Die Kapelle

Transcrição

Die Kapelle
Die Kapelle
"Droben stehet die Kapelle"
singt und sagt ein altes Lied,
für so manchen eine Stelle,
wohin er bekümmert flieht.
Tränen wurden hier vergossen,
wenn im Krieg die Nachricht kam:
Vater, Bruder, Sohn erschossen,
oder blind geworden, lahm.
Blumen wurden hier gespendet,
wenn die Freude fand ins Haus,
das Geschick ward gut gewendet,
und man fröhlich ging hinaus,
zu besuchen die Kapelle
mit so manchem frommen Lied
auf den Lippen, und es helle
wurde trostreich im Gemüt.
Dieses Bild von der Kapelle
an der Wand der Galerie,
wo die Künstlerin zur Stelle,
deren Hand gemalt hat sie,
Licht und Schatten so verteilend,
daß beim Anblick an der Wand
dem, der ruhig hier verweilend,
die Kapelle scheint bekannt.
So kann ein Gemälde führen
in die eig'ne Welt hinein.
Der Betrachter kann erspüren
Dinge aus vergang'nem Sein.
Dies und Das hat er vergessen,
nun taucht's unversehens auf.
Kann die Künstlerin ermessen,
was sie rührt im andren auf?
Ute Pesch
Oberstaufen, 20.6.2003
Dem Rhythmus dieses Gedichten liegt die Melodie des Liedes 'Droben stehet die
Kapelle' zugrunde, Text von Ludwig Uhland, vertont von Konradin Kreutzer.
Geschrieben nach dem Besuch der Ausstellung von Hiltrud Faßbender aus 54329
Konz im Färberhaus in Oberstaufen, schon ins Notizbuch auf dem Heimweg der
Autorin von Oberstaufen nach Weissach.