Verjährung von Kindesunterhalt

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Verjährung von Kindesunterhalt
FORUM FÜR FACHFRAGEN
U 3.030 Ht/Gz
08.04.2014
TG-1019
DIJuF-Themengutachten
Redaktion Petra Birnstengel
Verjährung von Kindesunterhalt
– Häufig gestellte Fragen und die Antworten dazu –
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Inhalt
1
Was bedeutet Verjährung im Rechtssinne? ......................................................... 3
2
Wie lange dauert die regelmäßige Verjährungsfrist für
Unterhaltsansprüche? ............................................................................................. 3
3
Wann beginnt die Verjährungsfrist? ...................................................................... 3
4
Für welche Unterhaltsansprüche gilt eine längere Verjährungsfrist?................. 3
5
Können sich Eltern bei Fristablauf ohne Weiteres auf die Verjährung von
Kindesunterhalt berufen? ....................................................................................... 4
6
Seit wann gilt die Hemmung bis zum 21. Lebensjahr des Kindes? .................... 5
7
Kommt die Hemmung der Verjährung auch einem Rechtsnachfolger
zugute? .................................................................................................................... 5
8
Tritt die Hemmung der Verjährung bei Rückabtretung der
Unterhaltsforderung vom Sozialleistungsträger auf das Kind wieder ein? ........ 6
9
Wie kann ein Rechtsnachfolger den Eintritt der Verjährung verhindern? ......... 8
9.1 Hemmung der Verjährung.................................................................................................... 8
9.2 Neubeginn der Verjährung .................................................................................................. 8
10 Wird vor einer Titelumschreibung geprüft, ob die Forderung verjährt ist? ........ 9
Literatur: ........................................................................................................................ 10
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Was bedeutet Verjährung im Rechtssinne?
Nach Ablauf einer gesetzlich bestimmten Verjährungsfrist kann der Schuldner die Leistung verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB).
Der Fristablauf lässt somit den Bestand der Forderung unberührt. Eine in Unkenntnis der
Verjährung bereits erfüllungshalber erbrachte Leistung kann nicht wegen fehlenden
Rechtsgrundes zurückgefordert werden (§ 214 Abs. 2 BGB). Auch kann unter bestimmten Voraussetzungen mit einer verjährten Forderung aufgerechnet oder ihretwegen ein
Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden (§ 215 BGB). Jedoch verhindert die
Erhebung der Einrede der Verjährung, dass die verjährte Forderung in einem gerichtlichen Verfahren durchgesetzt oder wegen ihr vollstreckt werden kann. Im gerichtlichen
Verfahren ist die Verjährung nicht von Amts wegen zu beachten, sondern nur dann,
wenn der Schuldner sich ausdrücklich darauf beruft.
2
Wie lange dauert die regelmäßige Verjährungsfrist für Unterhaltsansprüche?
Grundsätzlich verjähren Unterhaltsansprüche mit Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB nach drei Jahren (§ 197 Abs. 2 BGB).
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Wann beginnt die Verjährungsfrist?
Die Frist beginnt jeweils am Jahresende (§ 199 Abs. 1 BGB). Ein im Jahr 2011 fällig gewordener Unterhaltsanspruch verjährt deshalb mit Ablauf des 31.12.2014. Das gilt unabhängig davon, ob der Unterhaltsanspruch vor seiner Fälligkeit tituliert wurde oder nicht.
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Für welche Unterhaltsansprüche gilt eine längere Verjährungsfrist?
Eine Ausnahme gilt für Unterhaltsansprüche, die bereits fällig waren, als ein Titel hierfür
geschaffen wurde. Diese schon als Rückstände titulierten Forderungen verjähren nach
§ 197 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 BGB erst nach 30 Jahren, wobei die Frist mit der Schaffung
des Titels beginnt; bei gerichtlichen Entscheidungen kommt es auf deren Rechtskraft
an, bei Urkunden auf den Tag der Niederschrift (§ 201 S. 1 BGB).
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Beispiel (ohne Berücksichtigung einer Verjährungshemmung; vgl Ziff. 5)
Am 01.09.2011 verpflichtetet sich ein Schuldner durch vollstreckbare Urkunde, dem Kind
zu diesem Zeitpunkt bereits fällige Rückstände iHv 2.400 EUR zu bezahlen, im Übrigen
laufend den Mindestunterhalt.
