netsuke ist
ein Reisender mit Schwert und ein Pfeife
rauchender Lastenträger dargestellt.
Abb. 39
Ehon shoshin hashiradate, 1794 (Erstauflage 1715), Bd. 1, S. 14b
Abgeb. in: Aalderink 1985, Kat.-Nr. 41
186
743
KARPFEN
Walroßzahn, Pupillen aus rotbrauner Masse
H. 1,7 cm; L. 4,4 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Karpfen schwimmt zwischen Wellen.
Das Motiv ist Anspielung auf die Stromschnellen von Longmen (siehe Kat.-Nr.
742).
744
ZWEI FISCHE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
B. 4,2 cm
Sign.: Tomokazu
2. Hälfte 19. Jh.
Über einer Scholle (hirame) liegt eine Brasse (tai) in einem flachen Korb. In Japan
werden noch heute in Fischhandlungen die
Waren in flachen Körben dargeboten.
745
KARPFEN
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,5 cm; L. 5,3 cm
Aufschrift: Garaku
Spätes 19./20. Jh.
Der kraftvolle Körper des Karpfens ist
rund gelegt. Er beißt in die Spitze der
Schwanzflosse. Das große, unhandliche
Netsuke wurde wohl von ähnlichen Netsuke des Masanao aus Kyoto inspiriert.
746
ZWEI KUGELFISCHE UND ZWEI AUBERGINEN
Buchsbaum
H. 1,6 cm; L. 4,5 cm
Sign.: Tadayuki nanajûni (72jährig)
Nagoya, Provinz Owari, Mitte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
Kugelfische, die in der japanischen Küche
als Delikatesse gelten, dürfen nur von eigens geschulten Köchen zubereitet werden,
da einige Eingeweide giftig sind. Von Auberginen (nasubi) hingegen glaubt man,
daß sie ein Gegenmittel für das Gift des
fugu sind. Die raffinierte Einfärbung der
Fischhaut ist sehr ungewöhnlich.
Ein fast identisches Stück, signiert Ichiriki,
befand sich ehemals in der Sammlung
Bushell (Bushell 1975, S. 183, Nr. 514; auch
Christie's, London, 27.10.1987, Lot 206).
Dieser in ukibori signierende Künstler war
Mitte des 19. Jahrhunderts tätig und war
auf Pilze und Gemüse-Sujets spezialisiert.
Eine Darstellung von zwei fugu, signiert
Tadatoshi, befand sich ehemals in der
Sammlung Greenfield (Hurtig 1973, S. 76,
Nr. 252).
Diese Netsuke zeigen exemplarisch wie ein
und dasselbe Motiv von verschiedenen,
aber in derselben Werkstattradition stehenden Künstlern in derselben Machart
ausgeführt wurde.
747
FUGU
Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn, Zähne aus Bein
H. 3,5 cm; L. 7,8 cm
Sign.: Masatada
2. Hälfte 19. Jh.
Die charakteristischen Merkmale des Kugelfisches sind das schnabelartige Gebiß
und die mit feinen Stacheln besetzte Haut.
Wenn der fugu sich in Gefahr befindet,
füllt er seinen Magensack mit Wasser, so
daß er die Form einer Kugel annimmt.
187
748
WELS
Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem
Horn
L. 7,1 cm
19./20. Jh.
752
TROCKENLACHS
Walfischbarte
L. 13,4 cm
Sign.: Tessai tô und kaô
Nara, ca. 1920
749
TROCKENLACHS
Elfenbein, Augen aus Perlmutt
L. 8,3 cm
19. Jh.
Der aufgeschlitzte und ausgenommene
Lachs ist in virtuoser Schnitztechnik wiedergegeben.
Tessai hat shiozake sowohl in Barte als
auch in Holz geschnitzt. Ein Trockensalm
von ihm aus Holz (ehemals Londoner
Kunsthandel, abgeb. in: Through Three
Centuries, London 1978, Nr. 58) wird von
einem Holzkasten begleitet, der inschriftlich auf das Jahr 1924 datiert ist.
Die aogai (Haliotis)-Einlagen in den Augenhöhlen steigern das makabre Aussehen
dieses Trockenlachs (shiozake).
750
TROCKENLACHS
Obstholz, Augen aus Perlmutt
L. 9 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Am abgeschnittenen Ende des Trockenlachs sind Gräten und Wirbelsäule des Fisches sichtbar. Die schuppige Haut ist verschrumpelt, die Flossen sind mager und
dünn. Es ist eine ungewöhnlich realistische
Wiedergabe.
751
TROCKENLACHS
Horn, Augen und Fellpunkte aus Bein
L. 10,3 cm
19. Jh.
Über den Unterkiefer eines großen shiozake krabbelt ein Kätzchen mit weiß gepunktetem Fell.
753
KRAKE
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shakudô, Details aus Gold und
Kupfer; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,2 cm
Mitte 19. Jh.
Auf der Platte befindet sich die seltene
Darstellung eines Kraken in seinem Habitat. Er schaut aus einer Grotte, an der ein
Fisch vorbei schwimmt.
754
TENTAKEL EINES KRAKEN
Elfenbein
L. 5,4 cm
Aufschrift: Mitsuhiro und kaô
Osaka, ca. 1840/1860 oder später
Bei dieser sehr realistischen Darstellung
eines Krakententakels denkt man unwillkürlich an eine Küchenszene, wo der
Fangarm bereit für die Zubereitung liegt.
188
Im Takarabukuro des Ôhara Mitsuhiro ist
unter Nummer 82 ein solches Netsuke angeführt: „Fly on Octopus tentacles.
Tentacles are colored in red. Make the cut
ends white. The fly should be an exact copy“. (Temple 2001, S. 59) Die japanische
Sprache kennt kein Plural, daher kann es
sich auch um einen einzelnen Tentakel
handeln.
Die Art, wie das Material hier eingefärbt
ist, entspricht der Beschreibung und ist
typisch für eine Arbeit aus Osaka.
Ein fast identisches Modell eines Tentakel
mit Fliege befand sich ehemals in der Slg.
Bushell (Christie's London, 27.10.1987, Lot
199, sign. Mitsuhiro und kaô). Ein Kôshû
signiertes Netsuke mit gleichem Thema
befindet sich im British Museum, London
(Barker und Smith 1976, S. 37, Nr. 31).
Ein Krake versucht sich aus einem Binsenbündel zu befreien, in dem sich Venusmuscheln befinden. Die Spitze einer Tentakel
wird von einer Muschel festgehalten. Dieses Sujet ist typisch für die NagoyaSchnitzer der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
755
KRAKE
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 3,3 cm
Aufschrift: Mitsuharu
20. Jh.
758
KRABBE IN EINEM LOTOSTEICH
Ryûsa-manjû
Elfenbein und Silber
Ø 4,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der Krake (tako) mit Stilaugen hat seine
Fangarme zum Körper hin gekreuzt angeordnet. Oktopus-Netsuke wurden angeblich gerne von Ärzten getragen, weil der
Legende nach der Hofarzt des Drachenkönigs Ryûjin ein Krake war. Ein weiterer
Grund für die Beliebtheit ist, daß tako ein
Homonym für großes Glück ist.
In der Mitte dieses ryûsa-manjû befindet
sich zwischen stilisierten Wellen, Lotosblättern und -blüten eine Krabbe aus Silber.
756
KRAKE IN EINEM BINSENBÜNDEL
Buchsbaum, Augen aus schwarzem Glas
H. 3,3 cm; B. 5,1 cm
Sign.: Masakazu
Nagoya, Provinz Owari, Präfektur Aichi 2.
Hälfte 19. Jh.
757
TINTENFISCH ODER KALMAR
Elfenbein, Pupillen aus Glas
L. 6,5 cm
Um 1900
Ehemalige Sammlungen Bluth und Rose
Während sich um den Kraken in Japan
zahlreiche Sagen ranken, hat der Tintenfisch (ika) seine Bedeutung vor allem als
Nahrungsmittel.
759
KRABBE
Maritimes Elfenbein
H. 2 cm; L. 6,2 cm
Sign.: Teruyuki
1. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
Der große, realistisch dargestellte Taschenkrebs (kani) mit besonders dicken
189
Scheren liegt auf einem Blatt, um dessen
Ränder sich die Klauen biegen.
Möglicherweise ist dieses Netsuke identisch mit dem von Davey unter Nr. 2906
der Künstlerliste erwähnten.
760
SEEOHR
Holz
H. 1,3 cm; L. 4,3 cm
Sign.: Ikkô
Nagoya, Provinz Owari, Mitte 19. Jh.
Die Oberseite der Schale zeigt typische
Verkrustungen, die teilweise die Atemlöcher überwuchern. An der glatten, fleischigen Unterseite – die eigentliche Schauseite
– sind einige Sandkörner in ukibori dargestellt.
761
SEEOHR
Hirschhorn
H. 2,3 cm; L. 4,8 cm
19. Jh.
Die Schale wird bestimmt durch elf Atemlöcher. Auf der gegenüberliegenden Seite
liegt eine dünne Garnele (ebi), deren gekrümmter Rücken das himotôshi bildet.
Die rauhe, poröse Struktur des Materials
entspricht der natürlichen Beschaffenheit
der Seeohrschale. Die tiefe Höhlung könnte dem Ausklopfen eines Pfeifenkopfes
gedient haben.
762
MUSCHELN
Elfenbein
H. 1,4 cm; L. 6,6 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Das lange, spitze Materialstück von dreieckigem Querschnitt ist beschnitzt mit
einer Venusmuschel, aus der eine langschwänzige Schildkröte kriecht. Die Mitte
wird gebildet durch eine Haliotis, die Spitze durch eine Schnecke.
763
MUSCHELGRUPPE
Elfenbein
H. 1,8 cm; L. 4,1 cm
Sign.: Hôshinsai
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Die Gruppe wird gebildet von hamaguri,
akagai, einer Schnecke und einer Kauri; im
Boden verläuft das himotôshi unter einer
kleinen Turmschnecke. Im Inneren der
hamaguri-Muscheln sind Landschaften mit
Fuji dargestellt. Der Name der Örtlichkeiten ist auf der Muschelschale in Silbenschrift (katakana) geschrieben: Shichirigahama, Kanazawa und Enoshima. Von diesen drei Orten an der Sagami-Bucht hat
man einen besonders schönen Blick auf
den Fuji. Enoshima war in der Edo-Zeit ein
Pilgerort, und es ist möglich, daß solche
Netsuke dort als Souvenir verkauft wurden.
764
DREI VENUSMUSCHELN
Elfenbein
H. 2,3 cm; L. 5,1 cm
Spätes 19. Jh.
Auf die glatte Schale der großen hamaguriMuschel sind der Bergkegel des Fuji und
die Kiefern auf der Landzunge von Miho
graviert. Auf einer kleineren ist eine von
Trauerweiden gesäumte Brücke zu erkennen.
190
DIE ZIKADE
In China war die Zikade (semi) seit alters
her Symbol der Wiedergeburt und des
Lebens nach dem Tod, da sie als ausgewachsenes Tier ihrer Chrysalis entschlüpft. In Japan symbolisiert die Zikade Menschlichkeit. Das Insekt wird mit
der obon-Zeit (das buddhistische Allerseelenfest) in Verbindung gebracht und
wegen ihres lauten Zirpens besonders mit
dem Spätsommer. Die Zikade ist eines
der Lieblingssujets der Schnitzer in der
Provinz Iwami.
765
ZIKADE
Umimatsu
H. 2,2 cm; L. 4,8 cm
Möglicherweise Provinz Iwami, 1. Hälfte
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wolf
Das Insekt sitzt auf einem Blattzweig, an
dem Eicheln hängen.
766
ZIKADE
Buchsbaum
H. 2,6 cm; L. 3,9 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Zikade sitzt auf einer leeren, halben
Walnußschale. Da Walnüsse ein häufiges
Motiv der Hida-Schnitzer waren, könnte
auch diese Arbeit von dort stammen.
767
ZIKADE
Holz, Augen aus schwarzbraunem Horn
(?)
H. 1,9 cm; L. 4,3 cm
Sign.: Masanao
20. Jh.
Die Zikade sitzt auf einem löchrigen Lotosblatt. Auf der Unterseite befindet sich
eine Spinne, die einen Faden spinnt. Das
himotôshi verläuft unterhalb eines verästelten, blattlosen Zweiges, der in diesem Kontext fehl am Platz erscheint. Man hätte hier
den Stengel des Lotos erwartet.
Das Netsuke ist fast identisch mit einem
Harumitsu signierten Netsuke aus dem
späten 19. Jahrhundert (Welch and Chappell 1999, S. 155, Kat.-Nr. 237), das im Katalog von der Seite und von unten abgebildet ist. Die Signatur hier entspricht nicht
den Signaturen des Masanao aus Ise, es
irritiert vor allem der obere Doppelstrich
des ersten Schriftzeichens.
768
ZIKADE
Elfenbein, Früchte rot eingefärbt
H. 2,4 cm; L. 4,2 cm
Sign.: Gyokuhôsai
Tokyo/Edo, ca. 1850/1870
Ehemalige Sammlung Greene
Die Zikade verharrt auf dem größten, teilweise aufgeplatzten Granatapfel von vier
Früchten. Im Inneren sind die Samenkörner und in anabori drei winzige Landschaften zu sehen. Darüber stehen auf der Schale die Schriftzeichen Tamagawa. Die Szenerien können teilweise mit den Topoi der
Mu Tamagawa (Sechs Kristallflüsse) identifiziert werden. Eine Szene zeigt in anabori eine Wäscherin mit langer Stoffbahn,
eine Anspielung auf das Wäschebleichen in
Tatsukuri in der Provinz Musashi (Chôfu);
eine andere Szene zeigt eine Figur auf einer
Brücke, vielleicht Anspielung auf eine Pilgerreise zum Koya-Berg in der Provinz Kii.
Abgeb. in: Eskenazi 1973, Kat.-Nr. 12
191
769
ZIKADE
Elfenbein
H. 1,9 cm; L. 3,6 cm
Sign.: Gyokuyôsai
Edo, Mitte 19. Jh.
Das Insekt hockt auf einem großen Kürbis.
Im Inneren der Frucht ist eine Landschaft
dargestellt.
770
ZIKADE
Sashi-Netsuke
Maritimes Elfenbein(?), Augen aus
schwarzem Glas
L. 10,3 cm
Sign.: Senpô
Tokyo, ca. 1975/1990 (erworben 1999)
Die Darstellung dieser Zikade weicht von
üblichen Darstellungen ab. Der Körper ist
überlang wiedergegeben und die Flügel
sind übereinander gelegt und nicht, wie
üblich, dachartig aneinander gestellt. Die
Rückseite zeigt die Beine und den Korpus
mit hinterem Stachel sehr genau.
771
SINGGRILLE
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shibuichi, Details aus shakudô,
Gold und Silber; Kapsel: Hirschhornrose
Ø 4,4 cm
Mitte 19. Jh.
Zwischen susuki (Riedgras, Miscanthus
sinensis) und kikyô (Ballonblume, Platycodon grandiflorum), zwei der Sieben
Herbstgräser, hockt eine Singgrille. Die
suzumushi gilt als die aristokratischste unter den Grillen des Spätsommers und ist
Vorbote des Herbstes.
Abgeb. in: NKSJ, Bd. 8, Nr. 4 (Winter
1988), S. 40
772
SCHMETTERLINGE
Manjû-Netsuke
Elfenbein
B. 4,7 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Fünf Falter verteilen sich über die Fläche
dieses ausgehöhlten manjû mit kleinen
Öffnungen an den Schmalseiten. Der
Schmetterling symbolisiert Glück und
Weiblichkeit. Darüber hinaus verkörpert
er die Seelen der Verstorbenen sowie der
Lebenden. Fliegt ein Schmetterling ins
Haus, so kündet er die Ankunft desjenigen
an, dessen Seele er trägt.
773
SPINNE UND SPINNENNETZ
Manjû-Netsuke
Eisen, Gold und Silber
Ø 3,2 cm
Mitte 19. Jh.
Die schwach gewölbte Oberfläche des kleinen manjû zeigt eine Holzmaserung in
Relief. Die Spinne aus reliefiertem Silber
kriecht aus einer kleinen Öffnung. Die Fäden des Spinnennetzes sind in Goldtauschierung wiedergegeben.
774
SPINNE AUF EINEM ZAHN
Eberhauer, Pupillen aus braunem Horn
L. 9 cm
Aufschrift: Nihon San'in dô Iwami
Kaaigawa Seiyôdô Bunshôjô horiki zamu
(Von Seiyôdô Bunshôjo aus Kaaigawa in
192
Iwami im San'in Gebiet von Japan geschnitzt)
Provinz Iwami, 19. Jh.
Eine Spinne sitzt an der Spitze des Hauers,
auf den zierliche Bambusstämme und Blätter graviert sind. Dieser Typ von Netsuke
war eine Besonderheit der IwamiSchnitzer, die ihre Stücke oft mit langen
Inschriften versahen.
775
SPINNE AUF EINEM BLATT
Eberhauer
L. 10,7 cm
Provinz Iwami, 19. Jh.
Auf einem Blatt mit radial ausstrahlenden
Adern hockt eine Spinne. Am stumpfen
Ende des Zahns ist das Material mit Bein
und einer weichen Masse ausgepflockt.
193
Flora
Viele Früchte, die als Netsuke dargestellt
werden, besitzen eine symbolische Bedeutung. Kürbisse, Melonen, Auberginen
und Granatäpfel versinnbildlichen auf
Grund ihrer zahlreichen Kerne männliche, während die Hülsenfrüchte weibliche Fruchtbarkeit symbolisieren. FruchtNetsuke müssen jedoch nicht immer mit
einer Fruchtbarkeitssymbolik in Verbindung stehen, viele Früchte stammen aus
Japans Bergwäldern. Im späten 18. Jahrhundert gab es zahlreiche Darstellungen
von Ginkgo-Nüssen und Kastanien. In
Osaka kreierte Mitsuhiro eine Mode für
Mispeln- (biwa) und Kaki-Netsuke. Birnen, Walnüsse und Erdnüsse, die ab der
Mitte des 19. Jahrhunderts gerne dargestellt wurden, haben keinerlei symbolische Bedeutung. In der naturalistischen
Ausarbeitung der Außenhaut jedoch
zeigt sich das gestalterische und technische Können des Schnitzers und in manchen Fällen, soweit es die Größe zuließ,
entstand sogar ein Trompe l'œil.
Früchte mit kugeliger Form benutzten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts viele Schnitzer aus Tokyo für anabori (wörtlich: Loch-Schnitzerei). Durch
einen Schlitz oder eine breite Öffnung ist
eine Küstenlandschaft, oft mit Salzbrennerhütten oder Kegel des Fuji-Berges im
Hintergrund, zu sehen. In der Provinz
Tanba wurden Netsuke von Mandarinen
(mikan) und Kürbissen, durch die sich
ein Drache bzw. eine Schlange windet,
hergestellt.
Aus den Blumen wählten die
Schnitzer bevorzugt Päonie und Chrysantheme als Motiv für Netsuke und kagamibuta. Der Lotos, Symbolpflanze des
Buddhismus, war ein beliebtes Sujet der
Schnitzer in Tokyo, die im Stil des Kokusai arbeiteten. Lotos und Bambus sind
die einzigen Pflanzen, die in den verschiedenen Stadien des Wachstums wiedergegeben wurden.
Kiefer, Bambus und Pflaumenblüten bilden eine glücksverheißende Gruppe (shôchikubai oder matsutakeume).
Diese Pflanzen, in China als „Die drei
Freunde des Winters“ bekannt, symbolisieren Reinheit, Beständigkeit und langes
Leben und werden in Japan u.a. als Neujahrsdekoration verwendet. Viele andere
Pflanzen haben ebenfalls einen jahreszeitlichen Bezug: Adonisröschen (Neujahr), Iris (das Knabenfest), die Sieben
Herbstgräser (aki no nanakusa), Chrysanthemen (Herbst), Kamelie (Winter).
Sowohl die japanischen Enzyklopädien als auch die Malvorlagebücher
enthalten Pflanzendarstellungen. Das
Ehon noyamagusa (E.A. 1755) von Tachibana Yasukuni (1717-1792) enthält
eine Vielzahl von Wildpflanzen (Blumen,
Stauden und blühende Sträucher) mit
namentlicher Bezeichnung.
FUNGI
Schichtporlinge (mannendake, wörtlich:
Zehntausend-Jahre-Pilz = Ganoderma
lucidum oder Fomes japonicus) wachsen
an knorrigen Stielen in schwammiger,
wolkiger Form im unteren Bereich von
Bäumen und werden sehr hart. Da sie in
wolkenartigen Wucherungen wachsen,
werden sie mit weiblichen in (chin. yin)Elementen in Verbindung gebracht. In
der Kunst sind sie besser bekannt als
reishi, die japanische Aussprache der chinesischen Bezeichnung lingzhi. Sie sind
in China ein Symbol des langen Lebens,
194
eine Bedeutung, die in Japan übernommen wurde.
776
REISHI
Hirschhorn
H. 6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Bei dem in Hirschhorn gearbeiteten reishi
wird hier die Rose des Geweihs für den
„Hut“ des Fungus verwendet. Das
himotôshi wird gebildet durch einen kleineren reishi an der Rückseite. Vor allem
Schnitzer, die im Stil des Kokusai arbeiteten, haben diese Pilze oft in stilisierter
Form dargestellt.
777
REISHI
Buchsbaum
B. 6,3 cm
Sign.: Juraku
2. Hälfte 19. Jh.
Der große Kopf eines Schichtporlings hat
aufgrund seiner nahezu symmetrischen
Form das Aussehen des wolkenkopfförmigen Kopfes des Zepters vom Typ nyoi
(chin.: ruyi). Dieser Terminus bedeutet in
China „wie man es haben will“, und es ist
nicht auszuschließen, daß in Japan die chinesische Bedeutung bekannt war. Aus dem
Stiel des reishi entwächst ein kleinerer
Fungus. Die Schnur kann zwar durch die
von den Verzweigungen des Stengels gebildeten Öffnungen geführt werden, doch
wirkt das Stück nicht wie ein getragenes
Netsuke.
778
REISHI
Buchsbaum
H. 15,4 cm
Sign.: Masanao
Uji-Yamada, Provinz Ise, 2. Hälfte 19. Jh.
Die Form der beiden langen Pilze wurde
für ein sashi-Netsuke genutzt, wobei eine
natürliche Öffnung zwischen den beiden
Stengeln der Schnurführung dient.
PILZE
Pilze (ki no ko) sind ein Fruchtbarkeitssymbol par excellence. Über Nacht nach
einem warmen Regen, der die Sporen
aktiviert, schießen sie früh morgens aus
dem Boden. In China gibt es daher den
Ausspruch „Er erscheint wie die Pilze am
Morgen“, eine Anspielung auf schnelle
Karriere oder plötzlichen Ruhm (Wolf
1974, S. 160). Für die Landbevölkerung
Japans waren Pilze Sinnbilder der schnellen Vermehrung. Auf Grund seiner Form
und der Fortpflanzung durch zahlreiche
Sporen ist der Pilz ein phallisches Symbol.
In der japanischen Küche spielen
die verschiedenen Pilzsorten eine große
Rolle, besonders der aromatische shiitake
(Lentinus edodes), der teuere matsutake
(Tricholoma matsutake), die in Gruppen
wachsenden shimeji (Lyophyllum spp.)
und
die
dünnstieligen
enokitake
(Flammulina velutipes).
Zwei Schnitzer müssen im Zusammenhang mit Pilz-Netsuke hervorgehoben werden. Ganbun (Mebun) gestaltete Hutpilze und Schichtporlinge gleichermaßen originell und besetzte sie mit
winzigen, in Metall ausgeführten Amei195
sen und Spinnen. Im Vergleich zu diesen
individualistisch gestalteten Arbeiten
wirken die shimeji-Pilze des Masanao
und seiner Nachfolger äußerst konventionell. Ihr Reiz liegt vornehmlich in der
Patina des Buchsbaums und der Griffigkeit der runden Gestaltung.
779
PILZE
Gebeiztes Buchsbaumholz
H. 2,5 cm; L. 3,9 cm
Sign.: Yoshihide (Hôshû)
Tokyo, ca. 1880/1900
Die Pilze befinden sich in einem Behältnis
aus Reisstroh. So verpackt, dienten die Pilze möglicherweise als Geschenk. Yoshihide
hat dieses Sujet mehrfach geschnitzt.
Ein ähnliches Motiv, dessen Pilze als
hatsudake bezeichnet sind und das als Vorlage für dieses Netsuke gedient haben
könnte, ist im Banbutsu hinagata gafu zu
finden.
Abb. 40
Banbutsu hinagata gafu, 1879, Bd. 2, S. 14b
780
PILZE
Elfenbein
H. 2,2; B. 4,7 cm
Sign.: Okatomo
Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh.
Die fünf runden Hüte, wahrscheinlich des
matsudake, und die dicken umgebogenen
Stengel bilden ein gut tragbares, kompaktes Netsuke.
781
PILZE
Buchsbaum
H. 2,4 cm; B. 4,9 cm
Mitte 19. Jh.
Eng gedrängt fügen sich die Pilze zu einem
flachen und griffigen Netsuke. Möglicherweise handelt es sich um shiitake. Er
wächst am Stamm des shii-Baumes (Castanopsis cuspidata), einer Eichenart.
782
SHIMEJI-PILZE
Buchsbaum
H. 3,9 cm; B. 3,6 cm
Sign.: Masanao
Uji-Yamada, Provinz Ise, Mitte 19. Jh.
Shimeji-Pilze, die in Gruppen wachsen, mit
bauchigen Stämmen, relativ kleinen Hüten
und dichten, feinen Lamellen, sind unter
den Netsuke Masanaos recht häufig.
783
GEMÜSE
Ryûsa-manjû
Elfenbein
B. 3,7 cm
Edo, ca. 1850
Auf dem ovalen ryûsa-manjû sind verschiedene, dicht zusammengelegte Gemüse
zu sehen. Auf der Schauseite befinden sich
Rettich (futamata daikon), Gurken, Lotoswurzel (ren), eine Zitrusfrucht (mikan oder
yuzu), Pilze und Auberginen; auf der
himotôshi-Seite Wassernuß (hishi), Ingwerschößling (myôga), Kürbis, Rübe (kabu), Auberginen, Bohnen, Pilze und Bambusschößling. Diese Arbeit ist ein häufiges
Modell des Gyokuhôsai.
196
784
AUBERGINE
Buchsbaum, Made aus Elfenbein
H. 5 cm; L. 2 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Eine kleine Made frißt sich durch die
Fruchtblätter einer Aubergine (nasu oder
nasubi, Solanum melongena) mit aufgeplatzter Schale. Vom langen Stengel hängt
ein geädertes Blatt, in das zwei Löcher für
die Schnurführung gebohrt sind.
785
AUBERGINEN
Manjû-Netsuke
Holz und Lack
Ø 3,8 cm
20. Jh. (erworben 1995)
Über einem leuchtend roten, hochglänzendem Grund sind in Schwarz- und
Braunlack zwei Auberginen dargestellt
sowie in makie Grashalme und ein Schmetterling. Die malerisch in den noch feuchten
Lack angebrachte Schattierung der hinteren Frucht und der relativ grobe nashiji im
Inneren sind Hinweis auf eine neuzeitliche
Arbeit, möglicherweise von Saratani
Tomizô.
Die Eleganz dieses manjû leitet sich ab von
den raffinierten Arbeiten des Shibata Zeshin (1807-1891) und seiner Schüler.
BOHNEN
Hülsenfrüchte wie Bohnen (mame, Phaseolus vulgaris) und Erbsen (endô, Pisum
sativum) versinnbildlichen in Ostasien
weibliche Fruchtbarkeit. Die Früchte, die
sich in den Schwellungen der Hülse abzeichnen, werden als das Ungeborene im
Mutterleib verstanden. Mame, mit ande-
ren Schriftzeichen geschrieben, bedeutet
auch Gesundheit und Tüchtigkeit. Bohnen-Netsuke hatten daher die Funktion
eines Talisman.
Die proteinhaltige Bohne gehört
zu den Grundnahrungsmitteln Japans.
Vor allem die Sojabohne (daizu, Glycine
hispida max.) wird zu einer würzigen
Sauce (shôyu), zu Käse (tôfu), Paste (miso) und Öl (abura) verarbeitet. Soja ist
der von den Holländern im 17. Jahrhundert geprägte Name, der sich aus dem
Wort shôyu ableitet. Sojabohnen werden
im Sommer in halbrohem Zustand aus
der Hülse (edamame) oder fermentiert
(nattô) gegessen. Die Samen der roten
Mungobohnen (azuki, Phaseolus mungo)
werden ebenfalls zu Speisen verarbeitet
und gehören zur Volksnahrung.
786
DREI BOHNENSCHOTEN
Elfenbein
L. 6,5 cm
Kyoto, spätes 18. Jh.
Diese Komposition von drei flachen Soyabohnenschoten an einem langem Stengel
findet sich häufig bei den Schnitzern in
Kyoto. Auf der Rückseite zeichnen sich in
der Hülse die Schwellungen der Früchte
ab, die durch die Zeichnung der Elfenbeinmaserung und Farbe der Patina betont
werden.
787
BOHNENSCHOTE
Elfenbein, Kopf der Made aus schwarzem
Horn
L. 7,9 cm
Aufschrift: Mitsuharu
19. Jh.
197
Die gerade Form der Bohnenschote mit
naturalistisch gestalteter Naht ist sehr subtil modelliert. In einem Loch der Schale
befindet sich eine bewegliche Frucht mit
einer Made. Diese thematische Erweiterung eines traditionellen Sujets ist ein
Hinweis auf eine spätere Schnitzarbeit.
KÜRBISSE
Kürbisse werden einerseits als Nahrung,
aber auch als Gerät verwendet. Die zahlreichen Fruchtkerne hingegen symbolisieren reichen Kindersegen.
Die Legenaria siceraria-Sorten mit verhärtenden Schalen werden für Wasserbehälter für die Reise verwendet, aber auch
als nioibin (Parfümfläschchen) und in
halbiertem Zustand als Kelle (hishaku).
Die Ranke mit anhängenden, kleinen
Früchten (hyôtan) symbolisiert in China
immerwährende Folge von Nachwuchs.
788
KÜRBIS
Elfenbein
H. 2,6; B. 3,9 cm
Mitte 19. Jh.
Auf dem geriffelten Kürbis (bôfura), umgeben von einem Blattzweig mit Blüte und
Ranke, sitzt eine Spinne. Die Spinne ist
Symbol des Fleißes, aber die Kombination
einer Pflanze oder einer Frucht mit einer
Spinne bleibt ungeklärt.
789
KÜRBIS
Kupfer, shibuichi und Gelbmetall
H. 4,3 cm
Mitte 19. Jh.
Auf der Oberfläche des geriffelten Kürbisses vom Typ kabôcha sind Blätter in
shibuichi und Gelbmetall eingelegt und
Ranken in Gravur dargestellt. Die Wandung ist in Treibarbeit hergestellt und aus
zwei Teilen zusammengesetzt.
790
FLASCHENKÜRBIS
Walroßzahn
H. 1,8 cm; L. 4,5 cm
Mitte 19. Jh.
Um einen Flaschenkürbis mit mehreren,
unterschiedlich großen Öffnungen winden
sich Ranken mit großen Blättern. Das Innere der Frucht ist ausgehöhlt, so daß das
Netsuke sehr leicht und gut geeignet ist, an
einem delikaten inrô zu hängen.
Die Einfärbung und die graphischen Details der Ausführung sind Hinweis auf eine
Schnitzarbeit aus Osaka.
791
SECHS FLASCHENKÜRBISSE
Walroßzahn
L. 5,1 cm
Sign.: Masayuki
Spätes 19. Jh.
Die schlanken Flaschenkürbisse (hyôtan)
liegen teilweise übereinander und bilden
eine flache, ovale, handschmeichlerische
Form. Die Darstellung kann im Japanischen mubyô ausgesprochen werden. Dies
bedeutet sowohl „sechs Kürbisse“ als auch
„keine Krankheit“. Dieses Netsuke war
sicherlich ein Talisman.
792
EICHELN
Buchsbaum
H. 2,6 cm; B. 5,8 cm
18./frühes 19. Jh.
198
Auf drei Blättern liegen fünf Eicheln
(donguri). Sie wurden geröstet gegessen
und waren Bestandteil von jahreszeitlichen
Süßspeisen. Das Netsuke ist eine abstrahierende Komposition, wie sie im frühen 19.
Jahrhundert häufig war.
KASTANIEN
Die Edelkastanie (kuri, Castanea crenata)
wächst in den Bergregionen Japans, vor
allem in der Provinz Hida (Präfektur
Gifu und Yamanashi). In der japanischen
Küche wird die Marone (amaguri) hauptsächlich für Süßspeisen verwendet. Geschälte, in Dampf gekochte und getrocknete Kastanien (kachikuri) sind eine Neujahrsspeise. Weil das Wort kachi auch
Sieg im Kampf bedeutet, ist die Trockenkastanie ein Omen für Erfolg und wurde
den in den Kampf ziehenden Kriegern
serviert.
größten kachikuri befinden sich rudimentär geschnitzte Landschaften.
795
FÜNF KASTANIEN UND BOHNEN
Buchsbaum
H. 2,1 cm; B. 4,1 cm
Sign.: Masanao
Uji-Yamada, Provinz Ise, 2. Hälfte 19. Jh.
Über vier Kastanien liegen eine flache Kastanie und zwei pralle Bohnenschoten. Der
Nabelfleck und die Rippen sind sorgfältig
ausgearbeitet.
796
ZWEI WALNÜSSE
Elfenbein, unterschiedlich patiniert
H. 2,3 cm; B. 3,5 cm
Sign.: Ransai
Spätes 19. Jh.
793
KASTANIEN
Buchsbaum
H. 2 cm; B. 4,4 cm
Frühes 19. Jh.
Über einer leeren Schalenhälfte einer Walnuß (kurumi), durch die das himotôshi
führt, liegen eine andere Hälfte mit hellem
und glänzendem Nußfleisch und eine an
der Spitze wenig geöffnete Walnuß, auf der
eine Spinne sitzt. Im Inneren dieser Nuß
befindet sich eine Landschaft.
794
KASTANIEN, ZWEI SARDINEN UND
STECHPALMENZWEIG
Elfenbein
H. 1,8 cm; B. 3,5 cm
Sign.: Ippô
Mitte 19. Jh.
797
DREI ERDNÜSSE
Elfenbein
L. 3,7 cm
Sign.: Gyokusô
Tokyo, ca. 1900/1940
Bei diesen drei Objekten handelt es sich
um Neujahrsembleme: Stechpalme (soyogo) und getrocknete Sardinen (iwashi) dienen der Abwehr des Bösen und werden zu
Neujahr dekoriert. Im Inneren der beiden
Die naturalistische Ausarbeitung und Einfärbung der Oberfläche dieser Erdnüsse
(rakkasei) in der Schale machen das
Netsuke zu einem Trompe-l'œil. Die besten Erdnüsse wurden in der Nähe von Tokyo, in Chiba, angebaut und galten als
199
Souvenir und berühmtes Produkt (meibutsu) dieser Region.
798
KORB MIT HERBSTFRÜCHTEN
Buchsbaum
H. 2,8 cm; B. 4,1 cm
19. Jh.
Der Korb ist gefüllt mit Granatäpfeln,
Trauben, Weinlaub und anderen Früchten.
Ein gebogener Steg an der Unterseite bildet
die Öse für die Schnurführung. Das Motiv
ist Sinnbild reicher Ernte.
799
GINKGO-NÜSSE
Elfenbein
H. 2,4; B. 4,2 cm
Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh.
Die nahrhaften Nüsse des Ginkgo-Baumes
(ichô, Ginkgo bilboa), ginnan genannt,
erfreuen sich im Herbst großer Beliebtheit.
Die übliche Ginkgo-Nuß ist zweikantig.
Ausnahmen bilden die dreikantigen, die in
Japan eine ähnliche Bedeutung haben wie
unser vierblättriges Kleeblatt. Im Aberglauben schützen sie gegen Füchse und
Krankheiten.
800
GRUPPE VON GINKGO-NÜSSEN UND
EICHELN
Elfenbein
H. 1,7 cm; B. 3,8 cm
Sign.: Ryûsen
Edo/Tokyo, ca. 1850/1870
Diese Art von Stillebenmotiv war als
Netsuke in den letzten Jahren der Edo-Zeit
bei Schnitzern sehr beliebt. Zwei große
ginnan haben die seltene dreieckige Form.
In drei der größeren ginnan befindet sich
in anabori jeweils eine Landschaft, die an
der Außenseite die Inschrift „Tamagawa“
(Kristallfluß) trägt.
DER PFIRSICH
Der Pfirsich (momo, Prunus persica
Batsch) steht in Japan mit Glück und Gesundheit in Verbindung. In China ist er
Symbol der Unsterblichkeit und Langlebigkeit. Denn im Garten der Königinmutter des Westens, Seiôbo, wuchsen
diese wunderbaren Bäume, dessen Früchte nur alle 1000 Jahre reiften.
801
PFIRSICHE
Elfenbein
H. 2,6 cm; L. 4,5 cm
18. Jh.
Ein großer und ein kleinerer Pfirsich hängen von einem Ast mit Blättern, die die
Früchte schützend umgeben. Das Stück ist
von dreieckiger, wenig tief geschnittener
Form.
802
PFIRSICHE
Elfenbein
H. 1,9 cm; L. 3,5 cm
2. Hälfte 18./frühes 19. Jh.
Von einem verzweigten Ast hängen sechs
Pfirsiche mit Blattwerk. Der dreieckige
Querschnitt des Stückes spricht für eine
frühe Arbeit.
803
PFIRSICH
Holzkern mit Rot- und Goldlack
H. 3 cm; B. 4 cm
Ca. 1880
200
Die Oberfläche dieser Frucht und ihre
länglichen, spitzen Blätter sind in feinster
makie-Technik gestaltet. Über rotem bis
dunkelbraunem Lack liegt in abgestufter
Streuung sehr feiner Goldstaub, der die
samtige Pfirsichhaut treffend wiedergibt.
804
KAKI
Elfenbein
H. 2,5 cm; B. 3,5 cm
Sign.: Rantei
Kyoto, Mitte 19. Jh.
Vom Stengel dieser Kaki hängt ein großes
Blatt, auf dem die Signatur des Schnitzers
geschrieben steht. Auf der Unterseite sitzt
ein Insekt.
Von den beiden Kakisorten (Diospyros
kaki, Dattelpflaume) ist hier die tomatenähnliche, süße Frucht (amagaki), die vom
Baum gepflückt und sofort gegessen werden kann, dargestellt.
Sie symbolisiert Fruchtbarkeit und eine
glückliche Familie. So wie die Samen durch
zähe Fäden zusammengehalten werden, so
soll der Nachwuchs mit der Familie verbunden bleiben.
805
GETROCKNETE KAKI
Shibuichi, Fruchtblatt und Blütenstängel
aus vergoldetem Kupfer
L. 5,9
Sign. in Gold auf einer shakudô-Reserve:
Shôkatei Kazutsune saku
Matsuyama, Provinz Iyo/Präfektur Ehime,
2. Hälfte 19. Jh.
Die Fruchtblätter mit kurzem Stengel sitzen wie ein Deckel mit Knauf auf der innen
hohlen Frucht. Das himotôshi führt durch
ein Loch in der Wandung und eine Öse im
„Deckel“.
Die flache, längliche Form und die
schrumpelige Schale sind die Merkmale
von getrockneten Kaki (hoshigaki). Hierfür
wird die Sorte shibugaki verwendet, die
auch in reifen Zustand sehr herb im Geschmack ist und daher nicht verspeist werden kann. Diese Früchte werden geschält,
auf Strohseilen aufgezogen und in Sonne
und Wind getrocknet, woraufhin sie süß
und aromatisch werden. Der Fruchtzucker
kristallisiert an der Oberfläche, und sie
wirken daher wie überzuckert. Diese hoshigaki waren ein Amulett für Glück, langes
Leben und Wohlstand, ein Bestandteil der
Neujahrsdekoration und eine beliebte Süßspeise.
806
BIRNE UND WESPE
Holz, Augen aus Horn
H. 5,4 cm
Sign.: Gekkô
Gifu oder Nagoya, spätes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Dore
In einer großen Öffnung einer angefressenen, faulenden Birne sitzt eine Wespe. Die
Schale ist durch kleine Punkte in ukibori
gestaltet.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 12
807
BIRNE UND MADE
Buchsbaum, Made aus Bein
H. 5 cm
Sign. in ukibori: Bazan
Gifu, ca. 1870/1890
Die Schale dieser angefressenen Birne mit
kleinen, unregelmäßigen Punkten ist in
201
ukibori-Technik gestaltet. Eine dicke Made
aus Elfenbein frißt sich durch das Fruchtfleisch und erhöht dadurch die morbide
Erscheinung dieses Netsuke.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 12
808
MISPELZWEIG
Manjû-Netsuke
Silber, shakudô und Gelbmetall
B. 3,4 cm
Mitte 19. Jh.
Die wenig gewölbte Oberfläche ist überzogen mit einem Flechtwerk feiner Metallstreifen, die ein Muster von Diagonalstreifen bilden. Darauf appliziert ist in hohem
Relief aus Silber ein Mispelzweig mit Blatt
und sieben Früchten sowie eine wappenähnliche Blüte.
809
BLUMEN DER SAISON
Hako-Netsuke
Holz, Lack und makie
H. 1,6 cm; B. 4,9 cm
19. Jh.
Das hako-Netsuke hat die Form einer
Briefschatulle (fumibako) mit typischer
„Staubleiste“. Auf mattrotem Lackgrund
sind in halbhohem takamakie verschiedene
Blüten der vier Jahreszeiten dargestellt:
Päonie, Nelke, Kerria oder Kirschblüten,
Narzisse (?), Iris, Chrysantheme und Kamelie.
810
ADONISRÖSCHEN
Hako-Netsuke
Holz, Lack und makie
3,7 x 3,2 cm
Aufschrift: Chikanao und kaô
18./19. Jh.
Ehemalige Sammlung Lazarnick
Die Oberseite ist dekoriert mit einem
fukujusô in Gold-hiramakie auf schwarzem
Lackgrund. Der Name der Blume setzt sich
zusammen aus den Schriftzeichen Glück
(fuku) und langes Leben (ju). Diese glücksverheißende Pflanze wird gerne zu Neujahr
dekoriert, weil sie bereits im Januar blüht.
Abgeb. in: Lazarnick 1982, Bd. 1, Farbtaf.
S. 86 und Bd. 2, S. 1321; Jirka-Schmitz
1994b, S. 12
811
KAMELIE
Hako-Netsuke
Holz, Lack, Perlmutter und makie; Ränder
in Silber gefaßt
H. 2,3 cm; L. 3,1 cm
Sign.: Haku
19. Jh.
Aus dem tiefschwarzen und auf Hochglanz
polierten Lackgrund leuchtet die Kamelienblüte hervor. Die Blätter sind in zweifarbigem Gold-takamakie gestaltet. Die Stamen sind aus gelblich schimmerndem
Perlmutter, während die Blütenblätter
strahlend weiß sind. Die differenzierende
Verwendung des farblich unterschiedlichen Perlmutters und die hervorragende
Verarbeitung sind Merkmale dieses Netsuke.
812
PÄONIE
Kagamibuta-Netsuke
Platte: shibuichi, Details aus Gold und Silber; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,4 cm
19. Jh.
202
813
PÄONIE
Kagamibuta-Netsuke
Platte: Kupfer versilbert, Details in shakudô
und Gold; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,8 cm
19. Jh.
kikuzuki genannt. Am 9.9. findet das
Chrysanthemenfest (chôyô no sekku)
statt, an dem große Blütenschauen veranstaltet werden. Dabei trinkt man Sake
mit zerkleinerten Chrysanthemenblüten;
dadurch sollen Krankheiten abgewehrt
sowie Lebenskraft und Vitalität verliehen
werden. In Zusammenhang mit der Symbolik der Chrysanthemenblüten wurden
Chrysanthemen-Netsuke sicherlich als
Talismane für eine gute und lange Gesundheit getragen.
Die Blüte der Strauchpäonie, umgeben von
Blättern und einer Knospe, dominiert die
ganze Platte dieses kagamibuta. Ein dünner Stamm verbindet die Blüte mit dem
Erdreich.
814
CHRYSANTHEMEN
Elfenbein
H. 1,3 cm; B. 5 cm
18. Jh.
Die Strauchpäonie (botan, Paeonia
suffruticosa) gilt wegen ihrer prächtigen,
großen Blüten in China als die Königin der
Blumen.
DIE CHRYSANTHEME
Die Chrysantheme (kiku, Chrysanthemum sinense) ist eine der wichtigsten
Blumen in Ostasien und Symbolblume
für den Herbst. Weil sich ihre Blüten
lange halten und sie – ohne die Blütenblätter fallen zu lassen – welkt, gilt sie als
Sinnbild der Langlebigkeit. Sie übersteht
Kälte und frühen Frost und verkörpert
somit die Überwindung von Widrigkeiten.
In China wurde sie besonders von
dem zurückgezogen lebenden Dichter
Dôgenmin (chin. Tao Yuanming, 365427) verehrt, einer der „Vier Blumenliebhaber“ (shiai). Sie wird deshalb mit
dem Leben im Ruhestand in Verbindung
gebracht und symbolisiert in diesem Zusammenhang Zuflucht in die Einsamkeit
der Natur.
Der 9. Monat des Mondkalenders
wird in Japan nach der Chrysantheme
Das große, manjû-artige Elfenbeinstück
hat eine flache Oberseite, die mit zwei großen Chrysanthemenblüten, einer Knospe
und Blattwerk beschnitzt wurde.
815
CHRYSANTHEME UND KASTANIEN
Buchsbaum
H. 1,9 cm; B. 3,8 cm
1. Hälfte 19. Jh.
816
CHRYSANTHEMENBLÜTE
Eisen mit Goldtauschierung
Ø 3,5 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Jordan
Die stilisierte Chrysanthemenblüte fungiert als Aschenbecher-Netsuke. Die
Scheibe hat in der Mitte eine Vertiefung,
um den kleinen Pfeifenkopf darin auszuklopfen. Die Oberfläche ist am Rand dekoriert mit Blütenblättern und innen mit
kleinen Punkten, die die Staubgefäße dar203
stellen. Auf der Unterseite bildet der Stengel die Öse für die Schnurführung.
