EGW - Jesus als Gott - Kirche der Siebenten-Tags

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EGW - Jesus als Gott - Kirche der Siebenten-Tags
Die Entwicklung des adventistischen Verständnisses
der Dreieinigkeit und der Gottheit Jesu1
Juli 2010
I.
Seit den 1990er Jahren gibt es vermehrt antitrinitarische Aktivitäten innerhalb der
Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten.
A. Der bedeutsame Antitrinitarismus blieb allerdings auf den Rand der Bewegung beschränkt.
B. Es gibt mindestens vier Gründe, warum das Interesse an dem Thema zugenommen hat.
1. Es sind zunehmend mehr Informationen im Internet zu finden.
2. Einige andere adventistische Gruppen, außerhalb der Gemeinde der SiebentenTags-Adventisten, befürworten und vertreten weiterhin eine antitrinitarische
Sichtweise. Dazu gehören die Gemeinde Gottes des siebenten Tages und die
Zeugen Jehovas (ein Abzweig der Advent Christian Church).
3. Einige Adventisten meinen, die Lehre der Dreieinigkeit stammt aus der
katholischen Theologie und muss daher falsch sein. Viele haben nicht erkannt, dass
sich die katholische Dreieinigkeitslehre von der biblischen Lehre der Dreieinigkeit,
wie sie von Siebenten-Tags-Adventisten vertreten wird, unterscheidet. Beispiele
dafür sind die ewige „Generation“ des Sohnes und die göttliche Unempfindlichkeit;
beide Ansichten sind vom griechischen Dualismus beeinflusst.
4. Der wichtigste Punkt ist möglicherweise, dass einige Siebenten-Tags-Adventisten
in den letzten paar Jahrzehnten eine Sicht angenommen haben, von der sie denken,
dass es der frühe, historisch adventistische Glaube ist, oder was man auch als NeoRestaurationismus.
C. Viele Leute haben die dynamische und vom Bibelstudium getriebene Entwicklung der
adventistischen Theologie übersehen. Die Dreieinigkeitslehre ist einzigartig, weil ihre
letztendliche Annahme eher spät in der adventistischen Geschichte geschah (20. Jh.).
II.
Die Milleriten und die Dreieinigkeit
A. William Miller war Baptist und auch Trinitarier. Er schrieb: „Ich glaube an einen
lebendigen und wahren Gott, und dass es drei Personen in der Gottheit gibt. . . . Die drei
Personen des dreieinigen Gottes sind miteinander verbunden.“2
B. Joshua V. Himes, ein enger Mitarbeiter von William Miller, gehörte zur Christian
Connection. Diese christliche Gemeinde lehnte die trinitarische Lehre fast einstimmig als
unbiblisch ab. Himes schrieb: „Es gibt einen lebendigen und wahren Gott, den allmächtigen
Vater, der ohne Ursprung, unabhängig und ewig ist . . . und dass dieser Gott eine geistliche
Intelligenz ist, ein unendlicher Geist, der immer gleich ist und sie niemals ändert.“3
C. Milleritische Adventisten konzentrierten sich auf das baldige Kommen Jesu und sahen es
nicht als wichtig an, über solche Themen wie die Dreieinigkeit zu diskutieren.
III.
Frühe sabbatarische Adventisten neigten dazu, Antitrinitarier zu sein.
A. Sowohl James White als auch Joseph Bates kamen wie Himes aus der Christian
Connection, die die Dreieinigkeit als eine antibiblische, römisch-katholische Lehre
ablehnte.
Diese Ausführungen beruhen auf: Merlin D. Burt, „Demise of Semi-Arianism and Anti-Trinitarianism
in Adventist Theology, 1888-1957“ (Forschungsarbeit, Andrews University, 1996), 68 Seiten.
2
Sylvester Bliss, Memoirs of William Miller, Generally Known as a Lecturer on the Prophecies, and
the Second Coming of Christ (Boston: Joshua V. Himes, 1853), 77-78.
3
Joshua V. Himes, „Christian Connection,“ in Encyclopedia of Religious Knowledge, hrsg. J. Newton
Brown (Brattleboro, VT: Brattleboro Typographic Company, 1838), 363.
1
Seminarmaterial 16 – Seite 2
1. Joseph Bates schrieb über seine Sichtweise: „Bezüglich der Dreieinigkeit kam ich
zu dem Schluss, dass ich unmöglich daran glauben konnte, dass der Herr Jesus
Christus, der Sohn des Vaters, auch gleichzeitig der allmächtige Gott war.“4
2. James White schrieb: „Hier können wir die Dreieinigkeit erwähnen, die die
Persönlichkeit Gottes und seines Sohnes Jesus Christus beseitigt.“5
3. Arthur White, ein Enkelsohn von James White, wandte richtigerweise ein, dass
James White zwar die Lehre der Dreieinigkeit ablehnte, er aber an die drei großen
Mächte im Himmel glaubte.6 Das erste Liederbuch, das James White 1849 erstellte
und herausgab, enthielt die Doxologie „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem
Heiligen Geist.“7
4. Während James White die Dreieinigkeit ablehnte, glaubte er nicht daran, dass
Christus dem Vater unterlegen war. 1877 schrieb er: „Die unerklärliche
Dreieinigkeit, die aus der Gottheit drei in einem und eins in dreien macht, ist schon
schlimm genug, aber die Ultra-Unitarismus, der Christus geringer als den Vater
macht, ist schlimmer.“8
B. 1865 glaubte Uriah Smith, langjähriger Redakteur des Review and Herald, dass Jesus ein
geschaffenes Wesen war. Er war „das erste geschaffene Wesen, dessen Existenz weit vor
irgendein anderes geschaffenes Wesen oder Ding zurückreicht; er war dem selbstexistenten
und ewigen Gott am nächsten.“9 1881 hatte Smith seine Sicht geändert und er kam zu dem
Schluss, dass Jesus “gezeugt” und nicht geschaffen wurde.10
C. Zu den Adventisten, die sich gegen die Dreieinigkeit aussprachen und/oder die ewige
Gottheit Christi ablehnten, gehören u.a.: J. B. Frisbie,11 J. N. Loughborough,12 R. F.
