Sprecher/in 1
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Sprecher/in 1
Gottesdienstreihe „Teilen“ Thema: „Arbeit teilen“ (3. Februar 2007, 17.00 Uhr) Läuten der Glocken ...................................................................... 1 Arbeits-Lose für Gottesdienstteilnehmer ..................................... 1 PowerPoint-Präsentation zur Arbeitslosigkeit im Hintergrund ... 2 Abkündigungen ............................................................................ 3 Orgelvorspiel ................................................................................ 3 Begrüßung / Vorstellung der Gd.-Reihe “Teilen”........................ 3 Lied „Schenken und Teilen“ von G. Rauscher ............................ 3 Hinführung zum Gottesdienst „Arbeit teilen“.............................. 3 Fragen an Gemeinde: Was bedeutet Ihnen Arbeit?...................... 4 Einleitung.............................................................................................................. 4 Sammlung.............................................................................................................. 4 Lied: Komm, Heilger Geist (K 1) ................................................ 5 Provokation: Arbeits-Lose ........................................................... 5 Lose öffnen ............................................................................................................ 5 Losverkauf und Dialoge ........................................................................................ 5 Kurze meditative Musik......................................................................................... 7 Kyriegebet ................................................................................... 7 Lied: Aus der Tiefe rufe ich (EG 597 = B 9) ............................... 7 Bibeltexte...................................................................................... 7 Lied: Der Himmel geht über allen auf (A 2)................................ 8 Predigt .......................................................................................... 8 Stille............................................................................................ 12 Apostolisches Glaubensbekenntnis ............................................ 12 Lied: Brich mit den Hungrigen (H 3 = EG 420) ........................ 12 Abendmahl ................................................................................. 12 Einleitung /Schuldbekenntnis .............................................................................. 12 Gabengebet ......................................................................................................... 13 Lied: Heilig bist du (M 6) 3x............................................................................... 14 Einsetzung ........................................................................................................... 14 Einladung / Austeilung........................................................................................ 14 Segenswort .......................................................................................................... 15 Lied: Wenn das Brot das wir teilen (M 1).................................. 15 Fürbitten ..................................................................................... 15 Aaronitischer Segen ................................................................... 15 Orgelnachspiel............................................................................ 