Die Rückstandsforderung verjährt mit Ablauf des 31.08.2041, der laufende Unterhalt aus
2011 mit dem Ende des Jahres 2014.
Zur Klarstellung sei nochmals betont:
Für die Frage, ob Unterhaltsansprüche nach dieser Vorschrift einer 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen, kommt es auf die Titelerrichtung an. Nach diesem Zeitpunkt fällig
gewordene Unterhaltsansprüche sind stets nach § 197 Abs. 2 BGB zu behandeln und
verjähren in drei Jahren.
Das gilt auch dann, wenn der Titel später umgeschrieben wird. Denn die Umschreibung
ist lediglich die Erteilung einer Vollstreckungsklausel an den Rechtsnachfolger. Sie ändert aber nichts an der rechtlichen Substanz der titulierten Forderung. Bezieht sich der
Titel auf nach seiner Errichtung fällig werdende Unterhaltsleistungen iSv § 197 Abs. 2
BGB, werden diese nicht allein dadurch „zu rechtskräftig festgestellten Ansprüchen“
nach Absatz 1 Nr. 3, dass nunmehr eine Rechtsnachfolge geltend gemacht wird.
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Können sich Eltern bei Fristablauf ohne Weiteres auf die Verjährung von Kindesunterhalt berufen?
Für Kinder im Verhältnis zu ihren Eltern gilt die Sondervorschrift des § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a
BGB. Danach ist die Verjährung von wechselseitigen Ansprüchen bis zur Vollendung des
21. Lebensjahres des Kindes gehemmt.
Eine Hemmung der Verjährung bedeutet, dass die Frist nicht läuft, solange das Hindernis
besteht. Sie beginnt zu laufen, sobald das Hindernis wegfällt (§ 209 BGB).
Die Verjährung von Kindesunterhalt beginnt somit erst mit der Vollendung des
21. Lebensjahres zu laufen.
Zu beachten ist, dass die Hemmung taggenau endet, wenn der Hemmungstatbestand
entfällt. Mit dem 21. Geburtstag des Kindes setzt der Lauf der Verjährungsfrist ein (vgl
§ 209 BGB). Es wäre falsch, insoweit auf das Ende des entsprechenden Jahres abzustellen. Nach dem Wegfall des Hemmungsgrundes läuft die Verjährungsfrist also auch
dann sofort weiter bzw an, wenn für ihren Beginn gem. § 199 Abs. 1 BGB das Jahresen-
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de maßgebend ist (RG 08.06.1928, III 426/27 = RGZ 120, 355, 362; BeckOK/Henrich 2011,
§ 209 BGB Rn 2; MüKo/Grothe 2012, § 209 BGB Rn 4).
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Seit wann gilt die Hemmung bis zum 21. Lebensjahr des Kindes?
Die Ausdehnung der Hemmung auf die Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes
wurde erst mit Wirkung vom 01.01.2010 eingeführt, nämlich durch Änderung von § 207
Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB (BGBl I 2009, 3142).
Vorher war die Verjährung nur bis zum Eintritt der Volljährigkeit gehemmt.
Für die „Übergangsfälle“ ist zu beachten:
Wurde ein Kind zB am 16.07.1989 geboren und demgemäß am 16.07.2007 volljährig,
endete die Hemmung zunächst mit diesem Datum und begann die Verjährungsfrist zu
laufen. Im Normalfall – ohne die Gesetzesänderung – wäre sie mit Ablauf des 15.07.2010
beendet gewesen.
Hier ist aber die Gesetzesänderung betreffend die Ausdehnung der Hemmung auf die
Vollendung des 21. Lebensjahres zu einem Zeitpunkt eingetreten, als die Verjährungsfrist
noch nicht abgelaufen war. Damit greift im Unterhaltsverhältnis des jungen Volljährigen
zu dem Schuldner die Vorschrift in ihrer jetzigen Fassung ein und schiebt den Beginn der
Hemmung der Verjährung hinaus auf die Vollendung des 21. Lebensjahres, also den
16.07.2010.
Anders wäre dies nur gewesen, wenn der Unterhaltsberechtigte vor dem Jahr 1989 geboren worden wäre. Denn dann hätte er sein 21. Lebensjahr spätestens im Jahr 2009
vollendet, also vor Eintritt der Gesetzesänderung bezüglich der Hemmung der Verjährung.
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Kommt die Hemmung der Verjährung auch einem Rechtsnachfolger zugute?
