Unbegründeter Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis

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Unbegründeter Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis
VG Augsburg, Beschluss v. 30.05.2016 – Au 7 E 16.181
Titel:
Unbegründeter Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis
Normenketten:
VwGO § 123
FeV § 7, § 11 Abs. 3 Nr. 4, Nr. 5, Abs. 8, § 12, § 13, § 14, § 20 Abs. 1
StVG § 2 Abs. 4 S. 1
StVG aF § 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Nr. 3, Abs. 5
Leitsätze:
Wer mehrfach wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots strafrechtlich verurteilt wurde und
sich weigert, trotz Anforderung der Behörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten einholen
zu lassen, ist in der Regel nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.
(red. LS Jan Luckey)
Dieser Beurteilung und der Verweigerung einer Fahrerlaubnis (hier: Klasse C/CE) steht nicht
entgegen, dass die Behörde zuvor (für die Klasse B) einen polnischen Führerschein des
Antragstellers anerkannt hat. Der Antrag auf Widererteilung der Fahrerlaubnis der Klassen C und CE
stellt ein eigenständiges Verwaltungsverfahren dar, für den die vorige Ausstellung eines polnischen
Führerscheins der Klasse B keine Bindungswirkung entfaltet. (red. LS Jan Luckey)
Schlagworte:
polnische EU-Fahrerlaubnis, Führerschein, medizinisch-psychologisches Gutachten, Fahren ohne
Fahrerlaubnis, Führerscheinklassen, widersprüchlich, Verhalten
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 21. Juli 2010 zur Vorlage eines medizinischpsychologischen
Gutachtens aufgefordert, da gegen ihn 7 Verkehrsverstöße vorlagen. Weil er das geforderte Gutachten
nicht vorlegte, wurde ihm durch Entscheidungs-Niederschrift am 17. November 2010, rechtkräftig seit 23.
November 2010, die Fahrerlaubnis entzogen.
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Mit Antrag vom 28. November 2010 beantragte der Antragsteller die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. In
diesem Rahmen wurde bekannt, dass er durch ein Urteil des Amtsgerichts ... vom 18. Oktober 2010 wegen
vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots in drei tatmehrheitlichen Fällen (25., 27., 28. April 2010) zu einer
Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20,00 EUR verurteilt wurde und ein dreimonatiges Fahrverbot gegen
ihn verhängt wurde.
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Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 7. Juni 2011 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne
Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten auf Bewährung und einer isolierten Sperre von 12
Monaten verurteilt. Hintergrund des Urteils war, dass der Antragsteller trotz der Entziehung der
Fahrerlaubnis am 17. November 2010, rechtskräftig seit 23. November 2010, am 11. Februar 2011 als
Fahrer eines PKW in eine Polizeikontrolle geriet.
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Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 20. Juni 2011 wurde der Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne
Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten auf Bewährung und einer isolierten Sperre von 6
Monaten verurteilt. Der Antragsteller führte einen PKW im Straßenverkehr, obwohl gegen Ihn ein Fahrverbot
bestand und die Fahrerlaubnis am 23. November 2010 rechtskräftig entzogen worden war. Zusätzlich waren
noch einige weitere Verkehrsordnungswidrigkeiten für den Antragsteller eingetragen.
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Mit Schreiben vom 8. Mai 2012 wurde der Antragsteller aufgefordert, für die Wiedererteilung der
Fahrerlaubnis ein medizinischpsychologisches Gutachten bei der Führerscheinstelle vorzulegen. Am 24.
Oktober 2012 legte der Antragsteller ein entsprechendes Gutachten vom 3. Juli 2012 vor, aus welchem
hervorging, dass zu erwarten sei, dass er zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen
verstoßen werde. Deshalb kam es bisher nicht zur Wiedererteilung einer deutschen Fahrerlaubnis.
