Pera-Blätter Orient-Institut Istanbul Heft 17 2000
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Pera-Blätter Orient-Institut Istanbul Heft 17 2000
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März 1997 Herausgeber: Orient-Institut der DMG/Istanbul © Zeynep Aygen, 2000 Gedruckt 2000 in Istanbul Orient-Iristitut der DMG, Abteilung Istanbul Susam Sokak 16-18 D. 8 TR-80060 Cihangir - Istanbul Telefon+90-212-2936067 oder 2521983 • Fax 2496359 e-mail: [email protected] homepage: http://www.oidmg.org Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall Kreuzberg in Berlin-Zeyrek in Istanbul ZEYNEP AYGEN Im Zeitalter der viel diskutierten Globalisierung wird zunehmend klarer, daß es heute unmöglich geworden ist, Städte mit herkömmlichen Modellen zu definieren. Sjobergs Gegensatzpaar vorindustriell/industriell schließt den Begriff postindustriell nicht ein, die hierarchisch abgestuften zentralen Orte Christallers gibt es nicht mehr. 1 Während sich einerseits multipolare, mehrkernige Städte entwickeln, werden andererseits die innerstädtischen Hierarchien regional und global verlagert, so daß neue geographische Rangordnungen entstehen. Auch das alte Modell von Zentrum/Vorort ist in diesem neuen Rahmen nicht mehr gültig; Sassen definiert die neue Peripherie wie folgt: "Was unter peripher zu verstehen ist, hängt dabei von der wirtschaftlichen Dynamik ab, die auf den jeweiligen geographischen Terrains vorherrscht. Neue Formen der Peripherisierung sind im Zentrum großer Städte der entwickelten Länder nicht weit von den weltweit teuersten Gewerbeflächen zu beobachten."2 Dies bedeutet, daß sich Einwanderer und ethnische Bevölkerungsgruppen, die oft die niedriger bezahlten Lohngruppen für die in der Nähe liegenden Finanz-und Dienstleistungszentren bilden, in der zentralen Peripherie konzentrieren. Während in den Großstädten der Industrieländer die innerstädtischen Randgebiete hohe Konzentrationen von Immigranten aufweisen, 3 ändert sich diese Konzentration in den anderen Ländern zugunsten der Siedlungen an der äußeren Peripherie, die für die weitere Ausübung der herkömmlichen, ländlichen 3 Pera-Blätter 17 Funktionen geeigneter ist.4 Ein Vergleich zwischen der Entwicklung des Stadtviertels Zeyrek in Istanbul und dem Berliner Kiez Kreuzberg reflektiert die Tatsache, daß die innerstädtische Peripherie unabhängig vom geographischen Ort dort entsteht, wo bestimmte Voraussetzungen wie die plötzliche Veränderung der sozialen Bedingungen und Arbeitsverhältnisse in einem innerstädtischen Wohngebiet erfüllt werden, wo dadurch die städtebauliche Entwicklung einem unerwarteten Wandel unterliegt und wo im Gegensatz zu der äußeren Peripherie eine ständige Fluktuation der Bevölkerungsstruktur deutlich wird. Die räumliche Nähe des Arbeitsnehmers zum Arbeitsplatz, die in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts von großer Bedeutung war, ist nicht mehr der entscheidende Faktor für die Wahl des Wohnorts. Stattdessen sind mit der steigenden Arbeitslosigkeit und dem Anstieg der Heimarbeit in bestimmten Industriezweigen neue Motivationen entstanden. Innerhalb der Immigrantengesellschaften der innerstädtischen Peripherie ist das wichtigste Kriterium bei der Wohnungswahl neben dem Preis die räumliche Nähe zu den weiteren Immigranten aus dem eigenen Land oder der eigenen Herkunftsregion. Verwandschaftliche Beziehungen bilden sowohl einen sozialen Schutz in der fremden Metropole als auch Hilfe für die Heimarbeit. Obwohl Zeyrek und Kreuzberg auf den ersten Blick geschichtlich und im Erscheinungsbild sehr unterschiedlich aussehen, treffen die oben beschriebenen Paradigmen auf beide genau zu. Hinzu kommt, daß sie trotz der zeitlichen Verschiebung in ihrer Entstehung ähnliche städtische Eigenschaften aufweisen. Sowohl Zeyrek als auch Kreuzberg wurden am Anfang als Semirandgebiete nicht weit vom Stadtzentrum gegründet. Bei beiden hat ein Monument ihre Entwicklung beeinflußt, beide wuchsen mit der Zeit zu Mittelstandsgebieten nicht weit vom Stadtzentrum, ohne mit großen repräsentativen Bauten ausgestattet zu sein. In der ersten Phase der Industrialisierung, in der die räumliche Nähe zum Arbeitsplatz wichtig war, wuchsen sie zu Arbeiterwohngebieten, bis bei ihnen der Bezug zum Stadtzentrum durch 4 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall eine städtebauliche Maßnahme abgebrochen wurde, was zu ihrem Verfall führte. Nach diesem ersten Verfall entstand sowohl in Zeyrek als auch Kreuzberg eine sehr ähnliche Sozialstruktur. Diese Ähnlichkeit zeichnet sich nicht nur durch die Immigranten aus, sondern auch durch die Tatsache, daß diese Immigraten jeweils aus bestimmten ländlichen Gebieten der Türkei stammten, nämlich der Schwarzmeerregion und Ostanatolien. Bei beiden kam die zweite Phase des Verfalls mit dem Umzug der Industrie oder durch Arbeitsplatzverluste infolge der Schließung in der Nähe liegender Industriebetriebe. Schließlich wurden sie beide mit dem Konzept der behutsamen Erneuerung vertraut, zuerst Kreuzberg und dann Zeyrek durch deutsche Architekten, von denen einer der Leiter des Kreuzberg-Projekts gewesen ist. Es steht fest, daß die Ansätze der urbanen Entwicklung in dem nach der osmanischen Eroberung "Zeyrek" genannten Stadtviertel schon auf das vierte Jahrhundert zurückzuführen sind, weil das Gebiet sich schon damals innerhalb der konstantinischen Stadtmauer befand. Die Stadt Konstantins bestand nach dem Augustus-Modell des römischen Verwaltungssystems aus vierzehn Verwaltungseinheiten, genannt Regio. Die Gebietsgrenzen ergaben sich hauptsächlich nach dem ehemaligen Mauerverlauf der hellenistischen Stadt sowie der Stadt des römischen Kaisers Septimius Severus, der um 196 n. Chr. die Stadt eroberte und nach Südosten erweiterte. Daß der ehemalige Mauerverlauf die Stadtachsen bestimmt, kommt in der Geschichte häufig vor, wie es auch später für Berlin der Fall gewesen ist. Mit der Entstehung des Forum Bovis entstanden neue Gebiete zwischen dem Goldenen Hörn und dem Marmara-Meer. Möglicherweise kam das später Zeyrek genannte Stadtviertel im X. Regio sowohl durch diese Entwicklung als auch durch die Errichtung des Apostoleions auf dem vierten Hügel in seiner Nähe langsam zur Geltung. Der im Jahre 378 fertiggestellte Valens-Aquädukt bildete nach der Mehrheit der zum Thema arbeitenden Wissenschaftler ungefähr die Gebietsgrenze,5 die weiteren Grenzen wurden durch eine zweitrangige Erschließungs- 5 Pera-Blätter 17 Straße zwischen dem dritten und vierten Hügel und dem Goldenen Hörn bestimmt. Es wird angenommen, daß die nicht mehr existierende Mauer Konstantins des Großen an der Grenze der Regionen X und XI paralell zur späteren Theodosios-Mauer verlief. Nach einer These begann die alte Stadtmauer am Goldenen Hörn entweder an dem heutigen Unkapam oder am Cibali- ( bzw. Petrion-) Tor, verlief, laut einer Beschreibung in der Osterchronik (593 Bonn),6 weiter bei der AsparZisterne in der Nähe der Sultan Selim-Moschee; zwischen der heutigen Fatih-Moschee und der Sultan-Selim Moschee befand sich ein Tor und gleich im Westen der Fatih-Moschee ein weiteres Tor.7 Es ist wahrscheinlich, daß das X. Regio damals am Stadtrand lag und im fünften Jahrhundert wohl ganz ländlich aussah, wie Kreuzberg 1400 Jahre später aussehen würde, als es noch Götz'scher Weinberg hieß. Der Bau des großen Pantokrator-Komplexes im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts weist darauf hin, daß dieses Gelände so lange ziemlich unbebaut gewesen sein muß und hauptsächlich aus Gärten und kleinen Hütten bestand. Die Nähe zur damaligen Stadtmauer macht das Nichtvorhandensein einer dichten Bebauung logisch, was durch die Angaben in Notitia bestätigt wird: das X. Regio enthielt 20 vici (Quartiere), 636 domus und 12 gradus (Brotverteilungsstellen); wenn man diese Angaben mit den anderen, flächenmäßig viel kleineren Wohngebieten um Arkadius-Forum und Forum Bovis vergleicht, wird klar, daß sie in der Mitte des 5. Jahrhunderts viel dichter bebaut waren, als das X. Regio.8 Die Stadt, die zuerst Hauptstadt des römischen Reiches vor der Reichsteilung und später Hauptstadt des Ostreiches war, wuchs sehr schnell. Schon für die Zeit des Kaisers Justinian werden mit Getreidelieferungen für 600 000 Einwohner gerechnet;9 Schneider schätzt die Bevölkerung zur Zeit der intensivsten Besiedelung um eine halbe Million.10 Mietskasernen sind nicht die Vorreiter ihres Bautyps, zum ersten Mal geschaffen für Berliner Arbeitergebiete wie Kreuzberg, Wedding 6 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall und Neukölln; in vielen Quartieren Roms und Konstantinopels tauchten sie bereits in der Antike auf. Die Bevölkerung der Justinianzeit nahm durch Pestepidemien ab und bis zur Regierungsperiode der komnenischen Dynastie ab dem 11. Jahrhundert, die vielleicht die letzte Prunkphase der byzantinischen Stadt darstellt, wieder zu. Wie viele Gebiete kam auch das X. Regio zu dieser Zeit zur Geltung, zuerst durch den Bau des Pantepoptes-Klosters im letzten Viertel des 11. Jahrhunderts und dann durch den Bau des großen Klosterkomplexes Pantokrator im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts. Somit stellt die Komnenenperiode die erste Bebauungsphase des Untersuchungsgebiets dar, die dazu führte, daß das Zentrum um das Apostoleion sich hierher verschob, weil die neugebaute Grabkirche des Pantokrator-Komplexes die Rolle der kaiserlichen Grabkirche übernahm. Das Pantepoptes-Kloster ist vermutlich um das Jahr 1085 von der Mutter des Kaisers Alexios I. Komnenos, Anna Dassalena, als Frauenkloster gegründet worden, in das sie sich um das Jahr 1100 zurückzog.11 Vor der paläologischen Zeit verfügte die Kreuzkuppelkirche des Klosters über äußere Hallen auf der Nord- und Südseite. Die Subkonstruktionen auf dem Hang sind durch spätere Bebauung stark beschädigt. Die ersten genauen Daten über das Untersuchungsgebiet kommen mit der Errichtung des Pantokrator-Klosters. Auf einem ungefähr 250 x 250 m großen Gebiet entstanden mehrere, dem Kloster zugehörige Bauten. Nach der Stiftungsurkunde von 1136 bestand der Komplex zusätzlich zu den zwei Kirchen und einer Grabkapelle aus einem Krankenhaus für 50 Betten mit angeschlossener Medizinschule und Apotheke, einem Altersheim, Badeanlagen, einem Xenodocheion und zahlreichen Nebengebäuden wie Zellen für 80 Mönche sowie zugehörige Wirtschaftsanlagen.12 Wasser für das Krankenhaus, Waschgelegenheiten und Grünanlagen wurde in einer großen, dem Kloster eigenen Zisterne gespeichert, die dem Klosterkomplex auf der Terasse zugleich als Subkonstruktion diente. Die erste, dem Pantokrator geweihte Kirche des Klosterkomplexes wurde von Kaiserin Irene, 7 Pera-Blätter 17 Gattin des Kaisers Ioannes IL Komnenos zwischen 1118 und 1124 gestiftet. Nach ihrem Tod13 baute ihr Gatte nördlich der PantokratorKirche eine zweite Kirche im gleichen Stil. Im Jahre 1336 wurden die zwei Kirchen durch eine zwischen ihnen liegenden Grabkapelle miteinander verbunden. Das Gebäude ist aus zwei Kirchen und einer Grablege zusammengesetzt, daher rührt auch sein türkischer Name Kilise Camii "Kirchen-Moschee". Das Akzent liegt auf der Südkirche, die höher ragt als die andere. Die dem Erzengel Michael geweihte Grablege, in der mehrere Mitglieder der byzantinischen Kaiserdynastie bestattet sind und die in der Stiftungsurkunde als Heroon bezeichnet wird, liegt niedriger als die beiden Kirchen. Ursprünglich beruhten die Kuppeln der beiden Kirchen auf vier Porphyrsäulen, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts wohl infolge eines Feuers durch Pfeiler ersetzt worden sind. Am Anfang der Phase, in der sich das Untersuchungsgebiet in Istanbul nach und nach entwickelte, existierte die Stadt Berlin noch nicht. Während Konstantinopel als die Hauptstadt des oströmischen Reiches aufblühte, war das Westreich untergegangen, mit ihm auch all die städtischen Strukturen, die einst unter dem Schutz des großen römischen Reiches standen. Während die meisten römischen Städte in Europa an Bedeutung verloren und kleiner wurden, wuchsen langsam neue Städte, die den Erfordernissen des neuen Lebens entgegenkommen sollten. Eines dieser Erfordernisse war der Handel, aber besonders der Norden bot bis zum 10. Jahrhundert kein zuverlässiges Milieu für Handelsstädte, so daß sich die Anzahl der Städte im norddeutschen Raum relativ langsam vermehrte. Die Doppelsiedlung von Berlin und Colin wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gegründet. Berlin lag auf dem rechten Spree-Ufer und Colin auf der Spree-Insel. Beide Städte an diesem handelsgünstigen Kreuzungspunkt begannen sich mit der Verleihung des Stadtrechts ab dem frühen 13. Jahrhundert zu entwickeln. Colin war der Umschlagsplatz, Berlin die Kaufmannsstadt. 