Portugiesischer PunkRock made in Freiburg

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Portugiesischer PunkRock made in Freiburg
Musik_0708_08
21.07.2008
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Portugiesischer PunkRock
made in Freiburg
MUSIK FED UP 74
Fotos: © Fed Up 74
Als in den
glutheißen Tagen im Juni 2006 ganz
Deutschland zu einem Sommermärchen
wurde, standen vier junge Musiker aus Portugal noch am Anfang ihrer Träume. Mit wenig mehr als ihren Gitarren im Gepäck und
einer pulsierender Leidenschaft im Herzen,
kam das musikalische Punk-Quartett damals
nach Freiburg, um aus der akustischen Tiefe
der Kaiser-Joseph-Straße die rockigen Bühnen im Breisgau zu erobern.
„Es war eine harte Zeit damals“, erinnert sich
Bassist Rob, „die ersten acht Monate in Freiburg verbrachten wir fast jeden Tag als Straßenmusiker auf der Kajo.“ Ein paar Euro kamen so zusammen, gerade genug für Essen
und Trinken und etwas für die Miete. Den
Rest steuerte der ältere Bruder von „Himself“ bei, dem Bandgitarristen, der im wahren Leben auf den wohlklingenden Namen
Tiago Natividade Quintas Fernandes hört.
Neben Rob und Himself komplettieren „Cupido“ an den Drums und Gitarrist und Leadsänger „JoP“ die Band. Tiagos Bruder war es
auch, der die Jungs in den Breisgau brachte,
nachdem er sie zuvor in Portugal bei einem
Konzert sah und von ihrer Dynamik und
Originalität gleich angetan war. „Er dachte, wenn er uns nach Deutschland holt, kann
er viel Geld mit uns verdienen“, lacht Himself. Der große Reibach steht noch aus, einen guten musikalischen
Riecher bewies Tiagos Bruder auf jeden Fall. Inzwischen haben „Fed Up 74“
mit „What To Do“ ihre erste EP veröffentlicht, gewannen den MusicStar(t)-Contest 2007, spielten weit
mehr als 50 Konzerte in Deutschland,
Frankreich und Portugal und standen
als Support für P!nk, Neonkrieger
oder Liquido auf der Bühne.
Nicht schlecht für vier Jungs, die vor
ein paar Jahren noch gemeinsam die
Schulbank in Santo Tirso drückten, einer beschaulichen Kleinstadt im portugiesischen Norden. „Wir wollten damals einfach nur Musik machen und
spielen, spielen, spielen“, sagt Schlagzeuger Cupido, „Schule und Unterricht
hatten wir alle satt.“ Folgerichtig nannten sie sich „Fed Up“, die „74“ kam erst
später dazu, als sie bemerkten, dass es
bereits eine amerikanische Band gleichen Namens gab. „Die 74 war eigentlich
rein zufällig gewählt“, erinnert sich Rob,
„später fiel uns auf, dass 1974 in Portugal die sogenannte Nelkenrevolution die
Diktatur im Land beendete.“ Passend,
irgendwie. Denkt man an portugiesische
Musik, kommt einem zuerst der ergreifende Wehmutsgesang „Fado“ in den Sinn.
Nicht aber der frische, rotzig-freche NeoPunk, den Fed Up 74 in Reinkultur spielen.
„Das war unser Problem“, sagt Rob, „in
Portugal gibt es für diese Art von Musik
keine große Plattform.“ Ganz anders die
Situation in Deutschland. „Hier bekommen
wir Feedback“, sagt Sänger JoP. „Was es
heißt, mit dem Publikum zu inter-
agieren, lernten wir erst in Freiburg.
Wie die Beatles im Hamburger Starclub“, lacht Rob. Ihr Starclub war im
Winter 2006 das Freiburger Cräsh.
„Das war sehr aufregend. Wir wussten nicht, wie wir ankommen würden“, gesteht JoP, „aber nach den
ersten Akkorden fanden es die Leute cool, dass wir auf der Bühne richtig abgingen.“
Heute präsentiert sich das Spiel der
Band nochmals verfeinert. Melodisch
mehrstimmiger Gesang trifft dabei
auf respektlos rockende Gitarrenriffs
zu treibendem Bass und Schlagzeug.