Cottrell,13 J. N. Andrews,14 D. M. Canright,15 and J. H. Waggoner.16 W. A. Spicer erzählte
A. W. Spalding, dass sein Vater, nachdem er Siebenten-Tags-Adventist geworden war
(vorher war er ein Prediger der Siebenten-Tags-Baptisten gewesen), „sich zunehmend so
von der antitrinitarischen Atmosphäre in Battle Creek verletzt fühlte, dass er aufhörte zu
predigen.“17
D. Beim Lesen der Schriften verschiedener Pioniere fällt auf, dass immer wieder bestimmte
Bedenken auftauchen. Bei der Ablehnung der Dreieinigkeit sahen manche die „orthodoxe“
christliche Sicht als einen heidnischen Tritheismus an. Andere meinten, dass die
Dreieinigkeit die Personalität Christi und des Vaters herabsetzte, indem der Unterschied
zwischen ihnen verwischt wurde. Dabei sollte man beachten, dass die frühen Standpunkte
zur Dreieinigkeit und Gottheit Christi zwar fehlerhaft waren, sie aber auch von dem
aufrichtigen Wunsch getrieben waren, bestimmte echte Fehler zu bekämpfen. Trotzdem war
4
Joseph Bates, The Autobiography of Elder Joseph Bates (Battle Creek, MI: Seventh-day Adventist,
1868), 205.
5
James White, „Preach the Word,“ Review and Herald, 11. Dezember 1855, 85.
6
Arthur L. White an Hedy Jemison, 2. Juli 1969.
7
James White, comp., Hymns for God’s Peculiar People, That Keep the Commandments of God, and
the Faith of Jesus (Oswego, NY: Richard Oliphant, 1849), 47.
8
James White, „Christ Equal with God,“ Review and Herald, 29. November 1877, 72.
9
Uriah Smith, Thoughts, Critical and Practical, on the Book of Revelation (Battle Creek, MI: Seventhday Adventist, 1865), 59.
10
Uriah Smith, Thoughts, Critical and Practical, on the Book of Revelation (Battle Creek, MI: Seventhday Adventist, 1881), 74.
11
J. B. Frisbie, „The Seventh Day Sabbath Not Abolished,“ Review and Herald, 7. März 1854, 50.
12
J. N. Loughborough, „Questions for Brother Loughborough,“ Review and Herald, 5. November 1861,
184.
13
R. F. Cottrell, „The Trinity,“ Review and Herald, 7. Juli 1869, 10-11.
14
[J. N. Andrews], „Melchisedec,“ Review and Herald, 7. September 1869, 84.
15
D. M. Canright, „The Personality of God,“ Review and Herald, 29. August 1878, 73-74; 5. September
1878, 81-82; 12. September 1878, 89-90; 19. September 1878, 97.
16
J. H. Waggoner, The Atonement: An Examination of the Remedial System in the Light of Nature and
Revelation (Oakland, CA: Pacific Press, 1884), 164-179.
17
A. W. Spalding an H. C. Lacey, 2. Juni 1947.
Seminarmaterial 16 – Seite 3
es auch so, dass die Aspekte, gegen die sie sich wendeten, nicht von allen amerikanischen
Trinitariern zu vertreten wurden. Frühe Adventisten wollten sich treu an die Schrift halten.
Wenn sie lasen „der Erstgeborene aller Schöpfung,“ dann nahmen sie es wörtlich. Andere
biblische Wendungen wie „der eingeborene Sohn Gottes“ wurden auch auf einer wörtlichen
englischen Ebene verstanden.
E. Während des 19. Jahrhunderts nahm das Verständnis der Gottheit Christi zu. Um 1800
herum verschwand der Gedanke, dass Christus ein geschaffenes Wesen sei, und das
Konzept eines „geborenen“ Sohnes Gottes wurde zur Standardposition. Christus wurde
zusammen mit dem Vater als der Schöpfer beschrieben.
IV.
Änderungen im Verständnis der Gottheit Christi nach 1888
A. Der erste positive Hinweis auf den Begriff „Dreieinigkeit“ in der adventistischen Literatur
war von Samuel Spear, einem Nichtadventisten, in einem Nachdruck eines Artikels aus dem
New Yorker Independent vom 14. November 1889. Er wurde im Jahr 1892 als Nummer 90
in der Serie Bible Students Library veröffentlicht. Der Titel Bible Doctrine of the Trinity
[Die biblische Lehre der Dreieinigkeit] deutete an, dass das Werk der Dreieinigkeitslehre
wohlgewollt gegenüber stand. Beim Lesen des Traktates findet man fast nichts, was
Adventisten des 19. Jahrhunderts anstößig gefunden hätten. Spear brachte starke Gründe
dafür, dass Christus „Gott dem Vater untergeordnet“18 und der Vater Christus
„übergeordnet“ war.19 Spear weigert sich sogar, die ewige Präexistenz Christi zu fordern.
„Die Theorie der ewigen Generation des Sohnes durch den Vater,“ schrieb er, „ist ein
Versuch weise zu sein, nicht nur über das hinaus, was geschrieben steht, sondern auch über
die Möglichkeiten menschlicher Kenntnis hinaus.“20 Spear wendet sich ferner gegen die
Idee des Tritheismus und für separate Persönlichkeiten des Vaters und des Sohnes—beides
wichtige Konzepte in der adventistischen Literatur vor 1892. Mit Ausnahme des Traktates
von Spear hat man in der adventistischen Literatur bis zu diesem Zeitpunkt sorgfältig darauf
geachtet, das Wort „Trinität“ bzw. „Dreieinigkeit“ zu vermeiden.