Der Grund für die Hemmung der Verjährung ist: Kinder wie Eltern sollen nicht allein
durch einen drohenden Ablauf der Verjährungsfrist gezwungen sein, Ansprüche gerichtlich gegeneinander geltend zu machen. Dieses „Pietäts“-Argument entfällt aber, wenn
der Unterhaltsanspruch des Kindes gesetzlich auf einen Rechtsnachfolger übergeht
(BGH 23.08.2006, XII ZR 26/04, Rn 14 = JAmt 2007, 109 = NJW 2006, 3561 und 25.01.2012,
XII ZB 461/11, Rn 20 = FamRZ 2012, 627 = NJW-RR 2012, 579; OLG Düsseldorf 27.11.1980,
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4 UF 94/80 = FamRZ 1981, 308; OLG Brandenburg 17.05.2001, 9 WF 76/01 = NJW-RR 2002,
362; MüKo/Grothe 2012, § 207 BGB mwN in Fn 11).
Die Hemmung der Verjährung nach § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a BGB kommt folglich dann
nicht in Betracht, wenn die Unterhaltsforderungen auf einen Rechtsnachfolger übergegangen sind.
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Tritt die Hemmung der Verjährung bei Rückabtretung der Unterhaltsforderung vom Sozialleistungsträger auf das Kind wieder
ein?
Wird die Unterhaltsforderung wieder zB vom Land oder Sozialhilfeträger an das Kind zur
Geltendmachung
zurückübertragen,
beginnt
die
Hemmung
von
Neuem
(Pa-
landt/Ellenberger 2014, § 207 BGB Rn 1 und MüKo/Grothe 2012, § 207 BGB Rn 2, jeweils
unter Hinw. auf AG Hamburg = DAVorm 1973, 622; Staudinger/Peters/Jacoby 2009,
§ 207 BGB Rn 6; BeckOK/Henrich 2013, § 207 BGB Rn 1; Erman/Schmidt-Räntsch 2011,
§ 207 BGB Rn 4; NK/Mansel/Budzikiewicz 2012, § 207 BGB Rn 19 mwN). Denn in diesem
Fall wird das Kind erneut Gläubiger der zunächst gesetzlich übergegangenen Unterhaltsansprüche. Es ist befugt, diese im eigenen Namen – wenngleich im wirtschaftlichen
Interesse des Trägers – gegenüber dem Schuldner geltend zu machen.
Die Hemmung der Verjährung gem. § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a BGB wirkt sich hierbei indirekt auch zugunsten des Sozialleistungsträgers aus, weil diese Rechtsfolge auch für die
rückübertragenen Forderungen gilt.
Dies hat allerdings das OLG Oldenburg (OLG Oldenburg 29.11.2012, 13 UF 77/12 = JAmt
2013, 114) zu Unrecht anders beurteilt (vgl hierzu die ablehnende Besprechung von Knittel, JAmt 2013, 69). Der Senat setzt sich nicht mit der ganz überwiegenden Auffassung in
der Literatur auseinander, sondern führt für seine abweichende Ansicht lediglich zwei
Fundstellen an (Wendl/Dose/Klinkhammer 2011, § 8 Rn 118 und Rn 274 sowie
Wendl/Dose/Gerhardt 2011, § 6 Rn 151, der aber wiederum nur auf Klinkhammer aaO
verweist).
Die Argumente des OLG Oldenburg können weder rechtssystematisch noch im praktischen Ergebnis überzeugen, wie Knittel (JAmt 2013, 69) eingehend belegt hat.
Die Rückabtretung der Forderung zielt darauf, die gesetzliche Rechtsnachfolge aufzuheben und das Kind – mit dem Ziel der fremdnützigen Einziehung der betreffenden Unterhaltsforderungen – wieder zum Vollrechtsinhaber werden zu lassen. Deshalb kann
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nicht behauptet werden, sie mache „aber den einmal eingetretenen gesetzlichen Forderungsübergang nicht ungeschehen“. Der Schutzzweck des § 207 BGB besteht wie
oben dargelegt darin, dem Kind allein wegen drohender Verjährung nötige Rechtsverfolgungsmaßnahmen mit Rücksicht auf den Familienfrieden zu ersparen. Er ist rein auf
die Person – des Kindes im Verhältnis zum Elternteil – bezogen und besteht unabhängig
von der Art der Forderung. Die Tatsache, dass das Kind als Vollrechtsinhaber der rückerworbenen Forderung im Innenverhältnis kraft Auftrags verpflichtet ist, eingezogene
Beträge an den Sozialleistungsträger als Partner der Treuhandvereinbarung abzuführen,
ändert hieran nichts.
