per Spaß daran, angestarrt zu werden I -------

Transcrição

per Spaß daran, angestarrt zu werden I -------
---COSPLAY
per Spaß daran, angestarrt zu werden
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VON EVA DOROTHEE SCHMID
Udith Platzer wirft sich für den
Fotografen in Pose. Breitschultrig
steht sie da, die Hand vor der Brust,
ihr Gesichtsausdruck ist ernst, fast
finster. Die IB-Jährige aus Birkenwerder trägt eine schwarze Kunstlederhose, einen roten Umhang, der
um die Knie herum ausfranst, ein
rotes Stirnband bändigt ihre langen
schwarzen Haare, ihr linker Arm
steckt in einer goldfarbenen Ledermanschette. Judith Platzer ist jetzt
Vincent Valentine, ein Charakter
aus dem Videospiel Final Fantasy.
Die IB-Jährige ist Cosplayerin.
So nennen sich Leute, die in ihrer
Freizeit Kostüme nähen, die aussehen wie die Kleidung der Helden
aus japanischen Manga-Comics,
Animes (Zeichentrickfilmen) oder
Videospielen. Mit den Kostümen,
den Cosplays, fahren sie dann zu
Treffen, zum Beispiel zu der Mega
Manga Convention (MMC),die von
morgen bis Sonntag im Märkischen
Viertel stattfindet. Dort lassen sie
sich fotografieren oder nehmen an
Wettbewerben teil, bei denen die
besten Kostüme prämiert werden.
In Berlin treffen sich um die hundert Cosplayer außerdem jeden
Freitag am Alexanderplatz und ziehen dann zusammen durch die
Stadt. Die meisten sind junge Frauen um die 20, auch einzelne Jungs
sind dabei. Manche, wie Judith Platzer, laufen manchmal auch einfach
allein in ihren Kostümen durch die'
Stadt. "Es ist lustig, wie die Leute einen anstarren" , sagt sie. Cosplayern
würde oft vorgeworfen, ihnen ginge
es nur darum, Aufmerksamkeit zu
erregen, erzählt Judith Platzer. Bei.
ihr stecke aber mehr dahinter. "Ich
identifiziere mich voll mit Vincent
Valentine, ich imitiere sein Verhalten, und bei mir verschmelzen Hobby und Realität", sagt die Abiturientin, der es Spaß macht, einfach mal
in andere Rollen zu schlüpfen. Vor
zwei Jahren hat sie mit dem Hobby
angefangen, auf der Leipziger
Buchmesse traf sie zum ersten Mal
andere Cosplayer, beim Japan-Festival auf der Spandauer-Zitadelle
J
BERLINER ZEITUNG/PAULUS
PONIZAK
Jenny Reinhardt (3. v.l.) und Judith Platzer (ganz rechts) posieren mit anderen Cosplayern vor dem Brandenburger Tor.
JennyReinhardtausLindenberg
bei Ahrensfeldewird auch auf die
M~ngas und mehr
MMC gehen,in einem wallenden,
weißen Kleid, mit Engelsflügeln
Fans vonJapaund weißer Perücke. Das Kostüm
nischen Comics 1'01
und Zeichenwurde gerade erst fertig, zwei Wotrickfilmentrefochenenden habe sie daran genäht,
fen sichauf der
erzählt die 23-Jährige - ohne Kostüm eine unscheinbare Frau mit
viertenMega
schwarzen Haaren und Brille.Es sei
MangaConvention amWonicht von einer Manga- oder einer
chenende.Dort'
Anime:figur abgeschaut, sondern
MARIE SANN
der eigenen Fantasie entsprungen.
gibt es CosplayWettbewerbe
Manga-Motlvvon "Ich wollte was Schickes", sagt sie.
undSammelkarMarieSann
Für Jenny Reinhardt ist Cosplay
tenturniere,
durchaus eine Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erregen. "Und das
Manga-Zeichner
wiedie Berlinerin
nicht dadurch, dass man was GroßMarieSannsignierenihreComics,
außerdemspielenJapanpop-Bands. artiges macht, sondern nur mit Nä!1en."AmAnfang kam sie sich schon
Die Conventlon findet im Fontaneein bisschen komisch vor, sich öfhaus,WilhelmsruherDamm142c in
fentlich im Kostüm zu zeigen: "Jetzt
brauche ich da keinen Mut mehr
Reinickendorfstatt. Freitag14-23
Uhr,Sonnabend10-23 Uhr,Sonntag dazu." Heute genießt sie es, fotografiert zu werden und andere Leute
10-18 Uhr.Eintrittkostetfür drei
Tage40 Euro,für einenTag18 Euro. mit ihren Kostümen zu beeindrucken.Viele ihrerFreundesind auch
Cosplayer, mit "normalen Leuten"
hatte sie dann solchen Spaß daran, könne sie nicht so viel anfangen,
sagt sie. "Denen ist das, was wir madie Kostümierten zu fotografieren,
dass sie sich dazu entschloss, auch chen, suspekt", sagt Jenny Reinmal ein Kostüm zu nähen. Inzwihardt. Cosplay sei halt auch eine
schen hat sie acht verschiedene ge- Möglichkeit, zu zeigen, dass man
schneidert.
anders ist.