8 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall Währendessen litt Konstantinopel unter den Folgen des IV. Kreuzzugs von 1204. Das X. Regio spielte schon während der Belagerung der Stadt eine strategische Rolle, das Pantepoptes Kloster diente dem Kaiser Alexios Murtzuphlos als Hauptquartier und Beobachtungsplatz.14 Kurz nach der Eroberung der Stadt durch die Franken stürzten die Kreuzritter die byzantinische Dynastie und erklärten ihre eigene Herrschaft. Runciman bezeichnet diese Kreuzfahrt als "Kreuzzug gegen die Christen",15 da die Stadt während des Kreuzzugs geplündert und zerstört wurde. Augenzeugen und Geschichtsschreiber wie Nicetas Choniates und Nicolas Mesarites beschreiben das Ausmaß dieser Zerstörung, in der nicht nur viele Gebäude großen Schaden erlitten, sondern auch Kunstschätze wie Ikonen und Statuen geraubt, oder auch zertrampelt und zerschlagen wurden.16 Das PantokratorKloster blieb dabei nicht verschont; es wurde geplündert und noch dazu zur zentralen Sammelstelle für den organisierten Kunstraub; hier wurden Reliquien aus den anderen Kirchen der Stadt aufbewahrt, außerdem diente das Kloster den Venezianern als Waffenarsenal.17 Auch die Reliquien im Pantepoptes-Kloster, das in den Besitz des venezianischen Benediktinerkonvents St. Giorgio Maggiore kam, wurden auf Befehl des Abtes Paul in sein Kloster nach Venedig überführt. Man kann sich vorstellen, wie das Gebiet dabei von einem heiligen Zentrum zu einem unheimlichen Randquartier degradiert wurde. Wie die ganze Stadt, erreichte auch das X. Regio nach der byzantinischen Rückeroberung nie wieder seine Prunkzeit. Es fehlte an Geld und Menschen, um eine durchgehende Rekonstruktion durchzuführen. Auch wenn der Kaiser Michael VIII. Palaiologos versucht hatte, nach der Rückeroberung der Stadt die wichtigsten Kirchen und Klöster instandzusetzen, wurde sogar die Reparatur der 1346 eingestürzten Kuppel der Hagia Sophia nur mit teilweise fremdem Geld und durch jahrelange Arbeit möglich.18 Somit ist wohl auch nicht zu erwarten, daß die anderen Klöster in besserem Zustand waren. Zwar kam das Pantokrator-Kloster nach der Rückeroberung der byzantinischen Krone durch die palaiologische Dynastie wieder in griechische 9 Pera-Blätter 17 Hände und diente nach wie vor als Grablege, aber die Reiseberichte aus dem 14. Jahrhundert legen nahe, daß die soziale Funktion der Stiftungsgebäude unter der Zerstörung der vorigen Phase gelitten haben muß. Es liegt nahe, daß der Pantokrator- Klosterkomplex nicht mehr alle kostspieligen Funktionen erfüllen konnte, wie zum Beispiel die des Krankenhauses, so daß das Gebiet viel ruhiger und ländlicher wurde. Der berühmte Geograph Abu '1-Fidä berichtet, daß am Anfang des 14. Jahrhundert die Stadt aus Feldern, Gärten und überwiegend zertrümmerten Häusern bestand.19 Ruy Gonzales de Clavijo, der 1403 mit der spanischen Gesandschaft des kastilianischen Königs Heinrich III. zum Palast Timurlenks reiste, schreibt, daß "die Stadt Konstantinopolis viele große Kirchen und Klöster beherbergt, die meisten von diesen aber in Trümmern liegen"20; er fügt hinzu, daß "eine Brücke in der Nähe der heiligen Apostelkirche sich über Häuser und Gärten erstreckt, für deren Bewässerung sie Wasser lieferte"2l. Mit der Brücke in der Nähe der Apostelkirche ist wohl der Valens-Aquädukt gemeint, die Verwendung der Vergangenheitsform bei der Beschreibung der Bewässerungsfunktion dieser Brücke deutet darauf hin, daß der Aquädukt zu dieser Zeit vielleicht nicht mehr intakt war. Wahrscheinlich funktionierte nach 1261 lediglich das Kloster als religiöses Zentrum und Pilgerstätte und war von Gärten und zertrümmerten Anlagen umgeben. Schon während der Rückeroberung waren Teile des Klosters von den in der Stadt lebenden Genuesen aus Rache an den Venezianern zerstört worden.22 Das Pantokrator-Kloster wurde noch kurz vor der türkischen Eroberung zum Symbol einer politisch-religiösen Debatte, die zum Teil auch das Schicksal der Stadt bestimmte. Georgios Kurthesios, der zur Zeit der türkischen Eroberung unter Sultan Mehmet IL unter dem Namen Gennadios IL zum ersten Patriarchen der türkischen Periode ernannt wurde, zog sich um 1450 infolge eines Streits mit dem Kaiser ins Pantokrator-Kloster zurück. Kaiser Konstantinos XL erhoffte Hilfe gegen die Muslime von der katholischen Kirche, so daß er die Ver10 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall einigung der griechisch-orthodoxen mit der katholischen Kirche unterstützte. Georgios Kurthesios war zunächst auch dafür, änderte jedoch seine Meinung, als er die Reaktion des Volkes und der Kleriker gegen die lateinische Herrschaft sah und führte seine Opposition vom X. Regio aus, in dessen Mittelpunkt das Pantokrator-Kloster stand.23 Zum Zeitpunkt dieser Auseinandersetzungen in Konstantinopel und der türkischen Vorbereitungen zur Eroberung der Stadt, verlor die Doppelstadt Berlin-Cölln ihre Selbständigkeit und wurde schließlich 1447/48 durch die Machtübernahme des Kurfürsten Friedrich Eisenzahn von den Hohenzollern zur Residenzstadt der Marktgrafschaft von Brandenburg, was durch die Errichtung eines Schlosses auf der Spree-Insel der Stadt ein neues Orientierungsschema verlieh: Auf der einen Seite stand nunmehr die Fürstenstadt, auf der anderen Seite die Bürgerstadt. Von Kreuzberg ist immer noch nichts zu sehen. Ein ähnliches Bild galt damals auch für Konstantinopel. Während die genuesische Siedlung Galata auf der einen Seite des Goldenen Horns durch die Handelskonzessionen, die die Genuesen infolge der Kreuzfahrten erhielten, zu einem Handelszentrum wuchs, war Konstantinopel auf der anderen Seite das von Gärten umringte Regierungszentrum, wo sich der byzantinische Adel aufhielt. Dieser Doppelstadtcharakter ist auf der Buondelmonti-Karte24 aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sehr deutlich, auf der auch die verwahrlosten Großflächen zwischen den Bauten, die vom Niedergang der Prunkstadt zeugen, zu sehen sind. Nach der türkischen Eroberung im Jahre 1453 wurde die Uferzone des Marmara-Meeres vorwiegend von Christen und weiteren Minoritäten wie Juden, Karamaniten und Zigeunern besiedelt. Eine Statistik aus dem Jahre 1477 weist 3000 von Griechen, 1500 von Juden, 267 von Krim-Christen, 750 von Karamaniten und 31 von Zigeunern bewohnte Häuser auf, während die 9000 Häuser der Türken hauptsächlich auf den Hügeln am Goldenen Hörn im Nordwesten der Stadt gebaut wurden, unter denen sich auch der vierte Hügel mit dem Pantokrator-Komplex befand.25 Laut einem Eintrag in den kaiserlichen 11 Pera-Blätter 17 Stiftungsurkunden der Stiftung Mehmeds IL wurden die PantokratorKirche und deren Annexräume nach der Eroberung als Medrese und Bibliothek genutzt: hier unterrichteten berühmte Wissenschaftler der Zeit wie Ali Tusi, Hocazade und Molla Zeyrek, der dem Komplex und dem ihn umgebenden Wohnquartier seinen Namen gab. Die Medrese-Anlage wird in der Stiftungsurkunde der Fatih-Stiftungen als Zeyrek-Medreseleri, in Miret-ül Kainat als Sekiz Kilise Medreseleri "Acht Kirchen-Medrese" erwähnt.26 Die Stiftungsurkunde Mehmeds II. informiert uns weiter über den Zustand von Zeyrek im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts. Demnach seien "im Wohnviertel Mevlana Zeyrek 50 Zellen gestiftet, die aneinandergereiht sind und zu der Moschee keine Verbindung haben"27. Damit könnten die byzantinischen Zellen für 80 Mönche gemeint sein, die schon in der Stiftungsurkunde des Pantokrator-Klosters erwähnt worden waren. Nach dieser erstreckte sich zwischen den Zellen ein Hof, in dessen Zentrum drei aneinandergereihte Kirchen standen. Die Ostseite des Hofes wurde durch ein Grundstück begrenzt, das als Privatbesitz des Sultans bezeichnet wird. Im Süden lag eine Straße, die heute noch existiert. Nach der Errichtung des Fatih-Stiftungskomplexes auf dem Grundstück, wo einst die Apostel-Kirche Konstantins stand, zog die Medrese in Zeyrek nach 1470 in ihre Bauten in dem neuen repräsentativen Zentrum um. Nach dem Umzug wurden die Kirchen des ZeyrekKomplexes in eine Moschee umgewandelt und von nun an als Zeyrek-Moschee erwähnt.28 Auch die Kirche des zeitweilig als Armenküche benutzten Pantepoptes-Klosters wurde später in eine Moschee umgewandelt, daher rührt auch der Name Eski Imaret Camii "Moschee der ehemaligen Armenküche". Dei Stiftungskomplex wurde bald nach türkisch-islamischer Tradition der Stadtviertelentwicklung von Häusern umringt, die zu einem diachronisch-organischen Gebilde wuchsen.Während die Stadt sich gegen Ende des 15. Jahrhundert ausdehnte, entstanden aus den bestehenden Wohngebieten neue Verwaltungseinheiten. Ein osmanisches Wohngebiet mahalle durfte in der Regel eine aus 50 Häusern 12 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall bestehende Grenze nicht überschreiten,29 dies war eine Maßnahme gegen die städische Dichte. Dadurch wurde der Kern des Wohngebiets Zeyrek um die genannte Zeit nördlich durch Eski Imaret beim ehemaligen Pantepoptes-Kloster, östlich durch Seyh Vefa, südlich von Kirkcesme und westlich von Camii Kebir-Cedid begrenzt. Die Stadt wuchs so schnell, daß schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts die neuen benachbarten Gebiete wie Bicakci Üstad Acem Ali, Kasap Demirhun, Hoca Teberrük, Sekbanbasi Ibrahim, Manisavi Celebi entstanden,30 die allerdings heute noch sozio-kulturell zum Zentrum Zeyrek gehören. Andererseits begann das Gebiet mit der Vollendung des Fatih-Komplexes seine repräsentative Bedeutung zu verlieren, weil das Hauptkulturzentrum der Stadt sich zum neuen Sultansgut verschob. Die Studentenzellen wurden mit der Zeit nicht mehr bewohnt und verschwanden nach und nach, neue Monumentalbauten wurden nicht hinzugefügt, die Gelehrten bauten ihre vornehmen Häuser entweder in der Nähe der Fatih-Moschee oder ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts rund um den neugebauten Stiftungskomplex Suleimans des Prächtigen. Während Süleymaniye sich überwiegend zum repräsentativen geistigen Verwaltungszentrum des Reiches entwickelte, blieb Zeyrek mehr Wohnviertel der Händler und Werkmeister, die sich um die kleinen Sufi-Ordenshäusern gruppierten. Trotzdem entstanden in Zeyrek noch weitere Stiftungskomplexe, wie der Zaviye von Piri Mehmed Pasa, einem Großwesir Suleimans des Prächtigen. Der Zaviye auf der ersten Terasse des Pantokrator-Komplexes wurde später in eine Medrese und Mescid umgewandelt.31 Man muß in Betracht ziehen, daß die Einteilung der osmanischen Stadtviertel nicht nach Einkommensklassen, sondern nach Glaubensrichtungen erfolgte, damit das Mosaik der verschiedenen Kulturen sich jeweils im eigenen Kulturraum frei ausdrücken konnte, im Gegensatz zum europäischen Ghetto, dessen Charakter eher durch verschiedenartige Zwangsmaßnahmen bestimmt wurde. Jede Straße zeigte gemischte Fassaden, die aus einem Zusammenspiel der nacheinanderfolgenden bescheidenen und repräsentativen Häusern be- 13 Pera-Blätter 17 standen. Die Häuser der Reichen unterschieden sich nur in ihrer Größe und nicht in ihrer Pracht. Der Reisende Lubenau, der zur Zeit Suleimans des Prächtigen das osmanische Reich besuchte, schreibt: "Die Gestalt vornehmer Herrenhäuser ist allerorten gleich und zu Konstantinopel nicht ansehnlicher als zu Adrianopel oder sonstwo, außer, daß sie an innerer Pracht der Teppiche und anderen Schmucks etwas unterschiedlich sind. Die meisten sind aus einfachem Holz erbaut. Die Mauern aus Steinen auszuführen oder Schwilbbogengewölbe zu bauen ist nicht gebräuchlich."3^ Tatsächlich war die Tradition so, daß sich Reichtum nicht nach außen spiegeln sollte. Tahrir-Dokumente aus dem 16. Jahrhundert, angefertigt für die Kontrolle der Stiftungsurkunden in Istanbul, werfen ein Licht auf die damalige Baustruktur des Gebiets. So wird zum Beispiel klar, daß die von Schahdane Binti Abdüddeyan und Üstad Bali b. Abdullah '1-Bakkal gestifteten Häuser in Zeyrek im Vergleich zu der von Mustafa b. Abdullah gestifteten Häuserreihe im gleichen Quartier sehr bescheiden sind. Die Häuser der letzteren verfügten über mehrere Zimmer, Stall, Küchentrakt mit Ofen, wobei die beiden anderen lediglich aus mit einer Toilette versehenen einfachen Häusern mit einem Stockwerk bestehen.33 Zugleich weisen diese Stiftungsurkunden auf die Tatsache hin, daß viele Dienstfunktionen in der Stadt nicht durch den Zentralstaat und auch nicht nur durch kaiserliche Stiftungen wie es in der byzantinischen Tradition der Fall war, sondern durch die Bewohner der jeweiligen Stadtquartiere erfüllt wurden, was eine Form der Bürgerbeteiligung im Islam darstellt. Während größere Unternehmungen wie Krankenhäuser und Schulen von Sultansstiftungen übernommen wurden, wurden städtische Aufgaben von kleinerem Format, wie Reparatur der Straßen,34 Bau von Brunnen und Bädern oder auch Naturschutzaufgaben wie zum Beispiel das Füttern der Vögel im Winter, je nach Bedarf von den Bürgern verwirklicht. Manchmal wurden einzelne Stadtquartiere oder Straßen auch nach diesen wohltätigen Bürgern genannt. Die schon oben erwähnten, heute zu Zeyrek gehörigen Nachbarquartiere des Metzgers Kasap Demir- 14 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall hun und des Messerherstellers Bicakci Acem Ali sowie die nach dem letzteren genannte Bicakci Cesme Sokak in Haydar sind solche Beispiele. Es gibt einige Stadtansichten aus dieser Zeit, die die damalige Gebietsstruktur erkennen lassen. Eine Gruppe unter diesen bilden die sogenannten Vavassore-Holzschnitte, als deren Verfasser lange der griechische Gelehrte Amoirutzes vermutet wurde, was aber kürzlich von Albrecht Berger widerlegt worden ist. Leider geben uns diese ursprünglich von einem in Galata ansässigen Italiener gezeichneten Karten ein verzerrtes Bild, da auf ihnen das ehemalige PantokratorKloster wie auch weitere, vor der Zeit des Zeichners in Moscheen umgewandelten byzantinischen Bauten nicht dargestellt werden. Wie Berger schreibt, ist auf ihnen "das zeitgenössische Istanbul, so gut es geht, auf seine christlichen Elemente reduziert"35. Trotzdem kann man das Untersuchungsgebiet zwischen dem Theaterbau36 am Hang der später gebauten Süleymaniye-Moschee zum Aquädukt hin und den Pferdeställen südöstlich der Fatih-Moschee erkennen. Allerdings fehlen hier, wie schon angedeutet, die meisten Monumente. Eine andere Möglichkeit bietet die Istanbul-Ansicht des Matrakci Nasuh in seinem berühmten Werk Mecmua-i Menazil aus dem Jahre 153737, auf dem die Bauten im Umfeld des Valens-Aquädukts die wichtigsten Bauten des Gebiets andeuten. Auf dieser Karte sind die beiden Moscheen Zeyrek und Eski Imaret und deren Stiftungsanlagen dargestellt, umringt von den größeren Häusern der Wohlhabenden und wichtigen Persönlichkeiten, zu denen wohl der im Jahre 1525 verstorbene Scheich-ul-Islam Zembilli Ali Efendi gehörte, der dem Viertel eine Schule gestiftet hat. Einfachere Häuser sind auf der Karte nicht vermerkt. Die Mischstruktur des Gebietes mit den verschiedenen Einkommensklassen blieb auch im 17. Jahrhundert bewahrt, wie uns die Beschreibung des Cibali-Brandes im Jahre 1633 zeigt. Viele osmanische Geschichtsschreiber, vor allem Naima, sowie manche Augenzeugen, die aus Anlaß der Brände, die die Holzhäuser von Istanbul durch die ganze osmanische Zeit hindurch immer wieder 15 Pera-Blätter 17 zerstörten, Branddokumente (yangin risaleleri) angefertigt haben, geben uns wichtige Hinweise über den Baubestand und die soziale Struktur des jeweiligen Brandgebiets. So erfahren wir, daß Zeyrek im Jahre 1633 neben vielen einfachen Häusern auch über zwei Paläste verfügte: Der eine Palast gehörte dem Kursuncubasi Mustafa Pasa, der andere Pirinccizade, dem Oberhaupt der Janitscharen.38 Die gleichzeitige Existenz der Gewerbetätigkeiten in Zeyrek wird wiederum durch die Branddokumente bestätigt, in denen immer wieder Getreidemühlen erwähnt werden. Schon zur Zeit Mehmets II. begannen die für die Qualität der in Istanbul produzierten Nahrungsmittel zuständigen Inspektoren ihre Runde am Unkapam, wo das Getreide ankam und beendeten sie in Zeyrekbasi.39 Die Konzentration der Getreidemühlen in und um Zeyrek ist möglicherweise durch die Nähe zu Unkapam entstanden. Zu dieser Zeit waren die Städte Berlin und Colin verwaltungsmäßig noch geteilt, aber sie wuchsen langsam zu einem gemeinsamen räumlichen Gebilde. Kreuzberg als Bezirk kommt in diesem Stadium immer noch nicht in Frage, allerdings ist bekannt, daß der im Süden liegende "Runde Berg" dem Weinbau diente.40 Im 16. Jahrhundert blühte der Handel auf, und das städtische Wachstum war im Gange, als im Jahre 1618 der 30-jährige Krieg ausbrach. Berlin kämpfte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts gegen Epidemien, Belagerungen, Hungersnot und Zerstörungen; die städtische Entwicklung stand nicht nur still, sie ging zurück, als die Vorstädte aus Verteidigungsgründen niedergebrannt wurden. 