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Am 29. Oktober 2012 wurde dem Antragsteller ein polnischer Führerschein der Klasse B durch die
polnische Fahrerlaubnisbehörde ausgestellt. Laut Auskunft des elektronischen Meldeportals ist der
Antragsteller seit 1. März 2011 - und damit auch zum Zeitpunkt der Ausstellung des polnischen
Führerscheins - mit alleinigem Wohnsitz in ... gemeldet. Der polnische Führerschein wurde seitens des
Antragsgegners anerkannt, da er weder während einer Sperrfrist ausgestellt wurde, noch ein deutscher
Wohnsitz darauf eingetragen war und auch die ausstellende Behörde die Gültigkeit dieses Führerscheins
bestätigt hatte. Nachdem der Antragsteller am 16. Oktober 2014 eine eidesstaatliche Erklärung abgab, dass
er den polnischen Führerschein seit ca. einem halben Jahr nicht mehr auffinde, wurde ihm am 17. Oktober
2014 seitens des Antragsgegners ein deutscher Führerschein der Klassen B, BE ausgehändigt.
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Am 11. Oktober 2013 überschritt der Antragsteller die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb
geschlossener Ortschaften um 22 km/h.
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Am 1. November 2014 beantragte der Antragsteller die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der Klassen C,
CE. In diesem Rahmen wurde er aufgefordert bis zum 22. Mai 2015 ein medizinischpsychologisches
Gutachten vorzulegen.
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Da der Antragsteller ein entsprechendes Gutachten nicht rechtzeitig vorlegte, wurde er zur bevorstehenden
Versagung des Wiedererteilungsantrags angehört. Er erhielt die Möglichkeit, sich zu der beabsichtigten
Maßnahme zu äußern und zur Vermeidung eines kostenpflichtigen Bescheides eine entsprechende
Entscheidungsniederschrift zu unterschreiben.
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Mit Bescheid vom 12. Oktober 2015 wurde der Wiedererteilungsantrag des Antragstellers abgelehnt. Mit
Schreiben vom 25. Oktober 2015 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein.
Ein Widerspruchsbescheid erging bisher nicht.
11
Mit Schreiben vom 6. Februar 2016, bei Gericht eingegangen am 9. Februar 2016, wurde ein Antrag auf
den Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt,
12
den Antragsteller im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller
die beantragten Fahrerlaubnisklassen zu erteilen.
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Die Ablehnung des Wiedererteilungsantrags stehe im Widerspruch zum bisherigen Handeln der Behörde.
Der Antragsteller habe eine gültige polnische EU-Fahrerlaubnis erworben, die auch vom Antragsgegner
anerkannt worden sei. Es sei ein Führerschein der Klassen B, BE ausgehändigt worden, ohne dass hier
Fahreignungszweifel geäußert worden seien.
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Mit dem rechtswirksamen polnischen Führerschein habe der Antragsteller beanstandungslos Kraftfahrzeuge
im deutschen Verkehr geführt. Dies sei im Rahmen des seitens des Antragsgegners auszuübenden
Ermessens bisher unberücksichtigt geblieben. Es handele sich für den Antragsteller nicht um eine bindende
Entscheidung, wenn bereits eine Fahrerlaubnis erteilt worden sei, mit der beanstandungslos gefahren
werde.
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Für den Antragsgegner würden sich durch die Verweigerung erhebliche (wirtschaftliche) Nachteile ergeben,
da ihm einer sinnvolle bzw. erfolgreiche Berufsausübung ohne die höheren Fahrzeugklassen als Inhaber
eines Elektroinstallationsfachgeschäfts nicht möglich oder zumindest erheblich erschwert sei. Eine
Vorwegnahme der Hauptsache sei deshalb ausnahmsweise gerechtfertigt.
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Mit Schreiben vom 22. Februar 2016 erwiderte das Landratsamt ... für den Antragsgegner und beantragte,
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den Antrag abzulehnen.
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Es liege kein Anordnungsanspruch vor, da der Antragsteller die berechtigten Zweifel an seiner Fahreignung
hinsichtlich der Fahrerlaubnisklassen C, CE nicht durch Vorlage eines positiven
medizinischpsychologischen Gutachtens ausgeräumt habe. Die Voraussetzungen für die Wiedererteilung
der Fahrerlaubnis der Klassen C, CE würden nicht vorliegen, da der Antragsteller hierfür nicht die
notwendigen charakterlichen Anforderungen erfülle.