B. Die Zeit nach der Generalkonferenz von Minneapolis im Jahr 1888 sah eine neue Betonung
Jesu und des Erlösungsplanes. Diese Betonung führte natürlich zu einem Nachdenken über
seine Gottheit und was diese für die Erlösung der Menschheit bedeutete. A. T. Jones gehört
zu den ersten, deren Vokabular darauf hindeutet, dass sie Christus als ewig präexistent
sahen. Ein Studium seiner Aussagen und der Bemerkungen anderer belegt die neue
Sichtweise.
C. A. T. Jones hob in seinen Veröffentlichungen und Predigten wiederholt den Gedanken
hervor, dass in Christus die „ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ war. A. T. Jones betonte
diese Phrase in dem General Conference Bulletin von 1895 und benutzte dabei Kolosser
2,9.
D. Jones beschrieb Christus wahrscheinlich als erster in der adventistischen Literatur (mit der
Ausnahme von Ellen White) als „ewig“. „Das ewige Wort willigte ein zu Fleisch gemacht
zu werden. Gott wurde Mensch.“21 Zwei Tage später sagte Jones über Christus: „Aus der
Sicht der Ewigkeit vorher und der Ewigkeit danach sind 33 Jahre im Grunde genommen
kein unendliches Opfer. Aber wenn wir bedenken, dass er seine Natur bis in alle Ewigkeit
in unsere menschliche Natur hineinsenkte, dann ist das ein Opfer.“22 Diese Aussagen
gehören zu den frühsten, die die ewige Präexistenz Christi zu bekräftigen scheinen.
18
Samuel Spear, The Bible Doctrine of the Trinity, Bible Students Library, Nr. 90 (Oakland CA: Pacific
Press, 1892), 3.
19
Ibid., 4.
20
Ibid., 11-12.
21
A. T. Jones, „The Third Angel’s Message Number 17,“ General Conference Bulletin, 25. Februar
1895, 332.
22
A. T. Jones, „The Third Angel’s Message Number 20,“ General Conference Bulletin, 27. Februar
1895, 382.
Seminarmaterial 16 – Seite 4
E. A. T. Jones vermied es, die Gottheit als „Dreieinigkeit“ zu bezeichnen. Aber 1899 schrieb
er etwas, das einer trinitarischen Aussage sehr nahe kam: „Gott ist einer. Jesus Christus ist
einer. Der Heilige Geist ist einer. Und diese drei sind eins: Es gibt zwischen ihnen weder
einen Widerspruch noch eine Trennung.“23
F. E. J. Waggoner schrieb in seinem Buch Christ and His Righteousness im Jahr 1890: „Es
gab eine Zeit, als Christus aus Gott kam und hervorging, aus dem Schoß des Vaters (Joh
8,42; 1,18), aber diese Zeit liegt so weit in den Tagen der Ewigkeit, dass sie mehr eine
begrenzte Vorstellung praktisch ohne Anfang ist.“24
G. W. W. Prescott schloss sich Waggoner und Jones in der Verkündigung über Christus und
die Gerechtigkeit durch den Glauben an. Zu Beginn nahm er allerdings noch nicht die
Ewigkeit Christi an. Prescott vertrat die traditionelle adventistische Sicht und sagte so:
„Wie Christus zweimal geboren wurde—einmal in der Ewigkeit, der Eingeborene des
Vaters, und ein zweites Mal hier im Fleisch; somit verband er in dieser zweiten Geburt das
Göttliche mit dem Menschlichen.“25 Prescott wurde später zu einem der führenden Vertreter
der ewigen Präexistenz des Sohnes Gottes.
H. 1893 war G. I. Butler, ehemaligen Präsident der Generalkonferenz, kurz davor zu erklären,
dass Jesus genauso ewig wie der Vater sei. Nachdem er zeigte, dass der Gott Israels sich
Mose in der Wüste als der „Ich bin“ zeigte, schrieb er, „Sie [die Worte ‚Ich bin’] scheinen
zu beabsichtigen, auf die Ewigkeit und Selbstexistenz Gottes hinzuweisen.“26 Butler stellt
dann die Frage: „Gehört der Name des Vaters nicht auch dem eingeborenen Sohn des
Vaters, in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt?“27
I. Über die Jahre hindurch hatte sich Uriah Smiths Sicht der göttlichen Natur Christi von
Christus als einem geschaffenen Wesen fast hin zu Christus als jemandem entwickelt,
dessen Existenz der des Vaters völlig gleicht. Im Gegensatz zur Mehrdeutigkeit vieler
anderer adventistischer Schreiber war Smith bereit dazu, seine Ansichten klar zu
formulieren. In Looking Unto Jesus schrieb er: „Gott allein ist ohne Anfang. Zur frühsten
Zeit, als es einen Anfang geben konnte—eine Zeit, die so entfernt ist, dass sie für einen
beschränkten Geist im Prinzip Ewigkeit darstellt—, erschien das Wort.“28
V.
Die zentrale Rolle von Ellen Whites Buch Desire of Ages [Das Leben Jesu] (1898)
A. Manchmal können Ellen Whites Schriften in gegensätzlicher Weise ausgelegt und
missgedeutet werden. Aber in Desire of Ages schrieb Ellen White mit einer solchen Klarheit
über die ewige Gottheit Christi, dass die adventistische Theologie beeinflussen musste. Die
folgenden beiden Aussagen sind wahrscheinlich die deutlichsten zu dem Thema:
„[Christus] hatte behauptet, der Selbstexistente zu sein, der Israel verheißen worden war
und ‚dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.’“ „In Christus ist
Leben, ursprüngliches, nicht geliehenes, nicht abgeleitetes Leben.“29
B. Ellen White schrieb mit großer Klarheit über die göttliche Natur Christi und die
Persönlichkeit des Heiligen Geistes, mehr als jeder andere adventistische Schreiber ihrer
Zeit.