15 Knabbern und Plaudern.............................................................. 16 Läuten der Glocken Arbeits-Lose für Gottesdienstteilnehmer Jeder Gottesdienstteilnehmer bekommt ein Los mit einer Nummer und dem Satz: „Wir haben keine Arbeit für Sie“; dann verschiedene Zusätze: Sie sind zu alt. Ihre Arbeit wurde nach China verlagert. Sie sind unterqualifiziert. Sie sind überqualifiziert. Sie sind schon zu lange arbeitslos. Die Gewinnsituation der Firma erlaubt keine Einstellungen. Ausländische Arbeitnehmer sind billiger. Sie haben beim Vorstellungsgespräch keinen guten Eindruck gemacht. Sie waren zu oft krank. Ihre Konkurrenten waren beim Vorstellungsgespräch besser. Mit den Kindern sind Sie zu unflexibel. Ihr Arbeitsplatz wurde wegrationalisiert und Sie wurden freigesetzt. Muster: Los-Nr. A 1: Leider keine Arbeitsstelle Sie sind zu alt. Die Gottesdienstteilnehmer werden gebeten, die Lose erst zu öffnen, wenn wir es sagen. PowerPoint-Präsentation zur Arbeitslosigkeit im Hintergrund Mit Läuten der Glocken beginnt und bei Ende Glockenläuten endet die Präsentation: Zahlen zur Arbeitslosigkeit etc. laufen in Endlosschleife ab. Offizielle Arbeitslosenstatistik: Arbeitslose in Mio. Arbeitslosenquote in Prozent 1991 2,6 Mio 7,3 % 1995 3,6 Mio 10,4 % 2000 3,9 Mio 10,7 % 2004 4,4 Mio 11,7 % 2005 ca. 5 Mio Wahre Arbeitslosigkeit1 Offiziell als arbeitslos gemeldet 4.233.000 (10,2%) Arbeitslose in Maßnahmen der BA 868.000 Arbeitslose in Maßnahmen der Kommunen 390.000 Arbeitslose im Vorruhestand 1.077.000 Kurzarbeiter 75.000 Wahre Arbeitslosigkeit 6.643.000 Tatsächliche Arbeitslosenquote 18,8% Rechnet man diejenigen dazu, die sich gar nicht erst als arbeitslos melden, so kommt man auf mehr als 8 Mio. Folgen der Arbeitslosigkeit für den Einzelnen o psychische und gesundheitliche Probleme o Suchterkrankungen o Suizidgefahr o Verlust der bisherigen Qualifikation o Isolation und Beziehungsprobleme o Verarmung 1 "Wirtschaftswoche" Nr. 29 vom 08.07.2004, S. 24; "Vorruhestand" und "Stille Reserve" geschätzt. Quelle der Daten: BA, Sachverständigenrat, Deutscher Städtetag, Stiftung Marktwirtschaft. –2– o Fehlende Chancen für die Kinder Abkündigungen Orgelvorspiel Begrüßung / Vorstellung der Gd.-Reihe “Teilen” Wir begrüßen Sie ganz herzlich zu unserem ersten Etwas anderen Gottesdienst der Reihe "Teilen". Wir haben dieses Thema 2007 gewählt, weil wir auf Schritt und Tritt merken, wie ungerecht die Güter verteilt sind – weltweit und auch in unserem persönlichen Umfeld. Und weil wir sehen, wie rücksichtslos oft versucht wird, eigene Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen. Als Christen lernen wir, dass es unsere Aufgabe ist, miteinander zu teilen. In den ersten beiden Gottesdiensten möchten wir uns zusammen mit Ihnen Gedanken darüber machen, wie wir dazu beitragen können, Arbeit und Wohlstand zu teilen. Wir feiern diesen Gottesdienst und teilen unsere Gedanken und Erfahrungen, Lieder und Gebete im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Gerald Rauscher hat zu dieser Reihe das Lied „Schenken und Teilen“ geschrieben; das wir jetzt hören. Lied „Schenken und Teilen“ von G. Rauscher Sopran und Gitarre Hinführung zum Gottesdienst „Arbeit teilen“ In diesem ersten Gottesdienst geht es um das Teilen von Arbeit. Gewinne und Verluste sind in unserer Gesellschaft ungerecht verteilt: Auf der einen Seite gibt es immer mehr Menschen, die überarbeitet sind und die mit den ständig wachsenden Anforderungen an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr zurecht kommen. Auf der anderen Seite stehen fast 