1642 begann unter dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm eine große Wiederaufbautätigkeit in der Stadt, in der die Einwohnerzahl von 14 000 im Jahre 1590 auf weniger als 7500 abgesunken war.41 Ein Vergleich zu Istanbul zeigt, daß hier die Einwohnerzahl schon am Anfang des 16. Jahrhunderts um 200 000 lag.42 1647 legte der Große Kurfürst eine mit Linden und Nußbäumen eingefasste Reitallee in das ehemalige Jagdrevier Tiergarten, die später zur Ost-West-Achse "Unter den Linden" wurde. Die Erinnerung an den Krieg führte zur Errichtung einer sternförmi- 16 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall gen Festung, die sich aber schon bei ihrer Vollendung im Jahre 1683 als nutzlos erwies, da die Stadt bereits aus den Mauern herausgewachsen war.43 So wurde sie im Verlauf des nächsten Jahrhunderts geschliffen. Am Ende des 17. Jahrhunderts wuchsen im Westen der ab jetzt völlig unter dem Namen Berlin vereinigten Stadt beiderseits zu Unter den Linden die nach barockem Stil geplanten fürstlichen Gründungen Dorotheenstadt und Friedrichsstadt, wobei im Osten und Norden die informellen neuen Vorstädte wie Spandauer Vorstadt, Königsstadt, Stralauer und Köpenicker Vorstadt sich ringförmig um den alten Stadtkern ausbreiteten. Die neuen Stadtteile bildeten für die Einwanderer, besonders für die französischen Refugies eine Unterkunft. Mit dem Potsdamer Toleranzedikt von 1685 waren Hugenotten, Orangeois, Welsch-Schweizer und Wallonen in die Stadt geströmt, so daß ihre Anzahl am Anfang des 18. Jahrhunderts ungefähr 30 000 zählte.44 Zu dieser Zeit ist Kreuzberg immer noch unbebaut, wie man auf dem Lavigne-Plan von 1685 deutlich sieht. Im Süden, auf der Landstraße nach Halle-Leipzig, liegt ein kurfürstlicher Weinberg, der später zu Kreuzberg wird.45 Am Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Residenzstadt Berlin zur Hauptstadt des Königsreiches Preußen, was zu Bevölkerungswachstum und zu neuen Arbeitersiedlungen führte. Die erweiterte Friedrichsstadt bildete somit zusammen mit dem Halleschen Tor, das nach der Errrichtung der ab 1735 errichteten Akzisemauer entstanden war, den Ausgangspunkt des späteren Wohnbezirks Kreuzberg auf dem ehemaligen kurfürstlichen Weinberg, der ab 1718 zum "Götz' sehen Weinberg" geworden war.46 Die Akzisemauer diente als Zollund Steuergrenze, die auch die sturukturelle Stadtgrenze bestimmte. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts reichte die Bebauung in der Friedrichsstadt bis ans Hallesche Tor, was auf den zeitgenössischen Plänen sichtbar ist, wo die Bebauung sich langsam zum Torplatz "Rondel" hin ausdehnt und damit einen Hinweis auf die zukünftige Ausdehnung zum Kreuzberg hin gibt. Nicht nur die Friedrichs- 17 Pera-Blätter 17 Stadt, sondern auch die Vorstadt der ehemaligen Doppelstadt Colin, die auch als Köpenicker Vorstadt bekannt ist und ab 1802 Luisenstadt genannt sein wird, wird für die spätere Entwicklung des Gebietes ausschlaggebend sein. Noch ist sie ziemlich dünn besiedelt und hat einen ländlichen Charakter: "Jetzt nimmt zwar die köllnische Vorstadt unter den übrigen Vorstädten und selbst unter den Städten, bey weitem den größten Raum ein. Aber sie ist auch nicht halb (nicht einmal mit Gärten) bebaut; sondern nach der Mauer ist lauter freyes Feld, das im Hypotekenbuche das Sommerfeld genannt wird..."'*' Diese ländliche Vorstadt wies damals, ähnlich wie Zeyrek, eine soziale Mischung auf, in der Amtsadel, Kleinbürgertum, Handwerker und Kleinproduzenten nebeneinander lebten. Eine Zeitlang existierten die Landgüter und Lustgärten des Amtsadels neben den Fachwerkhütten der Straßenhändler. Im Vergleich zu Zeyrek war diese Phase in Kreuzberg kürzer und änderte sich am Anfang des 19. Jahrhunderts zugunsten der Handwerker, so daß nach und nach die sogenannte "Kreuzberger Mischung" entstand. Damit ist nicht eine Mischung sozialer Klassen wie im vorigen Jahrhundert gemeint, sondern eine Mischung von Wohnen, Produktion und Handel, aus der eine bestimmte Kultur hervorgegangen ist. Zwar wohnten in dieser Mischung noch eine Weile Arme und Reiche, Beamte und Arbeiter zusammen, aber auch dies änderte sich gegen das Ende des 19. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu Kreuzberg, das im Entstehen war und nach und nach bebaut wurde, litt Zeyrek durch das 18. Jahrhundert hindurch, bedingt durch die großen Brände, unter großem Bauverlust. Die Brände von 1699, 1718 und 1736 zeigen, daß die wiedererbauten Holzhäuser gleich wieder niederbrannten. Es ist uns bekannt, daß beim Brand von 1718 neben vielen großen Häusern wie die des Hüseyin Pasazade Mehmet Bey und des Scheich ul-Islam Ebezade Abdullah Efendi auch der Palast des Numan Pasa zerstört wurde, was die Anwesenheit von religiösen Gelehrten und höheren Beamten im 18 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall Gebiet belegt.48 Am schlimmsten wirkte sich der große Brand von 1782 aus, der sogenannte Harik-i Ekber, der das Quartier aus zwei Richtungen angriff. Zeyrek verlor nicht nur mehrere Häuser, sondern auch Monumente wie die Holzteile der Zeyrek-Moschee selbst; viele Ordenshäuser und Läden gingen dabei ebenfalls verloren. Dervis Efendizade Dervis Mustafa Efendi, der diesen Brand selbst erlebte, hat in seinem Harik Risalesi (Branddokument) vermerkt, daß nur das Haus des Kazancibasi und ein paar weitere Häuser am Rand von Zeyrek verschont blieben. Er fügt hinzu, daß der Brand durch die zu dicht aneinander gebaute und hölzerne Häuserstruktur bedingt sei,49 was darauf hinweist, daß dieses jetzt völlig zum Innenstadtgebiet gewordene Viertel sich trotz der Brände schnell erholte und weiter entwikkelte. Da aber im Gegensatz zu Berlin die Innenstadtquartiere Istanbuls im 18. Jahrhundert keine Ausdehnungsmöglichkeit hatten, nahm anscheinend nur noch die Dichte zu. Die Angaben in den Branddokumenten deuten daraufhin, daß in Zeyrek zu dieser Zeit neben den Angehörigen niederer Einkommensklassen noch immer höhere Beamte und Gelehrte wohnten. Der Anfang des 19. Jahrhunderts zeichnet sich in Berlin durch eine rasch aufsteigende städtische Entwicklung aus. Dies führte nach und nach zur Bebauung der noch nicht besiedelten Randgebiete und wandelte sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zum Bauboom. Den Start dazu hatten die von v. Hardenberg erlassenen Edikte von 1811 und 1816 gegeben, durch den der Grundherr das Obereigentum am Boden verlor und die Bauern sich gegen eine Entschädigung loskaufen konnten, indem sie ein Drittel oder die Hälfte ihres Landes abtraten.50 Dabei waren kleinere Wirtschaften von dieser Regulierung ausgeschlossen. Dies führte einerseits zur Vergrößerung der Gutswirtschaften und zur Entstehung einer Großgrundbesitzerschicht, auf der anderen Seite zur Abwanderung der landlos gewordenen kleinen Bauern in die Stadt, die mit den großen Wirtschaften nicht mehr konkurrieren konnten. Dies überschnitt sich mit der Industrialisierung und insbesondere in Berlin mit dem Bau der Eisenbahnanlagen, der 19 Pera-Blätter 17 die Raumstruktur total veränderte und die Randgebiete erschliessungsfähig machte. Zu dieser Zeit sah das später Kreuzberg genannte Gebiet in der Luisenstadt noch ziemlich ländlich aus, wie man auf Abbildungl erkennen kann. Abbildung 1 zeigt das noch völlig unbebaute Köpeniker Abb.l: Bodenschatz 1987, S. 18 Es gibt auch Darstellungen vom Garten des Prinz-Albrecht Palais aus mit Blick auf die Stadtmauer und Kreuzberg, auf dem die Gebiete außerhalb der Mauer noch ziemlich unbebaut erscheinen. Zwar hatte der Bau des von Karl Friedrich Schinkel entworfenen Nationaldenkmals auf dem damaligen Götz'schen Berg zur Erinnerung an die Freiheitskriege von 1813-15 im Jahre 1821 den Berg ins Rampenlicht ge- 20 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischer) Verfall rückt, der dabei den Namen Kreuzberg erhielt. Die Nutzung jedoch war noch teilweise von Weingarten- und Vergnügungsparkcharakter, wie durch die Errichtung des Tivoli nach Pariser Vorbild deutlich wird. Die Brüder Genicke bauten dieses Lokal im Jahre 1829, um die Besucher des Denkmals zu bewirtschaften.51 Mit der Zeit verlor die Anlage den Reiz und wurde in eine Brauerei umgewandelt, wohl auch bedingt durch die Tatsache, daß die Umgebung sich mehr und mehr gewerblichen Funktionen zuwand. Schon im frühen 19. Jahrhundert siedelten sich auf dem Köpenicker Feld Handwerker aus der Friedrichsstadt und Neucölln an; mit dem Kupfer- und Messingwalzwerk von Heckmann schloß sich 1836 auch die Metallindustrie an.52 Dies deutet daraufhin, daß es auf der anderen Seite des Berges nicht mehr so idyllisch aussah, wie auf dieser Seite. Es herrschte eine Mischstruktur, in der auch vornehme Häuser von Fabrikbesitzern und Kaufleuten Platz hatten, doch wurden die Wohnverhältnisse schon ziemlich eng. Die 24 495 Einwohner wohnten in 4437 Wohnungen, die sich in 720 Häusern befanden, auf ein Haus entfallen mehr als 6 Wohnungen in zweigeschossiger Bebauungsweise.53 Johann Friedrich Bachmann, der von 1829 bis 1845 als zweiter Prediger in der Luisenkirche tätig war, schreibt: "Wollte man nun aber von diesem mannigfachen und regen Geschäftsbetriebe einen günstigen Schluß auf den Wohlstand der Bewohner unseres Stadttheils machen, so würde man ein sehr falsches Ergebniß erhalten. Fehlt es auch nicht an Familien, die unter glücklichen äußeren Verhältnissen leben, bei weitem die Mehrzahl gewinnt eben nur das Unentbehrliche und der Armen sind unter uns so viele, daß die Luisenstadt auf jeden Fall mit zu den ärmsten Theilen Berlins gehört."54 Hoffmann-Axthelm ist der Meinung, daß das Bevölkerungswachstum in der Luisenstadt kaum auf die Industrialisierung Berlins zurückzuführen ist.55 Die Ursache liegt eigentlich in dem Bevölkerungsüberschuß auf dem Lande, der sich dort nicht mehr ernähren konnte und in die Stadt abwanderte, in der Hoffnung, dort eher ein Auskommen zu finden. Freigesetzte Bauern und ruinierte Handwer- 21 Pera-Blätter 17 ker ließen sich in der Vorstadt nieder, hinzu kamen die aus der südlichen Friedrichsstadt vertriebenen Handwerker, so daß sich die Bevölkerung der Luisenstadt zwischen 1849 und 1864 vervierfachte, bei einer Verdoppelung der Bebauungsfläche. So entstanden hier Kleinbetriebe, Werkstätten und Stockwerkfabriken, die sowohl für die Industrie Montageteile als auch für die mittel-und großbürgerlichen Haushalte Konsumgüter und Luxusartikel herstellten; Einzelteile wurden auch in Heimarbeit produziert. Nach Hoffmann-Axthelm ist "die Kreuzberger Mischung der Versuch eines hochspezialisierten Handwerkermilieus, eine eigene Antwort auf die Industrialisierungswelle zu finden"56. Ab dem frühen 19. Jahrhundert erfolgten verschiedene Planungsversuche für Berlin, um diese neu auftretende Entwicklung zu kontrollieren. Die berühmtesten Berlin-Pläne aus dieser Zeit wurden von Karl Friedrich Schinkel und Joseph Lenne entworfen. Lenne hat zur Erläuterung seines Planes "Projektierte Schmuck- und Grenzzüge von Berlin mit nächster Umgebung" (1840) eine Denkschrift angefertigt, in dem er für die Luisenstadt einen schiffbaren Kanal vorsieht, damit sich "der Gewerbefleiß auf dem Köpenicker Feld" stärker ausdehnt.57 Somit wurde der gewerbliche Charakter des Gebiets offiziell bestätigt. Zur gleichen Zeit gab es auch die ersten Planungsversuche für Istanbul. Der erste Flächennutzungsplan von 1839 wurde von dem zukünftigen preußischen Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke bearbeitet, der im Jahre 1835 von Friedrich Wilhelm III. als Militärexperte nach Istanbul entsandt wurde, um dann neben seiner Tätigkeit als Armeeinstrukteur mit topographischen Aufnahmen und der Reorganisation der Stadt beauftragt zu werden. Nach Moltkes Plan sollten die Hauptarterien der Stadt