Studium und Praktikum - Hochschule Heilbronn

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Studium und Praktikum - Hochschule Heilbronn
Prof. Dr. Axel Birk
Hochschule Heilbronn/Campus Künzelsau
Studium und Praktikum
Lit.: Hirdina, Rechtsfragen zur Kündigung des Pratikumsvertrags, NZA 2008, 916; Plagemann,
Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 3. Aufl., München 2009, § 5; Schade,
Praktikumsrecht, Stuttgart 2011; ders., Praktikum: Aktuelle Rechtslage 2012, NZA 2012,
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I. Bin ich als Praktikant Arbeitnehmer?
1. Praktikum ist nicht gleich Praktikum!
Praktikant ist allgemein, wer
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für eine vorübergehende Dauer in einem Betrieb tätig wird,
um sich die zur Vorbereitung auf einen – meist akademischen – Beruf notwendigen
praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen.1 Im Vordergrund der Tätigkeit steht
somit der Ausbildungszweck.
Es gibt unterschiedliche Arten von Praktika:
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Pflichtpraktikum des Praxissemesters: Das Pflichtpraktikum ist Bestandteil der
Hochschulausbildung und in der SPO festgelegt. Der Praktikant ist im Praxissemester
immatrikuliert.
Vorpraktikum: Bei einigen – meist technischen – Studiengängen wird für die Zulassung zum
Studium ein Vorpraktikum verlangt. Während des Vorpraktikums ist der Praktikant (noch)
nicht immatrikuliert.
Nachpraktikum: In einigen Branchen – insbesondere in der Medienbranche – wird nach
Abschluß des Studiums ein Praktikum/Volontariat verlangt, bevor ggf. ein Arbeitsvertrag
abgeschlossen wird.
Werksstudententätigkeit: Neben dem Studium sind Studierende oft freiwillig als
Werkstudenten tätig.
Freiwilliges Praktikum: Viele Studierende machen neben dem Pflichtpraktikum eine weiteres
freiwilliges Praktikum, um zusätzliche Erfahrung zu sammeln. Dieses Praktikum ist weder und
noch in der SPO festgelegt. Während eines freiwilligen Praktikums ist der Praktikant
immatrikuliert und befindet sich in der Regel im Urlaubssemester. Das Praktikum ist in der
SPO nicht vorgesehen, gehört nicht zur Hochschulausbildung und ist kein Bestandteil einer
Gesamtausbildung.
Daneben gibt es noch die Azubis: Der Auszubildende durchläuft eine im einzelnen genau geregelte,
möglichst vollständige Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf mit abschließender Prüfung. Der
Ausbildende ist für die Erreichung des Berufszieles mitverantwortlich.
1
BAG, 13.03.2003 – 6 AZR 564/01, BeckRS 2008, 54164.
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2. In welchem Fall bin ich Arbeitnehmer?
Nicht jeder Praktikant ist Arbeitnehmer. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen dem
Pflichtpraktikum im Praxissemester und den anderen Praktikumsverhältnissen.
Das Praxissemester ist Bestandteil der SPO und damit ein Teil der Gesamtausbildung. Die
Studierenden sind in dieser Zeit immatrikuliert. Daher sind Praktikanten im Pflichtpraktikum keine
Arbeitnehmer und auch keine Azubis.2 Das bedeutet, daß auf solche Praktikumsverhältnisse die
arbeitsrechtlichen Gesetze keine Anwendung finden. Wenn im Praktikantenvertrag nicht geregelt ist,
bestehen daher kein Urlaubsanspruch, kein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auch
kein Kündigungsschutz. Die Vergütung ist der Höhe nach deshalb auch eher eine
Aufwandsentschädigung oder Beihilfe zum Lebensunterhalt.3
In allen anderen Praktikumsverhältnissen ist der Praktikant dagegen Arbeitnehmer, weil er
weisungsgebunden tätig wird, auch wenn es sich „nur“ um einen sog. „400 Euro Job“ handelt.4 Das
Arbeitsrecht findet Anwendung. Der Praktikant hat also insbesondere Anspruch auf Urlaub und
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Befristungen sind nur nach § 14 TzBfG zulässig, unter den
Voraussetzungen des KSchG besteht Kündigungsschutz. Zusätzlich gelten – außer beim Werkstudent5
– die Regelung des Berufsbildungsgesetz (BBiG) für das Praktikum (§ 26 BBiG).