5 Millionen Menschen, die gern Arbeit hätten. Das ist ein gesellschaftlicher und menschlicher Skandal, der uns alle angeht. Wie kommt es, dass wir das nicht mehr sehen? Dass die Zahlen, die wir vorhin eingeblendet haben, uns so erschreckend kalt lassen? kleine Pause Es scheint so, als hätten wir uns schon vollkommen daran gewöhnt. Und so –3– begrüßen wir es freudig, wenn die Zahl vorübergehend einmal um ein paar Hunderttausend sinkt. Aber Arbeitslosigkeit ist nicht der Normalfall. Auch viereinhalb Millionen Arbeitslose bleiben noch ein Skandal. Wir vergessen allzu leicht, dass hinter dieser Zahl Einzelschicksale stehen: Menschen, die monatelang, jahrelang vergeblich darauf hoffen, wieder eine Arbeit zu bekommen, die immer wieder enttäuscht werden und die mehr und mehr an den Rand der Gesellschaft geraten. kleine Pause Doch wir wollen nicht klagen und schimpfen, sondern uns diesen Menschen zuwenden und überlegen, was wir für sie tun können. Als Christen wissen wir, dass Gott sich die Welt anders vorstellt. Und deshalb sind wir dazu aufgerufen, nicht nur Stellung zu beziehen, sondern uns auch aktiv für eine gerechtere Verteilung der Arbeit einzusetzen. Fragen an Gemeinde: Was bedeutet Ihnen Arbeit? Einleitung Lassen Sie uns versuchen, hinter den Zahlen die Menschen zu sehen. Wir wollen uns in diese Menschen hineinfühlen. Was Arbeitslosigkeit bedeutete, verstehen wir besser, wenn wir uns klarmachen: Was bedeutet Arbeit für mich? Was bedeutet Arbeit für Sie? kleine Pause Wir möchten sie bitten, darüber nachzudenken. Rufen Sie uns dann einfach zu, was Ihnen in den Sinn kommt: ein Satz, ein Wort, einen Begriff. Wir wollen das hier auf die Flipchart schreiben. Was bedeutet Arbeit für uns? Sammlung Sammlung der Beiträge auf Schnips-Blatt (dt. Flipchart) Wir haben bei der Vorbereitung einige gesammelt, das wir in der Hinterhand haben: o o o o o o o o Arbeit fordert heraus, fördert Begabungen und lässt Fähigkeiten wachsen sie macht Freude, gibt Selbstverwirklichung, Selbsterfüllung, Selbstbestätigung, Anerkennung man entfaltet in ihr seine Gaben. Kontakt zu anderen Menschen Möglichkeit zum Lernen das Leben hat einen Sinn, gibt Zufriedenheit und Unabhängigkeit Man findet in ihr seine Rolle in der Gesellschaft, hat nicht nur Anteil an der Schaffung des Sozialprodukts. Am Ende Sammlung vorlesen; Schnipsblatt in Hintergrund –4– Lied: Komm, Heilger Geist (K 1) Provokation: Arbeits-Lose Lose öffnen Wir haben uns Gedanken gemacht, was Arbeit für uns bedeutet. Nun wollen wir einen Eindruck davon gewinnen, wie es jemandem geht, der unbedingt Arbeit sucht und der händeringend auf einen positiven Bescheid wartet. Öffnen Sie jetzt bitte die Arbeits-Lose, die wir Ihnen am Eingang gegeben haben. Zeit zum Öffnen und Lesen lassen. Jetzt nähern sich vier/fünf Teilnehmer des Teams als Arbeitslose und gehen zunächst nur suchen, fragend im Altarraum auf und ab Können Sie nun die Gefühle eines Arbeitslosen nachempfinden? Vielleicht sind wir noch zu weit weg. Vielleicht müssen wir noch ein wenig näher treten... Losverkauf und Dialoge Arbeitssuchende stehen mutlos da. Losverkäufer kommt und bietet Arbeits-Lose an. Auf den Losen steht Losnummer, die Absage und der Protesttext. Losverkäufer Sie suchen Arbeit? Hier! Ich habe für jeden ein Arbeits-Los. Alle kommen eifrig an und nehmen nacheinander ein Los und öffnen es. Nr. und Absage (die den Absagen in den an die Gottesdienstteilnehmer verteilten Arbeits-Losen entspricht) werden jeweils schnell vorgelesen; dann Stocken, Stutzen, Entsetzen, danach der Protestsatz. Darauf Antwort des Losverkäufers, der nach der Nummer seinen Antwortsatz ohne weiteres findet. Los-Nr. 1: Niete Sie sind zu alt. "Aber ich bin doch erst 45!" Los-Nr. 2: Niete Ihre Arbeit wurde nach China verlagert. "Aber ... ich hatte diesen Job zwanzig Jahre lang!" Los-Nr. 3: Niete Sie sind unterqualifiziert „Es muss doch auch Arbeit für Menschen wie mich geben.