Live gilt die Band in Freiburg heute
schon als Nummer eins in Sachen NeoPunk. Mit der am 17. Juli veröffentlichten EP möchten die vier Portugiesen
aus dem Rieselfeld nun bundesweit
durchstarten. „Erst wollen wir BadenWürttemberg mit unserer Musik erobern,“ sagt Rob verschmitzt, „dann
Deutschland, Portugal und irgendwann
ganz Europa.“ Es ist den Nachfahren
der stolzen Seefahrer zuzutrauen, die
einst mit Schwert und Schild die Welt
erstürmten – heute tun sie es mit
Gitarre, Gesang, Drums und Bass.
Kai Hockenjos
Info
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: www.fe
19.07. – Open dup74rocks.com
Air, SAK Was
26.07. – Op
en Air, Schla serwerk Lörrach
chthof Lahr
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MUSIK REZIS
Ekkelins Knecht
Pit Baumgartner
Honeyroot
Rapkalibur u. a.
Tales Of Trust
The sun will come
KING OV KINGZ REKORZ
PHAZZ-A-DELIC
JUST MUSIC/EDEL MUSIC
Inspirierende Zeitreise
Märchenhaft
Entspannend
Im Frühjahr fand auf deutschen Kinoleinwänden mit dem Start des Ritterfilms „Ekkelins Knecht“ die Wiederauferstehung eines totgeglaubten
Genres statt. Mit einfachen Mitteln
und einem schmalen Budget schafften
es die Regisseure Peter Klewitz und
Reinhard Kungel, das Zeitkolorit des
14. Jahrhunderts und die Geschichte
um Ekkelin Geyling, den es tatsächlich gab, lebendig werden zu lassen.
Beim Dreh mit dabei war Sascha „Psycomatic“ Hummel, Chef des Indie-Labels King Ov Kingz Rekorz, der eine
Rolle als Henker spielte, und mit dabei
war Maskenbildnerin Tanja „Loressa“
Wehrle, die auch als Sängerin an Saschas Produktionen beteiligt ist.
Der vielseitige Musiker war so sehr
von seinem Filmerlebnis angetan, dass
er beschloss, ein thematisch zur Ritterstory passendes Album zu stricken und
dazu bekam er illustre Unterstützung
aus der Mittelalter-Musikszene. Colin
Wilkie, die Folklegende, spendete ein
Lied, Genregrößen wie Van Langen,
Faun und Schandmaul ließen sich nicht
lange bitten, und Sascha Hummel, hier
als Rapkalibur, trug mit seinen eigenen Stücken zum Gelingen einer ganz
erstaunlichen, genreübergreifenden
Platte bei. „Ekkelins Knecht“ ist ein
besonderes Hörerlebnis, nicht nur für
diejenigen, die ein Faible für Rittergeschichten haben.
„Das ist kein De-Phazz-Album“ prangert die CD-Hülle auffällig rot in großen Lettern an, so, als möge man meinen, dies sei der Albumtitel. Ist er
aber nicht und die Platte also auch
kein neues Album der Erfolgscombo
De-Phazz („Mambo Grace“). Irgendwie dann aber doch, denn „Tales Of
Trust“ ist die Solo-Scheibe von DePhazz-Produzent und Mastermind Pit
Baumgartner. 50 Jahre jung wird der
Tontüftler aus Heidelberg in diesem
Jahr und mit „Tales Of Trust“ macht er
sich und uns das schönste Geschenk.
Ungemein geschmeidig bastelt Baumgartner seine Stücke zusammen, breitet harmonische Tonteppiche aus,
die so lauschig und leger sind, dass
Lauscherin und Lauscher diese nur
widerwillig wieder verlassen möchten. Müssen sie ja auch nicht, auf
„Tales Of Trust“ finden sich 19 wunderbare Tracks, die sich auf Samtpfoten anschleichen und schnurrend im
Ohr verweilen.
Mit nahezu märchenhaftem Vertrauen in sein fabelhaftes Geschick versteht es Baumgartner, heterogene
Samples aus Jazz, Motown, Lounge,
Latin, Soul, Funk und Easy-Listening
zu einem homogenen ambienten Ganzen zu verflechten – dem unvergleichlichen Baumgartner-Sound eben, wo
jedes Stück zur klangvollen Lautmalerei wird.
