Märchen - Wichtig? Gut oder schlecht für Kinder?

Transcrição

Märchen - Wichtig? Gut oder schlecht für Kinder?
DSA Rudolf Erbler
Stand: 07. August 2006
[email protected]
http://www.maerchenzeit.at
Märchen
Wichtig? Gut oder schlecht für Kinder?
Unser Einstellung zu Märchen ist zwiespältig. Einerseits sagen wir, wenn wir
vermuten, dass jemand eine Lüge erzählt, im negativen Sinn: „Erzähl mir keine
Märchen!“ Andererseits bezeichnen wir etwas, das uns besonders gut gefällt als
„märchenhaft“. So treffen sich beim Begriff des Märchens sowohl Ablehnung als auch
Faszination.
Viele Märchen beginnen mit „Es war einmal...“ und überwinden damit die Grenzen
der Zeit. „Es war einmal...“ betont nicht die Vergangenheit der erzählten Geschichte,
sondern hat die Neigung wieder zukommen. Was einmal war, wird immer sein. „Und
wenn sie noch nicht gestorben sind, so leben sie noch heute glücklich und
zufrieden...“
Im Märchen bekommen Kinder die Möglichkeit, sich
mit „guten“ und mit „bösen“ Figuren auseinander zu
setzen. Das ganze Repertoire der menschlichen
Eigenschaften findet sich im Märchen wieder:
Unschuld und Bosheit, Schönheit und Hässlichkeit,
Fleiß und Faulheit, Mut und Feigheit, Treue und
Untreue, Kleinheit und Größe, Freude und Traurigkeit,
Dummheit und Schlauheit und noch viele mehr. So
zeigen Märchen durchaus die Gegensätze dieser
Welt.
Märchen vermitteln dem Kind aber durchaus etwas Vertrauenserweckendes, da auch
die Märchenhelden grundsätzlich dem Leben vertrauen. So wird die Welt der Feen,
Zauberer, Drachen, Einhörner und Hexen meistens
weniger bedrohlich erlebt als die reale Welt. Die
Schwarz-Weiß-Zeichnungen der guten und bösen
Charaktere in Märchen ist aufgrund ihrer Klarheit
von Kindern auch viel leichter zu verstehen als
manche Nachrichtensendung im Fernsehen. Im
Märchen gibt es „gut“ und „böse“ aber keine
unklare Zeichnung dazwischen.
„Gerade weil den Kind sein Leben oft verwirrend
erscheint, muss man ihm die Möglichkeit geben,
sich selbst in dieser komplizierten Welt zu
verstehen und dem Chaos der Gefühle einen Sinn
abzugewinnen. Es braucht Anregungen, wie es in seinem Innern und danach auch in
seinem Leben Ordnung schaffen kann. Es braucht – gerade das ist in unserer Zeit
besonders notwendig – eine moralische Erziehung, die unterschwellig die Vorteile
des moralischen Verhaltens nahe bringt, nicht aufgrund abstrakter ethischer
Vorstellungen, sonder dadurch, dass ihm das Richtige greifbar vor Augen tritt und
1
DSA Rudolf Erbler
Stand: 07. August 2006
[email protected]
http://www.maerchenzeit.at
deshalb sinnvoll erscheint. Diesen Sinn findet das Kind im Märchen.“ (Bruno
Bettelheim, „Kinder brauchen Märchen“)
Im Märchen werden bestimmte Verhaltensweisen nicht
theoretisch erörtert, sondern klar dargestellt. „Das tapfere
Schneiderlein“ stellt sich eben tapfer allen Hindernissen
kommt gerade mit dieser Geradlinigkeit zum Ziel.
Gerade der ungeschickte Zauberer in der Geschichte „Das
letzte Einhorn“ kann durch seine Ehrlichkeit, dass Einhorn
erkennen und ihm damit bei der Befreiung der anderen
Einhörner beistehen. Dabei zeigt sich, dass auch der
scheinbar unfähige Zauberer durch eine Aufgabe über sich
hinaus wachsen kann. („Das letzte Einhorn“ von Peter S.
Beagle)
„Die unendliche Geschichte“ macht Bastian Balthasar Bux,
der von seinen Mitschülern ständig gehänselt wird, plötzlich
zum Helden und der Glücksdrache Fuchur kommt ihm auch
in der realen Welt zu Hilfe. („Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende)
„Die Wunderkerze“ bringt Menschen dazu miteinander zu reden und einander
dadurch besser zu verstehen. (Homepage „Das letzte Einhorn?“)