“ Los-Nr. 4: Niete Sie sind überqualifiziert. "Was?! Ich habe doch extra ein "Was heißt denn erst?! In dem Alter kosten Sie den Arbeitgeber doch viel zu viel! Das müssen Sie doch einsehen! "Na bitte! Was wollen Sie denn?! Dann hatten Sie ja Zeit, sich mal nach was Anderem umzusehen!" "Tja. Zu dumm, wenn man zu dumm zum Lernen ist. "Selbst Schuld. Jetzt sind Sie zu teuer." –5– halbes Jahr Fortbildung gemacht" Los-Nr. 5: Niete Sie sind schon zu lange arbeitslos. "Aber ... aber ... wie soll ich aus dem Teufelskreis jemals wieder rauskommen?" Los-Nr. 6: Niete Die Gewinnsituation der Firma erlaubt keine Einstellungen. "Was soll das denn heißen?" Los-Nr. 7: Niete Ausländische Arbeitnehmer sind billiger. "Aber ich habe hier eine Familie zu ernähren!" Los-Nr. 8: Niete Sie haben beim Vorstellungsgespräch keinen guten Eindruck gemacht. "Aber ich habe mich doch extra rasiert!" Los-Nr. 9: Niete Sie waren zu oft krank. "Das ist ungerecht! Da kann ich doch nichts für!“ Los-Nr. 10: Niete Die anderen Bewerber waren bei der Vorstellung einfach besser. „Aber ich kann mich einfach nicht so gut verkaufen, ich bin immer so aufgeregt bei solchen Gesprächen!“ Los-Nr. 11: Niete Mit den Kindern sind Sie zu unflexibel. "Aber ich brauche die Arbeit, gerade wegen der Kinder!“ Los-Nr. 12: Niete Ihr Arbeitsplatz wurde wegrationalisiert und Sie wurden freigesetzt. "Aber wie soll ich denn jetzt meine Familie ernähren?" "Was jammern Sie denn?! Seien Sie doch froh, dass Sie sich einen lauen Lenz machen können!" "Ist doch klar. Zuerst kommen mal die Aktionäre an die Reihe. Die haben schließlich auch ein Recht auf Gewinn!" "Sie können es ja im Ausland versuchen. Da gibt’s genug Jobs. „Schauen Sie sich doch mal an! So wie Sie aussehen würden Sie bei Dieter Bohlen nicht mal zum Casting eingeladen werden. "Pech gehabt. Es gibt genug andere, die funktionieren besser. Sie haben eben zu flott gelebt. „Glauben Sie denn, dass man heutzutage noch ohne Bewerbungstraining weiter kommt?“ "Aber was wollen Sie denn eigentlich mit der Arbeitsstelle? Sie haben zu Hause genug Arbeit!" "Jetzt stellen Sie sich mal nicht so an! Das passiert täglich Tausenden. Das ist halt so. Da werden Sie sich schon dran gewöhnen." –6– Kurze meditative Musik Loskäufer bleiben unbewegt stehen; bei Beginn des Gebets wenden sie sich dem Beter zu, dann findet jeder seine Gebetshaltung Kyriegebet 2 Herr weißt du wie das ist: Wenn man arbeiten will und nicht darf? Wenn man am hellichten Tag auf der Parkbank sitzt? Wenn man immer wieder Absagen bekommt? Wenn man kein Geld verdient? Herr weißt du wie das ist: Wenn man Drückeberger genannt wird? Wenn man faul oder kriminell genannt wird? Wenn man arbeitsscheues Gesindel heißt? Herr weißt du auch: Wie weh das tut? Wie viel Nerven das kostet? Wie verletzend das ist? Wie unchristlich das ist? Herr ich möchte DIR keinen Vorwurf machen, ich möchte es dir nur sagen dürfen, dass ich mir so mein Leben nicht vorgestellt habe und, dass ich mir so elend überflüssig vorkomme: Nicht gebraucht, nicht gefordert, nicht ernst genommen, nicht geliebt. So bitte ich dich Herr: Hilf mir, dass ich Arbeit oder Aufgaben finde, die mich herausfordern und die mir