über den Jaguar E-Type
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über den Jaguar E-Type
ZeitHaus Automobile Klassiker Jaguar E-Type – der Rennwagen für den Hausgebrauch 1961-1975 Automobile Meilensteine sind das Thema des ZeitHauses in der Autostadt – dies ungeachtet ihrer Herkunft. ZeitHaus-Philosophie ist es, Trendsetter zu präsentieren: Automobile, die Maßstäbe definierten und anderen Herstellern als Vorbild dienten, sei in der Produktionsweise, in Sachen Marketing, technologisch, konzeptionell oder im Design. Der Jaguar E-Type gehört zweifellos zu diesem elitären Kreis. Er setzte vor 50 Jahren in seiner Preisklasse neue Maßstäbe – mit seinem vom Le-Mans-Sieger Jaguar D-Type übernommenen Karosserie- und Fahrwerkskonzept genauso, wie aerodynamisch oder mit seinen atemberaubenden Fahrleistungen. In Le Mans siegte Jaguar bereits 1951 und 1953. Doch zur Le Mans-Legende wurde der britische Autobauer vor allem durch den Hattrick der Jahre 1955 bis 1957. Der dabei eingesetzte D-Type setzte nämlich auch technologisch Ausrufezeichen: Der Rennwagen-Meilenstein be- sitzt ein Mitte der 50er Jahre neuartiges, stählernes Monocoque. Ein vorn an dieses sehr verwindungssteife Gebilde angeschraubtes Rohrgestell nimmt den Sechszylindermotor, den Kühler und die vorderen Radaufhängungen auf. Für die Karosserieform des D-Type zeichnete der gelernte Flugzeug-Aerodynamiker Malcolm Sayer verantwortlich, woraus weiche, windschlüpfige Rundungen resultieren. Der Jaguar E-Type, der vor 50 Jahren sein Debüt gab, ist in vielerlei Hinsicht die Weiterentwicklung des D-Type, der für das technische Konzept, das Design und unverwechselbare De- tails die Blaupause lieferte. Wer beispielsweise die Motorhaube des EType öffnet, der kippt – wie einst beim D-Type – vermeintlich das halbe Automobil nach vorn. Denn auch beim Straßensportwagen kann das komplette, bis knapp vor die Windschutzscheibe reichende Vorderteil der Karosserie weg geklappt werden, soll im Motor der Ölstand kontrolliert werden. Hier wie da kommt der Ende der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts von Jaguar im Sportwagen-Typ XK 120 eingeführte Reihensechszylinder mit zwei oben liegenden Nockenwellen zum Vorschein. Sir W illiam Lyons höchstpersönlich, Gründer und damaliger Alleinherrscher ansässigen des in Coventry Automobilherstellers, präsentierte seinen neuen Supersportwagen im Frühjahr 1961 anlässlich des Genfer Auto-Salons. Der zunächst noch XKE genannte Nachfolger des klassischen Jaguar XK 150 erregte enormes Aufsehen: Zeitschriften und Fachmagazine überschlugen sich mit ihren Huldigungen. Vor allem die britische Presse war sich einig: „The New Jaguar can beat the world!“ Tatsächlich bot der E-Type zum halben Preis eines zeitgenössischen Ferrari oder Maserati gleiche oder gar bessere Fahrleistungen, beispielsweise nach Werksangabe dramatische 240 km/h Höchstgeschwindigkeit. Er bot zudem dank seines aufwändigen Fahrwerks weit überlegene Fahreigenschaften. Und mit bereits serienmäßigen Scheibenbremsen rundum hatte der britische Emporkömmling gegenüber dem italienischen Auto-Adel auch beim Verzögern das Sagen. Das extrovertierte Design des E-Type tat ein Übriges, um vor allem Käufer des für Jaguar wichtigsten Marktes, die USA, in die Showrooms zu locken. Jack Brabham, in den beiden Vorjahren der E-TypeVorstellung, nämlich 1959 und 1960, Formel-1-Weltmeister, berichtete in einem Fahrbericht für das britische Motorsport-Blatt „Motor Racing”: „Wo immer ich mit dem Auto aufkreuzte, gab es einen Menschenauflauf. Bei jedem Halt schwärmten Neugierige herbei, ließen mich kaum weiterfahren …“ Wer heute in einem E-Type unterwegs ist, der erlebt durchaus ähnliche Szenen: Andere Autofahrer vergessen bei Grün das Losfahren, und Jugendliche zeigen entgeistert in Richtung der unheimlichen Erscheinung aus Blech und Stahl. Wem es vor allem um Fahrspaß geht, der kommt nicht weniger