Ohne Vitamin B geht es nicht!
Transcrição
Ohne Vitamin B geht es nicht!
Interview | Text und Fotos: Sabrina Kipp Ohne Vitamin B geht es nicht! Interview mit DJ Dokker Fußballer, die mehr oder weniger freiwillig nebenbei singen, kennen wir spätestens seit Kaiser Franz Beckenbauer. Christian Pander von Schalke 04 zeigt, dass wahre Freunde noch viel mehr schaffen können. Der vom Verletzungspech verfolgte 25-jährige Münsteraner musste wohl schon oft darüber nachdenken, ob er jemals wieder fußballerisch einsatzfähig sein wird. In einer Situation, an der manch anderer junge Sportler vielleicht zerbrochen wäre, gibt Pander nicht auf. Gemeinsam mit seinem Kumpel aus Kindertagen Dominik Becker gründete er ein eigenes Musiklabel und ist damit bereits seit über zwei Jahren erfolgreich. Nico Obenhaupt und Sabrina Kipp besuchen den als DJ Dokker bekannten Produzenten in seinem Hinterhoftonstudio in Nienberge. 6 _~: 2006 hast du zusammen mit Christian Pander, das Musiklabel „Hood Production“ gegründet. Wie kam es dazu? _DJ: Wir sind zusammen groß geworden. Es war damals schon unser Traum mal ein eigenes Studio zu haben. Wir sind bei mir im Keller angefangen mit 14, 15 Jahren. _~: Noch bevor Fußball ein Thema war? _DJ: Ja genau! Da hat er anfangs noch bei Preußen gespielt. Dann haben wir auch manchmal ganz lange Nächte gehabt, bevor er dann am nächsten Tag zum A-Jugend Training auf Schalke musste. Das war da so die Zeit, B-Jugend Preußen, A-Jugend Schalke. Da entstand dieser Traum vom eigenen Tonstudio. Dass daraus mal ein eigenes Label mit Produktion wird, hätten wir auch nicht gedacht. Das hat sich alles so mitentwickelt. Ursprünglich sollte es nur das Studio sein, aber dann haben wir gemerkt, da gehen noch ganz andere Sachen, da muss man sich gleich breit aufstellen. Wir haben dann gedacht, das nehmen wir jetzt alles mit. So haben sich die letzten zwei Jahre einfach so entwikkelt, aber die eigentliche Idee wurde wie gesagt schon vor Jahren bei mir zuhause im Keller geboren. Als Christian dann so lange verletzt war und nicht wusste, ob es weiter geht, war es dann irgendwann so weit. _~: Ihr seid das erste R’n’B Label in Deutschland. Wo kommt der Faible für diese Musikrichtung her? _DJ: Wir haben selbst eigentlich immer schon diese Black Music gehört. Ich bin ja auch DJ und lege diese Musik schon seit 7-8 Jahren auf. Ich habe Christian damals quasi damit angesteckt und wir haben festgestellt: Das ist unsere Musikrichtung, das macht uns Spaß! Zu dieser Zeit gab es das in Deutschland noch nicht so viel, da konnte man dann richtig Gas geben. Inzwischen sind wir aber offen für alles, das muss man sein im Musikbusiness. Wir sagen jetzt nicht: „Wir machen jetzt nur deutschen R’n’B oder nur Black Music.“ Inzwischen haben wir ganz viele verschiedene Facetten und machen auch viel kommerzielle Popmusik. Is' einfach so. Wenn du in Deutschland Musik verkaufen willst, musst du kommerzielle Popmusik machen. Das geht gar nicht anders. Natürlich ist es schöner, wenn du Musik machen kannst, die du selber geil findest. Aber du musst da schon Profi sein. Wenn einer sagt, er möchte eine Rocknummer, dann musst du das auch machen. Inzwischen ist R’n’B in den Hintergrund geraten und wir machen jetzt sehr, sehr viel Pop. Natürlich auch noch R’n’B, aber