II. Typische Fragen rund ums Pflichtpraktikum
1. Woher bekomme ich eine Bestätigung, daß es sich um das
Pflichtpraktikum handelt?
Wegen der sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen (siehe unten III.) verlangen manche
Unternehmen die Vorlage einer Bestätigung der Hochschule, daß es sich bei dem Praktikum um das
in der SPO festgelegte Pflichtpraktikum handelt. Eine solche Bestätigung können Sie am Campus
Künzelsau im Servicesekretariat (Fr. Riedling-Ziegler im A-Bau) erhalten.
2. Gibt es einen Mustervertrag für das Praxissemester?
Da das Arbeitsrecht auf das Pflichtpraktikum keine Anwendung findet, ist aus studentischer Sicht
darauf zu achten, daß die Regelungen im Praktikantenvertrag möglichst vollständig sind. So sollten
insbesondere die Art der Tätigkeit (der mit dem Praktikum verfolgte Ausbildungszweck), der Umfang
der wöchentlichen Dienstzeit, die Höhe der Vergütung, ein etwaiger Urlaubsanspruch, eine etwaige
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie die Dauer und Kündigung des Praktikantenverhältnisses
vertraglich geregelt werden. Ob die genannten Punkte alle, zum Teil oder gar nicht vertraglich
geregelt werden, ist Verhandlungssache bzw. eine Frage der Handhabe des jeweiligen
Unternehmens, das häufig seine eigenen Vertragsmuster verwendet.
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BAG, 19.06.1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3; BAG, 25.03.1981 – 5 AZR 353/79, NJW 1981, 2534;
BAG 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435.
BAG, 13.03.2003 – 6 AZR 564/01, BeckRS 2008, 54164 unter II. 2. b) der Gründe; LAG Köln, 31.05.06 –
3 Sa 225/06, NZA-RR 06, 525.
Es gibt seltene Ausnahmefälle, in denen es an der Arbeitnehmereigenschaft des Praktikanten fehlt: vgl.
BAG 22.01.2004 – 2 AZR 237/03, NZA 2004, 479.
Vgl. Hergenröder, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 5. Aufl., Köln 2012, § 26
BBiG, Rn. 4.
3
Auf den Seiten der Hochschule gibt es im Formularcenter des Servicesekretariats (http://www.hsheilbronn.de/1092067/bm) ein Muster für einen Praktikantenvertrag, der jedoch auch nicht zu allen
genannten Punkten eine Regelung enthält. Das Vertragsmuster wird durch die sog. „Rahmenrichtlinie
für das Praktische Studiensemester“ ergänzt.
3. Ich habe schon einen Praktikumsvertrag unterschrieben und jetzt ein
besseres Angebot bekommen. Kann ich einfach „absagen“?
Die Regeln des BGB, insbesondere über den Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB, finden auf das
Pflichtpraktikum Anwendung.6
Wer einen Dienst- oder Arbeitsvertrag unterschreibt, ist zur Leistung der versprochenen Tätigkeit
verpflichtet. Tritt der Praktikant die Stelle schon gar nicht an (Fall der Unmöglichkeit nach § 275
BGB), wird das Unternehmen nach § 326 I BGB die vereinbarte Vergütung nicht bezahlen. Soviel
dürfte auch ohne Blick ins Gesetzbuch klar sein.
Aber macht sich der Praktikant etwa auch schadensersatzpflichtig? Rein theoretisch ja. Das
Unternehmen hat prinzipiell nach §§ 280 I, 311a II BGB einen Anspruch auf Schadensersatz. Der
Anspruch scheitert in der Praxis jedoch aus zwei Gründen:
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Erfolgt die Absage an das Praktikum rechtzeitig vor Praktikumsbeginn, handelt es sich um
eine fristgerechte Kündigung. In diesem Fall entsteht schon gar kein
Schadensersatzanspruch.
Selbst wenn die Absage erst später erfolgt, hat das Unternehmen dadurch, daß der
Praktikant nicht antritt, keinen Schaden. Die dem Praktikant zugedachte Arbeit kann auch
durch einen anderen Mitarbeiter erledigt werden.7
Daher hinterlassen Sie bei einer „Absage“ allenfalls einen schlechten Eindruck, haben aber keine
rechtlichen Konsequenzen zu fürchten.