C. Merkwürdigerweise ignorierte die Gemeinde diese Aussagen allgemein auch noch Jahre
nach der Veröffentlichung von Desire of Ages. Es gab weiterhin viele schräge Aussagen,
die kurz davor stehenblieben, eine klare Position einzunehmen. Es gab auch
schlussfolgernde Bemerkungen, die die traditionelle Sicht nahelegten.
A. T. Jones, „Editorial,“ Review and Herald, 10. Januar 1899, 24.
E. J. Waggoner, Christ and His Righteousness (Oakland, CA: Pacific Press, 1890), 21-22.
25
W. W. Prescott, „The Christ for Today,“ Review and Herald, 4. April 1896, 232.
26
G. I. Butler, „Christ the God of Israel,“ Review and Herald, 12. September 1893, 585.
27
Ibid.
28
Uriah Smith, Looking Unto Jesus or Christ in Type and Antitype (Battle Creek, MI: Review and
Herald, 1898), 10.
29
Ellen G. White, The Desire of Ages (Washington, DC: Review and Herald, 1898), 530.
23
24
Seminarmaterial 16 – Seite 5
D. M. L. Andreasen fragte, ob Ellen White einige ihrer Aussagen in Desire of Ages und
anderen Büchern überhaupt selbst geschrieben hatte. Im Jahr 1909 verbrachte Andreasen
rund drei Monate in Elmshaven, Kalifornien. Während seines Aufenthalts dort sprach er mit
Ellen White und begutachtete ihre Schriften in ihrer ursprünglichen handgeschriebenen
Form. Das hatte einen lebenslangen positiven Einfluss auf seine Haltung gegenüber Ellen
White und ihre Schriften, und es überzeugte ihn, so dass er die Dreieinigkeitslehre
annahm.30
E. Ellen White machte vor und nach 1898 viele Aussagen über die göttliche Natur und die
Präexistenz Christi und der Gottheit. Während sie den Begriff „Dreieinigkeit“ nie in ihren
veröffentlichten Schriften benutzte, vermittelte sie doch wiederholt das Konzept. Eine
ausgewählte chronologische Sammlung ihrer frühen Aussagen, beginnend im Jahr 1878,
wird hier aufgeführt:
„Die Unwürdigkeit, Schwäche und Ineffizienz ihrer [der Prediger des Evangeliums] eigenen
Bemühungen mit Gegensatz zu denen des ewigen Sohn Gottes werden sie demütig machen, ihr
Vertrauen in das Ich schwächen und sie dazu führen, sich auf Christus um Kraft und Wirksamkeit in
ihrer Arbeit verlassen.“31
„Diese Aufforderung kommt von dem ewigen Sohn Gottes.“32
„Göttlichkeit, der ewige Sohn Gottes, genauso mächtig, genauso unendlich begabt mit allen
Ressourcen der Macht, und er wurde der Gestalt nach als Mensch erfunden.“33
„Jesus sagte: ‚Ich und mein Vater sind eins.’ Die Worte Christi waren voller tiefer Bedeutung, als er
die Behauptung aufstellte, dass er und der Vater von einer Substanz waren, die gleichen
Eigenschaften besaßen.“34
„Er war Gott gleich, unendlich und allmächtig. . . . Er ist der ewige, selbstexistente Sohn.“35
„Damit der Übertreter eine weitere Chance erhält, damit Menschen in die Gunst Gottes des Vaters
gebracht werden, schaltete sich der ewige Sohn Gottes ein, um die Bestrafung der Übertretung zu
tragen.“36
„Christus ist der präexistente Sohn Gottes. . . Als Christus von seiner Präexistenz redet, führt er die
Gedanken zurück durch endlose Zeiten. Er versichert uns, dass es nie eine Zeit gab, in der er nicht in
enger Verbindung mit dem ewigen Gott war.“37
„Christus war von seinem Wesen her Gott und das im höchsten Sinne. Er war mit Gott von aller
Ewigkeit her, Gott über alles, gesegnet in alle Ewigkeit.“38
„Der Vater ist die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig und für den Blick des Sterblichen unsichtbar.
Der Sohn ist die geoffenbarte Fülle der Gottheit. Das Wort Gottes stellt ihn vor als das „Ebenbild
seines Wesens“. . . . In dem himmlischen Trio sind drei lebende Personen. Im Namen dieser drei
30
M. L. Andreasen, „Testimony of M. L. Andreasen,“ 15. Oktober 1953, 3, Ellen G. White Estate
Branch Office, Berrien Springs, Michigan. Von Vesta Andreasen, Tochter von M. L. Andreasen.
31
Ellen G. White, „An Appeal to Ministers,“ Review and Herald, 8. April 1878, 49.
32
Ellen G. White, „Search the Scriptures, John 5:39,“ Youth's Instructor, 31. August 1887, 165.
33
Ellen G. White an E. J. Waggoner und A. T. Jones, 18. Februar 1887, Brief 37, 1887, EGWE.
34
Ellen G. White, „The True Sheep Respond to the Voice of the Shepherd,“ Signs of the Times, 27.
November 1893, 54.
35
Ellen G. White, „The True High Priest,“ Manuskript 101, 1897, 9.
36
Ellen G. White, „The Truth Revealed in Jesus,“ Review and Herald, 8. Februar 1898, 85.
37
Ellen G. White, „Resistance to Light, No. 3,“ Signs of the Times, 29. August 1900, 2-3.
38
Ellen G. White, „The Word Made Flesh,“ Review and Herald, 5. April 1906, 8.
Seminarmaterial 16 – Seite 6
großen Mächte, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, werden jene getauft, die Christus im
lebendigen Glauben annehmen.“39
VI.