817
CHRYSANTHEME
Elfenbein
H. 1,5 cm; Ø 2,2 cm
Sign.: Shôsai
Osaka, ca. 1900/1920
Dieses ungewöhnlich kleine Netsuke erhält
seine kugelige Kompaktheit durch die
schmalen, übereinander gelegten Blütenblätter, die die sichtbaren Staubgefäße umschließen. Der Stengel auf der Rückseite
bietet zwei Möglichkeiten für die Schnurführung.
818
ROSE
Elfenbein
H. 2,3 cm; B. 4,7 cm
Sign. auf rot-grün lackiertem Plättchen:
Gyokkôsai
Tokyo, ca. 1870/1900
Nach und nach entfalten sich die Blütenblätter der Rose. Die abendländische Gartenrose wurde in der Meiji-Zeit nach Japan
eingeführt.
819
LOTOSKAPSEL
Holz, Stengelpunkte aus schwarzem Holz
H. 3,8 cm
1. Hälfte 19. Jh.
In der Kapsel befinden sich zehn bewegliche Samen. Der umgebogene Stengel, auf
dem kleine, schwarze Punkte die natürliche
Beschaffenheit darstellen, bildet die
Schnurführung. Sie symbolisiert sowohl
männliche als auch weibliche Fruchtbarkeit.
Für diese häufig gefertigten Stücke mit
beweglichen Samen wurde das Holz der
Kapsel zunächst ausgehöhlt und dann naß
gemacht, so daß das Holz sich erweiterte.
Dann wurden die Samenkugeln aus einem
anderen, harten Holz in die Öffnungen
hinein gepreßt. Mit dem Trocknen des
Kapselholzes zogen sich die Öffnungen
wieder zusammen.
BAMBUSSCHÖßLING
Bambusschößlinge (take no ko) treiben
nach dem Regen im späten Frühjahr sehr
schnell und mit großer Kraft und Geschwindigkeit aus. Analog wird ein Emporkömmling im Geschäftsleben daher
ugo no take no ko (Bambusschößling
nach dem Regen) genannt.
In der japanischen Küche sind die Schößlinge eine Delikatesse. Im Bündel von
Dreien verschnürt, dienten sie auch als
Geschenk.
820
BAMBUSSCHÖßLING
Bein
L. 6,7 cm
19. Jh.
821
BAMBUSSPROß UND FLIEGE
Zahn, Pupillen aus Horn
L. 6,1 cm
Mitte 19. Jh.
822
ZWEI BAMBUSSPROSSEN
Buchsbaum
L. 4,6 cm
Sign.: Ichi... (Kazu...)
Ca. 1900
204
823
BAMBUSBLATT
Bein
L. 18,5 cm
Sign. in Siegelform: Tengai oder Gyokugai
19. Jh.
Auf das lange Bambusblatt sind in zwei
Zeilen die 14 Schriftzeichen eines SiebenWort-Gedichtes im chinesischen Stil graviert. Wahrscheinlich handelt es sich um
die Arbeit eines Amateurs. Das Siegel bezieht sich wahrscheinlich auf den Schreiber
bzw. den Dichter und nicht auf den
Schnitzer.
205
Gegenstände
Eine Reihe von Netsuke zeigen Gegenstände, die in Bezug stehen zu Buddhismus, Glücksgöttern, Handwerkern oder
dem Alltag allgemein. Schnitzer, die im
Stil des Kokusai arbeiteten, haben oft
Priesterutensilien dargestellt. Takaramono (Schätze, die im Volksglauben
Glück und Reichtum verheißen und das
Böse abwenden sollen) wurden seit dem
18. Jahrhundert als Netsuke geschnitzt.
Sie bilden auch die Ladung des Schatzschiffes (takarabune) oder den Inhalt von
Hoteis Sack. Andere Gegenstände lassen
sich entsprechend der Klassenordnung
den Samurai (Rüstung, Helm, Schwertschmuck), den Bauern und Jägern
(Schwinge, Strohmatte und Luntenschloßgewehr), den Handwerkern (Hobel, Zange) oder den Kaufleuten (Abakus, Münzen) zuordnen.
Die meisten Gegenstände, die sich
unter den Netsuke antreffen lassen, aber
stammen aus dem Alltag des städtischen
Bürgertums (chônin). Auf das wichtigste
Fest im japanischen Jahreslauf – Neujahr
– wurde mit der Darstellung von shimenawa, Wassereimer, takaramono,
Masken und Tanzutensilien immer wieder Bezug genommen. In der Mitte des
19. Jahrhunderts kam besonders unter
den Schnitzern in Tokyo die Sitte auf,
Gegenstände, die inhaltlich zusammengehören, in dichten, stillebenartigen Arrangements darzustellen, entweder als
vollplastisches Netsuke oder im Relief auf
manjû. Manche dieser Gegenstände beziehen sich auf Beschäftigungen wie Teezeremonie (cha-no-yu), Kalligraphie und
Malerei (Tuschesteine, Siegelgruppen)
oder entstammen dem privaten Bereich
wie Küchengeräte, Spielzeug, Reiseandenken. Der besondere Reiz dieser kompakten Netsuke ist, daß der Betrachter
durch die Vielzahl der Einzelheiten zum
Drehen und Wenden des Stückes angeregt wird, und er immer wieder ein neues, kleines Detail entdeckt. Von eigenem
Charme sind die kompakten, quadratischen Stücke, auf denen eine detailreiche
Landschaft dargestellt ist oder die manjû
mit Zeichnung einer japanischen Landkarte.
Entsprechend dem Zweck der
Netsuke, u.a. auch Rauchutensilien am
Gürtel zu befestigen, entstanden auch
Aschenbecher-Netsuke. Die meisten
wurden seit der Ära Tenpô (1830-1844)
aus Bronze, Porzellan und anderen feuerfesten Materialien gefertigt. Zu den funktionalen Netsuke zählen auch kleine
Kompasse und Sonnenuhren.
824
GONG
Ryûsa-manjû
Elfenbein und Holz
H. 4,1 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Ein mitsu-tomoe-Motiv schmückt die Bespannung dieses Gongs. Durch zwei gerade
und drei halbkreisförmige Stege wird er in
einem mit Ranken geschmückten Ring
fixiert.
Dieser Gong-Typus wird in der NetsukeLiteratur als kei bezeichnet. Der kei ist eigentlich eine Klangplatte aus Metall oder
Stein, der in China und Japan wie ein Gong
benutzt wurde. Der Klang des kei sollte die
Aufmerksamkeit Buddhas und anderer
Gottheiten auf sich ziehen. Er hängt an
Seidenschnüren in einem aufwendig ge206
schnitzten Ständer aus Holz. Im Schatzhaus des Tôdai-Tempels in Nara, dem
Shôsôin, befindet sich die berühmteste
Klangplatte, der Kagen kei, benannt nach
dem Ort in China, der berühmt war für die
Qualität seiner klingende Steine.
Die vergleichbaren Netsuke zeigen den kei
auf einem Ständer in Form eines Drachen
(Lazarnick 1982, S. 1312 und Bushell 1979,
S. 34, Nr. 40).
MOKUGYO
Mokugyo (wörtlich: Holz-Fisch) sind hölzerne Gongs, die – aus China übernommen – vor allem im Ritus der Sôtô- und
Ôbaku-Zen-Sekte, aber auch in den Jôdound Tendai-Sekten des japanischen Buddhismus verwendet werden. Mit einem
lederbespannten Schlegel wird der Gong
geschlagen, während die Priester die
Sutren rezitieren. Der dumpfe Klang
harmoniert mit dem eintönigen Gesang.
Ursprünglich bestand die Form
des Gongs aus einem sich in den Schwanz
beissenden Fisch. „Seine dickleibige
Fischgestalt soll die Zen-Lehrlinge dazu
anregen, nach dem Vorbild der Fische,
die nachts nicht schlafen, den Schlaf zu
vergessen und sich der Meditationsübung
zu widmen“ (Müller 1993, S. 235). Später
wurde der bügelartige „Griff“ aus zwei
sich gegenüberliegenden Drachenköpfen
gebildet. Bei der Miniaturisierung verwendeten die Netsuke-Schnitzer eine
Vielzahl anderer Motive für den Griff.
Der „Holz-Fisch“ war ein häufiges Motiv
der Schnitzer im Tokyoter Stadtteil
Asakusa. Er wurde meist zusammen mit
anderen Utensilien buddhistischer Priester dargestellt.
825
MOKUGYO
Elfenbein
H. 1,9 cm; B. 3,4 cm
Osaka, 2. Hälfte 19. Jh.
Auf einem dunkel eingefärbten buddhistischen Gong mit Drachenkopfhenkeln liegt
eine helle Gebetsschnur mit Quasten. Die
dunkle Patinierung und die feine Politur
des Materials sprechen für eine Arbeit aus
Osaka.
826
MOKUGYO UND FLIEGENWEDEL
Manjû-Netsuke
Hirschhorn
H. 2,2 cm; B. 4,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Auf einem Lotosblatt liegen ein mokugyo
und ein Fliegenwedel (hossu). Auf der Unterseite befindet sich ein Stengel mit Lotoskapsel; die Schnurführung verläuft unterhalb des Blattstengels.
827
BUDDHISTISCHE GEGENSTÄNDE
Ryûsa-manjû
Hirschhorn
Ø 4,8 cm
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Auf dem ryûsa-manjû gruppieren sich Gegenstände zen-buddhistischer Mönche
(mokugyo, Fliegenwedel, Almosenschale,
Zepter) und ein Lotosblatt.
207
828
MOKUGYO
Maritimes Elfenbein
H. 1,8 cm; B. 4 cm
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Mokugyo und Lotosknospe liegen auf einem verrottenden Lotosblatt. Das Blatt ist
Sinnbild der Vergänglichkeit, die Knospe
Symbol des Erwachens zu neuem Leben.
829
TAKARAMONO
Elfenbein
L. 6,6 cm
Frühes 19. Jh.
Auf kakure-mino und kakure-gasa, dem
Umhang und Hut der Unsichtbarkeit, liegen: tama (Glücksperle), tsuchi, der
Glückshammer des Daikoku und kagi, der
Schlüssel des Tresors der Götter, in dem
die Schätze aufbewahrt sind, und eine tama (das glückbringende Juwel).
830
TAKARAMONO
Elfenbein
H. 2,4 cm; L. 4,6 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Aus einem Materialsegment, das die dreieckige Form noch gut erkennen läßt, wurden die wichtigsten takaramono geschnitzt.
Über einem Strohumhang liegen Daikokus
Glückshammer, eine Meerbrasse (Symbol
des Ebisu), ein Gewicht aus Gold (fundô)
und der Schlüssel. Die Art wie die Schnurführung unterhalb der Binsen des Strohumhangs verläuft, spricht für eine Datierung in die 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
831
TAKARAMONO
Buchsbaum
H. 2,2 cm; L. 5 cm
Sign.: Masachika
Mitte 19. Jh.
Auf einem niedrigen Tischchen (dai) liegen zu einem Stilleben arrangiert verschiedene takaramono: kane-bukuro, der unerschöpfliche Geldbeutel, tama, tsuchi, kakure-gasa, kakure-mino, makimono (Schriftrolle, ein Symbol der Weisheit), fundô mit
dem Schriftzeichen kane (Gold), kagi, chôji
(Gewürznelken) und ein poröser Korallekalkfelsen (kikume-ishi).
832
TSUBA
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 6,5 cm; B. 5,4 cm
Mitte 19. Jh.
Das ovale Schwertstichblatt (tsuba) mit
einer Öffnung für das Beimesser (kozukahitsuana) ist dekoriert in durchbrochenem
Relief mit einem aufsteigenden Drachen in
glattem Rand. Bis auf die Form, die für ein
reales tsuba ungewöhnlich wäre, imitiert
die Arbeit naturgetreu ein Schwertstichblatt.
833
SAMURAI-GEGENSTÄNDE
Ryûsa-Manjû
Elfenbein
B. 3,6 cm
Sign.: Hikaku
Edo/Tokyo, ca. 1850/1880
Zahlreiche, teilweise sehr kleine, sorgfältig
dargestellte Bekleidungsstücke, Utensilien
208
und Waffen des Samurai schmücken dieses
ryûsa-manjû.
Das kikusui-Wappen steht in Verbindung
mit der Kusunoki-daimyô-Familie. Kusonoki Masashige (1294-1336) ist Verkörperung der Kaisertreue und war in der MeijiZeit häufiges Thema von Malern und
Kunsthandwerkern.
murai (u.a. Rüstung [dô]), Arm- und Gesichtsschutz [menpô], Tritonshorn) und
die der Bauern (u.a. Hacke, Sichel, Strohhut). Die Rückseite zeigt Werkzeuge der
Handwerker wie Hammer und Hobel, und
Utensilien der Kaufleute, u.a. ein Kontobuch mit der Aufschrift daifukuchô (Großes Glück-Kontobuch).
834
LUNTENSCHLOßPISTOLE
Holz mit Lack und makie; verschiedene
Metalle
L. 6,1 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
836
HOBEL
Elfenbein, die Klinge aus Horn
H. 1,7 cm; L. 4,6 cm
Sign.: Tomochika
Edo, Mitte 19. Jh.
Das Modell einer Luntenschloßpistole
(teppô) nach portugiesischem Vorbild hat
einen teilweise kantigen Lauf mit Kimme
und Korn aus Eisen; der Schlagbolzen und
der bewegliche Deckel der Pulverkammer
sind aus Messing, die „Schrauben“ aus
Kupfer. Auf Schaft und Griff befindet sich
ein fortlaufendes Swastikamuster (sayagata) und ein vierblättriges Blüten-mon in
Gold-makie auf silbrig grauem Grund.
Diese von den Portugiesen 1542 nach Japan eingeführten Waffen wurden in Osaka
bis ins 19. Jahrhundert nachgebaut.
835
GEGENSTÄNDE DER VIER STÄNDE
Ryûsa-Manjû
Elfenbein
H. 1,6 cm; B. 4,3 cm
Sign.: Gyokuhô und kaô
Edo, ca. 1860
In wenig durchbrochenem Relief sind Gegenstände, die mit den Vier Ständen
(shinôkôshô) assoziert werden können,
dargestellt: auf der Vorderseite die der Sa-
Der Hobel (kanna) und die Richtschnur
(suminawa) sind die wichtigsten Werkzeuge des Schreiners (daiku). Der Reiz dieses
Stückes liegt in der aus dem Hobelkasten
herausnehmbaren Klinge aus schwarzem
Horn, das Eisen darstellen soll und in der
sich das Loch für die Schnur befindet.
Dieses Modell wurde von der TomochikaWerkstatt häufig geschnitzt.
837
TABAKSTASCHE
Buchsbaum
H. 2,6 cm; L. 4,4 cm
Frühes 19. Jh.
Auf dem tabakoire mit einer großen, fledermausartigen Schließe (kanamono) liegen ein Netsuke in Form einer DämonenMaske und ein ojime.
838
GELDBEUTEL
Elfenbein, Augenbrauen aus hellem und
dunklem Horn
H. 3,1 cm
Sign.: Masatsugu
19. Jh.
209
Dargestellt ist ein Lederbeutel (kinchaku),
wie er für Münzen üblich war. An der
Mündung ist er mit einer Kordel zusammengezogen, an der ein Netsuke in Form
einer Okame-Maske hängt und die von
einem runden ojime zusammengehalten
wird.
839
FÜNF CHINESISCHEMÜNZEN
Hirschhorn
H. 1,4 cm; L. 4 cm
18./19. Jh.
Ehemalige Sammlung Buzaglo
Auf einer der Lochmünzen stehen die vier
Schriftzeichen Daigen Eihô (Groß Yuan
immerwährende Schätze), womit auf Münzen aus der Yuan-Zeit (1260-1368) hingewiesen wird. Ihr Alter wird durch die Löcher und ausgebrochenen Ränder verdeutlicht.
Im Mittelalter wurde in Japan in zunehmendem Maße Münzgeld aus China importiert, da Japan selber bis zum 16. Jahrhundert kein Münzgeld herausgab.
Münz-Netsuke drücken den Wunsch nach
Reichtum aus und waren wahrscheinlich
an Geldbeuteln befestigt.
Abgeb. in: Aalderink 1985, Nr. 298
840
MÜNZEN
Manjû-Netsuke
Kupfer und Gold
B. 3,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Auf Ober- und Unterseite des abgerundeten, viereckigen manjû befinden sich je
fünf Phantasie-Münzen: eine mit Dekor
von Bauer, Kranich, Pferd, Ahorn und ge-
drehtem Rand, eine mit Reiter und drei
mit um die viereckige Öffnung gruppierten
Schriftzeichen: Shômi (?) tsûhô Da Sô gojû
(Groß Song fünfzig) und Juzan fukkai
(Immerwährende Berge, glückliches Meer).
841
DREIZEHN MÜNZEN
Elfenbein
H. 2,5 cm; L. 4,5 cm
Sign.: Chokusai
Osaka, ca. 1900/1920
Dreizehn Münzen, vier von ihnen beweglich, sind auf einer Schnur aufgereiht. Eine
der äußeren Münzen zeigt Aoto Fujitsuna,
ein Minister des Hôjô Tokinori (12261263), der für seine Sparsamkeit berühmt
war. Er ist dargestellt, wie er bei Nacht mit
einer Fackel auf einer Brücke steht und
einem seiner Männer leuchtet, der seine
zehn im Nameri-Fluß verlorenen Münzen
sucht. Da er der Legende nach den Männern 50 Münzen hierfür zahlt, machte man
sich lustig über dieses unprofitable Unternehmen. Auf der Münze am anderen Ende
des Stranges sind die Schriftzeichen kan, ei
und tsu zu sehen. Sie könnten sich auf den
Namen der Ära Kan'ei (1624-1644) beziehen.
Das Netsuke ist eine Mahnung für den
umsichtigen Umgang mit Geld.
842
TEEZEREMONIE-UTENSILIEN
Manjû-Netsuke
Elfenbein und farbige Einalgen aus Holz,
Schildpatt, Perlmutter und Koralle
Ø 4,2 cm
Sign. auf eingelegtem Perlmutterplättchen:
Shibayama Yasunobu (Ekishin) saku
Edo/Tokyo, ca. 1850/1880
210
Auf der Schauseite befinden sich ein Qirl
(chasen) aus Horn, eine Teeschale (chawan), ein Wasserkessel (kama) in Relief
mit Deckel aus Perlmutter, Ringe (kan) aus
Messing, eine Teedose (natsume) aus Koralle, Teelöffel (chashaku) aus grünlich
schillerndem Perlmutter, ein Rost (gotoku)
aus Bernstein, Stäbe (hibachi) für die
Holzkohle aus Silber und rosa schimmerndem Perlmutter sowie ein Korb mit Holzkohle (sumitori). Die Rückseite zeigt einen
Federbesen (haboki) aus Perlmutter.
843
WASSERKESSEL FÜR DIE TEEZEREMONIE
Holz
H. 2,8 cm; Ø 3,8 cm
19. Jh.
Die Wandung des Wasserkessels (chagama) ist dekoriert mit Kiefernzweigen auf
einem Grund, der die genarbte Oberfläche
von Eisen imitiert. Der blütenförmige Deckel ist wahrscheinlich eine Ergänzung.
844
KÜCHENUTENSILIEN
Maritimes Elfenbein
H. 2,6 cm; B. 3,8 cm
Mitte 19. Jh.
Eine Vielzahl von Küchenutensilien (u.a.
Sake-Faß mit dem Schriftzeichen man,
Reibe, Eimer, Ständer mit zwei Messern)
bilden eine kompakte Gruppe; darüber
liegen ein Mörser (suribachi), eine Dose
mit Maschendrahtdeckel, ein Wasserkessel
und eine Kelle. Auf der Unterseite sind ein
Löffel und Stößel (surikogi) zu sehen.
845
HAUSHALTS- UND KÜCHENGERÄTE
Elfenbein
Ø 4,7 cm
Sign.: Gyokuhô
Ca. 1850/1880
Die Ober- und Unterseite dieses manjû
sind mit verschiedenen Geräten dekoriert,
die einen Einblick in das häusliche Leben
geben.
Gyokuhô hat etliche Netsuke mit diesem
Thema gefertigt.
846
BRUNNENEIMER
Hirschhorn
H. 3,9 cm
2. Hälfte 19. Jh.
An einen Brunneneimer (tsurube), auf dessen Wandung eine Trichterwinde graviert
ist, lehnt ein tanzaku. Auf dem Gedichtstreifen steht in feiner Gravur geschrieben:
Asagao ni/ tsurube torarete/ morai-mizu
(Der Brunneneimer/ in Beschlag genommen von der Trichterwinde/ ich bitte anderswo um Wasser). Das Gedicht stammt
von Chiyojo (auch Chiyoni, 1701-1775),
die für dieses haiku berühmt wurde.
Der Eimer ist aus dem zylindrischen Geweihsegment geschnitzt, der Boden ist ausgepflockt.
847
WAKAMIZU-EIMER
Buchsbaum, Details aus Kupfer, Perlmutt
und Elfenbein
H. 3,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wolf
211
An einem Brunneneimer hängt ein shimenawa (Neujahrsdekoration) aus Bein
mit Farnwedel und einem yuzuriha (Blatt
des Daphniphyllum macropodum) aus
grün gefärbtem Bein sowie Papierstreifen
aus Perlmutter.
Als erste Handlung am Neujahrsmorgen
zog der Familienälteste mit einem solchen
Eimer das „junge Wasser“ (wakamizu) aus
einem Brunnen. Es wurde bei der Zubereitung des Neujahrsmahls verwendet und
sollte langes Leben für alle Hausbewohner
bewirken.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10
848
PERÜCKE
Buchsbaum
H. 3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Möglicherweise handelt es sich um die
Perücke einer Kurtisane der Edo-Zeit. Das
ungewöhnliche Thema spricht für eine
späte Arbeit.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 385, Abb.
16
849
STROHHUT
Ebenholz, Knöpfe aus Metall
H. 2,6 cm
19. Jh.
Dieser Netsuke-Typus eines zusammengeklappten Regenhuts wurde häufig in Ebenholz geschnitzt. Er muß wohl bereits im 18.
Jahrhundert existiert haben. Santô Kyôden
(1761-1816), der berühmte Literat und
Connaisseur, hat sich 1808 in einem Brief
über ein Netsuke in in Form eines Regen-
strohhuts geäußert: „It looks, indeed, like
an old piece, and any way it is likely to date
from the period when such hats were
worn. However, I have not managed to
find any evidence that netsuke of this form
were popular in olden times“ (M. Onishi,
Honkoku Santô Kyôden Shokan, in: Biblia,
No. 75 (1980), S. 236-244, zit. von Forrer
1999, S. 58). Auch befand sich ein Netsuke
eines „Hut aus Bambushaut“ (take no kawa
gasa) aus Holz vor 1818 in der Sammlung
Matsura.
850
SOUVENIRS AUS TOKYO
Elfenbein
H. 3,6 cm;
Edo/Tokyo, ca. 1870/1890
Dicht zusammen liegen sechs Spezialitäten
aus Tokyo: Kaminari okoshi (Reisgebäck
aus Asakusa) in einem Beutel, der Bezug
nimmt auf den Trommelreif des Raiden im
Kaminarimon in Asakusa; in Stroh gewickelte Muscheln, fünf auf einem Bambuszweig aufgereihte satoimo (taro, Colocasia
esculenta), Ômori karashizuke (in Senf
eingelegte Gurken aus Ômori), ein Holzspielzeug in Form eines Adlers, wahrscheinlich aus dem Kameidô TenmanguSchrein, und eine dekorierte Schachtel.
Ein sehr ähnliches, Hakuunsai signiertes
Netsuke, ehemals Sammlung Hull Grundy,
befindet sich heute im British Museum,
London. Es ist nicht auszuschließen, daß
dieses Netsuke hier aus der HakuunsaiWerkstatt stammt.
Dieser Netsuke-Typ wurde nicht nur von
Hakuunsai, sondern auch von Ryûgyoku
und – in etwas anderer Form – sehr oft von
Suzuki Tôkoku (1846-1913) in Tokyo geschnitzt.
212
851
VIER SIEGEL
Manjû-Netsuke
Elfenbein
H. 1,6 cm; B. 5,4 cm
Sign.: Gashô
Osaka, ca. 1880
Die Abdrucke der Siegel auf diesem ovalen
manjû sind von unterschiedlicher Form.
Die Zeichen erscheinen in Intaglio bzw. in
Relief in hiragana-Silbenschrift, Kursivschrift und als antikisierende Siegelschriftzeichen.
Das Banbutsu hinagata gafu bildet solche
Siegelgruppierungen ab, die möglicherweise ein kiseruzutsu schmücken sollten.
Abb. 41
Banbutsu hinagata gafu, 1881, Bd. 4, S. 3b
852
FADENHALTER
Manjû-Netsuke
Holz, Lack, makie und Perlmuttereinlage
4,2 x 4,2 cm
Aufschrift: Zeshin
Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh.
Ein viereckiges Brokatkissen dient als Fadenhalter. Es ist dekoriert mit klassischen
Textilmustern in makie, Einlagen feiner,
rautenförmiger Perlmuttersplitter und
quadratischen Goldplättchen auf rotem
bzw. grünem Grund.
Hier handelt es sich um eine Anspielung
auf das tanabata-Fest am 7.7., das an das
jährliche Zusammentreffen des Rinderhirten Kengyû (chin. Qiannu) mit der Weberin Shokujo (chin. Zhinü) erinnert.
853
SPIELKARTEN
Manjû-Netsuke
Holzkern und verschiedene Lacktechniken
Ø 4,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Dargestellt sind drei Karten aus dem
unsun-Spiel, dessen Karten auf die von den
portugiesischen Kartenspielen beeinflußten tenshô karuta aus der Ära Tenshô
(1573-1592) zurückgehen. Das Spiel enthält folgende Farben: Koppu (Kelch), isu
(Schwert), ôru (Goldmünze), hô (Keule),
tomoe oder kuru (Wirbelkreis).
Hier dargestellt sind: hô no rohai (Keule
Drachen) und koppu no san (Kelch drei)
auf der Vorderseite und isu no san
(Schwert drei) auf der Rückseite.
854
HINA-PUPPENPAAR
Elfenbein
H. 4,8 cm
Sign.: Mitsushige
Osaka, ca. 1840/1860
Anläßlich des Mädchenfestes am 3.3. werden Puppen, die Kaiser und Kaiserin darstellen, aufgestellt. Die stehenden Puppen
werden aus gefaltetem und gerolltem Papier hergestellt und werden tatebina genannt. Die Gewänder beider hier dargestellten Puppen sind in feiner Gravur mit
Pflaumenblütenzweigen und stilisierten
Kiefernnadelbüscheln dekoriert. Wenn
man in den Medaillons der hakama Bambusblätter erkennen möchte, dann ergibt
sich die glückverheißende Kombination
shôchikubai.
Der Schnurkanal verläuft durch ein Hosenbein und eine Öffnung im Rücken.
213
855
HINA-PUPPENPAAR
Elfenbein
H. 3,9 cm
Inschrift: Kosaku yori utsushi (Kopie nach
einem alten Stück)
Spätes 19./20. Jh.
Die weibliche Figur lehnt an den majestätisch, mit ausgebreiteten Armen stehenden
Mann. Die Gewänder sind mit klassischen
Textilmustern geschmückt. Diese Muster
und die Form der weiblichem Puppe in
jûni hitoe (das 12fache Gewand der Heianzeitlichen Hofdamen) mit sichtbaren Ärmeln sind bei tatebina der Edo-Zeit nicht
anzutreffen. Es handelt sich bei diesem
Netsuke um eine späte Arbeit.
Ein sehr ähnliches, Rensai signiertes Stück
wird von Bushell (1964, S. 55, Tafel 68)
abgebildet. Wegen der großen Ähnlichkeit
beider Netsuke könnte man das Netsuke
hier dem Schnitzer Rensai zuschreiben.
856
SPIELZEUG
Elfenbein
H. 3,2 cm; B. 3,4 cm
Sign.: Ryûchin und kaô
Tokyo, ca. 1850/1870
Ein feister Knabe, der nur in ein Schürzchen gekleidet ist, reitet auf einem Spielzeug-Eber auf Rädern. Das Sujet kombiniert das Motiv des bärenstarken Kintoki
und des Nitta no Shiro, der während einer
Jagd auf einen galoppierenden Eber sprang
und diesen tötete.
Solche Gestalten dienten den Knaben als
Vorbild für Kraft und Vitalität und wurden
ihnen als Spielzeug gegeben oder zum
Knabenfest am 5.5. im tokonoma dekoriert.
857
SPIELZEUG
Elfenbein, Einlagen aus schwarzem Horn
H. 2,8 cm; B. 3,8 cm
Sign.: Shômin
Tokyo, ca. 1870
Die Gruppe besteht aus einem azuma-inu,
einem kleinen Hund aus Papiermaché, wie
sie auf Tempelmärkten in Tokyo auch heute noch verkauft werden, einer shishiMaske für den Löwentanz zu Neujahr und
einem Hasen auf einem Brett. Auf der Unterseite ist ein eboshi zu sehen, wie er von
manzai-Tänzern getragen wird. Die Gruppe nimmt Bezug auf Neujahr und vielleicht
das Jahr des Hasen.
858
SPIELZEUG
Elfenbein
H. 2,4 cm; B. 4,6 cm
Sign.: Hôzan
Mitte 19. Jh.
Arrangements verschiedener Gegenstände
waren unter den Netsuke-Schnitzern in der
Mitte des 19. Jahrhunderts beliebt. Hier
sind eine Okame- und eine Kitsune-Maske,
eine Daruma-Puppe, eine Spielzeugeule,
ein Karpfen auf Rädern, ein Brunneneimer
und eine Trommel dargestellt.
859
SPIELZEUG
Manjû-Netsuke
Elfenbein und Lack
H. 2,4 cm; B. 4,6 cm
Mitte 19. Jh.
Auf der Schauseite sind in hohem, farbigem takamakie ein Karpfen auf Rädern
und eine onna-daruma-Puppe dargestellt.
214
Dieses Stück könnte zum Knabenfest geschenkt worden sein mit dem Wunsch, die
Kraft und Ausdauer des Karpfen möge sich
auf den Knaben übertragen.
860
REQUISITEN EINES SANBASÔ TÄNZERS
Elfenbein
H. 1,9 cm; L. 4 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Die Requisiten des sanbasô-Tänzers bilden
ein Stilleben, bestehend aus Schellenbaum
(suzu), eboshi, Maske vom Typ Okina, einem geschlossenen Faltfächer vom Typ
chûkei und einem Tuch mit Dekor von
Kiefernschößlingen, ein Hinweis darauf,
daß dieser Nô-Tanz zu Neujahr aufgeführt
wird.
861
REQUISITEN
EINES
TÄNZERS
Buchsbaum
H. 2,2 cm; L. 4,5 cm
Um 1800
BUGAKU-
Über dem helmartigen Kopfschmuck (tori
kabuto) eines höfischen bugaku-Tänzers
liegen eine Maske vom Typ Kitoku und in
Papier gewickelte Pflaumenblütenzweige.
Da bugaku-Tänze in manchen ShintoSchreinen zu Neujahr aufgeführt werden
und die Pflaumenblüte eine Blüte des ausgehenden Winters ist, spielt dieses Netsuke
auf Neujahr an.
Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10
862
MASKE AUF EINEM KASTEN
Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Glas
H. 3,4 cm; L. 3,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Nô-Maske vom Typ Buaku liegt auf
einem mit Kiefernschößlingen dekorierten
Kasten, ein Hinweis auf Neujahr. Die
hochgeschätzten Nô-Masken werden in
Lackschachteln aufbewahrt, die mit einer
Seidenschnur verschlossen werden.
863
WAGENRAD
Kagamibuta-Netsuke
Platte: shibuichi, Details aus Kupfer, Silber
und Gold; Kapsel aus Elfenbein
Ø 4,5 cm
Edo/Tokyo, ca. 1860/1890
Die Platte in Form eines Wagenrades wird
von einer Kürbispflanze mit Früchten umrankt.
Ein ähnliches, Ryûmin signiertes kagamibuta-Netsuke, befindet sich im LindenMuseum Stuttgart. Serizawa Ryumin (ca.
1836-nach 1887) arbeitete in Edo/Tokyo
und möglicherweise stammt diese Arbeit
aus seiner Werkstatt.
864
VORSATZ
Elfenbein und Kupferlegierungen
L. 5,7 cm
Spätes 19. Jh.
Auf der länglichen Kupferplatte dieses kagamibuta-artigen Netsuke befinden sich zu
beiden Seiten eines beweglichen Schubschlosses aus shibuichi mit Silberführung
die Schriftzeichen für „Frau“ und „Sake“ in
shakudô. Dieser Vorsatz, Wein und Frauen
215
zu entsagen, ist auch auf vielen Votivtafeln
(ema) anzutreffen. Auf der Rückseite der
Kapsel mit himotôshi in Form von Schlüssellöchern ist ein Gedicht geschrieben: yô
no naka/ sake to onna wa/ kataki nari/ tofu
so kataki ni/ meguri aitai (In der Nacht
werden Sake und Frauen zu Feinden,
trotzdem möchte ich mit diesen Feinde
zusammenkommen).
865
PHALLUS
Maritimes Elfenbein
H. 4,7 cm
20. Jh.
Der Phallus hat von der einen Seite das
Aussehen eines kleinen Pilzes. Der Reiz des
Netsuke liegt sowohl in der Form als der
schönen Politur des Materials.
866
PHALLUS
Maritimes Elfenbein
L. 6,1 cm
Sign.: Sôju
Tokyo, 2. Hälfte 20. Jh. (erworben 1996)
Der Phallus mit Vorhaut und Hoden ist
ungewöhnlich realistisch dargestellt.
867
SKELETT UND SCHÄDEL
Buchsbaum
H. 3,8 cm
Ca. 1860/1880
Ein Skelett versucht, über einen riesigen,
abstrahiert dargestellten Totenschädel zu
klettern.
Skelette waren ein beliebtes Motiv in der
Kunst der frühen Meiji-Zeit (1868-1912).
Nicht nur Schnitzer in Edo/Tôkyo speziali-
sierten sich auf dieses Thema, auch Schnitzer aus Hida-Takayama wie Shôko. Die
berühmtesten Darstellungen dieser Zeit
aber schuf der Maler Watanabe Kyôsai
(1831-1889), der Skelette mit Humor und
Witz wiedergab.
868
SCHÄDEL UNTER EINEM HUT
Buchsbaum
Ø 4,1 cm
Sign.: Masayuki
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Unter einem löchrigen Reisehut befindet
sich ein Totenschädel, aus dessen Augenhöhle ein Grashalm wächst und zwischen
dessen Zähnen ein tanzaku (Gedichtblatt)
steckt. Der Hut läßt an die Dichterin Ono
no Komachi denken, deren armseliges Leben im Alter ein Sinnbild der Vergänglichkeit ist.
869
SCHÄDEL
Elfenbein
H. 2,3 cm; B. 2,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der Schädel als Memento mori wurde in
der Meiji-Zeit wie üblich ohne Unterkiefer
– auch als okimono – sehr oft dargestellt.
870
LANDKARTE
Manjû-Netsuke
Elfenbein
B. 4,5 cm
Wahrscheinlich
1830/1850
Provinz
Izumi,
ca.
Auf der Schauseite dieses abgerundeten,
viereckigen manjû, dessen Rückseite in der
216
Art einer Chrysantheme geschnitzt ist,
befindet sich in der unteren Hälfte in
schwarz eingefärbter Gravur eine Karte
Japans mit Namen der verschiedenen Provinzen und der Überschrift: Nansenbushû
Dai Nihon kuni shôshin no zu (Wahrheitsgetreue Zeichnung von Groß-Japan in einem der vier Kontinente). Nansenbushû ist
die japanische Aussprache des buddhistischen Sanskrit-Terminus jambûdvipa (einer der vier Kontinente südlich des Berg
Meru).
Netsuke dieser Art wurden fast ausschließlich von Nanka und seinem Schüler Nanyô
in der Provinz Izumi (heute Osaka) gefertigt. Neben Landkarten-Netsuke und -inrô
schufen sie auch manjû mit Entfernungstabellen, z.B. von Edo nach Kyoto.
871
LANDKARTE
Manjû-Netsuke
Walroßzahn
B. 6,5 cm
Wahrscheinlich
1830/1850
Provinz
Izumi,
ca.
Diese Landkarte trägt den gleichen Titel
wie das vorangegangene Stück.
Landkarten in dieser Art schmückten auch
Porzellanteller, die in der Ära Tenpô
(1830-1844) in Arita hergestellt wurden.
Möglicherweise wurden die LandkartenNetsuke zur selben Zeit gefertigt.
872
PALAST
Manjû-Netsuke
Elfenbein
H. 2,4 cm; B. 3,4 cm
Sign.: Ryûkôsai
Mitte 19. Jh.
Im Inneren eines Quaders ist in durchbrochenem Relief eine chinesische Palasthalle
eingefaßt von Bambus und Kiefern dargestellt. Auf der Wandung befinden sich ein
Phönix und Ranken in kebori-Gravur.
873
ACHT ANSICHTEN VON ÔMI
Holz
H. 3,1 cm; B. 3,8 cm
Sign.: Masamitsu
Ca. 1830/1850
Ehemalige Sammlungen Winkworth (Versteigerung 1938) und Segal
Dargestellt sind die Acht Ansichten von
Ômi, ein berühmter Ort am Biwa-See in
der Provinz Ômi (heute Präfektur Shiga).
Oben auf einem Berg liegt eine Tempelanlage mit Pagode und Glockenturm (Miidera), durch ein torii führt der Weg zu einer
weit ausladenden Kiefer, umgeben von
einem Zaun (Karasaki). Rechts ist ein Pavillon auf Stelzen ins Wasser gebaut
(Katada). Auf der anderen Seite, unterhalb
des Schlosses von Awazu, biegt sich eine
Brücke über den Seta-Fluß. Eine lange
Treppe führt zu einer an einem Felsabhang
gebauten Halle (Ishiyama). An der Unterseite sind ein heimkehrendes Segelboot vor
einem Strand mit strohgedeckten Hütten
(Yabase) und im Hintergrund der Berg
Hira zu sehen.
Solch kompakte Modelle von Landschaften, die eine real existierende Örtlichkeit
darstellen, sind von Kagetoshi bekannt.
874
UFERLANDSCHAFT
Ryûsa-manjû
Narwahlzahn
Ø 5,2 cm
19. Jh.
217
Das ungewöhnlich große ryûsa-manjû ist
dekoriert mit einer Uferbefestigung aus
geflochtenen Bambusschienen (jakago),
zwei aufgespannten Fischernetzen, Wellen,
schmalen Wolkenstreifen und zwei stilisierten chidori (Regenpfeifer) auf jeder
Seite.
877
EI-FORM
Ryûsa-manjû
Gelbmetall (sentoku)
H. 3,4 cm; L. 4,1 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
875
LANDSCHAFT
Kagamibuta-Netsuke
Platte aus shakudô, Details aus Kupfer,
Silber und Gold; Kapsel aus Elfenbein;
Ø 3,9 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Wandung besteht aus im cire-perduVerfahren wiedergegebenen Spiralen, Wellen, Pflaumenblüten und Ornamenten.
Netsuke in dieser Technik werden auf Karamono Kyubei (tätig frühes 18. Jh.) zurückgeführt, in dessen Nachfolge zahlreiche solcher Arbeiten entstanden sind.
Auf der kleinen Platte sind eine Uferböschung mit blühendem Kirschbaum und
zwei Wildgänse dargestellt.
878
MEDAILLONS UND RANKEN
Ryûsa-manjû
Walroßzahn
Ø 4,5 cm
Tokyo, ca. 1880
876
KRANICH, MINOGAME UND KIEFER
Manjû-Netsuke
Bohne (fujimame)
L. 6,5 cm
Sign.: Shun'yo tô
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Bushell
Die Schauseite dieser polierten, flachen
Bohne ist dekoriert in Gravur mit Kranich,
minogame und Kiefer. Am Horizont geht
die Sonne über dem Meer auf. Das Motiv
ist als Hôrai (chin. Penglai) bekannt, eine
sagenumwobene Insel im Ostchinesischen
Meer. Es ist eines der wichtigsten, glückverheißenden Embleme, das in Japan fast
ausschließlich anläßlich von Hochzeiten
verwendet wird.
Auf beiden Seiten dieses sehr gut ausgehöhlten und daher leichten manjû befinden sich in flachem Relief Medaillons zwischen durchbrochen geschnitzten Wellen.
Die Muster sind: zwei kommaförmige Jadeperlen (magatama), die wie das yinyangSymbol aussehen, eine dichte Spirale, zwei
Siegelschriftzeichen, ein tachibana-Zweig
(citrus nobilis), das Schriftzeichen tama. In
der Mitte befindet sich ein Medaillon mit
Raute. Auf der Rückseite sind eine dichte
Spirale, ein Wappen mit Blattmotiv und
ein shippô-tsunagi-Motiv zu sehen.
Material und Schnitzstil sind typisch für
Arbeiten im Stil des Kokusai.
Abgeb. in: Bushell 1961, S. 46
218
879
STILISIERTE BLÜTE
Manjû-Netsuke
Elfenbein
Ø 4,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Im Inneren einer flachen Kapsel mit eingezogenem Rand befinden sich in Goldtauschierung zwei Pavillons unter Kiefern und
eine Bergkette im Hintergrund. Die Außenseite ist mit Wolkenmotiven geschmückt.
In der Mitte der stilisierten Blütenform mit
vier herzförmigen Durchbrechungen in
der Art von inome (kleine Durchbrechungen in Form von „Eberaugen“) bei tsuba
befindet sich eine 12blättrige Blüte.
883
ASCHENBECHER-NETSUKE
Émail cloisonné auf Kupfer
Ø 2,2 cm
Wahrscheinlich Nagoya, ca. 1850/1860
880
ASCHENBECHER-NETSUKE
Gelbmetall (sentoku)
Ø 4,3 cm
19. Jh.
Da der Kopf der japanischen Pfeife sehr
klein ist und nur winzige Mengen von Tabak aufnimmt, ist dieses AschenbecherNetsuke trotz seiner ungewöhnlich kleinen
Form zweckmäßig. Der Dekor der Außenwandung besteht aus sich überschneidenden Kreisen (shippô-tsunagi).
Möglicherweise stammt diese Arbeit aus
der Werkstatt des Kaji Tsunekichi aus
Nagoya. Die Muster und die trübe Farbpalette des Dekors sind typisch für seine
émail cloisonné-Arbeiten.
Auf der halbkugeligen Außenwandung
dieses Netsuke befinden sich in Relief zwei
Regendrachen und ein Juwel.
881
ASCHENBECHER-NETSUKE
Porzellan
Ø 5,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die halbkugelige Porzellanschale ist dekoriert in Unterglasurblau innen mit einer
Uferlandschaft, außen mit Regenpfeifern
(chidori) über Wellen. Im 19. Jahrhundert
wurde Blau-Weiß-Porzellan nicht mehr
nur in Arita auf der Insel Kyûshû hergestellt, auch in Seto und auf der Insel
Shikoku gab es Manufakturen.
882
ASCHENBECHER-NETSUKE
Eisen und Goldüberzug
Ø 3,9 cm
Möglicherweise Provinz Higo, 19. Jh.
884
KOMPAß-NETSUKE
Bein oder Knochen und Gelbmetall
Ø 2,4; L. 4,2 cm
19. Jh.
Die äußere Form stellt eine Kerze mit dickem, gewundenem Docht dar. Am gegenüberliegenden Ende befindet sich hinter
Glas die Kompaßscheibe.
885
DUFTFLÄSCHCHEN
Roter Schnitzlack, Ring um die Taille,
Mündungseinfassung und Stöpsel aus Silber
H. 5,8 cm
19. Jh.
219
Der untere Teil der Flaschenkürbisform ist
mit einer Landschaft beschnitzt, der obere
mit einer Päonienblüte und Blättern. Der
Fond besteht aus einem Muster von Hanfblüten (asanoha). Diese Art von nioibin
war sehr häufig und befindet sich in vielen
Sammlungen.
886
HAKO-NETSUKE
Roter Schnitzlack, innen Schwarzlack
H. 3,7 cm
19. Jh.
Krisgriffe waren – wie aus dem Sôken kishô
hervorgeht – in Japan bekannt und wurden
zu Netsuke umgearbeitet. Hier handelt es
sich um eine japanische Kopie eines ostjavanischen Krisgriffs in Form eines hockenden Rakshasa-Dämons mit geschupptem Körper, langen Haaren und starken
Nasolabialfalten.
Abb. 42
Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 4b
An der Wandung dieses inrô-ähnlichen
Dosen-Netsuke befinden sich in Relief drei
chinesische Gelehrte und ein Diener mit
Ehrenfächer, die einen Knaben mit Windrad beobachten. Der Fond besteht aus einem stilisierten Muster von asanoha. Auf
dem Deckel und der Unterseite ist eine
stilisierte Päonie in Relief geschnitzt.
887
HAUER EINES EBERS
Hauer eines Ebers
Eberzahn
L. 9,6 cm
1. Hälfte 19. Jh.
Der Zahn des Ebers war ein bevorzugtes
Material der Schnitzer in der Provinz Iwami (heute Präfektur Shimane). Die
warme, goldgelbe Patina und die glasig
wirkende Oberfläche des undekorierten
Hauers machen die Attraktivität dieses
Netsuke aus.
888
KRISGRIFF
Hirschhorn
H. 6 cm
19. Jh.
220
Masken
Das Schnitzen von Masken hat in Japan
eine lange Tradition. Im bugaku und gigaku, den kultischen Tänzen seit dem 6.