Folgt man der zutreffenden hM müssen nicht etwa im Namen des Kindes Titulierungen
oder Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden, nur um eine drohende Verjährung
zu verhindern. Nach der Gegenmeinung, welche die Hemmung der Verjährung ausschließen will, wird der gesetzliche Vertreter des Kindes dazu gezwungen, auch wenn
der Schuldner derzeit „recht und schlecht“ seinen aktuellen Zahlungsverpflichtungen
nachkommt. Würde man der Auslegung des OLG Oldenburg folgen, erschwert dies die
Unterhaltseinziehung: Der Beistand muss stetig im Blick behalten, ob Rückstände, die
wirtschaftlich dem Sozialleistungsträger zustehen, demnächst verjähren könnten, weil
die dreijährige Regelfrist abzulaufen droht. Ist das der Fall, muss er ggf allein deswegen
Vollstreckungsmaßnahmen einleiten, um den Neubeginn der Verjährung nach § 212
Abs. 1 Nr. 2 BGB zu bewirken. Wozu sollen diese aber dienen, wenn der Schuldner – der
womöglich noch andere gleichrangige Kinder zu alimentieren hat – im Wege der freiwilligen Zahlung gegenwärtig nicht einmal oder vielleicht gerade jeweils den laufenden
Unterhalt aufbringen kann?
Bei fehlender Rückübertragung verbleiben hingegen die zB gem. § 7 Abs. 1 UVG übergegangenen Forderungen dem Land. Nur dieses kann Zahlungen anfordern und wirksam entgegennehmen. Insoweit gilt die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB ohne
die spezielle Hemmung nach § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a BGB.
Fraglich ist, ob die Hemmung auch dann wieder eintritt, wenn die Ansprüche vor Rückabtretung bereits verjährt sind. Die Frage ist, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung
noch nicht entschieden worden. An sich läge es vordergründig nahe, wie auch bei
sonstigen Fristabläufen, den Ablauf der Verjährungsfrist als endgültig anzusehen und in
diesem speziellen Fall kein Wiederaufleben der Hemmung nach der Rückabtretung anzunehmen. Da der Ablauf der Verjährungsfrist aber die Forderung nicht zum Erlöschen
bringt, sondern dem Schuldner nur ein Leistungsverweigerungsrecht iSv § 214 Abs. 1 BGB
einräumt, ist jedenfalls keine Parallele zu einer strikten Ausschlussfrist gegeben. Daher
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spricht einiges für folgende Auslegung: Für die Frage, ob der Schuldner die Leistung
verweigern kann, kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die Forderung gegen ihn geltend gemacht wird. Ist im Verhältnis zu dem dann maßgebenden Gläubiger die Verjährung gehemmt, umfasst das auch Zeiträume, in denen für einen Rechtsvorgänger die
Verjährung bereits eingetreten war.
Wir halten einen derartigen Begründungsansatz zumindest für vertretbar; jedoch ist
nochmals zu betonen, dass hierfür bisher keine Belegstellen aus Rechtsprechung oder
Literatur angeführt werden können.
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Wie kann ein Rechtsnachfolger den Eintritt der Verjährung verhindern?
9.1 Hemmung der Verjährung
Eine Hemmung der Verjährung kann durch bestimmte Maßnahmen der Rechtsverfolgung erreicht werden (§ 204 Abs. 1 BGB). Als solche kommen nach Nr. 1 bis 3 der Vorschrift für Unterhaltsgläubiger insbesondere in Betracht:
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls
im
Europäischen
Mahnverfahren
nach
der
Verordnung
(EG)
Nr. 1896/2006 (ABl EU Nr. L 399 v. 30.12.2006, 1).
Die Hemmung endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens (§ 204 Abs. 2 BGB). Gerät das
Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle
der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut,
wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
9.2 Neubeginn der Verjährung
Ein Neubeginn der Verjährung (früher „Unterbrechung") wird durch folgende Maßnahmen erreicht (§ 212 Abs. 1 BGB):
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wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt
oder
eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.