zeigen, dass auch ich gebraucht werde! Amen. Alle setzen sich Lied: Aus der Tiefe rufe ich (EG 597 = B 9) Bibeltexte Es gibt viele Texte in der Bibel, die sich mit der Arbeit und dem Teilen beschäftigen. Aber wir wollen auf die Grundlage zurückgehen und dazu zwei Texte aus dem 1. Buch Mose lesen:3 2 BIMS Informationen aus der Arge für Arbeitnehmer/innen- und Betriebspastoral Österreichs, 1995 –7– Aus dem 1. Kapitel: Gott sagte: «Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser Ebenbild, das uns ähnlich ist. Er soll über die ganze Erde verfügen: über die Tiere im Meer, am Himmel und auf der Erde.» So schuf Gott den Menschen als sein Ebenbild, als Mann und Frau schuf er sie. Er segnete sie und sprach: «Vermehrt euch, bevölkert die Erde, und nehmt sie in Besitz! Ihr sollt Macht haben über alle Tiere: über die Fische, die Vögel und alle anderen Tiere auf der Erde! Ihr dürft die Früchte aller Pflanzen und Bäume essen; Und aus dem 2. Kapitel Gott, der Herr, setzte den Menschen in den Garten von Eden. Er gab ihm die Aufgabe, den Garten zu bearbeiten und zu schützen. Amen Lied: Der Himmel geht über allen auf (A 2) Predigt I. Arbeit – das bedeutet nach christlichem Verständnis sehr viel mehr als die materielle Sicherung der Existenz. Nach christlichem Verständnis bedeutet Arbeit, dass wir die von Gott geschenkten geistigen und körperlichen Kräfte entfalten dürfen. Dass wir eigenen Fähigkeiten einbringen können, schöpferisch an der Welt mitgestalten dürfen. Das entspricht der Würde des Menschen. Arbeit ist – so hoch dürfen wir greifen – Mitwirken an der Schöpfung Gottes. II. Weil das so ist, bedeutet der Verlust von Arbeit in einer reichen Gesellschaft ein Skandal. Die materielle Verarmung und Verschuldung der Betroffenen ist schlimm, besonders für die Kinder, die davon betroffen sind und deren Lebenschancen drastisch eingeschränkt werden. Aber das ist ja nicht alles. Ohne Arbeit zu sein, heißt auch, von vielen Bereichen des Lebens ausgeschlossen zu sein: Freunde gehen verloren, das Familienleben wird belastet, Freizeit- und Bildungsmöglichkeiten sind erheblich eingeschränkt. 3 1. Mose 1,26-29; 2, 15 –8– Wir wissen aus Gesprächen und Befragungen, dass viele Arbeitslose sich für ihre Situation schämen, sich wertlos fühlen, nicht gebraucht und zu nicht nutze. Was hier verloren geht, kann auch durch höhere Zahlungen nicht einfach ausgeglichen werden. Denn es geht ein Teil des Menschseins verloren, die Möglichkeit, seine Anlagen zu entfalten, als ein wichtiger Teil der Gemeinschaft mitzuwirken. Wir wundern uns nicht, dass bei ihnen viel mehr gesundheitliche Probleme und Suchterkrankungen auftreten, dass ihre Suizidrate überdurchschnittlich hoch ist. III. Es ist ein Skandal, dass wir uns, obwohl wir dies alles wissen oder wissen könnten, an 4 bis 5 Millionen Arbeitslose gewöhnt haben, als sei dies ein Naturgesetz. Schon das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft müsste uns zu einem viel energischerem Umsteuern veranlassen, als wir es augenblicklich erleben. Denn dort ist doch immerzu von Freiheit und Verantwortung, von Solidarität und sozialer Verpflichtung die Rede. Für Christen wichtiger ist noch, dass dieser Zustand dem biblischen Bild vom Menschen diametral entgegensteht. Die Bibel nimmt geradezu heftig gegen jegliche soziale Ungerechtigkeit Stellung und setzt sich für die Benachteiligten ein.4 Die Grundaussage der Bibel ist – wir haben es eben gehört o Der Mensch ist nach dem Bilde Gottes geschaffen... o Er soll über die Erde verfügen und sie bearbeiten Damit