sicher längst nicht mehr so viel wie vor zwei Jahren. Wir haben irgendwann gemerkt, dass man mit Popmusik in Deutschland viel erfolgreicher ist. Man darf nicht vergessen, dass wir in Deutschland sind und nicht in Amerika. Das checken viele Leute nicht. Ein amerikanischer Produzent, der so was macht, der sitzt womöglich in New York in seinem Studio und hat ein ganz anderes Umfeld, ganz andere Verbindungen als wir hier in Münster Nienberge. Deshalb muss man da wach sein und das Ding machen, was hier für Deutschland gut ist. _~: Was bedeutet Hood? _DJ: Eigentlich war das für uns ein quasi selbst erfundener Ausdruck, wenn in der Anfangszeit mal wieder nichts klappte. Wir waren 14 Jahre alt und saßen mit 1000 Kabeln, von denen keiner wusste, wo sie hingehörten, im Keller und nicht eine Aufnahme funktionierte. Da haben wir dann scherzhaft gesagt: Wir sind doch „Hood Production“! Das haben wir dann später als Firmenname übernommen. Leider wird „hood“ im Black Musik Milieu häufig für Ghettos benutzt und bedeutet eher etwas Schmutziges. Das hat für uns aber rein gar nichts damit zu tun. Wir haben damals selber nachgeguckt, was das bedeutet. Hood kommt von neighbourhood und heißt somit Nachbarschaft. Und das ist für uns was Schönes. Das soll einfach ein Community-Aspekt sein und hat nichts mit dem amerikanischen Wort „hood“ in Form von Ghetto oder so zu tun. _~: War es schwierig sich im Musikgeschäft zu behaupten? _DJ: Eigentlich geht alles nur über Vitamin B. Es ist nicht so, dass du einfach irgendwo eine CD einreichst und sagst: Hier bin ich! Das interessiert gar keinen. Du musst die Leute echt einfach kennen. Das ist in dieser Szene ganz, ganz krass. Wir hatten auf jeden Fall kleine Vorteile. Ich bin wie gesagt schon einige Jahre im Musikgeschäft tätig, dadurch kenne ich viele Manager und Veranstalter. Wir konnten durch diese Kontakte den Start vielleicht ein bisschen steiler machen als jemand anderes, trotzdem müssen wir genau so hart arbeiten. Der Spruch „Als Selbständiger darfst du dich nicht ausruhen“ trifft definitiv auch hier zu. Gerade im Musikbusiness musst du manchmal schon sehr frech sein, um dorthin zu kommen, wo du hin willst. Es ist nicht zu unrecht das Haifischbecken. Da versuchen dich unheimlich viele Leute zu verarschen und abzuziehen. _~: Christian kann man hier auch ab und an noch antreffen? _DJ: Ja klar! Christian ist natürlich zeitlich durch seinen Hauptjob, den Fußball, eingeschränkt, aber ich halte ihn ständig auf dem Laufenden. Außerdem gehört dieses Gebäude mit dem Getränkemarkt vorne drin seiner Mutter. _~: Und Musik machen interessiert ihn auch noch? Schließlich hat er jetzt ja gerade noch einen T-Shirt Laden eröffnet und ein Sportgeschäft übernommen... _DJ: Auf jeden Fall! Klar, er hat auch viel anderes um sich herum, aber das Studio ist sein Traum gewesen. Anderseits natürlich auch ein Zukunftsplan für die Zeit nach dem Fußball. Christian ist auf jeden Fall Geschäftsmann, deswegen hat er überall seine Hände ein bisschen im Spiel. Und das finde ich auch gut so. Auch wenn wir noch so jung sind, finde ich, wir haben uns bis jetzt schon ganz gut bewiesen. _~: Wie muss man sich das Arbeiten hier vorstellen, das läuft doch sicher anders als in einer anderen Firma mit Angestelltenverhältnissen