Nachwirkungen Netzwerk aktuell - Arznei
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100 arznei-telegramm 10/93 Kinder, die vor 1985 mit dem damals noch aus Hirnanhangdrüsen von Leichen hergestellten Wachstumshormon behandelt worden waren, starben später an CJK (vgl. a-t 8 [1989], 75). In Australien erkrankten vier wegen Unfruchtbarkeit mit aus Leichenhypophysen gewonnenen Gonadotropinen behandelte Frauen an CJK. Jetzt sucht die britische Regierung nach den etwa 300 Frauen, die vor 1985 das Hypophysenhormon erhielten (The Independent vom 2. Sept. 1993 / ati d). #6 USA – Abstillmittel Bromocriptin (PRAVIDEL, KIRIM) endgültig vor dem „Aus”: Abstillmittel wirken nicht besser als das Hochbinden der Brust in Verbindung mit symptomatischer Schmerzlinderung, verursachen aber Krampfanfälle, Psychosen sowie schwere Herz- und Gefäßkomplikationen einschließlich Hirnblutungen. Vor vier Jahren empfahl die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA den Herstellern, Bromocriptin (PRAVIDEL, KIRIM) und Hormonpräparate nicht mehr zum Beenden der Milchsekretion anzubieten (vgl. a-t 6 [1989], 55). Bis auf Sandoz folgten die Anbieter der Empfehlung. Seither starben in den USA 13 Frauen unter 50 Jahren an Krampfanfällen, apoplektischen Insulten oder anderen schweren Zwischenfällen in Verbindung mit Bromocriptin. Auf Drängen einer Verbraucherorganisation will nun die FDA dem Prolaktinhemmer von Sandoz die Zulassung als Abstillmittel entziehen (Scrip 1855 [1993], 10). In Deutschland stehen entsprechende, von uns vor vier Jahren angemahnte Maßnahmen für die Dopaminagonisten Bromocriptin und Lisurid (DOPERGIN) und das auch gegen Prostatakarzinom angebotene Östrogenpräparat TURISTERON aus. Netzwerk aktuell Aggressive Reaktion mit Verletzung eines Arztes nach Midazolam (DORMICUM) i.v.: Benzodiazepine lösen bisweilen für Patienten und behandelnde Ärzte bedrohliche neuropsychiatrische Reaktionen aus (vgl. a-t 4 [1992], 40). Ein 59jähriger, möglicherweise alkoholkranker Patient, der aus dem oberen Magen-Darm-Trakt blutet, reagiert vor einer Magenspiegelung auf Midazolam (DORMICUM) i.v. mit Angst und Unruhe. Er wird aggressiv und verletzt einen Arzt. Nach Injektion des Benzodiazepinantagonisten Flumazenil (ANEXATE) normalisiert sich der Zustand sofort. Der Patient kann sich anschließend an den Zwischenfall nicht mehr erinnern (NETZWERK-Bericht 6745). Zwei weitere Patienten litten nach MidazolamInjektionen unter anderem unter Verwirrtheit (Bericht 1618) bzw. plötzlichen Angstzuständen (Bericht 2433). #7 #8 Vaskulitis und Gelenkinfektion nach Kreuzbandersatz aus GORETEX: Drei Jahre nach Ersatz eines Kreuzbands durch eine aus Teflon hergestellte GORETEX-Prothese (vgl. a-t 7 [1987], 61) mußten Hamburger Ärzte das völlig zerstörte fluorhaltige Fremdmaterial aus dem Kniegelenk entfernen. Eine allergische Vaskulitis hatte sich entwickelt, Propioni-acnes-Bakterien den künstlichen Bandersatz befallen. Neben der Infektion könnten Operationshilfsmaterialien oder Fehler im GORETEXMaterial zur Auflösung der Bandprothese beigetragen haben. Noch ein Jahr später belasten hohe Fluorid-Konzentrationen das Kniegelenksgewebe. Ein erneuter Kreuzbandersatz unterblieb. Der 46jährige Patient kann seinen Beruf nicht mehr ausüben (NETZWERK-Bericht 5677). Überraschende Heilungserfolge? Bisweilen wird Medikamenten außerhalb ihres üblichen Anwendungsbereiches unerwarteter Nutzen zugeschrieben (vgl. a-t 11 [1989], 97). Nach dreiwöchiger Einnahme des Antimykotikums Terbinafin (LAMISIL) gegen Nagelpilz freut sich ein süddeutscher Apotheker über die Abheilung eines vor Warenzeichen in zehn Jahren aufgetretenen wismutresistenten Ulcus duo- Österreich Schweiz