ist die Versorgung der Menschen mit Arbeit zur Chefsache gemacht. Ja, Chefsache (nicht Chef Merkel, sondern Chef Gott). Der Ursprung und der Grund des Lebens, den wir Gott nennen, er selbst hat den Menschen so angelegt, o dass er sich zu voller (fast göttlicher) Lebensgröße entfalten soll, o dass er Anteil haben soll an allen Schätzen der Erde, o dass diese Schätze gerecht geteilt werden sollen. Schon in der Schöpfungsgeschichte wird die Würde der Arbeit und damit auch das Recht auf Arbeit betont. Gott, der das Heil der Menschen will, will auch eine heile Arbeitswelt für den Menschen. Und Jesus hat dasselbe Thema nochmals eindringlich zur Chefsache gemacht – sozusagen als Juniorchef. Er spricht vom Reich Gottes, das kommen soll. Das ist sein Hauptprojekt. Damit will er nicht auf die Ewigkeit vertrösten. Es will es schon jetzt verwirklichen. Das heißt, auch wenn wir nicht mehr im Paradies leben, soll schon jetzt so viel wie möglich von dem verwirklicht werden, was in der Schöpfungsgeschichte gesagt ist: dass jeder Mensch sich voll zu seiner Größe entfalten kann (zum Bilde Gottes), dass alle Anteil an den Schätzen der Erde haben, dass sie diese Schätze teilen. Alle Heilungsgeschichten machen uns deutlich, dass es darum geht, die Menschen schon hier zu einem Leben nach dem Bilde Gottes aufgerichtet werden sollen. 4 Am 4,1; 5,7-15; 6,1-8; Jes 1,1 5-17; 10,1-4 ,2. Mos 22,20-26; 23,6-9; 3. Mos 19,1 1-18.33f; 5. Mos 15,7-11; 24,17-22 u. a. –9– IV. Dazu braucht er uns. Durch uns soll schon jetzt und hier immer mehr von diesem Reich Gottes Wirklichkeit werden. Und das geschieht durch Teilen. Wie das zu verstehen ist, sagt Jesus in einer berühmten Rede: Was ihr einem von meinen geringsten Brüdern oder Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan: o Wenn ihr Hungrigen zu essen gegeben o wenn ihr Durstigen zu trinken gereicht o wenn ihr Fremde oder Obdachlose aufgenommen o wenn ihr Nackten Kleidung gegeben o oder wenn ihr Kranke oder Gefangene besucht habt dann habt ihr das mir getan. Das heißt, dann seid ihr mit mir, Jesus, auf dem Weg zum Reich Gottes unterwegs gewesen. Arbeitslose o sind hungrig nach Sicherung ihrer Existenz o sie sind durstig nach Selbstbestätigung o sie sind fremd und ausgesondert in unserer Gesellschaft o sie sind nackt in ihrer Scham, nicht gebraucht zu werden o sie sind gefangen in einem Teufelskreis von aussichtslosen Bewerbrungen Was wir also ihnen tun, das tun wir Gott. Wenn wir seine Chefsache zu unserer Sache machen, wenn wir am Schicksal der Arbeitslosen Anteil nehmen, mit ihnen teilen, ihre Situation verbessern, ihre Not lindern, das sind wir unterwegs zum Reich Gottes. V. Aber wie kann das praktisch aussehen, was können wir denn praktisch tun, um zu teilen? Im Folgenden stehen die Sprecher immer kurz und ohne großes Brimborium auf und wenden sich zur Gemeinde Sprecher/in 1 Ja, anfangen können wir ja mal damit, dass wir uns wirklich ehrlich über die Situation der Arbeitslosen informieren. Sprecher/in 2 Und uns endlich einmal klarmachen, dass Arbeitslose keineswegs einfach Faulpelze sind, sondern Opfer einer Gesellschaft, die nur noch Konsum im Kopf hat. Sprecher/in 3 Und auch in unserem Kopf wieder den Menschen in den Mittelpunkt rücken – und nicht Wirtschaft und Konsum. Sprecher/in 4 Und das müsste man durch Veranstaltungen und Vorträge in der Gemeinde immer wieder bewusst machen. – 10 – Prediger/in Schön, aber müsste man nicht auch richtig aktiv werden? Sprecher/in 5 Natürlich, wir können auf die Arbeitslosen zugehen, wir können nachfragen, wie