Die Achtzigerjahre werden in Partyreihen und auf Radiosendern raufund runtergenudelt und so manche
auf Tonträger gepresste Reminiszenz
an jene Zeit macht nicht wirklich
Freude. Gut, dass es noch damalige
Größen gibt, die sich nicht damit begnügen, ihr musikalisches Können
nur zu verwalten. Die es vielmehr
fertig bringen, den Spirit der 80er
nicht nur ins Heute zu retten, sondern
weiterzuentwickeln. Hört sich sehr
theoretisch an, klingt aber praktisch
wirklich entspannend, sehr gefühlvoll, richtig abwechlsungsreich.
Glenn Gregory und Keith Lowndes
stecken hinter „Honeyroot“ und
wenn man weiß, dass ersterer als
Frontsänger von Heaven 17 erfolgreich am Sound jener Jahre mitbastelte und letzterer sich bei ABC und
als DJ einen Namen machte, dann
braucht man sich über die Qualität
dieser sommerlichen Scheibe nicht
mehr so zu wundern. Sondern darf
sich über den Abwechslungsreichtum
der elf Stücke freuen, über tolle Frauenstimmen, über potentielle Clubhymnen, über die gelungene Umsetzung des Wunsches, ihren Hörern
etwas von der verträumten Sommersonnestrandatmosphäre zu vermitteln, der die beiden Herren wohl
selbst reichlich frönen. Sehr chillig
das, und so überhaupt nicht eintönig.
Georg Giesebrecht
Kai Hockenjos
Georg Giesebrecht
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21.07.2008
13:14 Uhr
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MUSIK QULT
QULT – FREIBURGER HIP-HOPPER
WOLLEN DEN RAP REVOLUTIONIEREN
Nach Meinung der Freiburger Rapper JenZen Q und JayJay krankt die
deutsche Rap-Szene. Die beiden planen daher unter dem Namen Qult
den Aufstand mit geballten Beats,
neuer Technik und aussagekräftigen
Texten - zu finden auf ihrem kürzlich
veröffentlichtem Debütalbum „Revolution“. chilli-Autor Kai Hockenjos
hat sich mit den Rap-Revoluzzern unterhalten.
chilli: Kürzlich erschien euer Debütalbum „Revolution“ – damit wollt ihr
den Rap aus den Angeln heben – warum?
JayJay: Ich persönlich finde es schade, wie sich die HipHop-Kultur, gerade in Deutschland, entwickelt hat.
Heute geht es nur noch um das Geschäft, um ein Image. Der musikalische Aspekt tritt dabei total in den
Hintergrund. Dazu kommen immer
wieder Rapper an die Spitze, die eigentlich lieber ihre Finger vom Mikro
lassen sollten.
JenZen Q (lacht): Stimmt genau! Viele meinen, dass sie die großen Stars
wären, nur weil sie 2000 Klicks auf
myspace haben und „Ich fick deine
Mutter“ ins Mikro schreien. Das sind
toys*,
die uns Rappern einen
schlechten Ruf bescheren und daher
lyrisch weggebattlet* müssen. Ernsthaft, wir wollen etwas verändern.
Die Leute sollen wieder begreifen,
dass Rap ein Teil der Hip-Hop-Kultur
ist. Stell dir einmal vor, dass die vier
Elemente, also DJing*, Graffiti,
Breakdance und Rap, wieder zusammenfinden. Da würde in der Republik
wieder viel mehr gehen - mehr Partys, mehr Auftrittsmöglichkeiten,
mehr Inhalte, mehr Fans.
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chilli: Auf Revolution rappt ihr über
vermeintliche staatlicher Tyrannei,
Deutschland halte Euch gefangen ...
woran krankt eurer Meinung nach
das System?
JenZen Q: Die falschen Werte werden vermittelt. Meiner Meinung
nach muss ein Politiker ein guter
Mensch sein, zu dem alle aufschauen
können. Wenn Korruption geduldet
wird und die Reichen die Armen bescheissen, dann krankt das System.