Istanbul eine Breite von 15,20 m haben, alle anderen Straßen sollten entweder 11,50 m oder 9,20 m breit sein.58 Mit der Verordnung von 1848 wurde die Mindestbreite von 9,20 m auf 7,60 m reduziert, entsprach aber immer noch kaum der Realität, da die Breite der wichtigsten Haupt22 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall achse Divanyolu zu dieser Zeit höchstens 6 m betrug.59 Dem Staat fehlten sowohl das Geld als auch die gesetzliche Grundlage, da nach der islamischen Gesetzgebung Enteignungen in sogenannten "Privatstraßen", d.h. Straßen der Wohngebiete mit Ausnahme öffentlicher Plätze, ohne die Zustimmung aller ihrer Bewohner nicht möglich war. Dieses traditionelle Konzept bildete für die städtischen Belange ein Paradox zu den neuen, westlich orientierten Gesetzen der Reformperiode Tanzimat, so daß für die meisten Stadtviertel wie auch für Zeyrek die Durchführung der Flächennutzungspläne gar nicht möglich war. Auf einer um 1882 angefertigten Karte wird deutlich, daß die Quartiere Zeyrek, Demirhun und Bicakci ihre traditionelle Stadtstruktur zu dieser Zeit noch bewahrt haben.60 Dagegen weist das benachbarte Viertel Haci Kadm eine rechtwinklige Neuplanung mit breiteren Straßen auf, was auf den Wiederaufbau der Brandflächen zurückzuführen ist. Die Brände gaben dem im Jahre 1855 nach dem französischem Modell "Prefecture de Ville" gegründeten §ehremaneü eine Möglichkeit, städtische Planungsmaßnahmen durchzuführen. So wurde ein Jahr nach der Gründung des $ehremaneti der italienische Ingenieur Luigi Storiari damit beauftragt, auf dem Brandfeld von dem im Feuer von 1854 zerstörten Stadtviertel Aksaray neue, geradlinige Straßen und Parzellen anzulegen. Diese Tätigkeit wurde nach dem Großbrand von 1865 auch in anderen betroffenen Stadtvierteln fortgesetzt.61 Allerdings wurden diese Pläne nicht mehr von Storiari, sondern von nun an von osmanischen Beamten durchgeführt.62 Nach Ergin erarbeitete Storiari auch für Zeyrek einen Plan,63 der aber nicht durchgeführt werden konnte. Bei der Neuordnung der Brandflächen unternahmen die Behörden Versuche, anhand mancher neu interpretierter islamischer Prinzipien eine Rechtfertigung für Enteignungen zu finden und ihre Vörgehensweise somit durch die Gewohnheitsrechte der Scharia zu begründen. So stand in der Einleitung des Feuerbekämpfungsediktes vom Jahre 1826, daß zwar das von Gott bestimmte Schicksal keineswegs verhindert werden kann, es den Menschen 23 Pera-Blätter 17 trotzdem zustünde, die äußerlichen Ursachen der durch Gottes Wille geschehenen Brände zu beheben, weil es eine Gewohnheit der Menschen sei, auf dieser Welt der Zwänge nach Lösungen zu suchen.64 Trotzdem gab es oft Konflikte zwischen Betroffenen und Behörden und die Regulierung des Grundrisses scheiterte oft am Widerstand der Grundstückbesitzer.65 Da beginnend mit Moltkes Plan in keinem der nachfolgenden Pläne im Verlauf des 19. Jahrhunderts infolge der Aufbewahrung und Erweiterung der traditionellen byzantinischen Achsen eine NordSüd-Verbindung zwischen dem Goldenen Hörn und dem MarmaraMeer vorgesehen war, wurden die meisten Quartiere in diesem Gebiet nicht zum Gegenstand der verkehrsmäßigen Neuplanungen. Nur eine verwalterische Umwandlung fand statt, so daß Zeyrek während der Aufteilung der Stadt Istanbul in neue, nach dem Pariser Modell bestimmte, Verwaltungseinheiten, in die Grenzen des ersten Bezirks eingeschlossen wurde.66 Andererseits führte die oben beschriebene Neuplanung der Brandflächen zu Teilplänen wie etwa der Nachbargebiete Haci Kadm und Circir. Auch für Zeyrek selbst gab es nach den Bränden Neustrukturierungsversuche. Ziegelbauweise wurde gefördert, allerdings wird selbst in den Berichten der Planungskommissionen zu verschiedenen Zeiten vermerkt, daß die finanzielle Lage der Bewohner bestimmer Gebiete, zu denen auch Zeyrek gehörte, es nicht ermögliche, nach den neuen Baurichtlinien zu bauen. Diese Bewohner wurden lediglich dazu verpflichtet, beim Bau neuer Holzhäuser zwischen dem eigenen Haus und den Nachbarhäusern Brandwände aus Ziegel einzuziehen.67 Diese Ausnahmeregelung wurde später von Ergin in seinem Werk Mecelle-i Umur-i Belediyye als "schädliche Barmherzigkeit" kritisiert.68 Yusuf Ziya Bey, der als Zeitgenosse Ergins Direktor der städtischen Planungsabteilung in der Kommission für die Neuplanung der Brandgebiete war, kritisiert in seinem Bericht vom Jahre 1923 die Planrevidierungen seiner Nachfolger sowie die dadurch bedingten Verzögerungen bei der Verteilung der neuen Parzellen an die Betroffenen. In diesem Rahmen erwähnt er auch 24 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall den Fall Zeyrek, wo er die falsche Vorgehensweise bei manchen Stiftungsgütern kritisiert.69 Der Vergleich eines zeitgenössichen Gebietsplans mit der Karte von 1882 zeigt, daß sich in Zeyrek trotz all dieser Entwicklungen die Straßenstruktur und die großen Parzellen nicht änderten und nur innerhalb der Parzellen neue geometrische Formen entstanden. Der Gegensatz des angrenzenden Gebiets ist auf der alten Karte deutlich sichtbar (Abb. 2). Abb. 2: Karte von Zeyrek Als Istanbul gegen die Brände und die Neuplanungen kämpfte, befand sich Berlin in einer raschen Entwicklungsphase. Das Wachstum Berlins in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde sowohl durch seine Hauptstadtfunktion als auch durch die Industrialisierung beeinflußt. Mit der Gründung des Kaiserreiches entstanden Banken und Aktiengesellschaften, was zur Privatisierung des Bodens führte. Die Spekulation bildete eine neue Sozialgruppe heraus, die gegen ihr Geld eine Architektur mit neugotischen und "altdeutschen" Elementen bekam. Auf der anderen Seite wuchsen auf den neu parzellierten 25 Pera-Blätter 17 Grundstücken in den noch unbebauten Randgebieten der Innenstadt rasch Bauten, um den Massen, die in die Stadt strömten, eine Unterkunft zu bieten. Sigmar Gude sagt dazu, daß die Wohnungsnot nicht durch den plötzlichen Überfall der Landbevölkerung und Handwerker entstanden ist; nach Gude wurde "die Wohnungsnot gebaut, planmäßig in jedes der vielen Wohnhäuser integriert und auf den Markt geworfen"70. Bis ins letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden die Arbeiterwohnungen in dieselben Häuser gebaut wie die bürgerlichen und großbürgerlichen. Während die bürgerlichen Wohnungen im Vorderflügel lagen, lagen die Wohnungen der niederen Einkommensklassen in Seitenflügel, Hinterhaus, Keller und Mansarde, wobei die proletarischen Wohnungen im Gebäude sogar die Miete der Reichen verminderten.71 Dagegen meinen Bodenschatz, Heise und Korfmacher in ihrer Fallstudie im Bezug auf Kottbusser Tor in Kreuzberg, daß die Wohngebiete um das Kottbusser Tor und den östlich angrenzenden Görlitzer Bahnhof schon von ihren Bauherren als Arbeiterwohnbezirke gedacht waren, was sie auf Lennes Bebauungsplan zurückführen.72 Wie schon erwähnt, wird der gewerbliche Charakter von Kreuzberg in Lennes Plan unterstrichen, andererseits gibt es viele Beispiele für von Offizieren und Beamten bewohnte Vorderhäuser; sie konzentrieren sich um den Görlitzer Bahnhof wegen der Nähe zur Wrangelkaserne.73 Auch die Häuser in der nach der österreichischpreußischen Schlacht von Skalitz benannten Skalitzer Straße sind nicht als Arbeiterwohnungen geplant: "...Denn als Arbeiterwohnhäuser waren die Neubauten am vaterländisch hurrahpatriotisch auf das neureiche Kaiserreich getauften Boulevard nicht gedacht. An Bürger waren sie aber bei diesem Zustand der Straße nicht zu vermieten, und die Hausbesitzer gerieten in Gefahr, den Anschluß an die bürgerliche Mietkundschaft zu verlieren..."74 Mit dem "Zustand der Straße" wird angedeutet, daß sie lange nach ihrer Anlegung ungepflastert blieb und die Bewohner der anliegenden Häuser unter Abwasserproblemen litten. Die Adreßbuchangaben von 1877 zeigen, daß diese Häuser von Kleinbürgern, Handwerkern, 26 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall Kleinproduzenten und Händlern bewohnt wurden, aber eben nicht von Arbeitern.75 Dort wohnten diejenigen Leute, die später der Kreuzberger Mischung ihren Charakter verleihen würden. Wohnen und Arbeiten waren oft im gleichen Haus vereint, in vielen Fällen diente der Seitenflügel als Werkstatt. Dadurch entstand der Begriff des Gewerbehofs. Während der Gründerjahre verstärkte sich der Zustrom der Massen, so daß Berlin noch 1861 550 000 Einwohner hatte, 1870 wurden 830 000 und 1890 bereits anderthalb Millionen gezählt.76 Für diese Bevölkerung baute man jährlich etwa 20 000 Wohnungen. Allerdings nahm bald auch die städtische Dichte zu, da das meiste Ackerland bebaut worden war. So entstanden in Berlin Mietskasernenviertel, in deren Hinterhöfen und Kellern Menschen lebten. Ein solches Mietskasernengebiet bildete sich auch in der Luisenstadt und auf dem Köpenicker Feld um Kreuzberg herum. Der Punkt, an dem an eine Mischung aller sozialer Klassen nicht mehr gedacht ist, beginnt in Kreuzberg mit den Arbeiterwohnungen des Spekulanten Haberkern auf seinem von dem Stadtältesten de Cuvry erworbenen Gelände.77 Der Begriff der Mietskaserne ist um die Mitte der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts aufgekommen. Nach Bodenschatz enthält dieser Begriff die Aufhebung des Einzelwesens und des Einzelwillens und die Unterwerfung unter einen übergeordneten Zweck.78 Diese Massenwohnbauten, die als billiger Bauvorrat angeboten wurden, wurden zum Charakteristikum des Berliner Mietshauses, das aus Hofgebäuden mit Seitenflügeln und Querhäusern bestand. Die durchschnittliche Parzellentiefe der mit Hofgebäuden bebauten Grundstücke betrug 40-50 m, es gab aber auch Beispiele mit einer Tiefe von 70-80 m, auf denen mehrere Hinterhöfe entstanden, wie der Meyers-Hof im Wedding mit sechs Hinterhöfen. Beim Bau der Mietskasernen wurde kein Rücksicht auf die ehemalige Gebietsstruktur genommen. Ähnlich wie das Konzept in Istanbul gab es auch in Berlin für die ärmeren Gebiete nur Schranken im Hinblick auf Feuersicherheit zur Ausnutzung der zu bebauenden Grundstücke. Trotzdem wurden diese ohnehin nicht 27 Pera-Blätter 17 ausreichenden Hinterhöfe ab der Gründerzeit durch Anbauten noch mehr eingeengt. In der Luisenstadt herrschte in den siebziger Jahren die geschlossene Blockrandbebauung mit vier- bis fünfgeschoßigen Häusern. Die Vorderhäuser wurden mit modischen Ornamenten versehen, dahinter herrschte Armut. Oft wurden im Erdgeschoß Schaufenster konstruiert, nicht nur um des Gewinns willen, sondern auch um den Häusern "den ausschließlichen Charakter einer Arbeitskaserne zu nehmen"79. Die Bauherren waren Einzelunternehmer, oft Baumeister oder Kaufleute, die für die in die Stadt stömenden Massen bauten, welche hofften, sich hier ein Existenzminimum zu schaffen. Man kann diese Entwicklung sehr gut mit der heutigen Bebauung der Randgebiete von Istanbul, wie Esenler und Bagcilar vergleichen, in denen ebenfalls Baumeister oder Supermarktbesitzer für einen anonymen Bedarf spekulative Wohnungen anbieten. Lennes Plan für das Köpenickerfeld wurde beibehalten, allerdings wurden Art und Maße der Bebauung der Privatinitiative überlassen, so daß die Parzellenstruktur in der Luisenstadt unregelmäßig ist. Auf diesen Parzellen entstanden Bauten, deren Seitenflügel oft nur von der Hofseite beleuchtet wurden und auf die Brandwände der Nachbargebäude schauten. Zu dem gewöhnlichen Haus von 12,5-15 m Breite kam jetzt ein 18-22 m breites Doppelhaus mit 7 bis 9 Fenstern an der Front. Am häufigsten waren Küchen/Stuben-Wohnungen mit oder ohne Flur. So bestanden zum Beispiel im Jahre 1893 auf der Sorauer Straße 81.5% aller ' Wohnungen aus diesen zwei Räumen, die durchschnittliche Belegung aller Wohnungen mit 4.3 Personen weist auf katastrophale Enge.80 Um ihr Einkommen ein wenig aufzubessern, nahmen viele Familien zusätzlich Schlafgänger. Es herrschten sehr schlechte Sanitärzustände, oftmals gab es nur eine Toilette für 10-20 Wohnungen, wie ein Zeitgenosse berichtet: "Die Wohnverhältnisse waren furchtbar. Die Hinterhäuser, wie Sie sie in der Oranienstraße 186, 189 und weitere erleben, so war es ständig überall. Ich erinnere mich, daß in der Matthieustraße noch Kellerwohnungen 28 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall waren. Die Leute, die da wohnten, hatten auf dem Hof drei Toiletten. Wir hatten nachher in der Hochparterre-Wohnung, vom Laden aus hoch, da war so eine Ecke, das war das nachträglich eingebaute Klo. Da waren keine Bäder."*' Herr S., Vertreter, Jahrg. 