auf seine Kosten. Nachdem man sich durch die schmale und niedrige Tür in das recht enge Gehäuse eingefädelt hat, kommt schon angesichts der langen Uhren- und Schalterreihen im Armaturenbrett Vorfreude auf. Man sitzt auf feinem Connolly-Leder, und der Blick fällt durch eine sehr niedrige Windschutzscheibe mit drei kurzen Wischern über eine unendlich scheinende Motorhaube. Beim Starten überrascht der 240-km/h-Bolide mit einem unerwartet zivilisierten Wesen – keine Spur der Allüren zeitgenössischer italienischer Supersportwagen, deren Sechsund Zwölfzylinder-Triebwerke und Kupplungen stets an ihre Herkunft aus reinrassigen Rennwagen gemahnen und deshalb höchste Ansprüche an das Talent des Fahrers stellen. Der Jaguar-Sechszylinder hingegen lässt sich weich und geschmeidig in Gang setzen. Wer keinen Krawallstart provoziert, der kann losrollen, als säße er in einer kultivierten Limousine. Unerwartet gut gestaltet sich auch der Fahrkomfort dieses so extrem auftretenden Sportwagens: Obwohl durchaus straff gefedert, erreichen Fahrbahnstöße die Rückseiten der Passagiere im E-Type erstaunlich gedämpft, Lenkung und Pedalerie erfordern keine Bärenkräfte. So erinnert einzig die sehr schwergängige Schaltung des Vierganggetriebes daran, einen kernigen Sportwagen zu bedienen. Diese „Crashbox“ des britischen Fabrikats Moss zwingt zudem wegen ihrer mäßigen Synchronisierung zu sehr bedächtigen Schaltmanövern, sollen unschöne Geräusche beim Wechseln der Übersetzung vermieden werden. Nur rund sieben Sekunden vergehen, um mit dem E-Type aus dem Stand bis 100 km/h zu sprinten, 200 km/h werden bereits nach rund 26 Sekunden erreicht. Man muss dieses Temperament im zeitgenössischen Ver- gleich sehen, um die damalige Aufregung zu verstehen: Ein 1961 gebauter Volkswagen Käfer benötigt deutlich über 30 Sekunden, um auf 100 km/h zu beschleunigen. Deutschlands schnellstes Straßenautomobil im E-TypeDebütjahr, der 215 PS starke Mercedes 300 SL Roadster, nimmt sich immerhin neun Sekunden Zeit, um 100 km/h schnell zu sein. Gewundene Landstraßen sind das bevorzugte Revier des E-Type. Er lenkt wunderbar behände ein, gibt über seine präzise, ohne Servounterstützung arbeitende Zahnstangenlenkung zuverlässig Rückmeldung und agiert zumindest auf trockener Piste im Hinblick auf die hohe Motorleistung von 265 (SAE)-PS erstaunlich gutmütig. Dass der Jaguar im Gegensatz zu modernen Hochleistungssportwagen mit nur 166 Zentimeter Breite sehr zierlich geriet, fördert naturgemäß die Handlichkeit. Der extrem langhubige Sechszylinder erfreut bei eiliger Fahrt mit einer geradezu dampfmaschinenartigen Elastizität. Die Kraft aus dem Drehzahlkeller tröstet auch darüber hinweg, dass beim E-Type Drehzahlen über 6.000/min tunlichst zu meiden sind. Denn die dabei entstehenden, extrem hohen Kolbengeschwindigkeiten, resultierend aus immerhin 106 Millimetern Kolbenhub, würden einen frühzeitigen Maschinen-Kollaps provozieren. Derartige Bedenken gelten heute, da die meisten E-Types mit hochwertigeren Materialien – zum Beispiel Kolben von Mahle – restauriert wurden, freilich nur noch bedingt. So können sich aktuelle E-Type-Freunde beim Kauf ihres Traumwagens auf die Wahl der Bauserie konzentrieren – denn E-Type ist keineswegs gleich E-Type. So folgte im Oktober 1964 auf den ursprünglichen E-Type mit 3,8-Liter-Motor eine Version mit 4,2 Liter großem Sechszylinder und unveränderter Nennleistung (siehe Prospektmotiv unten). W ährend das noch- mals seidigere Laufverhalten des 4.2 nur feinfühlige Experten realisieren, ist das mit der 4,2Liter-Maschine führte neue eingeGetriebe, diesmal ein Jaguar-Eigengewächs, für jedermann erlebbar: Es ist vollsynchronisiert und schaltet sich viel leichter und schneller als die alte Moss-Box. Familientauglich wurde der E-Type 1966 mit Einführung des E-Type 2+2 (siehe Prospektmotiv unten), der dritten Karosserieversion neben den strikt zweisitzigen Modellen