Jahrhundert, sowie im gyodô (Prozession
buddhistischer Priester) wurden große
Masken getragen, die von chinesischen
und indischen Vorbildern beeinflußt
waren. Nô- und kyôgen-Masken hingegen, die es seit dem 14. Jahrhundert gibt,
sind rein japanischen Ursprungs und
klein. Masken wurden auch bei den satokagura, den pantomimischen ShintoKulttänzen auf dem Land, aufgesetzt. Die
Darsteller des komischen Mannes und
der komischen Frau trugen Hyottokound Okame-Masken. Ebenso fanden
Masken bei dem höfischen Brauch des
großen Geisteraustreibens (tsuina) zum
Jahresende und dem shishimai (Löwentanz) zu Neujahr, der zur Abwehr von
Krankheit und Katastrophen aufgeführt
wurde, Verwendung.
Nô- und kyôgen-Masken wurden
von professionellen Maskenschnitzern
hergestellt. Die führenden Schnitzerfamilien der Edo-Zeit waren die Deme und
die Kodama. Unter den zahlreichen Deme-Schnitzern gab es einige, die auch
Netsuke geschnitzt haben. Angeblich war
Deme Eiman (?-1705) der erste, der sich
mit Masken-Netsuke befaßte, gefolgt von
seinem Sohn Joman, seinem Enkel Uman
und Josei. Da sie sich bei den Netsuke
nicht immer an die ikonographischen
Vorschriften der Theatermasken hielten,
lassen sich die Maskentypen nicht immer
genau bestimmen.
In den Masken-Netsuke spiegelt
sich die Freude an grotesken Darstellungen und viele Schnitzer nutzten die Gele-
genheit, ihrer Phantasie freien Lauf zu
lassen. Daher waren Dämonenmasken,
wie Hannya und Oni, sowie die grotesken
Masken, wie Beshimi, Buaku und Hyottoko/Usobuki, besonders häufig. Sehr
beliebt war die Okame/Oto-Maske. Nicht
nur wurde sie im kyôgen und kagura getragen, sondern sie diente auch zur Neujahrsdekoration, wie sie auf dem tori no
ichi („Geflügel“-Markt) in Schreinen und
Tempeln verkauft wurde, und schmückt
den kumade (Modell eines Gartenrechens), der Glück und Geld zusammenkratzen soll. Die Okame-Maske gilt mit
ihrem molligen, wohlgenährten und
fröhlichen Gesicht als Glücksbringer.
Die meisten Masken-Netsuke
wurden ab der Mitte des 19. Jahrhundert
hergestellt. Hara Shûgetsu und seine
Nachfolger habe sich auf Okame-Masken
spezialisiert. Ab ca. 1850 kam die Sitte
auf, verschiedene Nô-und kyôgen-Masken
in Gruppen darzustellen. Die KikugawaFamilie von Netsuke-Schnitzern in Edo/Tokyo und ihr Hauptvertreter Hakuunsai spezialisierten sich auf diesen
Netsuke-Typ. Auch wurden ganze Sätze
von Masken hergestellt, z.B. von Hôzan,
Ryûmin oder dem Töpfer Sekisen. Künstler der Sô-Schule schufen besonders
phantasievolle und originelle Exemplare,
die keine Vorbilder in den japanischen
Theatermasken haben. Der Bildhauer
Kano Tessai (1845-1925) hingegen
schnitzte zahlreiche Masken-Netsuke, die
alte gigaku-Masken des Shôsôin, Hôrûji
und Genkôji in Nara im Miniaturformat
kopierten und sogar die Altersspuren
und den abblätternden Lack der Originale nachahmten. Das Interesse an diesen
alten Masken, die in höfischen Tänzen
getragen wurden, stand in Zusammen221
hang mit den restaurativen Tendenzen
und der Rückbesinnung auf Japans Frühgeschichte in der Meiji-Zeit.
Da es zahllose Varianten zu den
verschiedenen Maskentypen gibt und die
Zuordnung den einzelnen Theatergattungen schwierig ist, erfolgt die Reihenfolge der Masken-Netsuke nach Themengruppen: Buddhismus und Shintoismus,
Sagengestalten, Menschen, Dämonen,
Kompositköpfe und Tiere.
889
GOTTHEIT
Elfenbein
H. 4,8 cm
Sign.: Masamitsu
Spätes 19. Jh.
Unter den gyôdô-Masken, die bei buddhistischen Prozessionen getragen wurden,
gibt es die Köpfe der Zwölf Wächtergottheiten (Jûniten). Dieses Netsuke hier
könnte aufgrund der Haartracht und des
Diadems als Bonten, der hochrangigste
Wächtergott, identifiziert werden. Die dicken Ohrläppchen sind jedoch atypisch.
890
EBISU
Holz
H. 4 cm
Sign.: Deme tô
19. Jh.
Ebisu ist an seinem Kopftuch und dicken
Ohrläppchen zu erkennen. Der Kopf mit
lustigen Augen, trotzig vorgeschobener
Unterlippe und kurzer Nase ist weich modelliert. Ebisu-Masken wurde im kyôgen
getragen.
891
RAIDEN (?)
Dunkelbraunes Holz, Augen und Zähne
aus Silber
H. 4,8 cm
19. Jh.
Hier handelt es sich wahrscheinlich um die
Nô-Maske vom Typ Raiden. Mit brüllend
aufgerissenem Mund verdeutlicht der
Donnergott „den ganzen Eklat des Einschlagens“ (Perzynski 1925, Bd. 2, S. 164).
Raiden-Masken wurden sowohl im Nô
getragen, wo die Maske aber keine Hörner
hat, und im kyôgen, wo sie Kaminari
(Donner) genannt wurden.
892
RAIDEN
Buchsbaum, Augen, Hörner und Zähne
aus Elfenbein; Pupillen aus schwarzem
Horn
H. 4,5 cm
Sign.: Ôsai
2. Hälfte 19. Jh.
Die in Elfenbein eingelegten Augen und
Zähne setzen besondere Akzente in der
Fratze dieses Dämons. Die Brauen und der
Bart auf den Wangen sind tief gezackt, wie
es bei oni- und Raiden-Darstellungen üblich ist.
893
ONI
Buchsbaum
H. 4,9 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Zwischen buschigen Brauen und dicken
Wangen befinden sich die großen Augen
mit durchbohrten Pupillen. Zwei kleine
222
Fangzähne schauen zwischen den Lippen
hervor und aus großen Haarlocken ragen
zwei kurze Hörner.
Die breite Kopfform und die Patina sprechen für eine frühe Datierung.
Oni-Masken wurden wahrscheinlich anläßlich der tsuina-Riten getragen.
896
SHÔJÔ
Holz, rot lackiert, Pupillen schwarz
H. 4,2 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlungen Behrens
Brockhaus
894
GROßER ONI
Holz, Augen aus Elfenbein und Lack
H. 6,6 cm
19. Jh.
Das breite Lachen, die lustigen Augen, die
strähnigen Haare und die rote Farbe sind
Kennzeichen eines shôjô-Kopfes. ShôjôMasken wurden im Nô getragen, jedoch in
einer strengeren Ausführung als hier.
Der große Kopf ist von breiter Birnenform.
Aus dem dunklen Holz leuchten die
schmalen Augen aus Elfenbein hell hervor,
die durchbohrte Iris ist in schwarzem Lack
umrandet. Die Grimasse ähnelt der des
Beshimi und des Buaku, die in ähnlicher
Weise mit gefletschten Zähnen die Unterlippe nach innen ziehen.
Abgeb. in: Joly 1912, Tafel IV, Nr. 189
895
ONI
Holz, Rückseite rot lackiert, Reste von
Vergoldung
H. 4,7 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Brockhaus (Index
Karte Nr. 1882, erworben 1909)
Die flachen Hörner dieses Teufels verschwinden unter den glatten Haaren. Ungewöhnlich ist der Bartwuchs mit gescheitelten Haaren. Auf der Rückseite befindet
sich ein Schlegel.
und
897
IKKAKU SENNIN
Buchsbaum
H. 5,1 cm
Spätes 18./frühes 19. Jh.
Die Maske vom Typ Ikkaku sennin (wörtlich: Ein-Horn-Unsterblicher) läßt sich
anhand des kleinen, einzelnen Horns über
der Stirn und der dämonenhaften Physiognomie leicht identifizieren. Es gibt unterschiedliche Interpretationen dieses
Maskentyps, der im Nô-Stück Ikkaku sennin getragen wurde: entweder mit einem
großen, spitzen Horn oder ohne Horn.
898
KONOHA-TENGU-MASKE
Maritimes Elfenbein
H. 2,7 cm
Sign.: Naokazu
2. Hälfte 19. Jh.
Die lange Nase dieses Waldkoboldes ähnelt
einem Schnabel, womit sich Physiognomie
von karasu-tengu und konoha-tengu vermischen. Die schmalen, zusammengepreß223
ten Lippen mit nach unten gezogenen
Mundwinkeln und die tiefen Falten verleihen dem Kopf einen grimmigen Ausdruck.
899
OKINA
Helles Holz
H. 4,7 cm
Spätes 19. Jh.
Die Haarbüschel in den Mundwinkeln und
auf der Stirn sowie der lange, zur Seite gelegte Bart sind die Merkmale der OkinaMaske. Okina (Alter Mann) ist der Name
einer Tanzvorführung, die aus dem Senzai, Okina- und Sanbasô-Tanz besteht und
vor einem Nô-Stück aufgeführt wird.
900
OKINA
Elfenbein
H. 4 cm
Sign.: Hôshin und kaô
Edo/Tokyo, ca. 1860/1880
Diese typische Okina-Maske wird beim
kamifuki-Spiel gezeigt Hierbei muß ein
angefeuchtetes Papierstück durch kräftiges
Blasen auf die Stirn befördert werden. Eine
ehrwürdige Maske bei einem solchen neckischen Spiel darzustellen, ist eine amüsante und humorvolle Interpretation.
901
NÔ-MASKE
Holz
H. 4,4 cm
Mitte 19. Jh.
würde es sich um die Nô-Maske vom Typ
Chûjô handeln.
902
NÔ-MASKE
Buchsbaum
H. 4,7 cm
Sign.: Ikkô
2. Hälfte 19. Jh.
Die Maske eines jungen Priesters mit
Stirnpony wird im Nô-Theater Kasshiki
(Der Immerhungrige) genannt. Die hohen
Brauen über den mandelförmigen Augen
reichen fast bis zu den Schläfen. Die Zähne
zeigen Spuren einer schwarzen Einfärbung.
903
NÔ-MASKE
Buchsbaum
H. 4,4 cm
Sign. mit kaô
19. Jh.
Die vornehme Physiognomie erinnert an
Nô-Masken junger Männer. Auffallend
sind besonders die ovalen Kreise auf der
Stirn, die ebenfalls Brauen darstellen.
904
BUAKU
Schwarzes Holz
B. 3,8 cm
Signatur unlesbar
19. Jh.
Buaku-Masken wurden im kyôgen getragen, wo sie sowohl Ärger als auch Trauer
ausdrücken.
Das Antlitz des jungen Mannes ist durch
strenge Gesichtszüge, Barthaare in den
Mundwinkeln und einen Kinnbart gekennzeichnet. Wäre der Mund geöffnet,
224
905
BESHIMI-VARIANTE
Elfenbein
H. 5,5 cm
Frühes 20. Jh.
Backenbart, dünne Lippen und die geschwungenen Falten über dem Nasenrücken sind Gesichtsmerkmale dieser sehr
flachen Maske.
906
BESHIMI-VARIANTE
Buchsbaum
H. 4,7 cm
Spätes 19. Jh.
Die Unterlippe ist derart eingezogen, daß
man den Eindruck hat, die Oberlippe hänge über der Unterlippe. Durch diese anatomische Unmöglichkeit erhält der Kopf
sein groteskes Aussehen.
907
HARE-MEN
Holz
H. 4,8 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Das grimassierende Gesicht hat ein zugekniffenes Auge, einen schief verzogenen
Mund mit großen Zahnlücken und tiefe
Furchen auf der Stirn.
908
HARE-MEN
Buchsbaum, Auge aus rotbraunem und
schwarzem Horn (?)
H. 4,4 cm
Aufschrift: Deme Jôman
Edo/Tokyo, 19. Jh.
Die physiognomischen Merkmale sind
übertrieben dargestellt. Das rechte Auge
tritt hervor, das linke wird von dem schlaff
herabhängenden Oberlid teilweise verdeckt. Über dem linken Auge befindet sich
eine Beule. Solche Masken werden haremen (wörtlich: geschwollene Maske) bezeichnet und wurden im bugaku-Tanz Ni
no mai getragen.
909
EINÄUGIGER HYOTTOKO
Elfenbein, Pupille aus Messing
H. 4,7 cm
19. Jh.
Das hervorquellende Auge erhält eine zusätzliche Ausdruckssteigerung durch die
Pupille aus Messing. Der gespitzte Mund
ist zur Seite geschoben.
Nach Hokusai manga könnte diese Maske
auch als Shiofuki (wörtlich: Flut- und Ebbebläser) interpretiert werden.
910
HYOTTOKO/USOBUKI
Holz, Lack und Spuren von Gold
H. 4,8 cm
Spätes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Bei diesem Kopf sind die Lippen gespitzt
nach vorne geschoben. Die sich so bildenden Gesichtsfalten auf den Wangen enden
in Spiralen. Diese Grimasse soll sich vom
Nasentrichter eines Kraken ableiten. Hyottoko/Usobuki-Masken werden im kyôgen
getragen.
225
911
HYOTTOKO/USOBUKI
Buchsbaum
H. 4,8 cm
19. Jh.
Neben dem typisch zugespitzten Mund
wird der Kopf von zahlreichen, stilisierten
Falten und den Nasenlöchern bestimmt.
Die Maske ist ein gutes Beispiel dafür, wie
ein bestimmter Maskentyp in höchst phantasievoller Weise neu interpretiert und
abgewandelt wurde.
Eine sehr ähnliche Maske wird von Bushell
„Spouting Mouth“ genannt und ist mit
einem unidentifizierten kaô signiert.
(Bushell 1985, Nr. 335)
912
MANN MIT LANGER NASE
Buchsbaum
H. 4,7 cm
Frühes 20. Jh.
Der Mann leckt die Spitze seiner langen,
dünnen Nase mit der Zunge ab. Lange Nasen sind das Kennzeichen der bugakuMaske für den Kotokuraku sowie der Kono-ha-tengu- und Hyottoko-Masken, die
bei Tänzen auf dem Land (sato-kagura)
getragen werden. Sie sind mit einer phallischen, nach unten gebogenen Nase und
herausgestreckter Zunge dargestellt. Die
groteske Darstellung hier, die verschiedene
Typen in extremer Weise kombiniert, ist
eine späte Arbeit, die mit keiner der genannten Maskentypen in direkte Verbindung gebracht werden kann.
913
MASKE EINER FRAU
Holz
H. 3,3 cm
Sign.: Hidemune saku
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Die gescheitelten Haare sind Hinweis, daß
es sich hier um einen Frauenkopf in Anlehnung an eine weibliche Nô-Maske handelt.
914
MASKE EINER FRAU
Bronze
H. 4,1 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Diese Maske einer jungen Frau mit lächelndem Mund zeichnet sich aus durch
sorgfältig gescheitelte, in dünne Strähnen
gelegte Haare. Masken-Netsuke in Bronze
sind sehr selten anzutreffen.
915
OKAME
Elfenbein
H. 3,8 cm
18. Jh.
Die dreieckige Kopfform, die Wangengrübchen, der winzige Mund und die beiden Augenbrauen darstellenden Punkte
auf der Stirn sind die unverwechselbaren
Merkmale des Okame-Gesichtes. Die dreieckige Form und die Altersrisse weisen das
Stück als frühe Arbeit aus.
226
916
OKAME
Buchsbaum mit silbriger, schwarzer und
roter Lackfassung
H. 4,8 cm
Sign. unter der Lackschicht: Shûzan
Edo, 1. Hälfte 19. Jh.
Okame-Masken werden im kyôgen getragen, wo sie Oto genannt werden. Wahrscheinlich stammt die Lackfassung aus
späterer Zeit.
Abgeb. in Werdelmann 1989, S. 386, Abb.
19
917
OKAME
Buchsbaum
H. 4,8 cm
Mitte 19. Jh.
Die herausgestreckte, nach oben gebogene
Zunge entbehrt nicht einer gewissen Anzüglichkeit, die dem lasziven Charakter der
Okame entspricht.
918
OKAME
Buchsbaum
H. 5,1 cm
Sign. in hiragana: Hashimoto zô
Spätes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung William und Betty
Parker
Die Brauen dieses Okame-Kopfes werden
durch eingelegtes, dunkleres Holz dargestellt.
919
HANNYA
Buchsbaum
H. 4,6 cm
Sign.: Shûzan
Edo, 1. Hälfte 19. Jh.
Die Nô-Maske vom Typ Hannya ist als
Netsuke sehr häufig dargestellt worden.
Ihre Charakteristika sind die gescheitelten
Haare, die Hörner und der furchterregende
Rachen. Die Maske wird in Rollen der eifersüchtigen Frau, z.B. Kiyohime in dem
berühmten Nô-Stück Dôjôji, getragen.
920
HANNYA
Buchsbaum, Augen aus Gelbmetall
H. 5,2 cm
Mitte 19. Jh.
Die in hohen Bögen gelegten Haarsträhnen
hinter den Hörnern sind eine Abweichung
von
den
typischen
HannyaMaskendarstellungen.
921
HANNYA
Hirschhorn
H. 6,4 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Die Kopfform entspricht der natürlichen
Biegung eines Geweihsegments. Das langgezogenen, vierkantige Gesicht wirkt wie
eine Karikatur der Maske eines weiblichen
Teufels. Die kreisrunden Augen sind aufgerissen, der riesige, geöffnete Mund füllt
die untere Gesichtshälfte aus.
Abgeb. in: Bushell 1985, S. 160, Nr. 75 (nur
Signatur); Atchley 1991, S. 20, Abb. 15
227
922
HANNYA
Elfenbein
H. 5,2 cm
Sign.: Gyokuzan
2. Hälfte 19. Jh.
925
SHISHIGUCHI
Buchsbaum und grünes Glas
H. 4,9 cm
Sign.: Sekibai
Spätes 19. Jh.
Die typischen Merkmale der HannyaMaske sind der riesige, trapezförmige
Mund und die großen Augen; ungewöhnlich hingegen sind die flügelartigen Ohren.
Die nach vorne, tief in die Stirn gebogenen
Hörner verleihen diesem Netsuke eine
kompakte, gut tragbare Form.
923
DÄMON
Holz mit Lackfassung
H. 3,8 cm
Sign.: in Goldlack: Kôzan
Spätes 19. Jh.
Zwischen wulstigen Brauen und breiter
Knollennase liegen tief die Augen mit Pupillen aus grünen, durchbohrten Glasperlen. Der Mund ist aufgerissen. Ungewöhnlich sind die feinen, in ukibori-Technik
ausgeführten Punkte auf der Stirn. Auf der
Rückseite bildet ein sehr kleiner, gebogener, vertikaler Steg die, wenn auch unzweckmäßige Möglichkeit, für die Schnurführung.
Die Identifizierung dieser Maske beruht
auf Bushell, der ein fast identisches Netsuke abbildet, dessen Signatur er Sekitan
(sic!) liest (Bushell 1985, Tafel 208).
Das Wilde und Furchterregende dieser
Maske wird nicht nur durch die rote Lackierung, sondern auch durch die großen,
goldenen Augen, die nach vorne gerichteten Hörner und den großen, vorgeschobenen Unterkiefer ausgedrückt.
926
HEIKEGANI
Buchsbaum
H. 4,5 cm
Sign.: Gyokuzan
Spätes 19. Jh.
924
NAMANARI
Holz
H. 4,7 cm
Sign.: Deme Jôsei
Edo, ca. 1800
Dieser merkwürdige Kopf besteht aus Augen, die sich auf gleicher Höhe wie die
fischköpfige Nase befinden. Der fischmaulartige Mund ist mit einer Blütenraute
am Kinn geschmückt. Über den Augen
befindet sich ein gewelltes Tuch und eine
Art Vorhaut mit zwei Krebsscheren. Feine
Punkte an den „Schläfen“ und am Kinn
sind in ukibori ausgeführt.
Diese funktionslose Maske wird Heikegani
(wörtlich: Heike-Krabbe) genannt. Denn es
gab in Japan den Glauben, daß die Köpfe
der im Kampf gefallenen Heike-Krieger in
der Panzerzeichnung des heikegani ge-
Die Nô-Maske vom Typ Namanari läßt
sich anhand der ovalen Kopfform und der
kurzen Hörner bestimmen. Diese Maske
eines weiblichen Teufels wird in den NôStücken Kanawa und Sesshôseki getragen.
228
nannten Krebses zu erkennen sind. Die
vielen Toten auf dem Schlachtfeld vom
Dannoura sollen sich in heikegani verwandelt haben.
Die Plazierung der Signatur auf einem sehr
schmalen, vertikalen Steg, der kaum geeignet für die Schnurführung ist, und die Art,
wie die Rückseite durch schraffurartige,
längliche Kerben gestaltet ist, entspricht
jenen des vorangegangenen Netsuke. Entweder sind Sekibai und Gyokuzan zwei
unterschiedliche Namen desselben Schnitzers oder die beiden Künstler arbeiteten im
selben Werkstattstil.
heiten dieses Maskentyps sind die Augen
und der Unterkiefer, die sich während des
Tanzes rhythmisch bewegen. Im Gegensatz
zu den vielen Ranryôô-Netsuke sind hier
Ober- und Unterkiefer nicht beweglich.
Die helle Farbe des Holzes ist Hinweis auf
die Entstehung ca. 1900/1920.
927
KONRON
Leichtes Holz, wahrscheinlich hinoki (japanische Zypresse), und Rotlack
H. 6,1 cm
18. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Shishi-Masken, die beim Löwentanz
(shishimai) getragen wurden, waren im
späten 18. Jahrhundert ein beliebtes Thema der Schnitzer in Kyoto. Die quadratische Form, die lockige Mähne, die hervortretenden Augen und das breite Maul mit
beweglichem Unterkiefer sind die typischen Merkmale.
Die dämonenhafte Fratze der gigakuMaske vom Typ Konron ist von Falten
zerfurcht. Eingefaßt von dünnen Lippen
sind beide Zahnreihen mit oberen und
unteren Fangzähnen. Die spitzen Ohren
wirken wie kleine Flügel. Durch Abrieb
entstand bei diesem Stück ein attraktiver,
negoro-ähnlicher Effekt.
928
RANRYÔÔ
Buchsbaum
H. 4,6 cm
Sign.: ...zan
Um 1900/1920
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Ranryôô-Masken, die von einem Drachen
bekrönt werden, sind die eindrucksvollsten
unter den bugaku-Masken. Die Besonder-
929
SHISHI
Elfenbein
H. 3,2 cm
Aufschrift: Tomotada
19. Jh.
930
SHISHI
Buchsbaum
H. 3,5 cm
Kyôto, spätes 18./frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
931
SHISHI-ÄHNLICHE MASKE
Holz
H. 3,9 cm
Sign.: Sôichi tô
Tokyo, ca. 1880/1920
Die Maske zeigt zwar die Charakteristika
eines shishi, wirkt jedoch durch die in die
Stirn fallenden Haarsträhnen und den zum
Lachen geöffneten Mund wie der Kopf
eines fröhlichen Mannes. Diese Maske ist
229
eine typische Arbeit eines Sô-SchuleSchnitzers, deren Masken-Netsuke keinerlei
Vorbilder unter den Theatermasken haben.
932
SHISHIGUCHI
Holz, makie, roter, brauner und silberner
Lack
H. 3,9 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Diese Maske erinnert in ihrer Physiognomie an die Nô-Maske vom Typ Shishiguchi
(wörtlich: Löwenmaul). Die tiefen Furchen
auf der Stirn und die Falten um den aufgerissenen Mund drücken Kraft und Energie
aus. Möglicherweise stammt die Lackffassung aus der Meiji-Zeit.
933
SHIKAMI
Holz, grüner Lack und makie
H. 4,1 cm
Spätes 19. Jh.
Der Mund ist weit aufgerissen und das
Gesicht ist von tiefen Falten zerfurcht. Die
Rückseite ist in nashiji gestaltet. Grüner
Lack ist in größerem Umfang erst in der
Meiji-Zeit verwendet worden. Das aufgestreute Goldpulver wurde wahrscheinlich
absichtlich berieben, um den Effekt des
grüne Lacks zu erhöhen und dem Stück ein
Aussehen von Alter zu geben.
Shikami-Masken wurden im Nô getragen.
934
MASKE
Geflecktes Kaki-Holz
H. 4,5 cm
Sign.: Ippô
2. Hälfte 19. Jh.
Der Kopf von fast rechteckiger Form wird
bestimmt durch den weit geöffneten
Mund, der eine riesige, fast rechteckige
Öffnung bildet. Die schräg gestellten Augen schielen nach oben. Möglicherweise
handelt es sich um eine Variante der NôMaske vom Typ Otobide.
935
GENKÔJI-MASKE
Buchsbaum
H. 5,2 cm
Sign.: Deme Uman
2. Hälfte 18. Jh./19. Jh.
Der Kopf ist gekennzeichnet durch hervorquellende Augen und einen geöffneten
Mund mit vier spitzen Hauern. Neben den
Nasenflügeln ist je ein mißmutig dreinschauender Kopf geschnitzt. Auf der Stirn
befindet sich ein Fabelwesen mit Drachenklauen und eine weitere Gestalt mit aufgesträubten Haaren.
Im Sôken kishô (Bd. 7, S. 7a) ist eine solche
Maske abgebildet, die von den Schriftzeichen Genkôji kamen (buddhistische Maske
aus dem Genkôji) begleitet wird. Der Genkôji ist der älteste Tempel in Nara, in dessen Besitz sich möglicherweise das Vorbild
für diese Maske befand. Bushell nennt diesen als Theatermaske nicht bekannten Typus „ethnic mask“ (Bushell 1985, Nr. 322,
S. 150). Er war in vielen frühen Sammlungen (Behrens, Brockhaus und Garrett) vertreten. Joly beschreibt diese Maske wie
folgt: „Grotesque mask with two heads on
either side of the nose, and two devils with
common body and dragon claws on the
forehead. The original of this mask is a
large Gigaku mask showing the influence
of the devil dances of Tibet, kept in the
Treasure of one of the temples, copies are
230
sometimes inscribed to that effect.“ (Joly
1912, S. 5, Nr. 128, Taf. II)
Spätes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Siehe Abb. 1, S. 235
Hauptmerkmal dieser Maske, die im bugaku getragen wird, ist die schnabelähnliche
Nase und der ungewöhnlich geformte
Mund mit nach unten gezogenen Mundlinien. Die weit aufgerissene Augen liegen
unter buschigen Brauen.
936
KOROBASE
Holz, fleischfarben und schwarz bemalt
H. 5,3 cm
Sign. mit kaô: Kô (Hikaru)
Ca. 1880/1920
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Wahrscheinlich handelt es sich hier um
eine Variante der Korobase-Maske. Das
Haupthaar, aus dem Tierohren spitz hervorschauen, fällt strähnig in die Stirn. Die
Lippen sind zusammengepreßt, in den
Mundwinkeln sind Fangzähne zu sehen. Es
gibt kein himotôshi.
Auf der Rückseite befindet sich ein Papieretikett mit der Bezeichnung in lateinischen Buchstaben: Hikaru und die Ziffer
284 UT. Hikaru wird auch Kô gelesen und
ist das Signaturkürzel von Kano Tessai.
Wahrscheinlich handelt es sich hier um
eine Miniaturversion einer unidentifizierten, alten Tempelmaske, wie sie Tessai zu
schnitzen pflegte.
937
KOROBASE
Holz mit mattgrüner Farbfassung, Augen
in Goldlack, Rückseite in Schwarzlack mit
Gold
H. 5 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Brockhaus
938
KOROBASE
Holz, lackiert
H. 4,9 cm
939
KITSUNE
Holz
H. 4,3 cm
Aufschrift: Deme Uman
19. Jh.
Merkmal dieser kleinen Fuchsmaske sind
die hohen, durchbrochen gestalteten Ohren. Die Barthaare sind in Gravur wiedergegeben. Das Netsuke hat eine schöne Alterspatina. Möglicherweise wurde die Signatur später aufgetragen. Kitsune-Masken
wurden im kyôgen-Stück Tsurigitsune (Die
Fuchsfalle) (s. Kat.-Nr. 271) getragen.
940
KITSUNE
Buchsbaum
H. 4,6 cm
Aufschrift: Deme Uman
Edo, 19. Jh.
Ohren und Schnauze sind stilisiert dargestellt und offen gearbeitet.
941
KITSUNE
Holz
H. 4,7 cm
Sign.: Ittokusai
Spätes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
231
Diese Kitsune-Maske, deren schmale,
schräg gestellten Augen die Hinterlist und
Scheinheiligkeit des Fuchses treffend ausdrücken, hat einen beweglichen Unterkiefer.
942
KITSUNE
Buchsbaum, Augen aus Perlmutt und Pupillen aus Lack
H. 4,6 cm
Sign.: Hôitsu
Spätes 19. Jh.
Die naturgetreue Darstellung der Schnauze, die scharfen Zähne, das Maul mit beweglichem Unterkiefer, die spitzen, nach
vorne gerichteten Ohren, aber vor allem
die in Perlmutter eingelegten Augen verleihen dieser großen Maske ein gefährliches, aggressives Aussehen.
943
AFFE
Buchsbaum
H. 4,7 cm
18. Jh.
Affenmasken wurden in verschiedenen
kyôgen-Stücken getragen.
944
AFFEN-MASKE
Manjû-Netsuke
Holz, Bein, Lack und Perlmuttersplitter
H. 1,4 cm; B. 3,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Die Oberseite der ovalen, flachen manjûForm ist in der Art einer Holzmaserung
gestaltet, wobei die Grate in rotem Lack
ausgeführt sind. Hinter dem flach reliefier-
ten Affenkopf aus Bein liegt eine in weiten
Bögen arrangierte Kordel in makie.
945
ZWÖLF NÔ- UND KYÔGEN-MASKEN
Elfenbein
Ø 4,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Um eine zentrale Hannya-Maske gruppieren sich eine Shikami-, Oni-, Okame-,
Dämon-, Beshimi- und Kikujidô-Maske.
Auf der Rückseite befinden sich Okina-,
Usobuki- und drei weitere Masken.
946
NEUN NÔ- UND KYÔGEN-MASKEN
Buchsbaum, kleine Details aus Elfenbein
Ø 4,9 cm
Mitte 19. Jh.
Auf der Schauseite gruppieren sich um
eine Okame-Maske eine Hannya-, Shikami-, Okina- und eine Shôjô-Maske. Auf
der Rückseite befinden sich Benten-, Oni-,
Usobuki- und Buaku-Masken. Das Motiv
der neun Masken beinhaltet ein Wortspiel,
denn kumen bedeutet sowohl „neun Masken“ als auch „Geldbeschaffung“.
947
ELF NÔ- UND KYÔGEN-MASKEN
Buchsbaum
Ø 3,9 cm
Mitte 19. Jh.
Elf Nô- und kyôgen-Masken bilden ein
rundes manjû. Um die zentrale KikujidôMaske gruppieren sich Affe-, Oni/Raiden-,
Fukusuke-, Okina- und Bärtiger(?)-Maske,
auf der Rückseiten befinden sich Beshimi-,
Kitsune-, Ikkaku sennin-, Okame- und
232
Tengu-Maske. Eine Fukusuke-Maske in
diesem Kontext ist sehr ungewöhnlich.
948
UBA
Elfenbein
H. 4,4 cm
Spätes 19. Jh.
Der längliche Kopf ist gekennzeichnet
durch den geöffneten Mund mit sichtbarer
Zunge, die in hohe Bögen gelegten Brauen
und dem Stirnband mit Mäandermuster.
Es gibt kein himotôshi.
949
KOPF EINES ALTEN MANNES
Bein
H. 4,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Der Kopf trägt nahezu portraithafte Züge.
Die Haare an den Schläfen bilden gebündelt an der Rückseite einen Steg.
950
KINDERKOPF
Elfenbein
H. 4,3 cm
Spätes 19. Jh.
Dieser große Kopf eines Knaben mit Haarbüscheln an den Schläfen und kesser Stirnlocke hat kein himotôshi.
Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 384, Abb.
14
951
KOPF EINES SANBASÔ-TÄNZERS
Elfenbein und shitan-Holz
H. 6,1 cm
Spätes 19. Jh.
Der hohe, horizontal gerippte eboshi ist das
augenfälligste Erkennungsmerkmal des
sanbasô-Tänzers. Das Netsuke hat bewegliche Augen und eine bewegliche Zunge.
Der Trickmechanismus wird durch einen
Hebel mit Öse für die Schnur auf der
Rückseite betätigt.
952
KOPF DES MITSUME KOZÔ
Holz, das dritte Auge aus Bein
H. 4,6 cm
19. Jh.
Ehemalige Sammlung Wohlthat
Der Kopf ist von nahezu rechteckiger
Form und von dreieckigem Querschnitt.
Das Gespenst Mitsume Kozô (Drei-AugenKozô) mit einem runden Stirnauge wird
oft mit heraushängender Zunge dargestellt.
Die natürlichen Augen schauen lustig,
während das dritte Auge beulenartig auf
der Stirn sitzt und durch das helle Bein
besonders auffällt.
953
KOPFGRUPPE
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 4,6 cm
Sign.: Shudô tô
Spätes 19. Jh.
Vier groteske Köpfe und eine Kordel mit
Quaste bilden eine längliche Form. Die
grotesken Köpfe sind individualistisch gestaltet, wobei physiognomische Details
(Nasen, Falten und die Münder) übertrieben dargestellt sind und die Brauen aus
langen Haarsträhnen bestehen. Stil und
Qualität des Elfenbein sprechen für eine
späte Entstehungszeit dieser Arbeit.
233
OJIME
954
PERLE
Fûten und Blitze
Elfenbein
H. 1,8 cm
Mitte 19. Jh.
955
PERLE
Daimyô-Prozession vor einem Schloß
Elfenbein
H. 2 cm
Sign.: Yukikazu
2. Hälfte 19. Jh.
956
PERLE
Figuren vor einem Stellschirm
Kunststoff
H. 1,8 cm
Sign.: Tamayuki (Gyokushi)
2. Hälfte 19. Jh.
957
PERLE
Daikoku und Ratte mit Münze im Maul
Elfenbein
H. 2 cm
Sign.: Gyoku und kaô
2. Hälfte 19. Jh.
958
PERLE
Gärtner in Landschaft
Kunststoff
H. 2 cm
Sign.: Yukikazu
2. Hälfte 19. Jh.
959
PERLE
Hotei mit Fächer
Walroßzahn
H. 1,8 cm
Frühes 19. Jh.
Ehemalige Sammlung Beasley
960
PERLE
Sechs Ratten
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 1,9 cm
2. Hälfte 19. Jh.
961
PERLE
Krake, Kugelfisch, Muscheln und Meerestiere
Elfenbein, Pupillen aus Glas
H. 1,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
962
PERLE
Drache in Wolken
Elfenbein
H. 1,8 cm
19. Jh.
963
KAPPA-KOPF
Elfenbein, Augen aus hellem und dunkelbraunem Horn, Noppen aus dunkelbraunem Horn
H. 2,1 cm
Sign. in rechteckiger Reserve: Yasufusa
Ca. 1970
964
FUKURA SUZUME
Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn
H. 1,8 cm
20. Jh.
234
965
ZU EINER KUGEL GEROLLTES, GRASENDES PFERD
Elfenbein
H. 2,3 cm
Sign.: Meishû
2. Hälfte 20. Jh.
966
KARAKO MIT TROMPETE
Narwahlzahn
H. 1,8 cm
18./19. Jh.
967
BÄUCHLINGS LIEGENDER KARAKO
Hirschhorn
H. 2,5 cm
18./19. Jh.
968
SITZENDER ONI
Bein (?), kupferfarben lackiert, Schwarzlack und makie
H. 1,7 cm
19. Jh.
969
ZIKADE AUF PHALLUS
Elfenbein
H. 2,1 cm
20. Jh.
970
DRACHE
MIT
EINGEROLLTEM
SCHWANZ
Bein, Pupillen aus schwarzem Glas
H. 1,7 cm
20. Jh.
971
LIEGENDER HIRSCH
Hirschhorn
H. 1,8 cm
19. Jh.
972
TANUKI; AUF
TROMMELND
Hirschhorn
H. 2 cm
19. Jh.
SEINEN
BAUCH
973
SCHWIMMENDE MANDARINENTE
Elfenbein
B. 1,8 cm
19. Jh.
974
KLETTERNDER AFFE
Elfenbein, Augen aus Horn
H. 1,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
975
SITZENDER WELPE
Elfenbein
H. 1,7 cm
Frühes 19. Jh.
976
RATTE, ZU EINER KUGEL ZUSAMMENGEROLLT
Elfenbein, Pupillen aus Horn
H. 1,7 cm
2. Hälfte 19./20. Jh.
977
TIGER
Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn
H. 1,9 cm
Frühes 19. Jh.
235
978
KAKI-FRUCHT UND BLATTZWEIG
Bein
H. 1,6 cm; B. 2,5 cm
19. Jh.
979
PERLE
Zwei um eine tama streitende Drachen
Porzellan und Unterglasurblaudekor
H. 2,2 cm
Spätes 19. Jh.
980
PERLE
Begonien und Schmetterling
Elfenbein und makie
H. 2 cm
Spätes 19. Jh.
981
SPULENFÖRMIGE PERLE
Kleinodien (takaramono) (Hut, fundô,
chôji, Rauten)
Roter Schnitzlack
H. 1,5 cm
19. Jh.
982
PERLE
Päonienblüte und Blätter
Roter Schnitzlack
H. 1,4 cm
19. Jh.
983
DOPPELMASKE (OKINA UND LANGHAARIGER DÄMON)
Roter Lack
H. 1,2 cm
Sign.: Kôsei
Spätes 19. Jh.
984
PERLE
Okina-Maske und Embleme
Lack, Gelbmetall und Einlagen in
Shibayama-Art
H. 1,8 cm
Sign. auf Perlmutterplättchen abgerieben
2. Hälfte 19. Jh.
985
PERLE
Eisen
H. 1,6 cm
Europa (?), 20. Jh.
986
PERLE
Blüten, Ranken und Muster
Émail cloisonné
H. 1,3 cm
Wahrscheinlich Nagoya, ca. 1865
987
PERLE, GERIEFELT
Transparentes Glas mit einem hellblauen
Fleck
H. 1,5 cm
19. Jh.
988
PERLE
Schwarze Glas mit farbigen Schlieren
H. 1,3 cm
Möglicherweise Europa, 20. Jh.
989
SITZENDER DARUMA
Gelbmetall und Silber
H. 1,6 cm
Sign.: Toshimasa
19. Jh.
236
990
ONNA-DARUMA MIT OKAME-KOPF
Kupfer und Vergoldung
H. 1,6 cm
Sign.: Kazumasa
19. Jh.
996
VASE UND MAGNOLIENZWEIG
Gelbmetall
H. 2 cm
Sign.: Masanaga (Shôju)
2. Hälfte 19. Jh.
991
STILISIERTER
REGENPFEIFER
(CHIDORI)
Schraubverschluß und Ringöse; kein ojime
Shibuichi, flache Spiraleinlagen aus Gold,
Silber und shakudô
H. 1,4 cm
19. Jh.
997
LÖWENZAHN UND WILDE CHRYSANTHEMEN AUF EINER FUNDÔFORM
Gelbmetall, versilbert
H. 1,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
992
TOTENKOPF
Massives Silber
H. 1,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
993
TOTENKOPF MIT UNTERKIEFER
Bein
H. 2 cm
Spätes 19./20. Jh.
994
VASE MIT BEWEGLICHEN RINGHENKELN
Eisen mit Resten von Goldtauschierung
H. 2,2 cm
19. Jh.
995
KORBVASE MIT AUFSITZENDER
KRABBE
Silber mit Einlagen aus Kupfer
H. 2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
998
OVALE PERLE
Einen Wasserfall hochspringender Karpfen
Silber, Details aus Gold
H. 1,9 cm
Sign.: Tenmin
2. Hälfte 19. Jh.
999
PERLE
Chrysanthemen und Orchideen
Silber, massiv, und Einlagen aus Gelbmetall
H. 1,8 cm
Sign.: Masamitsu
2. Hälfte 19. Jh.
1000
PERLE
Hirsekolben an Zweigen
Eisen mit Einlagen aus Gelbmetall, Kupfer
und Silber
H. 1,7 cm
19. Jh.
237
1001
GEDRUNGENE PERLE
Vögel über Schilf
Metall, vergoldet, Einlagen aus Kupfer und
Silber
H. 1,6 cm
1002
PERLE
Regenpfeifer über Wellen
Metall, vergoldet, Einlagen aus shibuichi
und Drähte aus Silber
H. 1,7 cm
19. Jh.
1003
PERLE
Chrysanthemen,
und Orchidee
Metall, vergoldet
H. 1,9 cm
19. Jh.
Pflaumenblütenzweig
1004
PERLE
Päonien und Schmetterling
Eisen mit Einlagen aus Gold und Silber
H. 1,4 cm
19. Jh.
1005
ZYLINDRISCHE PERLE
Asanoha, Ranken und sayagata-Muster
Eisen mit Goldtauschierung
H. 1,1 cm
19. Jh.
1006
ZYLINDRISCHE PERLE
Diagonalstreifen
Silber mit Einlagen aus Kupfer und
shakudô
H. 1,2 cm
19. Jh.
1007
ZYLINDRISCHE PERLE
Diagonalstreifen
Silber mit Einlagen aus Kupfer und
shakudô
H. 1,2 cm
19. Jh.
1008
TROMMEL
Kupfer mit Einlagen aus Silber und
shakudô
H. 1,3 cm
19. Jh.
1009
ZYLINDRISCHE PERLE
Hyottoko/Usobuki und Okame-Maske
Gefleckter Bambus mit farbigem Lack und
makie
H. 2,3 cm
Sign. in makie: Tomi (Saratani Tomizô)
Ca. 1970/1980
1010
ZYLINDRISCHE PERLE
Libelle auf Bambus und Blätter
Elfenbein, Schwarzlack und makie
H. 1,9 cm
Sign. in makie: Tomi (Saratani Tomizô)
Ca. 1970/1980
1011
BAMBUSSTAMM MIT WURZELNARBEN UND DARAN HOCHKLETTERNDER FROSCH
Bambusstamm mit Wurzelnarben und
daran hochkletternder Frosch
Brauner und grüner Lack, nashiji
H. 2 cm
Sign. in makie: Tomi (Saratani Tomizô)
Ca. 1970/1980
238
1012
PERLE
Kreis- und Rautendekor
Bein und gedrehter Messingdraht
H. 1,3 cm
19. Jh.
1013
GERIEFELTE PERLE
Bein und gedrehter Messingdraht
H. 1,5 cm
19. Jh.
1014
GROßE PERLE
Kiefernstämme mit Astlöchern und „Augen“
Holz
H. 2,8 cm
2. Hälfte 19./20. Jh.
1015
EIFÖRMIGE PERLE
Drache
Fruchtkern, Auge aus Gelbmetall
H. 1,9 cm
Sign.: Kozan
Ca. 1850/1860
1016
EIFÖRMIGE PERLE
Tierkreiszeichentiere
Fruchtkern
H. 1,7 cm
Sign.: Kozan
Ca. 1850/1860
1017
TONNENFÖRMIGE PERLE
Blüten und Ranken
Kupfer, versilbert, und Silberdraht
H. 1,3 cm,
19. Jh.
INRO
1018
INRÔ, 6tlg.
Federkleid aus dem Nô-Stück Hagoromo
Takamakie und Einlagen aus weißglasiertem Steinzeug, Schildplatt und aogaiSplittern; innen nashiji
H. 10 cm; B. 5,5 cm
Sign.: Isen saku und Topfsiegel
19. Jh.
Ojime: Karneolperle
Kagamibuta-Netsuke: Platte aus shibuichi
mit Drachen zwischen Wolken in Relief,
Details aus Gold; Kapsel aus Holz; Ø 4 cm;
2. Hälfte 19. Jh.; Ehemalige Sammlung.
Wohlthat
1019
INRÔ, 6tlg.
Hase, Affe, Beil und Stab unter einer großen Kiefer
Hiramakie und takamakie; Goldauflagen
und kirikane auf rotem Lackgrund; innen
Rotlack
H. 7,7 cm; Ø 2,6 cm
18. Jh.
Ojime: Zylindrisch; Gelbmetall mit Filigranauflagen
Manjû-Netsuke: in Rotlack Spatzen und
Bambus; hiramakie auf Elfenbein; Ø 3,5
cm; 2. Hälfte 19. Jh.
1020
INRÔ, 5tlg.
Kôsekikô auf einer Brücke, auf der anderen
Seite Chôryô, der ihm den Schuh reicht
Gold- und Silber taka- und hiramakie sowie Einlagen aus Blei und Goldfolie auf
Schwarzlackgrund; innen nashiji
H. 7 cm; B. 5,2 cm
18./frühes 19. Jh.
Ojime: Korallenperle
239
Ryûsa-manjû: Ahornblatt auf Wellen;
Chrysanthemen und Blattranken; Elfenbein; Ø 4,2 cm; 2. Hälfte 19. Jh.
1021
INRÔ, 5tlg.
Dichte Chrysanthemen
Schwarzlack, makie, Einlage aus sehr kleinen quadratischen Perlmutterplättchen;
innen feiner nashiji
H. 7,5 cm
Frühes 18. Jh.
Ojime: Geriffelte Glasperle mit weißen und
orangefarbenen Querstreifen.
1022
INRÔ, 5tlg.
Aufgespannter Vorhang an einem blühenden Kirschbaum
Takamakie, hiramakie, Schwarzlack sowie
kirikane auf rotem Lackgrund; innen
nashiji
H. 8,8 cm; B. 8,3 cm
19. Jh.
Netsuke: Spulenform aus Schildplatt; in
Goldlack verschiedene Insekten; Ø 3,4 cm;
spätes 19. Jh.
1023
INRÔ, 5tlg.