Wenn dann noch harmlose Kiffer per
Streife abgeführt werden und so in
die Kriminalität getrieben werden,
Amokläufe nur zu Diskussionen über
Computerspiele anregen und deine
Mutter für 50 Cent Gammelfleisch im
Supermarkt kauft, während der Regenwald abgeholzt wird und Kinder
verhungern, dann stimmt irgendetwas nicht.
chilli: Habt ihr denn Gegenentwürfe?
JayJay: Wir leben unsere Ideale, auch
wenn das nicht immer leicht ist. Wir
meckern nicht nur, sondern wir lassen auch Taten folgen. Das Schulsystem sollte auch verbessert werden.
Du wirst in unserem Land zu einem
Kopfmenschen erzogen, der gute
Noten erhält, wenn er alles schön
nachplappert. Was ist mit Musik,
Kunst, Philosophie und Sport? Warum finden immer mehr Jugendliche
kein anderes Ventil mehr als Gewalt
oder Drogen?
JenZen Q: Ich wäre für mehr direkte
Demokratie und strenge Bestrafung
von Korruption und miesen Geldgeschäften. Ich werde unsagbar wütend, wenn ich höre, dass ein Manager sein Unternehmen abzockt und
dafür noch eine Abfindung im sechsstelligen Bereich erhält. Das Gleiche
gilt für Politiker! Außerdem soll der
Mensch nicht nach seinem Einkommen beurteilt werden. Hier schaut
dich keiner zweimal an, wenn du so
klein bist.
chilli: JenZen Q, du hast in Heidelberg studiert, mit ToniL, Torch, oder
den Stieber Twins Ausgangsort des
deutschen Hip-Hop. Weshalb bist du
nach Freiburg zurück, wo Rapper
eher in der Diaspora leben?
JenZen Q: Hier gibt es die schönsten
Frauen und die besten Freunde. Ich
liebe diese Stadt. Ich will Freiburg
endlich nach oben bringen! Es gibt
so viele talentierte Leute hier. Ich
wünsche mir, dass eines Tages ganz
Deutschland hierher schaut.
chilli: Viel Glück dafür und besten
Dank für das Gespräch.
*Hip-Hop-Jargon:
Toy (engl.):
Spielzeug, abwertend verwendet für
unbegabte Rapper oder GraffitiSprüher
Battle (engl.):
Schlacht, musikalisches Kräftemessen zwischen zwei Gegnern.
DJing (engl.):
Auflegen, die Kunst des Musik-Auflegens.
Info:
www.qultrap.de/
www.myspace.com/JenZenQ
LIVE:
31.August, 20 Uhr,
Straßenmusikfestival Bräunlingen
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Isolation
On the Strength of all Convinced
Fear My Thoughts
Daphne Loves Derby
CENTURY MEDIA RECORDS
EYEBALL/CARGO
Der Sounddreck zur
Razzia
Titel: „Türkischer Mohn“ u.a.
Interpreten: Ingo Horn u.a.
Die Geschmackspolizei Freiburg ist im Nachtleben der
Stadt nicht mehr allein. Weitere
Einheiten der Polizei tauchen in das
Nachtleben ein. Unlängst wurden ganze
Heerscharen von Kollegen in einem
innerstädtischen Sceneclub freudig
begrüßt. Es wurde für viele Gäste eine lange
Nacht – und das dann ganz ohne Pillen.
Keine Furcht vor Neuem
Charmanter Dreier
Neues Album, neuer Sänger, neuer
Sound. Was die ursprünglich aus
Rheinfelden stammende Freiburger
Band im eigenen Studio aufgenommen hat, bringt Veränderungen mit
sich, die bei Fans sicherlich zu Diskussionen führen werden. Zum einen gibt es mit Martin Fischer einen
neuen Leadsänger, zum anderen
merkt man, wie sich die Jungs technisch und musikalisch weiterentwickelt haben. „Isolation“ klingt zunächst gewöhnungsbedürftig, doch
dann fällt die Vielschichtigkeit auf.
Mal hart, schnell und aggressiv,
dann wieder brillant gespielte melodische Parts. Diese Abwechslung
macht die Platte zu dem, was sie ist,
eine rockende Scheibe, bei der man
mit jedem Durchhören Neues entdecken kann.