es ihnen geht und ihnen zuhören. Sprecher/in 1 Wir können ihnen zureden, dass sie sich nicht am ihrem bisherigen Beruf festklammern dürfen, sondern einmal eine Umschulung wagen. Sprecher/in 2 Vielleicht könnte man mit ihnen Bewerbungsgespräche oder den richtigen Umgang mit dem Arbeitsamt üben. Sprecher/in 3 Oder ihnen zeigen, wie man mit dem Internet umgeht und eine wirkungsvolle Bewerbung schreibt. Prediger/in Aber, bewegt man damit schon genug? Sprecher/in 4 Man könnte ja auch handfestere Hilfe anbieten, zum Beispiel eine Patenschaft für einen Jugendlichen, der einen Ausbildungsplatz oder einen Arbeitsplatz sucht. Sprecher/in 4 Ich könnte mir vorstellen, dass man einen Arbeitslosenstammtisch ins Leben ruft, an dem weniger gebechert als geredet wird, über alle die Probleme, die Arbeitslosigkeit mit sich bringt. Sprecher/in 1 Man könnte auch noch weiter gehen und ein Netzwerk bilden, das Kontakte und Informationen über Arbeitsplätze und Hilfsmöglichkeiten sammelt und vermittelt Sprecher/in 2 Und man könnte die Arbeitsloseninitiative vor Ort, die arbeitslosen Menschen hilft, unterstützen – durch Mitarbeit oder Geld. Prediger/in Also dann geht es vielleicht auch an unser Geld. Sprecher/in 3 Klar, das könnte schon sein. Man könnte ja mal überlegen, ob man sich mit einer anderen eine Stelle teilt. Sprecher/in 4 Mindestens könnte man überlegen, ob eine Stundenreduzierung in Frage kommt. Sprecher/in 5 Und als Ehepaar kann man sich fragen, ob man wirklich zwei volle Jobs braucht. – 11 – Sprecher/in 1 Man könnte einmal prüfen, ob man nicht jemand anderen im Haushalt, im Garten, beim Bauen oder Renovieren anstellen könnte, und sei es nur für einige Stunden. Sprecher/in 2 Und auch mal das Portemonnaie aufmachen, Geld spenden oder wenigstens sammeln, um eine Arbeitslosenstiftung zu unterstützen. Sprecher/in 3 Und auch politisch müsst man endlich mal... Prediger/in Halt, halt! Empfehlungen für Parteien geben wir hier nicht. beim Folgenden stehen alle nacheinander auf und bleiben dann bis zum Schluss stehen Sprecher/in 4 Und doch dürfen wir die schreiende Ungerechtigkeit nicht hinnehmen, die in der Verteilung der Arbeit liegt. Sprecher/in 5 Wir müssen alle diese Gedanken immer wieder in die Gesellschaft, besonders in Parteien, Gewerkschaft und Arbeitgeberorganisationen hineintragen, nämlich... Sprecher/in 1 dass es um Menschen geht, die nach dem Bilde Gottes geschaffen sind Sprecher/in 2 Menschen, die Anteil haben sollen an den Schätzen der Schöpfung Sprecher/in 3 Menschen, die sich alle zu voller Größe und Schönheit entfalten sollen. Prediger/in So soll es sein. So wird es sein. Amen Stille Apostolisches Glaubensbekenntnis Lied: Brich mit den Hungrigen (H 3 = EG 420) Abendmahl Einleitung /Schuldbekenntnis Beide nach vorn – 12 – Sprecher/in 1 Wir wollen miteinander Abendmahl feiern. Doch bevor wir das tun, wollen wir in der Stille unsere Schuld bedenken: Gott, du wirst einmal fragen,5 wie solidarisch wir mit den Arbeitslosen gewesen sind. kleine Pause Du wirst uns einmal fragen, wie solidarisch wir mit den Jugendlichen waren, die ohne Hoffnung auf eine sinnvolle Zukunft lebten. kleine Pause Du wirst uns einmal fragen, wie solidarisch wir mit den Frauen waren, ob wir ihnen gleiche Chancen im Arbeitsleben gegeben haben. kleine Pause Wir bitten Dich um Vergebung, wo wir versagt haben. kleine Pause Sprecher/in 2 Gott ist groß und voller Güte und Vergebung. Eines der schönsten Zeichen dafür, dass er uns immer wieder bei sich aufnimmt, ist das Abendmahl. Es ist ein kleines Fest unter