Fuji hinter Wolkenbänken; im Vordergrund eine Kiefer
Hiramakie und kirikane auf Schwarzlackgrund mit unregelmäßigem nashiji; innen
nashiji
H. 8,9 cm; B. 4,4 cm
Sign.: Masakatsu und kaô
19. Jh.
Ojime: Profilierte Holzperle
Netsuke: Mokugyo; Buchsbaum; B. 3,1 cm;
19. Jh.
1024
INRÔ, 2tlg.
Schreindiener mit Schirm, auf der anderen
Seite tôrii im Regen
Gold- und Silber-hiramakie und kirikane
auf Schwarzlackgrund; innen Schwarzlack
H. 4,6 cm; B. 10 cm
19. Jh.
Ojime: Schwarze Glasperle
Netsuke:
Hannya-Maske;
schwarzer
Kunststoff; H. 4,6 cm; spätes 19. Jh.
TABAKO-IRE,
TONKOTSU,
KISERUZUTSU UND KISERU
Tabakrauchen wurde Ende des 16. Jahrhunderts von den Portugiesen in Japan
eingeführt. Bereits im frühen 17. Jahrhundert, in der Ära Kan’ei (1624-1644),
hatte sich die spezielle japanische Art des
Rauchens etabliert. Fein geschredderte
Tabakblätter wurden zwischen den Fingern zu einer lockeren Kugel gerollt und
in einen winzigen Pfeifenkopf gestopft,
der an einem glimmenden Holzkohlestück entzündet wurde. Die lange, elegante Pfeife mit winzigem Kopf erlaubte
aber nur einige wenige Züge.
Tabak und Pfeife trug man auf
Reisen oder außerhalb des Hauses in einer Tasche (tabako-ire) oder einem Behälter aus Holz oder Bambus (tonkotsu)
und die Pfeife (kiseru) in einem Futteral
(kiseruzutsu) bei sich.
Die Taschen waren aus dunklem, seltener
geprägtem Leder oder aus bestickter
Baumwolle und mit einer Schließe (kanagu, früher kanamono genannt) geschmückt. Auf der Lasche zeigen sie ein
figürliches Motiv aus Metall, meist versilbert oder mit Einlagen aus Kupferlegierungen. Die größeren tonkotsu sind
meist in Form einer Dose, die in Gravur
240
oder mit farbigen Einlagen geschmückt
ist, oder von figürlicher Form (Daruma,
Affen, Hütten etc.).
Männer trugen die Rauchgarnitur
am Gürtel, wobei der Tabakbehälter mit
dem als Gürtelknebel fungierenden kiseruzutsu und/oder dem Netsuke - meist
ein Aschenbecher-Netsuke - mit einer
Seidenschnur oder einer mehrgliedrigen
Silberkette verbunden war. Frauen schoben die schmalen Tabakstaschen und
Pfeifenfutterale aus besticktem oder mit
eleganten Mustern gewebtem Stoff in den
Brustausschnitt.
Das künstlerisch dekorierte kiseruzuutsu (wörtlich: Pfeifen-Rohr) ist
ein Produkt des 19. Jahrhunderts und
hatte seine Blütezeit in der Zeit um 1900.
Man unterscheidet fünf verschiedene
Typen:
Musô-zutsu – Hülle (saya) mit Einschub
bzw. Deckel (sashi)
Aikuchi-zutsu – Hülle und Einschub bilden eine Linie
Otoshi-zutsu – Hülle ohne Einschub, in
die man die Pfeife fallen läßt
Wari-zutsu – Hülle mit zwei vertikalen
Schlitzen
Senryû-zutsu – Gegenständige Hülle in
Form einer Figur, eines Tieres, u.ä.
Es gab Werkstätten, die die Hülle,
sozusagen die Rohlinge, fertigten, d.h.
drechselten oder aus Papier-, Bambus
oder Weidenstreifen flochten. Schnitzer,
Lackmeister und Metallkünstler trugen
dann, gelegentlich auch in Zusammenarbeit den Dekor auf. Viele von ihnen signierte ihre Arbeiten.
In die Futterale wurde die Pfeife
eingeführt. Kiseru (Pfeifen) können in
zwei Gruppen unterteilt werden. Die raukiseru mit einem Mittelstück aus einem
Bambusrohr (rau), mit abnehmbarem
Kopf (gankubi) mit kleiner Schale (hizara) und Mundstück (suiguchi) aus Metall,
dessen Spitze meist vergoldet ist. Das
Bambusrohr besteht meistes aus einem
Internodium, das auch verziert sein
kann, seltener hat es einen Knoten. Der
zweite Typ ist in einem Stück und ganz
aus Metall gefertigt. Diese Pfeifen werden
nobe-kiseru genannt. Es gibt auch Fälle,
wo der Griff des Beimessers (kozuka) zu
einer solchen Pfeife umgearbeitet wurde
(Kat.-Nr. 1050). Dieses Sitte kam sicherlich erst mit dem Verbot des Schwertertragens nach 1876 auf.
1025
TABAKO-IRE
Taschenform aus braunem Leder; kanagu:
sich windender Drache aus Silber, Auge
vergoldet; Silberkette
B. 14,4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Kagamibuta-Netsuke: Platte aus Silber; in
flachem Relief rundgelegter Drache mit
Perle; Kapsel aus Elfenbein; Ø 4,2 cm; 2.
Hälfte 19. Jh.
1026
TABAKO-IRE
Taschenform aus Leder und Baumwolle, in
Seidenstickerei Blüten und Ranken; kanagu aus Silber in Form zweier springender shishi
B. 13,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Netsuke: shishi auf einer flachen Standplatte; Elfenbein; H. 2,3 cm; 19. Jh.
241
1027
TABAKGARNITUR
Tabako-ire in Taschenform aus schwarzem
Leder; kanagu in Form zweier Niô aus versilbertem und vergoldetem Kupfer; Silberkette
B. 14,4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Ojime: Silber; Raiden in Relief; Details aus
Silber und Gold
Netsuke: Vier karako mit Trommel, Flöte,
Usobuki- und shishi-Maske; Elfenbein,
Haarknoten aus Horn; H. 3,3 cm; spätes
19. Jh.
Kiseruzutsu aus schwarzem Leder
1028
TABAKGARNITUR
Tabako-ire in Taschenform, Leder; kanagu:
Daikokus Schlegel mit Kordel und Quasten
B. 11,8 cm
19. Jh.
Ojime: Ovale Perle, Kupfer, vergoldet; in
durchbrochenem Relief Herbstgräser und
Vollmond; Sign.: Masayoshi
Kiserusutsu vom Typ musô-zutsu; Flechtwerk aus breiten Weidenstreifen (tô); in
wenig reliefiertem Schwarzlack, dunklem
Silberlack und makie Chrysanthemen und
stilisierte Wellen. Rand in Silber gefaßt. L.
22,1 cm; 2. Hälfte 19. Jh.
1029
TABAKO-IRE
Taschenform aus geprägtem und teilweise
bemaltem Leder mit Lilien; kanagu: stilisierte Fledermaus mit ausgebreiteten Flügeln
B. 13,2 cm
Um 1900
Ojime: Karneol-Perle
Manjû-Netsuke: ovale Karneolplatte mit
Silberauflage in Form einer Fledermaus vor
einem Vollmond; auf der Unterseite Halterung und bewegliche Öse. B. 4,6 cm; 19. Jh.
1030
TONKOTSU
In Form eines Bauernhauses; aus der Tür
läuft ein oni, der mit Bohnen beworfen
wird; aus einem Rundfenster schaut ein
Okame-Kopf. Die Darstellung ist eine
bildhafte Darstellung des Spruches oni wa
soto fuku wa uchi (Der Teufel hinaus, das
Glück herein). Auf der Rückseite Hut und
Umhang der Unsichtbarkeit.
Verschiedene Hölzer, Elfenbein und gefärbtes Bein
H. 8,7 cm.
2. Hälfte 19. Jh.
Ojime: Koralle in Form eines Drachenkopfes mit geöffnetem Maul
Manjû-Netsuke in Form einer quadratischen, stilisierten Chrysantheme. Bein und
Holz. B. 4,6 cm; 19. Jh.
1031
TONKOTSU, 3tlg.
In Form eines sitzenden Affens; die an die
Ohren gehaltenen Pfoten bilden die
Schnurführung
Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn
H. 10,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Ojime: Holzperle
Netsuke: Affe; Holz, Augen aus hellem und
dunklem Horn; H. 4,5 cm; 19. Jh.
1032
TONKOTSU, 2tlg.
In Relief zahlreiche Affen an einem Früchte tragenden Pfirsichbaum
Pflaumenholz, Früchte und Blätter aus
Perlmutter, Horn und gefärbtem Bein,
Augen aus hellem und dunklem Horn
242
H. 8,7 cm
Sign. auf eingelassenem
Plättchen: Ikkô
19. Jh.
Perlmutter-
Ojime: Affe, Holz, Augen aus hellem und
dunklem Horn; H. 2,7 cm; 19. Jh.
Kiseruzutsu
1033
OTOSHI-ZUTSU
In Form eines geschuppten Drachenfisches
Bein
L. 20,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1034
OTOSHI-ZUTSU
Hochspringender Karpfen
Bein, Pupillen aus schwarzem Glas
L. 19,8 cm
Sign.: Ryûmin; Siegel
2. Hälfte 19. Jh.
1035
WARI-ZUTSU
Krake mit hochgestreckten Fangarmen
und Lotosblätter
Bein, Augen aus Horn
L. 20 cm
Spätes 19. Jh.
1036
OTOSHI-ZUTSU
Zwei Wachteln zwischen Hirsekolben
Bein
L. 20,4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1037
MUSÔ-ZUTSU
Bauer bei der Kaki-Ernte
Bein
L. 20,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1038
MUSÔ-ZUTSU
Hottara sonja mit jui-Zepter und shishi
Hirschhorn
L. 21,4 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1039
MUSÔ-ZUTSU
Kodai moyô-Ornamente
Hirschhorn, Rand in durchbrochenem
Eisen gefaßt
L. 21,2 cm
Sign.: Hiro und kaô
2. Hälfte 19. Jh.
1040
MUSÔ-ZUTSU
Fortlaufendes Swastika-Muster (sayagata)
Elfenbein
L. 19,1 cm
Sign. in Siegelform: Minko (?)
2. Hälfte 19. Jh.
1041
SENRYU-ZUTSU
Ashinaga
Hirschhorn, Pupillen aus Perlmutter
L. 21 cm
Sign.: Hakuôsai
2. Hälfte 19. Jh.
243
1042
OTOSHI-ZUTSU
Oni auf einer Zange
Hirschhorn, Pupillen aus schwarzem
Horn, Lendentuch aus Horn und Perlmutter
L. 21,1 cm
Siegel: Koku
2. Hälfte 19. Jh.
1043
OTOSHI-ZUTSU
Landschaft mit strohgedeckten Hütten und
Steinlaterne
Hirschhorn
L. 19,6 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Elfenbein
L. 20,8 cm
Spätes 19. Jh.
1048
MUSÔ-ZUTSU
Blühendes Pfeilkraut (saji-omodaka)
Walroßzahn
L. 21,8 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1049
MUSÔ-ZUTSU
Fukurokuju und Schriftrolle
Bein
L. 21,7 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1044
OTOSHI-ZUTSU
Tiger an einem Felsen unter Bambus
Bein
L. 20 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1050
MUSÔ-ZUTSU
Medaillons mit kodai moyô-Ornamenten
Weidengeflecht, Lack und Silber
L. 20,9 cm
Spätes 19. Jh.
1045
MUSÔ-ZUTSU
Kodai moyô-Ornamente
Silber, shakudô, shibuichi und Hirschhorn
L. 22,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1051
MUSÔ-ZUTSU
Kerben und Muster
Bambus, zwei unterschiedliche Hölzer und
Bein
L. 21 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1046
MUSÔ-ZUTSU
Zwei shishi zwischen Päonien an einem
Wasserfall
Bein
L. 20,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1047
MUSÔ-ZUTSU
Die Hundert Affen
1052
MUSÔ-ZUTSU
Trommel und Mütze eines bugakuTänzers
Holz mit Einlagen aus Hirschhorn, Ebenholz und Schildpatt
L. 23 cm
Sign. auf eingelegtem Holzplättchen: Kosai
(?)
Spätes 19. Jh.
244
1053
MUSÔ-ZUTSU
Tatarischer Bogenschützen mit Fächer und
Bogen
Weidengeflecht mit Auflage aus Schildpatt
und Elfenbein, Details aus makie
L. 20,7 cm
Sign.: Tamaaki (Gyokumei)
2. Hälfte 19. Jh.
1054
OTOSHI-ZUTSU
Minogame und fliegender Kranich über
Wellen
Papiermaché,
schwarzbraun
lackiert,
shibuichi und vergoldetes Kupfer
L. 22,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1055
MUSÔ-ZUTSU
Zwei Bauern mit Hacke und eine Frau mit
Schirm
Holz, Silber, Kupfer und Gold
L. 23,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1056
MUSÔ-ZUTSU
Tanzende und musizierende Skelette
Schwarz lackiertes Holz und versilbertem
Kupfer
L. 22,2 cm
Spätes 19. Jh.
1057
MUSÔ-ZUTSU
Rakan Handaka Sonja und ein Drache
Schwarz lackiertes Holz, Silber und makie
H. 21,8 cm
Sign. auf Silberplättchen: Kaikô
Spätes 19. Jh.
1058
MUSÔ-ZUTSU
Kirschblütenzweig
Holz und togidashi über hochglänzendem
Schwarzlack
L. 22,2 cm
Spätes 19./frühes 20. Jh.
1059
MUSÔ-ZUTSU
Affenmutter und Junges in einer Höhle
Schwarzes Holz, Kupfer, Silber und Messing
L. 21,9 cm
Sign.: Kaitô; auf der Randeinfassung ein
kaô
2. Hälfte 19. Jh.
1060
MUSÔ-ZUTSU
Zwei Hasen zwischen Schachtelhalm (tokusa) bei Vollmond
Schwarzes Holz und Silber
L. 22 cm
Spätes 19. Jh.
Pfeifen
1061
RAU-KISERU
Schachbrettmuster
Bambus, shibuichi, shakudô und Silber
L. 15,7 cm
Spätes 19. Jh.
1062
NOBE-KISERU
Ochsenkarren und Höflinge in einer Landschaft mit Sturzbach und Ahornbäumen
Kopf-und Mundstück aus Silber; Mittelteil
aus einem Beimessergriff (kozuka) aus
shibuichi (berieben) mit Vergoldung
245
L. 20,3 cm
19. Jh.
1063
RAU-KISERU
Drache zwischen Wolken
Gemusterter Bambus (madaradake) und
Silber, Kupfer, shibuichi und Gold
L. 20,3 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1064
RAU-KISERU
Wolkenkopfmuster im guri-Art
Gefleckter Bambus und Silber
L. 19,5 cm
2. Hälfte 19. Jh.
Abgeb. in BAFJ, Nr. 42, Oktober 1993, S.
20 (korrekt: 17)
1065
RAU-KISERU
Ahornblätter
Bambus und Silber, Einlagen aus Kupfer,
shakudô und Gold; Spitze vergoldet
L. 25,5 cm
Sign.: Dai Nihon Tôto oite sha zu Murata
sei Toshihiro ... koku (Groß-Japan in Tokyo kopiert; gemacht von Murata, graviert
von Toshihiro)
2. Hälfte 19. Jh.
1066
RAU-KISERU
Blüten und Kreise
Bambus und Silber
L. 21,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1067
RAU-KISERU
Netzmuster
Bambus, Kupfer und Silber
L. 21,2 cm
2. Hälfte 19. Jh.
1068
MUNDSTÜCK (ZIGARETTENSPITZE?)
Raiden mit einem Kreis von Trommeln auf
dem Rücken unter Blitz und Wolken und
zwei kappa, die sich die Nase zuhalten
Elfenbein
L. 21 cm
Sign.: Kômin uns Siegel
Spätes 19. Jh.
1069
SENRYÛ-ZUTSU
An einem Felsen stehender Insulaners
Buchsbaum
H. 22,2 cm
Sign.: Keikô
19. Jh.
Kiseru: Bambus, Kopf und Mundstück aus
Gelbmetall und Gold mit Chrysanthemenblüten und Blättern in Relief; L. 20,1cm;
19. Jh.
1070
RAU-KISERU
Saigyô hôshi, der den Fuji bewundert
Bambus mit Kreisdekor und Silber, Messing und Vergoldung
L. 35 cm
Sign.: unlesbar; Siegel: Yama
2. Hälfte 19. Jh.
246
Kommentiertes Signaturenverzeichnis
Bazan (ca. 1834-ca. 1897)
807
Tätig in Gifu
Arbeitete in Buchsbaum
Motive: Birnen, Tiere, Figuren
Bazan wurde ca. 1834 in Kitagatamura bei
Gifu (nordwestlich von Nagoya) geboren.
In seinen mittleren Jahren ging er nach
Tokyo. Enttäuscht von der dortigen Qualität der Netsuke-Schnitzerei kehrte er nach
Gifu zurück und lebte in Ôgaki, Takejima
in der Provinz Mino (heute Präfektur Gifu). Obwohl er sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, schnitzte er weiterhin
Netsuke. Er lieferte die Vorlagen für die
Masken-Netsuke aus Steinzeug des Shimizu Sekisen, der für den Brennofen Onko in
Akasaka, Mino arbeitete.
Bazan schnitzte zwar Tier- und FigurenNetsuke, wurde jedoch für die Darstellung
angefressener und verrottender Früchte
(Birnen, Kaki, Kürbisse), die entweder von
Wespen befallen sind oder von Maden
zerfressen werden, berühmt. Die ukiboriTechnik trägt stark zum naturalistischen
Aussehen der Schalen bei, darüber hinaus
soll er die Birnen-Netsuke sogar mit Birnenessenz parfümiert haben.
Es ist nicht bekannt, ob Bazan Schüler hatte. →Ikkyû, →Gekkô, Kôgetsu, Kôzan und
andere, die ebenfalls verrottende Früchte
schnitzten, standen unter seinem unmittelbaren Einfluß.
Bunshôjo (1764-1838)
774
Tätig in der Provinz Iwami
Arbeitete in Kaki-Holz, schwarzem Holz
und Eberzahn
Motive: Spinne und Tausendfüßler auf
Eberzahn; Frosch auf Lotos-, kawahoneoder taro-Blatt, Schildkröten, Schnecken
Iwao Bunshôjo war die älteste Tochter des
Netsuke-Schnitzers Iwao Tomiharu (17231811). Sie übernahm seinen Namen
Seiyôdô und wurde Iwao II. Sie unterrichtete Gansui, den Sohn ihrer jüngeren
Schwester, und zeigte Begabung als haikuDichterin.
Bunshôjo orientierte sich am Stil ihres Vaters, sowohl in der Thematik als auch in
der Auswahl der Materialien. Um Oberflächen und Strukturen realistisch wiederzugeben, verwendete sie die ukibori-Technik.
Ihre Netsuke sind groß, kompakt und
handfest. Sie passen eher an eine Tabaktasche als an ein delikates inrô. Wie ihr
Vater schrieb auch sie lange Signaturen in
feinster Gravur (kebori).
Der Duktus der Schriftzeichen hier entspricht nicht den in der Literatur abgebildeten.
Chikahiro (tätig ca. 1840-1870)
→Chôkôsai
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere und Figuren
Chikahiro führte das gô →Chôkôsai und
verwendete gelegentlich das kaô “aki”.
Wahrscheinlich gehörte er der TomochikaGruppe an. Ein 1861 datierter Pinselbecher
gibt einen Anhaltspunkt für seine Schaffenszeit (MCI, S. 21). Er fertigte große,
okimono-hafte Netsuke und manjû.
247
Chikanao (tätig 18. Jh.)
810
Arbeitete in Lack (makie)
Erhalten von ihm sind inrô mit Darstellung
von Landschaften und Tieren
Chikanao wird unter den inrô-Meistern im
Sôken kishô von 1781 erwähnt. Sein Familienname war Ueda, wie aus einer Signatur
hervorgeht.
Schreibweise der Signatur und kaô weichen
hier ein wenig von den publizierten Signaturen ab.
Chiryû (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
688
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere
Dieser seltene Künstler ist nur durch das
Netsuke eines Widders bekannt. Meinertzhagen und Davey vermuten, daß Chiryû in
Nagoya tätig war. Die Schreibweise dieser
Signatur wirkt unsicher und ist nicht vergleichbar mit den Abbildungen im MCI
und bei Lazarnick.
Chôkôsai
254
→Chikahiro
Chokusai (1877-?)
91, 841
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein und gelegentlich
Buchsbaum
Motive: Figuren, Gegenstände, Muscheln
Miyagi Masanosuke wurde 1877 in Osaka
geboren. Wegen seiner schlechten Gesundheit beschloß sein Vater, daß er nicht
im väterlichen Bauunternehmen tätig werden sollte und schickte ihn 1892 zu dem
Schnitzer Murata Naomitsu (1867-1931) in
die Lehre, bei dem er vier Jahre blieb. Von
seinem Lehrer übernahm er das Schriftzeichen nao, das auch choku ausgesprochen
wird, in seinen Künstlernamen. Chokusai
arbeitete auch zusammen mit Yoshimitsu.
Seine Schüler waren Nishimoto →Kôsen
und Okada Naoaki.
Im breiten Spektrum von Chokusais Motiven fällt seine individualistische Themeninterpretation auf. Diese wird durch die
akribische Liebe zum Detail und sein vorzügliches, handwerkliches Können ergänzt.
Um einen möglichst realistischen Effekt zu
erzielen, nutzte er eine Vielzahl von unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen,
Einfärbungen sowie gelegentlich auch die
Kombination von Holz und Elfenbein sowie farbige Horneinlagen.
Chôunsai
342
→Hidechika
Deme (Schnitzerfamilie seit dem 18. Jh.)
890
Tätig in Edo
Arbeiteten in Holz
Motive: Masken
Die Deme waren die offiziellen Schnitzer
für das Shôgunat in Edo. Sie schufen Masken für die fünf Nô-Schulen aber auch
Netsuke. Beim Vergleich der publizierten
Signaturen fällt ihre große Unterschied248
lichkeit auf, und es ist kaum möglich die
Echtheit zu beurteilen.
Deme Jôman (tätig 18. Jh.)
908
Enkel des Eiman (?-1705) und in der Ära
An'ei (1772-1781) tätig.
Die Echtheitsbestimmung von Signaturen
dieses Schnitzers ist schwierig, und die
meisten auf diesen Künstler lautenden Signaturen müssen als apocryph gelten.
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Masken
Denshin (tätig spätes 18. Jh.)
596
Jôman war der Sohn des Eiman (gest.
1705) und der jüngere Bruder des Juman.
Das Sôken kishô rühmt Jôman als einen
sehr guten Schnitzer von Masken-Netsuke
und meint, er könne der Sohn des →Deme
Uman sein.
Die Signatur ist möglicherweise nicht authentisch.
Tätig in Kyôto
Deme Jôsei (tätig ca. 1800)
924
Don‘yô (tätig ca. 1820-1860)
250
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Masken
Jôsei gilt als Schüler des →Deme Uman.
Deme Uman (tätig 2. Hälfte 18. Jh.)
285, 935, 939, 940
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Masken
Deme Uman wird im Sôken kishô als Maskenschnitzer erwähnt, der MaskenNetsuke zu seinem Vergnügen herstellte.
Seine Stücke waren hervorragend. Laut
Ueda war Uman der Sohn des Juman und
Denshin ist nur durch das Netsuke Kat.
Nr. 596 bekannt. Aufgrund der großen
Ähnlichkeit dieses Stückes mit einem
→Tomotada signierten Tiger muß dieser
Schnitzer im späten 18. Jahrhundert in
Kyôto tätig gewesen sein.
Tätig in Osaka
Arbeitet in Elfenbein
Motive: Figuren, vor allem Samurai
Don‘yô ist die Lesung, die von Lazarnick
vertreten wird. Vieles spricht aber dafür,
daß das zweite Zeichen das Schriftzeichen
für mono (auch butsu, Gegenstand) ist.
Dann würde die Signatur Donbutsu gelesen. Aus einer Karte im MCI geht hervor,
daß das Pseudonym dieses Schnitzers
Tôkyokusai war.
Der Stil seiner Arbeiten läßt eine Schaffenszeit in Osaka in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts vermuten. Das für Signaturen sehr seltene Schriftzeichen don wird
auch von Dôraku aus Osaka in seinem
Pseudonym Donkôsai verwendet. Vielleicht gibt es eine Beziehung zwischen den
beiden Schnitzern.
249
Dôraku (tätig Mitte 19. Jh.)
234
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Tiere, manjû
Laut Ueda wurde Dôraku in Onomichi
(Provinz Bingo, heute Präfektur Hiroshima) geboren, lebte aber in Osaka. Er führte
das gô Dôrakusai und Donkôsai. Auf einigen Netsuke befindet sich die Aufschrift
Naniwa jû (wohnhaft in Osaka) oder Kibi
Tamanoura jû (wohnhaft in Tamanoura in
Kibi, heute Präfektur Okayama und Teil
der Präfektur Hiroshima).
Viele seiner Motive, die typisch sind für
Schnitzer aus Osaka, sind auch bei Mitsuhiro zu finden: Küken, Münzen, namako
(Seegurke). Er schuf auch flache, querrechteckige manjû.
Die Signatur hier ist nicht vergleichbar mit
den publizierten Signaturen von Dôraku
aus Osaka. Die Schreibweise des Schriftzeichens raku weicht erheblich ab. Es besteht
die Möglichkeit, daß es sich hier um Yoshida Dôraku (1888?-1938) handelt, der in
Kobe lebte, für okimono von schönen
Frauen bekannt wurde, aber auch Netsuke
schnitzte.
Dôshô(sai) (1828-1884)
114
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Pflanzen, Tiere, buddhistische
Figuren
bei Dôraku. Sein gô war Kokusai, sein
chômei Dôshô. Zu seinen Schülern zählte
Wada Kokeisai Sanshô (1871-1936).
Dôshôsai, einer der wichtigen Vertreter des
Osaka-Stils, arbeitete fast ausschließlich in
Elfenbein, das er entgegen den Gepflogenheiten der Osaka-Schnitzer nur wenig einfärbte. Augen und kleine Details sind eingelegt. Häufig sind große, runde Chrysanthemen-Netsuke mit zahlreichen, in verschiedenen Krümmungen nach innen gebogenen Blütenblättern. Unter den Tieren
bevorzugte er Hund, Katze, Spatz und
Motte. Die manjû von Dôshôsai sind ganz
im Stil seines Lehrers Dôraku gearbeitet.
Die abgerundet querrechteckige, wenig
gewölbte Schauseite ist in Tiefrelief meistens mit der Figur eines Daruma oder
rakan dekoriert. Dôshôsai fertigte neben
Kämmen auch inrô aus Elfenbein. Das inrô
Nr. 925 aus der Sammlung Seymour
Trower ist mit rakan dekoriert.
Eishin (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
182
Arbeitete in Buchsbaum
Motive: Figuren
Lazarnick bildet ein identisches Netsuke
ab, welches Eishin in Regelschrift signiert
hat.
Eishinsai
346
→Suketomo
Kagei Juzaemon wurde 1828 in der Provinz
Izumo (heute Präfektur Shimane) geboren.
Später zog er nach Osaka und lernte dort
250
Fushô (tätig ca. 1830-ca. 1870)
483
Arbeitete in Holz, gelegentlich Elfenbein
Motive: Drachen
Fushô ist bekannt für seine kompakten,
rund oder oval zusammengerollten Drachen. Diese Netsuke wirken wie große
ryûsa-manjû. Im MCI wird außerdem ein
manjû mit Dekor von chinesischen Landschaften erwähnt.
Garaku (tätig 18. Jh.)
745
Tätig in Osaka
Arbeitet in Elfenbein, auch in Holz
Motive: Tiere
Die spärlichen Angaben über Garaku
stammen aus dem Sôken kishô. Er wurde
Risuke genannt und stammte aus Osaka.
Sein Lehrer war Tawaraya Denbei. Laut
Okada war sein Familienname Taguchi.
Es gibt nur sehr wenige, gesicherte Werke
des Risuke Garaku. Meinertzhagen geht
davon aus, daß seine Signatur im 19. Jahrhundert oft nachgeahmt wurde. Die gesicherten Stücke sind große Tiere, wie sie
auch in Kyoto zu jener Zeit beliebt waren:
shishi, Pferde, Ochsen, Hirsche, Katzen,
Wachteln und Schildkröten.
Obwohl der Schriftduktus der Signatur
hier der des Garaku aus Osaka ähnelt,
kann sie nicht als authentisch angesehen
werden.
Garaku (tätig ca. 1850-1860)
119
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: chinesische Figuren und japanische Legendengestalten
Aus einer duktusgleichen Signatur geht
hervor, daß sein Familienname Okamoto
war (Lazarnick 1982, S. 397). Seine Signatur befindet sich meist in einer Reserve
und wird gelegentlich gefolgt von einem
kaô.
Entgegen den Quellen, die besagen, daß er
in Holz gearbeitet habe, sind die aus der
Literatur bekannten Netsuke aus Elfenbein.
Das Material ist mit Pflanzensäften dunkel
gefärbt und hat bei den Stücken in der
Sammlung Gô und der Sammlung Bushell
noch seine ursprüngliche Färbung. Die
Gewandmuster sind tief und sicher graviert
und schwarz eingefärbt.
Gashô (tätig ca. 1860-1880)
851
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Tiere, manjû
Laut Okada war sein Familienname Taguchi . Laut Ueda war Gashô wahrscheinlich
ein Schüler des Dôshô (1828-1884). Seine
Sujets sind typisch für die Osaka-Schnitzer.
Gekkô (tätig spätes 19. Jh.)
806
Tätig in Gifu oder Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: verrottende Früchte mit Wespen
Aus seinem Stil geht hervor, daß er aus
dem Umkreis von →Bazan stammen muß.
251
Daher war er wohl im späten 19. Jahrhundert in Gifu oder Nagoya tätig.
Aus den ehemaligen Sammlungen Hindson und Bushell sind je ein Netsuke von
Gekkô bekannt. Es sind bravouröse Darstellungen von Wespen, die sich durch das
weiche Fruchtfleisch einer Birne bzw. eines
langen Kürbisses fressen. Die Insekten haben große Augen aus Horn. Löcher in der
Frucht bilden das himotôshi.
Gyokkô (tätig 1840-1870)
85
Über Gyokkôsai gibt es keinerlei biographische Angaben. Lediglich aus seinem Stil
geht hervor, daß er ca. 1840-1870 gearbeitet haben muß. Gyokkôsai signierte immer
in gleicher Weise und mit identischem
Schriftduktus. Er arbeitete fast ausschließlich in Elfenbein und bevorzugte ungewöhnliche und groteske Darstellungen von
Glücksgöttern,
oni
und
Kindern.
Gyokkôsai hatte eine Vorliebe für Details
und seine Netsuke wirken immer etwas
okimono-haft. Gelegentlich schnitzte er
auch Tiere.
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren, Holz-manjû
Gyokkôsai (tätig ca. 1870-1900)
818
Meinertzhagen führt sechs Schnitzer auf,
die Gyokkô signiert haben. Eine ähnlich
klare und große Schreibweise der Signatur
findet sich auf einer Anzahl von HolzNetsuke. Die Stücke, meist sitzende Figuren, haben eine flache Standfläche. Kleine
Details sind aus Elfenbein eingelegt.
Die Signatur hier entspricht nicht dem Stil
der anderen Gyokkôsai-Signaturen in dieser Sammlung. Es könnte sich um eine
spätere Werkstattmarke handeln, deren
Schnitzer ca. 1870-1900 tätig waren.
Gyokkô (tätig Mitte 19. Jh.)
680
Eine Signatur Gyokkô, in der beide Schriftzeichen in dieser zittrig wirkenden, manierierten Weise geschrieben sind, ist aus der
Literatur nicht bekannt.
Gyokkôsai (tätig ca. 1840-1870)
129, 343, 439
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Gyokuhô (tätig ca. 1850-1880)
835, 845
→Ryûchin
Gyokuhôsai (tätig ca. 1850-1870)
280, 639, 739, 769
→Ryûchin
Gyokuhôsai (tätig 1850-1860)
298
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und Tiere
Dieser Künstler signierte auch „Gyokuhô“.
252
Gyokuichi (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
338
Gyokusô (1879-1944)
797
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Holz, seltener in Elfenbein
Motive: Figuren, Gegenstände und Tiere
Meinertzhagen erwähnt ein Netsuke mit
Zenkoji-Sujet, das wahrscheinlich vom
selben Schnitzer stammt.
Gyokuôsai
99
→Shûgyoku
Gyokurintei (tätig ca. 1850-1860)
78
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Gyokurintei hat sich auf figürliche Themen
aus der chinesischen und japanischen Geschichte spezialisiert, wobei er besonders
gerne Reiter schnitzte und kleinformatige,
sitzende Figuren auf einer flachen Sockelplatte.
Die Signatur, deren erste beiden Schriftzeichen hier fast wie eines wirken, da sie sehr
eng beisammen stehen, ist tief in das Holz
eingeschnitten und befindet sich oft in
einer Reserve.
Gyokusen
204
→Tomochika
Gyokushin (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
55
Nicht verzeichnet
Ôuchi Jiemon wurde 1879 in Tokyo Akishiro geboren. Er lernte 18 Monate bei
Miyazaki →Josô (1855-1910), dessen Namensbestandteil sô er in sein chômei übernahm, und angeblich auch bei Oyaki
Keigyoku (1851-1904). Er war mit einem
anderen Josô-Schüler, Morita Sôko (18791944), befreundet, mit dem er sich zwischen 1920 und 1934 fast täglich traf. Aus
dieser engen Verbindung resultierte die
große, stilistische und thematische Ähnlichkeit ihrer Netsuke. Gyokusôs Arbeiten
wurden mit Preisen ausgezeichnet, und er
stellte verschiedentlich aus. Er schuf auch
okimono. Er war der Vater von Sôsui
(1911-1972), der bei Sôko lernte. Er selber
hatte keine Schüler.
Als die besten Arbeiten Gyokusôs gelten
die Darstellungen von Männern, die alltäglichen Beschäftigungen nachgehen: Handwerker, Straßenverkäufer und Unterhalter.
Unter den figürlichen Netsuke gibt es aber
auch Gestalten aus dem Volksglauben wie
Okame, Fujimusume etc. Wie Sôko fertigte
auch er Netsuke, die einen direkten Bezug
zur Stadt Tokyo haben, z.B. das Fährboot,
dessen Passagiere einen Querschnitt der
Bevölkerung zeigen (Samurai, sarumawashi, Sake-Verkäufer und junges Mädchen) oder den Brückenpfeiler der Nihonbashi, von dem aus alle Entfernungen aus
Tokyo gemessen werden. Die seltenen
Frucht-Netsuke wurden von Gyokusô offensichtlich nach der Beschaffenheit ihrer
Schale ausgesucht: Mandarine, Gurke und
Erdnüsse. Elfenbein-Netsuke sind selten.
253
Zwei von diesen wurden erst nach seinem
Tod von anderen Schnitzern vollendet
(INCS], Jg. 10, Nr. 4, März 1983, S. 34).
Möglicherweise verarbeitete er Elfenbein
erst in seinen letzten Lebensjahren.
Gyokuyôsai (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
435, 457, 769
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, manjû, Tiere (Hunde,
shishi), Früchte mit Insekten
Gyokuyôsai Mitsuhina (Kôsô) lebte in Tokyo Asakusa Fukuichô. Laut Jonas war er
Puppenmacher. Er gilt als der Lehrer des
Ozaki →Kokusai. Gyokuyôsai arbeitete
fast ausschließlich in Elfenbein. Er gab
seinen Netsuke eine kleine, kompakte und
handliche Form. Seine Figuren-Netsuke
stellen Fûten, Raiden, Daruma, oni und
Shôki dar. Sehr häufig schnitzte er karako
beim Spiel mit einer Schildkröte oder einer
Trommel. Er schuf auch ungewöhnliche
manjû. Laut Davey ist sein häufigstes Motiv die Frucht mit aufsitzendem Insekt. Oft
ist eine der Früchte ausgehöhlt und zeigt
eine Landschaft in anabori.
Gyokuzan (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
922
Gyokuzan (wörtlich Juwelen-Berg) ist aufgrund der einfachen Schreibweise der beiden Schriftzeichen eine sehr beliebte Signatur, die hier keinem bestimmten Künstler
zuzuschreiben ist.
Gyokuzan (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
259
Bei dieser Signatur kann es sich weder um
die des Asahi Gyokuzan (1843-1923) noch
um die des Isshinsai Gyokuzan, die beide
in Elfenbein schnitzten, handeln. Auch
kann die Signatur nicht dem von Ueda
erwähnten Gyokuzan, der in der Ära
Kansei-Bunsei (1789-1830) in Holz gearbeitet haben soll, zugeschrieben werden.
Gyozuzan (tätig spätes 19. Jh.)
926
Tätig in Tokyo (?)
Arbeitete in Holz
Motive: Masken
Im MCI ist eine Gyokuzan signierte Maskengruppe aus Holz abgebildet. Dieser
Künstler muß aus derselben Werkstatt
stammen wie →Sekibai oder ist mit diesem
identisch.
Haku (tätig 19. Jh.)
811
Arbeitete in Lack
Yanagisawa Hakuhô war ein Lackmeister,
der – wie aus den erhaltenen inrô hervorgeht – sich auf die sumi-togidashi-Technik
spezialisiert hat.
Es gibt aber auch einen Lackmeister namens Inoue Hakusai, der im späten 18.
Jahrhundert tätig gewesen sein soll.
254
Harumitsu (tätig ca. 1870-1890)
521, 545, 678, 686
Tätig in Ise
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere des Zodiakus
Harumitsu lebte in Ise-Yamada Tokiwachô. Er hat bei Miyake Masanao II
(1848-1922) gelernt.
Harumitsu schnitzte Zodiakus-Tiere. Eber,
Schlange, Affe, vor allem der Hase sind
besonders häufig. Auch fertigte er Kombinationen von Tieren. Er arbeitete in
Buchsbaum und legte die Augen bzw. Pupillen aus hellem Horn oder Bernstein ein.
Seine Stücke sind in der Regel groß und
etwas zu aufwendig, um als Netsuke getragen zu werden. Harumitsu schuf auch
Tier-okimono.
Die Signatur auf Netsuke Kat. Nr. 686 entspricht nicht der üblichen Schreibweise
und muß daher als apokryph gelten.
Harutomo (tätig Mitte 19. Jh.)
101
Nicht verzeichnet
Hashiichi (1817-1882)
→Hashimoto
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Lack
Motive: Bambusimitationen
Laut Bushell (Bushell 1985, S. 160, Nr. 75)
handelt es sich bei der Signatur um die des
Hashimoto Ichizô (1817-1882), der als
Netsuke-Schnitzer bisher nicht in Erscheinung getreten ist.
Hashimoto Ichizô war Sohn des Matajirô,
eines sayanurishi (Meister der Schwertscheidenlackierung) aus Edo Shiba
Shinsenza. Hashimoto Ichizôs persönlicher
Name war Ichizaburô, sein chômei Hashiichi, ein Name der sich aus dem ersten
Schriftzeichen seines Familiennamens
hashi (Brücke) und dem seines persönlichen Namens ichi (Markt) zusammensetzt.
Er lebte wie sein Vater in Tokyo Shiba
Shinsenza und starb am 4. Februar 1882 im
Alter von 66 Jahren. Sein Grab befindet
sich im Chôsenji in Asakusa Kitakiyoshimachô.
Anfänglich war Hashiichi wie sein Vater
ein Spezialist für die Lackierung von
Schwertscheiden (sayanuri). Hierfür benutzte er die sabitake- oder takemozô-nuriTechnik, womit alter Bambus imitiert
wurde.
Als das Tragen von Schwertern 1876 untersagt wurde, verlegte Hashiichi seine Arbeit auf den Dekor von verschiedenen Objekten, denen er das trompe-l’œil-artige
Aussehen von Bambus gab. Er schuf kleine
Gegenstände und Accessoires – Pfeifenfutterale (kiseruzutsu), Rohre (rau) der japanischen Pfeifen, Tabakbehälter (tonkotsu),
Netsuke, ojime, Schließen (maekanagu)
von Tabaktaschen (tabakoire).
Am bekanntesten wurde Hashiichi im
Westen für seine Pfeifenfutterale vom Typ
musôzutsu. Der Schaft (saya) und der Einschub (sashi) imitieren entweder susudake,
Bambusrohre, die für die Decken in Bauernhäusern verwendet, über der Feuerstelle
“geräuchert” und rußig wurden und somit
eine intensive, rotbraune, sehr geschätzte
Patina annahmen, oder gomadake, eine
Bambussorte, deren dunkle Narben auf der
Außenhaut schwarzen Sesamkörnern
(goma) ähneln.
255
Hashiichi signierte entweder in Gravur
oder mit einem Brandstempel, wobei hashi
mit zwei hiragana-Zeichen geschrieben ist
und ichi mit dem Schriftzeichen für “Eins”.
Es gibt auch den Brandstempel Hashiichi,
wobei die Schriftzeichen “Brücke” (das
erste Zeichen seines Familiennamens) und
“Markt” (das erste Zeichens eines persönlichen Namens) in Regelschrift in einer
rechteckigen Reserve wiedergegeben sind.
Dieser Künstler ist nur peripher als Netsuke-Schnitzer in Erscheinung getreten. Die
Signatur Hashimoto ist nur von diesem
einen Stück bekannt.
Hashimoto
918
→Hashiichi
Hidechika (tätig ca. 1850-1860)
208
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und Maskengruppen
Hidechika führte das gô →Chôunsai. Meinertzhagen ordnet ihn in den Umkreis des
→Tomochika ein. Ein auf das Jahr 1858
datierter Fukurokuju (Christie’s London,
20.4.1997, Lot 599) gibt einen konkreten
Anhaltspunkt für seine Schaffenszeit.
Hidechika arbeitete in Elfenbein. Die Gravuren färbte er schwarz ein und belebte
seine Arbeiten mit Einlagen aus Horn. Seine figürlichen Netsuke, vor allem kleine
Glücksgötter und Figuren des Alltags, signierte er Hidechika.
Die meisten manjû, die von Meinertzhagen
seiner späteren Schaffenszeit zugeordnet
werden, sind zweiteilig und tragen die Sig-
natur Chôunsai und das Siegel Hidechika.
Auf der Schauseite befindet sich in tiefem,
versenkten Relief mit schwarzer Einfärbung der Gravuren eine Figur aus dem
Alltagsleben.
Hidechika fertigte auch Elfenbein-inrô.
Hideharu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
462
Tätig wahrscheinlich in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren, Tiere
Die Arbeiten dieses Künstlers – vor allem
kappa sowie Nixen und Muscheln – zeichnen sich durch kräftige, aber im Detail
etwas grobe Schnitztechnik aus. Jonas und
Meinertzhagen erwähnen shishi-Netsuke.
Seine Signatur befindet sich in einer versenkten, rechteckigen oder ovalen Reserve.
Hidemasa I (tätig ca. 1810-1840)
22, 209, 241
Tätig in Osaka/Kyoto oder Edo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Hidemasa führte laut Ueda das gô Chingendô und lebte in Kyoto und Edo. Meinertzhagen vermutet, daß er aus Osaka
stammt. Bei dem Künstler, der Shûôsai
Hidemasa signierte, handelt es sich wahrscheinlich um →Hidemasa II.
Hidemasa schnitzte zu Beginn seiner Karriere Figuren und Tiere aus Holz, ist aber
für seine figürlichen Netsuke in Elfenbein
berühmt geworden. Seine volkstümlichen
Gottheiten und Figuren aus dem Alltag
sind von kleiner Statur. Meistens haben sie
256
die Schultern angezogen, so daß sie leicht
buckelig wirken. Ihr Kopf ist im Verhältnis
zum Körper sehr groß. Die Gesichter wirken lebendig und individuell, auch wenn
die Pupillen nicht eingelegt, sondern lediglich durch einen schwarzen Punkt wiedergegeben sind. Die Augenbrauen werden
durch auffällige, schwarz eingefärbte Gravuren dargestellt. Hidemasas Figuren sind
auch an den typischen Rankenmustern
und Wolkendekore der Gewänder zu erkennen. S-förmige Ranken werden mit
zierlichen, spitzovalen Blättern besetzt und
gelegentlich um Chrysanthemen- und
Kirschblüten bereichert.
Die Signatur befindet sich oft in einer gezackten, unregelmäßigen Reserve.
Hidemasa II (tätig ca. 1830-1870)
374
Tätig Osaka/Kyoto oder Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein, gelegentlich in Holz
Motive: Figuren, seltener Tiere und Masken
→Shûôsai ist das gô von Hidemasa II, der
bei →Hidemasa I lernte. Aus NetsukeSignaturen geht hervor, daß sein Familienname Fujimoto (im MCI fälschlich Fujiwara gelesen) war. Gelegentlich verwendete er
auch ein Topfsiegel mit dem Zeichen masa
oder ein kaô was auf dem Schriftzeichen
masa basiert. Diese Art der Signatur war
ca. 1860 üblich.
Shûôsai Hidemasa II, der auch nur mit
Hidemasa zeichnete, fertigte ähnliche Figuren-Netsuke wie sein Vorgänger. Die
Gravuren der Gewänder, die in Tusche
eingefärbt sind, und die expressiven, gut
ausgearbeiteten Gesichter lassen sich mit
den Arbeiten des Hidemasa I vergleichen.
Mit Shûôsai signierte Stücke stellen oft
Figuren dar, die sich in einer dramatischen
Handlung befinden: Shôki, der einen oni
jagt, I no Hayata, der das nue erlegt, Raiden sowie Gestalten, die aus einer Bildrolle
steigen, oder Figuren neben einem Gegenstand, wobei die Größenverhältnisse umgekehrt werden.
Eine genaue Unterscheidung der Netsuke
von Hidemasa I und II steht noch aus.
Hidemune (tätig 19. Jh.)