4. Kann man von mir im Praxissemester ständig Überstunden verlangen?
Da das Arbeitsrecht auf das Pflichtpraktikum keine Anwendung findet, gelten auch etwaige
tarifvertragliche Regelungen über den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit nicht für den
Praktikanten. Es ist daher sinnvoll, eine Regelung zu den Arbeitszeiten im Praktikantenvertrag zu
vereinbaren.
Sollte es an einer vertraglichen Festlegung über die Dauer der Arbeitszeiten fehlen, kann das
Unternehmen diese in den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) im Rahmen des Weisungsrechts
gemäß § 106 GewO bestimmen. Nach der Regelung des § 3 ArbZG beträgt die werktägliche
Höchstarbeitszeit grundsätzlich acht Stunden. Sie kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden,
wenn die Mehrstunden innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ausgeglichen werden, so daß
im Durchschnitt acht Stunden pro Werktag erreicht werden. Dabei ist zu beachten, daß mit dem
Wort „Werktag“ auch die Samstage gemeint sind. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf also im
Durchschnitt 48 Stunden nicht übersteigen.
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Vgl. Hirdina, NZA 2008, 916.
Außerdem begrenzt sich der Schaden auf den Zeitraum der frühestmöglichen Kündigung. Nach den in
der Praxis verwendeten üblichen Vertragsmustern (vgl. den Mustervertrag der Hochschule Heilbronn)
sind die ersten vier Wochen Probezeit, in der jede Partei den Vertrag täglich fristlos kündigen kann.
4
5. Habe ich einen Anspruch auf Urlaub
Im Praxissemester sind Sie kein Arbeitnehmer. Es gelten weder das BUrlG noch etwaige Tarifverträge.
Ein Anspruch auf Urlaub besteht daher nur dann, wenn dies im Praktikumsvertrag geregelt ist.
6. Kann mein Unternehmen mir einfach so kündigen?
Normalerweise endet das Praktikantenverhältnis mit Ablauf der im Vertrag vereinbarten Dauer. Da
die SPO eine Mindestdauer von 24 Wochen vorsieht, wäre eine vorzeitige Kündigung des Praktikums
durch das Unternehmen für die Anerkennung als Praxissemester ungünstig.
a) Grundsatz
Das Pflichtpraktikum ist ein befristeter Dienstvertrag. Ist im Praktikumsvertrag nichts geregelt, kann
das Praktikum von beiden Parteien nur aus „wichtigem Grund“ gemäß § 314 BGB gekündigt werden,
dann allerdings fristlos (sog. „außerordentliche Kündigung“). Eine grundlose Kündigung (sog.
„ordentliche Kündigung“) ist nicht möglich. Was können wichtige Gründe für die Kündigung des
Praktikumsverhältnisses sein?
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Aus Sicht des Unternehmens liegt ein wichtiger Grund insbesondere dann vor, wenn der
Praktikant eine Straftat begeht, also z.B. einen Diebstahl, einen Betrug oder wenn er andere
Mitarbeiter verletzt oder massiv sexuell belästigt. Kommt der Praktikant laufend massiv zu
spät oder verläßt ständig ohne Abmeldung seinen Arbeitsplatz, ist eine Kündigung gemäß
§ 314 II BGB erst nach vorheriger Abmahnung möglich.
Der Praktikant hat insbesondere dann einen wichtigen Grund, wenn das Unternehmen seiner
Ausbildungsverpflichtung nicht nachkommt und den Praktikanten nur Aushilfstätigkeiten
verrichten läßt.
b) Ordentliche Kündigung nur bei vertraglicher Vereinbarung
Eine grundlose, ordentliche Kündigung ist nur dann möglich, wenn der Praktikumsvertrag dies
ausdrücklich vorsieht. Allerdings wäre eine Regelung, wonach jede Partei den Vertrag mit einer Frist
bis zum 15. oder zum Monatsende kündigen kann, gemäß § 307 BGB unwirksam, weil dadurch das
Ausbildungsziel des Studierenden durch das Unternehmen grundlos gefährdet werden könnte.