Die Dreieinigkeit während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
A. Während des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts spielte W. W. Prescott eine wichtige
Rolle beim Werben für die ewige Gottheit Christi. Im Februar 1902 wurde er Redakteur des
Review and Herald. Er schrieb von Christus in folgender Weise: „ewiges Wort“, „ewiges
Wesen“ und „ewiger Sohn“. Beim Leser blieb kein Zweifel daran, dass Prescott glaubte,
dass Christus ewig präexistent mit dem Vater war.40
B. Prescotts Sicht und die derjenigen, die sie teilten, wurde von manchen als eine „neue
Sichtweise“ betrachtet, die nicht im Einklang mit dem stand, was Siebenten-TagsAdventisten „immer geglaubt“ hatten.
C. Die Sabbatschullektion vom 3. Februar 1906 stellte die folgende Frage: „In welchem
prophetischen Ausspruch wird die ewige Existenz Christi bekräftigt?“41 Die Frage setzt
voraus, dass der Lehre die „neue Sicht“ vertritt. Leider gibt es keinen Hinweis darauf, wer
diese Sabbath School Lesson Quarterly [Sabbatschulbetrachtung] schrieb.
D. Die Sabbath School Lesson Quarterly für das erste Quartal 1918 wurde von F. D. Starr
geschrieben, der Christus beschrieb als „den ewigen Sohn, der eins mit dem Vater ist.“42
Starr wiederholt diesen Gedanken mehrere Male in der ein oder anderen Form.
E. Die meisten Aussagen zur „alten Sicht“, die die ewige Präexistent Christi verneinen,
verwenden bestimmte biblische Wendungen, die andeuten, dass Jesus seinem Vater als ein
„gezeugter/geborener Sohn“ unterstellt war. O. A. Johnson und S. N. Haskell stehen
stellvertretend für diese Sicht:
1. Christus ist der eingeborene Sohn des Vaters. Da Christus der Sohn Gottes ist, muss
er auch Gott wie sein Vater sein, genauso wie eine menschliche Person ein Mensch
wie sein eigener Vater ist.43
2. „Gott der Vater ist die erste Person der Gottheit und als solche ist er der größte.“44
3. S. N. Haskell war ein einflussreicher Prediger in der Gemeinde der Siebenten-TagsAdventisten. 1919 veröffentlichte er sein Bible Handbook, welches über Jahrzehnte
hinweg gedruckt wurde. Er beschrieb sein Buch so: „Die ‚Creme’ der Bibelstudien,
die während der letzten 17 Jahre in der Serie Bible Training School abgedruckt
wurden, werden nun mit anderen Bibelstudien, die bisher nicht veröffentlicht
wurden, in diesem Buch gezeigt.“45 In dem Handbuch findet man, wenn überhaupt,
nur kurze Hinweise auf die Gottheit Christi, was für Autoren, die die „neue“ Sicht
nicht übernahmen, typisch ist. Haskell hatte seine Sichtweise im Jahr 1914 deutlich
gemacht, als er das Buch The Cross and Its Shadow veröffentlichte. Dort schrieb er
über Christus: „Gott gab seinen Erstgeborenen für die Erlösung der Welt; und aus
diesem Grund hat der Erstgeborene in Gottes Plan immer besondere Vorrechte
39
Ellen G. White, Testimonies for the Church Containing Messages of Warning and Instruction to
Seventh-day Adventists Regarding the Dangers Connected with the Medical Work, Serie B. Nr. 7 (Veröffentlicht
für die Autorin, n.p., n.d.), 62-63; vgl. idem, Evangelisation (Lüneburg: Advent-Verlag, 1999), 558.
40
W. W. Prescott, „Studies in the Gospel Message,“ Review and Herald, 2. September 1902, 4.
41
“The Divinity of Christ,” Sabbath School Lesson Quarterly Topical Studies, January 1906, 12.
42
„Topical Bible Studies,“ Sabbath School Lesson Quarterly, erstes Viertel, 1918, 3.
43
O. A. Johnson, Bible Doctrines: Containing 150 Lessons on Creation, Government of God, Rebellion
in Heaven, Fall of Man, Redemption, Prophecies, Millennium, End of Sinners and Satan, Paradise Restored,
etc. (College Place WA: N.p., 1910), 14.
44
O. A. Johnson, Bible Doctrines: Containing 150 Lessons on Creation, Government of God, Rebellion
in Heaven, Fall of Man, Redemption, Prophecies, Millennium, End of Sinners and Satan, Paradise Restored, 4.
rev. Aus. (College Place, WA: N.p., 1917), 34. Die fünfte revidierte Ausgabe von 1921 enthält die gleiche
Aussage.
45
S. N. Haskell, Bible Handbook (South Lancaster, MA: Bible Training School, 1919), 3.
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geerbt.“46 Wie Johnson äußerte Haskell den Gedanken eines „geborenen“ oder
„gezeugten“ Sohn Gottes.
F. Bei der Bibelkonferenz von 1919 gab es auch einige Diskussionen über die Gottheit Jesu.
Nachfolgend findet sich eine Übersicht über die Meinungen verschiedener Teilnehmer.
Bibelkonferenz 1919 über die Gottheit Christi
Unterstützung der ewigen
Gottheit
W. W. Prescott
J. N. Anderson
H. C. Lacey
G. B. Thompson
Ablehnung der ewigen Gottheit
Unsicher
C. P. Bollman
T. E. Bowen
L. L. Caviness
W. T. Knox
C. M. Sorenson
A. G. Daniells
W. E. Howell
John Isaac
E. R. Palmer
A. O. Tait
Charles Thompson
W. H. Wakeham
M. C. Wilcox
G. W. W. Prescotts klarste veröffentlichte Aussage in der Zeit der Bibelkonferenz von 1919
findet sich in seinem Buch The Doctrine of Christ.47 In diesem Buch äußert sich Prescott
sehr deutlich zur ewigen Präexistenz Christi, aber er vertritt immer noch, dass er dem Vater
untergeben und „abgeleitet“ ist. Diese Sicht steht stellvertretend für die Entwicklung der
Gemeinde in diesem Punkt, aber sie bleibt doch hinter Ellen Whites klaren Aussagen in
Desire of Ages zurück.