1913 Die Bebauung im Viertel war so dicht, daß das Denkmal im Jahre 1878 um 8 m gehoben, um 21 Grad gedreht und auf einen Unterbau gesetzt werden mußte.82 Das Kreuz auf der Spitze des Monuments, wie auch der Berg, verliehen 1920 dem neuen Bezirk Kreuzberg offiziell seinen Namen. Die Mietskaserne und das Problem der dichten Bebauung in Berlin wurden schon im späten 19. Jahrhunderts kritisiert, aber die Fachwelt interessierte sich erst später dafür. Die Kritik an der Mietskaserne, die sich um 1910 institutionalisiert und bis zum Ersten Weltkrieg zu einem Programmpunkt der Sozialdemokraten wird,83 wurde als Konzept vom stadtplanerischen Standpunkt her gestellt: Das Problem wurde hauptsächlich als das Scheitern des von James Hobrecht bearbeiteten Bebauungsplans für Berlin und Charlottenburg von 1862 dargestellt und auf die ungeeigneten und die Spekulation fördernden Bauparzellen zurückgeführt.84 Währenddessen kritiserten in Istanbul manche Intellektuelle die städtebaulichen Reformen und die Neuparzellierungen durch Enteignungen für die Eröffnung neuer Arterien als ein durch die Europäisierung eingeführtes Übel.85 Die politischen Entwicklungen der Jahrhundertwende, besonders die sozialen Veränderungen in der Stadtstruktur nach dem Ersten Weltkrieg, haben sowohl für Kreuzberg als auch für Zeyrek Folgen, die im Falle Zeyreks auf das 19. Jahrhundert zurückgehen. Der Umzug des Palastes von der Altstadt in die Nähe des florierenden Handelszentrums Pera hatte nach und nach auch den Umzug der in der Altstadt lebenden Gelehrten und Beamten bewirkt, so daß auf der Erweiterung der Pera-Achse um Taksim, Harbiye und Macka nach Norden hin neue Luxusviertel entstanden. Die Verlagerung des Verwaltungszentrums auf die andere Seite des Goldenen Horns und die 29 Pera-Blätter 17 Entstehung neuer Kaufhäuser in Pera mit einem Angebot an importierten Luxuswaren, führte zu Prestigeverlust der Wohnquartiere der Altstadt. Zwar wurde das Mittelstandsviertel Zeyrek von dieser Entwicklung nicht in dem Maße betroffen, wie die benachbarten Viertel Süleymaniye und Fatih, in denen die großen, herrschaftlichen Häuser die Mehrheit bildeten. Hinzu kam aber die Industrialisierung der Uferzone des Goldenen Horns, wo eine der ersten Fabrikanlagen, die Zigarettenfabrik in Cibali, gleich in der Nähe von Zeyrek errichtet wurde. Die Industrialisierung des Osmanischen Reiches war am Anfang des 20. Jahrhunderts noch in der Entstehungsphase; die Mehrheit der Industrieprodukte wurde infolge der im 19. Jahrhundert abgeschlossenen Handelskonzessionen zollfrei aus dem europäischen Ausland importiert, was zum Zusammenbruch der einheimischen, handwerklichen Güterproduktion führte. So sank z.B. die Anzahl der 2750 Gewebewerkstätten in Istanbul und Üsküdar am Anfang des 19. Jahrhunderts, 40 Jahre nach der Erteilung der ersten Handelskonzession im Jahre 1838 auf 25. 86 Andererseits wurden die ersten Versuche zur Gründung einheimischer Serienproduktion größeren Formats unternommen, die sich, mit der Ausnahme der Gerberviertel, in Istanbul hauptsächlich auf beiden Seiten des Goldenen Horns konzentrierte. Dies geschah zusammen mit einem Bevölkerungszuwachs, der ähnlich dem Bevölkerungszuwachs in Kreuzberg nicht durch die Attraktivität der freien Arbeitsplätze erfolgte; die ersten Ansätze der Industrie waren gar nicht imstande, diesen Massen genug Arbeitsplätze zu bieten. Die Zunahme der Stadtbevölkerung von rund 400 000 im Jahr 1844 auf annähernd 1 Millionen im Ersten Weltkrieg87 ist auf die muslimischen Flüchtlinge aus den verlorenen Gebieten des Osmanischen Reiches aus dem Balkan, Südrußland und dem Kaukasus zurückzuführen. Zwischen 1878 und 1886 nahm die Zahl der Muslime in Istanbul um 90% zu.88 Auch die nicht-muslimische Bevölkerung wuchs um diese Zeit bedeutend.89 Während die meisten NichtMuslime im kaufmännischen Bereich als Vertreter europäischer Fir- 30 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall men agierten und sich in den neuen Wohnvierteln im Norden der Stadt niederließen, fanden die muslimischen Migranten in den verwahrlosten, unter Prestigeverlust leidenden, muslimischen Quartieren der Altstadt, zu denen auch Zeyrek gehörte, Unterkunft. Da der Bazar im Mittelpunkt der Altstadt seit jeher die traditionellen Handwerks-und Kleinbetriebe beherbergt hatte, wohnten die Arbeitnehmer immer möglichst in seiner Nähe, vor allem wegen der begrenzten Transportmöglichkeiten. Die jungen, männlichen Arbeiter, die aus einer anderen Stadt hierher kamen, um einen Beruf zu erlernen, wurden in sogenannten bekar odalan "Junggesellenzimmern" der Stiftungen untergebracht, ab 1826 durften nur bestimmte, für diesen Zweck gebaute Herbergen zur Unterbringung der Arbeiter benutzt werden. Diese Herbergen, zu denen abends kein Eintritt mehr gewährt wurde, waren einer Kaserne viel ähnlicher, als die Berliner Mietskasernen. Sie lagen hauptsächlich in Hafengebieten wie Sirkeci und Unkapam oder in der Nähe des Bazars wie die Herberge Vefa Hani in Vefa. Am Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Kleinbetriebe, in denen besonders Metall-und Textilwaren hergestellt wurden, noch immer um den Bazar versammelt, allerdings standen die größeren Häuser der Elite in den benachbarten Wohngebieten wie Süleymaniye und Fatih jetzt zum Teil leer und wurden Zimmer für Zimmer an die Flüchtlinge aus den verschiedenen Territorien des zusammenschrumpfenden Reichs vermietet. Zeyrek dagegen bot etwas anderes an: Zum einen mehrere einfachere Einfamilienhäuser, die nicht Zimmer für Zimmer, sondern als Ganzes vermietet werden konnten und zum anderen die Nähe zu neu entstehender Industrie und Gewerbe am Goldenen Hörn. Zusätzlich zu der oben erwähnten Zigarettenfabrik boten im benachbarten Cibali die im Jahre 1858 errichtete Mühle des Korpi Demosten90 und die Werkstätten des anderen Nachbargebiets Vefa Arbeitsplätze. Vefa war zu dieser Zeit durch die Atatürk-Boulevarde noch nicht abgeschnitten, es war als angrenzendes Arbeitsgebiet vom Wohngebiet Zeyrek direkt erreichbar. Hinzu kam die Nähe der Werftanlage Tersane-i Amire am gegenüberliegen- 31 Pera-Blätter 17 den Ufer des Goldenen Horns, erreichbar durch eine kurze Bootsfahrt, die die einzige Massenverkehrsmöglichkeit für die Verbindung der Wohngebiete der Altstadt zu den Werkstätten am Goldenen Hörn bildete.91 Aber wie Kxeuzberg wurde Zeyrek nicht zum reinen Arbeiterquartier. Kleinere Beamten, die nicht in neue Luxusgebiete umziehen konnten oder wollten und Gelehrte, die entweder Süleymaniye und Fatih verlassen mußten oder aus den verlorenen Territorien des Reiches nach Istanbul flüchteten, ließen sich in Zeyrek nieder. Dafür ist die Geschichte der Familie Özögüt ein gutes Beispiel. Die erste Generation der Familie kam aus Van nach Zeyrek, wo das Familienoberhaupt als Mufti tätig war und infolge der Unruhen in der Stadt sein Amt aufgeben mußte. Die Familie ließ sich in einem der größeren Häuser nieder, im Jahre 1939 zog sie in ein kleineres Haus um. Das Familienoberhaupt der dritten Generation agierte lange als Ortsvorsteher und wohnte in den 80er Jahren immer noch in Zeyrek.92 Einen weiteren Bestandteil der neuen Sozialstruktur in Zeyrek bildeten die Kriegswitwen, die sich in Kreuzberg nach dem ersten Weltkrieg konzentrieren würden. Die Existenz der Witwen in Zeyrek wird nach wie vor durch die Brände deutlich, allerdings mit einem Unterschied im Vergleich zur Vergangenheit. Anstelle von Geschichtsschreibern oder Augenzeugen berichten jetzt die Zeitungen über die Folgen der Brände. Die in der Altstadt aufgetauchte, soziale Armut wird zwischen den Zeilen angedeutet, wie etwa in der englischsprachigen Zeitung The Levant Herald, die am 21. Juli 1906 darüber berichtet, daß ein einer türkischen Frau gehörendes einfaches Holzhaus in Zeyrek oder Vefa abgebrannt sei.93 Ein in Zeyrek aufgenommens Photo aus dem Jahr 191994 bestätigt die in der Zeitung angedeuteten Verhältnisse: verkommene Holzhäuser, Mauerruinen und ein vollbeladenes Maultier; die Szene hat nichts gemeinsam mit den Neubaugebieten auf der anderen Seite des Goldenen Horns, die Stadt ist wieder geteilt. Im Gegensatz zu Kreuzberg wurde Zeyrek nicht zum Ziel spekulativen Wohnungsbaus. Da die anfänglichen Kristallisationssegmente 32 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall der Industrie und mit Maschinen betriebenen Werkstätten in Istanbul im Gegensatz zu Berlin nicht am Stadtrand, sondern an der Uferzone dichtbebauter Wohngebiete mit leerem Wohnbaubestand entstanden sind, bildeten sie in diesem Fall eine Frühform der innerstädtischen Peripherie: Was Sassen heute für die Grenzgebiete der Dienstleistungszentren beschreibt, in denen die billigen Arbeitskräfte dieser Zentren wohnen, galt damals für die Grenzgebiete zur innerstädtischen Industrie; sie wurden von den oberen Einkommensklassen gemieden. Diese Entwicklung und die in den 30er Jahren noch bestehende Wohnquartier/Arbeitsquartierbeziehung zwischen Zeyrek und den benachbarten Arbeitsquartieren Vefa und Cibali wird auf den von dem Topographen Jacques Pervititch für die nationale Versicherungsgesellschaft in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgenommenen Katasterplänen deutlich. Während die im Jahre 1933 bearbeitete Tafel 19 mit Zeyrek-Circir ausschließlich Wohnhäuser und leere Brandstellen aufweist,95 gibt es auf der 1934 aufgenommenen Tafel 42 mit Vefa mehrere Fabriken und Werkstätten wie die Fabrik Karamürsel Mensucat an der Müskülü-Straße, die Sauerstofffabrik an der Kovacilar-Straße und die Essighersteller an der Kreuzung Kovacilar- und Katip Celebi-Straße.96 Wenn man bedenkt, daß in der Armenküche des Scheich Vefa-Komplexes, den Hammer vor einem Jahrhundert als "einen Platz, der seiner einsamen Lage willen, und durch die auf demselben gepflanzten Bäume etwas romantisches und elegisches an sich hat" 97 beschreibt, jetzt Seife hergestellt wird, wird das Ausmaß der städtischen Umwandlung in diesem Teil der Stadt deutlich.98 Vor dem ersten Weltkrieg verbesserten sich die Lebensbedingungen in Kreuzberg bis zu einem bestimmten Grad. Die Bevölkerung der Luisenstadt nahm von 1896 bis 1910 bei gleichbleibender Wohnungszahl um etwa 5000 ab, 99 so daß auch die Wohndichte abnahm. Mit der Industrialisierung Berlins entstanden am Rande Kreuzbergs größere Fabrikanlagen wie die Heckman'sche und die Dannenberger'sche Fabrik; Kreuzberg verwandelte sich mehr und mehr zum Arbeiterwohngebiet. Nach der Beendung der Erweiterungsarbeiten zum 33 Pera-Blätter 17 Schlesischen Tor im Jahre 1901, wurden die Quartiere Kreuzbergs mit der Hochbahn ausgestattet. Dadurch bekam Kreuzberg eine direkte Verkehrsverbindung zu den Zentralgebieten der Stadt. Allerdings wurde bei der Gestaltung der Ost-Weststrecke im "vornehmen" Westen ein größerer baulicher Aufwand getrieben als in den Arbeitervierteln der Luisenstadt.100 Zugleich widmeten sich die Behörden infolge der sich liberalisierenden politischen Szene jetzt in verstärktem Maße den Sozialproblemen, so daß an die Wohnungen qualitätserhöhende Forderungen gestellt wurden. Das neue, soziale Konzept machte sich durch die hohe Anzahl der Mieterbeschwerden und Behördenreaktionen gegen die Vermieter in den Bauakten der damaligen Zeit bemerkbar.101 Zwar waren manche Vorderhäuser noch immer von Beamten und Offizieren bewohnt, aber die Mehrheit des Bürgertums flüchtete in die neuen Wohnungen, die der berühmte Grundstücksspekulant Georg Haberland ihnen im grünen Wilmersdorf anbot. Die in Kreuzberg gebliebenen, bürgerlichen Familien konzentrierten sich hauptsächlich in einem, ebenfalls von Haberland gebauten Baublock an der Görlitzer Straße. Ansonsten war die Szene neben Arbeiterwohnungen von Kneipen, kleinen Geschäften und Handwerksbetrieben beherrscht und Kreuzberg, die ehemalige Luisenstadt, entwickelte sich zum Kiez mit diesem neuen Gebietsbewußtsein, was durch den I. Weltkrieg beschleunigt wurde. Nach dem Krieg verschwanden die Offiziere und mit ihnen das Bürgertum. Berlin wurde im Jahre 1920 in seine Verwaltungsbezirke eingeteilt und 1927 wurde das Heimatbuch "die Luisenstadt" veröffentlicht.102 Knödler-Bunte erklärt dieses Phänomen dadurch, daß der städtische Blick sich um die Jahrhundertwende zu regionalisieren beginnt: "Es entsteht ein neuer Typus von Berlin-Geschichte, die auf Lokalerfahrung aus ist. Ihr geht es nicht mehr darum, sich ein Gesamtbild von Berlin zu erschließen, sondern um die Gewinnung eines Nahbereiches von Stadt, die identizifierbare Besonderheiten und Eigenschaften auszumachen bestrebt ist."10^ Diese Besonderheit wurde in Kreuzberg nicht nur durch das Gewer- 34 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall be, sondern auch durch die Offfiziere repräsentiert, auch lange, nachdem sie weggezogen waren. Sogar in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts waren viele Kreuzberg-Ansässige noch davon überzeugt, daß Hindenburg in den Haberland-Häusern gewohnt habe. In Wirklichkeit wohnten in der Skalitzer-Straße höhere Offiziere des Garderegiments, wenn auch nicht Hindenburg selbst.104 Das Gerücht über Hindenburg aber repräsentiert eine Überregionalität, eine Zugehörigkeit zu der Reichsgeschichte über den Kiez und vervollständigt somit das Ideal des Heimatbuchs. Die Folgen der Wirtschaftskrise und die sich wieder verschlechternde Wohnsituation in Kreuzberg nach dem I. Weltkrieg machten eine solche Identitätssuche in der Vergangenheit nötig. In den folgenden Jahren änderte sich wenig, die Antwort des 3. Reiches auf das Wohnungsproblem war die Aufteilung der großen bürgerlichen Wohnungen in jenen Vierteln, aus denen die Großbürger ausgezogen waren. Die neue Regierung interessierte sich mit wenigen Ausnahmen mehr für Paradestraßen und repräsentative Bauten.105 Zugleich wurden viele Wohnungen "freigemacht" und neubelegt, wie es auch mit manchen Wohnungen in Kreuzberg SO 36 der Fall war: "Hier in diesem Haus selbst soll das gewesen sein, daß hier auch zum Teil Juden drin gewohnt haben und die dann nachher in der Kristallnacht und später..."106 Die Zerstörung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Kreuzberg wurde durch den Bombenkrieg beschleunigt, der nicht nur die Bauten im Kiez, sondern auch die Beziehung der Großindustrie zu den kleinen Werkstätten zerstört hatte. Der Höhepunkt des Zerstörungsprozesses war mit der Aufteilung Berlins im August 1961 erreicht; durch den Mauerbau rückte Kreuzberg von einer zentralen Wohn-und Gewerbezu einer Randlage an der Mauer, seine Beziehung zum Verwaltungszentrum im Osten starb ab und vom Westen aus repräsentierte es etwas, was die anderen Bewohner Berlins eigentlich nicht sehen wollten und somit mieden. Was in Zeyrek zum Teil durch die Europäisierung und durch den Balkankrieg am Ende des 19. Jahrhunderts ge- 35 Pera-Blätter 17 schah, fand in Kreuzberg nach dem IL Weltkrieg statt: Es wurde zur innerstädtischen Peripherie. Auch Zeyrek bekam in den 40er Jahren eine unsichtbare Mauer. Der Bau des Atatürk-Boulevards im Rahmen des von dem französischen Stadtplaner Prost bearbeiteten Generalplans von 1938 zerstörte die traditionelle Beziehung des Viertels zu den Nachbargebieten wie Vefa und Unkapani, und förderte eine abgeschnittene Wohnsituation und die Erhaltung des historischen Baubestandes. Während in Süleymaniye, Vefa und Unkapani das Gewerbe expandierte, ist Zeyrek bis heute ausschließlich Wohngebiet geblieben. Zwischen den Wohnungen entstanden kleine Läden und Ateliers, hauptsächlich für den Eigenbedarf des Quartiers, was seine Abgeschloßenheit unterstützte. Die an dem neuen Boulevard infolge der Suche nach einer modernen Fassade entstandenen Behördenbauten und das umringende Gewerbe sowie die Nähe zu den Gemüsehallen machten Zeyrek anziehend für die neuen Migranten, die sich ab den 50er Jahren neben den Randgebieten auch in den Gebieten der innerstädtischen Peripherie niederzulassen begannen. Zugleich entstand die Suche nach einer Gebietsidentität, was sich in einer emotionellen Wertsteigerung mit Hilfe der Geschichte spiegelte. Ähnlich wie in Kreuzberg waren die Anhaltspunkte dieser geschichtlichen Identititässuche auch in Zeyrek die Nationalhelden, die hier gelebt haben. So gibt es für das Haus Nr. 8 an der Ibadethane Arkasi Sokak noch heute das Gerücht, daß es Kazim Karabekir Pasa gehört habe, einem berühmten General des türkischen Unabhängigkeitkrieges. Eine frühere Version der historifizierenden Wertsteigerung sind die am Ende des 19. Jahrhunderts aufgestellten symbolischen Gräber der Gefallenen im Gebiet, die die Bewohner des Quartiers daran erinnern sollen, daß die während der Eroberung Konstatinopels durch das Cibali-Tor gedrungenen Soldaten bis hierher gelangt waren (s. S. 55, Abb. 3). Die höchste Geschwindigkeit errreichte die Migration aus Anatolien nach Istanbul zwischen 1950 und 1955; während die Rate der Bevölkerungszunahme 1950 um 18% lag, stieg sie bis 1955 auf 36 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall 54%. 