Nicht zuletzt auf technisch starken
Stücken wie „The Hunted“ oder
„Through the Eyes of God“ beweisen die Jungs, dass sie mit ihrem
mittlerweile sechsten Release ihren
ganz eigenen Stil gefunden haben.
Das wohl einzigartige Prädikat für
diese Platte ist aber, dass beim
mehrmaligen Durchhören nicht einmal ein „Mach den Mist aus!“ aus
dem Nachbarzimmer schallt, wie es
eigentlich bei Metalplatten üblich
ist. Das CD-Releasekonzert findet
am 19. Juli im Crash mit Support von
„Lower Shell & The Killertunes“
statt.
Andreas Aschenbrenner
Die drei Jungs aus dem immer wieder für musikalische Überraschungen sorgenden Staate Washington
spielten zu Beginn ihrer bescheidenen Bandkarriere einige Shows in ihrer Heimatstadt Kent und verlegten
sich dann darauf, ihre Musik via Internet zu präsentieren. Dort brachten sie es innerhalb kürzester Zeit zu
einiger Berühmtheit, und als die
Downloads die Millionengrenze
überschritten hatten, wurden auch
die ersten Label-Scouts auf das charmante Trio aufmerksam. Das Ergebnis liegt nun vor, ein abwechslungsreiches Indie-Debütalbum, das den
Bogen von der einfühlsamen Ballade
bis zu vorwärtstreibenden Hardrock-Nummern spannt.
„Will my life be long enough to see
the things I want to see“, fragt sich
Sänger Kenny Choi, der gleichzeitig
mit seinem Projekt Wolftron auf Solopfaden wandelt. Auch dort entpuppt er sich auf „Flesh & Ears“ als
vielversprechender Songwriter, insofern kann Entwarnung gegeben
werden, was die Sorgen des Jungen
anbelangt. Den ersten Schritt raus
aus der Cyber-Musikwelt und rauf
auf die Bühnen außerhalb von Kent,
Washington, haben er und seine Mitstreiter Jason Call und Stuart Clay gewagt. Kenny Choi wird noch viel zu
sehen bekommen und wir hoffentlich
noch viel von ihm zu hören.
Georg Giesebrecht
Für die Geschmackspolizei Grund genug, mal bei den Kollegen auf Razzia im
Plattenschrank zu gehen. Was hierbei ans
Tageslicht kam, sind alles andere als die
Taten Kleinkrimineller. Beschlagnahmt
wurden Tonträger wie Günther Thiede:„Ich
bin der Wachtmeister mit der Ziehharmonika“ – noch eines der harmloseren Delikte.
Beachtliche kriminelle Energie birgt der Sampler:„Die Polizei macht Musik“ mit Bands wie
„Inflagranti“ und Stücken wie dem „Polizisten-Boogie“.
Am schlimmsten wiegen Vergehen wie die
des singende Kommissars Ingo Horn: Auf
dem Tonträger „Gestatten Horn“ werden
wir musikalisch vor den Gefahren der
Drogen gewarnt:„Türkischer Mohn geblendetes Glück, auch wenn Du willst, es
gibt kein zurück“ Im Begleitschreiben zur
Platte, verfasst vom Landeskriminalamt Niedersachsen, wird dieses Lied als „beachtenswerter Beitrag zur Prävention und Prophylaxe
(!) der Rauschgiftkriminalität“ gelobhymnet.
Im weiteren Verlauf des Schreibens wird
Horn sogar als „Knuddelbulle“ bezeichnet. Doch wie kommt es dann zu solchen Reimen:„Schneeweiße Flocken,
mit Seelen belohnt, Türkischer
Mohn bringt Dir den Tod“. So weit
so schlecht. Die Strategie „mit Musik
gegen Drogen“ hat noch nie funktioniert; das wäre so wie Radfahren gegen
Doping.
Bleibt anzumerken, dass türkischer
Mohn eine Zierpflanze ist und Razzia
ursprünglich Beutezug bedeutet.
Fette Beute! Danke an die Kollegen.
Wir sehn´ uns in der Asservatenkammer.
Ihre Geschmackspolizei Freiburg
GeschPOM Welteroth, GeschPOM Burgey