„Wir mögen den Vater als jemanden betrachten, der schon ewig existiert und unendliche Macht
besitzt, einfach weil er so existieren möchte, ohne irgendeine andere Ursache außerhalb von sich
selbst, ewig, unendlich und nicht abgeleitet. Den Sohn können wir uns so vorstellen, dass er seit der
Ewigkeit mit dem Vater existierte und die unendliche Macht des Vaters in Fülle besitzt, aber er erhielt
sie vom Vater und er existiert, weil der Vater wollte, dass er existiert, ewig, unendlich und
abgeleitet.“48
H. Der Einfluss der Schöpfungsdiskussionen gegen den klassischen Liberalismus beeinflusste
Adventisten, die Schmälerung der vollen Gottheit Jesu zu vermeiden. Adventistische und
protestantische Fundamentalisten bekämpften die höhere Bibelkritik und die „neue
Moderne“, die sich im Christentum ausbreitete. Der Liberalismus lehnte die Gottheit Jesu
und seine Jungfrauengeburt ab. In den adventistischen Gemeindezeitschriften erschienen
zunehmend Artikel, die die biblische Sicht verteidigten. Ungeachtet der Unterschiede in
einzelnen Details vereinigten sich adventistische Prediger gegen gefährliche liberale
Ansichten. Diejenigen, die die ewige Präexistenz Jesu ablehnten, wollten nicht über seinen
Anfang reden und damit das Argument gegenüber der höheren Kritik schwächen.49
I. Wenn man L. E. Froom glauben kann, dann hat man während der ersten Jahrzehnte des 20.
Jahrhunderts konsequent versucht, lehrmäßige Überblicke zu vermeiden, weil es in der
Gemeinde unterschiedliche Ansichten über die Dreieinigkeit und die ewige Gottheit Christi
gab. Froom schrieb: „Einige historische Varianten dieser Sicht [über Christi ewige
46
S. N. Haskell, The Cross and Its Shadow (South Lancaster, MA.: Bible Training School, 1914), 75.
W. W. Prescott, The Doctrine of Christ: A Series of Bible Studies for Use in Colleges and Seminaries
(Washington, DC: Review and Herald, 1920).
48
Ibid., 20.
49
Stemple White, Canadian Watchman, September 1923, 18; C. P. Bollman, Review and Herald, 15.
März 1923, 4; Lyle C. Shepard, Canadian Watchman, September 1927, 12.
47
Seminarmaterial 16 – Seite 8
Präexistenz] gibt es immer noch. Und es liegt hauptsächlich an diesen Unterschieden, dass
keine Glaubenspunkte im jährlichen Yearbook erschienen waren.“50 Das änderte sich 1931.
1. Die ersten Jahrzehnte des neuen Jahrhunderts waren eine Zeit dramatischer
Ausdehnung, besonders in den ausländischen Gebieten. Immer wieder wurde der
Bedarf nach formulierten Glaubenspunkten geäußert, durch die die Öffentlichkeit
erfahren könnte, was Adventisten eigentlich glauben. Am 30. Dezember 1930
reagierte der Ausschuss der Generalkonferenz schließlich auf eine Anfrage der
Afrikanischen Division, dass „eine Stellungnahme dessen, was Siebenten-TagsAdventisten glauben, im Jahrbuch abgedruckt werden soll.“ Der Antrag besagte,
dass die Afrikanische Division den Eindruck hatte, „dass solch eine Stellungnahme
Regierungsbeamten und anderen dabei helfen würde, unser Werk besser zu
verstehen.“ Ein Ausschuss von vier Leuten—M. E. Kern, F. M. Wilcox, E. R.
Palmer, and C. H. Watson—wurde berufen.
2. Somit kam es, dass das Year Book von 1931 und folgender Jahre ein inoffizielle
Erklärung der Glaubenspunkte beinhaltete. Froom sagte, dass F. M. Wilcox „von
allen Gruppen für seine Zuverlässigkeit, Integrität und Treue gegenüber dem
Adventglauben—und auch dem Geist der Weissagung—geachtet wurde. Als
Redakteur des Review tat er das, was wahrscheinlich niemand anderes hätte tun
können, um Einheit in der Akzeptanz zu erreichen.“51
3. Der zweite und dritte Punkt der Glaubenspunkte von 1931 liest sich
folgendermaßen:
„Dass die Gottheit, oder Dreieinigkeit, besteht aus dem ewigen Vater, einem persönlichen,
geistlichen Wesen, allmächtig, allgegenwärtig, allwissend, unendlich in Weisheit und Liebe;
dem Herrn Jesus Christus, der Sohn des ewigen Vaters, durch den alle Dinge geschaffen
wurden und durch den die Errettung der erlösten Menge bewirkt wird; dem Heiligen Geist,
der dritten Person der Gottheit, der großen erneuernden Kraft im Erlösungswerk. Mt 28,19.“
„Dass Jesus Christus wahrer Gott ist, von der gleichen Natur und Essenz wie der ewige Vater.
Obwohl er seine göttliche Natur behielt, nahm er die Natur der menschlichen Familie auf sich, er lebte
als ein Mensch auf der Erde, veranschaulichte in seinem Leben als unser Vorbild die Grundsätze der
Gerechtigkeit, bezeugte seine Beziehung zu Gott durch viele mächtige Wunder, starb für unsere
Sünden am Kreuz, wurde von den Toten auferweckt und fuhr zum Vater auf, wo er nun für immer
lebt, um für uns einzutreten. Joh 1,1.14; Hbr 2,9-18; 8,1.2; 4,14-16; 7,25.“52
4. Liest man diese Aussagen sorgfältig im Kontext des Spektrums adventistischen
Denkens über das Thema, fällt einem auf, dass bestimmte Details nicht definiert
werden. Während der Vater „ewig“ war, war Jesus der „Sohn des ewigen Vaters“.