Michael Tegetthoff bringt uns in seinen „Kräutermärchen“ auf unterhaltsame Weise
die natürliche Wirkungsweise der Kräuter nahe.
Und der kleine Bäckergeselle wird im Märchen „Die ganze Welt in einem Fingerhut“
dem König würdig, indem er dessen Rätsel mit Schlauheit und der Hilfe seiner
Freunde – den Bäckergesellen und dem Meister- löst, und heiratet die Prinzessin.
(„Liebesmärchen“ von Folke Tegetthoff)
„Sind Einhörner tatsächlich schon ausgestorben?
Sind sie bereits verschwunden aus unseren
Wäldern, von den Ebenen, Wiesen und aus den
Gedanken? Oder streifen diese wunderschönen
Phantasiegeschöpfe weiterhin durch unsere
Sinne?
Geschichten und Märchen sind sehr
wichtig, um Erlebtes zu verarbeiten und
weiterzugeben. Geschichten können Realität sein,
aber
auch
der
Phantasie
entspringen.
Geschichten sind aber immer Wahrheit. Märchen
lassen uns träumen - Lösungen finden - Erlösung
finden - vor unseren eigenen Ängsten fliehen.“
(Homepage „Das letzte Einhorn?“)
Im Märchen werden uns Lebenssinn und
Weltoffenheit vorgelebt und wir werden ermutigt, unser Leben immer wieder mit
neuer Energie zu gestalten. Eltern können, wenn sie vom Sinn und der Wichtigkeit
der Märchen überzeugt sind, ihren Kindern durch deren Erzählung Beistand im Form
einer Erziehung als Lebenshilfe geben.
Eine Frage, die mir oft gestellt wird, lautet: Ab welchem Alter kann ich meinem Kind
Märchen erzählen? Nun vertrete ich die Meinung, dass sie alle mit dem Erzählen und
von Geschichte und Märchen bereits beim ersten Bilderbuch beginnen. Sie werden
2
DSA Rudolf Erbler
Stand: 07. August 2006
[email protected]
http://www.maerchenzeit.at
sich beobachten, wie sie die Bilder immer wieder mit kleinen Erklärungen und
Geschichten verbinden. Ab 2 Jahren können Kinder Märchen bereits erfassen, wenn
diese alters- bzw. kindgerecht sprachlich aufbereitet und erzählt werden. Dabei
wären Eltern oft gefordert diese Märchen mit eigenen Worten zu erzählen. Dies hat
auch den Vorteil, dass sie direkt auf Reaktionen des Kindes eingehen können. Nun
ist es aber nicht jedermanns Sache frei zu erzählen. Nehmen Sie sich also ruhig ein
Vorlesebuch zur Hand und ...
„Begeben wir uns gemeinsam auf die Suche nach den letzten Einhörnern in uns...“
(Homepage „Das letzte Einhorn?“)
Literatur:
• Das Online-Familienhandbuch, http://www.familienhandbuch.de
• „Schritt für Schritt als Eltern fit“, Ratgeber des Psychologischen Dienstes der Mag
Elf, Stadt Wien
• „Kinder brauchen Märchen“ von Bruno Bettelheim
• „Das letzte Einhorn?“, Homepage von Rudi alias „Das letzte Einhorn?“,
http://www.das-letzte-einhorn.at
• verschiedene Märchen
Buchtipps:
• Mein erster Märchenschatz (Constanza Droop, Rosemarie Künzler-Behncke,
Rosemarie Künzler- Behncke), Ravensburger Verlag
• Mein liebstes Märchenbuch (Jacob Grimm, Wilhelm Grimm, Lore Hummel),
Verlag Dessart
• Doch keinen lieb ich so wie Dich (Katharina Maria Huber), Ibera-Verlag
• Meine Freunde sind die tollsten! (Katharina Maria Huber), Ibera-Verlag
• Ich wollte von meinem Zwerg erzählen ... (Folke Tegetthoff)
• Der Mühlenelf (Folke Tegetthoff)
• Kräutermärchen (Folke Tegetthoff)
• Rettet das Märchenland (Lothar Klose, Renate Seelig)
• Die Schlabber Schlops (Folke Tegetthoff), Spectrum Verlag
• Frederick (Leo Lionni)
• Das kleine Blau und das kleine Gelb (Leo Lionni)
• Joki und seine Freunde (Folke Tegetthoff)
• Wenn zwei Märchenhexen hexen (Folke Tegetthoff, Brigitte Smith)
• Wölfchen Schlaukopf (Käthe Recheis)
• Der kleine Prinz (Antoine de Saint-Exupery)
• Ein großer Tag für Vater Martin (Leo N. Tolstoj)
•
•
•
Liebesmärchen (Folke Tegetthoff)
Die unendliche Geschichte (Michael Ende)
Momo (Michael Ende)
3

Documentos relacionados