Zulässig sind im Ergebnis nur Regelungen, die inhaltlich § 22 BBiG8 entsprechen. Eine solche Regelung
enthält etwa der Mustervertrag der Hochschule Heilbronn:
㤠2 Dauer der Ausbildung
(1) …
(2) Die ersten 4 Wochen gelten als Probezeit, in der beide Teile jederzeit den Vertrag ohne
Begründung und Kündigungsfrist kündigen können.
§ 5 Auflösung des Vertrages
Der Vertrag kann nach Ablauf der Probezeit gemäß § 2 Abs. 2 nur gekündigt werden
(1) aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist,
(2) vom Studenten mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn er die Ausbildung im
vertragschließenden Betrieb aus persönlichen Gründen aufgeben will.
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Bundesbildungsgesetz.
5
Die Kündigung muß schriftlich und unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.“
Diese Regelung entspricht, was die Dauer der Probezeit angeht, durchaus den beiderseitigen
Interessen. Ob allerdings die etwas lange Kündigungsfrist von vier Wochen, die nach Ablauf der
Probezeit bei einer Kündigung durch den Praktikanten zu laufen beginnt, wirklich im Interesse der
Studierenden ist, kann man sich fragen.
7. Ich bin mit meinem Praktikumszeugnis nicht zufrieden. Was kann ich
tun?
a) Zeugnisarten
Nach § 630 BGB, § 109 GewO hat jeder Praktikant Anspruch auf ein Zeugnis. Man unterscheidet
zwischen dem einfach und dem qualifizierten Zeugnis.
Das einfache Zeugnis enthält Tatsachenangaben über
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die Art des Praktikums,
die Dauer des Praktikums,
das Ziel der Ausbildung bzw. Beschäftigung
und zu die erlangten beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse.
Das qualifizierte Zeugnis enthält zusätzlich eine Bewertung der Leistungen und des Verhaltens des
Praktikanten. Ein Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis besteht nur, wenn der Praktikant dies
verlangt.
b) Zeugnissprache
Was bedeuten die Bewertungsformulierungen im Zeugnis? Siehe dazu etwa Haag, Arbeitsrecht für
Dummies, Weinheim 2012, S. 194 ff.
c) Zeugnisberichtigung
Ist der Praktikant mit dem Zeugnis nicht zufrieden, kann er unter folgenden Voraussetzungen eine
Zeugnisberichtigung verlangen:
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
Die Tatsachenangaben müssen der Wahrheit entsprechen. Der Praktikant hat bei Lücken
daher einen Anspruch auf Ergänzung des Zeugnisses.
Die Bewertungen des qualifizierten Zeugnisses müssen nach der Rechtsprechung
„wohlwollend“ vorgenommen werden. Das Zeugnis ist gemäß § 109 II GewO klar und
eindeutig zu formulieren und darf keine versteckten negativen Hinweise („Geheimzeichen“)
enthalten. In der Praxis spielt hier die Beweislastverteilung eine wichtige Rolle: Will der
Praktikant eine Bewertung haben, die besser als der Durchschnitt ist (also besser als 3,0), hat
er zu beweisen, daß seine Leistung besser war. Ist die Bewertung dagegen
unterdurchschnittlich, muß das Unternehmen beweisen, daß die Leistung des Praktikanten
schlecht war.9
Wird das Zeugnis später geändert, ist es auf den Tag der Erteilung des ersten Zeugnisses
zurückzudatieren.
9
BAG, 14.10.2003 – 9 AZR 12/03, NZA 2004, 842.
6
d) Taktisches Vorgehen
Für die Praxis empfiehlt es sich, zunächst mit dem Betreuer bzw. der Personalabteilung des
Unternehmens zu sprechen und die Gründe für eine Änderung des Zeugnisses zu nennen. Ist das
Zeugnis lückenhaft, werden die Unternehmen mit einer Ergänzung regelmäßig einverstanden sein.
Soll dagegen die Bewertung geändert werden, wird es zumeist schwierig. Hier helfen nur Gespräche
und gute Argumente. Sollten auch das nichts nützen, gibt es natürlich die Möglichkeit, vor Gericht
eine Zeugnisberichtigung einzuklagen. Dabei sollten Sie sich auf jeden Fall anwaltlich beraten lassen.