oder? _DJ: Eigentlich nicht wirklich. Wir arbeiten hier zu dritt, mit mir sind noch zwei Produzenten hier. Da kommt dann manchmal noch der eine oder andere zu, zum Beispiel arbeitet an dem großen Mischpult der Techniker von Stefan Raab. Aber eigentlich sind wir immer zu dritt hier. Natürlich hat man hier nicht den alltäglichen Job eines Angestellten. Wir arbeiten ja eher projektbezogen, da gibt es keinen Tagesjob mit Arbeitszeiten von 8 bis 16 Uhr oder so. Manchmal arbeiten wir Tag und Nacht, dann machen wir mal einen Tag frei, dann müssen wir mal wieder zwei Nächte....Das ist der eigentliche Unterschied. Ansonsten hat natürlich jeder ganz normal seine Aufgaben und die muss man differenzieren. Wir produzieren hier echt viel. Wir hatten schon viele Leute aus den Staaten hier, das sind z.B. Leute vom 50 Cent Label G-Unit oder K. Young, der für die Popstars drüben schreibt. Lil Eddie, der die Singles von Kylie Minogue geschrieben hat. Wir müssen viel mit Songwritern zusammenarbeiten. Im Endeffekt entstehen hier die musikalischen Produktionen in Zusammenarbeit mit internationalen Songwritern aus den Staaten, die dann ihren Text auf unsere Produktion schreiben und erst dann wird das den Labels oder den verschiedenen Künstlern angeboten. _~: Christian hat selber auch schon ein Lied gesungen? _DJ: Ja, er hat auch schon selber einen Song gemacht. Das war der Song „Meine Story“, den er kurz nach seiner Verletzungsphase geschrieben hat. In dem hat er seine lange Schmerzenszeit reflektiert und ein paar Danksagungen an Freunde und Familie gemacht. In letzter Zeit hat er aber nichts mehr aufgenommen, weil er sich natürlich voll auf den Fußball konzentrieren muss. So ein Song wird ja nicht mal eben zwischendurch in zwei Stunden aufgenommen, das dauert lange und soviel Raum lässt der Fußball ihm im Moment nicht. _~: Er ist jetzt wieder ganz gesund für die Rückrunde? _DJ: Ja, er ist fit und war im Januar mit in Valencia im Trainingslager. # Rhythm and Blues (Kürzel: R&B, R ‘n’ B oder auch RnB) bezeichnet den in den 1940er Jahren vorherrschenden Stil afroamerikanischer Popmusik: eine rhythmisch stark akzentuierte Form des Blues, aus der später Rock ‘n’ Roll, die von Weißen gespielte und produzierte Form des R&B, wurde. Der Begriff Rhythm and Blues tauchte 1941, nach einem Tantiemenstreit zwischen der amerikanischen Urheberrechtsgesellschaft ASCAP und den Rundfunkanstalten der USA erstmals als Gattungsbegriff auf, um den als diskriminierend empfundenen Begriff race music zu ersetzen, so betitelte das Billboard-Magazin ab 1949 eine seiner Spartenhitparaden mit Rhythm and Blues. Geprägt haben soll ihn Jerry Wexler, der damalige Journalist und spätere Produzent des Atlantic-Labels. In der amerikanischen Musikindustrie wird der Begriff so bis heute auch als Sammelbezeichnung für afroamerikanische Mainstreammusik überhaupt verwendet. In den 1980er und 1990er Jahren erfuhr der Begriff eine Neudeutung und bezeichnete Verbindungen von Popmusik und Soul (Michael und Janet Jackson, Whitney Houston, Lionel Richie) beziehungsweise später eine Verbindung von Popmusik und Hip-Hop (Musik). Zur genaueren Abgrenzung werden hierfür häufig die Begriffe „Contemporary R&B“, „Rhythm’n’Beat“, „Rap'n'Beat“ oder „R&B“ (ausschließlich als Kürzel) verwendet. # 7