Ausnahme: Der erneute Beginn der Verjährung gilt in letzterem Fall als nicht eingetreten,
wenn
die Vollstreckungshandlung auf Gläubigerantrag oder wegen Mangels gesetzlicher
Voraussetzungen aufgehoben wird (§ 212 Abs. 2 BGB);
dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung
zurückgenommen wird oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird (§ 212 Abs. 3 BGB).
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Wird vor einer Titelumschreibung geprüft, ob die Forderung verjährt ist?
Die Erhebung der Einrede der Verjährung ist unabhängig von einer Titelumschreibung
auch gegenüber dem Rechtsnachfolger möglich. Vor der Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel kann der Schuldner angehört werden; das ist aber nicht zwingend (§ 730
ZPO).
Im Übrigen prüft das Familiengericht bzw die Urkundsperson beim Jugendamt vor einer
Umschreibung nur, ob die Voraussetzungen nach § 727 Abs. 1 ZPO vorliegen. Nicht geprüft wird, ob die titulierte Forderung materiell-rechtlich besteht oder ob ggf Einwendungen oder Einreden hiergegen erhoben werden können.
Die Titelumschreibung ist nicht etwa davon abhängig, dass die Forderung auch materiell-rechtlich – noch – besteht, also nicht zB durch Erfüllung oder Erlass erloschen ist (vgl
BGH 04.10.2005, VII ZB 54/05 = NJW-RR 2006, 567; 16.04.2009, VII ZB 62/08 = NJW 2009,
1887; OLG Oldenburg 29.01.1990, 3 WF 10/89 = FamRZ 1990, 899). Die entsprechende
Einwendung muss der Schuldner ggf im Wege der Vollstreckungsgegenklage vorbringen, wenn der Rechtsnachfolger aus dem umgeschriebenen Titel vollstrecken sollte (vgl
OLG Düsseldorf 29.10.1976, 3 W 197/76 = Rpfleger 1977, 67; OLG München 23.01.1990,
2 WF 1318/89 = FamRZ 1990, 653; Knittel 2013, Rn 598 ff). Dasselbe gilt erst recht für die
Einrede der Verjährung; denn ist eine Forderung verjährt, geht sie nicht etwa rechtlich
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unter. Der Schuldner kann lediglich nach Erhebung der entsprechenden Einrede die
Leistung verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB).
Deshalb kann der Rechtsnachfolger in eine Unterhaltsforderung die nunmehr erhobene
Einrede der Verjährung nicht mit dem Einwand unterlaufen, der Schuldner hätte diese
bereits vor der Titelumschreibung geltend machen müssen.
Literatur:
Beck‘scher Online-Kommentar BGB (Online). Bamberger H. G./Roth, H. (Hrsg), Ed. 7,
Stand: 01.05.2013, C. H. Beck, München (zit. BeckOK/Bearbeiter)
Erman (Begr.) (2011). BGB, Grunewald, B./Maier-Reimer, G./Westermann, H. P. (Hrsg),
13. Aufl., Otto Schmidt, Köln (zit. Erman/Bearbeiter)
Knittel, B. (2013). Beurkundungen im Kindschaftsrecht, 7. Aufl., Bundesanzeiger, Köln
Knittel, B. (2013). Kein Wiederaufleben der Verjährungshemmung gem. § 207 BGB bei
treuhänderischer Rückübertragung? – Entscheidungsbesprechung zu OLG Oldenburg vom 28.11.2012, 13 UF 77/12, JAmt 2013, 69-74
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2012). Bd 1, Allgemeiner Teil,
Säcker, F. J./Rixecker, R. (Hrsg), 6. Aufl., C. H. Beck, München (zit. MüKo/Bearbeiter)
Nomos-Kommentar Bürgerliches Gesetzbuch (2012). Allgemeiner Teil. EGBGB, Heidel,
T./Hüßtege, R./Mansel, H. P./Noack, U. (Hrsg), 2. Aufl., Nomos, Baden-Baden (zit.
NK/Bearbeiter)
Palandt, O. (Begr.) (2014). Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl., C. H. Beck, München, (zit.
Palandt/Bearbeiter)
Staudinger, J. v. (Begr.) (2009). Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Buch 1: Allgemeiner Teil 5. §§ 164 – 240, Sellier/de Gruyter, Berlin, (zit. Staudinger/Bearbeiter)
Wendl, P./Dose, H. J. (Hrsg) (2011). Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis.
Handbuch, 8. Aufl., C. H. Beck, München (zit. Wendl/Dose/Bearbeiter)

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