913
Nicht verzeichnet
Hikaku (tätig ca. 1850-1880)
833
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und manjû
Bei Jonas und Ueda wird Hikaku als früher
Schnitzer geführt, doch muß er aufgrund
seines Stils als ein Künstler der frühen Meiji-Zeit gelten. Laut Davey steht er in der
Nachfolge des →Ikkôsai aus Edo.
Dieser Künstler, dessen schwungvolle Signatur “Fliegender Kranich” unverkennbar
ist, benutzte ein Logo in Form von Kiefernadelbüscheln (Baur C488). Er schnitzte
mit Vorliebe Kinder mit Trommeln, einteilige manjû von rechteckiger Form und
ungewöhnliche Motive in einem außerordentlich detailreichen Stil. Das Material ist
hervorragend poliert.
257
Hôitsu (tätig spätes 19. Jh.)
942
Nicht verzeichnet
Hôjitsu (ca. 1790/vor 1801-1872)
176, 384, 695
Tätig in: Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren, Tiere, manjû
Hôjitsus Familienname war Yamada, der
persönliche Name Izaemon (oder Iuemon), das gô Meikeisai. Er verwendete das
Familienwappen maru ni kikyô (Ballonblume im Kreis). Sein postumer Name
(kaimyô) ist Zekôin Myôtatsu.
Hôjitsu lebte in Edo Koishikawa Haramachi Keiseigakubo. Er war ein gokenin (Mitglied der unteren Klasse der unmittelbaren
Vasallen des bakufu) und möglicherweise
persönlicher
Netsuke-Schnitzer
des
Shôgun. Er erhielt die Unterstützung des
Fürsten von Tsugaru mit Sitz in Hirosaki
in Mutsu (heute Präfektur Aomori). Es ist
ein Brief von Hôjitsu erhalten, aus dem
hervorgeht, daß Hishiya Risuke, der ein
Geschäft für fukuromono (Beutel und Taschen) in Ningyôchô führte, sein Auftraggeber war. Hierin verlangt Hôjitsu für ein
rakan-Netsuke den Preis von 6 ryô (Sekido
1999, S. 32). Er starb laut Ueda Meiji 5
(1872), 8. Monat, 13. Tag. Da es ein Netsuke gibt mit der Signatur und der Altersangabe von 72 Jahren, muß er vor 1800 geboren sein. Meiji 27 (1894), 10. Monat, 14.
Tag, errichteten seine Schüler für ihn einen
Grabstein im Friedhof des Renkyûji
(Nichiren-Sekte) in Koishikawaku Haramachi, 23 banchi. Ihre Namen sind auf der
Rückseite
des
Grabsteins
graviert:
→Hômin, Ippôsai, Hôgyoku, Hôichi,
→Kôjitsu und Hôkyô.
Hôjitsu galt als der beste NetsukeSchnitzer in Edo/Tôkyô. Seine Arbeiten
sind realistisch und elegant. Die Ausführung ist exakt, die Details gut ausgearbeitet
und die Augen durch Einlagen aus Horn
oder Glas realistisch wiedergegeben. Die
Figuren sind in der Regel klein und etwas
okimono-haft. Karako und Glücksgötter
sind besonders häufig. Ob alle figürlichen
Netsuke wirklich von ihm stammen, wird
von Meinertzhagen und Sekido Kendo
angezweifelt. Sicherlich führte er eine große Werkstatt.
Ein großer Teil seiner Produktion sind
manjû. Sie zeigen meist an der Schauseite
eine einzelne Figur aus Geschichte oder
Alltag, die einen großen Teil der Fläche
einnimmt und in shishiaibori geschnitzt ist.
Diese Technik übernahm er aus der Metallkunst und perfektionierte diese. Die
manjû sind auf der Rückseite meist Meikeisai Hôjitsu signiert. Gelegentlich folgt
auf die Signatur ein kaô (angeblich nach
1840) oder das Siegel Hôjitsu.
Hôjitsu schuf auch inrô.
Daß die Signatur bei Kat. Nr. 384 in einer
doppelt umrandeten Reserve erscheint, ist
für Hôjitsu ungewöhnlich.
Hômin (tätig ca. 1850-1880)
38, 301
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Über diesen Hômin gibt es keinerlei biographische Angaben. Die Thematik seiner
Netsuke ist typisch für die frühe Meiji-Zeit:
258
legendäre Figuren und Kinder. Der Signatur folgt immer ein kaô.
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und Tiere
Hômin (tätig ca. 1860-1880)
433
Tanaka Reigyoku führte das gô Hôshinsai,
mit dem er alle seine Netsuke signierte.
Laut Jonas wurde er im März 1837 geboren
und lebte in Tokyo Nipporimura.
Hôshinsai ist ein typischer Vertreter des
Tokyo-Stils der frühen Meiji-Zeit. Seine
Netsuke sind klein, kompakt und stark
eingefärbt. Er hatte eine Vorliebe für Stilleben. Wie →Ryûchin und andere Künstler
dieser Zeit bereicherte er seine Stücke um
anabori.
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein, seltener in Holz
Motive: Figuren und manjû
Fukumoto Hômin war Schüler des Yamada
Meikeisai →Hôjitsu (?-1872). Hômin
schnitzte manjû und figürliche Netsuke.
Kinder mit einer minogame, einer Maske
oder einer Trompete waren sein Lieblingsthema.
Hôsai (tätig Mitte 19. Jh.)
427
Dieser Künstler ist nicht verzeichnet. Aus
seinem Stil geht hervor, daß er ein Schüler
des →Hôjitsu (?-1872) aus Tokyo gewesen
sein muß.
Hôshin (tätig ca. 1870)
900
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Masken und Totenköpfe
Aus dem Schnitzstil der wenigen, in der
Literatur angeführten Netsuke geht hervor,
daß Hôshin in der frühen Meiji-Zeit gearbeitet hat. Er bevorzugte die zeittypischen
Themen Masken und Schädel und färbte
sein kaô rot ein.
Hôshinsai (1837?-?)
763
Hôsui (tätig spätes 19. Jh.)
614
Arbeitete in Elfenbein
Es kann sich hier nicht um den Schnitzer
Hôsui handeln, der laut Ueda in Holz arbeitete und in der Ära Tenpô (1833-1840)
tätig war.
Hôzan (tätig Mitte 19. Jh.)
858
Es kann sich hier um keinen der in der
Literatur unter diesem Namen verzeichneten Künstler handeln.
Hôzan
469
Es kann sich bei diesem Schnitzer um keinen der in der Literatur unter diesem Namen verzeichneten Künstler handeln.
259
Wahrscheinlich wurde diese Signatur später hinzugefügt und ist apokryph.
Ichiraku (tätig Mitte 19. Jh.)
736
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere, Ochsen
Laut Ueda bereicherte er seine Arbeiten
durch Lack und verwendete ein kaô, welches auf den Schriftzeichen ichi und raku
basiert.
Ichiyûsai (tätig ca. 1860-1890)
152, 568
Tätig in Edo/Tokyo oder Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und manjû
Aus der Signatur auf einem Netsuke (Lazarnik 1982, S. 506) geht hervor, daß zwei
Künstler, Naoharu und sein Schüler Murata Isseisai Naomitsu (1868-1931) aus Osaka, dieses gô führten. Der Schriftduktus
hier entspricht dem des Naoharu.
Über Ichiyûsai Naoharu gibt es keine biographische Angaben. Aus dem yagô (Geschäftsnamen) Yamacho (?) auf einem
Ichiyûsai signierten inrô (INCS Journal, Jg.
1, Nr. 4, 1973, S. 38) kann man schließen,
daß Naoharu eine große Werkstatt geführt
hat. Ein weiteres inrô mit Signatur
Ichiyûsai Naoharu und kaô befindet sich in
der Collection Baur.
Bei den Signaturen Ichiyûsai Naoharu wird
das zweite Zeichen immer mit dem Radikal
für Holz in der Mitte geschrieben. Es gibt
aber auch Beispiele, wo das Schriftzeichen
für Holz auf der linken Seite steht.
Obwohl Naoharu von Ueda als “Tokyo
Naoharu” bezeichnet wird, deutet die Tatsache, daß sein Schüler Naomitsu in Osaka
geboren und gestorben ist, darauf hin, daß
Naoharu vielleicht zeitweilig in Osaka arbeitete.
Ichiyûsai Naoharu fertigte vollplastische
Netsuke, die Figuren aus dem japanischen
Legendenschatz darstellen. Sie haben eine
flache Basis und wirken wie kleine okimono. Die meisten Ichiyûsai signierten
Netsuke aber sind manjû, die in kräftigem,
sehr tief geschnittenem und eingefärbtem
Relief mit Helden der japanischen Geschichte dekoriert sind. Diese Thematik ist
auch auf den inrô anzutreffen.
Naomitsu arbeitete in einem sehr ähnlichem Stil. Das gô ist kursiv während sein
chômei Naoharu in kaisho geschrieben ist.
Die nur Ichiyûsai signierten Stücke können
nicht genau zugeordnet werden.
Ikkansai Inshi (tätig Mitte 19. Jh.)
66
→Inshi
Ikko (tätig ca. 1840-1860)
175, 444
Tätig in Matsuzaka, Kyôto oder Edo
Arbeitete in Holz und Elfenbein
Motive: Tiere und Figuren
Hasegawa Ikko lebte laut Ueda entweder in
Ise-Matsuzaka, Provinz Ise (heute Präfektur Mie), Kyoto oder Edo. Meinertzhagen
ordnet ihn unter die Schnitzer von Tsu
und in die Nachfolge von →Minkô ein.
Seine Schaffensperiode ergibt sich aus drei
datierten Netsuke: ein Tiger datiert 1842
(Brockhaus 1925, S. 433), ein unbekanntes
260
Stück datiert 1848 (Davey 1974, S. 216)
und ein Raiden datiert 1854 (Ueda 1954,
Abb. 44). Das MCI erwähnt zwei kiserusutzu mit Datierungen 1842 und 1855.
Wenn man davon ausgeht, daß japanische
Künstler erst im Alter ihre Stücke datierten, dann könnte er schon im frühen 19.
Jahrhundert tätig gewesen sein.
Ikko schnitzte mit Vorliebe Tiere des
Zodiakus, vor allem Tiger. Unter seinen
zahlreichen, figürlichen Netsuke überwiegen groteske Darstellungen von oni, Shôki,
Daruma und Geistern. Sein Stil ist kräftig
und seine Stücke sind größer als die anderer Schnitzer. Gängigen Themen verlieh er
eine neuartige und individuelle Interpretation. Seine manjû dekorierte Ikko mit eng
aneinandergefügten Tieren.
Von Ikko stammen auch zahlreiche kiseruzutsu und tonkotsu, deren Reliefs er
mit farbigen Einlagen aus Schildpatt,
Horn, Perlmutter und Koralle ausschmückte. Meinertzhagen erwähnt inrô,
yatate und ein aikuchi. Es gibt auch bokutô.
Ikko war ein außerordentlich individualistischer und vielseitiger Künstler, der stilistisch und geographisch nur schwer einzuordnen ist. Seine sagemono dekorierte er
mit großem Verve und mit Freude an farbigen Einlagen. Manche Stücke sind im Stil
von Tsu, während andere dem Edo-Stil
entsprechen. Die Signatur ist markant geschrieben.
Ikkô (Mitte 19. Jh.)
760
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere, vor allem Ratten
Dieser Künstler schuft vor allem Tierdarstellungen. Die Signatur auf diesen Stücken
ist in klarer kaisho tief geschnitten und
befindet sich gelegentlich in einer eckigen
oder ovalen Reserve. Das erste Zeichen ist
ein recht spannungslos gravierter, horizontaler Strich.
Über seine Schaffenszeit gibt es unterschiedliche Meinungen: frühes 19. Jh.
(Ueda) und spätes 19. Jh. (Meinertzhagen).
Beide Autoren unterscheiden sich auch in
der Einschätzung des Künstlers. Für Ueda
ist er ein brillanter Künstler, während
Meinertzhagen meint, er habe für den Export gearbeitet. Davey ordnet ihn in die
Gruppe der Schnitzer aus Nagoya ein.
Ikkô (tätig ca. 1860-1880)
902
Dieser Künstler ist wahrscheinlich nicht
mit dem vorangegangenen identisch.
Ikkôsai
207
→Kôjitsu
Ikkôsai (tätig ca. 1840-1870)
454, 712
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Ueda verzeichnet Saitô Ikkôsai (18041876), Saitô Ikkôsai →Kôjitsu (1833-1893)
und Ikkôsai Tôun. Meinertzhagen setzt
Tôun mit dem ersten Saitô Ikkôsai gleich,
obwohl es keine Signatur Ikkôsai Tôun
gibt, die das belegen könnte.
261
Während die im MCI abgebildeten, Tôun
zugeordneten Ikkôsai-Signaturen auf figürlichen Netsuke schriftduktusgleich sind,
weicht die Signatur auf diesem Schildkröten-Netsuke in der Schreibweise des letzten
Schriftzeichens sai ab. Diese Signatur ist
der auf dem Netsuke gleichen Motivs in
der Collection Baur (C979) vergleichbar.
Die mit Ikkôsai signierten, figürlichen
Netsuke stellen fast ausschließlich Gruppen der Glücksgötter, oni oder Gestalten
aus dem Legendenschatz dar, die dramatisch agieren. Das Elfenbein ist in der Regel
leicht gefärbt.
Inshi (Kazuyuki) (tätig Mitte 19. Jh.)
→Ikkansai Inshi
Ikkyû (tätig ca. 1870/1880)
227
Bei Lazarnick ist seine Signatur auf einem
Eber- und einem in Kopfform ähnlichen
Masken-Netsuke abgebildet. Auf dem
Masken-Netsuke sind die Schriftzeichen
ebenfalls an den beiden gegenüberliegende
Enden des rückwärtigen Steges angebracht.
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere, vor allem kappa und Kraken
Ikkyû ist aufgrund eines Birnen- und Wespen-Netsuke (Linden-Museum Stuttgart,
Jirka-Schmitz 2000b, Kat. Nr. 725) dem
Umkreis der “wasp carvers” (→Ittokusai,
→Bazan, Kogetsu und Sangetsu) aus
Nagoya/Gifu und wegen seiner Krakendarstellungen den Nagoya-Schnitzern zuzuordnen. Sein Stil ist naturalistisch. Sein
häufigstes Motiv ist das des Kraken (in
einem Strohbündel, in einer Muschel, in
einem Topf, in einer Glocke). Andere
Tiermotive sind Fische, Affen und kappa.
Ikkyû signierte oft in einer ovalen, gelegentlich erhabenen Reserve oder auf einem
eingelegten Elfenbein- oder Beinplättchen.
Thematisch kann das vorliegende Netsuke
von diesem Ikkyû stammen. Elfenbein hat
er äußerst selten verwendet.
Die nur durch dieses Netsuke bekannte
Signatur wird von Lazarnick (S. 515) “Ikkansai Inshi” gelesen. Es ist jedoch auch
möglich, das chômei in kunyomi so zu lesen, daß der zweite Name Kazuyuki lautet.
Ippô (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
934
Arbeitete in Holz
Motive: Masken
Ippô (tätig Mitte 19. Jh.)
794
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Stilleben von Muscheln, Früchten,
Kastanien
Dieser Künstler, der laut MCI aus der Tradition des Gyokuhôsai →Ryûchin, laut
Davey der des Ryûkei stammte, spezialisierte sich auf manjû-ähnliche Stilleben
von Gemüse, Bohnen, Fischen, Kastanien
oder Muscheln, die er durch anabori anreicherte. Gerne kombinierte er Sujets, deren
Zusammenstellung willkürlich erscheint,
wie z. B. Muscheln und Eicheln (Collection
Baur C790) oder Granatäpfel, Spinne und
262
Zikade (Linden-Museum Stuttgart, JirkaSchmitz 2000b, Kat. Nr. 720).
Issai (tätig Mitte 19. Jh.)
131
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Bei dieser Signatur kann es sich nicht um
die des Ogasawara Issai aus dem Sôken
kishô handeln. Die Signatur ähnelt jener
auf einem Ikkakusennin-Netsuke in der
Collection Baur (C156), das auch stilistisch
vergleichbar ist.
Issai (tätig frühes 19. Jh.)
231
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Im MCI werden drei Holz-Netsuke erwähnt (Fûten, rakan mit Tiger sowie tanuki und Jäger). Letzteres ist ein häufiges
Modell des Issai.
Issai (tätig ca. 1870-1900)
295
Arbeitete in Lack
Motive: manjû, Nô-Schauspieler
Dieser Lackkünstler fertigte vor allem kagamibuta, deren Lack-Platten Eisen imitieren. Die pflanzlichen Motive sind in Perlmutter, Zinn und gefärbtem Bein eingelegt.
Im MCI sind ein kagamibuta mit Lackplatte, ein hako-Netsuke und ein Nô-Tänzer
aus Elfenbein, dekoriert in Lack, abgebildet.
Issai wird von Meinertzhagen und Jahss
der Schule des →Zeshin und Ikeda Taishin
(1825-1903) zugeordnet.
Von Issai gibt es auch kiseruzutsu und ein
geflochtenes inrô mit einem Eisvogel in
Lack. Sowohl seine Lacktechnik als auch
die Objekte selbst weisen ihn als einen
Künstler aus der Zeit von 1870 bis 1900
aus.
Issen (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
244
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figurengruppen
Nach Davey ist Issen ein Schnitzer der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Edo,
der im Stil des →Joryû arbeitete. Seine
Netsuke sind klein. Die Figuren, oft aus der
klassischen Literatur, stehen in einer aktiven Beziehung zueinander.
Isshi (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
253
Nicht verzeichnet
Isshinsai Unzan (tätig Mitte 19. Jh.)
83
→Unzan
Isshû (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
243
Tätig in Edo
263
Arbeite in Holz und Elfenbein
Motive: Figuren
Über Isshû ist nichts bekannt. Lazarnick
zeigt eine Signatur Isshû in Kombination
mit dem Namen Seikyô (Kiyotsune). Davey meint, er habe auch erotische Figurendarstellungen gefertigt. Die Formulierung
jô (suji) könnte so verstanden werden, daß
Isshû in der Nachfolge des →Issen arbeitete. Stilistisch und thematisch ähneln sich
die Netsuke beider Künstler.
Isshû (tätig spätes 19. Jh.)
133
Arbeitete in Elfenbein
Nur bei Lazarnick ist ein Netsuke von Isshû abgebildet. Aufgrund des Schnitzstils,
der Einfärbung des Elfenbeins und der
Hinzufügung des Schriftzeichen tô (geschnitzt) handelt sich vermutlich um einen
späten Schnitzer.
Isshû (tätig 20.Jh.)
697
Nicht verzeichnet
Ittan (ca. 1820-ca. 1877)
210
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere und Figuren
Kyôryûsai geht hervor, daß er in einem
Vorort von Nagoya ansässig war. Laut
Ueda lebte er in Nagoya oder Gifu und
starb ca. 1877. Meinertzhagen vermutet,
daß er aus Gifu stammte, nach Nagoya
ging und anschließend nach Tokyo (wohl
weil eine stilistische Beziehung zu Itsumin
besteht) und wieder nach Gifu zurückkehrte. In Zusammenhang mit diesem Lebenslauf behauptet Meinertzhagen, daß Ittan
der Lehrer des Masanao II und des Itsumin
aus Edo war.
Ittan arbeitete in rotbraun patiniertem
Holz, Augen setzte er aus hellem Horn ein.
Mit seinen Tier-Netsuke fügt er sich thematisch und stilistisch in die Gruppe der
Nagoya-Schnitzer aus der Zeit von ca. 1820
bis 1850. Zu seinen bevorzugten Tieren
zählen Hase, Affe, Ratte, Schnecke und
Pferd. Die meisten Figuren befinden sich
in bewegter Haltung und sind oft recht
witzig. Thematisch könnten seine FigurenNetsuke aus Edo stammen, z.B. der Krakenjäger, der erfolglose Rattenfänger, die
lustigen oni-, Raiden- und FûtenDarstellungen.
Der Stil des Ittan ist kompakt und zeichnet
sich durch delikate Details aus. Das Messer
“streicht über das Holz und schneidet nicht
in das Holz hinein” (Moss 1989, Nr. 38).
Besonderen Wert legte er auf die Gestaltung des himotôshi, oft lediglich eine
schlitzartige Öffnung, die sich gut in die
Komposition einfügt. Durch dieses Detail
weist er sich als Schnitzer aus Nagoya aus.
Möglicherweise stammen seine TierNetsuke aus seiner frühen Schaffenszeit
und die figürlichen Stücke, die vom Edo-Stil beeinflußt sind, aus einer späteren
Phase.
Laut Ueda gehörte Ittan dem Toba-Clan
an. Er führte die gô Ittanfu, Ittansanjin und
Kyôryûsai. Aus einer Signatur Meifuka
264
Ittokusai (tätig ca. 1860-1890)
941
Tätig wahrscheinlich in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere, Figuren, Masken
Über Ittokusai gibt es keine biographischen Angaben. Wegen seiner überlangen
Kürbis-Netsuke mit aufsitzender Libelle
bzw. Wespen wird er der Gruppe der
“wasp carvers” zugeordnet. Ittokusais Vorliebe für kappa und Masken hingegen entspricht dem Zeitgeschmack der frühen
Meiji-Zeit.
Joryû (frühes 19. Jh.)
12
Die Schreibweise des zweiten Zeichens ist
eine verkürzte Form des Schriftzeichens
ryû (Drache). Aufgrund des Stils seiner
Netsuke muß dieser Künstler im frühen 19.
Jahrhundert in Edo gearbeitet haben.
Joryû (tätig ca. 1820-1860)
→Shôunsai
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren, Kinder
Joryû führte das gô →Shôunsai. Er signierte immer in einem gleichen, etwas fahrig
wirkenden Schriftduktus. Auf einem
Netsuke befinden sich die zusätzlichen
Schriftzeichen Yamazaki. Dabei könnte es
sich um eine Ortsbezeichnung oder einen
Familiennamen handeln (Lazarnick 1982,
S. 539). Laut Ueda führte er den Familiennamen Maeda.
Fast alle bekannten Stücke dieses Schnitzers sind aus Elfenbein. Sie zeigen Gestalten aus der japanischen und chinesischen
Geschichte oder aus dem Alltag. Die Figuren sind klein und haben markante, länglich ovale Gesichter mit hoher Stirn und
elegant geschwungenen Brauen und Augen. Die Gewandmuster sind sorgfältig
ausgearbeitet.
Josô (1855-1910)
412
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren aus dem Alltag
Miyazaki Seitarô wurde 1855 in Edo geboren. Er kam mit 14 Jahren zu Saitô Ikkôsai
→Kôjitsu in die Lehre. Mit 25 Jahren
machte er sich selbständig und nahm seinen Wohnsitz in Tokyo Asakusa Fukutomichô 23. Er war Mitglied der Japan Art
Association und einer der Gründer der
Tokyo Bildhauer-Gesellschaft (Tôkyô
chokkôkai). Josô erhielt zahlreiche Preise
und war für das kaiserliche Hofamt tätig.
Zusammen mit Nakajima Kôun (18521934), Takeuchi Kyûichi (1857-1916) und
Ishikawa Kômei (1852-1913) arbeitete er
an den ramma in der kaiserlichen Bibliothek. 1906 lebte er in Asakusa Eichô 22
banchi. Josô starb 1910 und wurde im
Kanôin in Tokyo Shitagaya begraben.
Josôs Bedeutung liegt vor allem in seiner
großen Schülerzahl (Sôko, →Gyokusô,
→Sôichi, Sôya et al.).
Er fertigte nicht nur Netsuke, sondern
auch Gürtelschließen (obidome) und Pfeifenbehälter. Er arbeitete in Holz und Elfenbein, das er färbte und mit kleinen Einlagen aus Horn oder Koralle bereicherte.
265
Seine Stücke sind klein und kompakt. Obwohl sie himotôshi haben, sind sie selten so
konzipiert, daß sie als Netsuke getragen
werden können. Josô stellte vor allem
Menschen aus dem zeitgenössischen Tokyo (edokko) dar. Seine Netsuke sind realistisch, voller Sympathie für die Dargestellten und nicht ohne Sinn für Humor
und Groteske.
Jugyoku (tätig Mitte 19. Jh.)
293, 389, 550
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein, Holz und anderen
Materialien
Motive: Figuren und Tiere
Die Signatur Jugyoku kann drei Schnitzern
zugeordnet werden: 1) Chôunsai Jugyoku,
der wohl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts tätig war und Schüler des Ryûkei
gewesen sein soll; 2) Ryûkôsai Jugyoku I.,
der in Holz arbeitete, Figuren schnitzte
und vom frühen bis in die Mitte des 19.
Jahrhunderts tätig war und 3) Jugyoku II.,
wie aus einer Signatur „nidai Jugyoku“
hervorgeht, der ungewöhnliche Netsuke
schuf und verschiedene Materialien benutzte oder kombinierte und aus stilistischen Gründen bis in die Meiji-Zeit hinein
gearbeitet haben muß.
Ueda nennt nur die beiden ersten Schnitzer Chôunsai Jugyoku und Ryûkôsai Jugyoku. Er differenziert nicht zwischen Jugyoku I. und II. Jonas nennt das Geburtsjahr 1816, wohl basierend auf einem
Netsuke, das die Aufschrift: "Meiji 12
(1879), alter Mann von 64 Jahren" trägt.
Meinertzhagen führt das Sterbedatum 1877
an und ein Netsuke mit Aufschrift „der
80jährige“, womit Jugyoku nach 1897 ge-
storben sein müßte. Laut Ueda war Jugyokus Familienname Ueda, der Name Naokichi, das chômei Jugyoku und das gô
Ryûkôsai. Er lebte in Higashi Okubo, einem Vorort von Edo/Tokyo und war Schüler des Keigyoku. Sein Auftraggeber war
ein gewisser Tomigawa. Diese Biographie
wird
von
Meinertzhagen
und
Schmoll/Storno dem Jugyoku II. zugeschrieben.
Die Jugyoku-Signatur wird mit den besten
und originellsten Netsuke aus Edo/Tôkyô
in Verbindung gebracht, andererseits gibt
es zahlreiche Stücke, die als Werkstattarbeiten klassifiziert werden müssen, wahrscheinlich im Auftrag des Tomigawa gefertigt.
Es gibt zwei Schreibweise des Schriftzeichen ju, mit sechs und mit 14 Strichen,
doch können diese weder definitiv Jugyoku
I. oder Jugyoku II. zugeordnet werden.
Eine Zuschreibung an Jugyoku I oder II
kann lediglich aus stilistischen Gründen
erfolgen. Kat. Nr. 293 könnte vom älteren
Jugyoku stammen. Kat. Nr. 389 könnte
wegen der Signatur auf einem Elfenbeinplättchen auch eine Arbeit des Chôunsai
Jugyoku sein. Kat. Nr. 550 ist eine neuzeitliche Fälschung.
Juraku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
777
Arbeitete in verschiedenen Materialien
Motive: Tiere und Pflanzen
Von diesem seltenen Künstler sind nur
wenige Arbeiten sehr unterschiedlicher Art
publiziert.
266
Kagetoshi (tätig ca. 1820-1850)
714
mit zahlreichen Figuren. Seine Vorliebe für
Ansichten von Kyoto und Umgebung
(Kiyomizudera und die Acht Ansichten
von Ômi) unterstützt die Vermutung, daß
er in Kyoto gearbeitet hat. Außerdem
wählte er gerne Darstellungen, die langes
Leben symbolisieren wie z. B. Jô und Uba,
Kraniche, Schildkröten und Hirsche. Er
schnitzte auch Zodiakus-Tiere. Die Kranichgruppen sind wahre Meisterwerke der
Durchbruchschnitzerei (sukashibori). Mit
Kranichen und Hirschen dekorierte er
auch etliche inrô.
Weder Thema noch Signatur der Kat. Nr.
714 entsprechen den als authentisch angesehenen Netsuke aus der Literatur.
Tätig wahrscheinlich in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Modelle von Landschaften, Drachenboot, Kraniche, Tiere
Kaigyoku
524
→Kaigyokusai
Jusen (tätig 19. Jh.)
481
Motive: Figuren
Ueda erwähnt Jusen als Schnitzer von
Netsuke mit Darstellungen von Kindern,
Brockhaus erwähnt das Netsuke einer
Hebammme, Lazarnik ein ElfenbeinNetsuke von drei Kindern mit DarumaPuppe. Näheres läßt sich jedoch über diesen Schnitzer nicht sagen.
Kamijima Kagetoshi mit Name (zokushô)
Kazuyoshi ist im Heianjinbutsu shi (Auflistung von Personen aus Kyoto) aus dem
Jahr Bunsei 5 (1825) erwähnt. Ueda meint,
Kagetoshi stamme aus Nagoya, habe aber
auch in Kyoto gearbeitet. Aus einem 1843
datierten Netsuke (ehem. Sammlung
Brockhaus) und einem Eber, der auf einer
Tenpô-tsuhô Münze steht, geht hervor, daß
er in der Tenpô-Ära (1830-1844) tätig war.
Im British Museum befindet sich ein Skizzenbuch dieses Meisters, in dem auch okimono und inrô abgebildet sind.
Kagetoshi entwickelte in Zusammenhang
mit seinen neuartigen Themen einen miniaturistischen Stil, der ihn zu einem großen
Individualisten unter den NetsukeKünstlern macht. Besonders einprägsam
sind seine Darstellungen von Landschaften
mit dicht gedrängten, sich an Berge
schmiegenden Tempeln und Palastanlagen
Kaigyokusai (1823-1892)
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Tiere, Landschaften
Kaigyokusai wurde am 13.9.1813 als erster
Sohn des Shimizu Kichibei in Osaka
Sugishitadori geboren. Im Januar 1829
wurde er von Yasunaga Kichirôbei adoptiert. Nach dessen Tod übernahm er den
Namen Yasunaga. Er war Autodidakt und
machte Naturstudien. Er verwendete verschiedene gô: Masatsugu, Kaigyokudô,
Kyigyoku und Kaigyokusai. Aus einigen
Signaturen geht hervor, daß er mit Ohara
→Mitsuhiro (1810-1875) und Kobayashi
Tenmin (1800-nach 1875) zusammengearbeitet hat.
267
Sein einziger namentlich bekannter Nachfolger ist →Masateru. Kaigyokusai starb
am 21.1.1892 im Alter von 79 Jahren in
Osaka. Er ist im Hôjuin (Hôshuin) in Osaka begraben.
Laut Ueda arbeitete Kaigyokusai zu ca. 70
bis 80% für den Export. Aber auch in Japan
war er sehr geschätzt. Seine Auftragsarbeiten waren hoch bezahlt. Ein Netsuke kostete damals in Japan zehn mal mehr als in
London (MCI, S. 289). Aus den Notizen
von Albert Brockhaus, der diesen Künstler
nicht sonderlich schätzte, geht hervor, daß
der berühmte Kunsthändler Hayashi
Tadamasa 1898 für eine BernsteinChrysantheme 100 Francs verlangte, den
zweithöchsten Preis nach einem Stück von
→Rakumin. In einem Brief aus Tokyo an
Albert Brockhaus spricht B. Jähne 1912
davon, daß Arbeiten von Kaigyokusai in
Japan sehr geschätzt waren und 500 Yen (=
1000 Mark) kosteten (Klefisch 1982, S. 41).
Entsprechend der 60jährigen Schaffenszeit
Kaigyokusais war seine Produktion an
Netsuke und okimono sehr groß. Auch
stellte er tonkotsu und yatate sowie kanamono (Schließen der Tabakstaschen)
her. Diese Arbeiten stammen in der Regel
aus der Meiji-Zeit.
Kaigyokusai war Perfektionist. Dies begann bei der Auswahl des Materials. Obwohl er verschiedene, harte, d.h. gut haltbare Materialien verwendete, sind die
meisten seiner Stücke aus bestem Elfenbein. Viele Arbeiten patinierte er in typischer Osaka-Manier dunkel und färbte die
Gravuren schwarz ein. Berühmt geworden
ist er jedoch für sein reinweißes, ungefärbtes Elfenbein, das kalt und hart wie Marmor wirkt. Dieser Eindruck wird durch die
in Bernstein oder rötlichem Horn eingelegten Augen verstärkt. Auch bei Buchsbaum
suchte er das Material sorgfältig aus, indem
er darauf achtete, daß es keine Astlöcher
hatte.
Kaigyokusai bevorzugte Tiere und Gegenstände; Figuren sind in seinem Œuvre selten. Die Tiere, die vor allem aus dem Zodiakus stammen, sind traditionell in der Auffassung, bestechen aber durch die Qualität
ihrer Ausführung. Das Fell wurde zu einem besonderen Bravourstück dieses
Künstlers. Die Linien sind sicher in das
Material geschnitten. Die anschließende
Politur erzeugt einen unaufdringlichen
Glanz, so daß das Material sich weich und
seidig anfühlt. Penible Ausführung – auch
auf der Unterseite – und feinste Details
sind Charakteristika seines Stils.
Unter den Tieren sind junge Hunde, die
mit einer Sandale spielen, besonders häufig. Als ein besonderes Merkmal der
Kaigyokusai-Produktion muß auch der
Affe gelten, der, zu einer Kugel zusammengerollt, mit den Pfoten Mund, Augen
und Ohren zuhält. Dieses beliebte Modell
gestaltete er in Elfenbein und Buchsbaum.
Die aufwendigsten Arbeiten sind die Darstellungen im Inneren einer Muschel, einer
Frucht, eines Bambussprosses oder eines
Kiefernzapfens. Beim Öffnen zeigen sie
fliegende Vögel, die Landschaften von
Miyajima oder Amanohashidate zwischen
bewegten Wolken oder figürliche Szenen
wie die 24 Beispiele der Kindesliebe oder
Roseis Traum. Diese Motive sollen in seinen mittleren und späteren Jahren entstanden sein.
Kaigyokusai hat viele verschiedene gô und
deren Kombinationen verwendet. Ueda
teilt diese wie folgt ein: bis zum Alter von
ca. 20 Jahren (bis ca. 1833) verwendete er
Masatsugu; bis ca. 1843 Kaigyokudô; bis
ca. 1863 Kaigyoku; nach 1863 Kaigyokusai
(Ueda 1954, S. 227). Heute wird dieser Einteilung nicht mehr so viel Wert beigemes268
sen. Eindeutig erscheint lediglich, daß
Kaigyokusai die Signatur der späten Schaffenszeit ist.
Kainô (tätig Mitte 19. Jh.)
100
Dieser Metallkünstler ist nicht verzeichnet.
Kangyoku (geb. 1944)
548, 646, 729
Tätig in Tokyo
Arbeitet in Elfenbein
Motive: Tiere
Tachihara Noriyoshi wurde am 6.1.1944
als Sohn des Netsuke-Schnitzers Tachihara
Fusakichi in Tokyo geboren. Er lernte das
Handwerk bei seinem Vater (Kangyoku II,
1901-1963), der aus der Schule des Yamada
→Hôjitsu kam. Offizielle Ehrung erfuhr er,
als die Kaiserin im Jahr 1967 ein HasenNetsuke von ihm kaufte. In den frühen
1970er Jahren schuf er ca. 48 Netsuke pro
Jahr. Seit 1973 signiert er mit dem gô Risshisai und stellt ca. zwölf Netsuke pro Jahr
her.
Kangyoku hat sich auf Tierdarstellungen
spezialisiert. Manche Netsuke orientieren
sich an Vorbildern der Kyôto-Schnitzer
des späten 18. Jahrhunderts, andere sind
neue und oft witzige Interpretationen. Wie
Bishû zeigt er seine Tiere gelegentlich in
übertriebener und manierierter Bewegung.
In seinen frühen Arbeiten färbte er das
Elfenbein sorgfältig ein, in den 1980er Jahren bevorzugte er rein weißes Elfenbein. Er
dekoriert seine Arbeiten auch mit eingelegten, farbigen (roten, hellgrünen, schwarzen) Stiften.
Kazutsune (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
→Shôkatei Kazutsune
Tätig in Matsuyama, Provinz Iyo
Arbeitete in Metall
Ogawa Kazutsune lebte in Matsuyama,
Provinz Iyo (heute Präfektur Ehime) auf
der Insel Shikoku. Er signierte mit seinem
gô Shôkatei, weswegen er mit seinem Verwandten, dem ebenfalls mit Shôkatei signierenden Ogawa Tomotsune, in Verbindung gebracht wird. Dieser stammte aus
Iyo, war aber bis ca. 1870 in Kyoto und
Osaka tätig.
Kazuyuki (2. Hälfte 19. Jh.)
701
Weil sich die Signatur an einer sehr ungewöhnlichen Stelle (auf dem Hals des Vogels) befindet, kann man nicht ausschließen, daß die einfach zu schreibenden und
häufigen Schriftzeichen nachträglich hier
aufgetragen wurden.
Kei(?)gyoku (tätig 20. Jh.)
331
Nicht verzeichnet
Keiun (geb. 1912)
240
Tätig in Kyoto und Uji
Arbeitet in Elfenbein
Motive: Tiere und Figuren
Omura Minosuke wurde am 25.6.1912 in
Kyoto Fushimiku geboren. Er ging bei
269
Tsuji Mitsutami, der auf okimono und tôbijin (chinesische, schöne Damen) spezialisiert war, in die Lehre. Mit 18 Jahren
trennte er sich von seinem Lehrer. Für
kurze Zeit lernte er bei →Meigyokusai
(1896-1991). Sein Agent ist die Firma Yokoyama in Kyoto und Tokyo.
Für seine Tier-Netsuke hat Keiun sich
→Kaigyokusai zum Vorbild genommen.
Bekannter ist er jedoch für seine figürlichen Darstellungen. Sein berühmtestes
Thema ist „Das Waschen des Buddha“, das
er nach eigener Angabe fast 120 mal
schnitzte (Kinsey 1984, S. 195), sowie Roseis Traum. Andere miniaturistische Figurengruppen wirken sehr fragil. Keiun
schnitzt in Elfenbein, das er sehr dunkel
einfärbt.
Kigyoku (tätig Mitte 19. Jh.)
423
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Laut Ueda war Kigyoku in der Ära Kansei
bis Bunsei (1789-1830) tätig. Laut Meinertzhagen lebte er in Edo in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts und gehörte
der Schule des →Jugyoku an.
Viele seiner Figurendarstellungen zeichnen
sich durch Detailreichtum und witzige
Themenauffassung aus.
Kihachi (tätig Mitte 19. Jh.)
711
Nicht verzeichnet. Der Namen setzt sich
zusammen aus den Schriftzeichen Schildkröte und Acht.
Kikugawa (tätig ca. 1830-1870)
488
Kagamibuta und Metall-manjû
Die Kikugawa-Familie von Metallkünstlern
gehörte laut Meinertzhagen der ÔmoriSchule an. Aus einem 1835 datierten kagamibuta (Sammlung Bushell) läßt sich
schließen, daß sie in der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts tätig waren. Sie schufen
kagamibuta, Metall-Netsuke und gelegentlich auch kleinere Metallarbeiten (kanamono, kiseru, kozuka, fuchi-kashira).
Kikugawa (tätig ca. 1840-1890)
281
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeiteten in Elfenbein
Motive: manjû, Maskengruppen
In der Kikugawa-Werkstatt arbeiteten
zahlreiche Künstler (Hakuunsai II.,
Ryûkoku, Tôun, Hômin, Kôrin), die alle
manjû, Maskengruppen – und seltener –
Figuren fertigten. Meistens aber trifft man
nur die Signatur mit dem Familiennamen
Kikugawa an.
Wahrscheinlich wurde die KikugawaWerkstatt von Masamitsu begründet. Laut
Ueda war dieser von der Ära Kôka bis Keiô
(1844-1867) tätig und lebte in Edo Negishi.
Dieser hatte bis zum Alter von 20 Jahren
bei Shôbei gelernt. Zunächst schuf er
Netsuke, später okimono und Objekte für
den Export. Ab 1889 war er Lehrer von
Ishikawa Kômei. Laut Jonas wurde er 1822
geboren und war Vater von Kikugawa
Gyokumin (1859-?).
Die Signatur Kikugawa, gelegentlich gefolgt von einem Siegel, einem kaô oder
270
dem Schriftzeichen saku, ist auf zahlreichen, meist großen manjû anzutreffen.
Diese sind mit Figuren aus der japanischen
Geschichte, Literatur und aus dem Alltag
in sorgfältig ausgeführtem, tiefem Relief
(shishiaibori) dekoriert. Gelegentlich sind
kleine Details in Perlmutter und Koralle
eingelegt.
Kimitada (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
269
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Lazarnick bildet ein Hotei-Netsuke von
Kimitada ab.
Kinmei (Kaneaki) (tätig frühes 20. Jh.)
728
Nicht verzeichnet
Kinsai (tätig ca. 1840-1860)
277
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Verschiedenes
Dieser Schnitzer wird nur im MCI erwähnt. Die Darstellung einer Münze aus
der Ära Tenpô (1830-1844) auf dem Stück
Kat. Nr. 277 ergibt eine Datierung ante
quem non.
Kishôsai (tätig ca. 1830-1860)
363
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren, manjû
In der Literatur ist Kishôsai nur mit Elfenbein-manjû mit figürlichem Dekor erwähnt. Das Holz-Netsuke Kat. Nr. 363 ist
daher für sein Œuvre ungewöhnlich. Es
könnte sich um eine frühe Arbeit handeln,
bevor er sich auf manjû im Zeitstil der Mitte des 19. Jahrhunderts spezialisierte.
Kisui (tätig 19. Jh.)
224
Arbeitete in Holz und Bein
Motive: Figuren
Kisui ist in der Literatur als früher Schnitzer verzeichnet. Ein Holz-Netsuke eines
den abgeschlagenen Arm des Dämon Ibaraki beweinenden oni ist mehrfach abgebildet.
Kô
936
→Tessai
Kôgyoku
87, 190
Es gibt mindestens drei Netsuke-Schnitzer,
die mit Kôgyoku signierten und in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gearbeitet haben. Welchem der Künstler diese
Netsuke zuzuschreiben sind, muß offen
bleiben.
271
Kôji (tätig ca. 1960-1970)
410
Nicht verzeichnet
Kôjitsu (1833-1893)
→Ikkôsai
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren aus dem All
Saitô Yatarô wurde als Sohn des Saitô
→Ikkôsai (1804-1876) aus Osaka am
28.11.1833 geboren und führte den Namen
Ikkôsai II. In seinen mittleren Jahren lernte
er bei →Hôjitsu (?-1872). Er lebte in Edo/Tokyo Asakusa Mukôyanagibara. Er
starb am 27.7.1893 und ist im Shinjôji im
Bezirk Hongô begraben.
Ikkôsai Kôjitsus Stil ist stark von Hôjitsu
beeinflußt. Die vollplastischen Netsuke
stellen überwiegend Figuren aus dem Alltag dar. Diese Netsuke sind meistens
lkkôsai signiert, wobei das in einer Wellenlinie geschriebene, erste Zeichen ichi sein
Erkennungsmerkmal ist.
Kôjitsu hat eine große Anzahl von manjû
geschaffen, die fast alle Ikkôsai Kôjitsu und
mit einem kaô signiert sind. Entsprechend
dem Stil der Zeit von ca. 1850 bis 1860 sind
sie in shishiaibori sowie erhabenem Relief
gestaltet. Die Komposition ist ausgewogen,
da das Motiv die kleine Fläche nicht
sprengt, sondern in harmonischem Verhältnis zu dem Rund des manjû steht. Interessant ist ein manjû mit der Darstellung
einer Pferdekutsche, dessen Vorlage ein
yokohama-e gewesen war (British Museum, London, Barker und Smith 1976, Nr.
144), und die perspektivische Darstellung
eines Bootes (MCI, S. 359). Dieser Künstler
hat sich offensichtlich von der Graphik der
1860er Jahre inspirieren lassen.
Kôju (tätig ca. 1870)
350
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, manjû
Laut Davey ist Kôju ein Schnitzer in der
Nachfolge des →Hôjitsu (?-1872). Aus der
Literatur sind vor allem manjû mit sehr
sorgfältig geschnittenem, versenktem Relief bekannt.
Kokei (tätig ca. 1800/1820)
696
Tätig in der Provinz Ise
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere
Laut Ueda wurde Kokei in Ise Suzukagun
Ayada geboren. Er lernte das Schnitzhandwerk in Kameyama und lebte später
in Kuwana, beides kleine Burgstädte in der
Provinz Ise (heute Präfektur Mie). Er arbeitet im Stil des →Minkô und verwendet
– zwar selten – ein kaô, das dem des Minkô
ähnelt.
Meist sind seine Netsuke klein und sehr
kompakt. Seine Buchsbaum-Netsuke sind
entweder sehr hell oder dunkelbraun patiniert. Letztere Netsuke wirken aufgrund
des dunklen Holzes recht unscheinbar.
Seine häufigsten Motive sind die liegende
Ziege und der Tiger. Seine Vorliebe für
dieses Tier spiegelt sich auch in seinem
Namen Kokei, der übersetzt „Tigertal“
bedeutet. Berühmt wurde er auch für
272
spielende Welpen, Kröten auf einer Sandale und Tiere an einem Felsen. Moss charakterisiert den Stil des Kokei wie folgt:
„The contrast between realistic and effective features and densly convincing tactile
hairwork is the sum of what made Kokei
tick.“ (Moss 2000, Nr. 28)
Kokei signierte meist in Kursivschrift und
in einer polierten Reserve ohne Randeinfassung oder in einer rechteckigen, versenkten Reserve. Da es sehr viele von ihm
signierte Stücke gibt, wird vermutet, daß er
oft kopiert wurde.