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Nachdem sich der Antragsteller weigere, das geforderte Gutachten beizubringen, müsse auf seine
Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden (§ 11 Abs. 8 FeV). Auf diesen
Sachverhalt sei der Antragsteller in der Aufforderung vom 11. März 2015 zur Vorlage eines
Fahreignungsgutachtens hingewiesen worden. Der Antragsteller lasse durch seine Weigerung die von
einem Kraftfahrzeugführer zu fordernde Einsicht dafür vermissen, dass die Sicherheit des Straßenverkehrs
eigenen Belangen vorgehe.
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Es liege kein widersprüchliches Handeln der Behörde vor. Mit der Erteilung der Fahrerlaubnis durch die
polnische Fahrerlaubnisbehörde am 29. Oktober 2012 sei nur eine solche für die Fahrerlaubnisklasse B
erteilt worden. Diese Entscheidung habe durch die Behörde, obwohl der Antragsteller zum Zeitpunkt der
Erteilung seinen alleinigen Wohnsitz in ... gehabt habe und trotz des negativen medizinischpsychologischen
Gutachtens vom 3. Juli 2012 aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom
26. April 2012, C-419/10 (Hofmann) hingenommen werden müssen. Der streitgegenständliche Antrag auf
Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der Klasse C, CE stelle ein eigenständiges Verwaltungsverfahren dar.
Dieser Antrag sei nach § 20 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) nach den Vorschriften für die
Ersterteilung (§§ 7 ff. FeV, § 2 StVG) zu prüfen. Unter anderem sei auch die Fahreignung zu prüfen. Hier
sei die Aufforderung zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens aufgrund der dargelegten,
noch verwertbaren Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr
zweifelsfrei nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 und 5 FeV verhältnismäßig und gerechtfertigt.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
22
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber nicht begründet und war daher
abzulehnen.
23
Eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) darf nur ergehen,
wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der
Antragsteller hat sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als
auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§
123 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
24
Hier hat der Antragsteller jedenfalls das Bestehen eines Anordnungsanspruches nicht glaubhaft gemacht.
Aufgrund einer summarischen Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht von einem Erfolg in
einer Hauptsache auszugehen und daher das Bestehen eines Anordnungsanspruchs zu verneinen. Die
Fahrerlaubnisbehörde hat den Antrag des Antragstellers auf Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis der
Klassen C und CE zu Recht abgelehnt.
25
Nach § 2 StVG in Verbindung mit § 20 FeV sowie den §§ 7 ff. FeV darf eine Fahrerlaubnis unter anderem
nur dann erteilt werden, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Geeignet zum
Führen von Kraftfahrzeugen ist nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, wer die notwendigen körperlichen und
geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche
Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Diese Voraussetzungen liegen beim Antragsteller nicht
vor. Ihm fehlt es an der charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Verkehr.
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Die Fahrerlaubnisbehörde konnte vorliegend gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung zum
Führen von Kraftfahrzeugen schließen, da sich der Antragsteller weigerte das - im Rahmen der Stellung des
Antrags auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vom 1. November 2014 geforderte medizinischpsychologische Gutachten beizubringen. Hierauf wurde der Antragsteller am 11. März 2015 im
Rahmen der Aufforderung zur Vorlage eines Fahreignungsgutachtens ordnungsgemäß hingewiesen, § 11
Abs. 8 Satz 2 FeV.
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Die Anforderung des medizinischpsychologischen Gutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde war
rechtmäßig. Nach §§ 11 bis 14 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde ein Gutachten anfordern, wenn
Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Erlaubnisbewerbers
begründen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 kann dies bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten
Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften erfolgen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 kann ein
medizinischpsychologisches Gutachten auch bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem
Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
angeordnet werden. Der Antragsteller hat sowohl erheblich gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen
als auch erhebliche Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen. So wurde gegen ihn
am 18. Oktober 2010 wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots in drei mehrheitlichen Fällen ein
dreimonatiges Fahrverbot verhängt und er wurde zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20,00 EUR
verurteilt. Am 7. Juni 2011 wurde er wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer
Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung sowie zu einer isolierten Sperre von 12 Monaten verurteilt.
Am 20. Juni wurde der Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer
Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung sowie zu einer isolierten Sperre von 6 Monaten verurteilt.
Am 24. Oktober 2012 legte der Antragsteller ein negatives medizinischpsychologisches Gutachten,
ausgestellt durch die ..., vor, welches seine Fahreignung verneinte. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis,
dass zu erwarten sei, dass der Antragsteller zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen
verstoßen würde.