Der einzige Teil dieses Glaubenspunktes, der keine Unklarheit hinterließ, war das
Bekenntnis dazu, dass Christus „wahrer Gott“ war. Das ein bisschen theologisch
geladene Paar „wahrer Gott“ machte sowohl Christus als auch den Vater
selbstexistent und ewig. Wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, fühlten sich
viele bei Wilcox’ Wendung „wahrer Gott“ unwohl. Es muss allerdings auch
erwähnt werden, dass Wilcox die Wendung „wahrer Gott“ zwar benutzte, aber
dabei auch nicht erklärte, was dies bedeutet und dadurch ließ er Raum für
Interpretation.
J. In ihrer Geschichte haben Adventisten es immer abgelehnt, ein Credo [Glaubenskenntnis]
aufzustellen, weil sie sich bewusst darüber waren, dass Wahrheit zunimmt. Zu bestimmten
Zeiten in der Geschichte der Gemeinde wurden aber zusammenfassende Glaubenspunkte
50
L. E. Froom, Movement of Destiny (Washington, DC: Review and Herald, 1971), 413.
Ibid., 415.
52
1931 Year Book of the Seventh-day Adventist Denomination, Erstellt von H. E. Rogers (Washington,
DC: Review and Herald, 1931), 377.
51
Seminarmaterial 16 – Seite 9
veröffentlicht. Bis zur Sitzung der Generalkonferenz im Jahr 1946 beabsichtigten diese aber
nie, die offizielle Position der Gemeinde zu sein.53
K. In den 1940igern gehörten F. M. Wilcox und M. L. Andreasen zu den stärksten
Befürwortern der „neuen“ oder orthodoxen protestantischen Sichtweise der Dreieinigkeit zu
sein. Viele Adventisten fühlten sich wohl mit der grundlegenden Gottheit Christi und
erwarteten von der Gemeinde sogar, diese zu verteidigen.
L. Questions on Doctrine sprach das Thema der Dreieinigkeit und der Gottheit Christi auch an.
Das Buch traf eine umfassende und klare Aussage zur Position der Gemeinde über die
Natur Christi und die Dreieinigkeit. Das Buch bekräftigte:
„Bezüglich der Position Christi in der Gottheit glauben wir, das ser die zweite Person der
himmlischen Dreieinigkeit ist—die aus dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist besteht—die
nicht nur in der Gottheit vereint sind, sondern auch in den Vorkehrungen für die Erlösung. . . .
Christus ist eins mit dem ewigen Vater—eins in Natur, gleich in Macht und Autorität, Gott im
höchsten Sinne, ewig und selbstexistent, mit ursprünglichem, ungeliehenem, nicht abgeleitetem
Leben; und dass Christus von aller Ewigkeit her existierte, verschieden vom Vater, aber vereint mit
ihm, die gleiche Herrlichkeit besitzt und alle göttliche Eigenschaften.“54
M. Im Gegensatz zu den Konflikten in anderen Bereichen gab es praktische keine Einwände
gegen die klare Lehre des Buches über die „neue Sicht“ der Dreieinigkeit und der Gottheit
Christi. Selbst Andreasen veröffentlichte Aussagen, die einen ähnlichen Glauben in diesem
Punkt bekräftigten. Questions on Doctrine bemerkte, dass in den frühen Jahren der
Bewegung „einige“ gab, die eine andere Sicht vertraten.
N. Einige ältere Prediger und Lehrer hielten an der „alten Sicht“ fest und glaubten, dass die
„neue Sicht“ den Glauben der Siebenten-Tags-Adventisten untergräbt. Sie lehnten die
Veränderung massiv ab. Dazu gehörten solche Leute wie J. S. Washburn, C. S. Longacre,
und W. R. French.
O. Die verbleibenden Spannungen bezüglich der Dreieinigkeit und der ewigen Gottheit Christi
werden vielleicht durch eine Weglassung im Church Hymnal [Gemeindeliederbuch] von
1941 deutlich. Die Herausgeber wollten keinen Streit über irgendein Lied
heraufbeschwören. Das offenkundige Ziel des Liederbuches bestand darin, zum Segen für
alle Adventisten zu sein. Daher hatte das bekannte Lied „Heilig, Heilig, Heilig“ (Nummer
73) nur drei Strophen. Die vierte und letzte Strophe, die mit „Gott in drei Personen,
gesegnete Dreieinigkeit“ endet, wurde ausgelassen.55 Im gegenwärtigen adventistischen
Liederbuch wurde die ursprüngliche Wortwahl des Liedes wiederhergestellt.
VII. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen.
A. Eine Betrachtung der Primärquellen zeigen, dass die Lehre der Dreieinigkeit und der
ewigen Gottheit Christi in den ersten Jahrzehnten der Gemeinde der Siebenten-TagsAdventisten fast einstimmig abgelehnt wurde, weil sie scheinbar nicht im Einklang mit der
Schrift und dem Verstand stand.
B. Die Entwicklung der Dreieinigkeitslehre geschah fortschreitend und verbessernd.
C. Ellen White präsentierte 1898 in ihrem Buch Desire of Ages eine „neue Sicht“, nämlich
dass Jesus die ewige, selbstexistente, zweite Person der Gottheit war. Ellen Whites
Sichtweise wäre diejenige, die dann in den 1950iger Jahren allgemein von Siebenten-TagsAdventisten angenommen werden würde.
Robert Olson und Bert Haloviak, „Who Decides What Adventists Believe: A Chronological Survey
of Sources, 1844-1977,“ Ellen G. White Estate Shelf Document, 24. Februar 1977. Die Sitzung der
Generalkonferenz im Jahr 1946 forderte, dass irgendwelche Änderungen an den Glaubenspunkten von einer
Generalkonferenzsitzung bestätigt werden.