Kokusai (1835/37-1894)
465
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Hirschhorn
Motive: ryûsa-manjû, buddhistische Themen, Gegenstände, Pflanzen, Wappenmotive
Okazaki Sôzô wurde nach Jonas 1835 geboren. Laut Signaturen nannte er sich aber
mit Familiennamen Takeda und in den
Memoiren
von
Shin-YoshiwaraUnterhalter Matsunoya Rohachi wird er
Takeda Yasugorô genannt. Trotzdem nennen ihn japanische Quellen Ozaki Kokusai,
vielleicht wegen des Namens seines Sohnes, der berühmte Romancier Ozaki Kôyô
(1868-1903). Mit 21 Jahren ging er bei
→Gyokuyôsai Mitsuhina, der im Asakusa
lebte, in die Lehre, bei dem er vier Jahre
blieb. Er wohnte in Shiba Katamonzen,
später in Shiba Atagoshita. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Unterhalter
(hôkan) und war eine bekannte Persönlichkeit im Tokyoer Nachtleben von Yanagibashi und Shinbashi. Weil er meist eine
leuchtend rote Seidenkrepp-Jacke (chiri-
men haori) trug, wurde er Akabaori Kokusai genannt. Wahrscheinlich waren seine
Kunden auch Auftraggeber für Netsuke
und sagemono, wie z.B. der kabukiSchauspieler Ichikawa Danjurô, der ein
kiseruzutsu bei ihm in Auftrag gab. Kokusai starb am 21.2.1894 an fuguVergiftung und ist im Entsuji begraben.
Seine Hauptschaffenszeit war um 1870. Er
arbeitete fast ausschließlich in Hirschhorn,
auch wenn es einige Arbeiten in Elfenbein
und umimatsu (wörtlich: Meereskiefer, i.e.
Hornkoralle) gibt. Er schuf neben ryûsamanjû auch zahlreiche sashi- und obihasami-Netsuke, oft in Affenform, und kiseruzutsu. Lieblingsmotive sind buddhistische Gegenstände, Fledermaus und reishiPilz. Er hatte eine besondere Vorliebe für
Wappen. Da er ein beruflicher Spaßmacher war, wundert es nicht, daß Witz und
Humor in seinen Netsuke stark vertreten
sind.
Er signierte in Siegelschrift, gelegentlich
nur mit dem ersten Namensteil koku, und
plazierte diese an ungewöhnliche Stellen
oder versteckte dieses und gelegentlich
auch das zweite Zeichen innerhalb des Dekors
Kokusai genießt im Westen sehr hohes
Ansehen und gilt als der erfindungsreichste unter den Netsuke-Schnitzern. Zahlreiche Autoren haben sich mit ihm beschäftigt: Moss, Ducros, Bandini und Shimatani
(s. Bibliographie).
Kokusais Arbeiten gelten als Inbegriff des
sogenannten Asakusa-Stils, womit Arbeiten in Hirschhorn gemeint sind, jeder
Künstler seine eigene spezifische Thematik
entwickelte und die Signaturen oft in Siegelschrift und Siegelform geschrieben sind.
Der Begriff Asakusa-Schule ist aber irreführend, da die Schnitzer weder eine
Gruppe bildeten noch Schüler hatten oder
273
– bis auf Ishikawa Rensai – in Asakusa
lebten. Zurecht sprechen die Japaner daher
von kokusaibori (Schnitzerei in der Art des
Kokusai).
Kômin (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
665
Es kann sich bei diesem Schnitzer nicht um
den in Tokyo ansässigen Kômin handeln,
der in Holz arbeitete und dessen Signatur,
der fast immer ein kaô folgt, kräftig und
tief in das Material geschnitten ist.
Kôsai (tätig ca. 1860-1880)
408
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, manjû
Suzuki Kôsai fertigte vor allem manjû. Viele zeigen entweder buddhistische Figuren
oder Alltagsszenen.
Kôsai muß in Beziehung gestanden haben
zu Ikkôsai →Kôjitsu (1833-1893). Beide
verwendeten dasselbe Schriftzeichen kô in
ihrem Namen. Schriftzug und Art der Gravur der Signatur sind der des Kôjitsu sehr
ähnlich. Auch gibt es von Kôjitsu (Davey
1974, Kat. Nr. 455) und von Kôsai (Lazarnick 1982, S. 670) ein fast identisches
manjû mit dem Brustbild einer von Davey
als rakan identifizierten Gestalt.
Motive: Figuren
Nishimoto Kôsen lebte in Osaka und war
ein Schüler des Miyagi →Chokusai (1877?).
Kôzan (1787-nach 1863)
499, 693
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren und beschnitzte Nüsse
Die Angaben über Kozan sind sehr spärlich. Laut Jonas wurde er 1845 geboren,
doch nach einem zyklisch auf das Jahr
1854 datierten Hotei-Netsuke mit der Altersangabe „68jährig“ muß Kozan 1787
geboren worden sein. Sein gô war Toryûsai. Bekannt wurde er für seine beschnitzten Walnüsse, vor allem jene mit
jûnishi-Darstellung. Es gibt Netsuke mit
der Altersangaben von 60, 65, 71, 72 und
77 Jahren, wonach er nach 1863 gestorben
sein muß. Der Signatur folgt gelegentlich
ein kaô in der Art einer flachen Schlaufe.
Er war ein vielseitiger Künstler. Das Elfenbein-manjû hier ist eine sehr ungewöhnliche Arbeit für ihn, aber Schriftstil und kaô
stimmen mit denen auf dem 1854 datierten
Hotei-Netsuke und einem Holz-MaskenNetsuke (MCI, S. 398) überein.
Er schnitzte auch bokutô und tonkotsu.
Kôzan (1835-?)
Arbeitete in Lack
Kôsen (tätig frühes 20. Jh.)
349
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Wahrscheinlich handelt es sich bei Kawasaki Kôzan um einen inrô-Meister der
Meiji-Zeit, der 1835 geboren wurde, in
274
Edo/Tokyo lebte und später für den Export
arbeitete.
Kôzan (tätig spätes 19. Jh.)
151
Bei diesem Schnitzer kann es sich nicht um
die von Ueda und Davey genannten
Netsuke-Künstler handeln.
Masachika (tätig Mitte 19. Jh.)
831
Arbeitete in Holz
Lediglich das MCI verzeichnet ein HolzNetsuke mit Tiger-Motiv von der Hand
dieses Schnitzers.
Masahide (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
734
Tätig in Nagasaki
Arbeitete in Holz, Kokos und Walnuß
Motive: Beschnitzte Nüsse, manjû
Kurokawa Masahide stammte aus Nagasaki, da er die Schriftzeichen Kiyô (der alte
Name von Nagasaki) seiner Signatur voransetzte. Aus den Sammlungen Hindson
(Davey 1974, Kat. Nr. 898) und Baur (C
810) sind beschnitzte Nüsse bekannt, die
Chrysanthemen und Päonien in einem
Korb darstellen. Nicht nur ist das Motiv
chinesisch, Masahide war möglicherweise
vertraut mit chinesischen beschnitzten
Nüsse, die von den in Nagasaki lebenden
Chinesen als Handschmeichler benutzt
wurden. Masahide bevorzugte bei seinen
Schnitzarbeiten ein sehr flaches Relief und
versah die Oberfläche seiner kinchaku und
inrô aus Kokosnußschale mit einem dichten Muster von Chrysanthemen (Sammlung Kress [Theodor Helmert-Corvey,
Hrsg., inrô: Das Ding am Gürtel, Bielefeld
1997, Kat. Nr. 137], Sammlung Wrangham
und van Daalen, beide unpubl.). Er arbeitete mit →Masanobu zusammen.
Masakazu
29
Masakazu ist auf Grund der leichten
Schreibweise der beiden Schriftzeichen
eine sehr beliebte und häufige Signatur.
Meinertzhagen und Davey führen folgende
Schnitzer an: Masakazu aus Kyoto/Osaka,
Chikuzenya Masakazu, Masakazu aus
Nagoya, Sawaki Kihodô Masakazu, Isshidô
Masakazu und Hokutosai Masakazu. Davey schreibt über die Signatur Masakazu:
“... there are so many that they are impossible to classify“ (Davey 1974, S. 21). Es ist
nur in wenigen Fällen möglich, die Signatur Masakazu einem speziellen Künstler
zuzuordnen. Hier wird versucht, die Signaturen unter stilistischen Gesichtspunkten
zu gruppieren.
Die Signatur auf Kat. Nr. 29 muß als apocryph angesehen werden.
Masakazu (tätig 1. Hälfte/Mitte 19. Jh.)
24, 102, 302, 397
Tätig in Kyoto?
Arbeitete in Elfenbein
Alle diese Netsuke stammen wohl aus der
gleichen Werkstatt und zeigen den starken
Einfluß von →Hidemasa. Bei Kat. Nrn. 24
und 102 sind die geflochtenen Schuhsoh275
len identisch, bei Nrn. 102 und 302 sind
die Gewandgravuren von gleicher Art. Kat.
Nr. 397 ist stilistisch letzterem ähnlich,
doch die Signatur ist befremdend klein.
Masakazu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
245, 263
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Wegen Stil, Sujet und Farbe des Holzes
muß es sich hier um einen Schnitzer aus
Nagoya handeln. In der Literatur wird ein
Masakazu genannt, der Schüler des Tomokazu aus Nagoya gewesen sein soll. Der
Schriftduktus (Ansatz der horizontalen
Striche rechts) entspricht dem der im MCI
(S. 425, Nr. 1388 A u.a.) abgebildeten Signaturen.
Es scheint unwahrscheinlich, daß es sich
um den Schnitzer Sawaki Manjirô (18391891) mit chômei Masakazu handelt, der
aus Nagoya stammen soll und später in
Osaka arbeitete.
Masakazu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
424
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Weil das kaô dieses Schnitzers dem des
Ikkan ähnelt, vermutet Meinertzhagen,
daß es sich bei diesem Künstler um einen
Schüler des Ikkan aus Nagoya handelt.
Detailreichtum und Kompaktheit des
Netsuke Kat. Nr. 424 entsprechen dem Stil
der frühen, figürlichen Netsuke aus Nago-
ya, weshalb die Annahme von Meinertzhagen gerechtfertigt erscheint. Die Eigenheit
dieser Signatur besteht darin, daß der Horizontalstrich des zweiten Zeichens oft
kürzer ist, als der untere Horizontalstrich
des ersten Zeichens.
Masakazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
756
Dieses Motiv wurde von Schnitzern in
Nagoya wie →Ikkyû gefertigt. Vielleicht ist
diese Signatur einem der oben genannten
Schnitzer aus Nagoya zuzuordnen.
Masakazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
222, 381
Tätig wohl in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Gemeinsam ist diesen beiden Stücken der
große Abstand zwischen den beiden
Schriftzeichen, die sehr gute Politur des
Elfenbeins, die braun patinierten Flecken,
die braune Einfärbung der Gewandfalten,
der sichere Strich der Haargravuren. Vieles
an diesem Stil spricht für eine Werkstatt in
Osaka.
Masakazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
233
Dieser Masakazu ist mit keinem der von
Meinertzhagen, Davey und Lazarnick aufgelisteten Schnitzer zu identifizieren.
276
Masami (geb. 1937)
485
Tätig in Ise
Arbeitet in Buchsbaum
Motive: Tiere
Sakai Miyoko, chômei Masami, ist die älteste Tochter von Sakai Masanao Shinzan
(1904-1982), bei dem sie auch gelernt hat.
1979 war sie erstmals auf der Ausstellung
der Isejima mokuchôkai (Isejima Holzbildhauerei-Gesellschaft) vertreten. Sie
bevorzugt Tiere. Das von ihr verwendete
Buchsbaum-Holz hat eine rotbraune Farbe.
Masamitsu (tätig ca. 1820-1850)
399, 873
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Landschaftsmodelle und Figuren
Diese Signatur, deren Hauptmerkmal der
letzte Strich des zweiten Zeichens mitsu ist,
der sich in weitem Bogen zum ersten
Schriftzeichen masa, das rechts oben plaziert ist, zieht, wird seit Ueda dem Hagiwara Kaikô zugeschrieben. Dieser stand im
Dienst der Familie Akimoto, die als
daimyô von 1845 bis 1868 in Tatebayashi
in der Provinz Jôshû (Kôzuke, heute Präfektur Gunma) residierte. Später ging er
nach Tokyo, wo er bei Kaneko Kaitô das
Schnitzen in Elfenbein und Hirschhorn
lernte. Er war außerordentlich geschickt im
Schnitzen von kiseruzutsu. Er arbeitete im
Stil von Kaitô und Kokusai. Er starb ca.
Meiji 35 (1902) im Alter von 50 Jahren.
Das MCI erwähnt zwei Gebäudegruppen
und Lazarnick bildet ein Ômi hakkei-
Modell in Elfenbein ab, die alle im Stil des
→Kagetoshi gearbeitet sind. Ein shishiNetsuke mit in selber Art geschriebener
Signatur befindet sich im British Museum
und ist ebenfalls im Stil des Kagetoshi gearbeitet. Diese Stücke sind ca. 1830/1850
zu datieren, was nicht in Einklang zu bringen ist mit den Lebensdaten des Hagiwara
Kaikô. Die Zuschreibung dieser Signatur
an Kaikô scheint daher fragwürdig.
Masamitsu (tätig spätes 19. Jh.)
37, 889
Welchem der sechs weiteren Schnitzer mit
diesen beiden, beliebten Schriftzeichen, die
Davey auflistet, dieses Netsuke zuzuordnen
ist, kann nicht geklärt werden.
Masamune (tätig 18. Jh.)
742
Nicht verzeichnet. Möglicherweise wurde
die Signatur nachträglich hinzugefügt.
Masanao (tätig 2. Hälfte 18. Jh.)
84, 704, 705, 706, 707, 767
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Tiere, seltener Figuren
Das Sôken kishô schreibt über Masanao
lediglich, daß er aus Kyoto stammt und in
Elfenbein und Holz gearbeitet hat. In der
Sammlung Brockhaus (Brockhaus 1925, S.
137) befand sich ehemals ein Masanao signiertes, 1770 datiertes Holz-Netsuke in
Muschelform mit einer Szene aus dem
Genji monogatari im Inneren.
277
Masanao spezialisierte sich auf Tiere des
Zodiakus, und er gilt als der Erfinder des
Netsuke in Form eines aufgeplusterten
Spatzen, des fukura suzume.
Davey hat den Stil Masanaos treffend beschrieben: „The work is bold, his creatures
being distinctive with their large ears,
strong legs, splayed paws and, most particularly, their powerful distended chest and
shoulders. Their snouts are rather square
and their eyes, terminating in a slit at each
corner, have firmly inlayed pupils. The
hairwork on certain animals curves distinctly away from the well marked backbone and continues in a fine line with the legs
and the tail“ (Davey 1974, S. 62). Als weiteres Stilmerkmal kann die Übertreibung
gelten, die aber nie ins Groteske umschlägt.
Das himotôshi besteht aus einer großen
Öffnung und einem kleinen Loch, die
asymmetrisch plaziert sind.
Masanao hat auch ungewöhnliche Sujets
geschaffen, z.B. die amagatsu-Puppe, drei
Eier (MCI), fugu (ehem. Sammlung Behrens) oder große Karpfen.
Die charakteristische Signatur mit den
Schriftzeichen in einer ovalen Reserve
wurde sehr oft imitiert. So müssen auch die
hier abgebildeten Signaturen als Nachempfindungen gelten. Jedoch kommt Kat. Nr.
706 sowohl stilistisch als auch im Duktus
der Inschrift der Signatur eines fukura suzume nahe, der bei Moss 1989, Nr. 9 abgebildet ist und als echt beschrieben wird.
Kat. Nr. 84 ist im Stil des →Hidemasa gearbeitet und könnte in die Gruppe der
→Masanao signierten Netsuke des Hidemasa eingeordnet werden. Kat. Nr. 767 ist
eine neuzeitliche Arbeit.
Masanao (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
264
Tätig wohl in Osaka
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren
Eine Signatur in dieser Schreibweise ist nur
von einem Vergleichsstück bekannt – es
zeigt das Motiv eines Blinden und eines
tanuki, deren Köpfe und Gestaltung der
Gewänder dem vorliegenden sehr ähnlich
sind (MCI, S. 432). Die Signatur wird von
Meinertzhagen Masamichi gelesen. Den
Künstler ordnet er der Gruppe von Schnitzern wie Dôshô und Shôraku aus Osaka zu.
Unter den Signaturen Masanaos aus Kyoto
findet sich eine sehr ähnliche Signatur auf
einem Netsuke eines Ebisu, der stilistisch
dem Blinden verwandt ist (MCI, S. 445).
Drei weitere Netsuke tragen eine sehr ähnliche Signatur, die von Bushell mit einiger
Berechtigung Masanao gelesen wird
(Bushell 1971, S. 111 und 115). Da diese
Netsuke ganz im Stil des →Hidemasa geschnitzt sind, werden sie ihm zugeschrieben. Hidemasa soll – angeblich um seine
Netsuke aufzuwerten – mit dem Namen
Masanao signiert haben.
So merkwürdig die Argumentation
Bushells sein mag, ist die stilistische Beziehung zu Hidemasa unverkennbar.
Masanao (Schnitzersignatur seit ca. 1840)
218, 526, 578, 587, 604, 677, 721, 778, 782,
795
Tätig in Ise
Arbeitete in Buchsbaum
Motive: Tiere, seltener Figuren
278
Mit dem Namen Masanao sind zwei Probleme verbunden: 1. Der Name Masanao
wurde seit Suzuki Masanao (1815-1890)
vier Generationen lang geführt. 2. Viele
Schüler des Suzuki Masanao verwendeten
trotz ihres eigenen chômei gelegentlich
auch die Signatur ihres Meisters, damit
dieser die große Nachfrage nach seinen
Netsuke befriedigen konnte (INCS Journal,
Jg. 2, Nr. 2 [1974], S. 8). Ducros hat in seinen Recherchen über Masanao 23 Varianten dieser Signatur festgestellt und meint,
sie könnten von 17 verschiedenen Schnitzern stammen (BAFJ, Nr. 23, Januar 1989,
S. 4). Demzufolge ist es weitgehend unmöglich, die Signaturen einem bestimmten
Masanao zuzuordnen, zumal sie auch immer dieselben Themen schnitzten. Die
Fortführung des Stils des Meisters wurde
durch Skizzenbücher garantiert, wie z.B.
jenen beiden, die sich in Besitz des Shinzan
Masanao (1904-1982) befanden (Hurtig
1974a, S. 6-9).
Suzuki Masanao (Shinzaemon) wurde 1815
in Ise-Shima geboren. Laut Ueda lernte er
in seinen mittleren Jahren bei →Ittan, einem geschickten Schnitzer des Toba Clan.
Geschichtliche Quellen aus Uji-Yamada
berichten hingegen, daß er seit seiner Jugend eine Vorliebe für das Schnitzerhandwerk hatte und er nach Osaka ging, um es
dort zu erlernen (INCSJ, Jg. 5, Nr. 1 [Juni
1977], S. 46). Er starb 1890.
Masanao und seine Nachfolger lebten in
Uji-Yamada, heute Ise, in der MiePräfektur. Sie verwendeten Buchsbaum,
das angeblich vom Azama-Berg stammte,
für Netsuke und kusunoki (Kampferholz)
aus dem Areal des Ise-Schreins für okimono. Die Augen wurden in Ebenholz eingelegt (INCSJ, Jg. 5, Nr. 1 [Juni 1977], S. 45).
Das beliebteste Thema der Ise-Schnitzer
waren Kröten. Häufig ist die Darstellung
des großen Weibchens mit dem aufsitzenden, kleineren Männchen. Andere Sujets
waren die Kröte auf einer Sandale mit intaktem oder ausgerissenem Riemen oder
auf einem viereckigen Brunneneimer. Seltener waren Motive der Kröte auf Mühlsteinen oder Dachziegeln.
Unter den Zodiakus-Tieren der Masanao
ist der Tiger besonders häufig und ähnelt
denen des →Minkô, der zwar früher, aber
nur ca. 25 km nördlich von Uji-Yamada
lebte. Sehr originell ist die zu einer Kugel
zusammengerollte Ratte – ein bis tief ins
20. Jahrhundert fortgeführtes Motiv.
Wahrscheinlich geht es auf Suzuki
Masanao zurück, da es in dessen Skizzenbuch enthalten ist. Neben den zahlreichen
Tieren gibt es auch Gruppen von shimejiPilzen und einige wenige figürliche Netsuke.
Die meisten als früh einzuschätzenden,
Masanao signierten Stücke sind relativ
klein, während die Arbeiten des späten 19.
Jahrhunderts groß und eher unhandlich
sind.
Unter den abgebildeten Signaturen könnte
es sich bei Kat. Nrn. 604, 721 und 782 um
einen frühen Masanao handeln, während
die Signaturen der Kat. Nrn. 587 und 677
aufgrund stilistischer Merkmale späteren
Meistern zuzuschreiben sind.
Masanobu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
734
Um welchen der zahlreichen Masanobu es
sich hier handelt, kann nicht schlüssig gesagt werden. Weil dieser Schnitzer mit
→Masahide aus Nagasaki zusammenarbeitete, könnte er ebenfalls in Nagasaki gelebt
haben.
279
Masatada (tätig ca. 1860-1870)
747
Wohl tätig in Ise
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere und Insekten
Masatada war ein Schüler des Suzuki
→Masanao (1815-1890) und in der frühen
Meiji-Zeit tätig. Unter seinen Tierdarstellungen sind Kröten häufig.
Masatami (tätig ca. 1850-1890)
268, 730
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere und Figuren
Meinertzhagen, Lazarnick u.a. vermuten
zu Recht, daß Ueda die Schaffenszeit bzw.
Lebensdaten der beiden Masatamis vertauscht hat. Wem der beiden der Name
Moribe Fukuzô zuzuschreiben ist, bleibt
offen. Masatami signierte Netsuke sind
aber relativ leicht in zwei Gruppe zu unterteilen. Der eine signierte mit einer prononcierten, diagonalen Ausrichtung (von links
unten nach rechts oben), einem eigenwillig
geschriebenen Zeichen masa und einem
kräftig nach unten gezogenen, letzten
Strich des zweiten Zeichens, dem fast immer das Zeichen tô (geschnitten) folgt. Die
relativ konventionell geschriebene Signatur
des anderen →Masatami befindet sich oft
in einer Reserve.
Der Masatami, auf dessen Signatur ein tô
folgt, schuf vor allem gedrungene Tiere des
Zodiakus, aber auch ungewöhnliche, figürliche Sujets. Er scheint eine Vorliebe für
die sorgfältige Ausarbeitung der Oberflächenstrukturen gehabt zu haben. L. Gonse
bildet in seinem 1883 erschienenen Buch
L'art japonais ein Hasen-Netsuke von ihm
ab.
Nach Ueda müßte dieser Masatami Schüler
des Masakazu gewesen sein. Es ist nicht
klar, welchen Masakazu er damit meint.
Bushell setzt ihn mit Sawaki Masakazu
(1839-1891) gleich (Bushell 1961, S. 258).
Meinertzhagen geht offenbar von Masakazu aus Nagoya (tätig ca. 1810-1840), der in
Holz arbeitete, aus und folgert, daß die
Lebensdaten 1854-1928 des Moribe
Fukuzô eher zum „Affen-Masatami“ passen.
Masatami (Shômin) (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
531, 532
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Affen, Tiere, Figuren, Masken
Laut Ueda stammte dieser Masatami aus
Nagoya und siedelte nach Osaka über.
Meinertzhagen vermutet, daß es dieser
Masatami ist, der den Name Moribe
Fukuzô führte und der von 1854 bis 1928
lebte. Er arbeitete fast ausschließlich in
Elfenbein. Seine Affendarstellungen fertigte er für den Export (Ueda).
Die zahlreichen Affen-Netsuke und okimono sind unverwechselbar, in ihrer
Wiederholung jedoch auch langweilig. Das
Elfenbein ist pflanzlich gefärbt, als Pupillen
dienen winzige, schwarze Glasperlen. Die
Tiere erscheinen immer in Gruppen. Sie
beschäftigen sich mit Kaki- oder Pfirsichzweigen, Trommeln, Kraken, Läusen etc.
Charakteristika seiner Köpfe sind der
schreiend geöffnete Mund, die sehr tief
liegenden Augen und die im Gegensatz zu
dem fein gravierten Fell glatte Partie zwi280
schen Nase und Mund. Seine Technik ist
möglicherweise der des →Kaigyokusai
verpflichtet.
Ein Wachtel-Netsuke im Linden-Museum
in Stuttgart (Schmitz-Jirka 2000b, Kat. Nr.
638) zeigt, daß er auch den Stil früherer
Schnitzer wie z.B. Okatomo nachahmte –
eine weitere Anbiederung an westliche
Geschmacksvorlieben.
Die Signatur befindet sich meistens in einer Kartusche, die aus dem Fell ausgespart
ist. Von der britischen Zeitschrift Private
Eye wurde 1980 die Herstellung falscher,
aus
Plastik
gefertigter
MasatamiAffengruppen aufgedeckt (INCSJ, Jg. 9, Nr.
3 [Dezember 1981], S. 19).
Masateru (1871-1946)
525
Tätig in Osaka
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere, seltener Figuren
Yasunaga Hidezô wurde als Sohn des Masachika und Enkel des →Kaigyokusai 1871
geboren. Sein Künstlername war Masateru.
Er lebte in Osaka und ist der einzige, namentlich bekannte Nachfolger Kaigyokusais. Außer Netsuke schnitzte er auch
tonkotsu aus Holz. Seine Produktion jedoch war gering. Er galt als Dilettant und
hatte keinen eigentlichen Beruf (INCSJ, Jg.
8, Nr. 2 [September 1980], S. 46).
Masateru hat die verwandtschaftliche Beziehung zu Kaigyokusai sowohl künstlerisch genutzt als auch in seiner Signatur
festgehalten und das gô Kaigyokudô verwendet. Da sich bereits in der Sammlung
Trower ein Netsuke von ihm befand, müssen schon in der Zeit um 1900 seine Arbeiten nach Europa gelangt sein.
Masatomo (tätig spätes 19. Jh.)
415
Bei diesem Schnitzer kann es sich weder
um Masatomo aus Kyoto, noch um Masatomo aus Nagoya handeln. Die Arbeit dieses Schnitzers zeigt den späten Tokyo-Stil.
Masatoshi (tätig ca. 1840-1860)
177, 197, 653
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Tiere und Landschaftsmodelle
Hier handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Shinkeisai Masatoshi,
der stilistisch der Tomochika-Gruppe zuzuordnen ist. Laut Davey schuf er viele,
kompakte
Landschaftsmodelle
mit
himotôshi auf der Unterseite. Meinertzhagen bildet Figuren- und Tier-Netsuke ab.
Masatsugu
347, 546, 710, 838
Meinertzhagen unterscheidet sieben, Davey sechs Schnitzer namens Masatsugu, ein
im 19. Jahrhundert sehr verbreiteter
Schnitzername. Auch in Anlehnung an den
berühmten →Kaigyokusai Masatsugu
wurde dieser Name bis in die Neuzeit gerne verwendet. Die Signatur auf Kat. Nr.
347 ist mit großer Wahrscheinlichkeit die
eines Schnitzers der Meiji-Zeit in Tokyo,
während man die Schriftzeichen der Kat.
Nr. 710 aufgrund ihrer Schreibweise als
„Phantasiesignatur“ ansehen muß, die auf
ein altes Stück später eingraviert wurde.
281
Masatsugu
111
→Kaigyokusai
Masayoshi (Seikei) (ca. 1877-?)
367
Tätig in Osaka(?)
Arbeitete in Holz und Elfenbein
Motive: Rattenfänger, Figuren und Tiere
In Uedas Netsuke no Kenkyû werden die
Schriftzeichen dieser Signatur fälschlich
„Serikei“ transkribiert. Masayoshi ist das
chômei von Kojima Kuwajirô, der ca. 1877
geboren wurde und in Nagoya lebte. Er soll
bei Sawaki Masakazu (1839-1891) und bei
Masaka (1868-?) gelernt haben, die beide
aus Nagoya stammten und nach Osaka
gingen.
Masayoshi spezialisierte sich wie sein Lehrer Masakazu auf okimono-artige Netsuke
von Rattenfängern für den Export (Bushell
1961, S. 168). Er schuf jedoch auch Figuren
und Tiere aus Holz im Nagoya-Stil.
Masayuki (1831-nach 1879)
530, 868
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Holz und Bein
Motive: Figuren, buddhistische Motive,
Pflanzen und Tiere
Ueda listet zwei verschiedene Schnitzer
auf, doch handelt es sich um ein und denselben. Die folgenden Angaben zu
Masayuki sind dem Tôkyô meiko kagami
von 1879 entnommen.
Katô Masayuki wurde 1831 geboren und
lebte 1879 in Tokyo Motosamegabashi
minamicho 49. Er stammte aus einer Samurai-Familie. Anfänglich lernte er Medizin unter einem gewissen Nasu in Honjô
Ishihara Shinmachi. Als er 21 Jahre alt war,
starb sein Vater, und er wandte sich danach (ca. 1852) der Schnitzerei zu. Zunächst kopierte er die Meisterwerke anderer Schnitzer. Er war recht erfolgreich und
eröffnete eine Werkstatt für Schnitzereien
in Kohinata Shinsakaue im Jahr 1855. Er
schuf ausschließlich Blumenvasen auf Bestellung. 1870 siedelte er nach Yotsuya
Tansuchô über. Danach war sein Auftraggeber Maruya, ein fukuromonoya in Ushigome Kagurazaka, und das Geschäft florierte. 1877 stellte er bei der 1. InlandsIndustrieausstellung das okimono eines
Gama sennin aus und erhielt dafür den
Kamon-Preis.
Sein gô war Hôshunsai. Oft signierte er mit
einem immer gleich geschriebenen kaô.
Die meisten seiner Netsuke stellen sitzende
Figuren aus Buddhismus oder Alltag dar.
Masayuki hat möglicherweise aus kommerziellen Gründen im konventionellen
Stil
der
Tokyo-Schnitzer
der
Ryûkei/Gyokkô-Tradition gearbeitet.
Reizvoller sind die Arbeiten in Hirschhorn,
die mit einem markanten Siegel, bei dem
die beiden Schriftzeichen in den gegenüberliegenden Ecken plaziert sind, versehen sind, und die dem Stil der sog.
Asakusa-Schnitzer verpflichtet sind. Hier
finden sich deren typische Motive wie
buddhistische Gegenstände, Oktopus als
Arzt, kappa, sashi-Netsuke (Kürbis). Sein
häufigstes Modell ist ein Bambussegment
mit einem Nebenzweig, an dem sich ein
Äffchen festhält. Bei manchen dieser Stücke ist das Äffchen so geschnitzt, daß es
den Zweig rauf und runter rutschen kann.
282
Sehr ungewöhnliche Modelle sind die
durchbrochen geschnitzten Vasen und
Kannen.
Neben Vasen, okimono, Netsuke und kiseruzutsu schuf er obihasami.
Das Siegel auf Kat. Nr. 530 ist nur wenig
tief in das Material eingeschnitten und
unterscheidet sich daher von den meisten
anderen seiner Siegel-Signaturen.
Masayuki
42, 407
Masayuki ist eine Signatur, die sich in variierendem Schriftstil auf zahlreichen Export-Netsuke unterschiedlicher Qualität ab
1860 befindet.
Masayuki (tätig spätes 19./20. Jh.)
761
Der Name dieses Schnitzers ist durch eine
sehr ähnliche, bei Lazarnick abgebildete
Signatur auf einem Netsuke mit einer Kürbisgruppe bekannt.
Meigyoku (tätig 20. Jh.)
735
Die Signatur entspricht nicht den bekannten Meigyoku-Signaturen.
Meigyokusai (1896-1991)
667
Tätig in Tokyo und Kyoto
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Tiere, vor allem Zodiakustiere
Hiraga Tanetsugu wurde am 20. Dezember
1896 in Tokyo geboren. 1918 begann er
seine Lehre bei Ishikawa Shôgin, der in der
Tradition des Asahi Gyokuzan (18431923), des berühmten Schnitzers von Totenschädeln, stand. Von 1920 bis 1922 war
er Mitglied der Tôkyô chokkôkai (Tokyo
Bildhauer-Gesellschaft) und bereits vor
dem Alter von 25 Jahren erhielt er Preise.
Bis zum Alter von 70 Jahren (Kinsey 1977,
S. 185), einer anderen Quelle nach bis 1935
(INCSJ, Jg. 4, Nr. 1 [Juni 1976], S. 25), signierte er mit dem gô Meigin, danach mit
Meigyokusai. Bis vor dem 2. Weltkrieg
waren die Exportfirmen Toyama in Tokyo
und Samurai Shokai in Yokohama seine
Hauptabnehmer. 1940 zog er auf Wunsch
von Kanebo Silk, die seine frühen Schnitzarbeiten verkauften, nach Kyoto. Nach
dem 2. Weltkrieg war H. Nakayama in Kyoto bis 1967 sein Abnehmer. Als senryûDichter mit zahlreichen Schülern führte er
den Namen Kôju. Er schnitzte Netsuke
und okimono bis ins hohe Alter. Meigyokusai starb am 21. August 1991 in seinem
Haus am Biwa-See in der Präfektur Shiga.
Seine Schüler waren sein Sohn →Tanetoshi, →Keiun und Meikei.
Meigyokusais Technik und Motive waren
vielfältig. Er folgte der Tradition und
zeichnete sich durch dunkle Einfärbungen,
farbige Fassungen und sorgfältige Politur
aus. Am berühmtesten sind seine Darstellungen der Tierkreiszeichentiere, die sich
um ein stehendes Pferd scharen und die er
ab ca. 1960 häufig schnitzte. Die Firma
Tsuruki, ein Antiquitätengeschäft in Kyoto, Shinmonzen, dessen Hauptangesteller
Herr Nakayama war, beauftragte ihn, 100
Stücke zu schnitzen und Signaturen berühmter Schnitzer darauf anzubringen. Es
gibt dieses Modell mit der Signatur
→Okatomo, →Masanao und →Tomotada.
283
Als Sammler davon erfuhren, baten sie den
Schnitzer, die Signatur zu entfernen und
mit eigenem Namen zu signieren, meist
dann auf einem roten Lackplättchen (Willi
Bossard, "Collecting Netsuke", in: Daruma
39, Jg. 10, Nr. 3 [Sommer 2003], S. 49).
Minkô (1735-1816)
80, 229, 230, 527, 601
Tätig in Tsu
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere und Figuren
Tanaka Minkô, der sich auch Tadamitsu
und Juntoku nannte, wurde 1735 in
Nakatsuge, Provinz Iga (heute Präfektur
Mie) geboren. Sein Name war Iwaemon,
sein chômei Minkô. Anfänglich schnitzte er
buddhistische Schreine (butsudan). Er erregte die Aufmerksamkeit des Tôdô
daimyô von Tsu (heute Präfektur Mie), der
ihn in seine Dienste aufnahm. Minkô zog
nach Tsu und lebte im Haus des Oumaba.
Er wurde mit verschiedenen Schnitzarbeiten beauftragt: Pfeifen, Weihrauchdosen,
Pinselbehälter,
Schwerter,
Schwertschmuck, Netsuke, okimono, Deckel für
Tuschereibsteine und tonkotsu.
Minkô betätigte sich aber auch als miyaborishi (Schnitzer von Architekturschmuck
in Schreinen und Tempeln). Ueda und
Okuno (1996, S. 21-22) geben unterschiedliche Angaben zu den von ihm geschaffenen, datierten Schnitzwerken. Die Haupthalle des Jôfukuji in Kanbe-Kogori, Iga
(das heutige Ueno in der Präfektur Mie),
wurde auf Geheiß des Tôdô daimyô in der
Ära Kansei (1789-1801) renoviert. Von
Minkô stammen die 1796 datierten Darstellungen eines shishi und eines Elefanten
auf zwei Balken (kôryô) im Inneren und
ein Phönix an der Fassade der gleichen
Halle. Im letzteren Fall sind die zyklische
Datierung und das ebenfalls angegebene
Lebensalter nicht in Einklang zu bringen.
Seine datierten Netsuke stammen aus den
Jahren 1789 bis 1816.
Minkô war auch Maler, der dem Stil des
Soga Shôhaku (1730-1781) folgte, der
ebenfalls aus Ise stammte. Minkô starb am
29.8.1816 und ist im Rinshôji in Nakatsuge
begraben.
Minkô verwendete für seine Schnitzarbeiten Buchsbaum, Sandel-, Eben- und KakiHolz. Die Augen der Tiere, vor allem der
Tiger und tanuki, bestehen aus Gelbmetall
oder dunklerem Holz. Für tonkotsu benutzte er auch Einlagen aus Elfenbein,
Perlmutter und fremden Hölzern.
Die Netsuke-Motive des Minkô sind vor
allem Tiere des Zodiakus. Unter diesen
kommt der Tiger besonders häufig vor,
entweder mit Jungen oder sich das Hinterbein leckend. Entgegen ihrem eigentlichen
Wesen wirken diese Raubtiere mit ihren
dicken, runden Tatzen und gut ausgearbeiteten Klauen wie harmlose, überdimensionierte Katzen. Der tanuki, der auf seinem
Bauch trommelt, ist ein anderes, häufiges
Sujet des Minkô. Zudem schuf er Kröten,
Fische, Nüsse und Pilze. Sein berühmtestes, figürliches Motiv ist Kiyohime und die
Glocke des Dôjôji. Zu seinen Figuren zählen aber auch oni, Daruma, Okame, Skelette und Rattenfänger.
Sowohl das Sôken kishô als auch das Mieken senken ihô (Ortsverzeichnis der Mie
Präfektur) erwähnen die Trick-Netsuke
von Minkô: ein Daruma mit beweglichen
Augen, die bewegliche Made in einer Nuß
und Anchin unter der Glocke des Dôjôji
mit beweglichem Gesicht (Ueda 1954, S.
183-184).
284
Minko hat seinem chômei gelegentlich
Namen Juntoku, Tsu-han (im Dienst der
Tsu), Gose und manchmal seine Altersangabe hinzugefügt. Aus den Altersangaben
geht hervor, daß seine besten Arbeiten
kurz vor seinem Tod entstanden sind. Da
er ein sehr beliebter Schnitzer war, wurden
seine Arbeiten schon zu Lebzeiten gefälscht.
Die Signatur auf dem tanuki-Netsuke, Kat.
Nr. 229, und der Affengruppe, Kat. Nr.
527, muß angezweifelt werden.
Minkoku (tätig Mitte 19. Jh.)
364
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren und Tiere
Hier handelt es sich um Minkoku II, der
wie sein Vater das gô Genryôsai führte und
in Edo lebte. Er schuf zahlreiche, sorgfältig
ausgeführte, figürliche Arbeiten, die sowohl Menschen aus dem Alltag als auch
Gestalten aus dem japanischen Legendenschatz darstellen. Seine manjû dekorierte
er in versenktem Relief und ihre Art entspricht dem Zeitstil von ca. 1850 bis 1860.
Eine Signatur in einer gezackten Reserve,
wie hier bei Kat. Nr. 364, ist zwar ungewöhnlich, doch in gleichem Schriftduktus
auch auf einem manjû in der Collection
Baur (C 670) anzutreffen.
Minkoku (tätig ca. 1870)
355, 613
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Lazarnick zeigt neben der Signatur dieses
Minkoku ein Netsuke, das ein Sujet des
Kato →Masayuki ist. Die Motive der Kat.
Nrn. 355 und 613 wurden auch von
→Hôjitsu geschnitzt (ehemalige Sammlung Gô, Arakawa 1983, Kat. Nr. 111 und
Klefisch, Köln, Auktion 20.11.2004, Lot
338). Der Schnitzer, der diese Signatur
verwendete, kann daher als Kopist angesehen werde.
Minkoku (tätig 20. Jh.)
267
Obwohl es sich bei dieser Signatur vielleicht um die des Minkoku II. handelt,
kann der Schnitzer aufgrund seines Stils
nicht der Minkoku-Gruppe zugeordnet
werden. Die modernistische Konzeption
des Sujets und die fahrig-unkonventionell
geschriebene Signatur, die auch Ryôkoku
gelesen werden könnte, lassen vermuten,
daß es sich um eine Arbeit des 20. Jahrhunderts handelt.
Minkoku (1833-1916)
201
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Metall
Kagamibuta
Ikedo Minkoku I. wurde in Edo geboren
und war ab 1840 Schüler von Ohara Sôyo.
Sein Name war Sogorô, sein gô Ippôsai. Er
lebte in Tokyo Shitayaku. Minkoku I. schuf
kozuka (Beimessergriffe) und menuki
(Griffzierate) für Schwerter, aber auch
zahlreiche Platten für kagamibuta. Aus
einer Signatur geht hervor, daß er mit Ono
Ryômin zusammengearbeitet hat. Die Motive der kagamibuta-Platten sind meist
figürlich. Gerne kombinierte er farbige
285
Reliefs (iroe takazôgan) mit flachen Einlagen (hirazôgan) aus shakudô. Aus den Aufschriften geht hervor, daß er Motive berühmter Maler wie Sesshû, Kôrin oder
Tan’yû auf seine kagamibuta-Platten übertrug.
Die Schreibweise der Signatur und des kaô
variiert. Gelegentlich sind dem chômei verschiedene, andere gô beigefügt: Shôkasai,
Kôrinsai oder Ryusai. Möglicherweise
handelt es sich um eine größere Werkstatt,
deren Künstler sich nur durch die gô unterschieden.
Minkyoku (tätig spätes 19. Jh.)
732
Bei in der Horizontalen angeordneten
Schriftzeichen ist die traditionelle Lesung
von rechts nach links. Demzufolge müßte
die Signatur Kyokumin gelesen werden. Da
jedoch das linke Schriftzeichen wenig größer als das rechte ist und in der Meiji-Zeit
die Sitte aufkam, auch von links nach
rechts zu schreiben, ist die Signatur wohl
Minkyoku zu lesen. Dieser Schnitzer ist
nicht verzeichnet.
Mitsuharu (tätig 2. Hälfte 18. Jh.)
452, 775, 787
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere und Früchte
Mitsuharu wird im Sôken kishô erwähnt:
„Er stammt aus Kyoto, und es gibt einige
Netsuke mit seiner Signatur“. Nach Davey
arbeitete er im Stil des →Tomotada. Berühmt wurde er für seine Darstellungen
von Ginkgo-Nüssen, die aber auch von
anderen Kyoto-Künstlern gefertigt wurden. Am häufigsten sind seine Darstellungen kraftstrotzender Tiger und Fabeltiere.
Meinertzhagen meint, daß echte Netsuke
von ihm rar seien. Die Signaturen der Kat.
Nrn. 755 und 787 müssen wegen des Stils
als nicht authentisch angesehen werden.
Mitsuhiro (1810-1875)
754
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere, Früchte und Gegenstände
Ôhara Mitsuhiro wurde 1810 in der Hafenstadt Onomichi, Provinz Bingo (heute Präfektur Hiroshima) geboren. Mit 17 Jahren
ging er bei einem Hersteller von shamisenPlektren in die Lehre. Anfangs benutzte er
die Elfenbein-Reststücke für seine Netsuke.
Bereits 1837 schrieb er seine Ideen zu
Netsuke-Themen nieder und gab diesen
Notizen den Titel Takarabukuro (Schatzbeutel). Diese Aufzeichnungen, die 252
Netsuke Stück für Stück beschreiben, waren 1978 im Städtischen Museum von Onomichi ausgestellt, und Raymond Bushell
hat sich dafür eingesetzt, daß sie publiziert
wurden. 1858 zog sich Mitsuhiro wegen
Krankheit in seine Heimatstadt zurück, wo
er 66jährig starb. Seine datierten Netsuke
stammen aus den Jahren 1837 bis 1854.
Mitsuhiro hatte keine direkten Schüler,
aber zahlreiche, andere Schnitzer arbeiteten in dem von ihm begründeten OsakaStil und schufen Netsuke mit Themen, die
im Takarabukuro beschrieben sind.
Neben Vögeln wie Kraniche, Gänse,
chidori und Tauben schuf Mitsuhiro Kaki
und japanische Mispel (biwa), beide mit
quer über der Frucht liegendem Stengel,
286
der das himotôshi bildet. Andere Motive
aus der Flora sind Bambusstamm, -blätter
und Seegurke (namako) mit aufliegender
Kastanie. Eine Besonderheit Mitsuhiros
sind die naturalistischen Darstellungen
von Alltagsgegenständen, u.a. Zwinge des
Schwertgriffs (fuchi), Tuschestein (sumi)
sowie Fushimi-Tonpuppen. Figuren, mit
Ausnahme von Daruma, sind bei Mitsuhiro selten.
Tiere, Pflanzen und Gegenstände sind
durch einfache und fließende Konturen
bestimmt, wobei Mitsuhiro gelegentlich
das Motiv stilisierte. Typisch für diesen
Schnitzer sind die Patinierung und Politur.
Er färbte Elfenbein bernsteinfarben ein.
Das Material besitzt zudem einen cremeartigen Glanz, die Durchsichtigkeit von Porzellan oder den Schimmer von Email
(Atchley 1983, S. 10). Die Details seiner
Netsuke wurden in Gravur (katakiribori
und kebori) mit einem Rattenzahn ausgeführt.
Die Signatur der Kat. Nr. 754 stammt nicht
von der Hand des Mitsuhiro.
Mitsunobu
585, 623
Keine der beiden Signaturen können einem der sechs von Meinertzhagen und
Davey erwähnten Mitsunobu zugeordnet
werden.
Mitsushige (tätig ca. 1840-1860)
854
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Schildkröten und manjû
Aufgrund des Stils und des Namensbestandteils mitsu kann man davon ausgehen, daß Mitsushige aus dem Umfeld des
Ôhara →Mitsuhiro (1810-1875) stammt.
Dies wird weiter belegt z.B. durch ein
Hotei-Netsuke, das Mitsushige nach einem
Modell des Mitsuhiro, das 1841 datiert ist,
fertigte (British Museum, Sammlung Hull
Grundy, Harris 1987, Kat. Nr. 23).
Mitsutsugu (tätig ca. 1850-1860)
153, 221
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Mitsutsugu war mit großer Wahrscheinlichkeit einer der zahlreichen Nachfolger
des Ôhara →Mitsuhiro (1810-1875).
Miwa (Schnitzersignatur seit 1757)
437
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren, seltener Tiere
Das Sôken kishô führt Miwa nach den
hochgelobten Shûzan, Unjudô Shumemaru
und Ogasawara Issai an vierter Stelle auf.