seinen Augen. Ein Fest, bei dem wir etwas von der Freude schmecken, als seine Kinder angenommen zu sein, aufgenommen in den Kreis der Liebe zu ihm und zu den Menschen. Gabengebet Sprecher/in 1 Wir beten: Gütiger Gott, Du schenkst uns Brot, das wir miteinander teilen. Es ist eine Gabe Deiner Schöpfung, Du lässt es für uns zum Brot des Lebens werden. Gott, wir danken dir: Du schenkst uns die Trauben, die wir miteinander essen. Sie sind eine Gabe Deiner Schöpfung, Du lässt uns in den Trauben deine neue Welt schmecken. So wie Brot und Wein Zeichen deiner Liebe sind, so lass auch uns zu Zeichen deiner Liebe werden. Amen 5 Der Text lehnt sich an ein Bußgebet an, dessen Quelle uns unbekannt ist. – 13 – Lied: Heilig bist du (M 6) 3x Heilig bist Du, Ursprung der Welt, Heilig bist du, Ziel aller Wege; Heilig bist du, ewige Gegenwart Einsetzung Sprecher/in 2 In der Nacht, in der ihn die Menschen verrieten, in der Nacht, in der sie ihn gefangen nahmen, in der Nacht, bevor sie ihn kreuzigten, in dieser Nacht, nahm er Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s seinen Jüngern und sprach „Nehmet hin und esset. Das ist + mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.“ Damit sagte er: Ich komme zu dir. Ich bin bei dir. Ich bin in dir. Du wirst leben. Ebenso nahm er nach dem Abendmahl auch den Kelch mit dem Saft solcher Trauben, dankte und gab ihnen den und sprach: „Nehmet hin und trinket. Dieser Kelch ist der neue Bund + in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Das tut, sooft ihr’s trinket, zu meinem Gedächtnis.“ Damit sagte er: Ich will in der wirken, in dir reifen, bis du ganz in Gott bist. Lebendig wie ich. In Ewigkeit. Amen Kleine Stille; danach Vaterunser Vaterunser Wir beten mit den Worten, die Jesus uns geschenkt hat: Vaterunser... Einladung / Austeilung Es ist alles bereit. Kommt, schmeckt und seht, wie freundlich unser Gott ist. Brot und Weintrauben werden mit den Worten weitergegeben „Brot des Lebens für dich“ „Trauben der Liebe für dich“ – 14 – Segenswort Zu seinem Bilde hat Gott uns und alle anderen Menschen gemacht. Geht hin als Gesegnete mit diesem Geschenk und dieser Verantwortung. Amen Lied: Wenn das Brot das wir teilen (M 1) Fürbitten Sprecher/in 1 Wir beten. Warten, bis alle aufgestanden sind Gott, du willst volles Leben schenken. Wir bitten um Ausdauer und Lebensmut für die Menschen, die schon lange vergeblich nach einer Anstellung suchen für die Jugendlichen, die keinen Einstieg ins Berufsleben finden für Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz nur noch als Nummern betrachtet werden und deren Arbeit nicht richtig bewertet wird auch für alle, die um ihren Arbeitsplatz bangen und für die vielen Menschen, die durch ihre Arbeit krank geworden sind. Sprecher/in 2 Gott, du willst Solidarität und Hilfsbereitschaft unter den Menschen. Wir bitten dich um Kraft und Fantasie für alle, die in der Arbeitsvermittlung tätig sind auch für die, die sich als Vorgesetzte um das Wohl ihrer Angestellten bemühen für die, die in Politik und Gesellschaft Verantwortung tragen und für alle, die sich in Arbeitsloseninitiativen engagieren Sprecher/in 3 Gott, du willst, dass auch wir diese Welt mitgestalten. Deshalb bitten wir dich, schenke uns ein achtsames Herz für die Gabe des Lebens: Gib uns wache Augen für uns selbst und für alle Menschen nah und fern. Lass uns aufbegehren und aktiv werden gegen die Ungerechtigkeit, die in deiner Welt geschieht Amen Aaronitischer Segen Orgelnachspiel – 15 – Knabbern und Plaudern Diesmal mit Graubrot und Wasser. – 16 –