Rekapitulation:Stammfunktionen, Differentialformen, Wegabhängigkeit
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Rekapitulation:Stammfunktionen, Differentialformen, Wegabhängigkeit
Rekapitulation: Stammfunktionen, Differentialformen, Wegabhängigkeit Roman Wienands Sommersemester 2010 Mathematisches Institut der Universität zu Köln Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 1/9 Totales Differential für n = 1 Bei einer Funktion y = f (x) von einer Veränderlichen vereinfacht sich das totale Differential zu dy = f 0 (x) · dx . Sei umgekehrt eine stetige Funktion g(x) gegeben. Aufgrund des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung existiert dann immer eine Funktion v = u(x) mit dv = g(x) · dx . Hierbei sind u(x) = Rx a g(t) dt und g = u 0 . Bei u handelt es sich also um die klassische Stammfunktion von g, die bei vorausgesetzter Stetigkeit von g durch Integration einer Funktion von einer Veränderlichen immer konstruiert werden kann. Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 2/9 Definition: Stammfunktion (n > 1) Gegeben sei ein Vektorfeld ~f (~r ). Eine Funktion F (~r ) heißt Stammfunktion von ~f , wenn ∂F ~ ∂r1 (r ) ∂F ~ ~ (~r ) = .. (~r ) = fi (~r ) ⇒ ∇F . = f (~r ) . ∂ri ∂F ~ ∂rn (r ) ~ (~r ) bezeichnet man den Gradienten der Funktion F . Mit ∇F Die lineare Differentialform ~f · dr ~ = f1 dr1 + · · · + fn drn (= dF !?) heißt vollständig bzw. exakt, wenn es zu ~f eine Stammfunktion F gibt. ~f · dr ~ ist dann das totale Differential dF der Funktion F . Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 3/9 Kriterium für die Existenz einer Stammfunktion Von einem gegebenen Vektorfeld ~f (~r ) seien alle Komponentenfunktionen fi (i = 1, . . . , n) auf einem einfach zusammenhängenden Gebiet stetig differenzierbar. ~f (~r ) besitzt genau dann eine Stammfunktion F bzw. die lineare ~ ist genau dann exakt bzw. vollständig, wenn Differentialform ~f · dr ∂fi ∂fk = ∂rk ∂ri (i, k = 1, . . . , n) . Notwendigkeit bzw. “⇒”: ∂fi ∂ 2 F Satz von Schwarz ∂ 2 F ∂fk = = = ∂rk ∂rk ∂ri ∂ri ∂rk ∂ri (i, k = 1, . . . , n) . Man spricht dann von einem konservativen Vektorfeld bzw. von einem Potentialfeld. Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 4/9 Satz: Verknüpfung der Begriffe exakte Differentialform, Stammfunktion, Wegunabhängigkeit Unter geeigneten (s.o.) Voraussetzungen sind folgende Aussagen äquivalent: 1 ~ ist exakt bzw. vollständig. Die lineare Differentialform ~f (~r ) dr 2 Das Vektorfeld ~f (~r ) hat eine Stammfunktion. 3 ∂fi ∂rk 4 5 = ∂fk ∂ri (i, k = 1, . . . , n) . Das zugehörige Wegintegral über eine geschlossene Kurve verschwindet, d.h. I ~f (~r ) dr ~ =0 . Das Wegintegral über ~f (~r ) ist wegunabhängig. Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 5/9 Zum Beweis des Satzes verwendet man die verallgemeinerte Kettenregel (vgl. Abschnitt 2.4) Die verallgemeinerte Kettenregel läßt sich auf Funktionen von mehr als zwei Veränderlichen erweitern. Für Funktionen von drei Veränderlichen u = f (x, y , z) = f (x(t), y (t), z(t) ergibt sich du ∂u dx ∂u dy ∂u dz = + + . dt ∂x dt ∂y dt ∂z dt Ganz analog erhält man für Funktionen von n Veränderlichen u = f (x1 , x2 , . . . , xn ) = f (x1 (t), x2 (t), . . . , xn (t)): du ∂u dx1 ∂u dx2 ∂u dxn = + + ··· + . dt ∂x1 dt ∂x2 dt ∂xn dt Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 6/9 Anwendung: Thermodynamik Thermodynamische Größen werden mit Wegintegralen berechnet. Unterscheide: Zustandsfunktionen: Größe z hängt nur vom Endzustand des Systems nicht von der Historie (Weg) ab. Zur rechnerischen oder experimentellen Bestimmung von z kann ein bequemer Weg ausgewählt werden. Änderungen in den Zustandsfunktionen können mit exakten linearen Differentialformen identifiziert werden. Beispiele: Druck p, Volumen V , innere Energie U. Prozessfunktionen: Größe hängt nicht nur vom Endzustand sondern auch von der Historie ab. Beispiel: Wärmemenge Q. Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 7/9 Anwendung: Thermodynamik Betrachte ein ideales Gas: J J , CV = 12.5 . K mol K Gesucht: Wärmemenge Q bei isochorer Erhitzung von 300 K auf 500 K und anschließender isothermer Ausdehnung von 75 l auf 125 l. pV = nRT Roman Wienands (Universität zu Köln) mit R = 8.3 Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 8/9 Anwendung: Thermodynamik 8. Übung: Aufgabe 2 Vergleich der Zustandsfunktion “innere Energie” (führt auf eine exakte lineare Differentialform) mit der Prozessfunktion “Wärme” (liefert keine exakte lineare Differentialform). 9. Übung: Aufgabe 3 Bestimmung des Wirkungsgrades (Nutzeffekts) des Carnotschen Kreisprozesses mit Hilfe von Wegintegralen über die Prozessfunktion “Wärme” und die Zustandfunktion “innere Energie”. Roman Wienands (Universität zu Köln) Mathematik II für Studierende der Chemie Sommersemester 2010 9/9