54
Seventh-day Adventists Answer Questions on Doctrine (Washington, DC: Review and Herald, 1957),
36.
55
The Church Hymnal (Washington, DC: Review and Herald, 1941), 59.
53
Seminarmaterial 16 – Seite 10
D. Diese Veränderung hin zu einer biblischen Sicht der Dreieinigkeit zwischen 1900 und 1950
wurde hauptsächlich beeinflusst durch:
1. die wiederholte Veröffentlichung von biblischen Studien zu dem Thema;
2. Ellen Whites klaren Aussagen;
3. die adventistische Reaktion auf die Angriffe des „modernen Liberalismus“ auf die
Gottheit Christi und seine Jungfrauengeburt;
4. F. M. Wilcox’ Auflistung der Glaubenspunkte und seine Editorials im Jahr 1931 im
Review and Herald.
E. Von 1900 bis 1931 war die Gemeinde über die Dreieinigkeit gespalten und auch darüber,
ob der Sohn Gottes eine selbstexistente Natur wie der Vater besaß. Während die
Angelegenheit bei der Bibelkonferenz 1919 diskutiert wurde, war das einzige sichtbare
Resultat die Bestätigung, dass die Leiter der Gemeinde bei diesem Thema zutiefst gespalten
waren.
F. Während der 1940iger Jahre glaubte eine stark zunehmende Mehrheit der Gemeinde an die
ewige, nicht abgeleitete Gottheit Christi und an die Dreieinigkeit. Es gab aber auch einige,
die sich zurückhielten und sich der Veränderung sogar aktiv widersetzten. Diese Gruppe
bestand hauptsächlich aus älteren Predigern und Bibellehrern.
G. Questions on Doctrine vermittelte deutlich die neue Sicht und diese Position wurde von der
Gemeinde weitgehend nicht widersprochen, sondern angenommen.
H. Heute vertreten Siebenten-Tags-Adventisten eine protestantische Sichtweise der
Dreieinigkeit und Gottheit, und das wird auch deutlich in den gegenwärtigen
Glaubenspunkten ausgedrückt.
I. Letztlich war es die Bibel, die Siebenten-Tags-Adventisten dazu führte, ihre gegenwärtige
Position der Gottheit oder Dreieinigkeit anzunehmen.
Seminarmaterial 16 – Seite 11
Ellen White über den Heiligen Geist als die dritte Person der Gottheit
Die ewigen himmlischen Würdenträger—Gott, Christus und der Heilige Geist—, die sie (die Jünger)
mit höherer als menschlicher Kraft ausstatten, . . . möchten gerne mit ihnen das Werk vorantreiben
und die Welt von ihrer Sünde überführen. (Manuskript 145, 1901)
Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass der Heilige Geist, der so wahr eine Person ist, wie Gott eine
Person ist, über dieses Gelände geht. (Manuskript 66, 1899)
Der Heilige Geist ist eine Person, denn er bezeugt durch unseren Geist, dass wir Kinder Gottes sind.
Wenn dieses Zeugnis gebracht wird, trägt es die Beweiskraft in sich selbst. Zu solchen Zeiten sind wir
sicher und gewiss, dass wir Gottes Kinder sind . . . Der Heilige Geist ist eine Persönlichkeit, sonst
könnte er nicht unserem Geist und durch unseren Geist bezeugen, dass wir Gottes Kinder sind. Er
muss auch eine göttliche Person sein, sonst könnte er nicht die Geheimnisse ergründen, die in Gottes
Gedanken verborgen sind. „Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist des
Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes.
(Manuskript 20, 1906)
Der Fürst der Mächte der Finsternis kann nur durch die Macht Gottes in der dritten Person der
Gottheit, dem Heiligen Geist, in Schach gehalten werden. (Special Testimonies, Serie A, Nr. 10, S. 37
[1897])
Wir sollen mit den drei höchsten Mächten des Himmels, dem Vater, dein Sohn und dem Heiligen
Geist, zusammenwirken. Diese Mächte werden durch uns arbeiten und uns so zu Mitarbeitern Gottes
machen. (Special Testimonies, Serie B, Nr. 7, S. 51 [1905])
Nur durch die machtvolle Kraft der dritten Person der Gottheit konnte der Sünde widerstanden und sie
überwunden werden. Der Heilige Geist sollte nicht in beschränktem Maße, sondern in der Fülle
göttlicher Kraft über ihnen ausgegossen werden. (Das Leben Jesu, 670; Desire of Ages, 671)
Der Vater ist die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig und für den Blick des Sterblichen unsichtbar. Der
Sohn ist die geoffenbarte Fülle der Gottheit. Das Wort Gottes stellt ihn vor als das „Ebenbild seines
Wesens“. „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an
ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ Hier wird das Wesen des Vaters
gezeigt. Der Tröster, den Christus nach seiner Himmelfahrt zu senden versprach, ist der Geist in der
Fülle der Gottheit, der allen, die Christus als ihren persönlichen Heiland annehmen und an ihn
glauben, die Macht der göttlichen Gnade offenbart. In dem himmlischen Trio sind drei lebende
Personen. Im Namen dieser drei großen Mächte, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist,
werden jene getauft, die Christus im lebendigen Glauben annehmen. Diese Mächte werden den
gehorsamen Kindern Gottes auch in ihrem Bemühen helfen, ein neues Leben in Christus zu führen.
(Special Testimonies, Serie B, Nr. 7, S. 62, 63, [1905])
“Die Gottheit tief gerührt vom Mitleid für die menschliche Rasse und der Vater, der Sohn und der
Heilige Geist gaben sich selbst, um den Erlösungsplan umzusetzen. (Counsels on Health, S. 222)

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