107 Nach einer Statistik aus dem Jahre 1959 bestand die Population Istanbuls zu dieser Zeit zu 48% aus Migranten, als Herkunftsstadt an erster Stelle wurde mit 31 000 Personen Kastamonu angegeben, an zweiter Stelle lag mit 24 183 Personen Rize. 108 Diese Angaben stimmen mit denjenigen für Zeyrek überein; die Migranten, die in dieser Zeit aus Anatolien nach Istanbul kamen und sich in Zeyrek niederliessen, stammen aus den Provinzen des Schwarzmeers, hauptsächlich aus Kastamonu.109 Zu ihnen gesellten sich in den 60er Jahren zunehmend Migranten südostanatolischer und ostanatolischer Herkunft, hauptsächlich aus den Provinzstädten Malatya und Siirt, die später in Zeyrek die stärkste Migrantengruppe bildeten.110 Resad Ekrem Kocu, der 1961 die Straßen Zeyrek Mehmet Pasa und Haydar beschrieb, meinte, daß deren Einwohner überwiegend aus Siirt stammten.1'1 Im Sommer vermehrte sich die Einwohnerzahl Zeyreks durch die Saisonarbeiter, die aus den ostanatolischen Provinzen nach Istanbul kamen, um als fahrende Obst-und Gemüsehändler zu arbeiten. Sie bevorzugten Zeyrek besonders wegen der Nähe zu den Gemüsehallen und wohnten bei Verwandten oder Bekannten ihrem Dorf, was man mit der Schlafgängerstruktur in Kreuzberg im 19. Jahrhundert vergleichen kann. Der Unterschied in Zeyrek ist das Kriterium der gleichen geographischen Herkunft. Die Konzentration von Bewohnern gleicher Herkunft deutet auf einen typischen Aspekt der Migration, nämlich die Suche der Nähe zu Verwandten und Bekannten, was sich in Zeyrek nicht nur in der Gebietsdimension, sondern auch durch die Ballung an bestimmten Orten zugleich in der Straßendimension bemerkbar macht. Auch in Kreuzberg zeichnen sich Strukturveränderungen ab dem Ende der 60er Jahre durch die Migration aus den anatolischen Provinzen aus. Als mit dem Bau der Mauer im Jahre 1961 die billigen Arbeiter aus dem Osten daran gehindert wurden, in der Bundesrepublik und West-Berlin zu arbeiten, wurde zu den bereits existierenden Anwerbeabkommen mit Italien und Spanien am 31. Oktober 1961 auch ein Abkommen mit der Türkei "zur Anwerbung türkischer Arbeits37 Pera-Blätter 17 kräfte für den deutschen Arbeitsmarkt" abgeschlossen.112 Zu dieser Zeit war für Berlin ein Autobahnnetz geplant, dessen Tangenten sich in Kreuzberg kreuzten, die alten Blöcke in Kreuzberg sollten abgerissen und durch große Wohnsilos ersetzt werden. So wurden die Häuser von Grundstücksgesellschaften für den Abriß aufgekauft und alteingesessene Kreuzberger aus ihren Wohnungen verdrängt. Aber hier ging es nicht nur um die Erreichung besserer Wohnbedingungen, sondern auch um eine Sanierung der "fragwürdigen Gesellschaftsstruktur" wie der West-Berliner Vertreter Friedrich Fürlinger auf der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages von 1960 forderte.113 Aber die Stadttheoretiker der 60er Jahre haben wohl nicht mit einem Zustrom ausländischer Arbeitsimmigranten nach Berlin gerechnet. Die Zuwanderung von Ausländern begann in Berlin später als im restlichen Bundesgebiet, so daß sich die Anzahl der türkischen Gastarbeiter in Berlin erst am Ende der sechziger Jahre stark vermehrte und trotz des Anwerbestops im Jahre 1973 auch in den 70er Jahren, hauptsächlich durch die Familienzusammenführung, weiterstieg. Im Jahre 1977 hatte Kreuzberg 142 000 Einwohner, davon waren 23.2% Ausländer und unter diesen bildeten die Türken mit 65,9% die Mehrheit.114 Neben den klassischen Arbeitergebieten wie Wedding und Neukölln, ließen sich die türkischen Immigranten konzentriert in Kreuzberg nieder, weil Kreuzberg in den 70er Jahren weiter als Sanierungsgebiet galt und die Wohnungen deutschen Wohnungssuchenden nicht angeboten werden konnten. So wurden sie von den auf einen Zwischengewinn vor dem Abriß hoffenden Sanierungsträgern an Gastarbeiter vermietet. Obwohl ich über die türkischen Herkunftsregionen dieser ersten Immigrantengeneration in Kreuzberg keine statistischen Daten finden konnte, geben die Einzelfälle, die für eine noch nicht veröffentlichte Studie interviewt wurden, den Eindruck, daß sie mit den Herkunftsorten in Zeyrek, aber auch mit den Migrationsstatistiken über die Binnenmigration für die ganze Türkei übereinstimmen. So wurde die in Zeyrek in den 70er Jahren an zweiter Stelle liegende Herkunftsstadt Kastamonu von sechs der von mir 38 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall in Kreuzberg interviewten fünfzehn Familien als Herkunftsort genannt. Kastamonu ist zugleich mit 22.1% externer Migrationsrate im Jahre 1965 eine der führenden Städte in der Türkei.115 Ähnlich verhält es sich mit der Stadt Malatya. Andererseits muß untersucht werden, ob einzelne Dörfer oder Ortschaften aus diesen Städten oder auch aus anderen Städten der Türkei stärker vertreten sind als andere. So verhielt es sich zum Beispiel in Zeyrek mit Kastamonu; am Ende der 70er Jahre entstammten mindestens 40% der aus Kastamonu kommenden Migranten in Zeyrek aus dem Küstenbezirk Inebolu.116 Durch die Konzentration der durch Familienanschluß gewachsenen Haushalte in den stark heruntergekommenen und bereits zum Abriß bestimmten Mietskasernen, die ohnehin nie von guter Bauqualität waren, entstanden in Kreuzberg in den 70er Jahren wieder Zustände ähnlich denen am Ende des 19. Jahrhunderts, wie Überbelegung und das Fehlen von Sanitäreinrichtungen. Die Hälfte der türkischen Haushalte hatte keine Innentoilette, zwei Drittel hatten kein Bad.l J 7 Andererseits gingen in dem offiziell zur Sanierung vorgesehenen Gebiet Spekulationsprojekte fort, wie die Wohnanlage "Graue Laus" und das 1974 fertiggestellte Neue Kreuzberger Zentrum, das kurz nach seiner Eröffnung Konkurs anmelden mußte. Die Kreuzberger Mischung von Wohnen und Gewerbe wurde von Behörden nach wie vor als "störend" empfunden, sie wollten das Kahlsanierungskonzept der 60er Jahre fortsetzen und die für die Luisenstadt typische Blockbebbauung durch zehn-bis zwölfgeschoßige "Wohnbänder" ersetzen.118 In vielen Blöcken wurden die Seitenflügel und Hinterhäuser abgerissen und nur die Fassade renoviert, so daß die traditionelle Struktur des Gebiets zerstört wurde, aber auch nicht durch eine alternative Nutzung ersetzt werden konnte. Andererseits fehlte es an städtischen Einrichtungen wie Grünanlagen und Sportplätzen; dem Bezirk Kreuzberg fehlten gemessen am Berliner Durchschnitt mehr als 1 600 Kindertagesstättenplätze. ' 1 9 Spekulationsprojekte im kleinerem Umfang, also nicht durch große, staatliche Bauaufträge oder Firmeninvestitionen wie in Kreuz39 Pera-Blätter 17 berg, sondern durch Versuche einzelner Grundstückbesitzer, die ihre Grundstücke oder historische Häuser aufwerten wollten, führten in Zeyrek besonders zwischen 1965-75 zum Verlust historischer Bausubstanz. Cramer meint dazu, daß diese Entwicklung zwischen 197375 einen deutlichen Höhepunkt erreichte, und zwar nicht nur für Zeyrek, sondern für das ganze Altsstadtgebiet, als Folge des in dieser Zeit besonders regen Kapitaleinsatzes von in Europa tätigen Gastarbeitern.120 Ein typisches Merkmal der 70er Jahre war tatsächlich, daß die in Europa arbeitenden Gastarbeiter sich dort in heruntergekommenen Großstadtvierteln wie Kreuzberg aufhielten, um in der Türkei in heruntergekommenen Großstadtvierteln wie Zeyrek investieren zu können. So entstanden in Zeyrek anstelle der traditionellen Holzhäuser 4-6 geschossige Betonbauten, oft durch die Zusammenlegung mehrerer Grundstücke, was zum Verlust von Grünflächen führte. Trotzdem waren sowohl die städtische Qualität als auch die Qualität der Häuser hier im Vergleich zu Kreuzberg erheblich besser, besonders im Bezug auf die Sanitäreinrichtungen. Im Jahre 1977 wurden für Zeyrek spezielle Verordnungen erlassen.121 1979 wurde ein Teil des Quartiers zum Denkmalschutzgebiet erklärt und im Jahre 1980 wurde von der Denkmalschutzkommission eine Veränderungssperre verfügt. Trotzdem gingen Abriß und Errichtung mehrgeschoßiger Neubauten weiter.122 Ein andere Entwicklung in den 70er Jahren in Zeyrek ist die Zunahme der saisonellen Untermieter und das Vermieten einzelner Zimmer in heruntergekommenen Holzhäusern, was auf eine Veränderung der sozio-räumlichen Verhältnisse deutet. Wie Offen damals festgestellt hat, fanden sich zu dieser Zeit in 24.6% der 751 Haushalte im Zeyrek-Sinanaga-Quartier Mitbewohner, die nicht zur Familie gehörten. 123 Ein Vergleich mit Kreuzberg im 19. Jahrhundert zeigt, daß z.B. im Jahre 1893 in 30% der 805 Wohnungen an der Sorauer Straße Schlafgänger vorhanden waren,124 was auf sehr ähnliche, soziale Verhältnisse hindeutet. Mit dem Regierungswechsel im Jahre 1983 und dem Beginn der 40 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall Deregulierung der staatlichen Betriebe wurde auch Istanbul eine neue Rolle zugeteilt. In der Folge der neo-liberalen Wirtschaftspolitik wurde die Stadt zum Finanzzentrum der neuen, globalisierten Wirtschaft. Zur gleichen Zeit wurden größere Sanierungsprojekte in Pera, im traditionellen Gewerbeviertel Kazhcesme und am Goldenen Hörn durchgeführt, um den wertvollen Grundstücken der Innenstadt und ihrer Peripherie gemäß der neuen Funktion der Stadt neue Nutzungen zu geben. In der Bauwelt vom 21. Oktober 1988 wurde diese Entwicklung mit den folgenden Zeilen dargestellt: "Verkehrs-und Baupläne, Baumaschinen und Werkzeug sind made in Germany. Der Westen beschafft das- Kapital, er besitzt die Macht, um Wolkenkratzer in Beyoglu hochzuziehen, die längst alle historischen Kuppeln auf den Hügeln von Istanbul überragen. Istanbul soll anstelle des zerstörten Beirut treten."'25 Die Flächensanierungen führten in Zeyrek zu großer Arbeitslosigkeit, weil die meisten Bewohner des Quartiers ihre Arbeitsstellen am Goldenen Hörn verloren. Hinzu kam die Verlagerung der Gemüsehallen, wovon die in Zeyrek wohnenden Straßenhändler am stärksten betroffen wurden. Eine andere betroffene Gruppe bildeten die Saisonarbeiter, die im Sommer wegen der Nähe zu den Hallen als Untermieter bei ihren Verwandten wohnten, so daß viele Hausbesitzer in Zeyrek ihrer Untermieter entbehrten und damit auch eine Einkommensquelle. In diesen Jahren litt auch Kreuzberg unter dem Verlust von Industriebetrieben, Handwerkswerkstätten und Dienstleistungsbetrieben. Im Jahre 1970 ist eine Abnahme der Handelsbetriebe um 50% gegenüber 1960 festzustellen, die Zahl der Betriebe halbierte sich zwischen 1970 und 1980 und der Arbeitsplatzverlust bzw. der Beschäftigungsrückgang von 1980 bis 1976 betrug mehr als 50 Prozent.' 