8. Was passiert, wenn ich das Praktikum über das Semester hinaus
verlängere?
Das Praxissemester dauert mindestens 24 Wochen bzw. mindestens 100 Präsenztage. Auf diese
Mindestdauer ist der Praktikumsvertrag mit dem Unternehmen zu vereinbaren. Bietet das
Unternehmen Ihnen eine Fortsetzung des Praktikums an, verwandelt sich das Praktikantenverhältnis
in ein Arbeitsverhältnis, also ein freiwilliges Praktikum. Es gelten dann die arbeits- und
sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.
III. Wie bin ich als Praktikant sozialversichert?
Zur Sozialversicherung zählen insbesondere
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die Kranken- und Pflegeversicherung,
die Rentenversicherung,
und die Arbeitslosenversicherung.
Jeder Student, jede Studentin ist während des Studiums (solange er/sie immatrikuliert ist) als
Studierender entweder im Rahmen der Familienversicherung oder selbständig kranken- und
pflegeversichert: §§ 5 I Nr. 9 und 10 SGB V, § 20 I Nr. 9 SGB XI. In der Rentenversicherung sind
Studierende versicherungsfrei, die Studienzeiten werden aber angerechnet.
Bei einem Praktikum stellt sich aber darüber hinaus für das Unternehmen die Frage, ob der
Praktikant zusätzlich als Beschäftigter des Unternehmens sozialversicherungspflichtig ist. Dazu
gelten folgende Grundsätze:
1. Pflichtpraktikum
Das Pflichtpraktikum gehört zur Hochschulausbildung. Hinsichtlich der Beschäftigung im
Unternehmen ist der Studierende als Beschäftigter des Unternehmens versicherungsfrei:
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in der Kranken- und Pflegeversicherung gemäß §§ 5 I Nr. 9, Nr. 10, VII; 6 I Nr. 3 SGB V; § 20 I
Nr. 9 SGB XI
in der Rentenversicherung gemäß § 5 III SGB VI,
und in der Arbeitslosenversicherung gemäß § 27 IV SGB III.
2. Vor- und Nachpraktikum
Während eines Vor- oder Nachpraktikums ist der Praktikant noch nicht oder nicht mehr
immatrikuliert. Daher besteht während eines Vor- oder Nachpraktikums Sozialversicherungspflicht.
Die Versicherungspflicht entfällt auch dann nicht, wenn der Praktikant nur geringfügig beschäftigt
wird (sog. „400 Euro Job“), weil das Praktikum zur Berufsausbildung gehört (§ 7 Nr. 1 SGB V; § 5 II S. 3
SGB VI).
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3. Werkstudententätigkeit
a) Rentenversicherung.
Werkstudenten werden rentenversicherungsrechtlich ebenso behandelt wie jeder andere
Arbeitnehmer auch: Übersteigt die Vergütung die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV (sog. „400
Euro Job“) besteht als Beschäftigter des Unternehmens Rentenversicherungspflicht.
b) Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung
Werkstudenten sind aber gemäß § 6 I Nr. 3 SGB V, § 27 IV SGB III10 in der Kranken- und
Arbeitslosenversicherung unter folgenden Voraussetzungen als Beschäftigte des Unternehmens
versicherungsfrei:
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Der Praktikant ist an einer Hochschule immatrikuliert.
Das Studium nimmt die Zeit und die Arbeitskraft des Studenten überwiegend in Anspruch.
Die Tätigkeit als Werkstudent darf regelmäßig 20 Stunden in der Woche nicht überschreiten.
Sind es mehr Stunden, kommt darauf an, ob diese überwiegend in den Abendstunden oder
am Wochenende anfallen, weil dadurch das Studium weniger behindert wird. Während der
Semesterferien bleiben Beschäftigungen auch dann versicherungsfrei, wenn die
wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden beträgt.
Der Student muß dem Arbeitgeber nachweisen:
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Immatrikulation,
Zahl der Fachsemester,
und vorlesungsfreie Zeiten.
4. Freiwilliges Praktikum
Für ein freiwilliges Praktikum gelten dieselben Grundsätze wie bei Werkstudententätigkeit.
10
Gemäß §§ 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, 27 Abs. 4 SGB III sind in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung
versicherungsfrei „Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer
Hochschule oder … gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.“