Inaba kennt seinen Familiennamen nicht,
weiß aber, daß er in Edo Sekiguchi Suidô
lebte. Inaba schreibt: "War geschickt. Es
gibt Schnitzereien von Kindern beim Löwentanz (shishi asobi) und Krakenfänger
(tako ryoshi). Seine Arbeiten sind aus unbemaltem Holz (subori) und Kirschbaumholz, die Löcher des himotôshi sind in hellgrün (moegi) gefärbtes Hirschhorn gefaßt.
287
Er verwendete kein Elfenbein.“ (Bd. 7, S.
8a).
Ueda erwähnt einen Hiromori Miwa
Yûkan, der sich Kiinokuniya Shôzaemon
nannte, einen Miwa Zaiei, der möglicherweise mit Yûkan identisch ist, und einen
Miwa Rikan.
Von Miwa Zaiei (?-7.7.1789), der das gô
Kashinsai führte, sind drei kleine, sitzende
Portraitfiguren erhalten: Der Teemeister
Rikyû, datiert 1757, im Victoria & Albert
Museum (MCI, S. 560), ein Mönch namens
Shimeiten?, möglicherweise Sesshû, datiert
1784 (BAFJ, Nr. 34 [Oktober 1991], S. 4243 und Nr. 64 [April 1999], S. 38-39) und
der Maler Sesshû, aus dem Jahr 1787, im
British Museum, London (L. Smith und V.
Harris, Japanese Decorative Arts from the
17th to the 19th centuries, London 1982, S.
58, Abb. 36, hier fälschlicherweise 1788
datiert). Im Laufe dieser dreißig Jahre hat
sich der Stil des Miwa beträchtlich gewandelt. Die frühe Figur ist relativ summarisch
gearbeitet. Das dunkle Holz hat eine glatte,
glänzende Oberfläche. Die späteren Figuren sind aus hartem, hellen Holz, das unterschiedlich Färbungen aufweist. Gewand
und Gesicht zeigen einen scharfkantigen
und präzisen Realismus. Der Signatur Miwa folgt auf beiden Stücken das typische
siegelförmige Signet.
Wenngleich die Portraitskulpturen und die
kleinen Netsuke aufgrund ihrer unterschiedlichen Größe nur schwer vergleichbar sind, so ist doch beiden ein entschiedener Realismus und die flache Basis gemeinsam.
Miwa Zaiei ist in dem Malerlexikon Koga
bikô erwähnt. Asaoka Okisada (1800-1856)
nennt ihn einen Maler von Affen und
schreibt, daß seine Schnitzarbeiten als miwabori (Miwa-Schnitzereien) bekannt waren.
Es gibt unter den mit „Miwa“ signierten
Netsuke große, überlange Insulaner mit
Tambourin, Ausländer und sennin. Manche von ihnen sind dem 1750 datierten
Netsuke im Musée d'Ennery in Paris vergleichbar und können daher wohl in die
frühe Zeit der Miwa-Werkstatt, ca. 1757,
datiert werden.
Aber die typischen Miwa-Netsuke sind die
kleinen, kompakten Figuren bei alltäglichen Beschäftigungen (shishi-Tänzer, Niesender, Masseure, Blinde, Steinheber, Puppenspieler, sarumawashi, Kinder), von
denen bereits das Sôken kishô berichtet. Sie
sind fast immer aus sehr dunklem Holz
und haben eine flache Unterseite, in der
sich die in grün gefärbtes Hirschhorn gefaßten himotôshi-Löcher befinden. Augen
aus Glas und Glimmer sowie Zähne aus
Elfenbein tragen zum übersteigerten Realismus der oft verzerrten Gesichter bei.
Die leicht lesbare Signatur wurde ab 1757
verwendet. Wie lange sie über den Tod von
Miwa Zaiei im Jahr 1789 hinaus verwendet
wurde, kann nicht genau gesagt werden.
Einigen Miwa-Signaturen sind Namen wie
Zaiei, Rikan, Shiryu, Chôzai beigefügt. Daher kann man vermuten, daß Miwa der
Name einer großen Werkstatt war, in der
etliche Schnitzer arbeiteten. Die meisten
von ihnen verwendeten das typische Signet, das seit 1757 in Gebrauch war.
Nagatsugu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
75
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren
Meinertzhagen ordnet diesen Schnitzer in
die Gruppe um Nagamitsu aus Edo ein.
Der Stil des Netsuke Kat. Nr. 75 spricht
288
aber nicht unbedingt für eine Herstellung
in Edo.
Naoaki (tätig spätes 19. Jh.)
274, 522
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Tiere
Meinertzhagen erwähnt einen Tadahisa
Naoaki, der ein Holz-Netsuke eines liegenden Pferdes schnitzte. Hier handelt es sich
jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit um
einen anderen Schnitzer.
Naokazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
898
Davey listet drei Schnitzer mit Namen
Naokazu, doch welchem von diesen das
Masken-Netsuke hier zuzuordnen ist,
bleibt offen. Einer der Schnitzer führte das
gô Kôryûsai. Laut Ueda war dieser in der
Ära Tenpô (1830-1843) tätig, und sein kaô
basierte auf dem Namen Kôryûsai Naokazu.
Natsuki
612
Aus stilistischen Gründen kann es sich
nicht um den Schnitzer Natsuki handeln,
der vor allem Figuren schnitzte und in der
Mitte des 19. Jahrhunderts in Kyoto oder
Osaka gearbeitet haben soll. Die Signatur
hier muß als apokryph angesehen werden,
obwohl sie denen im MCI abgebildeten
sehr ähnlich ist.
Nobuyoshi (tätig 19. Jh.)
279
Nicht verzeichnet
Norishige (tätig ca. 1830-1860)
115
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Norishige, der in Edo gearbeitet haben soll,
stellte kleine, komplexe Figurengruppen
aus chinesischen und japanischen Legenden oder dem Alltag her. Die Figuren stehen fast immer auf einer flachen Sockelplatte.
Okakoto (tätig ca. 18001840)
336
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere und Figuren
Über Okakoto gibt es keinerlei biographische Angaben. Jonas und Ueda führen ein
Netsuke an mit der Altersangabe „80 Jahre“. Nach Ueda war er in der Ära Tenpô
(1830-1844) tätig. Nicht nur der Namensbestandteil oka, sondern auch die Tiermotive und sein Stil weisen ihn als einen
Schüler des →Okatomo aus Kyoto aus. Die
Tier-Netsuke folgen ganz der Manier des
Meisters. Die figürlichen Arbeiten hingegen stammen möglicherweise aus späteren
Jahren, als der Publikumsgeschmack in
den Großstädten historische und humoristische Figurendarstellungen bevorzugte.
289
Okatomo (tätig 2. Hälfte 18. Jh.)
256, 780
Raku (tätig ca. 1800)
344
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein, gelegentlich in Holz
Motive: Tiere, Gemüse, seltener Figuren
Tätig in Osaka (?)
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Tiere und Pflanzen
Laut dem Sôken kishô lebte Yamaguchi
Okatomo in Kyoto Higashiyama. Meinertzhagen erwähnt zwei Netsuke mit der
Altersangabe 78 bzw. 88 Jahre. Er bezweifelt jedoch die Echtheit dieser Signaturen.
Okatomo hatte eine Anzahl von Schülern,
die seinen Stil forführten, u.a. →Okakoto,
Okanobu und Okatori.
Okatomo ist einer der drei großen KyotoNetsuke-Schnitzer des späten 18. Jahrhunderts. Er kommt aus der Stiltradition des
→Tomotada. Seine Arbeiten sind jedoch
etwas kleiner, die Köpfe kantiger und auch
die Fellgestaltung unterscheidet sich von
der des Tomotada. Okatomo bevorzugte
Elfenbein und wählte vor allem ZodiakusTiere als Thema seiner Netsuke. Figuren
sind in seinem Œuvre fast nicht anzutreffen. Berühmt geworden ist er für die Darstellungen von Wachteln auf Hirseähren.
Das Gefieder der Vögel, die in der Regel in
entgegengesetzte Richtungen schauen und
auf rund gelegten Hirsekolben stehen, ist
sehr präzise ausgearbeitet. Diese Arbeiten
zeigen, daß er sich von seinem Vorbild
Tomotada gelöst hat. Die Wachtel-Netsuke
wurden bereits zu seinen Lebzeiten kopiert
und seine Signatur gefälscht.
Dieser Künstler plazierte seine Signatur,
die aus dem einzelnen Schriftzeichen raku
besteht, in eine spitzovale, gezackte Reserve, oder er signierte in Siegelform.
Ôsai (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
892
Nicht verzeichnet
Rakumin (1804-1877)
275
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Toki (Ho) Rakumin wurde laut Jonas 1804
geboren. Sein Name war Hoda Kinbei. Er
erhielt den Titel hôgen (Ehrentitel des 2.
Ranges für Künstler). Sein kaô waren Jitokusai und Kotekisai. Er stammte aus Tsuchiura in der Provonz Hitachi (heute Präfektur Ibaraki) und starb dort am 6.1.1877.
Rakumin muß hoch angesehen gewesen
sein und zählte zusammen mit →Hôjitsu
zu den besten Schnitzern in Tokyo. Er
schnitzte amüsante und groteske Figurenthemen, die sich für den Export in den
Westen gut eigneten.
Die Signatur auf dem vorliegenden Stück
ist atypisch. Vielleicht handelt es sich um
eine Werkstattarbeit oder um einen anderen Schnitzer gleichen Namens.
Rakuôsai (tätig Mitte 19. Jh.)
713
Arbeitete in Elfenbein und Holz
290
Motive: Maskengruppen und Tiere
Motive: Tiere
Meinertzhagen bildet vier Maskengruppen
ab. Möglicherweise hat sich dieser Schnitzer auf dieses Thema spezialisiert und
kompakte Formen bevorzugt.
Ran’ichi ist einer der zahlreichen Schüler
des →Rantei. Er spezialisierte sich auf Tiere, deren Fell sehr sorgfältig ausgearbeitet
ist.
Die Signatur befindet sich oft in einer
spitzovalen Reserve.
Rakuzan (tätig Mitte 19. Jh.)
543
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere
Meinertzhagen erwähnt das Netsuke eines
Hündchens von einem Schnitzer mit Namen Rakuzan. Schnitzstil und Schriftduktus sind vergleichbar mit Kat. Nr. 543.
Ranmei (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
591, 687
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere
Ranboku (tätig Mitte 19. Jh.)
698
Aufgrund des ersten Schriftzeichens ran
und dem mit dem Schriftstil des Meisters
vergleichbaren Schriftduktus, war Ranmei
wohl ein Schüler des →Rantei. Sein häufigstes Motiv war der Tiger.
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere
Ransen (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
516
Aufgrund des ersten Schriftzeichens ran
und der Thematik kann man annehmen,
daß es sich um einen Schüler des →Rantei
handelt, der einen sehr großen Schülerkreis hatte. Er arbeitete in reinweißem Elfenbein. Lazarnick bildet ein Hasen-Netsuke ab, Meinertzhagen erwähnt
ein Netsuke von gleichem Motiv wie Kat.
Nr. 698.
Ran’ichi (tätig Mitte 19. Jh.)
558, 632
Tätig in Kyoto
Arbeitet in Elfenbein
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere
Ransen war ein Schüler des →Rantei. Er
fertigte wie alle aus der Rantei-Schnitzergruppe Tiger, Hasen, Ratten,
Affen und andere Tiere.
Rantei
Schnitzersignatur seit ca. 1790
40, 172, 216, 434, 804
Tätig in Kyoto
Arbeiteten in Elfenbein, seltener in Holz
Motive: Tiere und Figuren
291
Nagai Rantei kam laut Ueda aus der Provinz Izumo (heute Präfektur Shimane)
nach Kyoto. Vom Prinzen Ninnaji soll er
den Auftrag erhalten haben, eine Nuß mit
1000 Affen zu beschnitzen. Aus einer Reihe
von Signaturen geht hervor, daß er den
Ehrentitel hôgen führte. Er muß also ein
angesehener und in höchsten Kreisen geschätzter Schnitzer gewesen sein.
Rantei führte eine außerordentlich produktive Werkstatt mit zahlreichen Schülern. Er arbeitete vorwiegend in Elfenbein,
das er gelegentlich stark einfärbte. Die Augen seiner Netsuke sind in verschiedenen
Materialien – darunter auch Glas – eingelegt. Er schuf vor allem Tier-Netsuke mit
sehr fein ausgearbeiteten Fellgravuren.
Besonders Hasen aus nur wenig gefärbtem
Elfenbein, mit Pupillen oft aus Bernstein
und mit stark gekrümmtem Rücken werden eng mit seinem Namen verbunden.
Diesen Tiere, vor allem die Tiger, besitzen
nicht die Kraft und Ausstrahlung der frühen Kyoto-Arbeiten. Rantei hat auch figürliche Sujets geschnitzt. Der Gesichtsausdruck der Figuren ist lieblich.
Nach Ueda war Rantei in der Ära Kansei
(1789-1801), nach Meinertzhagen war er
ca. 1830 bis 1860 tätig. Außer der Unklarheit über seine Schaffenszeit fallen die erheblichen Stilunterschiede der mit Rantei
signierten Stücke auf. Zwei Netsuke eines
Elefanten mit spielenden Kindern tragen
die Signatur Nagai Rantei Seiyô. Seiyô ist
hier sicherlich keine Ortsbezeichnung, wie
Davey annimmt, sondern ein zusätzlicher
Künstlername. Beide Arbeiten sind Exportstücke der Meiji-Zeit.
Aufgrund der großen Zahl der von ihm
signierten Netsuke, die stilistisch uneinheitlich sind, sowie der von Lazarnick dargelegten unterschiedlichen Schreibweisen
der Signaturen und der Existenz eines Rantei Seiyô nimmt man an, daß es mehr als
einen Rantei gegeben hat.
Rensai (tätig spätes 19. Jh.)
796
Es kann sich hier nicht um Rensai, den
Schnitzer aus Asakusa in Tokyo handeln,
der immer ein klar geschriebenes Siegel
Ren verwendete oder in kaisho signierte.
Rensai (tätig 20. Jh.)
237
Nicht verzeichnet
Ryôji (tätig ca. 1860-1880)
436
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Holz, Elfenbein
Motive: Figuren
Ono Ryôji gehörte der Werkstatt des
→Ono Ryômin (1833-?) an.
Ryôkô (tätig ca. 1860-1880)
69
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Ono Ryôkô gehörte der Werkstatt von
→Ono Ryômin (1833-?) an.
292
Ryômin (tätig ca. 1860-1890)
212
Flusses, führte. Dort wurden Netsuke und
okimono vor allem für den Export hergestellt. Er hatte zahlreiche Schüler, die das
Zeichen ryô im Namen führten.
Ono Ryômin schnitzte vor allem karako.
Auf den manjû hingegen sind historische
Figuren dargestellt. Ein beliebtes Modell
war das manjû mit Darstellung von Enmaô, Jizô und oni nach einer Vorlage des
Malers Hanabusa Itchô (1652-1724). Es
gibt 1863 und 1864 datierte Beispiele (Jirka-Schmitz 2000b, Bd. 2, S. 87, Kat. Nr.
106). Daß er sich von Illustrationen in
Holzschnittbüchern inspirieren ließ, belegen auch zwei manjû (Davey 1974, Nr. 316
und MCI, S. 656), deren Dekore an die
Darstellungen von außer Rand und Band
geratenen Geistern von Kawanabe Kyôsai
erinnern. Das Kyôsai hyakki gadan
(Kyôsais Bilder der hundert Dämonen),
aus dem diese Illustration stammen könnten, erschien posthum 1889.
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und manjû
Ryôshû II (1912-1982)
327
Ryôkô (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
206
Schreibweise des ersten Zeichens und
mangelnde Detailqualität dieses Netsuke
schließen aus, daß es sich um Ono
→Ryôkô, ein Schüler des Ono →Ryômin,
handelt.
Ryômin (tätig 19. Jh.)
324
Ein Künstler, der in dieser Weise signierte,
ist zwar bei Davey aufgelistet, doch das
Netsuke in der Sammlung Brockhaus, auf
das er hinweist, ist de facto mit einem anderen Schriftzeichen ryô geschrieben.
Sein Familienname war Ono, wie aus zahlreichen, signierten Netsuke hervorgeht,
sein persönlicher Name war Mataemon
und sein gô Kotekisai. Ein Netsuke mit
Fährboot-Darstellung ist auf das Jahr 1878
datiert (MCI, S. 656). Er verwendete im
Gegensatz zu anderen Schnitzern immer
wieder dasselbe kaô. Selten erscheint ein
rotes Lacksiegel Ono. Die Schreibweise der
Zeichen ryô und no variert.
Meinertzhagen nennt das Geburtsjahr
1833 und hält Ono Ryômin für einen
Schüler des →Rakumin. Auch schreibt er,
daß er in den 1880er Jahren eine große
Werkstatt für Elfenbeinschnitzerei in
Mukôjima, am linken Ufer des Sumida-
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere und Figuren
Miyazawa Shôzô wurde am 18.8.1912 in
Tokyo geboren. Er lernte die Elfenbeinschnitzerei bei seinem Vater Miyazawa
Seijirô (Ryôshû I.). Nachdem er sich zunächst mit Malerei beschäftigte, beschloß
er mit dreißig Jahren, Netsuke-Schnitzer
zu werden.
Bekannt sind seine humorvollen Darstellungen von kappa und Daruma mit beweglichen Augen. Ca. 1970 begann er Fische
und abstrakte Tiere zu schnitzen. Oft färbte er das Elfenbein stark ein.
293
Ryûchin (tätig ca. 1850/1870)
242, 356, 378, 405, 856
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und Stilleben, manjû
Yamada Bunjirô (oder Motojirô) verwendete das chômei Ryûchin sowie das gô
→Gyokuhôsai, →Gyokuhô und Gyokusai.
Laut Ueda war er der Schüler des →Ryûkei
in Edo/Tokyo und von der Ära Keiô (18651868) bis in die Meiji-Zeit tätig. Meinertzhagen jedoch bringt ihn auch in Verbindung mit →Gyokuyôsai. Die von ihm
vermutete Schaffensperiode, ca. 1830-1860,
dürfte im Hinblick auf seinen Stil zu früh
angesetzt sein. Er war Lehrer des Nishino
Hômeisai Kôgyoku (1858-?).
Die verschiedenen gô Gyokuhôsai,
→Gyokuhô und Gyokusai führen zu einer
ziemlichen Verwirrung, vor allem, wenn
der Schnitzer nur mit einem dieser gô signierte. Die Signaturen Gyokuhô sind in
einer klaren Regelschrift geschrieben. Das
kaô ist mit dem des Ryûchin vergleichbar,
aber nicht identisch. Die manjû haben eine
große, flache, runde Form oder sind klein
und abgerundet viereckig.
Der Schriftstil der Signatur Gyokuhôsai in
Regelschrift, die gelegentlich von dem Siegel „Ryûchin“ gefolgt ist, ist sehr vergleichbar mit den Signaturen „Ryûchin“.
Die
kursiv
geschriebene
Signatur
Gyokuhôsai muß nicht unbedingt mit
Gyokuhôsai Ryûchin identisch sein. Die in
Kursivschrift
Gyokuhôsai
signierten
Netsuke stellen in den meisten Fällen
Früchte oder dichte Arrangements von
Gegenständen dar, die denen des Ryûchin
sehr ähneln.
Die zahlreichen, figürlichen Netsuke des
Ryûchin haben einen erzählerischen Cha-
rakter. Um eine Hauptfigur gruppieren
sich kleinere Gestalten. Bei den Zodiakusgruppen zeigt sich eine Vorliebe für dichte,
kompakte Arrangements.
Die Ryûchin-Werkstatt schuf vor allem
Stilleben-Netsuke, die meist Gyokuhôsai
signiert sind: Spielzeug, Muscheln und
Fische, Teezeremonie- und Küchenuntensilien sowie Gegenstände, die die vier
Stände repräsentieren. Oft wurden die
Früchte oder die Schneckengehäuse mit
Landschaften in anabori versehen. Ryûchin
wählte Ansichten von Uji, den berühmten
Häfen und den sankei (die drei schönsten
Landschaften
Japans:
Miyajima,
Matsushima und Amanohashidate) oder
Tamagawa-Ansichten. In den meisten Fällen wird die Szenerie durch eine Inschrift
in feiner, schwarz eingefärbter Gravur
identifiziert.
Ryûgi (tätig spätes 19. Jh.)
288
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Aus einer bei Lazarnick abgebildeten Signatur geht hervor, daß sein Familienname
Yamamoto war.
Ryûgyoku (tätig ca. 1860-1880)
690
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Bei Meinertzhagen sind drei RyûgyokuNetsuke abgebildet, deren Signatur in derselben Art (das erste Zeichen Kursiv-, das
294
zweite in Regelschrift) geschrieben ist und
sich in einer ovalen oder gezackten Reserve
befindet. Er benutzte das Siegel Seikô
(Kiyomitsu). Meinertzhagen meint, daß er
aus der Schule des Gyokuhôsai →Ryûchin
stamme. Verifiziert wird diese Aussage
durch das vorliegende manjû, das es in
ganz ähnlicher Art auch von Ryûchin gibt
(Schwarz 1992, Nr. 362).
Ryûkei (tätig Mitte 19. Jh.)
366
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Die Signatur ist entweder die des Ryûkei I.
oder Ryukei II. Ersterer stammte aus Kyoto
und zog später nach Edo, wo er in Honjô
Kitashinmacho lebte und bei Hôkei lernte.
Sein gô war Shinshisai. Er führte den Titel
hôkyô, der niedrigste Ehrentitel für Künstler. Ryûkei I. hatte zahlreiche Schüler. Eines seiner Merkmale ist, daß er seine
Schnitzarbeiten mit Lack und teilweise
gefärbtem Elfenbein anreicherte.
Ryûkôsai (tätig Mitte 19. Jh.)
872
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Nach dem Tokyo meiko kagami wurde Ota
Ryûmin 1833 geboren. Sein Name war
Mataemon und 1879 lebte er in Koumemura 12 banchi. Er lernte circa acht Jahre
lang bei →Rakumin. 1853 machte er sich
selbständig und eröffnete eine Werkstatt in
Fukagawa Fukuzumichô. Er schuf Netsuke
für inrô und tabakoire für seinen Auftraggeber Miyagawa Chôjirô (wohnhaft in Koamichô) und andere. Ab ca. 1871/1872
schuf er okimono im Auftrag von Ôzeki
Yahei (wohnhaft in Asakusa Kuramaechô)
und Kishida Sahei (wohnhaft in Asakusa
Komagatachô). In der 1. Inlandsindustrieausstellung stellte er ein okimono einer
Figur von Ôta Dôkan bzw. eine Passagierfähre, eingereicht von den beiden Auftraggebern, aus. Nach der Meiji-Restauration
verringerte sich seine Produktion um 20%.
Ryûraku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
278
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Holz und Elfenbein
Motive: Figuren und Tiere
Es kann sich bei diesem Schnitzer nicht um
→Jugyoku handeln, der das gô Ryûkôsai
führte. Das MCI führt ein fast identisches
Netsuke mit Signatur Ryûkôsai an.
Jonas und Ueda schreiben, er habe im 18.
Jahrhundert kleine Masken geschnitzt.
Dies widerspricht dem Bestand erhaltener
Netsuke, die in die Mitte des 19. Jahrhunderts zu datieren sind. Meinertzhagen ordnet ihn in die Gruppe um →Ryûkei ein.
Viele Netsuke habe eine flache Standfläche.
Ryûmin (tätig ca. 1850-1880)
438
Ryûsen (tätig ca. 1850-1870)
65, 800
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
295
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere und Gegenstände
Horiuchi Ryûsen war Lehrer von Takeuchi
Kyûichi (1857-1916). Laut Ueda starb
Ryûsen kurz nachdem der 13jährige
Kyûichi bei ihm in die Lehre kam.
Die Netsuke des Ryûsen stellen meistens
Stilleben dar, die in der Art von ryûsamanjû gearbeitet und in anabori dekoriert
sind.
Der Unterschied der beiden Signaturen
erklärt sich dadurch, daß das erste Schriftzeichen der Signatur des Netsuke Kat. Nr.
65 die verkürzte Form des Schriftzeichens
der Signatur des Netsuke Kat. Nr. 800 ist.
Beide Stücke zeigen einen ähnlichen anabori-Dekor: im Vordergrund innen steht
ein Baum, dessen Stamm unterschnitten
geschnitzt ist, während die Krone in Gravur außen auf der glatten Oberfläche wiedergegeben ist.
Seiha (tätig 20. Jh.)
71, 177
Nicht verzeichnet
Seikanshi (tätig ca. 1850)
192
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein, gelegentlich in Holz
Motive: Figuren und Tiere
Über Seikanshi gibt es keinerlei biographische Angaben. Aus der Signatur eines
Netsukes im gleichen Schriftstil in der Collection Baur (C 88) geht hervor, daß er
auch den Namen Seiseisai Kanshi benutzte.
Die Übernahme des Hotei-Motivs von
Ôhara →Mitsuhiro (1810-1875) aus Osaka
(NKSJ, Jg. 6, Nr. 2 [Sommer 1986], S. 30)
läßt vermuten, daß er in Osaka tätig war.
Er arbeitete hauptsächlich in ungefärbtem
Elfenbein und schuf Figuren aus dem Buddhismus oder Volksglauben, aber auch
Tiere und manjû.
Seizan (tätig spätes 19. Jh.)
318
Ein Künstler dieses Namens wird bei Lazarnick mit einem oni-Netsuke erwähnt.
Sekibai (tätig spätes 19. Jh.)
925
Dieses Signatur ist nur bei Bushell (1985,
Sign.-Nr. 268, Tafel 208) angeführt. Er liest
die Schriftzeichen Sekitan.
Ein Netsuke, im selben Stil gearbeitet (Kat.
Nr. 926), ist →Gyokuzan signiert. Zwischen den beiden Schnitzern muß eine
enge Beziehung bestehen. Entweder arbeiteten sie in derselben Werkstatt oder es
handelt es sich um denselben Künstler, der
zwei verschiedene Namen verwendete.
Sekkô (tätig Mitte 19. Jh.)
79
Dieser Schnitzer ist nur durch dieses einzige Netsuke bekannt, das im MCI und bei
Davey (Nr. 2318) erwähnt wird.
Senpô (1919-?)
770
296
Tätig in Tokyo
Arbeitet in Elfenbein
Motive: Zikaden und Figuren
Kobayashi Senkichi wurde am 2.3.1919 in
Tokyo geboren. Er lernte die NetsukeSchnitzerei bei seinem Vater Take‘ichirô,
der nach dem 2. Weltkrieg mit dem
Schnitzen von Netsuke begann. 1970 stellte
er erstmals auf der Zen Nihon zôge chokoku ten (Ausstellung von ElfenbeinSkulpturen aus ganz Japan) aus. Es folgten
zahlreiche weitere Ausstellungen und Preise.
Sein berühmtestes Motiv ist das der Zikade, das er ab ca. 1975 in Holz und Elfenbein schnitzte.
Sensai (tätig Mitte 19. Jh.)
165
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere
Sensai scheint ein Faible für ausgefallene
Sujets gehabt zu haben. Das erste Schriftzeichen sen bedeutet Unsterblicher. Das
zweite Zeichen seines Namens schreibt er
in einer stark verkürzten Weise.
Shibayama (Werkstattmarke seit dem späten 18. Jh.)
139, 276
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeiteten in Elfenbein und Lack sowie
mit farbigen Einlagen
Shibayama ist sowohl der Name einer Familie, die in Lack mit farbigen Einlagen
arbeitete, als auch die Bezeichnung der
Technik, Lack, Elfenbein, aber auch Holz
mit Einlagen aus Schildpatt, Perlen, Perlmutter, Malachit, Koralle und Metallen zu
versehen. Dieser Stil wurde ca. 1780 von
Ônogi Senzô Yasumasa aus Shibayama
begründet. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts waren als berühmteste Künstler
dieser Familie Senzôs Enkel Shinryôsai
Yasumasa (1830-nach 1879), Sôichi (1811nach 1893) und Sôchichi tätig. Von den
ersten beiden sind Netsuke erhalten.
Netsuke, die in Shibayama-Technik dekoriert sind, sind meist manjû aus Elfenbein.
Ein häufiges Netsuke-Sujet ist der reich
geschmückte Elefant. Die Werkstattmarke
Shibayama befindet sich meist auf einem
eingelassenen, rechteckigen Perlmutterplättchen.
Shibayama Yasunobu (Ekishin) (tätig ca.
1850-1880)
842
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein mit Einlagen
Motive: Manjû
Meinertzhagen, der die Lesung Ekishin
anwendet, erwähnt zwei Netsuke. Seit Davey hat sich der Name Yasunobu eingebürgert. Dieser Künstler hat sich auf manjû
spezialisiert. Diese dekorierte er mit Stilleben, z.B. Gemüse oder Insekten in einer
willkürlich anmutenden Zusammenstellung über die ganze Fläche verteilt. Seine
Einlagen bestanden neben Perlmutter aus
Koralle, Malachit und Aventurin. Er hat
mit dem Metallkünstler Serizawa Ryûmin
(ca. 1837-nach 1887) zusammengearbeitet.
In der Sammlung Wrangham befindet sich
ein Elfenbein-inrô, das in einem zurückhaltenden Shibayama-Stil mit shishi und
297
Päonien bzw. Kranich und Bambus dekoriert ist. Auf die Signatur Yasunobu auf
einem Perlmutter-Cachet folgt ein Siegel.
Shin'ichi (tätig Mitte 19. Jh.)
291
Arbeitete in Holz
Motive: Tänzer
Shin'ichi hat vor allem Tänzer geschnitzt.
Die Gewänder sind farbig bemalt, die Gesichter naturbelassen. Sein Stil ähnelt sehr
dem des →Shûzan, der in der Mitte des 19.
Jahrhunderts tätig war.
Im Katalog der Sammlung Behrens wird
das Netsuke eines Oniwakamaru mit Karpfen erwähnt (Joly 1912, Nr. 1140, ohne
Abb.). Da dieser Künstler nur durch dieses
eine Netsuke bekannt ist und das Netsuke
das gleiche Sujet zeigt, könnte es mit dem
vorliegenden Stück identisch sein. Die von
Meinertzhagen
gezeichnete
Signatur
stammt wohl nicht von dem Netsuke, sondern ist von gedruckten Schriftzeichen
kopiert.
Shôhaku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
14
Nicht verzeichnet
Shinsai (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
439
Vielleicht handelt es sich um den von Jonas und Ueda erwähnten Schnitzer in Elfenbein, über den nichts weiteres bekannt
ist.
Shin‘yû (tätig Mitte 19. Jh.)
135
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Von diesem Schnitzer sind zwei weitere
Netsuke bekannt (Collection Baur, C 211
und ehemalige Sammlung Trower, Nr.
754). Das Netsuke in der Collection Baur
und diese Kat. Nr. 135 zeigen, daß Shin‘yû
eine Vorliebe für Gestalten des Volksglaubens in amüsanten Situationen hatte.
Shizu (tätig 19. Jh.)
252
Shôkatei Kazutsune
805
→Kazutsune
Shômin (tätig ca. 1870)
857
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figurengruppen
Ein ähnliches Netsuke mit Darstellung
eines azuma-inu (Spielzeughund aus der
Hauptstadt) im British Museum ist Ono
→Ryômin signiert. Shômin ist daher wohl
der Schnitzergruppe um Ono Ryômin zuzuordnen, was durch den Stil seiner Arbeiten bestätigt wird. Auf seine Signatur folgt
gelegentlich ein kaô.
In der Literatur wird die Signatur oft mit
der des →Masatami, sowohl jenem aus
Nagoya als auch des sog. Affen-Masatami,
verwechselt.
298
Shôsai (1878-1928)
817
genannten Schnitzer dieses Namens in
Verbindung zu bringen.
Tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Totenschädel, Langusten, Masken
Shûdô (tätig spätes 19. Jh.)
953
Tsuda Shôsai wurde am 25.8.1878 in Osaka
geboren. Er lebte in Osaka Tsurumachi
und lernte bei Murata Naomitsu (18671931). Seine Schüler Hatanaka Shôroku
und Nishida Shôju unterstützten ihn in
seinen letzten Lebensjahren in seiner Arbeit. Shôsai starb 1928.
Netsuke von Shôsai sind selten. Aus der
Literatur sind ein Tiger und zwei HannyaMasken bekannt (Sammlung Bushell und
Sammlung Baur). Laut Ueda hat er zahlreiche Totenköpfe und Langusten geschnitzt.
Er scheint eine Vorliebe für besonders
kleine Netsuke gehabt zu haben.
Shôunsai
81, 446
→Joryû
Shôzan (tätig Mitte 19. Jh.)
362
Eine Signatur in dieser Schreibweise findet
sich bei Lazarnick auf einem MaskenNetsuke aus Holz.
Shôzan (tätig spätes 19. Jh.)
200
Aufgrund von Stil und Schreibweise der
Signatur sowie der Qualität der Schnitzarbeit ist er mit keinem der in der Literatur
Möglicherweise tätig in Osaka
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Masken
Dieser Künstler hat sich auf groteskkomische Masken-Darstellungen spezialisiert. Die Augen schielen oder sind geschwollen, der Mund ist zahnlos, die Nasen
oft krumm und auf den Köpfen befinden
sich Beulen. Meinertzhagen sieht eine Beziehung zu den Maskengruppen des
Kôhôsai aus Osaka.
Shûgetsu (Schnitzersignatur
1760/1780)
183, 184, 694
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeiteten in Holz
Motive: Masken und Figuren
seit
ca.
Obwohl bei Ueda lange, biographische
Angaben zu Higuchi Shûgetsu I., Shûgetsu
II., Hara Shûgetsu III. und Hara Shûgetsu
IV. zu lesen sind, lassen sich Netsuke den
einzelnen Schnitzern nicht eindeutig zuweisen. Man nur kann nur vom Zeitstil
ausgehend ein Netsuke einem der vier
Schnitzer zuschreiben. Meinertzhagen
meint, daß die Hinzufügung des Wortes
saku (gemacht) typisch sei für Shûgetsu
III., aber auch von Shûgetsu II. benutzt
wurde. Signaturen, denen der Familienname Hara hinzugefügt ist, müssen von
Shûgetsu III. stammen. Eine große OkameMaske mit Signatur sandaime (3. Genera299
tion) Hara Shûgetsu wird im MCI erwähnt.
Desweiteren gibt es die Signaturen
Shûgetsu Shizan, die von Meinertzhagen
dem Shûgetsu IV. zugeordnet werden.
Hara Shûgetsu ist im Edo kaimono hitori
annai (Fürhrer zum selbständigen Einkauf
in Edo) von 1824 als gohinashi (ehrenwerter Puppenmeister) gelistet, der vielerlei
feine Holzschnitzereien in Hochô 2 chôme
Kidogawa anbietet. Dies war in der Nähe
der Jikkendana-Straße, in der sich viele
hina-Puppengeschäfte befanden. Wahrscheinlich sind alle Shûgetsu signierenden
Schnitzer mit dieser Adresse in Verbindung zu bringen. Sie schufen hina-Puppen,
Shûgetsu II. auch kabuto-ningyô (Puppen,
die Samurai darstellen und die zum Knabenfest aufgestellt wurden) und Puppen
für Festwagen. Sie fertigten aber auch
Netsuke. Shûgetsu I. schnitzte MaskenNetsuke, vor allem Okame-Masken waren
seine Spezialität. Seither sind OkameMasken ein Markenzeichen dieser Schnitzergruppe.
Die meisten Netsuke mit Signatur
Shûgetsu müssen wohl dem Shûgetsu IV.,
der 1828 geboren wurde und der bis in die
80er Jahre arbeitete, zugeschrieben werden.
Shûgetsu (tätig 19. Jh.)
718
Motive: Figuren
Shûgyoku führte das gô →Gyokuôsai.
Meinertzhagen lokalisiert diesen Schnitzer
in Tokyo; Smith und Barker vermuten ihn
hingegen aus Osaka stammend.
Shûmin (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
211
Tätig in Edo
Ein Schnitzer namens Shûmin, dessen
zweites Zeichen sich in dieser Weise zusammensetzt, ist in der Literatur nicht verzeichnet. Weil es in Japan üblich war, im
Laufe einer beruflichen Karriere Namensbestandteile oder auch nur einen Teil eines
Schriftzeichens auszutauschen, könnte
man vermuten, daß es sich hier um Hara
Shûmin I. oder Shûmin II. (?-ca. 1875) aus
Edo handelt. Der steife, dünne und etwas
unbeholfen wirkende Schriftduktus weicht
jedoch von den kräftig geschnittenen Signaturen des berühmten Schnitzers Hara
Shûmin ab.
Stilistisch läßt sich das Stück jedoch den
Arbeiten der Hara-Schnitzer zuordnen.
Diese zeichneten sich durch feine Ausarbeitung der Gesichter und Gewandfalten
sowie die glatt polierte Oberfläche des
dunklen, rötlich braunen Holzes aus.
Diese dünn gravierte Signatur kann wohl
kaum von jenem Shûgetsu stammen, der
für die Darstellung großer, kräftiger Kröten bekannt wurde.
Shunchôsai (tätig ca. 1820-1850)
577
Shûgyoku (tätig Mitte 19. Jh.)
→Gyokuôsai
Tätig in Tanba
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere
Arbeite in Elfenbein
300
Netsuke mit Signaturen Shunchôsai sind
sehr selten. Bekannt von ihm sind Drachen
und Schlangen-Darstellungen. Seitdem
Meinertzhagen ein Drachen-Netsuke des
Shunchôsai in Verbindung mit dem Stil
des →Toyomasa aus Sasayama brachte, gilt
Shunchôsai als Schnitzer aus der Provinz
Tanba (heute Präfektur Kyoto).
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere
Meinertzhagen erwähnt zwei große TierNetsuke dieses Schnitzers, von denen eines
„im Alter von 75 Jahren“ signiert ist.
Shûôsai
132
Shungetsu (1841-nach 1910)
92
→Hidemansa II
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Shûraku (1843-?)
149
Uzawa Shungetsu wurde im März 1841
geboren. Sein gô war Kôryûsai. Er lebte in
Tokyo Shitaya Taninakachô und war der
Schüler des Yamada Chôgetsu (18261892). Nach der Öffnung der Handelshäfen schnitzte er Netsuke und okimono für
den Export. Auch fertigte er kiseruzutsu. Er
ist in der Mitgliederliste der Tôkyô
chokkôkai, zôgebu (Tokyo BildhauerGesellschaft, Abteilung Elfenbein) für das
Jahr Meiji 43 (1910) vertreten. Damals
lebte er in Chiba, in der Nähe von Tokyo.
Shungetsu schuf vor allem figürliche
Netsuke. Die Gewandmuster sind durch
feine, schwarz eingefärbte Gravuren wiedergegeben.
Shun‘yô (tätig 19. Jh.)
876
Nicht verzeichnet
Shunzan (tätig frühes 19. Jh.)
673
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Holz, Elfenbein und Narwalzahn
Motive: Figuren, manjû
Kawamoto Shûraku führte den Name
Tetsujirô. Sein gô war laut Ueda und Jonas
Shôjôsai, im MCI ist das gô Korinsai vermerkt. Laut Jonas wurde er 1843 geboren.
Er lernte bei Hara Shûgetsu III., und nach
zehn Jahren Lehrzeit machte er sich selbständig. Zunächst arbeitete er in Holz, später aber unter Einfluß von Asahi Gyokuzan
(1843-1923) begann er in Elfenbein zu
schnitzen.
Vielleicht ging damit auch der Wechsel des
Signaturstils einher. Denn es gibt HolzNetsuke mit einer klar in Regelschrift geschriebenen Signatur und ElfenbeinNetsuke, die in einem kursiven Stil signiert
und mit dem Siegel Shûraku versehen sind.
Als Link dieser beiden Gruppen könnte ein
Holz-Netsuke in der Collection Baur angesehen werden, wo eine in kaisho geschriebene Signatur mit einem in Elfenbein eingelegtem Siegel kombiniert ist (C 494).
301
Aber vielleicht hat Lazarnick auch recht,
wenn er die Shûraku signierten Stücke
nicht nur nach Material unterscheidet,
sondern diese auch verschiedenen Künstlern zuschreibt.
Möglicherweise hat Shûraku anfänglich
und unter Einfluß seines Lehrers in Holz
gearbeitet und dessen Themen übernommen, denn er hat das Thema des Daruma,
bei der Meditation, beim Aufwachen und
Gähnen oder beim Durchbrechen von
Spinnweben nach seiner langjährigen Meditation, in verschiedenen Varianten geschnitzt. Die Holz-Netsuke sind mit kleinen Einlagen aus Elfenbein angereichert;
die himotôshi-Löcher sind in der Art der
Hara Shûmin-Nachfolger in naturbelassenes und gefärbtes Bein gefaßt.
Es gibt auch Narwal (ikkaku)-Arbeiten von
ihm, wobei die typische Außenkruste teilweise erhalten blieb (Davey 1974, S. 109).
Narwal war besonders kostbar, weswegen
die Außenhaut in die Komposition miteinbezogen wurde. Die Arbeiten in Narwal
zeigen Tiere (Affe, Hirsch).
Shûraku schuf auch Elfenbein-manjû.
Shûraku (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
246
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren
Dieser Shûraku ist vielleicht mit dem von
Meinertzhagen erwähnten Schnitzer, der in
Holz arbeitete, gleichzusetzen.
Shûraku (1830-1894)
105
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Metall
Ozawa Shûraku, mit persönlichem Namen
Kingorô, wurde 1830 in Edo geboren und
lebte in Tokyofu Kita-Toyoshima-gun,
Kanesugimura, Negishi. Er war ein Schüler
des Kobayashi Tenmin (1800-nach 1875)
und führte den Titel hôgen. Shûraku gilt als
der wichtigste kagamibuta-Künstler in
Edo/Tokyo.
Die Shûraku-Signaturen lassen sich in zwei
Gruppen unterteilen: Die Mehrzahl der
kagamibuta zeigt eine kräftig geschriebene
Signatur mit kaô in Form eines Helmes.
Gelegentlich wird dem Namen das gô
Baidô vorangesetzt. Man ist sich einig, daß
die markant geschriebene Signatur dem
Meister Ozawa Shûraku selber zuzuordnen
ist.
Eine kleine Gruppe von kagamibuta zeigt
eine etwas anders geschriebene Signatur
und ein Signet, das von dem auffälligen
Helm-kaô stark abweicht. Bei diesem Signaturen-Typ findet sich gelegentlich das gô
Ryûryû. Interessanterweise ähneln manche
dieser kaô sehr demjenigen des Someya
Shûmin. Es wird vermutet, daß Ryûryû
Shûraku und Someya Shûmin ein und derselbe Künstler sind (Eijer 1994, S. 103).
Die kagamibuta des Baidô Shûraku und
des Ryûryû Shûraku sind meist aus
shibuichi. Die Kapsel der Ozawa Baidô
Shûraku-Netsuke ist sehr gut gearbeitet
und gelegentlich von bekannten NetsukeSchnitzern wie Kokusai gefertigt. Die bevorzugten Techniken waren Treibarbeit,
reliefierte Einlagen (takazôgan), Gravur
(katakiri und kebori); flache Einlagen
(hirazôgan) sind hingegen eher selten. Die
Motive sind der japanischen Geschichte
und dem Legendenschatz entnommen. Der
Entwurf stammt gelegentlich von namentlich identifizierten Malern wie Hanabusa
Itchô (1652-1724) oder Maruyama Ôkyô
(1733-1795).
302
Die Signatur auf dem vorliegenden Stück
stammt wahrscheinlich nicht vom Meister
selbst.
Shûzan (tätig Mitte/2. Hälfte 19. Jh.)
114, 317
Tätig in Osaka oder Nara (?)
Arbeitete in farbig bemaltem Holz
Motive: Figuren (Schauspieler, Glücksgötter)
Diese Signatur, in einer vertieften, ovalen
Reserve und in rot eingefärbter Gravur,
findet sich auf zahlreichen, figürlichen
Netsuke aus farbig bemaltem Buchsbaum.
Das Holz ist mit Muschelkalk grundiert
und in matten Mineralfarben – u.a. in den
Tönen Rosa und Grau – bemalt. Die Gewandmuster bestehen oft aus kleinen, aneinander gefügten, farbigen Kreisen, deren
Kontur plastisch aufgebaut ist und die
Wolkenformen bilden. Andere Stoffpartien
sind in feiner Zeichnung in Gold dekoriert.
Manchmal sind Kopf und Füße aus Elfenbein.
Diese Netsuke könnten im Umkreis von
Morikawa Tôen (1820-1894) aus Nara entstanden sein. Dieser schnitzte zahlreiche,
farbig bemalte Puppen und Netsuke, vor
allem von Nô-Schauspielern, in blockhafter Manier in der Art der nara-ningyô. Diese sowie die Puppen aus Uji (uji-ningyô)
waren – wie auch heute noch – meibutsu
(berühmtes Produkte) aus Nara bzw. Uji.
Die größte Sammlung von ShûzanNetsuke befindet sich im Musée d’Ennery.
Madame Clémence d’Ennery trug ihre
Sammlung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammen und hat sie vor allem
im Handelshaus Au Bon Marché erworben, das von 1882 bis 1902 Japonica ver-
kaufte. Es ist zu vermuten, daß dort auch
moderne Arbeiten angeboten wurden, und
die große Anzahl gleichartiger Netsuke
läßt auf eine damals zeitgenössische Produktion schließen.
Shûzan
255, 388
Diese Signaturen sind nicht in Verbindung
zu setzen mit dem berühmten Yoshimura
Shûzan aus Osaka und Shûzan, der seine
Buchsbaum-Netsuke farbig bemalte. Eine
mit Kat. Nr. 255 vergleichbare Signatur
wird im INCSJ (Jg. 8, Nr. 1 [Juni 1980], S.
41) abgebildet. Sie befindet sich auf einem
Elfenbein-Netsuke eines Wolfes, der im
Stil der Kyoto-Schnitzer des späten 18. und
frühen 19. Jahrhunderts gearbeitet ist. Die
Signatur der Kat. Nr. 388 ist eine Hinzufügung neueren Datums.