26 Von 513 Einzelhandelbetrieben im Jahre 1970 in Kreuzberg SO 36 waren 1983 nur noch 314 vorhanden, was 57% ausmacht.127 Der Verlust an Industriebetrieben und Werkstätten zeigt Ähnlichkeit zu Zeyrek. Obwohl in Zeyrek diese nicht im Wohnviertel selbst lagen, ist die Nähe 41 Pera-Blätter 17 zum Arbeitsplatz ausschlaggebend, deren Verlust sowohl für Zeyrek als auch für Kreuzberg drastische Folgen hatte und zum größten Teil von politischen Entscheidungen und Entwicklungen außerhalb des Gebiets bestimmt wurde. Im Fall Kreuzbergs war es die Sondersituation Berlins und die Mauer, im Fall Zeyreks war es die neue Rolle Istanbuls innerhalb der Region. Andererseits wurden ab der zweiten Hälfte der 70er Jahre für beide Stadtviertel Entwürfe entwickelt und wissenschaftliche Arbeiten durchgeführt, um sie vor dem Verfall zu retten. Für Kreuzberg kam die Wende mit zwei zeitlich aufeinanderfolgenden Ereignissen: Im Jahre 1971 trat das Städtebauförderungsgesetz in Kraft, welches vorschrieb, die Betroffenen in die Entscheidungsmechanismen für städtebauliche Maßnahmen einzubeziehen, und im Jahre 1972 wurde das Viermächteabkommen geschlossen, was den Senat von Berlin von Wiederaufbauprojekten für die potentielle Hauptstadt Deutschlands abhielt und seine Planungsziele modifizieren ließ, so daß die Erhaltung von Altbausubstanz durch Renovierungen in den Vordergrund trat. Zur gleichen Zeit begannen manche Gruppen studentischer Neukreuzberger die Betroffenen auf ihre gesetzlichen Rechte aufmerksam zu machen, so daß ab 1975 die ersten Widerstandsaktionen Betroffener gegen die Abrisse entstanden; eine Begleiterscheinung hiervon war die Hausbesetzerbewegung. Im Mai 1977 wurde durch die Initiative des Pfarrers K. Dunze an der Martha-Gemeinde in Kreuzberg von der Senatsbauverwaltung ein Wettbewerb zur Erarbeitung eines Pilotprojektes in Kreuzberg ausgeschrieben, dessen Ergebnisse die Betroffenenvertreter vor der Preisentscheidung sahen und ihre Meinung dazu äußerten.128 Mit der Gründung der zunächst für das Jahr 1984 geplanten Internationalen Bauausstellung IBA wurden die IBA-Grundsätze für Bürgerbeteiligung erarbeitet und ein Pilotprojekt für die im Osten von Berlin-Kreuzberg um den ehemaligen Görlitzer Bahnhof liegenden Arbeiterquartiere unter dem Namen "Strategien für Kreuzberg" ausgeschrieben, das "die Verbesserung der Wohn-und Lebenssituation der innenstädtischen Bezirke unter Verstärker Be- 42 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtisehen Verfall rücksichtigung der vorhandenen sozialen und gewachsenen stadthistorischen Strukturen" vorsah.129 Trotz dieser Grundsätze sah die Wirklichkeit anders aus: Die Träger der Kahlsanierungen, die die meisten Häuser bereits in ihren Händen hatten, zwangen ihre Mieter, die das neue Projekt vom Übergangsmieter zum etablierten Kiezbewohner befördern wollte, zum Auszug. Dazu gehörten verschiedene Methoden wie Unterlassung der Instandsetzungsarbeiten und gezielte Freigabe der Wohnungen an Wohnsitzlose; oft wurden Brände ausgelöst und das Gebiet wurde für Straßenkampfübungen der Berliner US-Truppen freigegeben.130 In den 80er Jahren setzten sich die für IBA arbeitenden "behutsamen" Planer durch, so daß langsam gute Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung bei der Instandsetzung der Wohnungen entstanden. Die Beteiligung der türkischen Immigranten blieb gering, was nicht nur auf sprachlichen Problemen, sondern auch auf der kulturelle Differenz beruhte: die schriftlichen Fragebögen wurden mit Skepsis betrachtet, auch nach der Entwicklung des Mieterversammlungverfahrens dauerte es eine Weile, bis man die richtigen Betroffenen traf: "Die zweite Hausversammlung für Frauen fand erst statt, als die Wohnungen fertig zu sein schienen. Auf die Frage, warum auf den anderen Hausversammlungen nichts von den Schwierigkeiten gesagt wurde, war eine Antwort: Mein Mann ist immer dort gewesen, aber er sagt zu allem ja. Er kennt die Schwierigkeiten der Hausarbeit gar nicht."131 Nach und nach gelang es der für die Stadterneuerung zuständigen Abteilung der IBA unter der Leitung von Prof. Dr. Hardt-Waltherr Hämer einen beträchtlichen Teil ihrer Prinzipien in die Praxis umzusetzen. Neben der Renovierung der Häuser wurde auch für die Vermehrung der Grünflächen und Sportplätze im Gebiet gesorgt, von denen viele im Rahmen von Selbsthilfeprojekten und vom Senat geförderten Bürgerinitiativen durchgeführt wurden. Durch Hofbegrünnung wurden bis zum Jahr 1987 etwa 100 Grundstücke zu Rekreationsflächen umgewandelt, zugleich wurde die aus der Jahrhundertwende bekannte Dachbegrünung wieder aktiviert.132 Es wurden 1650 43 Pera-Blätter 17 neue Plätze für Kindertagesstätten geschaffen, unter besonderer Berücksichtigung der wohnungsnahen Kinderkrippen, wobei die Nutzung der leerstehenenden Gewerbegebäude in den Hinterhöfen eine wichtige Rolle gespielt hat.133 Auch die Hausbesetzergruppen wurden legalisiert und dadurch in das Projekt integriert, in dem sie sich als Vereine organisierten, so daß diese Vereine zu Eigentümern ihrer Häuser wurden und von öffentlichen Fördermitteln profitieren konnten. Ein solches Beispiel bildet der Fall des Vereins "Kain Leerstant e.V.", ausgegangen von einer Besetzergruppe, die 3 Gebäude auf dem Grundstück Görlitzer Straße 39 am 16 Mai 1981 besetzt hatte. Gleich nach der Besetzung gründete sie den Verein und arbeiteten zwei Jahre lang an der Instandsetzung des ganzen Komplexes. 1983 wurde sie legalisiert und konnte somit die weiteren Arbeiten durch Mittel des Landes Berlin für Selbsthilfegruppen finanzieren.134 Die Legalisierung der Besetzergruppen ist sicher einer der interessantesten Aspekte der behutsamen Sanierung in Kreuzberg. Natürlich darf man sich nicht vorstellen, daß diese ganze Entwicklung reibungslos verlief und alle Zielsetzungen verwirklicht wurden. Trotzdem ist die Kreuzberger Stadterneuerungsgeschichte eine der erfolgreichsten Fälle der städtischen Betroffenenbeteiligung, die im begrenzten Rahmen dieses Aufsatzes nur kurz zusammengefaßt werden konnte. Zur Zeit dieser Entwicklungen in Kreuzberg betätigte sich eine deutsche Gruppe in Zeyrek. Wolfgang Müller-Wiener, der damalige Leiter des Deutschen Archäologischen Instituts in Istanbul und der Architekt Turgut Cansever, der in den 70er Jahren im Stab des Istanbuler Oberbürgermeisters tätig war, entwickelten gemeinsam mit der Technischen Hochschule Darmstadt und der Universität Karlsruhe ein Gemeinschaftsprojekt zur Sanierungsplanung gegen den Verfall des historischen Baubestands in Zeyrek. Zwischen 1977 und 1981 wurden in Zeyrek unter der Leitung von Müller-Wiener und Johannes Cramer zusammen mit türkischen und deutschen Studenten mehrere Arbeitskampagnen durchgeführt, in denen zur Erhaltung des tradi44 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall tionellen Wohngebiets nicht nur Bauforschungsarbeiten sondern auch soziale Studien verwirklicht wurden. Ein paar Jahre danach besuchte Hardt-Waltherr Hämer, der Leiter des behutsamen Projekts in Kreuzberg, Istanbul und gab mir und meiner Kollegin Gülsün Tanyeli den Auftrag, ein Gutachten mit einem Konzept für den Erhalt Zeyreks unter den Kriterien der Betroffenenbeteiligung vorzubereiten. Das Gutachten erschien im Jahre 1987. Da aber auf türkischer Seite kein politischer Träger gefunden werden konnte und die städtischen Behörden sich nicht interessierten, blieb auch die zu erwartende Finanzierung des Projekts durch den Berliner Senat aus. Währenddessen herrschten in Zeyrek ähnliche Zustände wie in Kreuzberg in den 70er Jahren: Zwar gab es keine exerzierenden Truppen, aber oft brannten Häuser ab und es gab, wenn auch selten, Hausbesetzungen, allerdings nicht von studentischen Gruppen wie in Berlin, sondern vorübergehend von Kleinfamilien und nur in sehr stark zerstörten Häusern, bei denen die Besitzerverhältnisse unklar waren. Die Umwandlung kam in Zeyrek in den 90er Jahren. Zwischen 1992-95 erarbeitete Aykut Karaman von der Mimar-Sinan-Universität für die einzelnen Quartiere des Bezirks Fatih Denkmalschutzpläne im Maßstab 1:1000 und verwirklichte die Bauaufnahmen aller historischen Fassaden in Zeyrek. Die nächste Phase begann mit dem neuen Bezirksbürgermeister Saadettin Tantan, der wissenschaftliche Institutionen im Inland und Ausland einlud, um die historischen Quartiere in seinem Bezirk vor dem Verfall zu retten. Ab 1995 wurden in diesem Rahmen in mehreren Quartieren des Bezirks Fatih Rehabilitierungsprojekte durchgeführt, zu denen auch Zeyrek gehörte. Wegen der sich verändernden Sozialstruktur, wo die an Selbsthilfeprojekten interessierten Hausbesitzer der ersten Migrantengeneration weggezogen waren, war es unmöglich geworden, das Konzept des Gutachtens vom Jahre 1987 zu benutzen. Als Alternative wurde ein Bürgerbeteiligungsverfahren in den Quartieren Fener und Balat eingesetzt, in denen in Form von Bürgervereinen schon die hierfür erforderlichen sozialen Voraussetzungen vorhanden waren. Die Sozialstu- 45 Pera-Blätter 17 dien für diese Quartiere wurden von der UNESCO in Zusammenarbeit mit der Marmara-Universität verwirklicht. Dagegen wurde in Zeyrek versucht, durch massiven Einsatz sozialer Einrichtungen, wie die zum Gebietszentrum umfunktionierte Schule des Zembilli Ali Efendi (Restaurierungsprojekt: Fikret Evci-Yildiz Universität, s. S. 55, Abb 4) und die kleine Gebietsklinik (Bauaufnahme und Restaurierungsprojekt: Zeynep Ahunbay-Technische Universität Istanbul), den Lebensstandart der Bewohner zu erhöhen. In diesem Rahmen wurden auch die Kuppeln der Molla Zeyrek-Moschee in Zusammenarbeit mit dem Generaldirektorat der Stiftungen und der Technischen Universität Istanbul unter der Leitung von Metin und Zeynep Ahunbay restauriert. Eine andere Restaurierung ist die Instandsetzung der Badruine vor der Moschee durch die Koc-Holding. Im Gebiet wurden zwei größere Rekreationsflächen gewonnen, nämlich eine Parkanlage mit Kinderspielplatz auf der Terasse der Piri Mehmet Pasa-Medrese sowie ein Künstlerpark vor der Molla Zeyrek-Moschee. Es erfolgte die Gründung des Zeyrek-Vereins, dessen Hauptfunktion es war, die Hausbesitzer für die Instandsetzung ihrer Häuser zu organisieren. Im Gegensatz zu Fener und Balat wohnten die Mitglieder des ZeyrekVereins aber nicht im Quartier. Nach den jüngsten Wahlen hat sich wieder gezeigt, wie abhängig die städtischen Rehabilitierungsprojekte von der jeweiligen politischen Situation sind: Der Bezirksbürgermeister wurde neu gewählt und das Projekt kam zum Stillstand, Zeyrek ist innerstädtisches Peripheriegebiet geblieben. Auch in Kreuzberg begann die neue Phase infolge einer Veränderung auf einer anderen Ebene: Berlin ist nicht mehr geteilt und wurde zur Hauptstadt, Kreuzberg rückt damit von der städtebaulichen Lage her von einer inneren Peripherie an der Mauer nach und nach zu einem Zentralgebiet in der Mitte der Stadt, was sich nach der Vervollständigung der großformatigen, es umringenden Projekte noch stärker bemerkbar machen wird. Noch dazu wurde Kreuzberg nicht nur von nationalen, sondern auch von internationalen Entwicklungen direkt betroffen, was sich in sozialen Strukturveränderungen zeigte. 46 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall Die sich in den neunziger Jahren in Kreuzberg niederlassenden Zuwanderer kamen hauptsächlich aus Polen und Bosnien-Herzegowina. Die Wohnverhältnisse haben sich verbessert, das hat zugleich zu höheren Mieten geführt; dabei hat sich die ökonomische Lage der Arbeitsimmigranten verschlechtert. Die Bürgerbeteiligung ist auf null gefallen, weil die Hauptstadt jetzt andere Prioritäten hat. Einerseits ist zu erwarten, daß sich in absehbarer Zeit das physische und soziale Gefüge im Gebiet völlig ändert, andererseits haben "die eingewanderten Türken in Kreuzberg eine starke Bindung zum Gebiet und vereinnahmen es für sich. Sie haben sich im Laufe der Zeit eine neue 'Heimat' aufgebaut".135 Tatsächlich weist die hohe Anzahl an türkischen Geschäften, Supermärkten, Restaurants und Cafes,136 Moscheen, Vereinen,137 Sportclubs und soziale Zentren, die man mit den im Quartier lebenden Deutschen teilt, auf ein solches Heimatgefühl hin. Dabei verdanken es die alteingessenen Kreuzberger vor allem den Mieterberatungen und der Betroffenenbeteiligungsarbeit, daß sie sich gegenseitig kennenlernt haben, wie Mieterprotokolle und soziale Studien mehrfach zeigen.138 Man hat zusammen für eine bessere Wohnsituation gekämpft. Auf dem mit dem Thema Pamukkale als Spielpark gestalteten Gelände des Görlitzer Bahnhofs (s. Abb. 6, S. 56) spielen deutsche und türkische Kinder, von denen fast keines Pamukkale gesehen oder von Pamukkale gehört hat. Der Blick ist ihnen aber von dem Werbeplakat der türkischen Reiseagentur an der nächsten Straße vertraut. Im Kiez gilt nicht die Frage ob es Deutsch oder Türkisch ist, Kiez ist Kiez; die Frage soll anders formuliert werden: Wird der Kiez Kiez bleiben? "Wer will, daß die Türken zusammen mit den lokalen Initiativen gegen die zunehmende Vermarktung und Privatisierung des öffentlichen Raumes vorgehen, der muß auch gegen die zunehmenden Verbote des Grillens auf Grün-und Freiflächen sein, das sich als die aktivste Form der Nutzung öffentlicher Räume durch türkische Immigranten erwiesen hat"13? In Zeyrek grillt man nicht auf öffentlichem Raum, man hat dazu noch 47 Pera-Blätter 17 den Hintergarten. In Zeyrek lautet die Frage anders: Was wird aus dem Hintergarten? Ich sehe Istanbul in der Zukunft als London des Orients, das sich mit furchterregendem und traurigem Pomp auf den Ruinen der freundlichsten Stadt der Welt erheben wird. Die Hügel werden geebnet, die Wälder werden vernichtet, die kleinen farbenfrohen Häuser abgerissen. Der Horizont, aus dem sich Tausende von Fabrikschornsteinen und pyramidenartigen Turmdächern erheben, wird durch Reihen von Palästen, Arbeitsund Werkstätten durchbrochen. 0 Anmerkungen 1 2 3 4 5 6 7 8 48 Zum Thema Stadtentwicklung im außereuropäischen Kulturkreis s. Herrle, P.: Vom Mandala zum Flächennutzungsplan: Die Einführung moderner Stadtplanung in eine außereuropäische Stadtkultur: der Fall Kathmandu, Nepal. Diss., Univ. Stuttgart, Fakultät Architektur und Stadtplanung, Stuttgart 1983, S. 16ff. Sassen, S.: Metropolen des Weltmarkts. Frankfurt/Main 19972, S. 163. ibid, S. 141. Z.B. hat die infolge organisierter Landbesetzungen entstandene, autonome Siedlung Villa el Salvador an der Peripherie der peruanischen Hauptstadt Lima einen eigenen Agrarbereich. Vgl. den Plan in der Anlage von Schneider, A. M.: Straßen und Quartiere Konstantinopels. Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Sonderdruck, Berlin 1950. Schneider hat nach den Angaben der Notitia Urbis Constantinopolitanä und mit Hilfe des Studiums der antiken Quellen die Regionsgrenzen nach dem Verlauf der alten Straßen bestimmt. Auch nach R. Janin, Notes sur les Regions de Constantinople Byzantine. Etudes Byzantines III, 1945, S. 29ff. liegt das heutige Zeyrek im X. Regio. Nur in früheren Studien, wie die von Hammer zitierten Andreassy und Chevalier wird Zeyrek dem XI. Regio zugeordnet. Schneider, A M.: Byzanz-Vorarbeiten zur Topographie und Archäologie der Stadt. Istanbuler Forschungen, Archäologisches Institut des Deutschen Reiches, Abteilung Istanbul, Berlin 1936, S. 30. Kuban, D.: IstanbuPun tarihi yapisi, tarihi gelisme, sehrin tarihi yapisinm özellikleri, koruma yöntemleri. Istanbul 1969, S. 28. Vgl. die Tabelle in Schneider, 1950, S. 77. Das VI. Regio, das flächenmäßig viel Z. Aygen: Vom Stadtrand zum iifnerstädtischen Verfall 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 kleiner als das X. Regio ist, verfügt über 484 domus, also nur um 152 weniger, so daß die Bebauung hier viel dichter ist; ähnlich verhält es sich mit dem etwas größeren Regio VII, das mit 711 domus 75 Häuser mehr hat als Regio X. Restle, M.: Istanbul. Reclam's Kunstführer, Stuttgart 1976, S. 19. Schneider, 1950, S. 79. Müller-Wiener, W.: Bildlexikon zur Topographie Istanbuls. Tübingen 1977, S. 120. ibid, S. 211 sowie Eyice, S.: Zaman icinde Istanbul ve sehrin gelismesi. In: Atatürk Konferanslan. Ankara 1975, S. 110. Zum byzantinischen Krankenhaus in der Stadt s. Eyice, S.: Bizans Devrinde istanbul'da tababet, hekimlerve saghk tesisleri. In: LÜ. Tip Fakültesi Dergisi, Nr. 21, Istanbul 1958, S. 657-691. Nach Restle 1976, S. 248 starb sie im Jahre 1124, nach Müller-Wiener 1977, S. 209 aber 1134. Boyd, H. S.; Freely, J.: Strolling through Istanbul. Istanbul, 1989, S. 235 bestätigen das Datum 1124. Müller-Wiener 1977, S. 120. Runciman, S.: A History of the Crusades/ III: The Kingdom of Acre. Cambridge 1971, S. 122-123. Choniates, Mesarites und weitere Augenzeugen in: Vasiliev, A. A.: Histoire de L'Empire Byzantine/ II. Paris 1932. Restle 1976, S. 284. Eyice, S.: Ayasofya/1, istanbul 1984. S. 11. Ebersolt, J.: Constantinople Byzantine et les voyageurs du Levant. Paris 1919, S. 41. Gonzales de Clavijo, R.: To the court of Timur at Samarcand A. D. 1403-6, bearbeitet von C. R. Markham. New York, S. 46. ibid, S. 46. Müller-Wiener 1977, S. 214. Mirmiroglu, V L.: Fatih Sultan Mehmet Han devrine ait tarihi vesikalar. istanbul 1945, S. 59. Das Original befindet sich in der Chigi-Sammlung. Babinger, F.: Mehmed der Eroberer und seine Zeit. München 1953, S. 109. Ünver, A. S.: Fatih külliyesi ve zamani ilim hayati. istanbul 1946, S. 13-14. Anon., Fatih Mehmed II. Vakfiyesi. Ankara 1938, S. 227. Ünver, S. 1946, S. 13 nach Ayvansarayi Hüseyin, Hadikatül Cevami. Tanyeli, U.: Anadolu Türk kentinde fiziksel yapmin evrim süreci. Istanbul 1986, S. 163. Ayverdi, E.H.: Fatih Devri sonlannda Istanbul mahalleleri, sehrin iskani "ve nüfusu. Ankara 1958, S. 19 ff. Baltaci, C: XV.-XVI. asirlarda Osmanh medreseleri. istanbul 1976, S. 336. 49 Pera-Blätter 17 32 Kaiserliche Gesandschaften ans Goldene Hörn, bearbeitet von K. Teply. Stuttgart 1968, S. 254. 33 Barkan, Ö. L.; Ayverdi, E. H.: Istanbul vakiflan tahrir defterleri. Istanbul 1970, S. 245-247. 34 Vgl. die Stiftung in ibid S. 342. 35 Berger, A.: Zur sogenannten Stadtansicht des Vavassore. Istanbuler Mitteilungen 44, Istanbul 1994, S. 334. 36 Abb. 3, S. 332, Nr. 23 auf Bergers Karte. 37 Kopie in Özdemir, K: Ottoman nautical carts. Istanbul 1992, S. 77. 38 Ergin, O. N.: Mecelle-i Umur-i Belediyye/ III, Reprint. Istanbul 1995, S. 11861187. Außerdem Kocu, R. E.: Istanbul Tulumbacilan, Istanbul 1984, S. 450. Über diesen Brand berichtet auch Eremya Celebi: H.D. Andreasyan, Eremya Celebi'nin yanginlar tarihi. In: Tarih Dergisi. Istanbul 1973, S. 69. 39 Ergin 1995/1, S. 383 und II, S. 753. 40 Schmidt, M.: Berlin-Kreuzberg. Berlin 1973. 41 Wörner, M ; Mollenschot, D.: Architekturführer Berlin. Berlin 1989, S. XI. 42 Kuban 1969, S. 31. 43 Pitz, H.; Hofmann, W.; Tomisch, J.: Berlin-W. Geschichte und Schicksal einer Stadtmitte. Berlin 1984, S. 23. 44 Schulze, H.: Berlin. Berlin 1988, S. 14. 45 Pitz; Hofmann; Tomisch 1984/1, Abb. 10, S. 31. 46 ibid 11/ S. 337. 47 Knödler-Bunte, E.: Blicke auf die Luisenstadt. In: K. H. Fiebig, D. HoffmannAxthelm, E. Knödler-Bunte (Hrsg.), Kreuzberger Mischung. Berlin 1984, S. 200. 48 Ergin 1995/ III, S. 1193 sowie Cezar, M.: Osmanli devrinde Istanbul yapilarmda tahribat yapan yangmlar ve tabii afetler. In: Türk sanati ve tarihi incelemeleri I, Istanbul 1963, S. 347. 49 Aksu, H. (Hrsg.): 1782 yih yanginlan-Harik risalesi 1196. Istanbul 1994, S. 62. 50 Agrarreform. In: Brockhaus Enzyklopädie/1. Wiesbaden 1966, S. 203. 51 Pitz; Hofmann;. Tomisc, 1984/ II, S. 390. 51 Hoffmann-Axthelm, D.: Geschichte und Besonderheit der Kreuzberger Mischung. In: Fiebig; Hoffmann-Axthelm; Knödler-Bunte 1984, S. 12. 53 Knödler-Bunte 1984, S. 203. 54 ibid, s. 202 55 Hoffmann-Axthelm 1984, S. 13. 56 ibid, S. 16. 57 Hinz, G.: Peter Joseph Lenne und seine bedeutendesten Schöpfungen in Berlin und Potsdam, Berlin 1937, S. 178. 50 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall 58 Celik, Z.: Degisen Istanbul. Istanbul, 1996, S. 47. 59 Yerasimos, S.: Tanzimatin kent reformlan üzerine. In: Dumont P.; Georgon, F. (Hrsg.): Modernlesme sürecinde Osmanh kentleri, Istanbul 1996, S. 1. 60 Ayverdi, E. H.: 19. asirda Istanbul haritasi, Istanbul 1958, ca. 1: 4500, Blatt C-5. 61 Stewig, R.: Der Grundriß von Stambul. Vom orientalisch-osmanischen zum europäisch-kosmopolitischen Grundriß. In: Sander, G. (Hrsg.): Kulturraumprobleme aus Ostmitteleuropa und Asien. Kiel 1964, S. 206-208. 62 Vgl. Ergin 1995/ II, S. 964. 63 ibid, III, S. 1235. 64 Der osmanische Originaltext des Ediktes in ibid, II, S. 1086; türk. Übersetzung mit Erläuterung in Yerasimos 1996, S. 16. 65 Schneider, A.M.: Brände in Konstantinopel. Byzantinische Zeitschrift Nr. 41, 1941, S. 402. 66 Ergin, 1995/IV, S. 162. 67 ibid, II, S. 1067-1068 und S. 1163-1164. Auch in III, S. 1254. 68 ibid, III, S. 1253-1254 69 ibid, III, S. 1252. 70 Gude, S.: Wohnen in der Sorauer Straße. Berlin 1988, S. 2. 71 ibid S. 3 72 Bodenschatz, H.; Heise, V; Korfmacher, J.: Schluß mit der Zerstörung. Berlin 1983, S. 79. 73 Erb, C. U.: Historischer Oberblick. In: Theorie und Praxis in der Görlitzer Straße 39, S.T.E.R.N., Dokumentation, Juni 1986, S.4. 74 Hoffmann-Axfhelm, D.: Geschichte des Blocks 129 und seiner Umgebung. In: Schulprojekt in SO 36, Bauausstellung Berlin GmbH, Berlin 1983, S. 44. 75 ibid, S. 44. 76 Schulze 1988, S. 20. 77 Schmidt, H.: Haberkern's Hof-Berliner Mierskasernenbau 1872-1875. In: Peschken, G.; Radicke, D.; Heinisch, G. (Hrsg.): Festschrift Ernst Heinrich, Berlin 1974 sowie Gude 1988. 78 Bodenschatz, H.: Platz Frei für das Neue Berlin! Berlin 1987, S. 55. 79 Koch, W.: Baustilkunde. München 1990, S. 378. 80 Gude 1988, S. 5. 81 Leben in der Stadt, Erinnerungen aus Berlin-Kreuzberg. In: Fiebig;. HoffmannAxthelm; Knödler-Bunte 1984, S. 226. 82 Pitz; Hofmann;. Tomisch, 1984/ II, S. 377-378. 83 Dabei wurden viele Vereine gegründet, z.B. der Verein für Sozialpolitik, der Deutsche Verein für Wohnungsreform und die Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft. 51 Pera-Blätter 17 84 Bodenschatz 1987, S. 58. 85 Mimar Mazhar, Istanbul' un iman ve eski eserlerin muhafazasi. Dergah Mecmuasi, Nr.4. S. auch Celik 1996, S. 46 sowie Ergin 1995/III, S.1245. 86 Ökcün, A.G. (Hrsg.): Osmanh Sanayii-1913, 1915 Yillan Sanayi istatistiki. T.C. Basbakanhk Devlet istatistik Enstitüsü, Ankara 1997, S. XIX. 87 Goodsell, F. F.: Tarihsel Görünüm. In: Johnson, C. R. (Hrsg.): Istanbul 1920, Istanbul 1995, S. 24. 88 Shaw, J.; Shaw, E. K.: History of the Ottoman Empire and Modern Turkey/ II: Reform, Revolution and Republic, Cambridge 1977 sowie Stewig, R.: Die Entstehung der Industriegesellschaft in der Türkei I. Kieler Geographische Schriften, Kiel 1988, S. 178. 89 ibid, S. 242. 90 Ökcün 1997, S. 38-40. 91 Die Anzahl kleinerer und mittelgroßer Boote in Istanbul betrug im Jahre 1897 insgesamt 2949. Güran, T. (Hrsg.): Osmanh Devletinin ilk istatistik yilligi, T.C. Basbakanhk Devlet istatistik Enstitüsü, Ankara 1997, S. 278. 92 Weitere Familiengeschichten aus dem Gebiet in Aygen, Z.; Tanyeli, G.: Stadterneuerungsvorschlag-Sanierungsprojekt in Zeyrek. Teil II: Die sozio-räumliche Umwandlung des Gebietes. Gutachten für S.T.E.R.N., Istanbul 1987. 93 The Levant Herald and Eastern Express, Vol. 26., Nr. 1. Constantinople 1906, S. 342. 94 Aus dem Archiv des Romeo Martinez. In: Isgal istanbul'undan Fotograflar. istanbul 1996, S. 42-43. 95 Pervititch, J.: C l r ? l r ; Zeyrek, Vefa. Plan d'Assurances, istanbul Mai 1983, Planche 19, 1/1000. 96 Pervititch, J.: Vefa. T.C. Sigorta Daire-i Merkeziyesi, istanbul 1934, Planche 42, 1/500. 97 Hammer, J. v.: Constantinopolis und der Bosporos. Pesth 1882, S. 597-98. 98 Vgl. Pervitich-Karte, Planche 42. Der Name der an den Vefa-Komplex angrenzenden Straße, Imaret Sabunhanesi, deutet auf die Anwesendheit eines Seifenherstellers in der Armenküche in den 30er Jahren: In dieser Zeit wurde nämlich O. N. Ergin, der Verfasser des Mecelle-i Umur-u Belediyye, damit beauftragt, den Istanbuler Straßen Namen zu geben, wobei er öfter die Straßen nach dem dort existierendem Gewerbe benannt hat. 99 Gude 1988, S. 10. 100 Klünner H.W.: S-und U-Bahnarchitektur in Berlin. Berlin 1985, S. 57 ff. 101 Gude 1988, S. 12. 102 Witmann, et. al. (Hrsg.), Die Luisenstadt - ein Heimatbuch. Berlin 1927. 103 Knödler-Bunte 1984, S. 211. 104 Hoffmann-Axthelm 1983, S. 55. 52 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall 105 Nach den Erinnerungen Albert Speers war diese Ausnahme Heß, der sich im Gegensatz zu allen anderen nur für den Wohnungsbau interessierte. Vgl. A. Speer, Erinnerungen, 7. Auflage. Berlin 1970, S. 92-93. 106 Gude, S.: Nachbarschaft und soziale Konflikte im Block 101. Berlin 1985, S. 5. 107 Ekonomik ve sosyal göstergeler-lstanbul. T.C. Ba§bakanhk Devlet Istatistik Enstitüsü, Ankara 1988, S. 11. 108 Hürriyet, 24 Juni 1959, Titelseite. 109 Aygen; Tanyeli, 1987, S. 89. 110 ibid, S. 89 sowie Offen, H.: Anatolische Einwanderung und ihre Auswirkung in das Zeyrek-Quartier. In: W. Müller-Wiener und J. Cramer (Hrsg.), IstanbulZeyrek-Studien zur Erhaltung eines traditionellen Wohngebietes. Hamburg 1982, S. 103. 111 Kocu, R.E.: Istanbul Ansiklopedisi, Band 5. Istanbul Ansiklopedisi. Istanbul 1961, S. 2475. 112 Przybyla, R.: Ursachen der Zuwanderung von Muslimen nach Berlin. In: Jonker, G., Kapphan, A. (Hrsg.): Moscheen und islamisches Leben in Berlin. Die Ausländerbeauftragte des Senats, Berlin 1999, S. 15. 113 Bodenschatz 1987, S. 159. 114 Bodenschatz; Heise; Korfmacher 1983, S. 83. 115 Akkayan, T.: Göc ve degisme. Istanbul 1979, S. 39. 116 Offen 1982, S. 103. 117 Gude, S.: Muslime in Kreuzberg. In: Z. Aygen (Hrsg.), Bürger Statt Städter Bürgerbeteiligung als Strategie der Problemlösung und der sozialen Integration. Schriften des Arbeitkreises Moderne und Islam. Berlin 1999, S. 142. 118 Ausstellungskatalog: Schritt für Schritt - Behutsame Stadterneuerung in Kreuzberg. Berlin 1990, S. 25-27. • : 119 Hämer, H. W.: Räume für Kinder: Kindertagestätten in Kreuzberg. Berlin 1987, S. 7. 120 Cramer, J.: Traditionelle Wohnhausarchitektur in der Altstadt von Istanbul. In: Müller-Wiener; Cramer, 1982 S. 18. 121 9.4. 1977, Nr. 9761 sowie 11.6. 1977, Nr. 9882. 122 Cramer 1982, S. 20. 123 Offen 1982, S. 103, S. 111. 124 Gude 1988, S. 6. 125 Frank R.; Ücer, Y.: Istanbul-Manhattan am Bosporus? In: Bauwelt Nr. 40. Berlin 1988, S. 1727. 126 Hämer, H. W.: Erneuerungsgebiet Luisenstadt. In: DB-Deutsche Bauzeitung. 5/82, Sonderdruck, Stuttgart 1982, S. 18. 127 Bremm, H.: Entwicklung der Einzelhandels-und Dienstleistungsbetriebe in den 53 Pera-Blätter 17 Jahren 1970-1983 in Kreuzberg SO 36. In.Fiebig; Hoffmann-Axthelm; KnödlerBunte 1984, S. 171. 128 Mehr zu diesem Wettbewerb in Tiedemann, V.v.; Kleimeier, U.; Kopetzki, C ; Machtleid, H.: Bürgerbeteiligung bei der Stadterneuerung-Beispiel Kieuzberg. Bonn-Bad Godesberg 1980, S. 21 ff. 129 Strategien für Kreuzberg, Projektbeschreibung. Der Senator für Bau- und Wohnungswesen Berlin, S. 1. 130 Bodenschatz; Heise; Korfmacher 1983, S. 104. 131 Anmerkungen der Sozialplanerin und Blockplanerin der IBA bei der Erneuerung der Häuser 80-82 in Berlin-Kreuzberg. In: Kaputte Stadt Retten. Internationale Bauausstellung, Berlin 1987, S. 17+ 132 Heinze, B.; Jäger, R.: Grün Gegen Grau. Berlin 1987, S. 10 ff. 133 Hämer 1987, S. 29 sowie Wohnungsnahe Kinderkrippen in Altbauten in BerlinKreuzberg SO 36, 1. Zwischenbericht I.B.A. Arbeitsgruppe Stadterneuerung, Berlin 1984. 134 Erb 1986, S. 4-8. 135 Bayam, Ü.: Migration als Aufgabenfeld der Stadtplanung-Orte der türkischen Migranten in Kreuzberg. In: Amman, R.; Neumann-Cosel, B.V.: Berlin - Eine Stadt im Zeichen der Migration. Berlin 1997, S. 48. 136 Nach dem alteingesessenen Kreuzberger Ahmet Yeter blühte der türkische Imbißsektor in Kreuzberg erst mit dem Anwerbestop und dem Abbau der Ausländerbeschäftigung auf. In: Zitty Live Magazin, 17/88, S. 10. 137 Innerhalb der Berliner Bezirke weist Kreuzberg die höchste Konzentration an Moscheen und türkischen Kulturvereinen auf. Vgl. Karte bearbeitet von Winkler, J.; Best, U.; Gebhardt, D.: Projektseminar "Moscheen in Berlin". Berlin 1998. 138 Ann, C : Traditionslinien der Migration und Stadtentwicklung in Berlin. In: Amman; Neumann-Cosel 1997, S. 31 sowie Gude, 1985, S. 26, Interview Jl. Sh. auchGude, 1993, S. 64. 139 Gude 1999, S. 148. 140 Amicis, E. de: Istanbul (1874). Ankara 1981, S. 140. 54 Z. Aygen: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall Abb. 3: Identitätssuche in der Geschichte: Ein symbolisches Gefalienengrab an der Terassenmauer des Pantokrator-Kumnlexes (s. S. 36) Abb. 4: Ehemalige Schule des Zembilli Ali Efendi in Zeyrek, in der heute Nachhilfeunterricht für die Kinder des Gebiets gegeben wird (s. S. 46). 55 Pera-Blätter 17 £ .!/>/). 5: Kreuzberg: Neue Heimat für Türken - "Kebab ve Lahmacun Salonu" vor Kreuzberger Stuckfassade (s. S. 47) Abb: 6: Das als Spielpark gestaltete Gelände des Görlitzer Bahnhofs mit dem Thema "Pamukkale" (s. S. 47). 56 Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft Abteilung Istanbul