FHC (für „Fixed Head Coupé“) und OTS (für „Open Sports Tourer“): 2,66 statt 2,44 Meter Radstand sowie eine höhere Dachpartie ermöglichten die Integration zweier für Halbwüchsige durchaus geeigneter Rücksitze. Das Image dieser Variante leidet heute unter einer Option, die damals bei amerikanischen Käuferschichten höchst willkommen war: ein Automatikgetriebe von Borg-Warner. Zunehmend strengere US-Sicherheitsregularien veränderten den E-Type Zug um Zug vor allem im Cockpit. Sie erzwangen ab dem Frühjahr 1968 ein „Sicherheitsarmaturenbrett“ mit Wippschaltern statt der klassisch-kantigen Kippschalter und mündeten schließlich im Oktober 1968 in die zweite Serie des E-Type. Deutlich größere Blinkleuchten vorn und große Rückleuchten – jeweils unterhalb statt oberhalb der Stoßstangen positioniert – sowie eine um 68 Prozent vergrößerter Kühlluftöffnung sind die Identifikations-Merkmale der Serie 2, deren Leistungsvermögen wegen weltweiter Abgas-Restriktionen Zug um Zug deutlich unter die 200-PS-Marke erschlaffte. 1971 holte Jaguar zum Befrei- ungsschlag aus und veränderte den legendären E-Type so grundlegend, dass quasi ein völlig neues Automobil sein Debüt gab: Der E-Type der Serie 3 war als Coupé und Roadster nur noch mit dem langen Radstand des Modells 2+2 lieferbar, die Spurweiten waren vorn um knapp elf Zentimeter, hinten um gut acht Zentimeter angewachsen, was ausgestellte Kotflügel erforderte – und unter der Motorhaube saß statt des altbewährten Reihensechsers ein völlig neu entwickelter V12-Motor mit 272 DIN-PS bei 5.850/min. Trotz dieser Leistungsexplosion hatte sich der Charakter des E-Type in seiner finalen, bis Anfang 1975 gebauten Serie grundlegend verändert: Aus dem reinrassigen Sportwagen alter Schule war ein Hochleistungstourenwagen mit superleichter Servolenkung entstanden, fast überwiegend mit Automatikgetriebe geordert und folglich ohne sportliche Ambition. Trotz der zweifellos auch beim Letzten seiner Art vorhandenen Reize, ist es doch der Charme und die besondere Aura des ursprünglichen E-Type mit sechs Zylindern, seine Ableitung von einem dreifachen Le-Mans-Sieger, die diesen Jaguar in den SportwagenOlymp beförderte – und als Dauergast ins ZeitHaus der Autostadt. Hersteller: Jaguar Cars Ltd. / Baujahr 1964 Meilenstein Jaguar E-Type 3.8 W arum Meilenstein? Der E-Type übernahm die Rennwagen-Technologie des dreifachen Le-Mans-Siegers D-Type (Monocoque mit Hilfsrahmen für den Motor und die Vorderradaufhängungen). Er bot damit der italienischen Konkurrenz überlegene Fahreigenschaften und gleichwertige Fahrleistungen zum halben Preis. Auch seine aerodynamische Karosserie, entworfen vom Flugzeug-Designer Malcolm Sayer, adelt den E-Type zum Meilenstein. W ann entstanden? Die erste Serie des E-Type mit 3,8 Liter Motor entstand von März 1961 bis Oktober 1964, gefolgt vom 4,2 Litre, der in zwei Serien (Series 1 ½ und Series 2) bis September 1970 produziert wurde. Im März 1971 gab der bis 1975 gebaute E-Type V12 sein Debüt. W ie erfolgreich? In seiner Klasse profilierte sich der E-Type neben der amerikanischen Chevrolet Corvette zum verkaufsträchtigsten Super-Sportwagen großen Hubraums: Insgesamt entstanden 72.507 ETypes, davon 57.220 mit Sechs-Zylinder-Motor und 15.287 V12-Varianten. Das im ZeitHaus präsentierte Coupé der Serie 1 wurde 7.669mal gebaut. W elche W irkung? Der E-Type setzte in seiner Preisklasse völlig neue Fahrleistungs-Maßstäbe. Sportwagen werden daran bis heute gemessen. W elche Daten? Reihen-Sechszylinder, 3.781 ccm, 195 kW/265 PS, Einzelradaufhäng-ungen mit Schraubenfedern; Höchstgeschwindig- keit: 240 km/h; damaliger Neupreis des Coupés wie im ZeitHaus präsentiert: 26.000 DM. W eitere Informationen finden Sie unter www.autostadt.de oder erhalten Sie direkt beim ZeitHaus-Team unter [email protected] Fotonachweis: Autostadt, bei einigen der abgebildeten Motive handelt es sich um zeitgenössische Dokumente