Shûzan (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
304, 916, 919
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren und Masken
Shûzan soll laut Ueda ein Schüler des
Shûgetsu I. gewesen sein, der vor 1781 von
Osaka nach Edo übersiedelte. Meinertzhagen bildet ein Netsuke einer Okame ab
(sehr ähnlich der Kat. Nr. 211), auf dessen
Signatur Shûzan ein kaô folgt. Dieses wiederum ist sehr ähnlich dem kaô der Kat.
Nr. 304 und gleicht dem auf einem Netsuke von Shûmin (MCI, S. 776, Nr. 1103g).
Shûzan ist daher wohl ein Schnitzer aus
der Hara Shûmin-Gruppe.
303
Shûzan schuf vor allem Okame-Masken in
Holz, wodurch er sich als Schüler des
Shûgetsu, der für seine Okame-Masken
bekannt war, ausweist. Die Masken Shûzans sind unverkennbar: sie haben eine hohe Stirn mit zwei ovalen Kreisen, die die
Augenbrauen darstellen, eine breite Nase,
einen kleinen, geöffneten Mund mit vorgeschobener Unterlippe und ein markantes,
spitzes Kinn. Die dichten, fast ein Polster
bildenden Haare sind in der Mitte gescheitelt und zwei dicke Strähnen umrahmen
das Gesicht.
Der Steg auf der Rückseite ist bei ShûzanMasken-Netsuke
charakteristisch geschweift.
Shûzan (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
354
Möglicherweise ist es der gleiche, von Davey (Nr. 2663) aufgelistete Schnitzer, der
seine Netsuke mit Einlegearbeiten anreicherte.
Sôichi (tätig Mitte 19. Jh.)
643
Dieser Schnitzer ist keinem der in der Literatur (Ueda, Meinertzhagen und Davey)
erwähnten Schnitzer mit Namen Sôichi
eindeutig zuzuordnen.
Sôichi (tätig ca. 1880-1920)
931
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Holz
Motive: Masken
Sôichi ist einer der vielen Schüler des
Miyazaki →Josô (1855-1910). Er hat sich
auf die in der Meiji-Zeit sehr beliebten
Masken-Netsuke spezialisiert, die durch
besonders sorgfältige Schnitzarbeit auffallen.
Sôju (geb. 1918)
866
Tätig in Tokyo
Arbeitet in Elfenbein
Fukai Motohisa wurde 1918 in Nagano,
Ogatagun geboren. Sein Name war Kiju
(Motohisa). 1937 wurde er in Tokyo mit 19
Jahren Schüler des Morita Sôko (18791944) und übernahm dessen Stil. Es sind
nur wenige Werke mit seiner Signatur erhalten, die aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg stammen. Nach dem Krieg ging er
zurück nach Nagano und wandte sich der
Landwirtschaft zu. Lazarnick bildet eine
Ratte auf einem Dachziegel ab.
Sôtoku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
299
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Davey erwähnt von diesem Schnitzer ein
Netsuke eines Tänzers.
Sôzan (tätig ca. 1880-1920)
383
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
304
Sôzan war Schüler des Miyazaki →Josô
(1855-1910). In der Manier der Sô-Schule
schnitze er Figuren aus dem städtischen
Alltag. Manche seiner Figuren (Priester,
Okame und kamifuki-Spieler) sitzen auf
flachen, rechteckigen Kissen (zabuton).
Bemerkenswert ist, daß inrô oder eine Tabaktasche mit Netsuke oft ostentativ vom
Gürtel hängen. Gelegentlich verwendete
Sôzan Lack und kleine Metalleinlagen, um
– in der Art des Suzuki Tôkoku (18461913) – Details hervorzuheben.
Sukenaga (1800-1871)
691
Tätig in Hida-Takayama
Arbeitete in Buchsbaum und ichii (Eibe)
Motive: Tiere
Matsuda Sukenaga wurde 1800 geboren.
Seine Familie lebte von der Herstellung
von Eßstäbchen und zog, als er 12 oder 13
Jahre alt, war nach Takayama in der Hida
Provinz (heute Präfektur Gifu). Er wurde
von Matsuda Kichibei adoptiert. Wie aus
seinem Reisetagebuch, das er zwischen
1819 und 1844 führte, hervorgeht, reiste er
mit 20 Jahren nach Nagoya, Ise, Osaka,
Kyoto und Nara. 1840 hielt er sich vier
Monate in Tokyo auf (NKSJ, Jg. 9, Nr. 4
[Winter 1989], S. 21). Sukenaga soll kurz
unter Hirata Suketomo (1810-1847) in Edo
gelernt haben. Sein Auftraggeber war der
Großhändler für Taschen und Beutelchen
namens Hinoya in Edo. Sukenaga starb
1871.
Sukenaga hat in zwei verschiedenen Stilen
gearbeitet. Anfänglich schuf er naturalistische Tier-Netsuke in Holz, das er unterschiedlich färbte, um die beste Wirkung zu
erzielen. Seine Motive waren Frösche auf
Dachziegeln, Walnüsse oder Kürbisse,
Schlangen
und
die
Kombination
sansukumi sowie andere Tiere. Figuren
schnitzte er selten. Sukenaga schuf auch
Holz-inrô.
Andererseits gilt Sukenaga als Erfinder des
ittôbori (Ein-Messer-Schnitzerei), einer fast
kubistisch anmutenden Schnitzart, bei der
mit dem Messer großflächige Partien aus
dem Holz weggenommen werden und so
kantige Formen entstehen. Hierfür verwendete er das lokale Eibenholz (ichii),
dessen gestreifte Maserung in Zusammenhang mit dieser Schnitztechnik einerseits
besonders gut zur Geltung kommt, andererseits zu darstellerischen Zwecken, wie
beispielsweise Gefieder oder Fell, genutzt
wurde. In dieser Art fertigte er vor allem
Kraniche. Aufschluß über die Verwendung
dieser simplen Netsuke gibt das in ittôbori
wiedergegebene Hasen-Netsuke des Sukenaga an einem Futteral aus lederähnlichem Papier eines Postkuriers. Solche
Netsuke waren billig und für den täglichen
Gebrauch geeignet (Shimatani Yoichi, The
Mail Courier’s Netsuke and Sagemono, in:
INSJ, Jg. 22, Nr. 2 [Sommer 2002], S. 2226).
Seine Signatur ist immer im gleichen Stil,
der sich an der sog. chinesischen BeamtenSchrift (reisho) orientiert, geschrieben.
Suketomo (1810-1847)
→Eishinsai
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere und Figuren
Hirata Suketomo wurde 1810 in Takayama, Provinz Hida (heute Präfektur Gifu),
geboren. Als junger Mann zog er nach Edo,
305
wo er in Asakusabashi wohnte. Er lernte
bei Yamaguchi →Tomochika (1800-1873)
und wurde ein professioneller NetsukeSchnitzer, der für den Großhändler für
Taschen und Beutel (fukuromonoya) Hinoya in Nihonbashi arbeitete. Suketomo
starb 1847 und ist im Ryukokuji in
Asakusa begraben (INSJ, Jg. 23, Nr. 2
[Sommer 2003], S. 44). Sein gô war Eishinsai, wie aus zwei Eishinsai Suketomo signierten Netsuke hervorgeht. Lazarnick liest
das gô Saishinsai.
Suketomo schnitzte vor allem Frösche und
Schlangen.
Sukeyoshi (tätig frühes 20. Jh.)
156
Tätig in Hida-Takayama
Arbeitete in Holz, vor allem Eibe
Motive: Daruma, Masken, Tiere
Sukeyoshi stammte aus Hida-Takayama,
Präfektur Gifu. Er wird aber in den Geneaologien der Eguro- und Tsuda-Linie
der Hida-Schnitzer nicht erwähnt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Schnitzer der Tsuda-Linie, zu der im frühen 20.
Jahrhundert die meisten Hida-Schnitzer
zählten.
Bei den in der Literatur erwähnten Netsuke handelt es sich um Daruma, bei den
Hida-Schnitzern besonders beliebt, Fukurokuju, Affen, Frosch auf Nußschale und
eine Maske. Er schnitzte in einer gemäßigten ittôbori-Technik.
Tadachika (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
396
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Bei Kat. Nr. 396 handelt es sich wahrscheinlich um das im MCI, S. 835 erwähnte
Stück. Lazarnick bildet ein HannyaNetsuke dieses seltenen Schnitzers ab.
Tadachika (tätig ca. 1860-1870)
161
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren, Tiere, Maskenhaufen
Tadachika zählt zu den Schülern →Tomochikas. Er führte das gô Tôyôsai. Ueda
schreibt, daß er in der Ära Bunkyû (18611864) tätig war. Dies stimmt mit der Datierung auf der Arbeit Kat. Nr. 161 überein.
Das Netsuke ist möglicherweise identisch
mit dem von Meinertzhagen (MCI, S. 834)
erwähnten, 1865 datierten okimono.
Tadachika schuf Figuren, Skelette und
Maskengruppen in ungefärbtem Elfenbein.
Tadatoshi (ca. 1770-1840)
8, 9, 10
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Motive: Tiere und Figuren
Laut Ueda lebte Tadatoshi in der Ära
Tenmei und Kansei (1781-1801). Heute ist
man sich jedoch einig, daß er ein Schnitzer
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war.
Er lebte in Kinjô higashi (wörtlich östlich
des Kinjô-Schlosses) in Nagoya.
Tadatoshi schnitzte fast ausschließlich in
Holz, wahrscheinlich Kirschholz, das er
rötlich färbte. Die Augen der Tiere sind oft
in hellem Horn eingelegt. Der Stil ist realistisch, die raffinierten Details teilweise in
306
ukibori genau wiedergegeben. In der Regel
bildete eine natürliche Öffnung im Netsuke das himotôshi.
Tadatoshis beliebtestes Motiv ist der schlafende shôjô, liegend oder sitzend, den Kopf
weinselig und müde in die Hand gestützt.
Diese Netsuke können ca. 1820 bis 1840
datiert werden. Es wird vermutet, daß Tadatoshi der Schöpfer dieses Motives ist.
Mehrfach schnitzte er auch das Thema der
Meerjungfrau und Kiyohime. Später übernahm Ikkan (ca. 1790-1870) diese figürlichen Motive in sein Repertoire.
Tadatoshi fertigte nur wenige Darstellungen von Zodiak-Tieren, hatte aber eine
Vorliebe für Schnecken, Schlangen, Kastanien und Pilze.
Die Signatur ist fast immer kursiv und in
ukibori-Technik geschrieben und befindet
sich in einer rechteckigen Reserve. Gelegentlich fügte er die Wohnortsbezeichnung
hinzu: Chôfu jû (wohnhaft in Chôfu
[Nagoya]) oder Kinjô higashi jû (wohnhaft
östlich des Schlosses).
Tadayuki (tätig Mitte 19. Jh.)
746
Tätig in Nagoya
Arbeitete in Holz
Tadayuki wird von Ueda als ein Schnitzer
von ningyô erwähnt, der in der Ära Tenpô
(1830-1844) gearbeitet haben soll. Sein
Namensbestandteil tada und die in ukibori
ausgeführte Signatur sind Hinweis auf einen Schnitzer aus Nagoya. In der von
Akatsu Kentarô aufgestellten Genealogie
der Nagoya-Schnitzer ist er nicht erwähnt.
Eine sehr ähnliche Darstellung von zwei
fugu, signiert →Tadatoshi, befand sich
ehemals in der Sammlung Greenfield
(Hurtig 1973, S. 76, Nr. 252). Wahrscheinlich war Tadayuki ein Schüler des Tadatoshi.
Die schwer lesbare Signatur wurde von
Bushell fälschlicherweise Sayuki gelesen
(Christie’s New York, 23.4.1991, Lot 269).
Tama (Gyoku) (tätig spätes 18./frühes 19.
Jh.)
589
Nur Davey (Nr. 2845) führt einen Schnitzer dieses Namens an.
Tanetoshi (geb. 1947)
486, 500
Tätig in Kyoto
Arbeitet in Elfenbein und Holz
Motive: Tiere und Kindermärchen
Hiraga Tanetoshi wurde 1947 als Sohn des
Hiraga →Meigyokusai Tanetsugu (18961991) geboren und lernte bei seinem Vater.
Vorstudien und Skizzen für Netsuke
machte Tanetoshi bei Besuchen im Zoo.
Wie sein Vater ist auch er ein Dichter von
senryû. 1978 hatte er eine Ausstellung bei
Sunamoto Ivory & Co., Ltd. in Tokyo. Seine Arbeiten wurden auch von der Firma
Yamato Brothers in Tokyo vertrieben.
Tenzan
36
Motive: Figuren
Lazarnick bildet ein Lack-Netsuke eines
Kinkô sennin ab, das auf einem Elfenbeinplättchen Tenzan signiert ist; ein Netsuke
307
ohne Abbildung ist im MCI erwähnt. Hier
jedoch scheint das Plättchen mit Signatur
eine Ergänzung zu sein, nachdem das originale Plättchen herausgefallen war.
Teruyuki (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
759
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Fauna und Flora
Die Signatur wird von Davey und Lazarnick gelistet.
Tessai (1842-925)
752
Tätig in Tokyo und Nara
Arbeitete in Holz mit farbigen, lackierten
Fassungen
Motive: Masken und Trockenfische
Kano Kôtarô wurde am 15.2.1842 in Gifu
Honmachi in der Provinz Mino (heute
Präfektur Gifu) geboren. Seit dem 23. Lebensjahr verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Schnitzarbeiten. Nebenher begann
er in Tokyo, Kyoto und Nara Schnitztechnik und polychromen Fassungen alter
Skulpturen und Masken zu untersuchen.
1883 setzte er seine Studien der Skulpturen
der frühen Epochen in Nara fort. 1884
wurde er in das Komitee für die Untersuchung alter Kunstwerke berufen. Nach
einer sehr kurzen Professur für Bildhauerkunst an der Kunstakademie in Tokyo, zog
er 1895 wieder nach Nara, wo er Kopien
von Meisterwerken im Shôsôin und im
Hôryûji fertigte (William und Betty Parker,
"Kano Tessai and his many monjin", in:
NKSJ, Jg. 5, Nr. 1 [Frühjahr 1984], S. 27).
Ab 1913 lebte er wieder in Tokyo, bevor er
1918 endgültig nach Nara übersiedelte und
dort 81jährig starb.
Er schuf neben Kopien von Skulpturen,
gigaku- und bugaku-Masken der Nara-,
Heian- und Kamakura-Zeit auch persönliche Accessoires (Pfeifenfutterale, Netsuke,
obihasami) und kleine Objekte für die Teezeremonie, Weihrauchdöschen, etc. Einerseits wurde er für seine feinen, linearen
Gravuren auf flachen Oberflächen berühmt, andererseits war er ein Meister der
polychromen Fassung, die Patina und Alter täuschend echt simulierte. Hierfür verwendete er eine Mischung von Farben und
Lack, deren Rezeptur bis heute unbekannt
ist.
Seine Netsuke waren fast ausschließlich
Kopien der berühmten Masken verschiedener Tempel und Schreine in Nara und
Umgebung. Ob diese Masken-Netsuke
tatsächlich getragen wurden, erscheint unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist, daß
ein an der Vergangenheit orientierter, nationalistischer Kreis von Interessenten diese Schnitzarbeiten als Dokumentation bedeutender Tempelschätze en miniature
sammelte.
Seit 1881 signierte er mit dem Künstlernamen Tessai. Auf diesen folgt oft das
Schriftzeichen tô (geschnitzt) und sein kaô.
Dieses – verwendet ab 1899 – basiert auf
dem Schriftzeichen kô (Glanz), das erste
Zeichen in seinem Vornamen. Einer seiner
Schüler, der sich mit dem Meister zerstritt,
rächte sich, indem er Tessais Signatur und
Arbeiten fälschte.
Tô (Azuma) (tätig 19. Jh.)
368
Nur bei Brockhaus ist ein kappa-Netsuke
308
mit der Signatur Tô vermerkt. Es ist sehr
ungewöhnlich, daß ein negoro-Netsuke
signiert ist.
Tômin (tätig ca. 1850-1880)
198
Arbeitete in Holz und Elfenbein
Motive: Figuren
Ueda erwähnt einen Tômin, der in Holz
gearbeitet hat und den er in die Spätzeit
datiert. Lazarnick bildet zwei Holz-Netsuke
ab, die beide das gô Mutei dôjin (Zurückgezogen von den weltlichen Sorgen) führen
und von denen eines Taishô kinoto-ushi
(1925) datiert ist.
Das Netsuke hier ist ganz in der Art des
Yamaguchi →Tomochika gearbeitet. Vielleicht ist es eine frühe Arbeit des oben genannten Tômin.
Tomoaki (tätig ca. 1850-1870)
392
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Sein Familienname war Inagawa und er
führte das gô Tôkôsai. Seine figürlichen
Netsuke sind im Stil des Yamaguchi
→Tomochika.
Tomochika (tätig 1. Hälfte 19. Jh.)
→Gyokusen
Tätig in Edo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren und Tiere
Yamamoto Tomochika (nicht zu verwechseln mit Yamaguchi Chikuyôsai →Tomochika) führte das gô →Gyokusen und
Gyokusensai. Ein Netsuke trägt auch die
Schriftzeichen Sôtetsu. Aus zwei Signaturen geht hervor, daß er den offiziellen Titel
hôkyô (der niedrigste Ehrentitel für Künstler) innehatte. Laut Ueda war er ein Schüler des →Tomotada aus Kyoto, doch übersiedelte er später nach Tokyo.
Figuren aus dem Legendenschatz und
Glücksgötter überwiegen bei diesem
Schnitzer. Manche Netsuke sind von einer
außerordentlich akribischen Ausführung.
Dazu zählt der durchbrochen geschnitzte
Vogelkäfig, der aus einem Stück Holz gefertigt ist – ein Bravourstück, welches er
mit dem Ehrentitel hôkyô signierte (ehemals Sammlung Bushell).
Tomochika (Schnitzersignatur ab ca. 1830)
17, 130, 137, 162, 251, 403, 409, 445, 644,
685, 836
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Yamaguchi Chikuyôsai Tomochika wurde
1800 in Edo geboren. Er lernte die Elfenbeinschnitzerei bei seinem älteren Bruder
Shôminsai Chikamasa. Sein chômei war
Tomochika, sein gô Chikuyôsai. Die Werkstatt, die von Yamaguchi Chikuyôsai Tomochika gegründet wurde, befand sich in
Tokyos Stadtteil Sugamo und führte ca.
1859 den Namen Teiya. Er starb 1873, im
Alter von 74 Jahren.
Tomochika hatte neben zahlreichen Schülern auch zwei direkte Nachfolger, die seinen Namen führten: Tomochika II. (1830?) war laut Jonas der Neffe, laut Ueda der
Enkel des Chikuyôsai Tomochika.
309
Yamaguchi Chinnosuke (1842-?) war (laut
dem Tokyo meiko kagami und Jonas) der
Enkel des Tomochika I. Auch sein gô war
Chikuyôsai. Er lebte 1879 in Tokyo
Koishikawa-ku Sugamo Kagochô 35 (nach
einer anderen Quelle in Ikebukuro Ohara).
Ab 1863 führte er den Namen Tomochika
III. Er schuf Netsuke und ab 1878 fast ausschließlich okimono für den Export.
Die Tomochika-Werkstatt arbeitete vorwiegend in Elfenbein. Als Sujets dienten
historische, japanische und chinesische
Personen und Figuren aus dem Alltag.
Laut Ueda spezialisierte sich Tomochika
auf das Thema ashinaga tenaga und ließ
sich von Hokusai manga inspirieren. Zudem fertigte er Geisterdarstellungen. TierNetsuke der Tomochika-Werkstatt, wie
shishi und Zodiak-Tiere, sind konventionell.
Tomochika I war der Begründer eines Typus genrehafter Figurendarstellungen, der
zum Merkmal dieser Werkstatt wurde. Die
Personen zeichnen sich durch die genaue
Wiedergabe der verschiedenen Gewandstücke (kosode, haori, obi) aus. Die fein
gravierten Muster entsprechen der Mode
des frühen 19. Jahrhunderts. Die Stoffe der
Männer-Gewänder sind mit kleinen Ornamenten überzogen – bestehend entweder aus drei parallelen Strichen, drei Punkten im Dreieck oder vier Punkten als Raute. Die Frauengewänder sind mit asanoha,
stilisierten Wellen, Kiefernadelbüscheln
oder Blüten geschmückt. Frisuren, Tabaktaschen mit Pfeifenfutteral und Fächern
galt besondere Aufmerksamkeit.
Tomochika-Figuren sind auch an ihren
charakteristischen Köpfen zu erkennen:
ausgewogen ovale Gesichter, die nicht so
überlängt sind wie bei →Joryû, schmale,
gebogene Augen, lange Nasen mit breiten
Nasenflügeln, leicht lächelnde Münder mit
tief liegenden Mundwinkeln.
Den Stil der drei Tomochika auseinanderzuhalten ist nicht möglich. Auch die Signaturen können weder vom Duktus noch von
der Form der Reserve her, in der sich die
Signatur befindet, einem der Schnitzer
zugeschrieben werden. Möglich jedoch ist
eine Einteilung in frühe, mittlere und späte
Arbeiten. Kompakte Stücke mit expressiven Gesichtern und guter Patina sowie
Holz-Netsuke müssen in die erste Hälfte
des 19. Jahrhunderts datiert werden und
könnten also von Tomochika I. stammen.
In der Zeit von ca. 1840 bis 1870 entstanden die lieblichen, genrehaften Figuren,
deren erzählerische Details die Europäer
begeisterten. Von ca. 1870 bis ca. 1890 datieren die kleinen okimono und die sehr
kleinen Netsuke mit figürlicher Darstellung auf einer flachen Standplatte. Manche
dieser späten Arbeiten tragen die Signatur
Chikuyôsai und das Siegel Tomochika.
Tomofusa
187
Im Sôken kishô von 1781 wird ein Hata
Tomofusa erwähnt. Er stellte nurimono
(Lack)-Netsuke her. Von Tomofusa sind
bisher keine Netsuke bekannt. Da er ein
Lackmeister war, wird er wohl kaum Elfenbein-Netsuke geschnitzt haben. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine
nachträglich auf ein altes Stück angebrachte Signatur.
Tomoharu (tätig ca. 1850-1870)
391
Tätig in Edo/Tokyo
310
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren
Tomomasa (1848?-nach 1879)
393
Aufgrund des Schriftzeichens tomo und
dem Schnitzstil muß es sich bei diesem
Künstler um einen Schnitzer aus der
Gruppe um Yamaguchi →Tomochika
handeln.
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Tomohide (tätig ca. 1860)
145
Tätig in Edo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Aufgrund des Stils seiner Netsuke und des
Schriftzeichens tomo in seinem Namen
stammt Tomohide wohl aus der Gruppe
um Yamaguchi →Tomochika. Seine Arbeiten sind selten.
Tomohisa (2. Hälfte 19. Jh.)
147
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Holz und Elfenbein
Motive: Figuren
Die im MCI und bei Lazarnick erwähnten
Figuren- und Tier-Netsuke sind aus Holz
und Elfenbein.
Tomokazu
228, 553, 744
Diese Signaturen stammen von verschiedenen Schnitzern und können nicht dem
berühmten Tomokazu aus Gifu zugeordnet
werden.
Nach dem Tokyo meiko kagami wurde
Tomomasa 1848 in Edo geboren. Sein
Name war Katô Seijûrô, sein gô Tôgyokusai. Er lernte acht Jahre lang bei Yamaguchi →Tomochika und machte sich 1868
selbständig und schuf zahlreiche Netsuke.
Von 1873 an schuf er nur mehr okimono.
Er hatte keine Schüler oder Assistenten.
Seine Auftraggeber waren Tsuji Sôbei (Shiroganechô 2-chôme), Hinoya (Yokohamachô) und Etchûya (Yokohamachô) u.a. Er
lebte 1879 in Tokyo Asakusaku Umamichichô 4-11.
Tomonobu (tätig ca. 1860-1870)
376
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und Tiere
Tomonobu ist ein Schnitzer der Yamaguchi →Tomochika-Gruppe. Ein Meiji 3
(1870) datiertes, kleines okimono (ehem.
Offermann & Schmitz, Wuppertal) gibt
einen Anhaltspunkt für seine Schaffenszeit;
es ist mit dem gô Kôyôsai signiert.
Tomonobu (tätig 20. Jh.)
549
Die Schreibweise dieser Signatur entspricht
nicht
den
bekannten
→Tomonobu-Signaturen. Es handelt sich um einen
311
neuzeitlichen Schnitzer, dessen Name sich
möglicherweise auch Yûshin liest.
Tomotada (tätig ca. 1780)
308, 560, 565, 585, 618, 633, 929
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Tiere, seltener Figuren
Das Sôken kishô schreibt über Tomotada:
„Eine Person aus Keishi (Kyoto). Er nannte
sich Izumiya Shichiemon. Wenn er einen
Ochsen schnitzte, war dieser herausragend.
Seine Arbeiten wurden vor allem im Kantô
(Das Gebiet um Tokyo) geschätzt. Deshalb
gehen die Fälschungen in die Hunderte.
Seine originalen Schnitzarbeiten sind hervorragend.“ (übersetzt nach Lazarnick
1982, S. 55).
Tomotada hat hauptsächlich Tiere geschnitzt und ihnen eine Interpretation verliehen, die immer wieder von anderen
Schnitzern kopiert wurde. Der Ochse, Tomotadas bekanntestes Motiv, wird liegend
dargestellt, mit dickem Zaumzeug und
über den Rücken gelegtem Leitseil. Die
Unterseiten dieser Netsuke sind nach oben
gewölbt, die Beine sind fast immer in der
gleichen Weise untergeschlagen. Die Tiger
haben ihren dicken Schwanz in einer gewellten Linie über den Rücken gelegt. Der
kräftig modellierte Kopf zeigt Augen mit
großen, runden Pupillen aus dunklem
Holz und stark gewölbte Brauen. Die
Pranken sind dick und rundlich. Zu den
markanten Netsuke-Modellen des Tomotada zählen weiterhin der auf einem Lager
aus Herbstblättern und Gräsern schlafende
Eber; der Hund vom Typ kame mit magerem Körper, einem Halsband und Glöckchen; das auf den Hinterläufen sitzende
kirin und der Wolf. Bei den sitzenden Tieren verläuft das himotôshi durch ein Loch
an der Unterseite und eines an der Flanke.
Von den hier abgebildeten Signaturen
sind, obwohl die Netsuke teilweise zweifelsfrei aus dem späten 18. Jahrhundert
stammen, keine eigenhändig von diesem
berühmten Schnitzer ausgeführt worden.
Tomotada (tätig 19. Jh.)
635
Arbeitete in schwarzem Holz
Motive: Tiere
Von Davey und Lazarnick wird das erste
Schriftzeichen tomo gelesen. Die geläufigere Lesung ist jedoch kazu. Weil dieser
Schnitzer in der Literatur als „Tomotada“
geführt wird, wurde hier diese Lesung beibehalten.
Tomotane (tätig 2. Hälfte 18. Jh.)
630
Tätig in Kyoto
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Tiere und Figuren
Das Sôken kishô erwähnt Tomotane als
einen Netsuke-Schnitzer aus Kyoto.
Netsuke von Tomotane sind selten. Meinertzhagen bildet einen kirin ab (ex Sammlung Hull Grundy, heute im British Museum, London) und erwähnt einen Hund mit
Ball, der möglicherweise mit Kat. Nr. 630
identisch ist.
312
Tomotoshi (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
414
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es
sich um einen Schnitzer aus dem Umkreis
Yamaguchi →Tomochika.
Tôraku (tätig ca. 1900)
185
Dieser Schnitzer ist nicht verzeichnet.
Möglicherweise handelt es sich aufgrund
des Stils und des Namensbestandteils tô
um einen Schüler des Suzuki Tôkoku
(1847-1913).
Toshikazu (tätig spätes 19. Jh.)
398
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Figuren
In der Literatur wird Toshikazu (auch
Juichi) als Schnitzer in Elfenbein geführt.
Lazarnick bildet ein Holz-Netsuke ab, das
ins späte 19. Jahrhundert zu datieren ist. Er
vermutet wegen eines vergleichbaren kaô
und dem Schrifzeichen ju (toshi), daß eine
Beziehung zu →Jugyoku besteht.
Toshinaga (tätig Mitte 19. Jh.)
143
Arbeitete in Metall
Wahrscheinlich handelt es sich bei dieser
Signatur um die des Fujita Toshinaga, der
im 19. Jahrhundert tätig war und über den
nichts weiteres bekannt ist.
Tôun (tätig 19. Jh.)
325
Es gibt drei verzeichnete Künstler, die mit
Tôun signierten. Es kann sich hier nicht
um Takamura Tôun und einen anderen
Tôun, die beide buddhistische Skulpturen
schufen, handeln.
Ein dritter Künstler, Ikkôsai Tôun, schuf
detailreiche Figurengruppen auf flacher
Standplatte in Elfenbein. Laut Ueda lebte
dieser Tôun in Edo, war in der Ära Tenpô
(1830-1843) tätig und führte erst in seiner
Spätzeit das gô Ikkôsai. Demnach führt
Meinertzhagen alle →Ikkôsai signierten
Netsuke unter Tôun auf. Bei diesen ist die
Signatur meist in ähnlicher Weise geschrieben: das erste Schriftzeichen ist verkürzt, das zweite oft mit einem markanten
unteren Haken geschrieben.
Hier jedoch ist tô in Regelschrift geschrieben, von einer dekorativen Reserve umgeben und mit der Signatur des Ikkôsai Tôun
nicht vergleichbar.
Tôyô (tätig ca. 1850)
134
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren
Dieser Künstler ist bei Meinertzhagen und
Davey nicht erwähnt. Ein fast identisches
Netsuke eines Raiden mit einer Frau im
Badezuber befindet sich im British Museum in London (Lazarnick 1982, S. 1189
und Barker und Smith 1976, Kat. Nr. 252).
313
Toyomasa (1773-1856)
136, 484
Tätig in Sasayama
Arbeitete in Holz (Buchsbaum und Kastanie)
Motive: Tiere und Figuren
Nicht nur Ueda trug bereits zahlreiche
Angaben über Toyomasa zusammen. Hata
Akira publizierte 1975 seine Quellenforschungen, die von Misao Mikoshiba ins
Englische übersetzt wurden (INCSJ, Jg. 11,
Nr. 4 [März 1984], S. 32-39). In den letzten
Jahren hat sich Ichimichi Kazutoyo mit
Toyomasa beschäftigt (INSJ, Jg. 20, Nr. 4
[Winter 2000], S. 21-25; Jg. 21, Nr. 1
[Frühling 2001], S. 21-29, Jg. 21, Nr. 2
[Sommer 2001], S. 40-45 und Jg. 24, Nr. 1
[Frühling 2004], S. 22-27).
Naitô Toyomasa wurde 1773 geboren. Sein
Name war Shirobyôei, er wurde aber Sensuke genannt. Seine Eltern waren Bauern
in der Provinz Tanba, Takigun (heute Präfektur Hyôgo). In der Ära Kansei (17891801) übersiedelte er vom Dorf Sôji, ein
Vorort von Sasayama, nach Kamitatsumachi in Sasayama. In der frühen Ära Bunka
(1804-1818) eröffnete er eine Schnitzerwerkstatt. 1809 erhielt er den Namen
Toyomasa von Nakagawa Naohisa, der
möglicherweise sein Lehrer war. 1810 bekam Naitô Toyomasa ein Grundstück. Sein
Geschäft für Siegel und Stempel namens
Fujiya existierte ab 1839. Aus einem Auftragsbuch geht hervor, daß seine Kunden
auch aus Orten in der Umgebung von Sasayama, wie Sanda, Hikami, Sonobe und
Kameoka, stammten.
Er und sein Sohn Toyoyasu (1810-1883)
stellten inrô, tonkotsu, buddhistische und
shintôistische Götter, Tiere und koshimoto
(Holzdolche für Frauen) her.
Unter dem daimyô Aoyama Tadahiro, der
im Sasayama-Schloß lebte, wurde Toyomasa 1835 offizieller Schnitzer der AoyamaFamilie. 1839 präsentierte er dem daimyô
Aoyama Tadatoshi ein inrô, von dem jener
so begeistert war, daß er Toyomasa eine
Malerei von Haruki Nanko (1759-1839)
schenkte.
Aus den Buchführungsunterlagen der Aoyama-daimyô geht hervor, daß Toyomasa
und sein Sohn Toyoyasu im Durchschnitt
200 hiki (= 5000 mon) für ein Netsuke erhielten. (Ein mon entsprach dem Preis einer Tasse Tee). Aus den Quellen geht weiterhin hervor, daß Vater und Sohn als
Schnitzer auch im Auftrag des OsakaSchlosses arbeiteten.
Interessant sind die für das Jahr 1845 belegten Umstände der Herstellung eines
okimono für den daimyô Aoyama Yukishige von Mino. Dieser hatte bei seinem Bruder in Sasayama die Arbeiten des Toyomasa bewundert und wünschte sich von diesem Schnitzer ein okimono. Hierfür lieferte
er Toyomasa eine Skizze einer Schlange
mit einer tama. Doch Toyomasa folgte der
Skizze nicht genau, da exakte Kopien den
Prinzipien des Künstlers widersprachen.
Aus anderen Unterlagen in der NaitoFamilie geht hervor, daß er sich höflich
entschuldigte, als er einen Abgabetermin
für ein bestelltes Objekt nicht einhalten
konnte.
Toyomasa hat sich auch mit Dichten von
haiku und Blumenstecken beschäftigt. Gelegentlich signierter er Netsuke mit
Shunshôan, einem Namen, den er als Ikebana-Meister führte. Er war ein frommer
und praktizierender Buddhist.
Toyomasa starb am 18.11.1856 im Alter
von 84 Jahren. Er ist im Tatemachi
Kannon-Tempel in Sasayama begraben.
314
Bei der Mehrzahl der Netsuke von
Toyomasa handelt es sich um Tiere des
Zodiak aus Holz: Affen, Hunde, Eber, Tiger und Hasen. Sie zeichnen sich durch
eine oft originelle Interpretation oder Zusammenstellung mit anderen Tieren aus.
Die wichtigsten Merkmale jedoch sind
Dramatik und Spannung, die sich in Körperbewegung und Kopf ausdrücken. Dazu
tragen auch die großen, in gelblichem
Horn eingelegten Augen bei. Eine Besonderheit im Werk des Toyomasa sind die
Tiere, die sich in einer Frucht befinden,
sich durch diese hindurch winden oder aus
dieser heraussteigen. Diese Netsuke verkörpern den Stil des Toyomasa am treffendsten.
Bei den selteneren, figürlichen Netsuke des
Toyomasa handelt es sich in der Regel um
Glücksgötter, Gama sennin und buddhistische Figuren. Ihre Gesichter sind oft grimassenhaft verzerrt und von großer Ausdruckskraft.
Eizô (Hidezô), der den Künstlernamen
Toyoyasu (auch gelesen Toyoyô) führte,
arbeitete zusammen mit seinem Vater. Aus
einer Notiz des Toyomasa I. geht hervor,
daß sein Sohn Linkshänder war. Entsprechend signierte er Hidari Toyomasa, wenn
nicht gar nur Toyomasa, wie sein Vater.
Laut Ducros begann er nach 1865 in Elfenbein zu arbeiten, wahrscheinlich um dem
westlichen Geschmack entgegenzukommen.
Toyomasa
123
Davey erwähnt ein lackiertes KarpfenNetsuke, das von einem Shunshoan
Toyomasa stammt. Möglicherweise wurde
diese Signatur hier nachträglich eingeritzt.
Unzan (Mitte 19. Jh.)
→Isshinsai Unzan
Arbeitete in Holz, seltener Elfenbein
Motive: Figuren, Maskengruppe
Unzan ist das chômei, →Isshinsai ist das gô
dieses Schnitzers. Im MCI sind vier Unzan
signierte Netsuke erwähnt, u.a. ein Chôryô
Kôsekiko-Motiv in Elfenbein. Bei Ueda
findet sich ein Künstler namens Isshinsai,
der in Holz arbeitete und Netsuke mit der
Darstellung von Chôryô schuf. Davey listet
fünf Künstler auf, die das gô Isshinsai verwendeten, aber ein Isshinsai Unzan ist
nicht gelistet.
Dieses Netsuke hier ist Beleg, daß der von
Meinertzhagen erwähnte Unzan und der
von Ueda erwähnte Isshinsai ein und dieselbe Person sind. Offensichtlich hat sich
Isshinsai Unzan auf das Thema ChôryôKôsekikô spezialisiert.
Yasuchika (Signatur seit dem frühen 18.
Jh.)
150
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Metall
Tsuchiya Yasuchika (1670-1744) war Begründer einer Schule, die den Namen
Yasuchika sieben Generationen lang führte. Der letzte Yasuchika war in der MeijiZeit tätig. Zu dieser Signatur läßt sich lediglich sagen, daß sie nicht von Yasuchika
I. stammen kann.
Yasumasa (tätig ca. 1900)
418
315
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Yasumasa (Hôsei) gilt als Schüler des Kodama Yasuaki. Laut Ueda arbeitete er für
den Export. Aus einem Siegel auf einem
seiner Netsuke geht hervor, daß sein Familienname Yamagawa war (Lazarnick 1982,
S. 1224).
Sein Stil ähnelt dem des Yasuaki. Die
Netsuke sind gut ausgearbeitet und er verwendete Lack und farbige Einlagen.
Yoshihide (tätig ca. 1880-1900)
779
Tätig in Tokyo
Arbeitete in Holz
Motive: Figuren und Gegenstände
Laut Meinertzhagen gehörte Yoshihide
(Hôshû) der Schule des Suzuki Tôkoku
(1847-1913) an. Davey übernimmt diese
Annahme, obwohl er eine Maske des Yoshihide anführt, auf der sich das kaô des
Kodama Yasuaki befindet.
Yoshihide arbeitete in verschiedenen, teilweise patinierten Hölzern, die er in der Art
des Tôkoku mit Elfenbein und farbigen
Einlagen anreicherte. Wie Tôkoku hatte
auch er eine Vorliebe für buddhistische
Figuren. Seine Signatur und sein kaô befinden sich gelegentlich auf einem eingelegten Metallplättchen.
Yoshinaga (tätig ca. 1740-1780)
31
Tätig in Kyôto
Arbeitet in Elfenbein
Motive: Figuren und Tiere
Yoshinaga wird im Sôken kishô erwähnt.
Sein gô war Kôyôken. Es gibt Netsuke mit
dem gô, das von Meinertzhagen Bokusaidô
bzw. Bokusaisai gelesen wird. Er war einer
der wichtigsten Schnitzer in Kyoto. Seine
figürlichen Netsuke sind überdurchschnittlich ausdrucksstark. Die himotôshi sind
groß. Es gibt zwei Varianten des zweiten
Schriftzeichens. Die Signatur hier muß als
apokryph angesehen werden.
Yoshinobu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.)
94
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren
Aus einem bei Lazarnick abgebildeten
Netsuke geht hervor, daß er das gô Shûôsai
führte. Es handelt sich jedoch nicht um
Shûôsai →Hidemasa II.
Yoshiyuki (tätig um 1900)
348
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Tiere, Figuren und Masken
Dieser Künstler wird zwar in den Nachschlagewerken erwähnt, doch erhält man
keine klare Vorstellung von seinem Werk.
Yôsui (tätig 19. Jh.)
286
Arbeitete in Holz
Lazarnick
bildet
von
Pilz-Netsuke aus Holz ab.
Yôsui
ein
316
Yûgetsu (1772-1844)
559
Tätig in Kaga
Arbeitete in Holz
Sein Agent war die Firma Yokoyama in
Kyoto.
Yukimasa arbeitet fast ausschließlich in
Elfenbein, das er gelegentlich färbt oder
bemalt. Seine Themen sind der Alltag der
Edo-Zeit und Tiere. Sein Stil ist eher konservativ. Die hier vorgestellten Netsuke
stellen alle Motive dar, die auf Entwürfe
früherer Schnitzer zurückgehen.
Takeda Shinkô (Nobuoki), auch Shûhei
(Hidehira) genannt, wurde in der Provinz
Harima (heute Präfektur Hyôgo) als elfter
Sohn eines Samurai des Himeji-Clans geboren. 1814 kam er in den Dienst des Maeda daimyô in Kanazawa, Provonz Kaga
(heute Präfektur Ishikawa). Dort beaufsichtigte und leitete er Handwerks-, Reparatur- und Bauarbeiten. In der Ära Bunsei
(1818-1830) gründete er den MinzanBrennofen in Kasugayama und stellte Porzellan her. Er starb am 13.9.1844.
Unter seinem Künstlernamen Yûgetsu
schuf er kleine Objekte aus Holz. Meinertzhagen erwähnt ein Ebenholz-Netsuke,
einen Schreibkasten und ein inrô, beide aus
Holz. Ob es sich bei dieser NetsukeSignatur hier tatsächlich um diesen Takeda
Shinkô handelt, ist ungewiß. Seine Vielseitigkeit jedoch läßt es möglich erscheinen,
daß er auch Netsuke in Elfenbein schnitzte.
Nakamura Toshitake wurde am 21.2.1916
in der Präfektur Saitama geboren. 1932
begann er bei Saitô Shôsai (?-1970) zu lernen. 1970 nahm er erstmals an einer Ausstellung von Elfenbeinschnitzereien teil.
Yûkô verwendet Elfenbein und Holz und
kombiniert gelegentlich diese beiden Materialien. Seine Tier-Netsuke zeichnen sich
durch sorgfältige Ausarbeitung des Fells
aus.
Yukimasa (geb. 1914)
282, 624, 703
Zeshin (1807-1891)
852
Tätig in Gifu
Arbeitete in Elfenbein
Motive: Figuren und Tiere
Tätig in Edo/Tokyo
Arbeitete in Lack
Motive: Tuschebarren,
manjû
Uno Tadami wurde im November 1914 in
Gifu geboren. Er lernte die NetsukeSchnitzerei unter Akiyama Koshin in Kyoto. Seit 1930 konzentriert er sich auf das
Schnitzen von Netsuke. Bis zu 90% seiner
Arbeiten werden ins Ausland verkauft.
Yûkô (geb. 1916)
535
Arbeitete in Elfenbein und Holz
Motive: Tiere und Figuren
hako-netsuke,
Shibata Zeshin (1807-1891) ist der berühmteste und originellste Lackmeister des
19. Jahrhunderts. Er schuf neben zahlreichen, verschiedenen Dosen und Bildplatten auch inrô und Netsuke. En suite zu
seinen populären Tuschestein-inrô fertigte
317
er die zugehörigen, stark abgeriebenen
Tuschebarren-Netsuke, die oft mit Schachtelhalm (togusa bzw. tsukushi) und Schriftzeichen dekoriert sind. Ein anderer Netsuke-Typus sind die hako Netsuke, die mit
seigaiha-Muster dekoriert sind, oder die
hako-Netsuke aus sehr sorgfältig geschältem und poliertem Bambus, die einen sparsamen, eleganten Lackdekor in makie zeigen. Meistens signierte Zeshin mit seiner
typischen Ritzsignatur, gelegentlich in
hiramakie.
Unleserliche Signaturen
58, 107, 126, 154, 166, 296, 326, 370, 426,
822, 903, 904, 928
Inschriften
823, 855
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Kurzbiographie des Sammlers
Professor Dr.rer.nat., Dr.phil.h.c. Bruno
Wilhelm Werdelmann wurde am 14. August 1920 in Ratingen geboren. Er studierte
Chemie an den Universitäten München
und Bonn. Nach seiner Promotion 1948
arbeitete er zunächst bei der DreiringWerke KG in Krefeld. Nach deren Übernahme durch die Henkel-Gruppe wurde er
1959 mit der Leitung der organischen Betriebe der Henkel & Cie GmbH in Düsseldorf Holthausen betraut. Sechs Jahre später
bekam er als Geschäftsführer der Holding
das Aufgabenspektrum Forschung und
Entwicklung, Produktion und Ingenieurwesen weltweit übertragen. Von 1975 bis
1984 war Bruno Werdelmann persönlich
haftender, geschäftsführender Gesellschafter der Henkel KGaA.
Bereits seit 1980 war er parallel zu seiner
Vorstandstätigkeit zunächst als Lehrbeauftragter dann als Honorarprofessor im
Fachbereich Chemie an der Universität
Essen tätig. Nach seiner Pensionierung
wirkte er für über zehn Jahre als Gastprofessor in Südostasien mit Schwerpunkten
in Bangkok, Chiang Mai und Kuala Lumpur.
1984 erhielt er das Große Verdienstkreuz
der Bundesrepublik Deutschland insbesondere für seine nationalen und internationalen Umweltschutzaktivitäten: U.a. war
es in langjähriger Forschungsarbeit gelungen, einen Ersatz für Phosphat in Waschmitteln zu entwickeln. Für seine wissenschaftlichen Leistungen und sein außerordentliches Engagement in Südostasien
wurden Bruno Werdelmann weitere Ehrungen zuteil: u.a. die Normann-Medaille
der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft, 1973, die Ehrenmedaille der Düsseldorfer
Heinrich-Heine-Universität,
1985, und die durch König Bumiphol verliehene Ehrendoktorwürde der ChiangMai Universität, Thailand, 1993.
Immer wieder hat sich Bruno Werdelmann
für die Zusammenarbeit, den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen
Europa und Asien engagiert. Er war langjähriges
Mitglied
der
DeutschThailändischen Gesellschaft in Bonn, der
Siam Society in Bangkok sowie der
Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Düsseldorf.
1990 gründete er die „Professor Werdelmann Stiftung“, die es sich zur Aufgabe
gemacht hat, den wissenschaftlichen
Nachwuchs im Bereich Chemie finanziell
zu fördern sowie Entwicklungs- und Forschungsprojekte zu unterstützen.
Seit den späten 1960er Jahren sammelt
Bruno Werdelmann neben südostasiatischer Kunst leidenschaftlich NetsukeFiguren. Im Laufe der Jahrzehnte entstand
so eine über 1100 Exponate umfassende
Sammlung, die er nun dem museum kunst
palast zugedacht hat.
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