FBI bläst zur Terrorjagd

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FBI bläst zur Terrorjagd
Quelle:
, 04.05.2013 / Titel / Seite 1
FBI bläst zur Terrorjagd
US-Bundespolizei setzt die Revolutionärin Assata Shakur auf die Liste der
»meistgesuchten Terroristen«. Die 65jährige genießt seit Jahrzehnten Asyl auf
Kuba
Von Volker Hermsdorf
Assata Shakur hat gut Lachen: In Kuba lebt sie trotz des FBI-Steckbriefs in Sicherheit
Foto: www.assatashakur.org
Das FBI hat die US-amerikanische Revolutionärin Assata Shakur am Donnerstag
(Ortszeit) als erste Frau auf die Liste der meistgesuchten Terroristen gesetzt und –
gemeinsam mit der Staatspolizei von New Jersey – ein Kopfgeld von insgesamt zwei
Millionen US-Dollar auf ihre Ergreifung ausgesetzt. Sie ist damit eine von nur zwei
US-Staatsangehörigen auf der FBI-Liste der »Most Wanted Terrorists«.
Der Gesuchten, die 1947 als Joanne Chesimard in New York geboren wurde und die
seit 1984 politisches Asyl in Kuba genießt, wird die Beteiligung an einer Schießerei
am 2. Mai 1973 vorgeworfen, bei der ein Polizist und ein Mitglied der »Black Panther
Party« getötet worden waren. 1977 war sie deshalb wegen Mordes zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, obwohl ihre Verteidigung nachweisen
konnte, daß sie während des Gefechts keine Waffe abgefeuert hatte. 1979 gelang ihr
die Flucht aus dem Hochsicherheitsgefängnis Hunterdon County. Nach einigen
Jahren im Untergrund gelangte sie 1984 schließlich nach Kuba, wo ihr politisches
Asyl gewährt wurde.
Nachdem er Shakur 1987 in Kuba interviewt hatte, erklärte der bekannte
Strafverteidiger
und
Fernsehkommentator
Ron
Kuby
gegenüber
der
Nachrichtenagentur Reuters, sie sei das »Opfer eines Fehlurteils« geworden. 1998
machte die gläubige Katholikin in einem Brief den damaligen Papst Johannes Paul II.
auf den wachsenden Rassismus und die zunehmende Unterdrückung der Farbigen
in den USA aufmerksam und schrieb: »Wenn der Kampf gegen kapitalistische
Ausbeutung, rassistische Polizeieinsätze, Sexismus und politische Unterdrückung ein
Verbrechen ist, dann bin ich schuldig.«
Offizieller Grund, warum das FBI eine Frau, deren Aufenthaltsort der ganzen Welt
bekannt ist, nach Jahrzehnten zur meistgesuchten – also gefährlichsten – Terroristin
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erklärt, ist der 40. Jahrestag des »kaltblütigen Mordes an einem Beamten der New
Jersey State Police«. Die Huffington Post zitierte am gestrigen Freitag zudem einen
FBI-Sprecher mit dem Vorwurf, Assata Shakur verbreite »weiterhin ihre radikale
Ansicht gegen die US-Regierung«.
Tatsächlich zielt die Aktion der US-Behörden aber offenbar nicht in erster Linie auf
die heute 65jährige, sondern soll Kuba unter Druck setzen. Nur zwei Tage vor der
Erklärung des FBI hatte die US-Administration die sozialistische Insel erneut auf ihre
Liste der Staaten gesetzt, die »den Terrorismus unterstützen«. Doch angesichts der
weltweit gelobten Rolle Havannas bei den Friedensverhandlungen zwischen der
Guerilla und der Regierung Kolumbiens waren die USA unter Rechtfertigungsdruck
geraten. Auch die Tatsache, daß bekannte Terroristen wie Luis Posada Carriles
unbehelligt in den USA leben, bringt die offiziellen Stellen zunehmend in
Erklärungsnot. Laut Unterlagen des FBI war Posada immerhin verantwortlich für das
Bombenattentat auf ein kubanisches Verkehrsflugzeug im Oktober 1976, bei dem 73
Menschen getötet worden waren.
Die verschärfte US-Kampagne gegen Kuba steht offenbar auch im Zusammenhang
mit den für Ende Mai geplanten weltweiten Aktionstagen für die Freiheit der fünf in
den USA verurteilten und festgehaltenen Kubaner, die antikommunistische
Terrorgruppen in Miami unterwandert hatten, um Anschläge in ihrer Heimat zu
verhindern. Das Internationale Komitee für die Freiheit der »Cuban Five« will vom 30.
Mai bis 6. Juni in Washington auf deren Lage aufmerksam machen.