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Damit lagen der Gutachtensanordnung erhebliche Zweifel an der charakterlichen Eignung des
Antragstellers im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 FeV zugrunde. Insbesondere Personen, die durch
erhebliche oder wiederholte Verkehrsverstöße auffällig geworden sind, stellen nach wissenschaftlichen
Erkenntnissen eine besondere Gefahrenquelle dar. Dies lässt sich damit erklären, dass den Auffälligkeiten
Gewohnheiten, verfestigte Fehleinstellungen oder Leistungsmängel zugrunde liegen. Diese erschweren
eine adäquate Bewertung der Normen und Gesetze, die den Straßenverkehr regeln und ein entsprechend
angepasstes Verhalten als motorisierter Verkehrsteilnehmer. Insbesondere die Straftat des Fahrens ohne
Fahrerlaubnis rechtfertigt regelmäßig erhebliche Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Führen von
Kraftfahrzeugen. Besonders brisant ist diese Straftat, wenn während eines Fahrverbots gefahren wird, weil
dem Fahrverbot bereits ein erheblicher Verstoß zugrunde gelegen haben muss. Durch die im aktuellen
Auszug des Kraftfahrtbundesamtes aufgeführte Ordnungswidrigkeit vom 11. Oktober 2013 (Überschreitung
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h) werden die
Bedenken verstärkt. Damit konnte die Fahrerlaubnisbehörde unter der Würdigung der Gesamtpersönlichkeit
des Antragstellers davon ausgehen, dass diesem die charakterlich gefestigte Bereitschaft zur Einhaltung
derjenigen Regeln und Normen des menschlichen Zusammenlebens, die dem Schutz und der Sicherheit
jedes Einzelnen dienen, in nicht hinnehmbarem Maße fehlt.
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Das aktenkundige verkehrsrechtliche Verhalten des Antragstellers (Verurteilungen vom 7. Juni 2011 und
vom 20. Juni 2011 sowie die Verurteilung vom 18. Oktober 2010) war gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und
3, Abs. 5 StVG (alte Fassung) zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Vorlage eines
medizinischpsychologischen Gutachtens am 11. März 2015 und auch im Zeitpunkt dieser Entscheidung
noch nicht tilgungsreif und daher berücksichtigungsfähig.
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Auch hat die Behörde keine Fehler bei der Ermessensausübung begangen. Die Gutachtensanordnung
gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und 5 FeV war ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel die
aufgetretenen Fahreignungsbedenken aufzuklären.
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Entgegen der Ansicht des Antragstellers liegt auch kein widersprüchliches Verhalten der
Fahrerlaubnisbehörde vor. Am 29. Oktober 2015 wurde seitens der polnischen Fahrerlaubnisbehörde
lediglich eine Fahrerlaubnis der Klasse B erteilt. Der polnische Führerschein wurde seitens des
Antragsgegners anerkannt, da er weder während einer Sperrfrist ausgestellt wurde, noch ein deutscher
Wohnsitz darauf eingetragen war und auch die ausstellende Behörde die Gültigkeit dieses Führerscheins
bestätigt hatte (EuGH, U. v. 26.4.2012 - Hofmann, C-419/10 - NJW 2012, 1935-1940). Der
streitgegenständliche Antrag auf Widererteilung der Fahrerlaubnis der Klassen C und CE stellt jedoch ein
eigenständiges Verwaltungsverfahren dar. Demnach war der Antrag gemäß § 20 Abs. 1 FeV nach den
Vorschriften für die Ersterteilung (§§ 7 ff. FeV, § 2 StVG) zu prüfen. Dieses Verwaltungsverfahren hat der
Antragsgegner ordnungsgemäß durchgeführt und den Antrag rechtmäßig abgelehnt. Es ist nicht ersichtlich
warum die Ausstellung eines polnischen Führerscheins der Klasse B für die Entscheidung einer deutschen
Behörde über die Fahrerlaubniserteilung der Klassen C und CE Bindungswirkung entfalten sollte. Seitens
des Antragstellers wird hierfür auch keine Begründung vorgetragen.
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Nach allem war der Antrag abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V.
m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) sowie den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 und 46.4 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl.
2014, Anhang zu § 164 Rn. 14).