deni. Trotz unveränderter Lebensgewohnheiten (Streß, und (Beispiele) Kaffee, Nikotin) bleibt er seitdem beschwerdefrei. Ein Apothekenkunde habe ähnliche Erfahrungen gemacht (NETZ- AzetylsaliWERK-Bericht 6768). Ein 71jähriger mit Psoriasis und Li- zylsäure: ASPIRIN chen sclerosus et atrophicus im Genitalbereich ist seit Be- (A, CH) handlung einer Coxarthrose mit Azetylsalizylsäure (ASS AzetylRATIOPHARM 500) von einem früher therapieresistenten zystein: quälenden genitalen Juckreiz befreit (Bericht 6765). Unter MUCOMYST (A) Einnahme der Parazetamol-Vitamin-B-Komplex-Kombina- FLUIMUCIL tion DOLO-NEUROBION FORTE und des Sekretolytikums (CH) Azetylzystein (FLUIMUCIL), das selbst durch unangeneh- Bromomen Geruch auffällt, erlangt eine 69jährige Frau die seit criptin: PARLODEL Jahren weitgehend verlorene Geruchsempfindung zurück (A, CH) (Bericht 6679). Midazolam: DORMICUM (A, CH) Nachwirkungen Terbinafin: LAMISIL (A) Neues zum Migränemittel Sumatriptan (IMIGRAN): In a-t 8 (1993), 84 warnten wir vor gefährlichen Gefäßspasmen einschließlich Herzinfarkt und Halbseitenlähmung in Verbindung mit dem Migränemittel Sumatriptan (IMIGRAN). Eine zuvor herz- und kreislaufgesunde 50jährige Patientin muß mit Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz und verwaschener Sprache in eine Tiroler Klinik aufgenommen werden. Sie hat zuvor sechs Monate lang wegen häufiger Migräne zwei- bis dreimal pro Woche Sumatriptan eingenommen. In der Klinik stellt man eine arm- und gesichtsbetonte Halbseitenlähmung mit parietookzipitaler Herdsymptomatik ischämischer Genese ohne Hinweis auf Embolus, Gerinnungsstörungen oder Gefäßstenosen fest. Drei Tage nach Entlassung in gebessertem Zustand erleidet die Patientin einen Herzinfarkt mit tödlichem kardiogenen Schock (NETZWERK-Bericht 6739). In der neuen deutschen IMIGRAN-Fachinformation lesen wir: „Als Folge eines Vasospasmus kommen Arrhythmie, Ischämie und Myokardinfarkt in Frage...”. Es folgen Hinweise auf Überempfindlichkeitsreaktionen „... bis zum Schock, der auch lebensbedrohlich sein kann”. Den Ereignissen können kurzzeitiger „Blutdruckanstieg” sowie eine „Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes” vorausgehen. „Die erste Anwendung darf nur unter ärztlicher Überwachung erfolgen.” Ein Hinweis darauf, daß „Ischämie” auch das Zentralnervensystem mit Hirndurchblutungsstörungen und invalidisierendem Schlaganfall sowie die Körperperipherie betrifft, fehlt. Wer haftet im Schadensfall für das Aufklärungsdefizit durch unterlassene Risikohinweise – der pharmazeutische Unternehmer, der verordnende Arzt oder das Bundesgesundheitsamt? #9 #10 arznei-telegramm, Petzower Str. 7, D-14109 arzneimittelinformation), Telefax (030) 8 05 42 03 Berlin (Institut für Herausgeber: A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH Redaktion: W. BECKER-BRÜSER, Arzt und Apotheker, Dr. med. R. BECKMANN, J. HALBEKATH, Ärztin, Prof. Dr. med. M. M. KOCHEN, Dr. med. A. von MAXEN, Dr. med. U. M. MOEBIUS (verantw.), Prof. Dr. med. P. S. SCHÖNHÖFER, Dr. med. H. WILLE, Dr. med. B. ZIEGELER Das arznei-telegramm erscheint monatlich. Bezug im Jahresabonnement. Jahresbezugspreis für Ärzte, Apotheker und andere Angehörige der Heilberufe 78,- DM, für Studenten 52,- DM (Nachweis erforderlich). Für Firmen, Behörden und andere Institutionen mit Mehrfachlesern 156,- DM. Ausland bei Zahlung mit EC-Scheck Zusatzkosten 10,- DM, sonst 25,- DM. Kündigung des Abonnements jeweils drei Monate zum Jahresende. Die im arznei-telegramm gewählten Produktbezeichnungen sagen nichts über die Schutzrechte der Warenzeichen aus. ª 1993, A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Einem Teil der Auflage liegt eine Verlagsbeilage bei.